RAUSZEIT Preis: 2,00 €
FOTO Richard Goedeke
FOTO Thomas Ulrich / Mammut
FOTO Moritz Becher
FOTO patitucciphoto.com
RAUSZEIT
Ausgabe Sommer 2014
ERLEBT
BESSERWISSER NACHGEFRAGT
Experiment Heißhunger. Vom Versuch, sich im äußersten Norden Norwegens nur von Mutter Natur zu ernähren. Beeren, Pilze und Fisch gibt es reichlich - theoretisch. Eine wahre WildnisErfahrung. Mehr auf S. 6
Tragbares Himmelbett gesucht? Erholsamen Schlaf gibt es in Hülle und Fülle - mit dem richtigen Schlafsack. Der Besserwisser bietet kuschelige Erkenntnisse für Frischluft-Schläfer. Mehr auf S. 20
Sportlicher Spagat. Kletterbuchautor Richard Goedeke hangelt sich seit Jahrzehnten durch Felswände und außergewöhnliche Naturschutzprojekte. Ein Porträt über die unersättliche Lust am Leben. Mehr auf S. 22
RAUSZEIT Sommer 2014
KLEINRAUMWOHNUNG
FOTO Vaude
Die Refugien von Vaude für Wander- und Trekking-Einsätze sind ideal für kleine Fluchten am Wochenende oder Urlaubsreisen zu fernen Zielen. Die Zelte der (Super-)Ultraleicht-Linie (SUL) für gewichtsorientierte Trekker und Puristen vereinen minimales Gewicht mit hoher Widerstandsfähigkeit. Maßstäbe setzt das »Power Lizard SUL«-Tunnelzelt: 1.000 Gramm für ein Ein- bis Zwei-Personen-Zelt aus zweiwandigem, silikonisiertem Ripstop-Nylon – das ist fast schon Rekord. Die Einbogenkonstruktion findet dank des geringen Packmaßes im kleinsten Rucksack Platz. Und Rucksäcke aller Größe passen wiederum in die großräumige Apsis. Die verschweißten Nähte und ein silikonbeschichtetes Außenzelt garantieren von Frühling bis Herbst hohen Komfort und Stabilität. So steht dem Alpencross mit Zelt nichts mehr im Weg. Gewicht: 1.000 Gramm. Packmaß: 35 cm x 10 cm. Preis: 449,95 Euro
STANDPUNKT Jedes Frühjahr ist ein kleines Wunder. Die Sonne weckt die Natur. Und sie durchflutet auch uns mit neuer Kraft. Voller Elan drängt es uns RAUS ins Freie. Endlich – es riecht wieder nach Sommer. Doch wohin des Weges? Die Möglichkeiten sind enorm. Unser Planet ist ein Paradies voll geologischer und biologischer Superlative. Wer möchte, kann in ein schier unendliches Meer aus faszinierenden Landschaften, außergewöhnlicher Flora und spannenden Erlebnissen eintauchen: von den Höhen der Anden bis zu den Vulkanen Indonesiens, durch die Weiten Grönlands bis in die Steppe der Serengeti. Bei all der exotischen Vielfalt verlieren wir aber manchmal eines aus den Augen: die einmaligen Plätze vor unserer eigenen Haustür. Mitunter wissen wir gar nicht, welche Schätze und Abenteuer kurz hinter der Ortsgrenze auf uns warten. Immerhin gibt es in Deutschland 14 Nationalparks und über 8.000 Naturschutzgebiete. Rein statistisch gesehen dürften jeden von uns also nur ein paar Kilometer vom nächsten magischen Ort trennen – von dichten Wäldern, abgelegenen Schluchten oder verwunschenen Seen. Sicher, diese Plätze tragen keine berühmten Namen wie »Amazonas«, »Grand Canyon« oder »Himalaya«. Doch fühlt sich die Sonne auf der Haut, das Moos unter den Füßen oder die Rinde eines Baumes anders an, nur weil es nicht in einem Buch wie »Die 100 schönsten Plätze der Welt« erwähnt ist? Der Ayers Rock mag auf den ersten Blick imposanter wirken als der kleine Fels im Wald hinter unserem Gartenzaun. Doch beide haben eine Millionen Jahre alte Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, die sich vielleicht nicht auf den ersten Blick erschließt, die sich aber auf einer spannenden persönlichen Forschungsreise erkunden lässt. Das Moor am Rande unserer Stadt haben wir schon Hunderte Male im Vorbeifahren gesehen. Doch wann sind wir je ausgestiegen und bewusst einem zugewucherten Weg gefolgt, der uns in das Unbekannte führte? Es ist die Entdeckerlust im Kleinen, die den sonntäglichen Spaziergang zum persönlichen Abenteuer macht: ein fremdes Insekt auf dem Wanderschuh, die eigenartige Blattfärbung eines ausgreifenden Farns, der den Wald um die Ecke zum Dschungel werden lässt. Die frühmorgendliche Radtour wird zum bleibenden Erlebnis, wenn wir uns die Zeit nehmen, in uns aufzusaugen, wie der glitzernde Nebel der Sonne weicht, der Spree entsteigt. Auch das heftige Sommergewitter nehmen wir mit anderen Sinnen wahr, wenn die intensiven Gerüche des Waldes unsere Nasen streifen. »Die Seele wird vom Pflastertreten krumm. Mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden und tauscht bei ihnen seine Seele um. Die Wälder schweigen. Doch sie sind nicht stumm. Und wer auch kommen mag, sie trösten jeden.« Diese Erkenntnis dämmerte schon Erich Kästner, als er durch die Wälder vor seiner Haustür spazierte. Ein jeder Fluss dieser Welt hat eine Quelle und ein Ende, egal, ob Amazonas, Nil oder Oker – nehmen wir uns die ZEIT, das, was dazwischenliegt, zu erkunden! Viel Spass bei der nächsten Forschungsreise! Andreas Hille, Michael Bode und Teams
2
SOMMERTRÄUME Nomen est omen? Nein, denn der »Tropicana«-Schlafsack von Highlite taugt zu mehr als nur zur Kuschelhilfe für Karibikurlauber in der Hängematte. Er ist ein leichter und aufwendig konstruierter Sommerschlafsack für Fernreisen, Trekking oder Hüttentouren. Das H-Kammer-System im Schlafsack fixiert die Daunen an den Stellen, wo sie hingehören – ohne dass Kältebrücken entstehen. Die Hülle ist aus hoch atmungsaktivem Microlight-Gewebe. Ebenfalls außergewöhnlich für diese Temperaturklasse: Die Schlafhülle ist mit einer vollwertigen Kapuze ausgestattet. Gewicht: nur 490 Gramm bei 820 Cuin und 90/10 Gänsedaune. Preis: ab 229,95 Euro
FOTO Fotolia
WIE EINE SOCKE
WETTERSCHUTZ HAUTE COUTURE Wetterfleck, Kotze, Poncho, Umhang oder Pelerine – selten gibt es für ein und dasselbe Kleidungsstück so viele Begriffsvariationen. Wie kommt’s? Die Sprache sowie kulturelle und funktionelle Unterschiede prägten über Jahrhunderte den Überwurf ohne klar femininen oder maskulinen Schnitt. Es ist seine Einfachheit, die diesem Gewand zeitlose Universalität verleiht. Man wirft es sich über die Schultern, steckt den Kopf durch das Loch am oberen Ende, fertig. Ein Sack mit Funktion, ein Kleid für jedermann und -frau. Ein geschichten- und geschichtsträchtiges Loch mit Ausblick. Der Poncho, das bunt gewebte Stück Stoff, galt bei den indigenen Andenvölkern lange Zeit als klares hierarchisches Statussymbol, das Adligen und Kriegern vorbehalten war. Das Webmuster ließ auf Gruppenoder Rangzugehörigkeiten schließen. Doch auch als Wetterschutz war und ist der Poncho in Lateinamerika nicht wegzudenken. Auf dem Feld, in der Stadt oder auf Reisen – ständig mit dabei, wärmt und schützt das bunte Dreieck als Decke, Jacke oder Vorhang. Kaum symbolische, dafür umso mehr praktische Zwecke erfüllt der sogenannte Wetterfleck, der von Alpenbewohnern mitunter als Kotze bezeichnet wird. Er stammt von der römischen Paenula ab, einem Überziehmantel. Im 19 Jahrhundert entwickelte sich der Umhang – meist aus Loden – zu einem beliebten Wetterschutz für Jäger und Wanderer. Dank des weiten Schnitts passt die Kotze ohne Probleme über den Rucksack – und im Falle des Jägers auch über die Jagdwaffe. Und heute? Auch wenn die Outdoor-Hersteller dem traditionellen Wetterfleck mit diversen Funktionsmaterialien Konkurrenz machen: Der praktische Schnitt bleibt unübertroffen. Während ein aus Loden hergestellter Umhang den Regen aufsaugt, weist ein moderner Poncho das Regenwasser ab und hält den Träger lange Zeit trocken. Und das nicht nur am Rücken und Kopf – in lang geschnittenen Regencapes bleiben auch Oberschenkel und Hinterteil trocken. Ach ja: Regencape …, nun ist aber Schluss mit den Begriffen.
Oft sind es kleine Dinge, die ein Produkt revolutionieren. So auch bei dem neuen Leichtwander- und Trekkingschuh »R/EVO GTX« aus der italienischen Traditionsschusterei Scarpa. Scarpa ist für perfekte Passform bekannt – auch bei »schwierigen« Füßen. Die sogenannte »Sock-Fit«-Konstruktion in Form einer komplett elastischen Zunge sorgt für besonders wohltuenden Tragekomfort – denn damit sitzt der Schuh, inklusive Zunge, passgenau am Fuß. Der robuste Lederschaft, die kompakte Ferse sowie der Geröllschutz an der Front beweisen, dass es sich bei dem Schuh um einen echten Trekker für lange Wanderungen mit Gepäck handelt. Preis: 199,95 Euro
MIR STINKT’S ... NICHT ROTKÄPPCHEN Das Tatonka »Regencape« vereint Wetterschutz mit Rucksackregenschutz. Keine Jacke lässt sich schneller überziehen als der Poncho aus leichtem Nylonmaterial mit PU-Beschichtung. Dank Kapuze mit Schnürzug und Sturmsicherung gegen Hochrutschen bietet er selbst bei strömendem Regen großflächigen und zuverlässigen Schutz. Die Volumenerweiterung per Reißverschluss gibt dem Rucksack genügend Platz unterm Cape. Erhältlich in fünf Erwachsenen- und einer Kindergröße. Preis: 59,95 Euro, Kindercape 49,95 Euro
UNTER DER HAUBE Klein und immer mit dabei – der leichte Rad-Regenponcho »Valdipino« von Vaude ist aus umweltfreundlichem Hauptmaterial gefertigt. Er ist im Nu übergezogen und schützt Radfahrer wie Wanderer rundum vor Nässe. Verpackt ist der Poncho kaum größer als eine Grapefruit. Er lässt sich komplett in der integrierten Tasche verstauen. Preis: 34,95 Euro
Alle Produkte aus dieser Zeitschrift gibt es bei Foto Titelseite Fisher Towers in Moab Utah.
Basislager Kaiserstraße 231 76133 Karlsruhe www.basislager.de
CAMP4 Karl-Marx-Allee 32 10178 Berlin www.camp4.de
SFU Schmiedestraße 24 30159 Hannover www.sfu.de
Allgemeine Anfragen und Anregungen bitte an redaktion@rauszeit.net .
SFU Neue Straße 20 38100 Braunschweig www.sfu.de
Der »Opsak« hält dicht – garantiert. Dafür sorgt ein patentierter Verschluss mit dreifachen Dichtlippen, der genauso robust ist wie der praktisch unzerstörbare Beutel aus temperaturunempfindlichem Spezialkunststoff. Der mehrfach verwendbare Zaubersack ist vielseitig und eignet sich besonders gut für das geruchsneutrale Wegpacken von so ziemlich allem, was einem draußen lieb und heilig ist – von der Kleidung bis zur Nahrung. Mit dem »Opsak« in der Tasche lassen sich geruchsintensive Lebensmittel wie zum Beispiel Käse, Fisch oder Wild in bärenreichen Gegenden wegschließen, ohne eine Fährte zu legen. Wichtige Dokumente schützt der Allzwecksack vor Feuchtigkeit. Und sogar als »Teller« für gefriergetrocknete Nahrung lässt er sich verwenden: Einfach heißes Wasser dazugeben und aufquellen lassen. Der »Opsak« kennt (fast) keine Grenzen! Erhältlich in unterschiedlichen Größen. Preis: 3er-Set 15,95 Euro
IMPRESSUM Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt: Michael Bode, Andreas Hille Redaktion & Konzept: outkomm GmbH, Fleubenstrasse 6, CH - 9450 Altstätten, www.outkomm.ch, redaktion@rauszeit.net Layout & Produktion: Marvin Lang Druck: Jungfer Druckerei und Verlag GmbH Copyright: Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ist ohne Zustimmung der Herausgeber unzulässig und strafbar.
