Römer, Gallier und Germanen am Rhein
In der Antike war der Rhein eine wichtige Lebensader quer durch Europa, die den Handel, die Kontakte zwischen verschiedenen Regionen und den kulturellen Austausch begünstigte. Genauso wie in moderner Zeit hatte der Rhein schon sehr früh eine grosse wirtschaftliche und strategische Bedeutung bei der Kontrolle von Handelsrouten und Rohstoffquellen. Auf dem «Spielbrett» der Rheingeschichte haben sich einheimische und mediterrane Kulturen begegnet, bekämpft, gegenseitig beeinflusst. Der Fluss hatte dabei verschiedene Funktionen inne, mal Verbindungsachse, mal Schlachtfeld, mal Grenze.
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Keltischer Fürstensitz
Flüsse bilden in der Antike die günstigste Transportmöglichkeit ins Binnenland. Das Flusssystem der Rhone verbindet Mittelmeer und Zentraleuropa. Der Rhein verlängert diesen Handelsweg bis zur Nordsee; seine Nebenflüsse stellen weitere Handelswege nach Westen und Osten dar.
Griechische und etruskische Händler sind an Metallen, Salz, Fellen und Sklaven aus dem Norden – aus dem Land der Kelten – interessiert. Im Gegenzug liefern sie unter anderem Wein und Luxusprodukte.
Die Kontrolle der Handelswege garantiert Macht und Reichtum. Auch am Rhein bildet sich dadurch eine lokale, keltische Oberschicht aus und es entstehen mächtige Herrschaftszentren.
Die keltischen Fürsten heben ihre gesellschaftliche Position mit Luxusgütern aus dem Mittelmeergebiet hervor. Aus dem Süden stammen aber auch kulturelle Einflüsse wie die Verwendung von Münzen und die einsetzende Urbanisierung der Siedlungen.
In den keltischen Fürstensitzen hat man Luxusgeschirr aus Griechenland und aus den griechischen Städten Süditaliens gefunden.
1 Fragment eines Weinmischgefässes aus Athen. Gefunden hat man es auf dem Breisacher Münsterberg, wo sich ein keltischer Fürstensitz befand. Von dort aus hat man den Handel auf dem Rhein kontrolliert.
Ton, um 510 v. Chr. Archäologisches Landesmuseum BadenWürttemberg
2 Weinmischgefäss aus Athen.
Ton, um 510 v. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
3 Fragment einer Schale aus Kampanien. Es stammt ebenfalls aus dem keltischen Fürstensitz von Breisach.
Ton, um 300 v. Chr. Archäologisches Landesmuseum BadenWürttemberg
4 Schale aus Kampanien.
Ton, um 300 v. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
Um 450 v. Chr. ereignen sich grosse soziale und kulturelle Veränderun gen bei den Kelten. Ab dem 4. Jh. v. Chr. unternehmen sie Feldzüge ins Mittelmeergebiet. Als Söldner nehmen die Kelten auch an verschiedenen Kriegen zwischen den dortigen Mächten teil. Den Griechen und den Rö mern waren sie als tapfere Krieger durchaus bekannt. Überliefert ist aber auch die Geschichte des Helvetiers Helicon, der in Rom als Schmied tätig war und mediterrane Naturprodukte zurück in seine Heimat brachte.
Kämpfender Kelte aus einem griechischen Siegesdenkmal Gipsabguss, Original 2. Jh. v. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
Auch die Etrusker, die Mittelitalien beherrschen, treiben einen regen Handel mit den Kelten. Durch das Flusssystem der Rhone und über die Alpenpässe erreichen ihre Waren den Rhein.
1 Etruskisches Gefäss in Form eines Frauenkopfs, angeblich in Besançon gefunden.
Bronze, 3.–2. Jh. v. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
2 Etruskisches Vorratsgefäss aus einem keltischen Fürstengrab bei Weiskirchen (Kr. Merzig-Wadern).
Bronze, 6.–5. Jh. v. Chr. LVR-LandesMuseum Bonn
3 Etruskische Schnabelkanne aus einem keltischen Grab bei Urmitz (Kr. Mayen-Koblenz).
Bronze, um 450 v. Chr. LVR-LandesMuseum Bonn
Keltischer Fürstensitz
Der keltische Fürstensitz Heuneburg an der Donau (um 600 v. Chr.)
© Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart/ Faber Courtial
Ab ca. 150 v. Chr. prägt eine erste Grosssiedlung das linke Rheinufer bei Basel (sog. Basel-Gasfabrik), die um 80 v. Chr. aufgegeben wird. Wegen der unruhigen politischen Lage verlagert sich die Siedlungstätigkeit auf die befestigte Siedlung auf dem Basler Münsterhügel.
Beide Fundstellen zeugen von regen Kontakten mit dem Süden. Neben importierten Waren lassen sich auch kulturelle Einflüsse feststellen, nicht zuletzt in der Organisation der Siedlungen.
1 Italische Weinamphora aus der Siedlung Basel-Gasfabrik.
Ton, spätes 2. Jh. v. Chr. Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt
Die Kelten prägen eigene Münzen; als Vorbild dienen ihnen jene ihrer Handelspartner.
2 Münze für Philipp II., König von Mazedonien. Gold, 330/320 v. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
3 Keltische Münze der Helvetier, nach griechischem Vorbild. Gold, 2. Jh. v. Chr. Historisches Museum Basel
Um 600 v. Chr. gründen die Griechen Massalia/Marseille. Dort beginnt die Handelsroute über die Flüsse Rhone – Saône – Doubs bis zum Rhein.
4 Münze der griechischen Stadt Marseille. Silber, um 250 v. Chr. Historisches Museum Basel
5 Keltische Münze aus Oberitalien, nach dem Vorbild von Marseille. Silber, 2. Jh. v. Chr. Historisches Museum Basel
Ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. wird der Einfluss von Rom als neue politi sche Macht auch im Handel mit den Kelten immer spürbarer. Von nun an dienen römische Münzen als Vorbild keltischer Prägungen.
6 Römische Münze. Silber, nach 211 v. Chr. Historisches Museum Basel
7 Feinwaage aus der Siedlung Basel-Münsterhügel. Hiermit hat man Münzen und Edelmetall gewogen. Bronze, 1. Jh. v. Chr./1. Jh. n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
Obwohl die Kelten keine Schriftkultur sind, verwenden sie gelegentlich die Schrift ihrer griechischen Handelspartner.
8 Schreibgriffel (?) aus der Siedlung Basel-Gasfabrik. Eisen, spätes 2./frühes 1. Jh. v. Chr. Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt
Fingerring mit Einlage aus der Siedlung Basel-Gasfabrik. Er stammt aus dem Süden und belegt die Notwendigkeit, schriftliche Urkunden, vielleicht im Zusammenhang mit Handelsverträgen, zu versiegeln.
Eisen und Glas, spätes 2./frühes 1. Jh. v. Chr. Archäologische Boden forschung Basel-Stadt
Die Analyse von Sauerstoff- und Strontium-Isotopen lässt annehmen, dass in der Siedlung Basel-Gasfabrik auch Menschen lebten, die weit weg vom Rhein aufgewachsen waren. Dieser Zahn gehörte einem Mann, der vermutlich aus der Bretagne oder aber aus der südfranzösischen Mittelmeerküste stammte.
Zahn, 2. Jh. v. Chr. Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt
Keltische Siedlung
Zwischen 58 und 52 v. Chr. nutzt Caesar die Streitigkeiten zwischen den keltischen Stämmen aus und erweitert die römische Herrschaft bis zum Rhein: Der Fluss wird zur Grenze. Die römische Eroberung verursacht bis zu einer Million Toten in ganz Gallien.
Caesar stationiert kleine Garnisonen am Rhein, z.B. auf dem Basler Münsterhügel. Die direkte Präsenz der Römer kurbelt den Handel mit dem Süden noch zusätzlich an.
In seinen Berichten beschreibt Caesar den Rhein als Grenze zwischen Kelten und Germanen. Dies ist aber eine starke Vereinfachung: Der Fluss war keine Kulturscheide.
55 und 53 v. Chr. überquert Caesar nördlich von Koblenz den Rhein auf Holzbrücken, die seine Soldaten in nur wenigen Tagen errichten. Dadurch demonstriert er die logistische Stärke seiner Armee.
