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Umschau A N T I FA

Feb/März 2007 – Nr. 20

Infos aus dem linken Spektrum Für alle und zwar umsonst

V.i.S.d.P.: Franz Harder, Goethe Park 3, 15428 Berlin

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//Wer Wie Was – Verfassungsschutz Seit dem 12. Dezember 2006 sitzt der Antifaschist Matti in der Berliner Justizvollzugsanstalt Moabit in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen an einem Angriff auf zwei stadtbekannte Neonazis im November 2006 beteiligt gewesen zu sein und wird daher von der Staatsanwaltschaft wegen versuchten Totschlags angeklagt.

ngeklagt wird der Antifaschist Matti von der Staatsanwaltschaft wegen versuchten Totschlags. Sie stützt sich dabei allein auf die Aussagen der Neonazis, welche ihn trotz Dunkelheit und Vermummung zweifelsfrei identifiziert haben wollen. Aufgrund dieses hanebüchenen Vorwurfs – die Nazis trugen von dem Angriff leichte Verletzungen davon – sitzt Matti nun schon über zwei Monate im Knast.

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Die Inhaftierung eines engagierten Antifaschisten und seine mögliche Verurteilung zu einer mehrjährigen Haftstrafe muss als Kriminalisierungsversuch der gesamten antifaschistischen Bewegung gewertet werden. Auch wenn nur einer angeklagt ist, soll unmissverständlich gezeigt werden, dass antifaschistisches Engagement empfindliche juristische Konsequenzen nach sich ziehen kann. Die im Fall Matti vollzogene Repression durch die Anordnung der Untersuchungshaft ist in diesem Jahr unzweifelhaft die bisher drastischste Repressionsmaßnahme gegen linke AktivistInnen. Aber auch mit Hausdurchsuchungen versuchen der Staat und sein Handlanger Druck auf das linke Spektrum auszuüben

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wobei diese Repressionswelle im Kontext des im Juni in Heiligendamm stattfindenden G8Gipfels zu sehen ist. Die aktuelle Entwicklung zeigt deutlich, dass die Auseinandersetzung mit Repression ein notwendiges Element linker Politik sein muss. Im letzten Jahr standen die Aktivitäten des Verfassungsschutzes (VS) in der öffentlichen Kritik. Nicht nur weil der VS schon jetzt eine erhöhte Gefahr für die allgemeine Sicherheit und Ordnung durch „linksextreme“ Straftaten im Zuge des G8-Gipfels prognostiziert, sondern gerade wegen der skandalösen Spionagearbeit des letzten Jahres setzen wir den Fokus des vorliegenden Textes auf den VS. Zunächst gilt es zu klären, worauf sich eine Organisation, die sich laut Selbstverständnis1 den Schutz der Verfassung auf die Fahnen schreibt, in ihrer Arbeit formal konzentrieren sollte. In der Theorie soll er Bestrebungen beobachten, welche eine konkrete Gefahr für den Fortbestand der Verfassung darstellen. Aus den bundesweit erscheinenden VSJahresberichten geht hervor, dass der VS in der Praxis einen großen Teil seiner Kapazitäten darauf verwendet, das linke Spektrum zu bespitzeln. Daraus könnte (und soll) der Schluss gezogen werden, dass eine Gefahr für die Verfassung von den Bestre-

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bungen einer großen linksradikalen Bewegung ausgeht. Betrachten wir nun aber die möglichen Gefahren für die Destabilisierung der Verfassung, so wird deutlich, dass diese Einschätzung grob unverhältnismäßig ist. Denn ein erfolgreicher Angriff auf die Verfassung müsste per Definition zur Folge haben, dass die Verfassungsgrundsätze für die Allgemeinheit nicht mehr gelten, wie beispielsweise der Schutz der Menschenwürde. Auch wenn die Linke der BRD kritisch bis ablehnend gegenübersteht, so ist es gerade dieses Spektrum welches auf die Einhaltung wichtiger Grundsätze wie den Schutz der Menschenwürde (Art.1 Abs.1 GG), der Gleichberechtigung von Männern und Frauen (Art.3 GG), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) sowie der Ablehnung der Vorbereitung eines Angriffskrieges (Art. 28 GG) pocht. Vielmehr scheint die Verfassung von einer ganz anderen in Seite in Gefahr zu sein. Denn die einzige konkrete Möglichkeit die Grundsätze der Verfassung zu unterlaufen, besteht momentan in der Änderung bzw. Erlassung von Gesetzen die dem Grundgesetz zuwiderlaufen. Diese Maßnahmen kamen bisher nur aus den Reihen der gesetzgebenden Organe Bundestag und Bundesrat. Keine linke Gruppierung hat aber eine Mehrheit in diesen Kammern. Zu erwarten ist ein erfolgreicher Angriff auf die Verfassung demzufolge nur von den Parteien und den sie repräsentierenden Politikern, die in eben diesen Gremien sitzen. Schauen wir uns aber den aktuellen VS-Bericht an, so sehen wir hier kei-

