Baechli inspiration 15-3

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WEGWEISER LEONIDIO – DAS NEUE KLETTERPARADIES S. 6 HOCHGENUSS WEINE AUS DER VERTIKALEN S. 24 EXPERT ZUM WOHLFÜHLEN – FUNKTIONELLE NATURFASERN S. 28


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BERATUNG 2.0 Optimale Fachberatung – wie soll sie in Zeiten allgegenwärtiger Internet-Tools aussehen? Jede Kundin, jeder Kunde kann jede beliebige Produktinformation selbst online abrufen, sich in Foren über die Vor- und Nachteile austauschen – zu jeder Zeit und fast überall. Wozu braucht es da noch einen Berater? Wie wichtig ein Gegenüber mit Erfahrung und Kompetenz ist, zeigt sich nirgendwo deutlicher als in der Medizin. Online Informationen zu sammeln, kann eine Vorbereitung für den Arztbesuch sein, es wird ihn aber in der Regel nicht ersetzen. Wir konsultieren den Mediziner, diskutieren mit ihm und suchen zusammen vertrauensvoll eine Lösung. Ich bin überzeugt, dass sich auch aus dem persönlichen Gespräch mit den Fachberatern im Bergsport-Fachhandel unschlagbare Vorteile ergeben. Denn um die komplexen, anspruchsvollen Herausforderungen zu lösen, vor die uns die Berge und die Materialwahl für unsere Bergabenteuer stellen, braucht es einen Partner, mit dem man diskutieren kann: Gewicht, Lebensdauer, Funktion, Design oder Style, der Preis und immer mehr auch die Herkunft des Produkts müssen auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt werden. Dabei verrennt man sich alleine schnell – wie auf einem schmalen Pfad im Nebel. Ein guter Verkäufer, eine gute Verkäuferin, sie helfen mit ihrer Erfahrung beim Sondieren. Mit der Beratung 2.0 treten Berater und Kunde in einen Dialog. Sie suchen gemeinsam nach der besten Lösung, sorgen wieder für klare Sicht, klären, was wirklich wichtig ist, was Ihnen als Kunde ganz persönlich und individuell am Berg etwas bringt. Das geht nur mit Vertrauen. Der Kunde lässt sich dabei auf den Fachberater ein. Der Berater kann mit seiner Erfahrung auch kompetent und hilfreich sein, ohne jedes Detail zu kennen. Auf der anderen Seite vertraut auch der Berater dem Kunden. Vielleicht kauft er nicht jetzt, vielleicht kauft er auch nie. Aber wenn, dann tut er es dort, wo er seine Ausrüstungsteile verglichen hat und wo er am besten beraten wurde. Ich bin überzeugt, dass wir im Zeitalter des Internets erst am Anfang einer Kultur stehen, die Ihnen als Kunde die besseren und beglückenderen Produkte bescheren wird. Wir von Bächli setzen jedenfalls alles daran, dass Sie uns genauso vertrauen können wie Ihrem Arzt. Mit Ihnen zusammen wollen wir die bestmögliche Ausrüstung finden – für Sie. Beratung 2.0. Herzlichst,

Felix Bächli

INHALTSVERZEICHNIS AUSGABE 3/2015 6 – WEGWEISER Sportklettern in Leonidio 12 – WEGWEISER Jubiläumstour aufs Matterhorn 18 – GIPFELTREFFEN Drei Älplerinnen im Gespräch 24 – HOCHGENUSS Weine aus Steillagen 28 – EXPERT Textilien aus funktionellen Naturfasern

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– EXPERT Bächlis Kundendienst – 3 x 3 Produktneuheiten & Bergsport-News – PARTNERCHECK Merinospezialist Icebreaker – BERGKAMERAD Benno Kälin

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WEGWEISER LEONIDIO – DAS NEUE KLETTERPARADIES S. 6 HOCHGENUSS WEINE AUS DER VERTIKALEN S. 24 EXPERT ZUM WOHLFÜHLEN – FUNKTIONELLE NATURFASERN S. 28

FOTO TITELSEITE:

Dan Patitucci, Sebastian und Hannes Nachbar auf dem Nordwestgrat des Finsteraarhorns

ZUSTIEG

Geschäftsführer Bächli Bergsport AG

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FARB-FERN-SEHEN

Mehrseillängenrouten in der Verdon-Schlucht gehören zu den schillerndsten Unternehmungen, die man als Felskletterer im wahrsten Sinne anpacken kann. Die Herausforderung ist sicherlich, den Blick fürs Wesentliche zu behalten: blaugraue, orange und gelbe Kalksteinwände über grünem Talgrund und türkisfarbenem Verdon. TOUR: Lauren Lee in der 7b-Route «Eve Line».

AUSSICHT

Keith Ladzinski / Aurora

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AUSSICHT


AUSSICHT

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SONNENSEITE DES LEBENS

Perfekter können Bedingungen kaum sein. Nicht planbar, aber wenn man so ein Wetter erwischt, werden Alpinistenträume wahr. Jetzt gibt es nur noch eine «Kleinigkeit» zu meistern: die Route durch den Granit der Südwand der Aiguille du Midi. TOUR: Die italienische Bergsteigerin und Eiskletterin Anna Torretta klettert entlang des Rébuffat-Risses durch die Südwand der Aiguille du Midi. Lukasz Warzecha


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AUSSICHT


WEGWEISER

Aussichtsbalkon: Die W채nde 체ber dem Ort Leonidio bieten lange Touren, rauhe Leisten, Sonne und Meerblick.

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GASTFREUNDSCHAFT IM FELSPARADIES Griechenland ist voll von beeindruckenden Felswänden. An der Ostküste der Peleponnes erwacht ein besonders mit kletterfreundlichem Kalk gesegnetes Fleckchen aus einem langen Schlaf: Leonidio. Die Felsen mit Meerblick bieten geschützte Sonnenwände, raue Griffe und steile Sintertouren in den Wintermonaten – in dieser Hinsicht kann nicht

Sorantis schnauft, als er am Wandfuss ankommt. Der Klettersektor «Hospital» liegt hoch über dem Ort Leonidio. Der kräftige Grieche lässt seinen prall gefüllten Rucksack von den Schultern rutschen und zieht die Schnürung auf. Seine starken Hände holen aber keine Kletterschuhe, keinen Gurt und auch kein Seil hervor. Seine tiefbraunen Augen strahlen, als er den umstehenden Kletterern einen Haufen Orangen präsentiert und sie eifrig verteilt. Keine Geschäftsidee, kein Service eines All-inclusive-Hotels. «Das ist doch ganz normal, einfach meine Art der Gastfreundschaft», lächelt er. Dan greift dankend zu und zieht die Schale von der frischen Frucht. «Ich liebe die Griechen», schmunzelt er. Im Hintergrund schimmert das Ägäische Meer in der Nachmittagssonne. Im Vorfeld unserer Reise haben Janine, Simon, Dan und ich viel Lob über Leonidio zu Ohren bekommen. Dass wir in dem griechischen Ort dermassen herzlich in Empfang genommen würden, hätten wir dennoch nicht erwartet. Direkt über dem malerischen Dorf an der Ostküste der Peleponnes thront eine 250 Meter hohe Felswand. Leonidio liegt 3,5 Kilometer vom Meer entfernt. Die Kalkformationen ziehen sich wie ein nicht enden wollendes Band von der Küste an Leonidio vorbei – ein Traum für Kletterer. Kaum zu

glauben, dass diese Kulisse der Seilsportgemeinde so lange verborgen geblieben ist. Erst im Jahr 2008 begannen Kletterer aus Athen sich hier ihr Paradies zu erschliessen. Sie müssen sich gefühlt haben wie kleine Kinder in der Süsswarenabteilung: unschlüssig, welcher Leckerbissen wohl der schmackhafteste ist – bei all der Auswahl. Ähnlich ergeht es Simon. Auf der Autofahrt durch das Tal drückt sich der Franzose permanent die Nase an der Scheibe platt – überall stehen vielversprechende Wände. Noch immer sind viele von ihnen unberührt, auch wenn es inzwischen rund 400 Routen in allen Schwierigkeitsgraden gibt. Leonidio, Kletterland der unbegrenzten Möglichkeiten? Mit Superlativen ist das so eine Sache. Sind die Erwartungen zu hoch, endet das erste Zusammentreffen oft in einer Enttäuschung. Leonidio wurde zuletzt in den Medien als «das neue Kalymnos» gehypt. Entsprechend stutzig werden wir, als Aris Theodoropoulos, «Kalymnos-Hausmeister» und Griechenlands fleissigster Erschliesser, direkt nach unserer Ankunft auf der Peleponnes erklärt: «Leonidio kann niemals Kalymnos sein. Die Felsqualität kann man in der Masse nicht vergleichen». Die heruntergefallenen Mundwinkel heben sich beachtlich, als wir den weiteren

WEGWEISER

mal Griechenlands Topspot Kalymnos mithalten.

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Schauen und Staunen: Der Vorzeigesektor «Elona» versetzt auch weitgereiste Kletterer ins Schwärmen.

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Worten des Führerautors lauschen: «Aber wenn es im Winter auf Kalymnos stürmt und regnet, kann man in Leonidio oft perfekt klettern. Es liegt auf einer geschützten Sonnenterrasse. Nur ganz wenige Regionen in Europa bieten die im Winter dermassen guten Bedingungen.» Perfekt. Deshalb sind wir hier. Kurz vor Weihnachten noch mal Sonne tanken und warmen Fels unter den Fingern spüren. Der Wohlfühlfaktor ist mindestens so hoch wie die Wände. Die Rissverschneidung «Mayor» (6b) im Sektor Hot Rock, hat alles, was eine Genusstour braucht. Zug für Zug wandern die Hände an der gut griffigen Schuppe nach oben. In der Abendsonne leuchtet der Fels in

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Griechisches Flair: In den Wintermonaten teilen sich Einheimische und Klettertouristen die engen Gassen Leonidios.

«Parfait» - der Franzose Simon geniesst perfekte Sinterstrukturen.

tiefem Rot, als sich Janine immer weiter vom Boden entfernt. Die Bohrhaken glänzen in nervenschonenden Abständen. Erst 40 Meter weiter oben ist der Spass vorbei. «Wow. Da kommt man mal richtig ins Klettern», schwärmt die Schweizerin. Lediglich der Schwierigkeitsgrad von 6b scheint etwas zu hoch angesetzt. «Vielleicht auch eine Art der griechischen Gastfreundschaft», witzeln wir. Von den Zahlen sollte man sich also nicht immer abschrecken lassen. Über jeden Zweifel erhaben ist die Länge der Routen. Hier kommen Kletterer ins Schwärmen – ganz ohne Übertreibung. Wer es darauf anlegt, kann unzählige 40-Meter-Touren klettern. Mit knapp 4000 Einwohnern ist Leonidio zu klein, um Trubel zu verbreiten und doch zu gross, um ausgestorben zu wirken. Der Ortskern versprüht urgriechischen Charme. Alte Gemäuer säumen die Gassen, Rosen und Orangenbäume setzen farbenfrohe Akzente. Einheimische und Kletterer teilen sich in der kalten Jahreszeit die ursprünglichen Bars und Restaurants. Unter das griechische Stimmengewirr mischt sich Englisch, Französisch und Deutsch. Das Miteinander ist herzlich. Die Bewohner scheinen das Klettern in ihren Herzen zu tragen. «Klettern soll Teil der Kultur Leonidios werden», sagen die freundlichen Griechen in Gesprächen immer wieder.


Kiwis für alle! Die Gastfreundschaft der Griechen ist allgegenwärtig.

INFO SPORTKLETTERN LEONIDIO Aktuell rund 400 Routen in allen Schwierigkeitsgraden, ständig kommen neue Touren und Sektoren hinzu. Für einige Wände ist ein Auto oder Roller erforderlich (5-20 Min. Fahrzeit). Einige lohnende Mehrseillängen-Routen in der 250-Meter-Wand über dem Ort. Lohnende Abstecher: Nafplio (zwischen Athen und Leonidio) und Kyparissi (60 km südlich von Leonidio).

BESTE JAHRESZEIT Frühling, Herbst und Winter.

SEKTOREN-TIPPS Lange Routen mit Meerblick für Anfänger und Genusskletterer: Douvari, Kokkinovrachos, Hospital, Mad Wall und Rocspot. Gemischte Gruppen werden im Sektor Twin Caves bestens bedient: Links warten einfachere Genusstouren, rechts steile Sinterklettereien im siebten und achten französischen Schwierigkeitsgrad. Hot Rock bietet viele lohnende Touren zwischen 6b und 7a. Hardmover finden in den Sektoren Elona und Maison des Chèvres eine breite Auswahl an Traumtouren ab 7b. Elona liegt morgens im Schatten und eignet sich so auch für wärmere Jahreszeiten. Dafür können die Sinter im Winter und Frühjahr länger nass sein.

ANREISE Per Flugzeug nach Athen, mit dem Mietwagen in ca. drei Stunden nach Leonidio. Vom Fernbusbahnhof Athen gibt es täglich drei öffentliche Verbindungen nach Leonidio.

UNTERKUNFT Stilvolles und herzlich geführtes Hotel direkt im Zentrum: www.hatzipanayiotis.gr Viele Privatunterkünfte, Campingplatz direkt am Meer (im Winter geschlossen, www.camping-semeli.gr)

ESSEN UND TRINKEN Die Pizzeria En Leonidio versprüht urigen Charme und überzeugt mit gutem griechischen Essen und Pizza direkt im Ortskern von Leonidio. Traditionelle griechische Küche und frischen Fisch direkt am Meer, im Winter vor dem offenen Kamin, bietet das Myrtoon an der Strasse nach Poulithra. In der einfachen Bar Simeron Ehi Pagoto im Ortskern unter dem Hotel Hatzipanayiotis treffen sich Einheimische und Kletterer zum Feierabend-Umtrunk.