3
RAUSZEIT Sommer 2013
UNTERNEHMUNGS-BERATERIN Sara Seeger findet ihr bei Basislager in Karlsruhe:
DIE DRAUSSEN-JEANS Mit ihr durch dick und dünn. Die »Nils Trousers«-Hose von Fjällräven ist die erste Wahl für aktive bis hyperaktive Reisende, die sich viel und bei jedem Wetter draußen bewegen. Dem robusten G1000-Stoff können weder moosiger Waldboden noch steinige Schären etwas anhaben. Skandinavische Robustheit eben. Das sehr dicht gewobene Material bietet Wind- und Wasserschutz, ganz ohne aufwendige und teure Membranlaminate. Dabei ist der Stoff sehr haltbar, hoch atmungsaktiv und funktioniert obendrein als natürlicher UV- und Moskitoschutz. Je nach Bedarf kann G1000 mit ökologischem Grönlandwachs imprägniert werden, um die Robustheit und Wind- und Wasserschutz an besonders strapazierten Stellen gezielt zu erhöhen. Die »Nils Trousers« eignen sich für den Alltag ebenso wie für die Pilztour im Wald. Ausstattung: eine Beintasche, zwei Eingriffstaschen, niedriger Bund, normale Passform. Preis: 119,95 Euro
KARLSRUHE
Halb in der Stadt und halb auf dem Bauernhof ihres Opas im Schwarzwald aufgewachsen, war und ist Sara immer viel draußen in der Natur und mit Tieren zusammen. Und das meist mit einem besonders treuen Begleiter: »Am liebsten mit meinem Hund Hazel. Der ist immer bei mir!« Zu Basislager kam die 26-Jährige, weil sie sich gerne neuen Herausforderungen stellt, die sich mit ihrer Leidenschaft für das Unterwegssein verbinden lassen. Seit wann im Basislager? Sommer 2012
MEHRTAGES-TRÄUMER
Gelernter Beruf? Nachdem ich mein Studium zur Landwirtin vorzeitig abgebrochen habe, begann ich die Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau bei Basislager im Herbst 2013. Lieblingsverkaufsbereich und warum? Die Kinderabteilung! Hier gibt’s von allem etwas. Nur eben in klein! Lieblingsausrüstungsgegenstand? Ein Paar dicke Woolpower-Socken. Denn egal wo ich bin, ich bekomme immer kalte Füße. Welches Reiseziel steht ganz oben auf deiner »Liste«? Der Orient – einmal mit Beduinen und ihren Kamelen durch die kargen Wüsten ziehen.
UNTERNEHMUNGS-BERATERIN Janice Howe findet ihr bei Camp4 in Berlin:
BERLIN
Die »Day Dream«-Rucksäcke von Bach sind perfekte Begleiter für Berg- und kurze Trekkingtouren: puristische, geräumige Alpinrucksäcke mit Aluminium-Tragsystem und gepolstertem Air-Mesh-Rücken. Die Modelle gibt es mit 45, 50 oder 55 Liter Stauraum. Mit separatem Bodenfach und höhenverstellbarem Deckel lassen sich die Systeme zusätzlich auf den individuellen Platzbedarf anpassen. Das Lite-Tragsystem mit fest angenähtem Schulter- und Hüftgurt bietet auch ohne große Verstellmöglichkeit einen guten Sitz und passt auch für kürzere Damen-Rücken. Ob in den Pyrenäen, in der Hardangervidda, im Allgäu oder in Mecklenburg-Vorpommern – das solide 500dn Cordura Ripstop-Nylon von Bach sorgt dafür, dass innen und außen nichts zu Schaden kommt. Preis: 164,95 Euro (45 l), 169,95 Euro (50 l), 174,95 Euro (55 l)
Die zweifache Mutter ist eine echte Berlinerin: immer in Bewegung. Ob im Wasser, auf dem Rad oder zu Fuß. Und das meist mit der ganzen Meute. »Im Boot, zu Fuß oder mit dem Auto zum Ausgangspunkt und dann weiter. Wir sind als Familie einfach gerne an der frischen Luft und aktiv draußen. Egal wie oder bei welchem Wetter«. Denn draußen unterwegs zu sein ist für Janice spannend und entspannend zugleich. Seit wann im Camp4? Seit Mai 2013. Gelernter Beruf? Ich bin seit 1999 im Verkauf in verschiedenen Bereichen tätig. Gelernt habe ich Floristik und das genau hier in dem Haus, wo jetzt Camp4 ist. Ich bin sozusagen die Hausälteste. Lieblingsverkaufsbereich und warum? Da ich noch nicht so lange im Camp4 bin, ist diese Frage schwer zu beantworten. Jeden Tag lerne ich etwas
4
dazu, und jeder Bereich ist für mich spannend. Festlegen kann ich mich da nicht. Lieblingsausrüstungsgegenstand? Unverzichtbar und absolut praktisch sind meine Ortlieb Faltschüsseln (10 l) und die Expander-Wäscheleine. Da ich immer mit Familie unterwegs bin, brauche ich flexible Gegenstände. Mit der Faltschüssel kann ich Wasser holen, Wäsche waschen und Geschirr spülen. Naja, und eine gute Leine kann man immer und überall gebrauchen. Welches Reiseziel steht ganz oben auf deiner »Liste«? Mein großes Reiseziel ist Alaska. Ich mag zwar unsere Natur hier vor der Haustür auch sehr gerne, aber dort stelle ich mir alles noch viel wilder, schöner und beeindruckender vor. Mit dem Boot durch Alaska zu fahren, steht recht weit oben auf der Liste. Bis das klappt, erfreue ich mich an der heimischen Wildnis.
Beim »Ferrata Combi GTX« von Hanwag steht ‚Combi’ für das, was kommt, wenn der Felsgrat oder Klettersteig aufhört: leichtes kombiniertes Gelände mit Gletscherpassagen, die Steigeiseneinsatz erfordern. Mit seiner etwas steiferen Sohle samt Kipphebelauflage hinten ist der Schuh für alle Abwege gerüstet. Mit nur etwa 750 Gramm trägt er sich auch auf längeren Strecken angenehm leicht. Besonderheit: die leichtgängige Schnürung. Der Schuh besitzt keine Ösen, sondern wird mit sogenannten ‚Click Clamp’-Schnürhaken gebunden. Das ermöglicht eine Zwei-Zonen-Schnürung: So kann der Schuh am Schaft enger oder weiter angepasst werden als im Vorfußbereich. Preis: 269,95 Euro
STURMFLUT-STOFF Wer schön sein will, muss leiden – sagt ein Sprichwort. Wer es geprägt hat, weiß keiner. Aber es war mit Sicherheit keine Frau, die eine Bergans »Lone Jacket« besaß. Die regen- und sturmfeste Jacke sieht schick aus und lässt die Trägerin auch im fiesesten Wetter nicht im Stich. Der Mantel aus 2-Lagen-Material schützt vor Nässe. Dabei lässt die Faser Wasserdampf vom Körper nach außen entweichen und hält die Haut trocken. Schluss also mit unangenehmem Frösteln! Regulierbare Bündchen, eine Windabdeckleiste und ein Kordelzug in Saum und Taille halten den Wind draußen. Zudem lässt sich durch den Kordelzug die feminine Passform betonen. In den beiden großen Vordertaschen haben Geldbeutel, Schlüssel und Mobiltelefon Platz. Es muss nicht immer nach Outdoor aussehen, wo Outdoor drinsteckt. Preis: 199,95 Euro
FOTO Fotolia
BERGZIEGE
SUPERSONIC SOFT Lange galt die Schweizer Outdoor-Marke R‘ADYS unter Multisportlern als Geheimtipp – heute steht das charakterstarke Label trotz wachsender Fangemeinde noch immer für einen ganz eigenen Weg. Das zeigt auch die »R 3 Light Softshell Jacket«. Als »R’Sonic« bezeichnet R’ADYS die Verarbeitungstechnik dieser leichten SoftshellJacke für anspruchsvolle Aktivitäten. Die Nähte sind verschweißt und nicht genäht, wie herkömmlich. Das schafft Robustheit. Auch sonst besticht die Jacke durch Funktionalität und Raffinesse im Detail: Mit zwei Fronttaschen, einer Brusttasche, einer im Volumen verstellbaren Kapuze und der praktischen Unterarmbelüftung taugt die »R’Sonic variabel« für unterschiedlichste Unternehmungen. Preis: 219,95 Euro
UNTERNEHMUNGS-BERATER Juri Dubinin findet ihr bei SFU in Hannover:
HANNOVER
Der gebürtige Russe ist in Deutschland aufgewachsen und schon mit seinen Eltern regelmäßig auf Reisen und draußen gewesen. Egal, ob alleine oder mit Freunden, eine Sache darf auch in der Natur nicht fehlen: »Musik ist immer mit dabei. Egal, ob hören oder selber machen.« Doch manchmal steht auch der MP3-Player still. Nämlich dann, wenn Juri die Ruhe der Natur in sich aufnimmt und sich auf das Wesentliche besinnt. Seit wann bei SFU? Seit etwa eineinhalb Jahren. Gelernter Beruf? Biotechnologe. Lieblingsverkaufsbereich und warum? Wanderbekleidung, weil ich davon am meisten verstehe und viel Erfahrung beim Wandern sammeln konnte. Ich gebe lieber Erfahrungen weiter als viele technische Details. In meinen Augen gibt es für jeden die richtige Bekleidung, egal, ob Jacke, Hose oder Isolationsteil. Das Passende rauszufinden, macht mir Spaß. Aber auch mit Schlafsäcken und Isomatten beschäftige ich mich gerne. Denn nichts ist wichtiger als guter, warmer Schlaf und Ruhe in der Nacht. Lieblingsausrüstungsgegenstand? Mein Rucksack! Denn da muss alles rein, und ein Koffer geht gar nicht. Mit Rucksack zu reisen, ist
eine Lebenseinstellung. Natürlich gibt es noch viele weitere praktische Utensilien wie Messer, Stirnlampe etc., die immer mit sollten. Es kommt eben immer darauf an, wohin man fährt. Ich lege mich da auf keinen bestimmten Gegenstand fest. Wobei ... – ohne meinen Musikplayer bin ich noch nie weggefahren. Welches Reiseziel steht ganz oben auf deiner »Liste«? Russland. Ich bin in Novosibirsk geboren und seit der Ausreise 1989 nicht mehr dort gewesen. Diesmal würde ich gerne am Baikalsee wandern und Verwandte in Novosibirsk besuchen. Zu den Wurzeln und meiner eigentlichen Heimat zurückzureisen, das reizt mich gerade sehr.
5
RAUSZEIT Sommer 2014
Erlebt: Auf Nahrungssuche in der nordischen Wildnis
MISSION SELBSTBEDIENUNG Ganz im Norden Europas, nahe der norwegischen Stadt Kirkenes, liegt der Jarfjord. Ein wilder Landstrich, in dem Trekker ganz auf sich allein gestellt sind. Beeren, Pilze und Fische decken den Tisch reichlich – eigentlich. Vom Versuch, sich in rauer Wildnis nur mit dem zu versorgen, was Mutter Natur im Regal hat. Die besten und leider auch die dümmsten Ideen werden oft mit der Hand am Bierglas geboren. So auch an jenem Sommertag in einem Biergarten. Es dauert nicht lange, bis mein Kumpel René und ich Gefallen an der romantischen Vorstellung finden, uns in den nördlichsten Winkel Skandinaviens zu verziehen. Unsere Idee: Wir würden nur von dem leben, was Mutter Natur uns auftischen würde. Austragungsort dieses Selbstversuchs soll die Wildnis östlich des nordnorwegischen Städtchens Kirkenes sein. Ein Jahr später. Ein letzter Blick zurück zum Auto. Die nächsten Tage werden wir es am Westufer des Jarfjords sich selbst überlassen. Eine klar vorgegebene Route haben wir nicht. Wir werden uns ohnehin nach dem Nahrungsmittelangebot von Mutter Natur
6
richten. So um die 3.000 Kalorien pro Tag verbraten groß gewachsene Männer bei körperlicher Anstrengung. In diese Kategorie fallen René und ich definitiv. Hätten wir vor der Tour folgende Rechenspiele angestellt, wir wären vermutlich nie gestartet: Um die besagten 3.000 Kalorien zu tanken, müsste jeder von uns zu Hause wahlweise sieben Tafeln Vollmilchschokolade, 1,2 Kilogramm Käsefondue oder zweieinhalb Pfund Hackfleisch pro Tag zu sich nehmen. In der Wildnis des Jarfjords, in der nordöstlichsten Ecke Norwegens, nur wenige Kilometer von der russischen Grenze entfernt, geht es nicht ganz so nahrhaft zu: Denselben Energiebedarf liefern 16 Kilogramm Birkenpilze, sechs Kilogramm Blaubeeren oder 3,7 Kilogramm Kabeljau – pro Tag und pro Person. Klingt machbar, oder?