Säulensockel aus Mainz mit kämpfenden römischen Soldaten. Kalkstein, 2. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. GDKE – Direktion Landesmuseum Mainz
Gepäckanhänger des römischen Soldaten Titus Torius (oder Titus, von der Einheit des Torius), aus der Siedlung Basel-Münsterhügel. Er ist der erste namentlich bekannte Bewohner Basels. Geweih, 20 v. Chr./20 n. Chr. Archäologische Bodenforschung BaselStadt
Keltische Siedlung
Die keltische Siedlung auf dem Donnersberg (Pfalz), 2./1. Jh. v. Chr. © 3D-Computer-Idealrekonstruktion: Roland Seidel (archaeoflug)
1 Kopf eines toten Barbaren aus Avenches. Gemäss den antiken Quellen kosteten Caesars Feldzüge in ganz Gallien bis zu einer Million Menschen das Leben. Bronze, 2. Jh. n. Chr. Site et musée romains d’Avenches
2 Römische Münze (Denar) mit Porträt von Gaius Julius Caesar. Geprägt wurde sie in einer Feldmünzstätte in Gallien. Silber, 43 v. Chr. Historisches Museum Basel
3 Römische Münze (Denar) des Gaius Julius Caesar. Sie wurde 1999 während des Ausbaus vom Antikenmuseum Basel entdeckt. Silber, 49 v. Chr. Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt
4 Römische Münze (Aureus) des Lucius Munatius Plancus. 44/43 v. Chr. gründete er eine Kolonie in Lyon und die Colonia Raurica. Diese zweite Kolonie befand sich wohl auf dem Basler Münsterhügel, hat aber keine gesicherten archäologischen Spuren hinterlassen. Erst unter Kaiser Augustus entstand am Rhein die Kolonie Augusta Raurica.
Gold, 45 v. Chr. Historisches Museum Basel
5 Fragment einer römischen Schwertscheide vom Basler Münsterhügel. Hier stationierte Caesar eine kleine Garnison, um die neue Grenze am Rhein zu kontrollieren.
Bronze, spätes 1. Jh. v. Chr. Historisches Museum Basel
6 Nagel eines römischen Soldatenschuhs aus der Siedlung BaselMünsterhügel.
Eisen, 50/40 v. Chr. Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt
7
Pionieraxt des römischen Militärs aus der Siedlung Basel-Münsterhügel.
Eisen, spätes 1. Jh. v. Chr./frühes 1. Jh. n. Chr. Historisches Museum Basel
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Porträt des römischen Politikers und Feldherren Gaius Julius Caesar (100–44 v. Chr.) aus einem Legionslager bei Nijmegen. Marmor, Ende des 1. Jh. v. Chr. Rijksmuseum van Oudheden, Leiden
Römisches Legionslager
Zehntausende kaufstarke römische Offiziere und Soldaten sind am Rhein stationiert. Sie kurbeln die lokale Wirtschaft und den Handel an.
Die Römer errichten zahlreiche Militärbasen am linken Rheinufer, um die eroberten Gebiete zu sichern. Sie dienen auch als Basen für Feldzüge gegen die rechtsrheinischen Germanen.
Die Römer nutzen, soweit es geht, die bestehenden gesellschaftlichen Strukturen. Die einheimische Oberschicht, die sich in den Dienst der Römer stellt, behält ihre Macht.
Die Römer bauen die Infrastruktur am Rhein aus: Mit einem modernen Strassensystem garantieren sie die Versorgung der Grenze mit Truppen und Nachschub.
Porträt des Tiberius, römischer Kaiser zwischen 14 und 37 n. Chr. Unter seinem Vorgänger Augustus marschiert er 15 v. Chr. dem Hochrhein entlang: Die Römer weiten ihre Kontrolle bis zur Donau aus. Als Oberbefehlshaber am Rhein bekämpft er die rechtsrheinischen Germanen. Marmor, 1. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. Leihgabe
Porträt des Nero Claudius, genannt Germanicus. Zwischen 14 und 16 n. Chr. unternimmt er mehrere Feldzüge gegen die rechtsrheinischen Germanen und verdient sich den Ehrennamen «Germanicus». Er kann diese Gebiete aber nicht besetzen. 16. n. Chr. bricht Kaiser Tiberius die Eroberungsversuche bis zur Elbe ab: Die römische Grenze bleibt am Rhein. Marmor, frühes 1. Jh. n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig Säulensockel aus Mainz mit marschierenden römischen Soldaten. Kalkstein, 2. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. GDKE – Direktion Landesmuseum Mainz
Fragment eines Reliefs mit römischen Militärstandarten. Marmor, 2. Jh. n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
Grabstele von Niger, Sohn des Aeto. Er entstammte den germanischen Nemetern, diente 25 Jahre lang in der römischen Kavallerie, im Geschwader des Pomponianus. Er starb mit 50 in Bonn. Die römische Armee war ein wichtiges Instrument der Integration zwischen Einheimischen und Römern: Sie garantierte die Möglichkeit eines sozialen Aufstiegs und vermittelte römische Werte.