LITERATUR «Greece Sport Climbing: The Best Of», Aris Theodoropoulos, 1. Auflage September 2014, www.climbgreece.com

AKTUELLE INFOS www.climbing-leonidio.com

erwachten aus einem 20-jährigen Schlaf. 1987 hatten griechische Kletterer, darunter auch der junge Aris Theodoropoulos, eine Mehrseillängen-Route durch die 250-Me-

WEGWEISER

Am nächsten Tag steht eines der klettertechnischen Highlights auf dem Programm. Wir machen uns auf zum Sektor Elona, benannt nach dem Kloster Elonis, das auf der gegenüberliegenden Talseite mitten in einer farbenfrohen Felswand thront. Simons Augen glänzen, als wäre tatsächlich schon Weihnachten, als wir am Fels ankommen. Voller Vorfreude läuft der Franzose am Wandfuss entlang. «Schaut euch diese Linie an», ruft er bei beinahe jeder Route, die er näher beäugt. Elona ist einer der Vorzeigesektoren von Leonidio. Als hätte der griechische Klettergott «Sinteros» in regelmässigen Abständen eine zähflüssige Masse über die Kante gegossen, reiht sich Sinter an Sinter. Ein Traum aus griechischem Kalk. Einziger Wermutstropfen: In Elona beginnt der Spass bei 7b. Genau das richtige Terrain für Simon, Bergführer und Spitzenkletterer. Die Aufwärmrunde in «Diet Dope» (7b) entpuppt sich als reiner Tufa-Leckerbissen. Die Sahnehäubchen des Sektors bleiben heute dem starken Franzosen vorbehalten: 60 Meter zieht sich die Traumlinie «Goliath» (8b) durch den zentralen Wandteil, der orange-, rot- und weissgestreift in der Sonne glänzt. Der Tour «Jolly Jump» verpasst Simon schlicht das Prädikat «Weltklasse». 2008 war Elona der Anschub für die aktuell laufende Erschliessungswelle. Die Felsen

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WEGWEISER

Wohlfühlklima: Sonne auf der Haut, frischer Orangensaft im Glas, die Klettertouren in Gehdistanz.

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ter-Wand direkt über dem Ortskern eingerichtet. Einige klassische Touren folgten – danach wurde es ruhig um den sonnenverwöhnten Kalk, die Leckereien im Umland blieben unberührt – bis zum aktuell herrschenden Bohrfieber. Allein im Frühjahr 2015 sind nochmals über 60 neue Touren hinzugekommen. Abgegriffene Leisten und Löcher sucht man in Leonidio vergebens. Der Grip ist perfekt. Spuren vorheriger Begeher? Minimal. Kehrseite der Medaille: Vor allem die neueren Sektoren sind noch nicht vollständig abgeklettert. Ein Helm ist für das Bodenpersonal Pflicht. Während sich Kletterprofis wie Angela Eiter oder James Paerson bei ihren Erschliessungen auf harte Highlight-Linien stürzen, pilgern die Gebrüder Remy seit Jahren nach Leonidio, um gemässigte Genusstouren zu erschliessen. Sie haben sich besonders an den Sektoren direkt über dem Ort vergriffen und ein inzwischen grosses Angebot im fünften und sechsten Franzosengrad geschaffen. Qualitätsmerkmal: zu Fuss aus dem Ortskern zu erreichen, sonnenverwöhnte Südseite und astreiner Meerblick.

Dazu lange, anfängerfreundlich eingebohrte Touren. Dieses Wohlfühlklima wollen wir an unserem letzten Tag in Leonidio noch einmal geniessen. Los geht´s Richtung Wand. Weit kommen wir aber nicht. In einer engen Gasse läuft uns eine ältere Dame entgegen. Tief gebeugt auf ihren Stock lächelt sie uns an. Wir sprechen kein Griechisch, «Kalimera» bekommen wir gerade noch so heraus. Die Griechin redet freudig auf uns ein. Rucksack, Seilsack und Outfit scheinen unser Vorhaben zu verraten. Als Wegzehrung drückt sie jedem schliesslich eine frisch geerntete Kiwi in die Hand und zieht zufrieden lächelnd weiter. «Oh, ich liebe die Griechen», schmachtet Dan. Im Herzen ist der Klettertag schon wieder gelungen, bevor er überhaupt begonnen hat. Die beste Voraussetzung, um unter der wärmenden Wintersonne noch einmal richtig anzugreifen, bevor die Kletterschuhe ihre verdiente Winterpause bekommen. TEXT: FLORENTIN VESENBECKH FOTOS: DAN PATITUCCI


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CREDO W SHORTS BLACK DIAMOND Die Credo Shorts vereint alles, was sich Frau bei einer sommerlichen Kletter- und Boulderhose wünschen mag: Dank Baumwollanteil fühlt sie sich extrem weich und angenehm auf der Haut an, während die hohe Elastizität dafür sorgt, dass die Beine absolut nichts einengt. Dazu bietet die Shorts noch einen bequemen Kordelzug an der Taille, ausreichend praktische Taschen für Kleinigkeiten und ist obendrein ein Heimatprodukt: Die Credo Shorts ist «Made in Europe».

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FJORA FLEX1 W PANTS NORRONA Der Name ist Programm bei dieser coolen wie technischen Kletterhose von Norrona: Die Fjora Flex1 sorgt dafür, dass die Kletterin an Berg und Fels niemals eingeengt wird. Der komplexe Schnitt und das elastische Softshell-Gewebe im Knieund Gesässbereich sorgen für maximale Bewegungsfreiheit. Ansonsten setzt die norwegische Marke auf extrem robustes und schnell trocknendes Polyamid-Material. Für angenehme Belüftung sorgen die Mesh-Öffnungen an der Seite. Die Beinweite ist verstellbar.

Photo: Thilo Brunner

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TIC JKT E9 Ob beim Sichern, vor oder nach dem Sport, vor dem Computer oder im Café: Der Hoody von E9 ist sicherlich einer der bequemsten und lässigsten Wärmespender für Kletterer. Das stark wasserdampfdurchlässige Material sorgt dafür, dass man nicht ins Schwitzen kommt und ist obendrein angenehm weich und geschmeidig. E9 rüstet seine Kapuzenjacke ausserdem mit praktischen Daumenschlaufen, Taschen zum Hände vergraben und einem Kordelzug am Bund aus. x Preis: CHF 114.90

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Königliches Ambiente: Am Matterhorn ist das MonteRosa-Massiv stets im Blick.

SCHMALER GRAT INS GLÜCK Das Matterhorn feiert Geburtstag, Geschenke bekommen andere: Zum 150. Jubiläum der Erstbesteigung ermöglichen Bächli Bergsport und Mammut zwei glücklichen Gewinnern einen Anlauf am «Horu». Genuss und Grenzerfahrung, Erfol-

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ge und Rückschläge: eine unvergessliche Gratwanderung.

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Die E-Mail kommt um sieben Uhr am Morgen. Betreff: «Sie haben gewonnen!» Beim Überfliegen der ersten Zeilen steigt Christoph eine leise Erinnerung an das Matterhorn-Gewinnspiel in den Kopf. Ungläubig schiebt er den Gedanken zur Seite. Die Arbeit ruft. Ein feiner Feuchtigkeitsfilm liegt auf seinen Handfl ächen, als er die Mail am Abend endlich liest. Behutsam scannen seine Augen Buchstabe für Buchstabe. Drei Mal

muss er die Zeilen studieren, bis er es fassen kann: Er wurde als Gewinner ausgelost. Er geht auf´s Matterhorn. Zum 150. Jubiläum der Erstbesteigung des Zermatter Paradeberges ermöglichen Bächli Bergsport und der Alpinspezialist Mammut zwei Bergsteigern die Erfüllung eines Traums. Ein Traum, der Christoph schon weit vor dem Preisausschreiben beschäftigt hat. Schon vor rund vier Jahren hat das Matterhorn in


gewisser Weise sein Leben verändert. Die Idee: «Mit 50 gehe ich auf´s ‹Horu›.» Vom Gelegenheitswanderer hat sich der heute 47-Jährige zum Bergsteiger und Kletterer entwickelt. Damit verbunden: weniger Überzeit, mehr Raum für Privatleben und Familie, mehr Achtung für Körper und Gesundheit. Ursprünglich hatte er noch zwei Jahre Trainingszeit eingeplant – dank Bächli und Mammut beginnt das Abenteuer schon jetzt. Drei Wochen nach Eintreffen der E-Mail. Als Sabine, die zweite Gewinnerin, am Nachmittag in Zermatt ankommt, zeigt die pyramidenförmige Countdown-Uhr auf dem Bahnhofsplatz null Tage, 20 Stunden und 18 Minuten. Bei Ablauf des Zählers wird es exakt 150 Jahre her sein, dass die ersten Menschen auf dem Matterhorn standen. «Diesen Gipfel hat man als Bergsteiger natürlich immer im Hinterkopf – immer», sagt Sabine. «Eigentlich ist das Matterhorn fast zu schön, um es zu besteigen.» Ihren Job in einer Davoser Bank lässt sie für die nächsten Tage weit hinter sich.

Zur Vorbereitung auf das grosse Ziel nehmen die beiden Gewinner mit ihren Bergführern Elli und Moses am nächsten Tag einen anderen Gipfel ins Visier. Meter für Meter schwebt die Bergbahn zum Klein Matterhorn hinauf. Das «echte» Matterhorn zur rechten zieht Sabines und Christophs Blicke magisch an. «Gewaltig», entfährt es Christoph. Der Hörnligrat zeigt sich in seiner gesamten, Respekt einflössenden Länge und Steilheit. 1218 Höhenmeter sind es von der Hütte. Die Anspannung ist spürbar, die Vorfreude auch. Das Ziel des heutigen Tages, das 4164 Meter hohe Breithorn, bleibt während der Gondelfahrt fast unbeachtet. Dabei ragt der langgezogene Gipfel direkt neben der Seilbahn in die Höhe. Für viele ist das Breithorn der erste Viertausender, da er auf dem Normalweg kaum technische Schwierigkeiten aufweist und keine 300 Höhenmeter über der Bergstation liegt. Zu wenig als Vorbereitung auf den Hörnligrat. Deshalb haben Elli und Moses eine anspruchsvolle Variante parat: die halbe Breithornüberschreitung. Auf dem hier fl achen,

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Bedrohlich steil: Der Hörnligrat in voller Pracht.

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Nicht minder spektakulär: Vorbereitungstour am Breithorn.

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aber spaltenreichen Verra-Gletscher marschieren die Bergsteiger Richtung Osten. Am Himmel ist keine Wolke zu sehen. «Das Seil immer gut straff halten», mahnt Moses, bevor das Team mit grossen, respektvollen Schritten über die ersten klaffenden Gletscherspalten steigt. Kurz vor den Breithornzwillingen zieht die Seilschaft durch eine steile Firnfl anke zum Grat hinauf, wo die Kletterei beginnt. An guten Griffen und Tritten arbeiten sich Sabine und Christoph über den roten Fels. Das Selbstvertrauen wächst mit jedem Zug, das Grinsen weicht kaum mehr aus Sabines Gesicht. «Die Kletterei am Hörnligrat ist ziemlich ähnlich», sagt Moses. Die Augen der beiden Matterhorn-Aspiranten leuchten. «Nur viel, viel länger». Dass das Matterhorn kein Spaziergang wird, dessen sind sich alle bewusst. «Natürlich bin ich ein bisschen nervös», wird Sabine am Nachmittag im Tal sagen. «Aber nach der Tour heute freue ich mich noch mehr aufs Matterhorn». Der Atem geht schwer. Schon eine ganze Weile verläuft die Kletterpartie auf über 4000 Metern, das kostet Kraft. Ideal, um sich für höhere Ziele zu akklimatisieren. Auf

14 Die letzten Meter zum Stützpunkt, im Tal schlummert Zermatt.

Glückliche Gewinner: Sabine und Christoph geniessen die Tage am «Horu».

dem Weg zum Hauptgipfel des Breithorns schwebt das Matterhorn fast permanent im Blick. Der Hörnligrat brennt sich unlöschbar in die Gehirnwindungen. Derweilen läuft auf dem Bahnhofsplatz die Countdown-Uhr ab. Am nächsten Abend scheint das Ziel in greifbarer Nähe. Von der Terrasse der Hörnlihütte aus ist der gesamte Weg einsehbar – er erscheint unendlich lang. Sabine vergräbt die Hände in ihren Hosentaschen. Ein leichter Wind weht ihr die blonden Haare ins Gesicht. Ehrfürchtig fahren die Pupillen der 33-Jährigen den Felsturm ab, bis der Steinkoloss kurz vor seinem höchsten Punkt in einer Wolke verschwindet. Das Bergsteigen hat für sie eine besondere Bedeutung. «Es zeigt einem immer wieder, was alles geht und wie schön alles ist», sinniert sie. Immer wieder wandert ihr Blick über die mächtige Felsschneide. «Die Steigeisen könnt ihr aus dem Rucksack packen», sagt David, ein Bergführer, der mit am Abendtisch sitzt. Sabine und Christoph tauschen ungläubige Blicke. Aber David muss es wissen. Nach seiner 200. Matterhornbesteigung habe er aufgehört, zu zählen. Ein echter Profi. Die Bedingungen sind in diesem Jahr aussergewöhnlich, der ganze Grat ist schneefrei. Der Wetterbericht prophezeit auch für den Gipfeltag kein Ende der stabilen Hochdrucklage – im Jubiläumsjahr verteilt der Paradeberg Geschenke. Dass er auch anders kann, hat die vorherige Saison bewiesen. «Katastrophale Bedingungen», erinnert sich David, der «Matterhorn-Hausmeister». Er sei nur ein einziges Mal oben gewesen. In normalen Jahren bringt er es