Pilzpfanne ohne Petri Heil Für heute planen wir, zuerst entlang eines Bachbettes zu dem See Dalvatnet aufzusteigen. Später wollen wir uns von dort auf einem Bergrücken zum weit verzweigten See Myggvatn durchschlagen. Der Rückweg soll entlang des Fjordufers führen. Vier bis fünf Tage wird der Spaß dauern, so der Plan. Neben Schlafsack, Matte, Zelt und Kocher sind an unseren Rucksäcken Angelausrüstungen für Süßwasser- und Meerfische festgezurrt. »Geschummelt« wird nur bei einem Getränk: Ohne Kaffee für warme Gedanken stände unsere Motivation sicher schnell auf dem Prüfstand. Salz und ein paar Gewürze komplettieren unseren Verpflegungsbeutel.
Unser Speiseplan: Beeren, Birkenpilze und frischer Fisch.
Wanderwege sucht man im wilden Paradies der Finnmark vergebens. Jeder Bach führt Trinkwasser, nahezu jede Beere ist essbar. Und die einzigen Begleiter sind Rentiere, die wie wir mit müheloser Ausdauer das Gelände auf der Suche nach Nahrung durchstreifen. Wir gewinnen langsam an Höhe, der Wald wird immer lichter. Eine angenehme Brise bläst die Moskitos fort, die sich im unteren, sumpfigen Bereich auf uns gestürzt hatten. Regelmäßig knien wir nieder, um unsere Netzbeutel mit cremefarbenen Birkenpilzen zu füllen, die hier ebenfalls zuhauf wachsen. Blaubeeren wandern im Vorbeigehen in den Mund. Gereift unter der Mitternachtssonne, schmecken sie deutlich intensiver als die aus den Supermarktregalen. Ein bisschen mache ich mir Sorgen um Renés Gesundheitszustand. Er schnieft etwas, aber »nix Wildes«, wie er versichert. Auf einer Anhöhe ist die erste Bewegung die um die eigene Achse. Ein traumhaftes 360-Grad-Panorama über Fjordlandschaften bis hin zum Eismeer tut sich auf. In der Ferne zeichnet sich das Ufer des großen Sees Myggvatn ab. Genau dort wollen wir unser erstes Nachtlager aufschlagen. Mit prall gefüllten Pilznetzen erreichen wir das Ziel. Ein grandioses Fleckchen. Gute fünf Meter liegt der Bi-
Zimmer mit Aussicht - traumhafte Zeltplätze gibt es reichlich.
wakplatz über dem Wasser, mit bequemem Zugang zur Frischwasserquelle und flachem, moosig-flauschigem Boden. Keine Spur davon, dass hier schon jemals ein Mensch war. An den nahe gelegenen Hängen wimmelt es von Blaubeerbüschen. Und wenn wir Glück haben, beißt heute Abend noch eine Forelle an. 15 Minuten später brutzeln bereits drei Hände voll duftender Birkenpilze im Topf über dem Gaskocher. Zwei Tassen dampfenden Kaffees stecken im üppigen Moos. Die Welt ist in Ordnung, auch wenn ich im Augenwinkel zur Kenntnis nehme, dass die üppig wirkenden Birkenpilze mittlerweile auf ein Fünftel ihrer ursprünglichen Größe geschrumpft sind. Sie schmecken fantastisch, sind nur leider viel zu schnell verputzt. Kein Problem, sicher holen wir noch ein wohlschmeckendes Kiementier aus dem See! Doch nach zweistündigem, vergeblichem Angelrutenauswerfen weicht diese Zuversicht der Erkenntnis, dass wir heute ohne Hauptgericht in die Falle gehen werden. Als Trostpflaster zieht René eine kleine Nalgene-Flasche aus dem Rucksack. Der Inhalt geht schnell ins Blut: rauchiger schottischer Single Malt Whiskey zur Desinfektion des Hungergefühls. Wer braucht schon Forellen ...?
Ende der Romantik Durch verquollene Augen blicke ich in einen traumhaften, wolkenlosen Tag. Während René noch Schäfchen zählt, streife ich los und sammle massig Blaubeeren. Unser Frühstück ist italienisch-norwegisch: Kaffee und für jeden fünf Hände von dem perlenartigen Obst. Die Tagesplanung steht an. Beide lieben wir Fisch. Also haben wir die Wahl, entweder hier am See wieder unser Glück zu versuchen oder uns zum Fjord durchzuschlagen und, laut René, zum Dinner »soviel Kabeljau zu essen, bis wir platzen«. O.k. ... die Wahl fällt schwer ...! Auch wenn die Energietanks nicht ganz voll sind, zieht uns die Landschaft in ihren Bann. Immer wieder passieren wir kleine Bergseen inmitten glatt gehobelter Felswannen. Zwischendurch krabbeln wir auf allen Vieren durch die Blaubeerfelder und nehmen so viele süße Kalorien auf wie möglich. Die Beeren schmecken gut, nur leider sind sie innerhalb kürzester Zeit wieder verbrannt, wenn wir mit den schweren Rucksäcken über Felsblöcke klettern und dem leichten, aber permanenten Auf und Ab folgen. Als neue Geschmacksvariante bietet der Speiseplan von Mutter Natur nun Moltebeeren, das Wahr-
7
RAUSZEIT Sommer 2014
Vom Fußboden essen - Blaubeeren wo man hintritt.
zeichen Lapplands. Diese Sorte ist in Mitteleuropa sehr selten, in Nordskandinavien wächst sie dagegen massenhaft. Optisch wie auch geschmacklich erinnert sie an eine geglückte Mischung aus Himbeere und Aprikose. Auch die Pilznetze haben wir wieder gefüllt, wenn auch nicht mehr ganz so euphorisch wie noch gestern. Naja, heute Abend werden wir uns die Bäuche mit leckerem Dorsch vollschlagen, da sind die Pilze nur noch Beilage! Doch so schnell wird es nichts mit dem Dorsch. Was auf unserer 1:50.000er-Karte wie ein gut machbarer Abstieg aussieht, entpuppt sich als nicht machbar: zu steil, zu ausgesetzt, zu gefährlich. Zumal wir das Ganze ja auch wieder hoch müssten. René niest, schaut mich etwas verzweifelt aus geröteten Augen an und murmelt: »Einfach ein großer Topf Nudeln mit Sahnesoße und zum Nachtisch ein Stück batziger Schokokuchen, das wär’s jetzt.« Ich nicke und finde unsere Idee, sich bei der Nahrungsaufnahme ganz auf Mutter Natur zu verlassen, auch nicht mehr ganz so prickelnd. Was soll’s, weiter! Heimlich hoffe ich, dass René noch irgendwo in seinem Rucksack etwas Verbotenes gebunkert hat, für den Fall der Fälle. Und ich glaube, ihm geht es genauso – nur andersherum. Endlich stehen wir an der Kante, von der aus wir in die Bucht am Fjord hinuntersehen. Der steile Abstieg ist übersät von Felsbrocken, die unter ihrem Moos- und Gestrüppteppich nur darauf warten, einem die Knöchel zu brechen. Die Sonne ist schon jenseits des Bergrückens, als wir endlich am Kiesstrand der Fjordbucht stehen.
Endlich Eiweiß Frischer Kaffee ist in den Tassen, die Meerfischköder sind an den Angeln befestigt, der große Fang kann be-
8
Frischer Fisch - unvergessliche Gaumenfreuden.
ginnen! Zwei Stunden später werde ich »langsam« ungeduldig. Wir reden nicht mehr allzu viel. Zwei künstliche Köder hängen bereits in dem Schlick am Grund der Bucht, und meine Laune ist mittlerweile auch ungefähr dort angekommen. Was für eine saublöde Idee! Die Supermarktregale in Kirkenes sind zum Bersten voll mit leckersten Köstlichkeiten. Wir könnten hier draußen die Zeit unseres Lebens verbringen! »Ich hab einen«, ruft René gerade jetzt inmitten meiner akuten Motzphase. Kurz darauf »schlachten« wir in gieriger Vorfreude den Kabeljau. Gut, er mag etwas klein geraten sein – aber, hey, endlich Eiweiß! Routiniert nimmt René den Fisch aus. Eine Viertelstunde später liegen zwei kleine Filets in der Pfanne – fangfrisch. Noch etwas Fischgewürz ... und fertig ist das kulinarische Gedicht. Satt werden wir von diesem kleinen Geschenk des Meeres freilich nicht, aber nach zwei Tagen ist es unser erstes Anglerglück und der dringend notwendige Anstoß für unsere Moral. Die Dämmerung taucht den Fjord in ein unwirkliches hellblaues Licht. Plötzlich klackern Kieselsteine. Im fahlen Licht taucht ein schwarzweißer Vierbeiner auf, stellt sich 30 Meter vor mir auf einen Felsblock und gibt halb knurrend, halb jaulend seinen Unmut darüber bekannt, dass ich anscheinend verbotenerweise in seinem Revier bin. »Gibt es hier Wölfe?«, brülle ich ziemlich angespannt zu René, der 300 Meter entfernt nochmals sein Glück an der Rute versucht. »Wieso Wölfe?«, schallt es nur von der anderen Seite der Bucht zurück. Ich ziehe mein Messer, bereit, um mein Leben zu kämpfen. Dann ertönt ein Ruf in einer Sprache, die ich nicht kenne. Über dem Felsriegel, der das Ende der Bucht markiert, taucht ein Mann mit rot-kariertem Holzfällerhemd auf. Sein Hund entspannt sich, ich mich auch.
Emil, wie sich der Mann vorstellt, hat in der Nähe eine Fischerhütte – und lacht sich mit einem kehlig-rasselnden Grölen halb kaputt über unser Projekt und vor allem über unsere bisherige Angelausbeute. »Wenn ihr wollt, nehme ich euch morgen mit meinem Boot raus, dann fangt ihr mehr Fisch, als ihr essen könnt«, lädt er uns ein. René und ich tauschen Blicke aus. Die »Regeln« besagen, dass wir von der Natur leben müssen. Die Leitlinien, wie wir an die Nahrung kommen, können wir ja etwas lockern ... Am folgenden Vormittag kommt Emil tatsächlich mit seinem kleinen Boot angetuckert. Jetzt haben wir einen echten Profi dabei, der kann nicht irren. Von bettvorleger-großen Heilbutten erzählt er uns, während wir an Lachsfarmen vorbeigleiten, mit denen die Nachfrage Europas nach dem rosafleischigen Edelfisch gedeckt wird. Er stellt den Motor ab – und tatsächlich hat René bereits drei Minuten später einen Dorsch an der Angel. Ebenfalls kein Riesenfang, aber immerhin. »Zu klein«, murrt Emil und René wirft ihn umgehend demütig zurück ins Wasser. »Außer, ihr wollt den essen.» Verdammt! Emil hat wirklich keinen Schimmer, wie klein die Fische sein könnten, die wir im Moment vertilgen würden. Das Wetter hat mittlerweile umgeschlagen und zeigt sich von seiner typisch nordischen Seite: Temperatursturz und horizontaler Regen. Wir ziehen noch drei Seelachse raus, mehr als genug, um sich wirklich satt zu essen. Unter unserem Tarp bereiten wir sie zu. Es ist mittlerweile saukalt, eine feuchte Kälte, die in Mark und Bein zieht. Über den Rand seiner Kaffeetasse sagt René mit Blick auf den verregneten Fjord: »Ich habe Fieber und letzte Nacht kein Auge zugemacht. Vielleicht ist es besser, wenn wir unser Experiment beenden?« Wir sind noch ein ganzes Stück von unserem Startpunkt entfernt. Ein Marsch durch dieses unwegsame, teilweise
BERGSPORT UNSER ALPINES SORTIMENT HAT DIE FUNKTIONEN UND EIGENSCHAFTEN, DIE SIE SELBST UNTER ANSPRUCHSVOLLSTEN BEDINGUNGEN ANS ZIEL BRINGEN.