Kalkstein, 1. Hälfte des 1. Jh. n. Chr.
1
Stirnziegel der 11. Legion mit Darstellung eines besiegten Germanen. Aus dem römischen Legionslager Vindonissa. Ton, 2. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. Kantonsarchäologie Aargau
2 Römischer Dolch, im Rhein bei Mainz gefunden. Eisen, mit Einlagen aus Messing und Email, 2. Drittel des 1. Jh. n. Chr. GDKE – Direktion Landesmuseum Mainz
3 Fingerring mit Kameo aus Vindonissa. Gehörte er einem hier stationierten römischen Offizier? Gold und Glas, spätes 1. Jh. v. Chr./frühes 1. Jh. n. Chr. Kantonsarchäo logie Aargau
4 Helm des Legionärs Sollionius Super von der 30. Legion. Der Name verrät eine gallisch-germanische Herkunft. Durch den Dienst in der römischen Armee können sich Einheimische das römische Bürgerrecht verdienen. Gleichzeitig werden sie mit den römischen Idealen vertraut.
Eisen, Ende 2./Anfang 3. Jh. n. Chr. LVR-LandesMuseum Bonn
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Zahlreiche römische Kaiser haben persönliche Erinnerungen an den Rhein.
1 Porträt des Kaisers Caligula, der zwischen 37 und 41 n. Chr. regiert. Als Kleinkind verbringt er mit seinem Vater, dem berühmten Feldherren Germanicus, einige Jahre an der Rheingrenze. 39/40 n. Chr. unternimmt er als Kaiser Feldzüge gegen die rechtsrheinischen Germanen.
Bronze, 37–41 n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
2 Reiterstatuette eines Kaisers, wohl des Trajans, der zwischen 98 und 117 n. Chr. regiert. Unmittelbar vor seiner Thronbesteigung war er Provinzstatthalter in Mainz. Blei, frühes 2. Jh. n. Chr. Leihgabe
3 Ansprache des Kaisers an seine Soldaten. Es könnte sich um Galba handeln, der 69 n. Chr. kurz regierte. Von 39 bis 43 n. Chr. hatte er das obergermanische Heer kommandiert.
Bronze, um 69 n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
Relief mit angehäuften Waffen Marmor, um 100 n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
Statuette der römischen Siegesgöttin Victoria aus der römischen Kolonie Augusta Raurica. In den Kolonien siedelt man meist Veteranen der römischen Armee an. Sie verstärken die römische Präsenz in den eroberten Gebieten. Bronze, um 200 n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
Römisches Legionslager
Das römische Legionslager Vindonissa im 1. Jh. n. Chr. © ikonaut / Kantonsarchäologie Aargau
Porträt von Hadrian, der zwischen 117 und 138 n. Chr. regiert. 97 n. Chr. reist er von Rom an den Rhein, um Trajan über seine Nominierung zum Kaiser zu informieren. Daraufhin dient er in Mainz als Militärtribun der 22. Legion. Marmor, 130/135 n. Chr. Leihgabe
Würfel, Spielsteine und ein Kreisel aus dem römischen Legionslager Vindonissa.
Bein, Glas, Holz, 1. Jh. n. Chr. Kantonsarchäologie Aargau
Römischer Gutshof
Am Rhein werden weitere römische Siedlungen gegründet. Ab ca. 85 n. Chr. werden die eroberten Gebiete zu regulären römischen Provinzen (Germania inferior und Germania superior). Am Oberrhein kontrollieren die Römer auch das rechte Rheinufer: Der Fluss selbst bildet hier keine Grenze mehr.
Der Rhein ist die Hauptverkehrsachse der neuen Provinzen. Landwirtschaft und Viehzucht werden verbessert und liefern mehr Nahrungsmittel für die wachsende Bevölkerung.