INFO HÖRNLIGRAT TALORT Zermatt, 1608 m

AUSGANGSPUNKT Hörnlihütte, 3260 m, 027 967 22 64

HÖHENMETER 1218 ab Hörnlihütte

ANFORDERUNGEN Hochtour ZS+, Kletterstellen bis UIAA 3, anspruchsvolle Wegfindung

BERGFÜHRER

auf rund 30 Gipfel-Tage am Toblerone-Spitz. Bei Sabine und Christoph macht sich Dankbarkeit breit. Nicht oft passen die verschiedenen Puzzleteile für einen Bergsteiger so gut zueinander. Die Chancen stehen gut. Unruhig windet sich Sabine im Bett. Von null auf hundert hat sie starke Schmerzen. «Nur ruhig, das wird schon wieder», denkt sie sich und versucht den Schmerz auf der rechten Seite einfach wegzuatmen. Schliesslich läuft man aufs Matterhorn nicht einfach locker rauf. «Das ist jetzt wohl eine kleine Krise, vielleicht die Aufregung?» Höhenkrank? Magen verdorben? Blinddarm? Bergführerin Elli rattert die Möglichkeiten in Gedanken durch. «Verdammt, ausgerechnet jetzt!» Nach zwei Stunden und immer stärkeren Schmerzen ist Sabine klar: «Jetzt geht es nicht mehr, egal, wie gross der Wille ist.» Das Warten auf den Helikopter fühlt sich an wie eine Ewigkeit. Um ein Uhr verschwindet das laute Rattern der Rotorblätter mit Sabine in der Dunkelheit. Mit jedem Meter, den die sichere Versorgung im Spital näherkommt, rückt der Hörnligrat für sie weiter in die Ferne. 3.48 Uhr. Moses lässt den Achterknoten an Christophs Klettergurt durch die Hände gleiten. «Passt». Der Helm sitzt, die Stirnlampe leuchtet. Rund 30 Seilschaften drängen sich um die beiden im Flur der Hörnlihütte. Wie ein zäher Brei bewegt sich die Menschenmasse in wiegenden Wellen Richtung Ausgang, jeder will einen guten Startplatz. Kurz verschwindet das romantische Bild vom Bergsteigen, dann geht die Tür auf. Frische,

Mammut Alpine School, 062 769 81 83

kühle Morgenluft strömt in Christophs Lungen. Schritt für Schritt folgt er Moses, der an der Holzstiege hinter der Hütte den Takt vorgibt. Gummisohlen bohren sich in groben Schotter und füllen die Luft mit einem meditativen Knirschen. Das Abenteuer Matterhorn beginnt. Zur gleichen Zeit liegt Sabine in Visp im Spital. Beim Blick auf die Uhr wird ihr bewusst: «Nein, jetzt gehen sie los – und ich liege hier.» Wenigstens lindern die starken Medikamente die höllischen Schmerzen, die ihr ein Nierenstein beschert. Der Grat fordert von Beginn an Armeinsatz und Kletterei. Zug um Zug arbeitet sich Christoph im Schein der Stirnlampe in die Höhe. «Nur nicht zu schnell losgehen», Moses' warnende Worte vom Vorabend hallen in seinem Kopf. Schon auf 3500 Metern erschwert die dünne Luft das Schnaufen. Noch 950 Höhenmeter. Das Klettern war für Christoph ein Kindheitstraum. Auch deshalb wurde das «Horu» für ihn zum Wunschziel. «Das Matterhorn kann man nur kletternd erreichen, von allen Seiten», schwärmt er. Plötzlich wird es hektisch. Eine Seilschaft links, eine direkt über ihm. Wie die Fäden in einem Spinnennetz laufen Seile kreuz und quer. Von hinten drücken die nächsten. Der Puls rast. Seine Hände suchen Halt im festen Granit, mit den Füssen tastet er in der trittarmen Wand nach Unebenheiten. In der unteren Moseleyplatte kommen Christoph erstmals Zweifel. Um der Hektik zu entfliehen, lässt Moses das Solvay-Biwak auf 4003 Metern

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Ausgesetzte Kletterei mit Tiefblick auf die Hörnlihütte.

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Sonnenaufgang am Hörnligrat. Christoph konzentriert sich voll aufs Ziel.

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rechts liegen und nimmt gleich die obere Moseleyplatte unter die Finger. Christoph kommt an seine Grenzen. Wenige Klettermeter später ist die Schlüsselstelle geschafft. Der Marschtee haucht ihm wieder Leben ein. Moses sorgt für weitere Erleichterung: «Zwei Stunden. Wir liegen sehr gut in der Zeit.» Durchatmen. Noch 450 Höhenmeter. Im oberen Teil des Hörnligrats geht es normalerweise mit Steigeisen über eisige oder verschneite Platten. Vor 13 Jahren war dieser Abschnitt das letzte Mal schneefrei. Im Geburtstagsjahr ist es sogar noch trockener. Der Schritt wird langsamer. Die Höhenluft schlägt auf über 4400 Metern endgültig zu. «Jetzt musst du mit mir Geduld haben», schnauft Christoph mit einem mahnenden Blick zu Moses. Bloss nicht schneller gehen. Viel weiter hätte er erst mal nicht mehr gehen können, wird Christoph später sagen. Doch das ist ihm jetzt egal. Schon vor dem kurzen Grat zum Schweizer Gipfel, der einen Meter höher ist als der benachbarte Italiener Gipfel, reckt Christoph die Arme in die Höhe. Von Osten grüsst das königliche

Geschafft! Christoph mit Bergführer Moses am Matterhorn-Gipfel.

Monte-Rosa-Massiv, im Westen glänzt die Schneekuppe des Mont Blanc in der Sonne. Um den Gran Paradiso im Süden hüllen sich dichte Wolken. Stolz und freudestrahlend geniesst Christoph die wärmende Sonne auf 4478 Metern, Arm in Arm mit seinem Bergführer. Der Gedanke an Sabine trübt das Gipfelglück, aber er erhöht auch die Dankbarkeit, die sich in Christoph breitmacht. Hier oben stehen zu dürfen ist keine Selbstverständlichkeit. Um zehn Uhr erwacht Sabine aus einem tiefen Schlaf. Beim Blick auf die Uhr muss sie sofort daran denken: «Jetzt waren sie schon auf dem Gipfel.» Für sie ist das Projekt Matterhorn noch nicht abgeschlossen. «Die Tage waren so genial und dann soll es plötzlich einfach heissen: Und Tschüs? Ich muss das Matterhorn nicht auf Biegen und Brechen machen, aber wenn es klappt, würde ich das gerne dieses Jahr noch angehen.» Die nächsten Hochtourentage hat sie auf alle Fälle schon geplant. TEXT UND FOTOS: FLORENTIN VESENBECKH


EXPEDITIONEN WHYMPER JACKET UND PANTS MAMMUT Anspruchsvolle Kombi, für alle, die weit nach oben wollen. Mammut setzt mit seiner Matterhorn-Sonderedition auf Höchstleistung: Die Whymper Jacket verwendet das Top-Material des Marktführers: Gore-Tex Pro ist nicht nur absolut wasser- und winddicht, sondern auch extrem robust und dabei überraschend leicht. Auch die Jubiläums-Hose ist auf den Hochtouren- und Kletter-Einsatz zugeschnitten: Das Stretchmaterial des Schweizer Spezialisten Schoeller sorgt für uneingeschränkte Bewegungsfreiheit und optimalen Schutz (sogar vor UV-Strahlen).

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x Gewicht: Jacke 450 g / Hose 490 g x Preis: Jacke CHF 539.– / Hose CHF 245.–

HÖRNLI RIDGE MAMMUT Das Matterhorn auf der stolzgeschwellten Brust: Mammut hat zum 150-jährigen Jubiläum die Route der Erstbesteigung auf das Hörnli-RidgeShirt gedruckt. Für Funktion und angenehm weichen Tragekomfort sorgt das DriRelease-Material. Die antimikrobielle Ausrüstung garantiert, dass sich das vielseitige Shirt auch nach langem Einsatz am Berg, auf Reisen oder in der Stadt noch frisch anfühlt und nicht riecht. Dazu kommt auch noch ein hoher UV-Schutz von UPF 30+.

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x Gewicht: 150 g x Preis: CHF 39.–

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Die leichte Frauenjacke Zermatt punktet mit inneren und äusseren Werten. Mit ihrem besonderen, minimalistischen Design sieht sie am Berg genauso gut aus wie im Alltagseinsatz – und bietet dazu dank technischem 2-Lagen-Laminat umfassenden Wetterschutz. Den Kopf hält die verstellbare Kapuze mit vorgeformtem Schutzschild trocken, die Taschen sind so konstruiert, dass sie auch mit Rucksack einfach zugänglich sind. Die vorgeformten Ärmel garantieren viel Bewegungsfreiheit. x Gewicht: 355 g x Preis: CHF 205.–

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GIPFELTREFFEN

Anne Kr체ger veredelt auf der Muttner Alp Milch von 45 K체hen zu feinstem Alpk채se.

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«VIRUS Z’ALP» Älplerinnen und Älpler lassen alles stehen und liegen, um drei, vier Sommermonate auf der Alp zu verbringen. Vier Menschen erzählen, weshalb es keinen schöneren Arbeitsplatz gibt als inmitten der Ruhe der Berge, weshalb auch sie an ihre Grenzen stossen, und weshalb sie trotz aller

Auf der Alp, da sömmern Kühe, Rinder, Geissen, Schafe, Pferde und neuerdings sogar Lamas, Alpakas und Yaks. Man wandert an den Tieren vorbei auf dem Weg zum Gipfel, kurvt mit dem Bike entlang üppiger Blumenwiesen ins Tal, macht Pause an einer Alphütte. Die ist für Bergsportler oft mehr als ein Wegepunkt, eine Durchgangsstation, ein urchiger Verpflegungsposten. Danach geht es weiter. Jene, die dort arbeiten, verbringen aber nicht selten den ganzen Sommer auf den lichten Höhen oberhalb der Bergwälder. Ein Älpler und drei Älplerinnen aus dem Bündner- und aus dem Berner Oberland erzählen, weshalb die Berge sie dermassen in ihren Bann ziehen, dass ihnen trotz harter Arbeit der Abschied im Herbst oft schwerfällt.

Anna Mathis Nesa, 45, Güner Alp im Safiental Anna Mathis Nesa verbringt mit ihrem Mann Riccardo, 42, und ihren Kindern Braida, 11, Marchet, 9, und Jon, 6, den Sommer auf der Güner Alp. «Was mich hier fasziniert, ist diese Sicht!», sagt Anna Mathis Nesa. «Hier hab’ ich manchmal das Gefühl, ich wäre eine Königin und das ganze Güner Alpenreich läge mir zu Füssen. Also nicht, dass das jemand wüsste, das weiss nur ich. Aber das macht nichts. Denn eigentlich sind wir hier alle Könige. Die Kinder machen, was sie wollen. Riccardo käst, wie er will.

Und ich habe das Gefühl, ich sei ganz nah am Himmel. Hier fühle ich mich frei.» Anna und Riccardo sind beide Forstingenieure. Zur modernen Alphütte hoch, «ganz nah am Himmel», gelangt man über ein Strässchen, das sich in engen Serpentinen vom Safiental in Richtung Güner Horn schlängelt. An dessen Fuss liegt die Alp mit dem modernen Stall und der komfortablen Sennhütte. Rund herum stehen alte Holzstadel. Von der Alp schweift der Blick über den Talschlitz auf den Heinzenberg vis-à-vis zum Beverin bis in die Bernina-Kette und die Prättigauer Berge hinein. Wahrlich ein erhabener Sitz! 46 Milchkühe von Bauern im Safiental sömmern Anna und Riccardo, dazu elf Schweine, vier Hühner. Und neben Hündin Maira leben auch Katze Micha und Murmeltier Frida auf ihrer Alp. «Von hier oben hat Frida den Weitblick bis ins Tal hinunter - einen richtigen Logenplatz», lacht Anna. Allerdings sei die Güner Alp auch sehr ausgesetzt, nicht selten pfeife ein starker Wind ums Haus. «Aber wenn die Sonne am Morgen über den Prättigauer Bergen aufgeht, gibt es Momente, wo ich beim Zusammentreiben der Kühe innehalte und einfach nur staune. Manchmal unterbreche ich das Melken, fülle mir die Kaffeetasse mit warmer Milch, trete vor den Stall und geniesse diese heiligen Momente in der morgendlichen Stille. Aahhh! Die Kinder schlafen meistens noch. Und ich denke, dafür bin ich hier! Für mich, für die Momente, die ich so tief unten im Tal nicht hab. Einfach faszinierend!»

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Plackerei immer wieder hoch wollen.

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Auf der Alp immer mit dabei: Emilia und Valentin, die Kinder von Anne und Oskar.

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Anne und Oskar Krüger, 39, Muttner Alp bei Thusis

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Auch Anne und Oskar Krüger, beide 39, zieht das Leben auf der Alp in seinen Bann. Am Anfang sei sie richtig süchtig gewesen, sagt Anne. «Ich hab im deutschen Witzenhausen noch als Agraringenieurin Biolandbau studiert und bin im Sommer immer ausgebrochen, um in der Schweiz z’Alp zu gehen.» Mittlerweile ist ihr langgehegter Traum, Familie zu gründen und mal selber einen Hof zu führen, zusammen mit Oskar wahr geworden – in Patagonien. Dort bewirtschaftet das Paar die Wintermonate über einen Landwirtschaftsbetrieb in Chile Chico, einem kleinen 3000-Seelen-Dorf «am Ende der Welt». Die beiden finanzieren sich ihr einfaches Landwirtschaftsleben in der patagonischen Pampa quer mit den Einkünften, die sie regelmässig im südamerikanischen Winter auf der Alp in der Schweiz erwirtschaften. So haben sie und ihre zwei Kinder Emilia, 6, und Valentin, 5, eigentlich zwei Zuhause: den Hof in Chile und die Muttner Alp in den Bündner Bergen. «Oskar und ich leben unseren Traum», strahlt Anne. «Wir sind beide von Herzen gerne Landwirte. Hier auf der Alp mit den Tieren und in Patagonien beim Obst- und Gemüseanbau. Aber das Pendeln zwischen den zwei Welten ist schon sehr anstrengend!»