Pilzpfanne à la Jarfjord.
REGION Der Jarfjord befindet sich am nördlichsten Zipfel Europas, d.h. die Ausrüstung sollte auf Temperaturen zwischen 0 und 25 Grad abgestimmt sein. Die Region ist geprägt von glattgeschliffenen Bergrücken, windgepeitschter Tundra und Birkenwäldern. Der Fjord zieht sich westlich der Stadt Kirkenes aus einer geschützten Bucht bis zum Nordmeer. ANREISE Die Anreise mit dem Auto ist lang aber sehr eindrucksvoll. Dafür muss man z.B. von Berlin circa 32 Stunden Fahrtzeit bzw. 2.700 Kilometer bewältigen. Schneller geht es mit dem Flugzeug, mit dem man über Oslo den Flughafen Kirkenes erreicht (z.B. www.norwegian.com). Als Fortbewegungsmittel vor Ort eignet sich am besten ein Mietwagen ab Flughafen Kirkenes. BESTE REISEZEIT Juni bis August.
FREDRIK SCHENHOLM
EIGENS ZUM BERGSPORT ENTWICKELT
Glittertind Jacket
LITERATUR Da es in der Region um den Jarfjord keine markierten Wanderwege gibt, sollte man in jedem Fall eine gute topografische Karte (z.B. Startens Kartverk, Kartenblatt 191, Kirkenes, Maßstab 1:50.000, ISBN 9788279452362, EUR 29,90) und ein GPS-Gerät mitführen. Als interkulturelle Vorlektüre zu Menschen und Region wie auch zur Stärkung der Lachmuskeln empfiehlt sich das Buch »Scheiß-Rentiere« von Magne Hovden (Malik Verlag, ISBN 9783890293882).
heikle Gelände mit schwerem Gepäck ist bei bester Gesundheit schon anspruchsvoll. Wenn sich Renés Zustand noch verschlechtern sollte, wäre das eine brisante Situation. Wir sind uns schnell einig, dass wir wertvolle Erfahrungen gesammelt haben, aber dass es vernünftiger ist, jetzt den Rückweg anzutreten. Bis zu Emils Hütte sind es 25 Minuten Fußmarsch. Von dort, sagt er, brauche man noch drei Stunden zurück zur Straße. In der Abenddämmerung erreichen wir unser Auto. Das Gefühl, eine Stunde später im Supermarkt zu stehen, ist schon etwas seltsam. Zurück in der Zivilisation auf 3.000 Kalorien zu kommen, ist eine Leichtigkeit. Wie hart es sein kann, draußen selbst für sich zu sorgen, davon haben wir einen authentischen Eindruck bekommen. Lektion gelernt, Mission Selbstbedienung erfüllt! Text und Fotos: Moritz Becher
Die Glittertind Jacket ist eine leichte Hardshell aus einem weichen und komfortablen 2-Wege-Stretch-Material. Sie ist entwickelt für den Einsatz bei hoher Aktivität und unter allen Wetterbedingungen. Die preisgekrönte Dermizax®NX Membran bietet vollen Wetterschutz und Atmungsaktivität auf höchstem Niveau.
BERGANS OF NORWAY HAT SEINEN URSPRUNG IN DER WILDEN NATUR UND DEM RAUEN KLIMA NORWEGENS. DIE OFT WIDRIGEN BEDINGUNGEN DORT STELLEN BESONDERS HOHE ANSPRÜCHE AN DAS MATERIAL UND SEINE NUTZER.
EKSTREM TURGLEDE
bergans.de
RAUSZEIT Sommer 2014
Erlebt: Kanadier-Tour im Familienurlaub
EXPEDITION MIT KIND UND KANU Abenteuerurlaub mit der Familie? Geht nicht? Doch! Sogar beinahe vor der Haustür. Wie, das verrät Camp4-Mitarbeiterin Janice Howe. Mit Mann und ohne Maus, dafür mit Sack und Pack, Kindern und Kanu paddelte sie los. Sie erzählt von ihren Erlebnissen auf der »Märkischen Umfahrt« im Seenland Oder-Spree und räumt auf mit Vorurteilen.
10
»Abenteuer? Ja, wäre nett, aber ... puuh, was für ein Aufwand! Nee, mit Kindern bleibt einem nur ein gemütlicher Pauschalurlaub am Strand.« Das hört man immer wieder, wenn’s um die Urlaubsplanung junger Familien geht. Gut, die ganz großen Abenteuer, wie sie manche Kunden, Kollegen und Freunde unternehmen, sind für uns als Familie mit zwei Kindern im Alter von sechs und acht Jahren auch nicht drin. Doch es geht auch eine Nummer kleiner. Das Abenteuer wartet sozusagen vor der Haustür. Und so beladen wir jeden Sommer unseren 4,65 Meter langen Kanadier und erkunden die Gewässer Norddeutschlands. Diesmal ist die Märkische Umfahrt unser Ziel.
Wir stellen überrascht fest, was alles in unser Boot passt. Da liegen Packsäcke mit Küchenzeug, Bekleidung, nützlichem Kleinkram ... und einer, der fast so groß ist wie ich. Da sind unser Zelt, das Tarp und die Schlafsäcke drin. Im Boot dient er auch als Sitzbank für die Zwerge. Die Kinder fühlen sich wohl so. Sie spielen im Boot Karten, lesen, dösen oder reden Unfug und albern rum. Ein festes Dach überm Kopf vermissen wir nicht. Eine Reise ganz ohne Zwänge und nur mit den notwendigsten Regeln. Es fühlt sich natürlich und echt an, hier im Boot zu sitzen und sich nur mit eigener Kraft voranzubewegen. Eine schöne Art der Fortbewegung, denn sie entschleunigt und macht einfach glücklich.
Was passt ins Boot?
Wo liegt das Paradies?
»Viel zu viel Gepäck, viel zu umständlich«, winkt mancher Abenteuer-Aspirant schon bei dem Gedanken ab, mit Kindern auf Tour zu gehen. Ja, ein wenig müssen auch wir uns einschränken. Aber wie so oft im Leben ist auch diesmal weniger mehr.
Vor allem die Landschaft, durch die wir mit dem Boot gleiten, hebt unsere Stimmung. Sie lässt uns zur Ruhe kommen und sorgt gleichzeitig für gespannte Freude. Bald gleitet das Boot durch Wiesen, Wälder und Schilf, so weit das Auge reicht. Wir erspähen Seerosen und an-
dere Wasserpflanzen. Es sind sehr wenige Paddler unterwegs. Wir saugen die Ruhe in uns auf. Es ist schon wahr: Die Wunder der Natur lassen sich nicht nur am anderen Ende der Welt erspähen. Wir befahren ein Stück mit hohen, sandigen Böschungen und sonnenüberfluteten Kiefernwäldern. Plötzlich flattert ein Eisvogel auf. In diesem Moment gibt es keinen schöneren Ort auf Erden, denn alles, was wir wollen ist da: die Familie zusammen, das Wetter spitze, die Laune toll und wir teilen etwas Seltenes. Auf einer der nächsten Etappen folgen wir den Altarmen der Spree in sumpfige Wiesen und Schilfmeere. Wir hören Wildschweine und anderes Landgetier, sehen Bussarde und Milane bei der Jagd und, wie so häufig, Reiher auf Nahrungssuche. Lange sagt niemand ein Wort, so fasziniert sind wir.
Sommer nur im Süden? Von wegen! Der kommende Tag wird richtig lang und anstrengend werden. Das Thermometer zeigt an die 36 Grad. Bella Italia in Brandenburg! Der Wasserweg bietet fast immer
Kurz hinter Berlin beginnt die heimische Wildnis.
den gleichen Ausblick vom Bug. Bäume und Sträucher, mal hoch und mal niedrig, mal stark und mal schwach bewachsen, aber immer herrlich flirrend und surrend. Nach etlichen Pausen und mit schweren Armen kommen wir nach sieben Stunden am Tagesziel an.
Was kostet ein Abenteuer? Abenteuerurlaube können ganz schön ins Geld gehen. Doch nicht auf dieser Tour! Immer wieder fallen uns unterwegs schöne, wilde Biwakplätze auf. Doch wir landen abends an kleinen Wasser-Wander-Rastplätzen. Hier gibt es alles, was man braucht: Toiletten, Trinkwasser und einen Grillplatz – und das alles für nur fünf Euro pro Erwachsenen. Die Sonne geht unter. Die sommerliche Hitze lässt etwas nach. Dafür nehmen die Mücken extrem zu. Wir verkriechen uns in unser Zelt. Auf der Suche nach Frühstück stoße ich am anderen Morgen auf einen urigen »Tante-Emma-Laden«. Die Schrippen sind noch warm – ein Fest, ich freue mich, die schlafende Sippe damit zu überraschen.
Abenteuerurlaub – nicht mit Kindern? Doch! Gerade Kinder wissen auch die kleinen Abenteuer zu schätzen. Und damit das Ganze nicht zu anstrengend wird, legen wir auch Pausen ein. Wie zum Beispiel beim »Spreekahn«. Hier gibt es leckere regionale Küche und einen guten Anlegesteg. Daneben liegt ein kleiner Bi-
Oben: Ferienwohnung mit Terrasse. Unten: Spannung, Spiel und Schleusenstau.
wakplatz mit einer Wiese und einem kleinen Sani-Haus. Da wir am nächsten Tag nicht weiter wollen, paddeln wir zum Neuendorfer See und suchen uns dort einen netten Campingplatz. Wir legen auf unseren Kanutouren immer einen Tag Pause ein. Das hebt die Moral der Besatzung, denn das stete Sitzen kann bei der Crew auch mal für Nörgelwellen sorgen. Deshalb hat der prophylaktische Gammeltag bei uns Tradition. Die Sonne verschwindet am Horizont. Nach dem Abendessen gibt es noch die tägliche »Gute-Nacht-Geschichte« und Kuscheln im Zelt. Für heute ist Feierabend.
Wo endet das Abenteuer? Den Pausentag nutzen wir zum Baden und »LeerbootFahren«. Ohne das ganze Gepäck ist unser »Kahn« ein echtes Leichtgewicht. Wir trullern auf dem See herum, als ein Boot neben uns hält. Die Polizei stets zu Diensten. Auf die Frage nach unserer Reiseroute entgehen wir nur knapp einem Bußgeld von 35 Euro, denn auf Landeswasserstraßen müssen am Boot ein Name außen und eine Adresse drinnen erkenntlich sein. Wir haben natürlich beides nicht. Die Herren Gesetzeshüter lassen jedoch Gnade vor Recht ergehen, und an Land wird aus unserem »Trapper 465« (denn Modellnamen zählen nicht) ganz schnell »Trapper 65«. Wenige Tage später ist unsere Bootstour zu Ende. Es war nicht der Amazonas. Doch die Tage im Boot haben uns die Augen geöffnet. Wir vier sind in Berlin geboren
MÄRKISCHE UMFAHRT Kanuabenteuer vor den Toren Berlins: Einen beeindruckenden Rundkurs auf Dahme und Spree bietet die Märkischen Umfahrt für Naturliebhaber. Die Route führt über etwa 200 Kilometer Wasserstrecke, die zum Teil den Paddlern vorbehalten ist und nicht mit Motorbooten befahren werden darf. Malerische Flusslandschaften und Seen wechseln mit engen Kanälen und Schleusen. Reiher, Libellen und Eisvögel sind häufige Begleiter. www.maerkische-umfahrt.de
und die Spree ist nur allzu selbstverständlich in unser Stadtbild integriert. Wir haben uns bisher nicht die Mühe gemacht, darüber nachzudenken, wo das Wasser herkommt oder wo es hinführt. Man kennt die Spree als einen Fluss zwischen Museen, Brücken und hohen Mauern, aber jetzt weiß ich, welch schönen Weg sie bis hierher zurückgelegt hat. Dieses strömende Gewässer ist Teil eines ganzen Ökosystems mit tausend verschiedenen Gesichtern. Fahre ich jetzt über eine Brücke in der Stadt, taucht unweigerlich ein Bild in meinen Gedanken auf: Wir vier und unser Boot in herrlicher »Wildnis«. So soll und wird es bleiben. Schiff ahoi, Eure Janice. Text und Fotos: Janice Howe
11
RAUSZEIT Sommer 2014
Das Ende Europas? Fotografiert auf Island von Fredrik Schenholm, schenholm.com.