nen einzigen etablierten Spitzenpolitiker beobachtet. Vielmehr konzentriert sich die Arbeit des VS auf das Bespitzeln linker Gruppierungen. Das Berliner Sozialforum und der VS: Ein Blick zurück... Wir schreiben das Jahr 2006 und können unter dem Eindruck des gerade einsetzenden deutschen WM-Fahnentaumels im Spiegel nachlesen, dass auch das Berliner Sozialforum (BSF) im Fokus der Berliner- und Bundes-VS-Behörden steht. Getreu dem Grundsatz folgend, dass nur Informationen aus erster Hand fundierte Informationen sind, begnügten sich die sogenannten Verfassungshüter nicht mit den veröffentlichten und frei zugänglichen Protokollen des BSF, sondern missbrauchten dessen offene Struktur in dem sie V-Männer in eben diese integrierten. Die Notwendigkeit dieser Überwachungsmaßnahme wurde mit einer angeblich versuchten Übernahme des BSF durch autonome und linksradikale Gruppen wie „Mai-Steine AG“ und „Autopool“ (die im übrigen nie im BSF waren), sowie DKP, MLPD, Linksruck, SAV, ALB, oder F.e.l.S., begründet. Bespitzelt wurden aber angeblich nur diese Gruppen und deren Mitglieder, nicht aber die gesamte Struktur des Forums – eine angesichts der entstandenen Aktenberge unhaltbare Aussage. Uns drängt sich hier die Frage auf, weshalb gerade das BSF bespitzelt wurde. Nach welchen Kriterien wird beurteilt, ab wann

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Gruppierungen als „Beobachtungsobjekt“ einzustufen sind? Für den VS erhält eine Gruppe Beobachtungsrelevanz, wenn diese verfassungsfeindliche Ziele verfolgt und ihre Aktivitäten bewusst geheim halten möchte. So gibt es beim Berliner VS – laut eigener Aussage – eine Liste von „Beobachtungsobjekten“ die jährlich intern geprüft wird. Das BSF scheint trotz der vollständigen Offenlegung seiner Protokolle und Aktivitäten, weit oben in dieser Liste zu rangieren. Beim BSF liegt, wie in dessen Stellungnahme folgerichtig festgestellt wird, eine obskure vom VS vorgenommene Konstruktion einer von linken Gruppen ausgehenden Gefahr vor. Tatsächlich hat aber keine wie auch immer geartete „gefährliche“ autonome Gruppe das BSF unterwandert. Vielmehr hat der VS das BSF ausspioniert, um die Arbeit der außerparlamentarischen Bewegung zu beobachten und zu kriminalisieren, wobei er sich wie selbstverständlich auf den Schutz der Verfassung beruft. Um die Verfassung außer Kraft zu setzen taugt das BSF aber bei aller Liebe nicht. Um also eine wirkliche Gefahr für die Verfassung ausfindig zu machen, müsste sich der VS in anderen Spektren umsehen. Denn „gefährliche“ Verfassungsfeinde sind Bundestagund Bundesratmitglieder, welche die Möglichkeit und den Willen besitzen

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die Verfassung zumindest teilweise außer Kraft zu setzen. Mögliche „Beobachtungsobjekte“ finden sich zuhauf: Zu nennen wären hier die Bestrebungen der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) den Sozialstaat abzuschaffen2 und Politiker, die unablässig versuchen verfassungswidrige Gesetze unter Angabe fadenscheiniger Begründungen durchzusetzen, sowie Staatsanwälte und Richter, die sich nicht entblöden, durchgestrichene Hakenkreuze unter dem „Verbot der Verbreitung von verfassungsfeindlichen Symbolen“ zu subsumieren. Der folgende – zugegeben unvollständige – Auszug von Gesetzen, die aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz der BRD für verfassungswidrig befunden wurden, bietet genug Anlass Spitzenpolitikern näher auf die Finger zu schauen: Präzedenzfall Rasterfahndung Der Versuch einiger Bundesländer, mithilfe der so genannten Rasterfahndung, Studierende unter Generalverdacht zu stellen und sie damit monatelang unter den absurdesten Umständen polizeilicher Willkür auszusetzen wurde im Mai 2006 vom Bundesverfassungsgericht kassiert: Denn eine präventive polizeiliche Rasterfahndung der in §31 PolG geregelten Art ist mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art.2 Abs.1, Art.1 Abs.1 GG) nur vereinbar, wenn eine konkrete Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder der Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person gegeben ist. Die