Maria Müller von der Bussalp: «Für mich ist jede Kuh eine Persönlichkeit.»

Nicht nur wegen ihres Nomadenlebens mit dem mühsamen Einwintern, wenn die ganze Familie ihre kleine Estancia für einen Alpsommer in der Schweiz verlässt. Auch das frühe Aufstehen um fünf, halb sechs, um die 45 Kühe von der Weide zum Melken in den Stall zu holen, koste viel Energie. Für Alpromantiker haben die beiden drum nur ein Lächeln übrig, erzählt das Paar, als beide im Käsekeller die Käselaibe mit Wasser bepinseln, damit die nicht austrocknen. «Die Landwirtschaft ist unser Beruf, den wir gerne machen. Da gehört das Alpen dazu», fährt Oskar fort. Und Anne ergänzt: «Mich befriedigt die Arbeit. Aber ich bin nicht mehr so euphorisch wie früher. Ich erinnere mich noch an meinen ersten Alpsommer, als meine Mutter fand: ‹Die Alp ist ja ganz nett. Aber Kind, das kann man doch nicht für länger machen!›» Mittlerweile sind daraus schon mehr als zwölf Jahre geworden. Und Oskar nennt einen ganz pragmatischen Grund dafür: «Wir verdienen hier einigermassen gut. In der Schweiz wird die Alpwirtschaft ja kräftig subventioniert.» Anne findet es gut, dass der Staat das Alpen mit viel Geld unterstützt. «Aber das Ganze als Heidiland-Idylle zu verkaufen und so zu tun, als würden auf der Alp alle über dem offenen Feuer käsen und inbrünstig im Kessi rühren, ist einfach eine Lüge.» Oskar weiss, dass es trotzdem viele Älpler gibt, die das aus Nostalgie machen. Und Anne gibt mit einem Augenzwinkern zu:


Anna Mathis Nesa: «Dass Riccardo und ich mit den Kindern auf der Güner Alp gelandet sind, ist ein purer Glücksfall.»

TRAUM ALP Mit dem Alpauftrieb Ende Mai, Anfang Juni zieht es jedes Jahr etliche Stadt- und Landmenschen, insbesondere Frauen, hinauf auf die Alp. Sie hüten dort den Sommer über Ziegen, Kühe, Rinder, Pferde, Schafe oder neuerdings auch Lamas. Sie machen Käse. Es ist eine Entscheidung für ein Leben in der Natur – ohne üblichen Luxus, manchmal verbunden mit Hochgefühlen, manchmal mit Einsamkeit, aber immer mit viel und anstrengender Arbeit. Die Autorin Daniela Schwegler hat Älplerinnen unterschiedlichster Couleur auf der Alp besucht. 15 Frauen zwischen 20 und 75 Jahren erzählen, wie sie den Alpsommer erleben, erleiden und sich an Natur, Tieren, Sonne und Himmelblau erfreuen. Das Buch gibt Einblicke in den gelebten Traum von der Alp, der für einige allzu Blauäugige auch schnell zum Alptraum werden kann. Eindrucksvolle Reportagefotos von Vanessa Püntener setzen die Älplerinnen und ihren Arbeitsalltag in Szene. Jedes Porträt wird mit einem attraktiven Wandervorschlag von der Alp aus und mit einem Älplerinnen-Rezept abgerundet. «Traum Alp. Älplerinnen im Porträt», Rotpunktverlag 2013, 4. Auflage, CHF 34.Wen es selbst auf die Alp zieht, der kann sich hier einen Überblick über Kurse, Know-how, Stellen und Löhne verschaffen: www.zalp.ch

«Mit romantischem Älplerdasein hat das darum rein gar nichts zu tun», sagt Anne. Trotzdem bist du als Älpler immer ein bisschen Ballenberg! Viele Leute sind ganz euphorisch. Die finden es so toll, dass wir alpen.» Oskar schüttelt den Kopf und grinst: «Witzig, dass es so viele Menschen gibt, die sagen: Eigentlich wäre ich auch so gerne Bauer, aber leider bin ich Banker.»

Maria Müller, 42, Bussalp bei Grindelwald Ihren Traum wahr gemacht hat auch Maria Müller, 42, die Älplerin auf der Bussalp bei Grindelwald. «Kühe faszinierten mich schon als Kind. Ich wuchs in Teufen in Appenzell Ausserrhoden auf. Wenn ich in der Schule Kuhglocken bimmeln hörte, rannte ich zum Fenster, um den Alpaufzug zu sehen. Die Sennen mit der Tracht, die Zäuerli, die typischen Appenzeller Naturjodler und die Geissen voran, das machte mir Hühnerhaut.» Doch bevor sie selber z’Alp ging, versuchte sie ihr Berufsglück zehn Jahre lang unter anderem als Glasmalerin, Handwerkerin auf einer Schiffswerft am Bodensee, als

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«Naja, vielleicht reagieren wir diese archaischen Menschheitsbedürfnisse ab, indem wir in Patagonien jeden Tag einfeuern, immer wieder Tiere schlachten und mit den Händen in der Erde graben, um unser Gemüse anzupfl anzen.» Dennoch ist Oskar keiner, der auf der Alp allzu lange romantischen Gedanken nachhängt. «Die Alp ist Teil unseres Berufs», meint er. «Wir gehen das nüchtern und professionell an. Im Unterschied zu vielen Älplern, die das einfach mal für ein paar Sommer machen.» Viele Leute würden die «Grenzerfahrung Alp» suchen, wirft Anne ein. «Auch wir kommen an unsere Grenzen.» Man könne die Muttner Alp von der anfallenden Arbeit her sicher auch zu dritt machen, ergänzt Oskar. Aber dann rentiere es sich finanziell nicht mehr. «Wir sind auf das Geld angewiesen.» Und Leute, die einfach so z‘Alp gehen, drückten oft das Lohnniveau. «Für die Qualität, die wir mit unserer Arbeit sicherzustellen versuchen, sollten wir eh besser bezahlt sein, ... mit unserer Erfahrung und der Arbeitszeit, die wir da reinstecken.» Anne und Oskar verdienen 165 Franken brutto pro Tag und Kopf. Mit den 12-Stunden-Tagen im Schnitt macht das einen Stundenlohn von 13 Franken brutto. Und das, ohne in eine Pensionskasse einzahlen zu können. Und das bei 90 Tagen Präsenz am Stück, rund um die Uhr und an jedem Wochenende.

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Anne Krüger: «Mit romantischem Älplerdasein hat unsere Arbeit rein gar nichts zu tun.»

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Schreinerin, Krankenpflegerin und als Erzieherin mit schwer erziehbaren Jugendlichen in einem Heim. Als das geschlossen wurde und alle Mitarbeiter auf der Strasse standen, gingen ein paar Kollegen z’Alp. Und Maria fand: «Das mach’ ich auch. Der Zeitpunkt war goldrichtig.» Als sie am ersten Morgen früh auf der Alp Grosse Scheidegg im Berner Oberland um vier Uhr aufstand, um die Kühe von der Weide zu holen, lief sie mit Gummistiefeln zwischen Blumen über die vom Tau benetze Wiese. In der Hand der Hirtenstecken, über ihr der Sternenhimmel. Sie dachte nur: «Nein, so schön!» Sie hatte das Gefühl, das Leben sei ein Stück wahrer geworden. Der Fall war klar: «Die Alp war das, wonach ich in den letzten zehn Jahren gesucht hatte.» Seither lässt die Alp Maria nicht mehr los. Obschon das Leben dort manchmal Himmel und Hölle zugleich sei. «Es brennt dir zum Beispiel eine Kuh durch und du stampfst tobend auf den Boden und zerbrichst vor

Wut den Treibstecken. Und später im Stall lehnt sich die Kuh dermassen herzig an dich an, dass du fast verschmilzt vor Wonne. Die Extreme liegen sehr nah beieinander. Du kannst dich wahnsinnig über das Leben freuen, und eine Sekunde später übermannt dich Todesangst.» Wie in jenem Sommer, als sie die Kühe vor dem Gewitter von der Alp runterholen musste. «Ich stand auf dem Hochplateau der Grossen Scheidegg auf 2000 Metern Höhe, der Blitz schlug neben mir in den Boden ein, und ich trieb die Tiere die Weide hinunter. Kirschgrosse Hagelkörner prasselten auf mich nieder. Jede Körperstelle, die nicht durch mein T-Shirt geschützt war, bekam Dellen. Ich hielt die Arme über den Kopf, rannte die Wiese runter, so schnell ich konnte. Und kam mit den Kühen gerade noch rechtzeitig im Stall an.» Die Nachbarin hingegen sei eine halbe Stunde zu spät gewesen. «Der Blitz erschlug ihr zwei Kühe. Wir schauten zu, wie der Helikopter die toten Tiere ins Tal flog. Das sind Momente, in denen du merkst, wie ausgeliefert du bist. Andererseits kann ein Hagelsturm in der Hütte etwas Wunderbares sein. Dann steh ich am Fenster und denke, hei, ist das schön!» Auch diese Ruhe! Einst hatte sie die beim Meditieren während einer Auszeit in einem Kloster in Katmandu kennen und lieben gelernt. Und heute findet sie ihren inneren Frieden auch auf der Alp. «Hier werde ich Teil dieses Gefüges und habe das Gefühl, gleichzeitig Himmel, Wiese und Kuhglocke zu sein. Die Sinne dehnen sich aus auf das Ganze, und ich kann alles gleichzeitig wahrnehmen. Es ist, als ob das Universum sich für einen Moment auftut. Wie ein Samen, der plötzlich aufplatzt.» Darum zieht es Maria Müller – trotz aller Mühsal – immer wieder auf die Alp. Denn wer das Alp-Virus einmal in sich trage, bringe es nicht mehr los, sagt sie: «Man geht entweder einmal und nie mehr. Oder man geht immer wieder. Das ist wirklich eine Leidenschaft. Man hat dann einfach dieses Fieber.» TEXT: DANIELA SCHWEGLER FOTOS: VANESSA PÜNTENER


Keb Jacket

Keb Trousers

Keb

FÜR DIE HÖHEPUNKTE DEINES OUTDOORLEBENS Die hochfunktionellen OutdoorKleidungsstücke der Keb-Reihe wurden für den Einsatz auf anspruchsvollen Touren in schwierigem Gelände entwickelt, bei denen es auf Bewegungsfreiheit, Strapazierfähigkeit und Schutz ankommt. Die bis ins kleinste Detail durchdachten Schnitte und die bewusst scheuerarm platzierten Nähte runden Design und Funktionalität ab. Die Inspirationsquelle dieser Kollektion ist der Kebnekaise, der höchste Berg Schwedens.

Weitere Informationen findest du unter: www.fjallraven.de


Die weltberühmten Steillagen im Lavaux am Genfersee mit dem Train des vignes.

HOCHGENUSS

EIGENWILLIGE WEINE AUS WILDEN LANDSCHAFTEN

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Die Steillagen an den Ufern des Lac Léman und die spektakulären Terrassen in den Walliser Alpen lassen das Herz von Weinkennern und Outdoor-Fans höher schlagen. Hier entstehen unter schwierigen Bedingungen Weine, die so eigenwillig sind wie die Landschaft.


Der höchste Weinberg Europas Besonders eindrücklich sind die Steillagen in Visperterminen oberhalb von Visp. Hier gibt es Reben bis auf eine Höhe von 1150 Metern über Meer. In kurzen Terrassen mit hohen Trockensteinmauern überwindet der berühmte Südhang vom Ufer der Vispa (650 m ü. M.) auf engstem Raum 500 Höhenmeter. Auf dem «Tärbiner Reblehrpfad» legt man auf acht Kilometern von Visp bis zum höchsten Weinberg sogar 800 Höhenmeter zurück. Der Pfad erklärt unter anderem, wie hier die Reben bewirtschaftet werden und wie «die Perle der Alpenweine», der Heida, entsteht. Selbstverständlich führt der Pfad auch an der St. Jodern Kellerei in Unterstalden vorbei, wo die Weine aus dem höchsten Weinberg produziert werden.

Hier lassen sich die Weine auf Voranmeldung auch degustieren. 500 Winzer liefern jährlich ihr geerntetes Traubengut ab, und ein professionelles Team um Kellermeister Michael Hock keltert daraus vorzügliche Weine. Darunter auch rare Sorten wie den oft totgesagten Resi (Rèze), den Muscat oder eben den Heida.