Die einheimische Elite übernimmt Aspekte der römischen Lebensweise als Statussymbol, um ihre ungebrochene Macht, wenn auch in den Dienst der Römer gestellt, zu veranschaulichen.
Am Rhein werden nun Weinreben und mediterrane Obstsorten angebaut; der Ausbau der Infrastrukturen wird vorangetrieben.
Statue des Weingottes Bacchus aus Trier. Das Flusssystem vom Rhein dient auch dem Transport von mediterranen Steinsorten, wie hier von Marmor, mit denen man öffentliche und repräsentative Bauten nach römischem Vorbild verziert.
Marmor, Mitte des 2. Jh. n. Chr. Rheinisches Landesmuseum Trier –Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz
Rheinprahm, Modell 1:22,5. Das Original wurde 1997 in Vleuten-De Meern (NL) entdeckt. Das verwendete Eichenholz datiert aus dem Jahre 148 n. Chr. (+/– 6 Jahre). Das Schiff blieb lange in Verwendung, bis es um 190/200 n. Chr. wohl bei einem Anlegemanöver verunglückte.
Holz, Leihgabe D. Usher
Römischer Gutshof
Der römische Gutshof von Marnheim (Rheinland-Pfalz)
© Roland Seidel (archaeoflug)
Der steigende Bedarf an Luxusgütern hat den Handel mit dem Süden noch zusätzlich angekurbelt. Römische Offiziere und die wohlhabende Oberschicht gönnen sich sogar teure Gewürze aus Indien.
1 Pfefferkorn aus Biesheim (Elsass), 1. Jh. n. Chr. Musée Gallo-Romain de Biesheim
2 Warenetikette für «frischen Pfeffer» aus Trier, in der Mosel gefunden.
Blei, 2. Jh. n. Chr. Rheinisches Landesmuseum Trier – Generaldirektion
Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz
Wirbel einer ca. 40 cm langen Mittelmeermakrele aus Biesheim (Elsass). Schnittspuren belegen, dass sie zum Verzehr zubereitet worden ist.
Biesheim (Elsass), 1.–2. Jh. n. Chr. Musée Gallo-Romain de Biesheim
Relief mit Flussgott. Der Fundort in Bonn und die zwei Hörner (als Hinweis auf die zwei Hauptarme bei der Flussmündung) deuten auf eine Personifikation des Rheins hin.
Kalkstein, 2. Jh. n. Chr. LVR-LandesMuseum Bonn
Bildnis eines jungen Mannes aus Prilly (VD).
Das Porträt könnte einen helvetischen Adligen darstellen, der für sein Bildnis das römische Medium der Bronzestatue wählte. Das Werk würde somit sowohl auf seine lokale Herkunft als auch auf seine Position in der römischen Gesellschaft hinweisen.
Bronze, zweite Hälfte des 1. Jh. n. Chr. Bernisches Historisches Museum
Die Römer bauen neue Obstsorten im Rheingebiet an, darunter Äpfel, Birnen, Kirschen und Weintrauben. In Kaiseraugst haben sich in einem mit Latrinensedimenten gefüllten Schacht mineralisierte botanische Reste vorzüglich erhalten:
1 Apfelsamen aus Kaiseraugst.
Spätes 1./frühes 2. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
2 Traubenkerne aus Kaiseraugst.
Spätes 1./frühes 2. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
3 Korianderfrüchte aus Kaiseraugst.
Spätes 1./frühes 2. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
4 Feigenkerne aus Kaiseraugst. Es ist unklar, ob Feigen hier angebaut oder getrocknet aus dem Süden importiert wurden.
Spätes 1./frühes 2. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
Manche Naturprodukte mussten weiterhin aus dem Süden importiert werden:
5
Verkohlte Piniensamen aus Vindonissa. Sie wurden im Rahmen eines religiösen Rituals verbrannt. 2. Jh. n. Chr. Kantonsarchäologie Aargau
6 Verkohlte Granatapfelkerne aus Vindonissa. Sie stammen aus einem Grab und hatten eine symbolische Bedeutung beim Bestattungsritual. Frühes 1. Jh. n. Chr. Kantonsarchäologie Aargau
Die römischen Truppen am Rhein haben zum Teil andere Essgewohnheiten als die Einheimischen. In Kaiseraugst wird z.B. mehr Ziegen- und Hühnerfleisch konsumiert, was auf eine Herkunft der Soldaten aus Spanien oder Südfrankreich hinweisen könnte.