Ofer Blutrich l채sst sich nicht h채ngen! Keshet Cave in Israel. Fotografiert von Claudia Ziegler, claudiaziegler.com.
12
RAUSBLICK
Morgens, halb sechs in Deutschland. Eibsee unterhalb der Zugspitze. Fotografiert von Michael Neumann, red-gun.com.
Literarische Laufrunde am Goetheweg 端ber Innsbruck. Fotografiert von Marius Schwager, mariusschwager.com.
13
RAUSZEIT Sommer 2014
Erlebt: Die »G'seis«-Runde – Hüttenwandern im Nationalpark Gesäuse
WILDE GIPFEL, TIEFE SCHLUCHTEN Wild und zerklüftet ist das Gebirge im Herzen der Ennstaler Alpen. Gesäuse – schon der Name zischt dem Bergsteiger am Ohr vorbei wie die Winde zwischen felsigen Landschaften und urigen Hütten. Auf einsamen Mehrtagestouren durch Österreichs viertgrößten Nationalpark. Das Gesäuse – eine Ansammlung schroffer Kalkberge. Eine tiefe Schlucht hat sich die Enns durch die Buchstein-, Hochtor- und Reichensteingruppe gegraben. Drumherum erstreckt sich seit 2002 der Nationalpark Gesäuse mit einer Gesamtfläche von gut 11.000 Hektar, etwa halb so viel wie die Stadtfläche Hannovers. Nichts als steile Wände links und rechts beim Blick aus dem Fenster, als der Zug durch das Nadelöhr des Flusslaufes rattert. Man muss den Kopf schon ziemlich aus dem Fenster strecken, um überhaupt den Himmel zu sehen. Fels, der sich von 578 Meter Flusshöhe bis zum 2370 Meter hohen Hochtor aufbäumt. Ein kleiner Vorgeschmack auf den Gesäuse-Hütten-Rundwanderweg: Wild, einsam und auf historischen Spuren führt er durch das Herzstück der Ennstaler Alpen.
Vom Packesel zum Gourmet Die Rucksäcke wiegen ordentlich. Ist wirklich alles Unnötige aussortiert? Wir kommen uns vor wie einst die priesterlichen Herren des Klosters Admont. Sie waren eifrige Berggänger und in ihrer Freizeit als Botaniker,
14
Zoologen oder Landvermesser unterwegs. Pater Benno Kreil wird die erste verbürgte Besteigung des Hochtors 1836 zugeschrieben. »Wir kommen der Spitze immer näher – schauderten vor den Abgründen, welche uns anzugähnen anfingen«, schreibt Albert Muchar in einem Brief an seinen Freund Benno Kreil. Als »mulo gravato« bezeichnet sich der mit Vermessungsgeräten beladene Pater schmunzelnd, als er am 2. August 1814 vom Kalblinggatterl aufsteigt. Starker Wind macht ihm zu schaffen, der dort oft herrscht, und den Marsch über den schmalen, steinigen Steig unterm Admonter Kalbling umso mehr zu einem Balanceakt macht. Mit weniger Gepäck lässt sich der Abschnitt über Kreuzkogel und Riffel zum Kalblinggatterl auf der ersten Etappe von Admont zur Mödlinger Hütte auch einfacher absolvieren. Eine hinreißende Landschaft, die den belohnt, der sich Zeit nimmt – anders als der adrenalingetriebene Christian Stangl. Artikel über den »Skyrunner» aus Admont hängen im Entrée der Mödlinger Hütte. Gleich dahinter baut sich ein enormes Kuchenbuffet auf und lässt Dieter strahlen. Dass wir hier richtig sind, daran herrscht spätestens nach dem Blick auf die Speisekar-
te kein Zweifel mehr. Die wechselt je nach Jahreszeit. Gerade lockt die Wirtin mit »Alter Hausmannskost aus dem Gesäuse«. Daneben gibt es Holzfällernockerl, Blunzengröstl (Blunzen sind Blutwürste), Grammelknödel ... Hüttenwirtin Helga Traxler kommen nur lokale Produkte und nur hausgemachte Speisen auf den Tisch. »Was wir selbst gerne essen, möchten wir auch unseren Gästen nicht vorenthalten«, betont die lebhafte Chefin. Die »Mödlinger« ist, wie man sich eine Hütte wünscht. Nur wenig wurde seit ihrer Einweihung 1914 verändert. Dunkle Holzbalken verströmen Gemütlichkeit, und draußen auf dem Höhenrücken der Treffneralm leuchten die Blumenwiesen. Im Rücken ragt der markante Admonter Reichenstein in den Himmel.
Lieblingsplatz der Pioniere »Anno 1872 wurde die Bahnlinie von Wien nach Admont in Betrieb genommen«, erzählt Helga Traxler. Damit nahm auch die Erschließung der Gesäuseberge ihren Anfang. Im gleichen Jahr wurde in Wien der Verein der »lustigen Almbuam« gegründet. Diese sogenannte »Wiener Schu-
100% SCHUTZ VOR Feuchtigkeit Wasser Sand Schnee
le«, über die schnelle Verkehrsverbindung hoch erfreut, nutzte jede Gelegenheit, die Wochenenden mit Klettertouren im »G'seis« zu verbringen. Berühmte Bergsteiger wie die Zsigmondy-Brüder, Pallavicini, Prusik, Preuß oder Heß gehörten dieser auserlesenen Runde an. Besonders Heinrich Heß, ein Metallwarenfabrikant und passionierter Bergsteiger, hatte sich ganz dem Ennstaler Felsenreich verschrieben und gilt heute als der »Vater des Gesäuses«. Er unternahm zahlreiche Erstbesteigungen, und nur ihm zeigte der Wilderer Andreas Rodlauer, »Schwarzer Peter« genannt, im Juni 1877 den verwegenen Felssteig in der Hochtorgruppe, mittlerweile als »Peternpfad« in die alpinhistorische Geschichte eingegangen. Heß verfasste 1884 den ersten Gesäuseführer, und nach ihm ist auch die 1893 erbaute Hütte unter der Ostwand des Hochtors benannt. »Je nachdem, welche Route ihr nehmt, werdet ihr die Heßhütte morgen oder übermorgen kennenlernen«, verabschiedet uns Helga Traxler.
Dem Wilderer auf der Spur Als die ersten Sonnenstrahlen die Spitze des Reichensteins berühren, sind wir schon unterwegs, nicht hinauf, wie viele der Mödlinger Gäste, sondern hinunter auf einsamen Wegen ins Johnsbachtal. Ehrensache, den berühmten Bergsteigerfriedhof zu besuchen. Dann stehen wir vor der Qual der Wahl: gemütlich vom Kölblwirt direkt zur Heßhütte? Oder nehmen wir den Umweg über den verwegenen Peternpfad? Letzterer reizt ungemein, allein schon wegen der wilden Geschichten. Doch als wir auf der Terrasse der Haindlkarhütte sitzen, die unüberwindlich wirkende Felsmauer vor uns, sind wir uns nicht mehr so sicher, ob die Entscheidung richtig war. Wo soll der Peternpfad da nur durchlaufen? Die Krallerei bis zum Einstieg ist nicht gerade motivierend. Aber den Schweiß treibt eher Sorge auf die Stirn, was da wohl noch kommen mag. So ähnlich muss es Heinrich Heß gegangen sein, als ihm 1877 der Holzmeister Andreas Rodlauer seinen geheimen Pfad zeigte. »Aber ich musste noch geraume Zeit das prickelnde Verlangen, endlich festen Fels unter die Hände zu bringen, zügeln, denn vorerst mussten wir den langen Quergang hinter uns bringen, der durch eine ausgedehnte Krummholzwildnis zum
FOTO Jürg Buschor/www.supertrail-map.com
Eingangstor: kantige Trennung zwischen Tal und Nationalpark.
Extrem stabile, super dehnbare Trockenbeutel • Wasserdicht bis 60 Meter • Luft-, staub-, schmutz- und sanddicht • Bruchfest – bleibt bis -40 °C flexibel • Extrem leicht, lässt sich ultraflach verstauen • Perfekter Schutz vor Kondenswasser
RAUSZEIT Sommer 2014
AUSGANGS- UND ENDPUNKT Admont, 640 m, im Ennstal, sehr gute Bahnverbindung. Die Bahnlinie führt durch den Nationalpark, so kann man die Tour leicht abkürzen. Ein sogenannter Rufbus vereinfacht die individuelle Etappengestaltung. Eine Stunde vor den Fahrplanzeiten anrufen. Info: www.xeismobil.at; Taxi: Tel. +43/(0)3637/212, www.gseispur.at ANFORDERUNGEN Rundwanderweg mit gut markierten Bergpfaden mit kräftigem Gefälle. Die Überschreitung des Buchsteins und der mit Treppen und Drahtseil gesicherte Wasserfallweg sind die anspruchsvollsten Abschnitte. Schwindelfreiheit und Trittsicherheit dringend erforderlich. Die Varianten Peternpfad (Kletterweg im II.Grad) und HochtorÜberschreitung (II+) sind routinierten Bergsteigern vorbehalten.
Höhenrausch: übers Dachl zum Hochtor.
HÖHENUNTERSCHIED 5300 m im Auf- und Abstieg für die 5-Tages-Tour.
weit östlich befindlichen Einstieg führt. Und das war eine äußerst harte Arbeit.« Hat man diese Passage hinter sich gebracht, erkennt man mit Staunen den schluchtartigen Einriss in den aus der Entfernung so glatt wirkenden Riesenwänden. Wir steigen empor durch eine dramatische Felsszenerie, die im »Ennstaler Schritt« ihren Höhepunkt trifft. Unter den Sohlen windet sich die Enns wie ein Wurm durch die Talsohle, Häuser sind nur noch winzige Punkte. Oben an der Peternscharte löst sich die Anspannung. Wir sind aufgeputscht und könnten die Welt umarmen.
Kriechend durch die Engstelle Leicht ließe sich nun auf gutem Wege zur Heßhütte absteigen, doch unsere Energie reicht noch, den Gang über Rosskuppe und Dachl zum Hochtor zu wagen, laut Heß in Verbindung mit dem Peternpfad eine der lohnendsten Klettertouren in den nördlichen Kalkalpen. Noch wissen wir nicht, wie ernst es werden wird. Hochachtung vor Heß und seinen Kumpanen, die klobiges Schuhwerk trugen! Das Balancieren entlang der dachfirstartigen Gratschneide erfordert unbedingte Trittsicherheit. Dann klettert die Route über schmale Felsbänder. Eine Engpassage überwinden wir kriechend. Just taucht das ersehnte Gipfelkreuz auf. Doch das Wetter will uns eine geruhsame Brotzeit kaum gönnen. Dicke Gewitterwolken ziehen auf. Wir fliegen förmlich den Josefinensteig zur Heßhütte hinunter, schaffen es gerade noch, bevor es zu schütten beginnt wie aus Eimern. Und wie! Blitze zucken, Donner lässt den Boden vibrieren. Hüttenwirt Reini Reichenfelser kredenzt uns erst einmal einen Schnaps. Mit seinem Schmäh könnte er ein ganzes Kabarettprogramm füllen. Das Haller Urgestein trat 1990 in die Fußstapfen seiner Tante Rosa. Mit 40 Jahren auf der Heßhütte war sie die einst dienstälteste Hüttenwirtin der Ennstaler Alpen. Mit der Heßhütte ist Reini quasi aufgewachsen. In jungen
16
Jahren belieferte er per Packpferd den Stützpunkt mit Milch, Käse und was Bergsteiger sonst noch brauchen.