Die wilde Alpennote Was im Oberwallis Heida und im Unterwallis Païen genannt wird, sind eigentlich Savagnin-Trauben (nicht zu verwechseln mit Sauvignon Blanc). Die Rebsorte Savagnin blanc, die mit dem Traminer verwandt ist, hat sich in der rauen Alpenlandschaft anders entwickelt als im Unterwallis oder im Jura, wo man sie von den eigenwilligen Vin-JauneProdukten her kennt. «Das hat einerseits mit der Höhenlage zu tun, andererseits aber auch mit der Bodenbeschaffenheit und dem Mikroklima», sagt Önologe Michael Hock von der St. Jodern Kellerei. Keine Frage: Kein anderer Wein spiegelt das steile, rustikale Terroir von Visperterminen besser wider als der Heida. Weil die Beeren hier in den windexponierten (Föhn) und trockenen Hängen noch kleiner sind als beim Savagnin blanc schon üblich, ergebe das einen kräftigen, extraktreichen Wein, erklärt Hock. Wegen der grossen Unterschiede zwischen Tages- und Nachttemperaturen entwickle sich die Frucht sehr schön, und die sortentypische Nussnote sei besonders ausgeprägt, sagt der Kellermeister. Kräftig, körperreich, frisch, fruchtig und auch ein bisschen streng – die Heidaweine der St. Jodern Kellerei bringen das wilde Alpenklima hervorragend

Önologe Michael Hock ist für die Heidaweine der St. Jodern Kellerei verantwortlich, die das raue Alpenklima widerspiegeln.

HOCHGENUSS

«Wer einmal eine Schifffahrt auf dem Genfersee macht, im Wallis oder im Tessin die Weinbaugebiete besucht, wird überrascht sein von der einmaligen Schönheit der Schweizer Anbaugebiete.» Das sagt kein Geringerer als Philipp Schwander. Er ist Master of Wine – und damit unbestritten ein Experte in Sachen Wein. In der Tat bietet der Schweizer Weinbau viele verborgene Schätze. Aber nicht nur wegen der teilweise abenteuerlichen Anbaugebiete, sondern auch in Bezug auf die Vielfalt, Qualität und Einzigartigkeit dieser besonderen Tropfen. Die vielfältige Topografie des Landes bringt jede Menge regionaler Spezialitäten hervor. Die Anbaufl ächen reichen vom Rhone- und Rheintal über die Seeufer (vor allem des Genfer-, Zürich-, Neuenburger-, Murten- und Bielersees sowie des Lago Maggiore und des Bodensees) bis hin zu spektakulären Steilhängen und Terrassen in den Alpen. Und genau diese Steillagen sind es, die das Herz von Wanderern und Outdoor-Fans höher schlagen lassen. Spätestens im Wallis fallen einem die Unterschiedlichkeit der Anbaugebiete und die Vielfalt der Rebsorten auf – knapp 60 sind es allein im bedeutendsten Weinbaukanton der Schweiz. Einen sehr guten Ruf haben etwa die charaktervollen Weissweine Petite Arvine und Amigne und die roten Sorten Cornalin und Humagne Rouge.

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Die steilen Terrassen im Lavaux gehören zum Unesco-Weltkulturerbe.

Lohn harter Arbeit – ein ausdrucksstarker Wein.

zum Ausdruck. Manch ein Weinliebhaber dürfte mit verbundenen Augen sogar darauf tippen, einen Rotwein im Glas zu haben.

Viel Knochenarbeit

HOCHGENUSS

Möglicherweise stehen im Aostatal da und dort ein paar vereinzelte Reben in noch grösserer Höhe als in Visperterminen. «Doch wir haben hier einen zusammenhängenden Weinberg von rund 45 Hektaren, der sich von 650 Metern über Meer bis auf 1150 Meter erstreckt», sagt Michael Hock. «Das ist absolut einzigartig.» In dieser Höhenlage sei die Grenze für das Kultivieren von Trauben erreicht. Das Fallbeil ist dabei die Länge der Vegetationsperiode: Wenn die Reben nicht früh genug austreiben, können die Trauben am Schluss nicht genügend ausreifen. Die extremen Höhenunterschiede in «Europas höchstem Weinberg» sind für die Vinifikation des Heida in Visperterminen übrigens ein Vorteil: Sie erlauben es, die Trauben terrassenweise zu ernten und so die Reifeabstände zu nutzen, um

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Die Steilheit der Rebberge erfordert viel Handarbeit.

die Säure des Weins auszubalancieren. Die Steil- und Höhenlagen bringen aber einiges an Mehrbelastung mit sich. Für die Arbeit im Weinberg braucht es beinahe schon alpinistisches Know-how. «Ich war extrem beeindruckt, als ich vom Piemont hierher ins Wallis kam», betont Hock. «Hier wird wirklich alles von Hand gemacht – und das in diesem steilen Gelände und in grosser Hitze. Das ist wirklich Knochenarbeit.» Nun, wenn der Heida dann im Glas glitzert und seine Aromen entfaltet, werden sich die 500 Winzer von Visperterminen sagen, dass sich die Mühen gelohnt haben.

Die Terrassen des Lavaux Auch der zweitwichtigste Anbaukanton von Wein liegt im Südwesten unseres Landes: Von den insgesamt rund 15000 Hektar Reben in der Schweiz fallen rund 5250 auf das Wallis und 3800 auf die Waadt – also mehr als 60 Prozent. Danach folgen Genf (1350), das Tessin (1000) und die Kantone Zürich (650), Neuenburg (600) und Schaffhausen (470),


Der höchste Weinberg Europas in Visperterminen überwindet auf engstem Raum 500 Höhenmeter.

WANDERTIPPS IN DEN REBEN WALLIS: TÄRBINER REBLEHRPFAD Strecke: Visp–Visperterminen (ca. 3 Std.) Infos: Heidadorf Visperterminen Tourismus, Dorfstrasse 66, 3932 Visperterminen, Tel. 027 948 00 48, E-Mail: info@heidadorf.ch Internet: www.heidadorf.com, www.jodernkellerei.ch

WAADTLAND: TERRASSES DE LAVAUX Strecke: St-Saphorin–Lutry (ca. 3:15 Std.) Infos: Montreux-Vevey Tourisme, Rue du Théâtre 5, 1820 Montreux, Tel. 0848 86 84 84, E-Mail: info@montreuxriviera.com Internet: www.montreux-vevey.ch, www.wanderland.ch

GRAUBÜNDEN: BLICK INS RHEINTAL

Merlot und Pinot Noir Auch im Tessin mit seinen vielen kleinen und mittleren Merlot-Anbaufl ächen und im Bündnerland, in dem hauptsächlich Pinot Noir angebaut wird, locken spektakuläre Landschaften. Die Rotweine dieser beiden

Strecke: Malans–Älplibahn–Vilan retour (ca. 4 Std.) Infos: Talstation Älplibahn, Buchwaldweg, 7208 Malans, Tel. 081 322 47 64, E-Mail: info@aelplibahn.ch Internet: www.aelplibahn.ch

AUSFLÜGE BERN: MIT DEM «VINIFUNI» ÜBER DEM BIELERSEE Was: Mit dem Zug nach Biel, mit dem Schiff nach Ligerz und dann mit dem «Vinifuni» durch die Reben nach Prêles, wo vom Plateau de Diesse aus eine wunderbare Aussicht winkt. Infos: Aare Seeland mobil, Grubenstrasse 12, 4900 Langenthal, Tel. 062 919 19 11, E-Mail: info@asmobil.ch

WAADTLAND: TRAIN DES VIGNES Was: Der blau-gelbe Train des Vignes windet sich von Vevey durch die malerischen Weinberge des Lavaux nach Puidoux. Die Zwischenstation in Chexbres bietet einen herrlichen Panoramablick über den Lac Léman. Infos: Montreux-Vevey Tourisme, Tel. 0848 86 84 84 oder an allen Bahnschaltern

Kantone verkörpern die Elite des Schweizer Weinbaus. Das Klima im Bündner Rheintal ist vom südlichen Föhnwind geprägt, der hier auch «Traubenkocher» genannt wird. Ein echter Geheimtipp in dieser Region ist die Wanderung von Malans (Bergstation Älplibahn) auf den Gipfel des Vilan (2375 m). Sie bietet einen wunderbaren Ausblick ins Rheintal mit seinen Anbaufl ächen. TEXT: THORSTEN KALETSCH FOTOS: SWISS-IMAGE/JODERNKELLEREI

HOCHGENUSS

und erst dann Graubünden (450), Aargau (400), Bern (400), Thurgau, St. Gallen, die Region Basel und Freiburg. Die Romandie ist fest in der Hand des Chasselas (auf deutsch Gutedel), der wichtigsten Rebsorte der Schweiz. Diese Traube wird nur in ganz wenigen Ländern so gekeltert wie in der Schweiz und spiegelt mit feinen, vielfältigen Aromen die unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten dieses Gebiets wider. Im Wallis ist der daraus gewonnene Wein als Fendant bekannt, in der Waadt trägt er als Appellation den Namen bekannter Dorfnamen wie Aigle, Dézaley, Yvorne oder Saint-Saphorin. Spektakulär für Ausflügler sind vor allem die mutig in den Hang gebauten Terrassen des Lavaux. Mit mehr als 800 Hektaren ist das Lavaux das grösste zusammenhängende Weinbaugebiet der Schweiz, das seit 2007 zum Unesco-Welterbe gehört. Idealer Startort für eine Wanderung in den berühmten Hängen ist das mittelalterliche St-Saphorin mit seinen engen Gassen und den charakteristischen Winzerhäusern aus dem 16. bis 19. Jahrhundert. Nach einem Besuch in einem der vielen Weinkeller oder Restaurants ist der Alkohol schnell rausgeschwitzt: Auf elf Kilometern führt die Strecke in einem dynamischen Auf und Ab bis nach Lutry.

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Icebreaker

Merinowolle aus den neuseeländischen Alpen hat besonders lange Fasern und lässt sich deshalb hervorragend verarbeiten.

VON NATUR AUS GUT Zurück zur Natur. Nachdem die Outdoor-Industrie jahrEXPERT

zehntelang überwiegend Synthetikfasern für Funktions-

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textilien verarbeitet hat, kommen heute immer mehr Naturfasern zum Einsatz. Sie überzeugen durch einen – im wahrsten Sinne – natürlichen Wohlfühlfaktor und herausragende Eigenschaften für Outdoor-Sportler.


Ein Stück Faser-Geschichte Bereits 6000 v. Chr. wurden die ersten Fasern zu Garnen versponnen. Im 13. Jahrhundert n. Chr. konnten sie durch die Erfindung des Spinnrads erstmals maschinell verarbeitet werden. Die Alpinisten der Pioniertage hüllten sich in Wolle, Leinen und Seide, was Berichten zufolge erstaunlich gut funktionierte. Die Wende kam 1938, als erstmals eine Kunstfaser industriell gefertigt wurde. Die neuen Synthetikfasern schienen die Antwort auf alle Funktionsfragen zu sein: Sie waren wesentlich leichter, dabei robuster und trockneten viel schneller. Dass man bereits nach kurzer Nutzungsdauer einen unangenehmen Körpergeruch verbreitete, war ein kollektiv akzeptiertes, notwendiges Übel. Viele erklärten die natürlichen Stoffe wie Wolle für die Verarbeitung von Funktionstextilien für tot. Zum Glück nicht alle.

Wollfühlfaktor Mittlerweile erleben Naturfasern einen regelrechten Boom. Doch welche eignen sich für die Verarbeitung zu Outdoor-Bekleidung? Grundsätzlich lässt sich zwischen Fasern tierischen, pfl anzlichen und mineralischen Ursprungs unterscheiden. Klar an erster Stelle steht die Schafschurwolle. Auch wenn es zahlreiche andere spannende tierische Lieferanten – wie z. B. Alpakas, Lamas, Kaschmir- oder Mohairziegen – gäbe, sind diese aber entweder nicht für die Massenproduktion geeignet oder weisen andere Schwächen auf. Doch auch Schafwolle ist nicht gleich Schafwolle. Mitte der 90er-Jahre revolutionierte die Marke Icebreaker den Markt mit Sportunterwäsche aus der Wolle neuseeländischer Merinoschafe (siehe auch PARTNERCHECK Seite 42). Heute ist Merino aus der Outdoor-Welt nicht mehr wegzudenken. Ihr Feinheitsgrad – gemessen in Mikron (1 Mikron (µm) = 0,001 Millimeter) – ist so hoch, dass die dünnen Faserenden die Haut nicht reizen. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar weist einen Stärke von 50 bis 100 Mikron auf, normale Schafwolle circa 30 bis 50 und Merinowolle zwischen 15 und 25. «Fasst man ein Merinotextil zum ersten Mal an, können die meisten gar nicht glauben, dass es sich um Schafwolle handelt», sagt Helga Schmidl, Bekleidungsexpertin bei Bächli Bergsport. Kein Wollpulli-typisches Jucken und Kratzen! Der Tragekomfort ist verblüffend. Das Geheimnis liegt in der Faser. Gebaut ist sie aus einer hochkomplexen Anordnung von langen Strukturproteinen, die von einer dachziegelartigen Schuppenschicht umgeben sind. Zudem befinden sich im Faserinneren zahlreiche Hohlräume. Der Aufbau verleiht der Wolle hygroskopische Eigenschaften: Sie ist nach aussen wasse-

EXPERT

Die Erfindungen der Menschheit sind beachtlich. Auf den Mond flogen wir vor 46 Jahren das erste Mal. Vor 26 Jahren entwickelten wir das World Wide Web. Und neuerdings können wir mitwachsende Implantate von 3D-Druckern ausspucken lassen. Aber den Entwicklungsvorsprung, den Mutter Natur bei Funktionsfasern innehat, den können wir scheinbar nicht aufholen. Warum sollten wir auch? Die Vorteile von Naturfasern sind so vielschichtig, dass es töricht wäre, diese nicht zu nutzen. Von «Naturfasern» spricht man, wenn sie von natürlichen Quellen wie Pfl anzen, Tieren oder Mineralien stammen. Will man diese Definition noch etwas erweitern, nimmt man sogenannte Regeneratfasern mit auf, die auf Cellulose als Material aus nachwachsenden Rohstoffen basieren.

Eine Wollfaser ist ein hochkomplexes Gebilde aus Strukturproteinen und Hohlräumen. Bis zu 30 Prozent ihres Eigengewichts kann die Wollfaser an Feuchtigkeit aufnehmen.