7 Ziegenknochen mit Hackspuren aus dem Militärlager von Kaiseraugst.
Frühes 1. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
8
Hühnerknochen aus dem Militärlager von Kaiseraugst. Frühes 1. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
9 Aufsatz in Form eines Maultiers. Die Römer führen auch neue Tierarten wie Esel und Maultiere ins Rheingebiet ein.
Bronze, 1. Jh. n. Chr. Stiftung «In Memoriam Adolf und Margreth Im Hof-Schoch»
Die Gründung von römischen Städten am Rhein setzt einen Aufbau der Infrastruktur voraus und beschleunigt die Interaktion zwischen der einheimischen und der römischen Kultur.
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Wachstafel mit Brandmarke der römischen Kolonie Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln). Aus Vindonissa. Holz, 2. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. Kantonsarchäologie Aargau
11 Römischer Wasserhahn. Grössere Städte benötigen eine ausgefeilte Wasserversorgung und funktionierende Abwassersysteme. Bronze, 1. Jh. n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
12 In Augusta Raurica gefundene Fragmente einer südspanischen Amphore für Fischsauce mit Pinselaufschrift. Bestellung für einen Sklaven des Kaisers Caligula (37–41 n. Chr.): ---]HYMI . C(ai) . CAES(aris) [---. Gefunden mit Resten luxuriöser Mittelmeerküche. Ein Mitglied der familia Caesaris um 40 n. Chr. in der Colonia Raurica ist plausibel: Historische Quellen überliefern einen Feldzug Caligulas östlich des Oberrheins. Ton, um 40 n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
Brunnenfigur in Form eines Delfins vom römischen Gutshof Munzach bei Liestal. Die Wasserversorgung stellt eine der wichtigsten logistischen Aufgaben für die römischen Architekten in den neu eroberten Gebieten. Sie ist die Grundlage für die Entstehung von städtischen Siedlungen.
Bronze, spätes 1./frühes 2. Jh. n. Chr. Archäologie und Museum Basel land, Liestal Brunnenstock aus Carrara-Marmor vom römischen Gutshof Munzach bei Liestal.
Marmor, 2. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. Archäologie und Museum Baselland, Liestal Statue des Weingottes Bacchus aus Avenches. In römischer Zeit beginnt der Anbau von Weinreben auch im Rheingebiet, um der Nachfrage der hier lebenden Soldaten, Beamten, Veteranen, aber auch der Einheimischen zu entsprechen.
Bronze, um 130/140 n. Chr. Site et musée romains d’Avenches
Römische Kolonie
Die steigende Urbanisierung und die für das ganze römische Reich einheitliche Währung lassen die Wirtschaft am Rhein boomen.
Die Römer setzen ihre Verwaltung ein, respektieren aber weitgehend die Strukturen der einheimischen Gesellschaft.
Römische Soldaten aus allen Provinzen des Reiches und neue Siedler in den Kolonien bringen ihre kulturellen Erfahrungen mit, die mit den noch lebendigen lokalen Traditionen verschmelzen.
Es entstehen Städte nach mediterranem Vorbild, mit Steinbauten, öffentlichen Gebäuden und einer effizienten Wasserversorgung.
Römisches Lot aus Augusta Raurica. In römischer Zeit entstehen am Rhein die ersten Steinbauten und monumentalen öffentlichen Gebäude.
Bronze, 1.–2. Jh. n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
Büste der römischen Göttin Minerva aus Augusta Raurica.
Bronze, spätes 2./frühes 3. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
Statue des Hercules aus dem Grienmatt-Heiligtum von Augusta Raurica. In diesem heiligen Bezirk sind sowohl lokale als auch römische religiöse Vorstellungen gleichzeitig vertreten.
Kalkstein, 2. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
1 Set von römischen Münzen des Kaisers Trajan. Die einheitliche römische Währung ist in allen Provinzen des Reiches gültig, von Portugal bis Syrien, vom Rheingebiet bis Ägypten.
Gold, Silber und Bronze, 98–117 n. Chr. Historisches Museum Basel
2 Ehreninschrift für Lucius Octavius, wohl mit Kaiser Augustus verwandt, die auf die Neugründung der Kolonie im späten 1. Jh. v. Chr. erinnert.