Kühles Bad nach der Steilwand Am nächsten Morgen ist die Welt wie reingewaschen. Hochtor, Planspitze und Hochzinödl rahmen eindrucksvoll die Hütte ein. Glitschig sind nun die Pfade. Jeder Schritt will auf dem Wasserfallweg gut gesetzt sein. Die historische Steiganlage, die erste des Gesäuses, 1891/92 von der »Alpinen Gesellschaft d’Ennstaler« erbaut, überwindet eine schwindelnde Steilwand zum Ennsdurchbruch. Nach dem heftigen Gefälle sind die Knie mürbe. Ein kühles Bad in der Enns regeneriert. Das ist auch nötig, denn der nächste Gegenanstieg lässt nicht lange auf sich warten. Die Buchsteingruppe stellt sich in den Weg. Zwei Varianten stehen für eine Überschreitung zur Auswahl. Die längere, nicht ganz so anspruchsvolle, führt über die Ennstaler Hütte und den Kleinen Buchstein zum Buchauer Sattel. Die schweißtreibendere windet sich in unzähligen Zickzack-Kehren hinauf zum Buchsteinhaus und über den Großen Buchstein. Während man auf der einen Route in des Gesäuses ältester Hütte (die Ennstaler Hütte wurde 1885 erbaut) übernachtet, ist es auf der »Direttissima« der jüngste Stützpunkt. Das Buchsteinhaus erfuhr 2008 bis 2010 eine Komplettrenovierung und bewährt sich nun als umwelttechnisches Vorzeigeprojekt mit autarker Energiegewinnung und ökologischer Abwasserbeseitigung. Das Haus verliert dabei aber nicht an heimeliger Hüttenatmosphäre, denn alles ist in Holz gehalten. Besonders gelungen ist die weit auskragende Panoramaterrasse. Nicht nur der Tiefblick zur Enns, auch die Schau vis-à-vis auf die nordwestlich ausgerichteten Hochtorwände ist atemberaubend, besonders, wenn die letzten Sonnenstrahlen die senkrechten Wandfluchten rot aufflammen lassen.
INFO Nationalpark Gesäuse, Tel. +43/(0)3613/2116020, www.nationalpark.co.at oder Tourismusbüro Alpenregion Nationalpark Gesäuse, Tel. +43/(0)3613/2116010, www.gesaeuse.at KARTE Freytag & Berndt 1:50 000, WK 062 Gesäuse. Ennstaler Alpen. Schoberpass. BUCHTIPPS Traumtreks Alpen, Ralf Gantzhorn und Iris Kürschner, Bergverlag Rother.
»Goaßn« am Blumenberg Der anschließende Abstieg gegen den Buchauer Sattel ist knackig und die Möglichkeit, von dort mit dem Bus nach Admont zurückzukehren, verführerisch. Doch die Etappe über die Haller Mauern auszulassen, wäre wirklich schade. Sie beginnt jenseits des Buchauer Sattels und bildet den krönenden Abschluss der Runde. Hexenturm, Natterriegel, legendenumrankt, locken als Gipfelziele, vor allem aber auch der Grabnerstein. Seine botanische Vielfalt hat ihn zum schönsten Blumenberg der Steiermark erhoben. In die farbige Üppigkeit bettet sich die Grabneralm. Für den nochmals anderthalbstündigen Aufstieg muss man einfach in den sauren Apfel beißen. An der rustikalen Almwirtschaft angekommen, ist dann der Moment gekommen, die Füße von sich zu strecken, feine Kaspressknödel zu genießen und mit Blick über die durchwanderten Gebirgsstöcke des Gesäuse Nationalparks die Tour Revue passieren zu lassen. Freche »Goaßn« toben übermütig übers Almgelände. Die haben noch Kraft. Wir auch? Die nächsten Ziele warten schon: der Grabnerstein und der Weg über den verwegenen Jungfernsteig zum Natterriegel ... Text und Fotos: Iris Kürschner
Almrausch: Aufstieg zur Heßhütte
Berauschend: Abendstimmung auf der Haindlkarhütte
VOGEL FLIEGT, FISCH SCHWIMMT, HOYER WANDERT. ALPENÜBERQUERUNG IN 49,5 STUNDEN NONSTOP HANWAG ProTeam: Thorsten Hoyer Extrem-Weitwanderer
KATEGORIE TREK | TATRA / TATRA GTX
®
Bequemes und funktionelles Schuhwerk, das festen und soliden Halt für schwere Treks oder mehrtägige Wanderungen mit viel Gepäck bietet. Den Tatra in seiner ursprünglichen Form schustert Hanwag bereits seit 2007. Der vielseitige TrekkingSchuh hat sich seither zu einem der beliebtesten Modelle auf dem Markt entwickelt. Mittlerweile ist der Tatra in DREI verschieden breiten Leisten erhältlich.
www.hanwag.de
FOTO Lars Schneider/outdoor-visions.com
FOTO Lars Schneider/outdoor-visions.com
RAUSZEIT Sommer 2014
Besserwisser: Drei-Jahreszeiten-Schlafsäcke
KOMFORTABLE NACHTSCHICHT Behütet – dieses Wort beschreibt ziemlich treffend das Gefühl, warm und wohlig im Schlafsack zu liegen, während draußen Wind und Regen gegen die Zeltwand peitschen. Im Laufe einer längeren Tour entwickelt man unweigerlich eine ganz besondere Beziehung zu seinem Reisebett. Wer die richtige Wahl getroffen hat, kann auch nach Jahren noch auf eine intakte »Beziehung« bauen. Was macht also einen echten Drei-Jahreszeiten-Schlafsack aus? Der richtige Schlafsack ist ein flexibler Partner. Er soll leicht und trotzdem ausreichend gefüttert sein, bis zum Gefrierpunkt wärmen und in lauen Sommernächten nicht überhitzen. Und ein kleines Packmaß soll er haben, wenn er auf Reisen von Ligurien bis Lappland geht. Worauf sollte man also achten bei der Wahl des richtigen Schlafsacks? Etwas Grundwissen zur Schlafphysiologie kann nicht schaden. Temperaturangaben auf Schlafsack-Labels geben zwar nach Euronormen zertifizierte Analyseergebnisse wieder. Die Realität ist aber ungefähr genauso zuverlässig wie die Angaben für den Spritverbrauch in Automobilanzeigen. Ganz wichtig für das Verständnis ist, dass der Mensch selbst die Heizung ist. Der Schlafsack ist – ähnlich einer Thermoskanne – lediglich die Isolationsschicht, die dafür sorgt, dass die abgegebene Körperwärme als regulierende Luftschicht an Ort und Stelle bleibt. Jeder Mensch »klimatisiert« unterschiedlich. Situative Faktoren wie Trainings- und Ernährungszustand, Erschöpfungsgrad, Aktivität vor dem Schlafengehen oder warme versus kalte Mahlzeiten als Betthupferl spielen eine große Rolle. Dass es sich im Schlafsack meist nicht ganz so gut durchschläft wie unter der heimischen Bettdecke, hat verschiedene Gründe. In der ersten Nacht auf Tour ist das Unterbewusstsein aufgrund der ungewohnten Umgebung meist noch in erhöhter Alarmbereitschaft. Das häufigere Wachwerden beim Schlafen in der freien Natur ist eine Art Relikt aus Urzeiten, als
18
der Mensch einen wachsamen Schlaf haben musste, um gegebenenfalls sein Umfeld abzusichern. Da die Körperkerntemperatur aufgrund des schwächer werdenden Muskeltonus und Blutdrucks im Laufe der Nacht sinkt, wacht man in kälteren Nächten häufiger in den frühen Morgenstunden auf, wenn die eigenen Temperatursensoren Alarm schlagen. Das passiert im Falle des richtigen Schlafsacks nicht, da man immer mit Isolationsreserven »ins Rennen« um einen guten Schlaf gehen sollte. Ein zweiter entscheidender Faktor ist das Feuchtigkeitsmanagement im Schlafsack. Im Schnitt gibt der Mensch pro Nacht 250 bis 500 Milliliter Flüssigkeit in Form von Dampf ab. Ähnlich einer wetterfesten Jacke sollte die Schlafhülle effizient den Wasserdampfdurchlass meistern und gleichzeitig die Feuchtigkeit von außen – in Form von Kondenswasser oder Tau – am Eindringen hindern. Ein feuchter Schlafsack verliert nicht nur drastisch seine Isolationskraft, sondern schränkt das Wohlbefinden im Schlaf ein. Gerade deshalb ist die oberste Regel auf Mehrtagestouren: den Schlafsack wasserdicht verpacken und, wann immer möglich, lüften!
Hülle und Fülle Als Füllmaterial stehen grundsätzlich Daune oder Kunstfaser zur Auswahl. Daune gilt nach wie vor als »Königsfüllung«. Ihr Aufbau ist anders als der einer normalen
Feder: Von einem winzigen Kern aus geben zahllose, strahlenförmig angeordnete Verästelungen der Daune eine dauerhaft dreidimensionale Struktur, die große Mengen an Luft speichern kann. Mit 0,001 Gramm »pro Stück« ist sie sehr leicht, extrem stark komprimierbar und hat ein hervorragendes Gewichts-IsolationsVerhältnis. Daune ist allerdings nicht gleich Daune. Die Qualität von Federfüllungen wird durch zwei Faktoren vornehmlich beeinflusst: die Füllkraft, zumeist wird der englische Begriff »fillpower« verwendet, und das Daunen-Federn-Verhältnis. Letzteres gibt an, wie viel Prozent Daunen und wie viel Prozent Federn in einem Schlafsack verwendet wurden, z. B. 90/10, also 90 Prozent Daune, zehn Prozent Federn. Einen gewissen Anteil an normalen Federn braucht es; sie bringen durch die steifen Kiele Struktur in die Füllung. Der zweite Indikator wird mit der cuin-Zahl (engl. cubic inch, dt. Kubikzoll) angegeben und beschreibt, welche Ausdehnung ein definiertes Daunengewicht nach einer festgelegten Kompressionszeit erreicht. Das heißt: wie gut das Gewichts-Isolations-Verhältnis ist. In Zahlen: 28,35 Gramm (1 oz, amerikanische Unze) Daune werden über 24 Stunden hochgradig komprimiert und dann »freigelassen«. Je mehr Volumen die Daune im Messzylinder einnimmt, desto kräftiger sind die kleinen Isolationswunder. Gute Füllkraft-Werte starten bei 600 cuin, Topwerte liegen bei etwa 800 cuin.
FOTO Lars Schneider/outdoor-visions.com
FOTO Lars Schneider/outdoor-visions.com
Generell sind Synthetikfüllungen weniger feuchtigkeitsempfindlich, pflegeleichter und nicht zuletzt günstiger. Wer also gerne in regenreichen Gebieten oder Regionen mit hoher Luftfeuchtigkeit unterwegs ist, für den empfiehlt sich ein Synthetikmodell. Hochwertige Kunstfaserfüllungen werden zusätzlich an der Oberfläche mit einer Silikonschicht geglättet. Dies verhindert ein Verhaken der verhältnismäßig rauen Polyesterfäden untereinander, was den Bausch reduzieren würde. Die »Verpackung« der Hightech-Füllung spielt für Komfort und Funktion eine entscheidende Rolle. Die Beschaffenheit des Innenstoffes ist gerade bei Einsätzen in der wärmeren Jahreszeit besonders wichtig für den Schlafkomfort. Einige Modelle sind mit textilem Materialgriff ausgestattet, der aber etwas schwerer ist, schneller verschmutzt und langsamer trocknet. Das Außengewebe hat eine ähnliche Aufgabe wie eine Funktionsjacke. Es muss zum einen den über Nacht abgegebenen Wasserdampf von innen nach außen transportieren, zum anderen aber Wind und Feuchtigkeit bestmöglich abhalten. Dafür kommen in der Regel leicht imprägnierte Nylon-, Polyester- oder Mikrofasergewebe zum Einsatz.
die gesamte Länge oder als Schindelkonstruktion – und mit dem Hüllenstoff punktuell vernäht oder verklebt. Die Schlaftüte kann noch so kuschelig sein, wer friert, empfindet das nie als angenehm. Wer mit seinem Modell wirklich auch in den Frühjahrs- und Herbstmonaten verlässlich warm auf Tour gehen möchte, sollte deshalb besonderes Augenmerk auf die Kapuzen- und Fußraumkonstruktion legen. 30 Prozent Wärmeabgabe erfolgt über den Kopf, d. h., die Iso-Haube verträgt eine gute und komfortable sitzende Fütterung. Die Konstruktion des Fußbereichs sollte zudem so aufgebaut sein, dass die Füße in der Rückenlage nach vorne abkippen können, ohne dabei die Füllung zu stark zu komprimieren. Zu viel Platz am unteren Ende ist allerdings auch kontraproduktiv, da dieser vom Körper erwärmt werden muss. Im Idealfall überragt die Innenlänge die eigene Körpergröße um fünf Zentimeter. Zwei weitere Ausstattungsbestandteile sind maßgeblich für den freudigen Einsatz im Freien: der Reißverschluss und der Wärmekragen. Am komfortabelsten und effizientesten sind sogenannte 3-D-Wärmekrägen. Diese bestehen nicht einfach aus einem Kordelzug, sondern aus einer geson-
Ludger Offerhaus / Camp4
Isolation verhindert Wärmeabstrahlung.