29 www.schoeller-wool.com


EXPERT

Ortovox / Hansi Heckmair

Swisswool-Produkte sind perfekt geeignet für schweisstreibende Stop-and-go-Aktivitäten.

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rabweisend und nimmt gleichzeitig Feuchtigkeit auf – bis zu 30 Prozent ihres Eigengewichts. Dabei fühlt sie sich immer noch trocken an. Ein weiterer Vorteil: Sie isoliert in doppelter Hinsicht, da Luft in den Hohlräumen gespeichert wird. Das Ergebnis: ein gefühlt wärmender oder kühlender Effekt. «Die Merinoschafe in Neuseeland sind extremen Bedingungen ausgesetzt – bis zu 35 Grad im Sommer, bis zu minus 20 Grad im Winter», erklärt Cédric Clavière, der bei Icebreaker für den Schweizer Markt verantwortlich zeichnet. Das weitere grosse Plus von Wolle liegt in ihrer geruchshemmenden Wirkung. «Der Grund dafür liegt in ihrer von Natur aus antibakteriellen Wirkung», erklärt Bächli-Expertin Helga Schmidl. Beim Schwitzen und auch sonst gibt der Mensch über die Haut neben Wasser vor allem Fette und Salze ab – die Lieblingsspeise von Bakterien, deren Ausscheidungen die üblen Gerüche verursachen. «Auf der schuppigen Oberfl äche von Wollfasern können sich aber weder die menschlichen Ausscheidungen noch die Bakterien dauerhaft festsetzen», so Schmidl, was auch der Grund dafür sei, warum so manches Leibchen am nächsten Morgen trotz «Vollbelastung» wieder frisch riecht. Und wer noch mehr Argumente braucht: Merinowolle ist zudem antistatisch, schwer entfl ammbar und schützt vor UV-Strahlung. Mittlerweile findet sie sich nicht nur in Baselayern, sondern in verschiedensten textilen Produkten: in Fleece-Jacken, in Softshell-Jacken mit wasserabweisender

Nanotechnologie, in Sportsocken oder als Innenfutter von Hardshell-Jacken. Die Schwäche von Merinofasern liegt darin, dass sie bei sehr feinen Stoffen etwas an Stabilität verlieren. Doch auch hier arbeitet die Industrie an Lösungen, um die Merinogewebe reissfester zu machen. Icebreaker zum Beispiel umwickelt bei seiner «Corespun»-Technologie einzelne Nylonfäden mit Merinowolle. Dieses Material kommt seit diesem Sommer vor allem bei den Modellen zum Einsatz, für die sehr leichtgewichtige Stoffe verwendet werden. Ortovox hat das Hybridgarn «Nuyarn» entwickelt, wobei ein dünner Strang aus mehreren Nylonfäden mit Merinowolle umsponnen wird. Der Effekt beider Technologien ist ähnlich: Die Garne werden reissfester und elastischer – und die menschliche Haut kommt dennoch nur mit Merinowolle in Kontakt.

Leicht, warm und flauschig Die Wolle «normaler» Bergschafe eignet sich für die Verwendung in Funktionswäsche nicht. Sie ist zu dick, zu störrisch und reizt die Haut. Beinahe wäre sie in der Schweiz zum Abfallprodukt verkommen. Bis die Firma Baur, ein deutscher Traditionshersteller von Wollvlies, die Initiative «Swisswool» gründete. Die Idee: Schweizer Schafschurwolle wird direkt vom Erzeuger eingesammelt und zu kuschelig weichem, luftigem Wollvlies verarbeitet. Dem Grundstoff wird etwas Bio-Kunststoff auf Maisstärkebasis beigemischt, um den Bausch


WASCHEN VON FUNKTIONSTEXTILIEN MIT WOLLFÜHLFAKTOR Tipps von Bächli-Bekleidungsexpertin Helga Schmidl: • Normalwaschgang bei 30–40°C mit normalem Waschmittel. • Keinen Weichspüler und kein Bleichmittel verwenden. • Helle und dunkle Teile separat waschen. • Nicht im Tumbler trocknen. • Bei bedruckten Oberflächen auf links waschen. • Alle Reissverschlüsse vor dem Waschen schliessen.

Merinowollfaser: 15–25 Mikron

H fe Icebreaker

zu erhöhen und das Endprodukt unkompliziert waschbar zu machen. Fertig ist eine perfekt isolierende Wattierung, die die Vorteile von Wolle und Daune vereint und voll biologisch abbaubar ist. Ortovox hat das Potenzial als erste Marke erkannt und «verbaut» das Vlies aus Schweizer Bergschafwolle exklusiv. «Mit unseren Swisswool-Produkten können wir heute eine reelle Alternative zu Daune anbieten», freut sich Thomas Moe, Head of Mountainwear bei Ortovox. Auch andere Marken haben mittlerweile nachgelegt und Isolationsjacken mit Füllungen aus Schaf- oder Yakwolle entwickelt. «Gerade bei Aktivitäten mit hohem Schwitzanteil in kühler Umgebung, wie etwa Skitouren, sind diese Modelle eine sehr gute Wahl», weiss Bekleidungsexpertin Helga Schmidl.

Natürliche Kühlelemente

«Normale» Schafwollfaser: 30–50 Mikron

Icebreaker

Auch Faserstoffe auf pfl anzlicher Basis finden sich in modernen Funktionstextilien. In den Sommerkollektionen von Icebreaker und Ortovox wird die Regeneratfaser Tencel mit Merinowolle gemischt. Diese Faser wird zwar industriell produziert, der Basisstoff ist allerdings reine Cellulose. Tencel-Fasern – auch Lyocell genannt – sind sehr glatt und nehmen Feuchtigkeit schnell im Inneren auf, sprich leiten sie vom Körper weg. Der Effekt ist eine gefühlt «kühlende», sehr angenehme Wirkung auf der Haut. Ihre hohe Reissfestigkeit im trockenen wie auch feuchten Zustand sowie ihre antibakteriellen Eigenschaften machen sie zu einer perfekten Kombifaser mit Merinowolle für den Einsatz bei warmen Temperaturen.

Synthetische Faser

den Abtransport von Feuchtigkeit nach aussen. Die Cocona-Technologie kann in verschiedenste Textilmaterialien eingearbeitet werden – von Geweben über Laminate bis hin zu Isolationsfüllungen.

EXPERT

Die dritte Gruppe von Naturfasern ist mineralischen Ursprungs. Ihr Einsatzbereich in der Funktionsfasertechnologie ist noch nicht sehr weit ausgeprägt. Als prominentester Hersteller gilt die Firma 37.5, die mit ihrer «Cocona-Technologie» auf die hydrophilen Eigenschaften von Vulkansand in Kombination mit Anteilen von Kokosnussschalen setzt. Die Stoffpartikel ziehen Wasserdampf an und beschleunigen dadurch

Icebreaker

Tragbare Mineralien

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TECH LITE SHORT SLEEVE W CREWE FAIR ISLE ICEBREAKER

Wolle lässt sich heute in unglaublich feiner Qualität verarbeiten.

Ortovox / Franz Walter

x Material: Mix aus Merinowolle & Nylon Corespun x Preis: CHF 72.-

Umweltbilanz Naturfasern sind nicht nur hochfunktional, sondern in der Regel auch sehr umweltverträglich. Sowohl Schafwolle als auch Cellulose sind nachwachsende Rohstoffe, die nachhaltig und schonend bewirtschaftet werden können. Marken wie Icebreaker und Ortovox verpflichten ihre Lieferanten, die höchsten Tierschutzstandards, wie z. B. das garantierte Vermeiden von «Mulesing», das schmerzhafte Entfernen von Haut im Afterbereich der Schafe, einzuhalten. Lenzing, die Herstellerfirma von Tencel, verwendet Cellulose aus nachhaltig bewirtschafteten Eukalyptuswäldern. Die Produktion der Tencel-Fasern erfolgt ohne toxische Lösungen in einem geschlossenen Kreislauf. Auch hier fällt die Ökobilanz entsprechend positiv aus. Und: Sowohl Wollals auch Tencel-Fasern sind zu 100 Prozent biologisch abbaubar.

EXPERT

Fazit

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Über Jahrmillionen hat die Natur detaillierte Lösungen für verschiedenste physiologische und klimatische Problemstellungen entwickelt. Damit bietet sie oft eine perfekte Grundlage für die Verarbeitung in Funktionstextilien gemäss den Bedürfnissen von Berg- und Outdoor-Sportlern. Man darf gespannt sein, was die zukünftige Entwicklung auf diesem Feld noch bringen wird. TEXT: MORITZ BECHER

BACUN PANTS ORTOVOX x Material: Innen: Mix aus Merinowolle & Polyester Aussen: Mix aus Nylon & Merinowolle x Gewicht: 550 g x Preis: CHF 385.-

PIZ BERNINA W JKT ORTOVOX x Material: Füllung: Swisswool-Wattierung aus Schweizer Schafschurwolle und Bio-Kunststoff Polylactid Aussen: Nylon Micro Ripstop x Gewicht: 450 g x Preis: CHF 305.-

COMPETITION COOL M BOXER ORTOVOX x Material: Mix aus Merinowolle, Tencel, Nylon und Elasthan x Gewicht: 70 g x Preis: CHF 53.-


Unser Ursprung: die raue Wildnis der Coast Mountains in Kanada. Unsere Verpflichtung: unermüdlich innovativ in der Entwicklung, präzise in der Verarbeitung. Unser Anspruch: beste Performance genau dann, wenn sie gebraucht wird.


EXPERT

Ziel erreicht – eine zufriedene Kundin.

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DIE GLÜCKLICHMACHER «Grosse Auswahl, fairer Preis und umfassender Kundenservice» – so definiert Ralph Strahberger die Kernleistungen von Bächli Bergsport. Als Leiter des Kundendiensts sorgt er dafür, dass Kundenreklamationen schnell und kompetent bearbeitet werden. Eine Qualitäts- und Umtauschgarantie sowie ein kostenloser Mietersatz während der Dauer der Reparatur/des Umtauschs sind Kernelemente des einzigartigen Serviceangebots. Qualitäts- und Umtauschgarantie «Wer sich für Bächli Bergsport entscheidet, erspart sich böse Überraschungen», zeigt sich Strahberger selbstbewusst. Aus gutem Grund – die Umtausch- und Qualitätsgarantie wird im Unternehmen sehr grosszügig ausgelegt. Gebrauchte Produkte (mit wenigen, klar definierten Ausnahmen wie beispielsweise Unterwäsche, Kletterschuhe, Bücher oder Sonderbestellungen) können nach maximal drei Tagen in Gebrauch und innerhalb von drei Wochen ab Kaufdatum in einwandfrei gereinigtem Zustand zurückgegeben werden. Der Kunde erhält eine Gutschrift in Höhe von 85 % des Bächli Verkaufspreises. Bächli Bergsport garantiert auch die Qualität der verkauften Produkte. «Wir übernehmen grundsätzlich während zwei Jahren die Garantie für alle Produkte», erklärt Ralph Strahberger: «Treten bei normalem und

EXPERT

«Der Kundendienst geniesst bei Bächli Bergsport einen extrem hohen Stellenwert», erklärt Ralph Strahberger, der als Leiter Kundendienst so etwas wie die «Ombudsstelle» im Unternehmen ist. Wenn also die Mitarbeiter der zehn Filialen in einem Reklamationsfall keine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung finden, schaltet sich der sympathische Luzerner ein und vermittelt. Dass dies nicht allzu oft der Fall ist, dafür sorgt er gleich selber, indem er in jeder Filiale einen Kundendienstverantwortlichen ausgebildet hat, der schnell und kompetent eine Lösung findet. Allein in den Filialen Zürich und Bern ist das je eine Vollzeitstelle. Das hat auch mit dem eigenen Anspruch zu tun, den Strahberger so formuliert: «Wir setzen alles daran, jeden Garantie-Ersatz und jede Reparatur innerhalb von zehn Arbeitstagen ausgeführt zu haben». Dafür hat Bächli Bergsport ein Netzwerk von kleinen, hoch spezialisierten Reparaturwerkstätten in der Schweiz aufgebaut. Damit in der kurzen Wartezeit sicher niemand die geplante Bergtour absagen oder verschieben muss, kann der Kunde aus dem umfangreichen Mietprodukte-Pool von Bächli kostenlos ein Ersatzprodukt ausleihen.

35 Ralph Strahberger: «Zuerst steht bei Bächli Bergsport immer die persönliche und professionelle Beratung.»


Zuerst mieten, dann kaufen – der Mietpreis wird bei Bächli Bergsport voll angerechnet.

sachgemässem Gebrauch innerhalb der Garantiezeit Mängel auf, übernehmen wir die Reparatur oder leisten Garantie-Ersatz. Das geht bei Bächli Bergsport manchmal soweit, dass wir aus Kulanz einspringen, wenn der Hersteller des entsprechenden Produkts keine Garantie leisten will»

Miete, Beratung & Anpassung

EXPERT

Dass es im Idealfall gar nicht erst so weit kommt, dafür sorgt Bächli Bergsport schon im Vorfeld. Zum Beispiel mit einem Mietangebot, das es den Kunden erlaubt, einzelne ausgewählte Artikel oder eine ganze Ausrüstung vor dem Kauf ausgiebig zu testen. Wird innerhalb von fünf Tagen nach der Miete ein vergleichbarer Artikel oder eine komplette Ausrüstung gekauft, werden die Mietkosten vom Kaufpreis abgezogen. Wenn nötig, werden die Produkte nach dem Kauf an den Kunden angepasst, z. B. durch eine Ausweitung des Wanderschuhs, die Thermoverformung

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Ambitiös – jeder GarantieErsatz und jede Reparatur soll innerhalb von zehn Arbeitstagen ausgeführt werden.

des Skischuhs oder die Anpassung des Rucksacktragsystems an den Rücken des Trägers.