Bronze, spätes 1. Jh. v. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
3 Schlüssel des römischen Tempels auf dem Schönbühl in Augst. Bronze und Eisen, 1. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
4 Buchstabe aus der Weihinschrift des Tempels auf dem Forum von Augusta Raurica. Hier hat man den Kaiser und die Göttin Roma verehrt und somit die Loyalität zur neuen politischen Macht bekundet.
Bronze, vergoldet, 1. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raur
Applike in Form einer Theatermaske. In den römischen Städten am Rhein entstehen öffentliche Gebäude nach griechisch-römischer Tradition – z.B. Theater.
Bronze, 1.–2. Jh. n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
Römischer Zirkel. Er diente der Abnahme und Übertragung von Massen, z.B. für Steinmetze und Architekten. Bronze, 1.–3. Jh. n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
Römische Kolonie
Die römische Kolonie Augusta Raurica um 230 n. Chr. © Römerstadt Augusta Raurica
Weihinschrift für Mercurius Augustus aus Augusta Raurica. Der Stifter war einheimischer Herkunft: Lucius Giltius Cossus, Sohn des Celtillus. Er war Mitglied des städtischen Priesterkollegiums für den Kaiserkult, eine ehrenvolle Aufgabe für Freigelassene, die als ehemalige Sklaven keine politischen Ämter in der Stadt bekleiden durften. Kalkstein, 50–150 n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
Grabstein mit Ehepaar. Der Mann trägt militärische Kleider und war ein Offizier der römischen Armee. Im Jahre 212 n. Chr. entscheidet der Kaiser Caracalla, sämtlichen freien Bewohnern des römischen Reiches das römische Bürgerrecht zu verleihen. Sandstein, um 210/220 n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
1
Statuette des einheimischen Gottes Sucellus aus Augusta Raurica. Seine Darstellung entspricht der römischen Bildsprache. Bronze, 2. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
2 Blitzbündel aus Womrath (Kr. Simmern), das einer überlebensgrossen Jupiter-Statue gehörte. Bronze, 1. Jh. n. Chr. LVR-LandesMuseum Bonn
3 Statuette des Gottes Merkur. Caesar berichtet, Merkur sei der wichtigste Gott in Gallien. Bronze, 1.–2. Jh. n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
4 Statuette des Gottes Attis aus der Mosel. Zusammen mit römischen Soldaten finden auch östliche Gottheiten den Weg ins Rheingebiet. Bronze, 2. Jh. n. Chr. Rheinisches Landesmuseum Trier – General direktion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfal
Mit den Römern breitet sich die Schreibkultur auch ins Rheingebiet aus. Vermutlich 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung können lesen und schreiben.
5 Tintenfass aus Augusta Raurica Ton, 2. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
Manche Handwerksprodukte aus dem Rheingebiet haben in römischer Zeit eine besondere Qualität erreicht.
6 Zwei Fingerringe aus Augusta Raurica. Gold, bzw. Silber und Glas, 2.–3. Jh. n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
7 Trinkgefäss aus Köln Glas, 4. Jh. n. Chr. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig
Schreibgriffel vom Basler Münsterhügel. Bein, 1. Jh. n. Chr. Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt
Altar mit Weihinschrift. Er wurde den Göttern Jupiter und Mars gestiftet, wobei der zweite den keltischen Beinamen Magianus trägt. Allenfalls könnte Magianus aber auch der Name des einheimischen Stifters sein. Speckstein, 3. Jh. n. Chr. Römerstadt Augusta Raurica
Porträt eines römischen Offiziers. Bereits 162 n. Chr. sind erste Germaneneinfälle westlich des Rheins belegt. Die Lage spitzt sich in der Folge immer mehr zu. Um die Mitte des 3. Jh. n. Chr. wird die Grenze am Oberrhein wieder an den Fluss zurückversetzt. Marmor, um 160 n. Chr. Privatbesitz
Porträt von Lucius Verus, römischer Kaiser zwischen 161 und 169 n. Chr. Eine schwere Epidemie breitet sich 165 n. Chr. durch die globalisierte römische Welt aus und wütet über 20 Jahre lang. Auch das Rheingebiet ist betroffen: Die Auswirkungen der Epidemie tragen zur allgemeinen Krise des 3. Jh. n. Chr. bei. Marmor, 161–169 n. Chr. Privatbesitz
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