Schlafsack-Architektur Das gesamte Funktionsmaterial nützt nur, wenn es durch die Konstruktion der Schlafsäcke entsprechend unterstützt wird. Je nach Füllung gibt es verschiedene Ansätze, einen Schlafsack aufzubauen. Die primären Aufgaben sind dabei, das Isolationsmaterial an Ort und Stelle zu halten und Kältebrücken zu vermeiden. Daunen werden in Kammersysteme gefüllt, die in unterschiedlichster Ausprägung aufgebaut sind. Hochwertigere Drei-Jahreszeiten-Modelle beherbergen die Federchen in H-, Schräg-, V- oder Trapezkammern. Je aufwendiger, desto teurer. Die Benennung ergibt sich aus der Form der Kammern, im Querschnitt betrachtet. Um das Gewicht jedoch möglichst gering zu halten und die Isolationsbereiche optimal zu verteilen, gilt: So viele Kammern wie nötig, so wenige wie möglich. Kunstfaserfüllungen werden meist in Form von Matten ein- oder mehrlagig eingesetzt – entweder über
derten dreidimensionalen Kammer, die den Halsbereich isoliert abdichtet. Neben dem Aufbau selbst sollte vor allem auf die Bedienbarkeit geachtet werden. Wer aus dem Tiefschlaf im Dunkeln aufwacht und friert oder schwitzt, möchte mit einem Handgriff das Problem lösen. Ähnlich verhält es sich mit dem Reißverschluss. Leichtläufiges Material und ein Zwei-Wege-Modell sorgen für die effektive Klimaregulierung. Eine gefütterte Abdeckleiste, die über die gesamte Körperlänge reicht, sorgt dafür, dass die Wärme nicht über den Reißverschluss entweicht oder dass unangenehme Berührungspunkte mit kaltem Metall entstehen. Na dann, eine gute Nacht. Der sollte mit dem richtigen Schlafsack nichts mehr im Wege stehen.
Wichtig: gut sitzende Kapuze. Feuchtigkeit in Form von Wasserdampf kann entweichen.
Ein Schlafsack ist nur so gut wie die Isomatte darunter.
19
RAUSZEIT Sommer 2014
EinBlick: Ausrüstungsentwicklung bei Vaude
SCHWÄBISCHES HIMMELSZELT Hightech, geboren zwischen Obstplantagen und Hopfenfeldern. Mit neuen Techniken schaffen schwäbische Tüftler neue Standards: Um Umweltverträglichkeit mit höchsten Qualitätsansprüchen zu vereinen, entwickeln die Zeltexperten des Outdoor-Ausrüsters Vaude in Tettnang weit mehr als nur innovative Produkte. Falls die Wirtschaftsprofessoren der Hochschule Albstadt-Sigmaringen Probleme haben sollten, ihren Studenten das Prinzip des Wettbewerbs zu veranschaulichen, könnten sie bald Matthias Kimmerle in ihre Vorlesung einladen. Der 43-Jährige mit den braunen Haaren und den wachen Augen müsste nicht weit zum Hörsaal laufen, er ist seit Beginn des Sommersemesters 2014 Professor an der Hochschule. Dabei ist Kimmerle kein Ökonom, sondern DiplomIngenieur. Mit 13 Jahren nähte er seine erste Jacke auf Mutters Nähmaschine, nach dem Abitur aus dem damals neuen Material Sympatex ein Zelt, später studierte er Bekleidungstechnik. Heute leitet er beim OutdoorAusrüster Vaude den Produktbereich Hartwaren, ist für Zelte, Schlafsäcke und Accessoires zuständig. An der Hochschule wird er bald »Innovative Bekleidungssysteme und Produktentwicklung« unterrichten. Und trotzdem kann er wie kaum ein anderer davon erzählen, wie Konkurrenz zu Höchstleistungen antreibt und dadurch das Geschäft belebt: »Wir müssen ein Zelt bauen, das weniger als ein halbes Kilo wiegt«, wies er vor zwei Jahren seine neun Ingenieure und Industriedesigner an. »Das klingt unmöglich, aber wir probieren es.« Kurz zuvor hatte Kimmerle auf dem Messestand eines Konkurrenten ein Zelt entdeckt, das nur 800 Gramm wog. Das konnte, das wollte er nicht auf sich sitzen lassen. »Vaude steht für technisch hochwertige Zelte, wir mussten zurückschlagen, um das Marktsegment nicht an die Konkurrenz abzugeben, aber natürlich auch aus Imagegründen«, erinnert er sich heute in einem Dach-
20
kämmerlein im Firmensitz in Obereisenbach, einem kleinen Ortsteil von Tettnang, der sich zwischen Obstplantagen und Hopfenfeldern an einen Hügel schmiegt. Um es kurz zu machen: Die Marke von 500 Gramm hat Kimmerle nicht erreicht, zumindest noch nicht. Das neue Ultraleichtzelt Lizard GUL – Giga Ultraleicht wiegt nun 690 Gramm, immerhin 110 weniger als das der Konkurrenz. Was aber immer noch eine große Leistung ist, denn die Entwickler in Tettnang müssen nicht im Blick behalten, was technisch und preislich machbar ist, sondern immer auch, was ökologisch sinnvoll ist. Vaude versteht sich als grüner Trendsetter, unterwirft sich strengen Kontrollen und hat sich ehrgeizige Ziele gesteckt, was die Ökobilanz der Materialien angeht und die Technologien, mit denen sie verarbeitet werden. Dafür erhielt das Unternehmen mehrere Nachhaltigkeitspreise, auch die Outdoor-Gemeinde weiß das Engagement zu schätzen. Mit dem Lizard GUL bewies das 1974 gegründete Familienunternehmen zudem, dass es vor allem auch für Innovation steht. Um der 500-GrammMarke näher zu kommen, entwarfen Kimmerle und sein Team zunächst etwas, was kaum möglich klingt: ein Zelt ohne Stangen. Besser gesagt, vom Gewicht kaum spürbare Stangen. Weil das technisch machbar, für die Kunden aber kaum bezahlbar gewesen wäre, dachten sich die Designer von Vaude die nächste Unmöglichkeit aus: ein Zelt mit einer nur halben Stange. Die Konstruktion des Lizard GUL basiert auf einem anderen Bogenzelt der Firma. Die einzige Carbonstange, die nun zum Einsatz kommt, beschreibt den Bogen
aber nicht ganz und wird durch Abspannleinen gehalten. Vaude tüftelt solche Tricks bei sich im Hause aus, gibt nur selten Aufträge an externe Büros. Die sogenannte »Inhouse«-Entwicklung hat den Vorteil, dass die Wege zwischen Ingenieuren und Designern kurz sind, dass viel kommuniziert wird. Auch mit den Spezialherstellern und Zulieferern, mit denen Vaude teilweise »verheiratet ist«, wie Kimmerle es ausdrückt. Diese langfristigen Beziehungen sind nötig, um immer die gewünschte Spitzenqualität zu erhalten, aber auch, weil nur wenige Zulieferer strenge Ökonormen wie »bluesign« erfüllen, die für Vaude Voraussetzung einer Zusammenarbeit sind. Das Zelt, das Kimmerle und sein Team zunächst als 3D-Modell am Computer entworfen hatten, speckten sie dann in mehreren Runden immer weiter ab. Um dem Wunschgewicht näher zu kommen, ersetzten sie Abspannbänder durch leichte Kordeln, drehten die Reißverschlüsse an den Eingängen und imprägnierten sie, so dass Abdeckungen überflüssig wurden. Gramm um Gramm robbte sich das Team an das Ziel heran. Auf solche Kniffe ist Kimmerle stolz, keine Frage. Richtig enthusiastisch wird er aber, wenn er von den Materialien erzählt. Von dem Boden, der gegen Ameisensäure resistent ist, weil das Zelt nicht nur leicht, sondern auch langlebig sein soll. Von der Oberhaut: »Die besteht aus einem Stoff mit nur zehn Denier – unglaublich!«, ruft Kimmerle. Die Maßeinheit gibt die Feinheit von textilen Fasern an: 9000 Meter Faden wiegen gerade mal 10 Gramm. Bei Damenstrumpfhosen mit solchen Werten empfehlen die Hersteller, sie nur
mit Handschuhen anzuziehen. Fingernägel oder selbst Hornhaut könnten sie sonst zum Reißen bringen. Kimmerle springt auf, führt seinen Besuch durch das Firmengebäude und zieht in der Entwicklungsabteilung ein Säckchen aus einer Kiste, in dem ein Lizard GUL verpackt ist. »Passt fast in eine Hosentasche«, grinst er und packt das Zelt aus. Dann bittet er seinen Gast etwas zu tun, das so ziemlich das Gegenteil von der Behandlung mit Samthandschuhen ist, die bei den Damenstrumpfhosen angeraten wird: Er soll mit seinem Kugelschreiber ein Loch in den Zehn-Denier-Stoff stechen. Das Material, das sich mit seiner beidseitigen Silikonbeschichtung so dünn und weich anfühlt wie ein OP-Handschuh, gibt erst etwas nach, dann stößt der Stift hindurch. Kimmerle zieht ihn raus, reibt mit den Fingern ein paar Mal über die Stelle – und schon ist das Loch verschwunden. »Selbstreparierend«, triumphiert er, »Wahnsinnsmaterial!« Vaude war schon immer ein Vollausrüster, kann mit seinem Sortiment einen Bergsteiger von der Unterwäsche über die Hardshell-Jacke bis zum Rucksack hin ausstatten. Anfang der Neunziger kam die Produktion von Fahrradtaschen und Bike-Artikeln hinzu, 2006 durch die Übernahme von Edelrid auch noch Seile, Karabiner
und Campingkocher. Die Marke, die nach dem Kürzel des Nachnamens von Firmengründer Albrecht von Dewitz benannt ist (»v. D.«), ist aber seit Beginn der achtziger Jahre auch anerkannter Produzent hochqualitativer Zelte. Die Palette reicht von Camping-Behausungen für die ganze Familie bis zum High-End-Expeditionszelt. Optimale Belüftung, so viel Innenraum wie nur irgend möglich, runde Doppeltüren hinter großen Eingangsbereichen, schließlich ein außen liegendes Gestänge, das Vaude-Zelte zehn Prozent windfester macht – all das wussten die Kunden schon bei dem »Space« oder dem »Mark« zu schätzen. Das Zelt »Hogan« hat seit 2012 sogar die amtliche Bestätigung, ein Klassiker zu sein: Damals verbot ein Gericht einem Discounter, sein Billigzelt für 16,99 Euro mit einem bestimmten Bild zu vermarkten. Irreführende Werbung, fand der Richter, die Vaude schaden könnte – das Zelt auf dem Foto ähnelte zu sehr dem Hogan. Damit Vaude auch in Zukunft vorne in der ersten Liga der Zelthersteller mitspielt, entwickeln Kimmerle und sein Team aber nicht nur Aufsehen erregende Produkte wie das Lizard GUL. Sie arbeiten auch an Projekten, die den Käufern aller 44 Zelte nutzen, die Vaude derzeit im Sortiment hat. »Natürlich wird es auch in Zukunft Verbesserungen bei Material und Konstruk-
tion geben«, sagt Kimmerle. Er lege sehr viel Wert auf kleine Details, zum Beispiel auf Haken, Ösen und Knöpfe an einem Zelt, die gut aussehen, aber vor allem auch intuitiv bedienbar sein müssen. »Gutes Design hat automatisch einen hohen Funktionsanteil« erklärt er. Das weit größere Potential für die Zukunft sehe er aber im Bereich der Fertigung und der Verarbeitung. »Hier können wir noch richtige Revolutionen auslösen«, meint Kimmerle und erklärt das an einem Beispiel: Das Material eines Zeltes kann so wasserabweisend sein, wie es will. An manchen Stellen muss es vernäht werden, der Faden erzeugt automatisch eine Perforation, über die Feuchtigkeit eindringen kann. Kimmerle und Co haben nun monatelang Jahr an einem Verfahren getüftelt und so die Hausaufgaben gemacht, die eigentlich Industriemaschinenherstellern machen sollten. Das Ergebnis ist eine Technik, mit der sich Nähte beidseitig mit Silikonbändern verschweißen und so ein für alle Mal abdichten lassen. »Solche Maschinen hat sonst keiner«, freut sich Kimmerle, »das können nur wir«. Hier ist Vaude – auch wenn das die Theorie des Wettbewerbs gar nicht vorsieht – so ziemlich konkurrenzlos. Text: Moritz Baumstieger Fotos: Vaude
21
RAUSZEIT Sommer 2014
Nachgefragt: Richard Goedeke
IM BANN DER BERGE »Kletternder Lehrer wirbt für die Rettung der Welt.« So, oder so ähnlich, ließe sich das Leben von Richard Goedeke kurz zusammenfassen. Doch ganz so einfach macht es einem der 75-jährige Braunschweiger nicht mit dem Resümee seines Lebens. Mit seinen Erlebnissen könnte er mehr als nur ein Dasein füllen. »Groß und mächtig, schicksalsträchtig, um seinen Gipfel jagen Nebelschwaden. Watzmann, Watzmann, Schicksalsberg, du bist so groß und i nur a Zwerg.« Als der österreichische Liedermacher Wolfgang Ambros in den 1970er-Jahren das Mysterium Berg und Watzmann für eine Rockoper in Worte fasst, ist der Braunschweiger Richard Goedeke schon längst verloren. Der Ruf der Berge hat ihn schon 20 Jahre zuvor als Junge von 16 Jahren ereilt und lebenslang in seinen Bann gezogen. Dabei sollten die Berge für den Halbwüchsigen anfangs nur ein mütterliches Ablenkungsmanöver sein: Ein Jahr zuvor hatte er die Ferien in einem Kinderheim an der See verbracht. Die Seeluft sollte Richards Bronchitis heilen. Aber das Ergebnis gefiel der Mutter nicht: Richard wollte seitdem Seemann werden. »Ich war derart auf die See abgefahren, weil ich dort zum ersten Mal auf eine große Naturlandschaft traf«, erinnert er sich. Um ihren Sohn auf andere Gedanken zu bringen, wählte Mutter Goedeke das Ziel der nächsten Ferien weiter südlich. Im Allgäu begegnet Richard felsigen Landschaften und faszinierenden Höhen: »Es hat Klick gemacht. Da war es schon passiert. Mir war klar, dass
ich diese Berge besteigen wollte.« Als wäre es gestern, so erinnert sich der heute 75 Jährige an diese Liebe auf den ersten Blick. Das Gespräch mit dem Doktor der Geografie und pensionierten Lehrer findet in einem leisen Café statt. Dennoch kehrt keine Ruhe ein, wenn Richard Goedeke von seinem Leben erzählt. Seine wachen Augen und Gedanken springen von einem Thema zum nächsten. Von großen Bergen zu Klettertouren. Vom Leben als Lehrer zum Engagement für den Naturschutz. »Man kann nur in Ruhe sterben, wenn man richtig gelebt hat«, so sein Lebensmotto. Doch was bedeutet »richtig leben« überhaupt? Das ist für den rüstigen Tausendsassa eine Frage des jeweiligen Lebensabschnitts. Seine ersten Traumziele sind Gipfel, zuerst mit der Mutter und Schwester, dann mit der Jugendgruppe des Alpenvereins und danach rasch in eigener Regie. Dann das Klettern an steilen Felswänden, mit Hand, Fuß und Kopf erforscht er sie. In den 60er-Jahren werden ihm die Dolomiten und die Westalpen zur zweiten Heimat. »Als ich anfing zu klettern, da war die alpine Technik und Ausrüstung noch primitiv, die Information über die Berge begrenzt und das Klettern noch saugefährlich«, erinnert er sich. Erst ein Blick aus der Nähe konnte Aufschluss über die Schwierigkeit geben. »Oder auch nicht!« Er lacht. Seine Haare zeigen wild in alle Richtungen. Fast so, als ob der Wind aus luftigen Höhen sein ständiger Begleiter wäre – auch in geschlossenen, windstillen Räumen. »Einfach losgehen, wie ein abenteuerlicher Entdecker, ohne schon vorweg zu wissen, was kommt, das machen
Der Za hn des Ri Géant i n der M esens: Dent du ont Bla nc Gru ppe.