Unbezahlbar – persönliche Beratung Den Kundendienst sieht Strahberger allerdings erst als letztes Glied in der Servicekette von Bächli Bergsport: «Zuerst steht bei Bächli Bergsport immer die persönliche und professionelle Beratung.» Bächli Bergsport als grösster Bergsport- und Outdoor-Spezialist der Schweiz lebt vom persönlichen Know-how seiner Fachverkäufer. Jeder neue Mitarbeiter nimmt an einem fünftägigen Einführungskurs teil. Und alle 180 Verkäufer besuchen pro Jahr an fünf Tagen je einen Sommer- und einen Winterkurs. Und zwar nicht im vollklimatisierten Tagungshotel, sondern dort, wo die Ausrüstung zum Einsatz kommt: in den Bergen. Die Bandbreite der Mitarbeiterschulungen reicht dabei vom Skitourenkurs über einen Iglu-Baukurs bis zum Kletter-Workshop. Die Ziele: Die Verkäufer sollen ihr persönliches ProduktKnow-how schulen, technische Innovationen selbst draussen ausprobieren und ihr Bergsportwissen erweitern. Dass das sehr effektiv funktioniert, kann auch Ralph Strahberger bestätigen: «In meiner Funktion als Ombudsmann muss ich nur in ganz wenigen Fällen schlichtend eingreifen.» TEXT: JÜRG BUSCHOR


WE BRING PEOPLE CLOSER TO NATURE www.haglofs.com


3 X 3 – NEUES AUS DER WELT DES BERGSPORTS SOCKENSITZ Wer es am Fuss trocken, technisch und robust mag, für den ist Scarpas R/EVO Pro GTX ein sehr vielversprechender Kandidat: Entwickelt für lange Touren im alpinen Gelände, ist der Bergschuh gerüstet mit wasserdichter Gore-Tex-Membran, wasserabweisendem Wildleder-Obermaterial und abriebfestem Gummischutzrand. Dazu verspricht die spezielle «Sock-Fit»-Konstruktion an der Zunge einen sockenähnlichen Sitz und höchsten Tragekomfort. Die Pentax-Trek-Sohle von Vibram ist auf die optimale Balance zwischen Trittpräzision und Dämpfung ausgerichtet.

SCARPA R/EVO PRO GTX & R/EVO PRO GTX W Gewicht: R/EVO Herren: ca. 1‘400 g/Paar (42) R/EVO Damen: ca. 1140 g/Paar (38) Preis: CHF 315.–

AN DIE BLÖCKE, FERTIG, LOS!

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Auch in diesem Jahr hat Bächli Bergsport den Teamtrip des Swiss Climbing Nachwuchsteams unterstützt. Nach Kalymnos im letzten Jahr (siehe unsere Reportage in der Ausgabe 2014-3), wählte Trainer Urs Stöcker in diesem Jahr das legendäre Bouldergebiet Fontainbleau als Reisedestination aus. Es dürfte dies das älteste Bouldergebiet der Welt sein, in dem bereits 1947 der Boulderparcours erfunden wurde. Es ist dies eine Aneinanderreihung einzelner Boulderprobleme. Ebenso legendär wie die Destination war auch einer der zwei Reisebegleiter: Kein geringerer als die Schweizer Kletter- und Boulder-Ikone Frédéric Nicole begleitete die Nachwuchskletterer. Dass der prominente Gast den Jugendlichen Inspiration war, davon zeigt sich Stöcker überzeugt: «Ich bin mir sicher, dass er mit seiner Aura und seinem Zugang zum Bouldern den Athleten eine neue spannende Tür geöffnet hat.»

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Vladek Zmur


DIE BELASTBARE Robuster geht’s kaum: Die Berghose von Haglöfs ist bis ins kleinste Detail auf Widerstandsfähigkeit ausgerichtet! Das elastische Softshell-Material ist an Knie, Knöchel und Gesäss zusätzlich mit einer wasserdichten Membran ausgerüstet, die Hauptnähte sind dreifach vernäht und der verstellbare Beinbereich kommt mit einem Haken zur Befestigung an den Schuhen. Der Bund ist ebenfalls verstellbar und sichere Verstaumöglichkeiten bieten die zahlreichen Taschen (inklusive Smartphone-Tasche).

HAGLÖFS RUGGED II MOUNTAIN PANTS Gewicht: 415 g (M) Preis: CHF 215.–

ARBEITSTEILUNG Ortovox weiss, wer was kann, und mischt deshalb in seiner coolen Trekkinghose Merinowolle und Cordura. Die feine Naturfaser reguliert vorbildlich den Temperatur- und Feuchtigkeitshaushalt, während das spezielle Polyamid-Material für die hohe Strapazierfähigkeit verantwortlich ist. Eine PFC-freie Ausrüstung wirkt schmutz- und wasserabweisend und seitliche Reissverschlüsse sorgen für Ventilation. Dazu kommt u. a. noch eine Kartentasche plus vier weitere Taschen und die praktische Weitenregulierung am Beinabschluss.

ORTOVOX VINTAGE CARGO PANTS

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Gewicht: 377 g Preis: CHF 168.–

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GESTROBELT & GEZWICKT

SICHERE ERLEICHTERUNG

«In einem Wanderschuh-Prospekt bin ich letztens zum Thema Konstruktionsweise auf die Begriffe ‚gestrobelt’ und ‚gezwickt’ gestossen. Was hat es damit auf sich und welche Relevanz hat das für mich als Käuferin?» Martine Jacquet, Lausanne

Das hochwertige Sicherungsgerät von DMM ist perfekt für die Halle wie für alpine Mehrseillängentouren geeignet und kann mit Einfachseil oder zwei Halbseilen mit einem Durchmesser von 7,5–11 mm genutzt werden. An den Tube-Körper ist eine Standplatzöse mit beweglichem Gelenk montiert, wodurch sich das Gerät sehr einfach kippen lässt. Dadurch kann der Seilpartner besonders einfach und flüssig abgelassen werden. Die grosszügig gestaltete Öse erleichtert auch das Handling beim Nachsichern.

BÄCHLI BERGSPORT ANTWORTET: Bei klebegezwickten Schuhen wird der Schuhschaft über den Leisten gezogen (oder eben: gezwickt). Danach wird der Schaftrand mit dem Schuhboden verbunden, indem dieser unten auf die sogenannte Brandsohle geklebt wird. Für zusätzliche Festigkeit werden im Fersenbereich Nägel von der Brandsohle in die Fersenkappe getrieben. Die Brandsohle ist so etwas wie das Herzstück jedes Schuhs. Dieses Kunststoffteil steuert, wie viel Steifigkeit und Torsionsfestigkeit der Schuh später bieten wird. Die Klebezwickung findet bei sämtlichen hochqualitativen Alpin- und Trekkingschuhen Einsatz. Im Unterschied zu den gestrobelten Schuhen können klebegezwickte Schuhe neu besohlt werden.

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Bei gestrobelten Schuhen wird auf die Kunststoff-Brandsohle verzichtet. Stattdessen wird ein Vlies mit einer Zickzack-Naht (gestrobelt) am Schaft befestigt, danach wird der Schaft auf den Leisten gezogen. In einem nächsten Arbeitsschritt kommt die Laufsohle in eine Spritzform, und der Schaft wird in Position gebracht. Flüssiges, in die Form gespritztes Polyurethan verbindet anschliessend Schaft und Laufsohle miteinander. Gestrobelte Schuhe bieten fast ausnahmslos weniger Stabilität als ihre gezwickten Pendants. Terminvereinbarung

40 Stephan Janke Filialleiter Stv, Basel

DMM PIVOT Gewicht: 72 g Preis: CHF 37.–

ROLLENDES ORGANISATIONSTALENT Der AT Explorer schluckt nicht nur die gesamten Reiseutensilien, er sortiert sie auch gleich. Der extrem robuste Koffer für Abenteurer hat zahlreiche kleine Innentaschen und packt einen Tagesrucksack obendrauf: Das Daypack kann man abnehmen und separat verwenden. Auch der Trolley lässt sich zu einem richtigen Rucksack umfunktionieren. Will man ihn lieber auf seinen leicht laufenden Rollen ziehen, deckt man das Rückensystem ab, lässt den Hüftgurt verschwinden und zieht den Teleskopgriff heraus.

LOWE ALPINE AT EXPLORER 70+30 Gewicht: 5180 g (inkl. Daypack) Preis: CHF 329.–


DIE HELLSTE Stärker geht’s im Hause Black Diamond nicht – zumindest was die Leuchtkraft anbelangt. Die Icon ist eine Stirnlampe für Alpinisten und Abenteurer. Die überstrahlenden Fakten: satte 320 Lumen, eine Leuchtweite von bis zu 100 Metern, eine Leuchtdauer von bis zu 250 Stunden. Die Icon III speist über das Batteriefach am Hinterkopf zwei weisse und zwei rote SinglePower LEDs. Sie sind in einem wetterfesten Gehäuse untergebracht und lassen sich im Dimm-, Blink- und Nachtsichtmodus (rot) einsetzen.

BLACK DIAMOND ICON III Gewicht: 230 g Preis: CHF 95.–

GUT GELEGEN! Ausgeklügelt und ausgeglichen: Sea to Summit bettet den Outdoor-Sportler auf einem Leichtgewicht, das zum einen hervorragend isoliert und zum anderen für eine optimale Druckverteilung sorgt. Dafür verantwortlich sind u. a. die Air Sprung Cells, die abgestimmt auf die jeweiligen Zonen unterschiedlich dick gehalten und mit effektiv isolierendem Thermolite-Material gefüllt sind. So wird’s komfortabel, auch auf hartem Untergrund – und die Isomatte selbst wappnet sich mit widerstandsfähigem Nylonmaterial.

SEA TO SUMMIT COMFORT LIGHT INSULATED MAT

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Gewicht: 550 g (S) / 580 g (M) / 695 g (L) Preis: regular 179.Preis: large 195.-

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PARTNERCHECK

Herr der Sinne – Icebreaker-Gründer Jeremy Moon zu Besuch bei seinen «Faserlieferanten»

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DIE WOLLENE (R)EVOLUTION 1995 trat ein 24-jähriger Neuseeländer an, um der Outdoor-Gemeinde T-Shirts zu verkaufen – aus Merinowolle. 20 Jahre später hat Jeremy Moon mit «Icebreaker» nicht nur eine Weltmarke geschaffen, sondern auch eine ganz neue Produktkategorie. Natürlicher Alleskönner Bevor man sich zwischen all diesen Genres verheddert, ist es vielleicht das Beste, einfach ganz am Anfang zu beginnen. 1994: Eine amerikanische Freundin stellt Jeremy einem gewissen Brian Brakenridge vor, einem Merinoschaffarmer, den sie auf einer Anhaltertour durch Neuseeland kennenlernt. Er züchtet Merinoschafe, die mit den rauen klimatischen Bedingungen in den Bergen Neuseelands prima zurechtkommen. Aus der Wolle stellt Brakenridge Wäsche her, die erstaunliche Eigenschaften hat: Die Luft, die zwischen den ultrafeinen Kräuseln der Merinofasern eingeschlossen wird, wirkt wie eine zusätzliche Isolationsschicht. So kühlt Merinowäsche, wenn es heiss ist, und wärmt, wenn es kalt ist. Letzteres tut sie auch noch, wenn sie feucht wird. Das ist sie aber nie lange, weil sie schnell trocknet. Zusammengefasst: Merinowäsche kann es in allen Bereichen mit Synthetikfasern aufnehmen, ist ihnen in manchen Bereichen sogar überlegen. Dabei ist sie nicht etwa kratzig wie Grosis selbst gestrickte Pullis, sondern weich wie Seide – doch Brakenridge findet

«Erfinder» der funktionellsten Faser – das Merinoschaf.

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Wer etwas verkaufen will, muss eine gute Geschichte erzählen. Natürlich wusste das auch Jeremy Moon: Bevor er quasi aus dem Nichts eine erfolgreiche internationale Outdoor-Marke aufbaute, studierte der Neuseeländer mit dem braunen Wuschelkopf Marketing. Wer heute – zum 20-jährigen Jubiläum – die «Icebreaker-Story» und somit auch Moons Geschichte erzählen will, hat es jedoch nicht einfach. Nicht, weil die Geschichte keine gute wäre, im Gegenteil. Es gibt so viele spannende Geschichten zu erzählen, dass man sich kaum entscheiden kann: Will man das Schelmenstück des Ex-Studenten vortragen, der – ziemlich pleite – seiner Bank etwas von einem Kredit für eine neue Küche vorschwindelte, um an Startkapital zu gelangen? Die Geschichte der neuseeländischen Segellegende Sir Peter Blake, der auf einem mehrwöchigen Segeltörn sein Icebreaker-T-Shirt nie wechselte und dem Unternehmen damit unverhoffte Publizität verschaffte? Will man das neuseeländische Natur-Epos rezitieren, das aus der Wolle von Merinoschafen gesponnen ist, die dem rauen Klima im Hochland trotzen? Oder im Gegenteil den lauten und bunten Videoclips des hippen Start-ups aus Down Under, das zur Kundenakquise Partys schmeisst und dessen Werbung purer Pop ist? Das Strategie-Spiel des Unternehmers, der die Elite von Silicon Valley als Teilhaber gewonnen hat und sich von einem indischen Guru beraten lässt, zu dessen Jüngern auch Lady Gaga und Madonna gehören?

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PARTNERCHECK

Segellegende Sir Peter Blake: «Icebreaker ist in jeder Hinsicht allem überlegen, was ich jemals getragen habe. Ich habe es 43 Tage und 43 Nächte lang getragen, ohne dass es anfing, zu kratzen oder zu miefen.»

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in der Plastikwelt der Neunzigerjahre nicht die richtige Story, um sein ganz natürliches Hightech-Produkt zu verkaufen. Dem 24-jährigen Jeremy leuchtet die Botschaft jedoch sofort ein, als er zum ersten Mal ein Merino-T-Shirt überzieht: «Sie sind nicht aus Plastik.» Diese Losung ist zwar sehr kurz, fusst aber auf einer tieferen Einsicht, die die Outdoor-Gemeinde bisher verdrängt. «Es macht einfach keinen Sinn, sich draussen zu bewegen, um der Natur näherzukommen und dabei Kunstfasern zu tragen» – so formuliert es Jeremy Moon. Und da hat er recht: Zwar bemühen sich einige Ausrüster, recycelte Materialien zu verwenden, aber der Löwenanteil der Outdoor-Bekleidung wird aus Kunststoff gefertigt und somit letztlich aus Erdöl. Die Haare des Merinoschafes hingegen sind ein im Wortsinne nachwachsender Rohstoff. Nun klingt «Wäsche aus Wolle» aber nicht unbedingt sexy, schon eher nach «Liebestöter» - genau für diese Art von Unterwäsche wurde das Wort ja erfunden. Dass Brakenridges Prototypen in Sachen Schnitt und Design noch optimierungsbedürftig waren, fand auch Jeremy Moon. Weil er sein neues Shirt aber gleich eine ganze Woche trug, entdeckte er noch einen weiteren Vorteil von Merino: Die Wolle wirkt antibakteriell und müffelt auch nicht, wenn der Träger stark schwitzt. Eine Erlösung für Menschen, die auf längere Touren gehen, auf vollbesetzten Hütten

oder in engen Zelten schlafen. Wer je die Cuvée von Ausdünstungen getragener Funktionswäsche eingeatmet hat, denkt bei dem Wort «Liebestöter» heutzutage vor allem an schnell stinkende Kunstfasern.

Ein ambitionierter Plan Moon kündigt seinen Job, schwindelt ein bisschen, um einen Kredit zu bekommen, und kauft Anteile von Brakenridges Firma. Mit einem Businessplan, der nichts weniger vorsieht, als einen Global Player aufzubauen, «der mit North Face oder adidas konkurrieren kann», geht er auf Investoren-Suche und kratzt 250000 Dollar zusammen. «Das Ziel ist ehrgeizig, aber unser Produkt ist gut genug», davon ist Moon überzeugt. Die ersten Icebreaker-Shirts hängen 1995 in Neuseelands Läden, und als die Firma vier Jahre später zum Sprung nach Europa ansetzt, wird die Schweiz ihr Sprungbrett, weil ein Freund von Moon dort wohnt. Die beiden quetschen sich mit Warenmustern in einen Twingo und klappern Sporthändler um Sporthändler ab. Viele zeigen sich skeptisch. Während Naturprodukte heute zum guten Ton gehören, setzte die Branche damals noch voll auf Kunstfasern. Einige Händler lassen sich von dem Mann mit den Husky-Augen jedoch überzeugen, Bächli Bergsport ist einer der ersten und bis heu-


MEILENSTEINE 1994 Icebreaker wird gegründet und etabliert mit der Verwendung von Merinofasern in einer von Kunstfasern dominierten Industrie eine neue Bekleidungskategorie.

1995 Rekord-Weltumsegler Sir Peter Blake drückt seine Begeisterung für Icebreaker aus und verhilft der Marke in Neuseeland zu Bekanntheit: «Icebreaker ist in jeder Hinsicht allem überlegen, was ich jemals getragen habe. Ich habe es 43 Tage und 43 Nächte lang getragen, ohne dass es anfing, zu kratzen oder zu miefen.»

1997 Merinowolle am Laufmeter – Icebreaker verarbeitet mittlerweile ein Viertel der neuseeländischen Produktion.

Icebreaker führt in einer Pionierleistung die Praxis ein, direkte Abnahmeverträge mit den Merinozüchtern abzuschliessen. Das gibt den Züchtern Planungssicherheit und der Marke die Möglichkeit, strikte Normen hinsichtlich Umwelt- und Tierschutz festzulegen.

2006 Es werden weltweit von der Natur inspirierte preisgekrönte Touch-Lab-Verkaufsstellen eingerichtet.

2008 Icebreaker führt das Produkt-Rückverfolgungsprogramm Baacode ein, mit dem Konsumenten die Herkunft ihres Produkts bis zur Farm zurückverfolgen können.

2010 Die neue GT-Kollektion wird eingeführt, die erstmals Merinowolle mit Lycra kombiniert für perfekte Passform und Leistung.

Merino-Mann-Mutanten Mädchen entführen. Die lockere Art der Neuseeländer zieht auch auf den Fachmessen. Der Icebreaker-Stand ist angesagter Treffpunkt, an denen nicht wenige Deals bei einem Glas Bier eingefädelt werden.

Eine Erfolgsgeschichte Die Taktik, «ein technisch erstklassiges Produkt herzustellen» (Felix Bächli) und es mit «guter Kiwi-Gastfreundschaft» (Moon) an den Mann zu bringen, funktioniert: Schnell ist Icebreaker weltweit ein Begriff, heute ist die Firma in 4700 Läden in 50 Ländern vertreten. Auf den Exoten-Bonus setzt Jeremy Moon deshalb nicht mehr: «Ich will nicht, dass wir nur als die coole, kleine Firma aus Neuseeland gesehen werden», sagt er und

PARTNERCHECK

te grössten Kunden in Europa: «Meine Eltern haben natürliche Materialien wie Wolle schon immer geliebt und auf solche Produkte nur gewartet», erzählt der heutige Geschäftsleiter Felix Bächli – er selbst sei damals noch nicht so weit gewesen und vertraute auf seinen anspruchsvollen Bergtouren weiter auf Synthetik. Genau wie innerhalb der Familie Bächli wird die neue natürliche Funktionswäsche bald in der gesamten Outdoor-Gemeinde heftig diskutiert. «Es war lange Zeit ein schwieriges Thema», erinnert sich Felix Bächli. «Und manchmal fast schon komisch, wie Fakten und persönliche Vorlieben wild gemischt wurden und mit Verve ums Rechthaben gestritten wurde.» Jeder hatte eine Meinung: Die, die sich beim besten Willen nicht vorstellen konnten, in Wolle unterwegs zu sein. Die, die je nach Art der Tour mal Merino, mal Synthetik trugen. Und natürlich auch die, die nach dem ersten Test nie wieder etwas anderes auf ihrer Haut spüren wollten. Die wenigen, die doch noch unentschieden waren, versuchte Icebreaker mit humorvoller, manchmal provokativer Werbung zu erreichen: Die humorvollen Varianten zeigten, wo Merinoträger nicht stinken, seien es nun Schafe oder Menschen. Später konnte man Adam und Eva in freier Natur bei Tätigkeiten bewundern, bei denen man keine Wolle auf der Haut trägt. Noch später, wie wilde

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PARTNERCHECK

Schicht um Schicht – Icebreaker bietet mittlerweile Textilien für alle Lagen an.

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verlegt 2007 einen Teil der Entwicklungsund Marketingabteilung nach Portland/ Oregon, wo Branchenriesen wie Nike oder Columbia sitzen. Einige der besten Köpfe laufen zu dem Aussenseiter über – der schon bald keiner mehr ist: Die Merinomanie schreckt die gesamte Branche auf, die etablierten Outdoor-Riesen spinnen den Faden weiter und vertreiben plötzlich auch Wäsche aus Wolle. Aus dem Nischenartikel von einst wird eine eigene Produktkategorie. Doch während sich die meisten Nachahmer auf Funktionswäsche konzentrieren, entwickelt das Original seine Palette Schritt für Schritt weiter – oder besser: Schicht für Schicht. Inzwischen produziert Icebreaker auch Socken, Midlayer und Softshells, mit Kapuzenpullis und Yoga-Bekleidung ist Merino mittlerweile auch in der Stadt angekommen.

Neue Projekte für den Visionär Jeremy Moon, heute 44 Jahre alt, beschäftigen inzwischen andere Geschichten. Den Chefposten im Unternehmen hat er abgegeben, strickt aber weiterhin in der Entwicklungsabteilung an Storys, die in der Zukunft spielen. Er hält Vorträge auf Innovationskonferenzen, philosophiert über Führungsstile

und -taktiken. Am liebsten gemeinsam mit Deepak Chopra, dem aus Indien stammenden Autor, dessen spirituelle Bücher die halbe Showbranche der USA auswendig kennt. Im hintersten Winkel des Planeten, dem Hochland der Südinsel von Neuseeland, ist das Erzähltempo hingegen gewohnt langsam. Die Merinoschafe springen durch die Berge, fressen Gras und werden einmal pro Jahr geschoren. Für Icebreaker allein fast eine Million Tiere jährlich. Die Firma verarbeitet mittlerweile ein Viertel der neuseeländischen Merinoproduktion, 1600 Tonnen. Um gleichbleibende Qualität zu bekommen und den zur Zeit 187 neuseeländischen Farmern Planungssicherheit zu geben, kauft Icebreaker nicht auf Auktionen, sondern als fester Abnehmer zu fairen und fixen Preisen – gibt dafür aber strenge Regeln zum Wohle der Tiere vor, deren Einhaltung in regelmässigen Abständen von unabhängigen Auditoren kontrolliert wird. Auch Jeremy Moon schaut heute noch regelmässig vorbei bei Brian Brakenridge und den anderen Farmern. Und denkt sich dabei vielleicht, welche Geschichte es wohl heute zu erzählen gäbe, wenn es 1994 nicht zu dieser schicksalhaften Begegnung gekommen wäre. TEXT: MORITZ BAUMSTIEGER

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«MAN DARF DIE ACHTUNG GEGENÜBER DEM BERG NIE VERLIEREN» Benno Kälin, 55, ist seit 30 Jahren Bergretter aus Überzeugung und ständig auf Abruf. Der erfahrene Alpinist weiss aus eigener Erfahrung, dass in den Bergen nicht nur

BERGKAMERAD

Expertise und Können, sondern auch Glück gefragt ist.

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«Letztlich hatten wir einfach Glück. Meine Frau und ich hingen in dieser Wand im Rosengartenmassiv in den Dolomiten. Und dann kommt diese lokale Gewitterzelle wie aus dem Nichts. Und fegt über uns hinweg. Man kann sich seriös auf eine Tour vorbereiten, lückenlos planen, bestens ausgerüstet sein und konzentriert klettern – gegen Blitzschlag kannst du am Berg nichts machen. Ausser zu hoffen, dass es dich nicht erwischt. Es gibt immer ein unkalkulierbares Restrisiko. So wie an diesem Tag. Noch 20 Minuten vorher war der Himmel stahlblau gewesen, und plötzlich waren wir mitten im Sturm. Zwei Stunden später war alles wieder wie vorher. Seit über 30 Jahren bin ich fast jedes Wochenende in den Bergen. Klettere, mache Hoch- und Skitouren, habe viel Erfahrung und mehrmals heikle Situationen erlebt, passiert ist mir noch nie etwas wirklich Ernsthaftes. Ob das an meinem Können liegt? Nein. Weil ich immer das nötige Glück hatte. Man muss demütig sein und darf die Achtung gegenüber dem Berg nie verlieren. Berge sind ein wichtiger Teil meines Lebens. Seit drei Dekaden bin ich Mitglied der Rettungskolonne Wägital, der Talschaft im Bezirk March, Kanton Schwyz. Via Pager sind wir ständig auf Abruf. Ein eingespieltes Team, das sich gegenseitig aushilft, wenn jemand aus beruflichen oder privaten Gründen nicht ausrücken kann. Felsrettungen, verirrte Wanderer aufspüren oder in Alpställen holen und sicher nach unten

bringen: Das Spektrum der Rettungen ist breit. Weshalb ich das mache? Weil ich selber auch froh wäre, wenn mir jemand zu Hilfe käme, wenn ich es selber nicht mehr schaffe. Bei solchen Einsätzen muss man hellwach und stets konzentriert sein. Häufig erfolgen Rettungen in der Nacht. Deshalb sind wir immer hochgebirgstauglich ausgerüstet. Apropos Ausrüstung: In unserem Haus haben wir einige Schränke voller Equipment, die Ski nicht einmal mitgezählt. Mit den Jahren kommt da einiges zusammen. Heute bezeichne ich mich auf dem Gebiet auch als Fachmann. Ich betreue die Bibliothek unserer lokalen SAC-Sektion und bin auch für das Material verantwortlich. Trotzdem lerne ich nie aus. In der Bächli Filiale Pfäffikon kann ich mit dem Personal auf Augenhöhe über die neuesten Produkte und Entwicklungen fachsimpeln. Überhaupt bin ich von der Herzlichkeit der Angestellten immer wieder berührt. Meine Frau und ich sind dort seit der Eröffnung treue Kunden. Aus dem Fachgeschäft ist für uns ein Treffpunkt geworden. TEXT: ERICH GOETSCHI FOTO: ZVG

Impressum «Inspiration», die Kundenzeitschrift der Bächli Bergsport AG, erscheint 4 x jährlich und ist in allen Filialen kostenlos erhältlich. Auflage: 90‘000 Exemplare

Redaktion & Layout outkomm gmbh Eichbergerstrasse 60, 9452 Hinterforst Telefon 071 755 66 55 E-Mail info@outkomm.com

Herausgeber Bächli Bergsport AG Gewerbestrasse 12, 8606 Nänikon Telefon 0848 448 448 (8 Rp./Min.) E-Mail info@baechli-bergsport.ch

Druck Bruhin AG Pfarrmatte 6, 8807 Freienbach Telefon 055 415 34 34 E-Mail info@bruhin-druck.ch

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