22
e ger Hütt r e b n r ü zur N 956. Aufstieg letscher 1 G r e i a b am Stu
1966 nac hd am Mont er Brenvaflanke Blanc.
nur wenige«, strotzt er noch heute vor Entschlossenheit. Es war die Abenteuerlust mit Köpfchen, die den Braunschweiger erfolgreich durch die Wände geleitet hat. Über hundert Erstbegehungen in den Alpen und über tausend in den Mittelgebirgen gehen auf sein Konto. Im Laufe der Jahre wird Goedeke immer klarer, dass es nicht nur um Siege über die Natur geht, sondern darum, diese zu erhalten. Als Lehrer in der Schule und als Jugendleiter des Alpenvereins begreift er die Wichtigkeit der Aufgabe Naturschutz und Umweltschutz. In Büchern, Tourenführern und Aufsätzen teilt er seine Bergbegeisterung und Erkundungen mit Tausenden Lesern. Doch wie kann jemand die Natur schützen, indem er mit attraktiven Tourenbeschreibungen immer mehr Menschen in die Berge lockt? Was auf den ersten Blick absurd erscheinen mag, hat für ihn einen tieferen Sinn: »Nur das, was wir richtig kennen und lieben, können wir auch engagiert schützen.« Wer am eigenen Leib erfahren hat, wie schön die Wildnis sein kann, der möchte sie erhalten. Nicht Wanderer und Kletterer zerstören die Natur, sondern Bagger und Pistenbauer. Goedeke spielt den Natur-Götter-Boten Amor: Mit Worten schießt er seine Pfeile auf die Menschen und startet damit die eine oder andere Liebesgeschichte zwischen Zweibeiner, Flora und Fauna. Als Gründungsmitglied (1987) der alpinen Naturschutzorganisation »Mountain Wilderness« geht er einen neuen Schritt. Mit spektakulären Aktionen wie der Besetzung der Seilbahn im Vallée Blanche im Montblanc-Massiv oder der Aufräumaktion am K2 (Free K2) bringt er das Thema in die Medien. »Als Lehrer habe ich mich immer wieder gefragt, was in der Lebenszeit meiner Schüler für sie wichtig sein wird. Unsere Generation stellte unseren Eltern die Frage, wieso sie nicht mehr gegen die Nationalsozialisten getan haben. Wir werden gefragt werden, warum wir nicht mehr gegen die Zerstörung der Welt von heute getan haben.« Was nach 75 Jahren noch auf den pädagogisch geprägten Bergbuch-Autoren mit grünen Wurzeln wartet? »Mein Leben«, sagt er, »bekommt Sinn durch die konstruktive Einmischung in alle Themen der Welt.« Der Tag hat 24 Stunden. Und der Berg ruft dann eben manchmal auch nachts. Text: Barbara Meixner Fotos: Dr. Richard Goedeke
RAUSZEIT Sommer 2014
»Mountain Wilderness« Aktion - bunte Menschen in einer »pour le parc« Formation mit friedlichem Protest gegen Seilbahnbau.
10 Fragen an Richard Goedeke 1. Glauben Sie an das Schicksal, und wenn ja, warum? Ich glaube, dass es mehr gibt als das, was wir wissen. In Momenten der Gefahr hab ich schon gelegentlich das Gefühl gehabt, mir sei geholfen worden. Aber ich halte nichts davon, darauf zu setzen. 2. Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz: Ein Abenteuer ist, .... ... wenn wir uns in gefährlichen Situationen durch-improvisieren müssen. 3. Auf welchen Ausrüstungsgegenstand würden Sie unterwegs nicht verzichten? Immer mit dabei: Alurettungsdecke und am Berg ein Biwaksack.
Hauptkammer mit umlaufendem Zip wie ein Koffer zu öffnen, bequem und maximal bepackbar
4. Was hat Ihnen im Leben schon mal richtig Angst gemacht? Schlechtwetter an einem großen Berg!
8. Welchen Kindheitstraum haben Sie sich erfüllt? Ich bin in den Himalaya gereist und habe dort einige Berge bestiegen.
5. Wer war der beeindruckendste Mensch, den Sie je kennengelernt haben, und warum? Superlative sind immer Quatsch! Wenn ich einen Menschen nennen soll, dann meine Mutter – weil sie mich zu Naturerfahrungen ermuntert hat, und weil sie nie aufgab.
9. Welche Dinge werden heutzutage oft überschätzt? Besitz im Sinne von materiellen Gütern und Ruhm im Sinne des Beifalls von vielen.
6. Was haben Sie im Leben wirklich Relevantes gelernt? Dass das Leben ein Wunder ist, jeden Tag, und dass wir für jede Stunde dankbar sein sollten. 7. Was ist Glück für Sie? In anderen Menschen Freude zu bewirken und das Erlebnis, Ziele aus eigener Kraft zu erreichen.
10. Wie würde der Titel Ihrer Autobiografie lauten? Er soll heißen »Spagat« – weil ich durch Kontraste bewusster lebe. Und weil mir immer wichtig war, nicht bloß meine Träume zu leben, sondern auch in gesellschaftlicher Verantwortung zu handeln.
Unter Tagesrucksack versteckte Fronttaschen www.bachpacks.com
Hochwertiges, abdeckbares Trekking Tragesystem
„Seit Jahren zählt der Overland zu den besten Reiserucksäcken auf dem Markt, aber mit der 2014er Version schuf BACH das ultimative Travelpack.“ (Urteil Jury Editor‘s Choice)
Abnehmbares Daypack mit gepolsterten Schulterträgern
23
RAUSZEIT Sommer 2014
LIEBESERKLÄRUNG »VERSTAND UND VERNUNFT SIND EIN FORMELLES VERMÖGEN. DAS HERZ LIEFERT DEN GEHALT, DEN STOFF.« (JOHANN WOLFGANG VON GOETHE)
PRODUKTINFORMATION/ FJÄLLRÄVEN GREENDLAND NO 1 Fjällrävens klassischste Jacke, hier in der ursprünglichen Ausführung, wie Fjällräven-Gründer Åke Nordin sie 1968 bei sich zu Hause in Örnsköldsvik aus einem strapazierfähigen Zeltstoff nähte. Dieses abgespeckte Erstmodell mit zwei Brusttaschen war für Bergsteiger konzipiert. Feste Kapuze und Reißverschluss mit Knopfleiste an der Front, Knopfregulierung an den Ärmelabschlüssen. Aus strapazierfähigem, wind- und wasserabweisendem G-1000 Eco, das sehr atmungsaktiv ist und für zusätzlichen Wind- und Nässeschutz mit GreenlandWachs behandelt werden kann. UVP: 219,95 Euro www.fjallraven.de
24
ressantes Gewebe, das sich nicht für den Zeltbau eignete, also schneiderten sie eine Jacke daraus: Ein Polyester-Baumwoll-Mischgewebe, leicht, enorm robust und vor allem sehr schnell trocknend. Die »Greenland No 1« – ein Urgestein, die Mutter aller Outdoor-Jacken. Nun gibt es sie wieder im Original, die allererste Ur-
»Greenland«. Noch viel ursprünglicher und uriger als meine etwas zivilisiertere Enkelin, die mich seit Jahren begleitet. Nicht unbedingt elegant oder schick. Eine Jacke eben. Es ist nur das dran, was man wirklich braucht. Unten hat sie keine Taschen. Die würden unter dem Rucksack-Hüftgurt nur stören. Einen Taillenzug gibt es nicht, wozu auch? Druckknöpfe statt Klett, denn das könnte im Winter vereisen und verschleißt viel zu schnell. Diese Jacke ist reine Funktion. Ich glaube, ich weiß schon, was meine nächste Jacke wird … Stefan Krickeberg/ Basislager
FOTO Fjällräven
Vor vielen Jahren, während meiner Ausbildung, habe ich mir die Nase am Schaufenster eines Sportgeschäftes platt gedrückt. Da hing es, das Objekt meiner Sehnsüchte: eine »Greenland«-Jacke. Damals habe ich sie mir verkniffen: Zu schmal schien mir mein Gehalt. Heute weiß ich, dass ich es doch hätte tun sollen. Manch andere Jacke habe ich über die Jahre verschlissen, bis ich mir dann doch eine »Greenland« geleistet habe. Die konnte ich nicht verschleißen. Sie hält einfach. Sie hängt geduldig am Kleiderhaken und wartet, dass ich rausgehe. Und fast immer, wenn ich rausgehe, greife ich nach ihr. Vom stärksten Schneefall bis weit in den Sommer – es gibt wenige Wetterlagen, bei denen meine »Greenland«-Jacke nicht die richtige Begleiterin wäre. Nach einer schwedischen Grönland-Expedition 1966 war die Idee entstanden, eine Jacke für draußen zu entwerfen, die es bis dahin nicht gegeben hatte. Dies nahm der schwedische Hersteller Fjällräven zum Anlass, 1968 seine erste Jacke überhaupt herzustellen. Die Entwickler bei Fjällräven hatten da noch ein inte-