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angewandte Praxis im Vorfeld der Gefahrenabwehr eine Rasterfahndung durchzuführen ist demnach nicht legitim. Einen Zacken schärfer ist der Angriff auf die Verfassung, welcher unter dem Begriff „Großer Lauschangriff” bekannt ist. Die gesetzgebenden Organe Bundestag und Bundesrat beschlossen mit großer Mehrheit als Reaktion auf die gravierende Bedrohung des Rechtsstaates durch die so genannte „Organisierte Kriminalität” das „Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierte Kriminalität” am 04. Mai 1998 einzuführen. Umgesetzt wurde im Ergebnis der bis dato schwerste Informationserhebungseingriff der Strafverfolgungsbehörden in die Persönlichkeitssphäre der BürgerInnen, da die Polizei ohne richterliche Anordnung und Überprüfung, Intimbereiche wie die eigenen vier Wände, sowie Gespräche mit Rechtsanwälten und Geistlichen von Verdächtigen abhören durfte. Erst das Bundesverfassungsgericht machte dem Treiben ein Ende, indem es die Vorschriften zur Durchführung der akustischen Wohnraumüberwachung als verfassungswidrig deklarierte. Denn die Überwachungsmaßnahmen müssen, anders als von der Regierung geplant, die Menschenwürde wahren (Art.1 GG). Politiker wie der Innenminister Bayerns Günther Beckstein (CSU), die diese Entscheidung bedauern, wünschen sich womöglich eine Verfassung, die den Grundsätzen der derzeitigen nicht entspricht. Diese von uns nur angekratzten Beispiele ließen sich mit dem immer wieder geforderten

und geplanten Einsatz der Bundeswehr im Inneren, dem verfassungswidrigen Luftsicherheitsgesetz, der Fluggastdatenweitergabe an die amerikanischen Behörden, der Anti-Terror-Datei (die die Trennung von Geheimdiensten und Polizei außer Kraft setzt) und der beschlossenen verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung fortsetzen. Das große Ganze stellt eine Palette von massiven Eingriffsbefugnissen in die Freiheit der BürgerInnen dar, die eigentlich von der Verfassung garantiert werden sollten. Und wenn nicht schnell genug verfassungswidrige Gesetze beschlossen werden können, wird einfach nach Gutdünken die Verfassung außer Kraft gesetzt: So beschließen beispielsweise Frank-Walter Steinmeier und der ehemalige Bundesinnenmister Otto Schily (beide SPD) zunächst die widerrechtliche Verschleppung von Murat Kurnaz durch USBehörden zu unterstützen, um dann trotz Unbedenklichkeitsprognose des BND (2002)3 ein Einreiseverbot (2002) auszusprechen, um damit aktiv dessen Freilassung aus Guantánamo (2002 - 2006) zu verhindern. Dennoch wird auf Kurnaz eine Horde Verfassungsschützer bei seiner Wiedereinreise in die BRD losgelassen. Steinmeier und Co. müssen sich unseres Erachtens nach fragen lassen, was sie denn wirklich im Schilde führen, und in wie weit sie sich tatsächlich mit dem Grundgesetz verbunden fühlen. Hand in Hand in Hand in Hand... Die verfassungsfeindlich handelnden Spitzenpolitiker sind die direkten Vorgesetz-

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ten des VS, der daher nur als Marionette fungiert. Wohin dies führt sieht man unter anderem daran, dass die organisierte Rechte, insbesondere die Parteien (NPD, DVU, REP) wie auch die neonazistischen Freien Kameradschaften, inzwischen untrennbar mit dem VS verbunden und oft direkt den Handlungen, Plänen und der Finanzkraft der „Verfassungshüter“ unter-

worfen sind. Der von der antifaschistischen Bewegung geführte Kampf gegen neonazistische Umtriebe wird dann jedoch als verfassungsfeindlich eingestuft, besonders wenn er auch noch mit einer grundsätzlichen Kritik des bestehenden kapitalistischen Systems einhergeht. Die Repression und Kriminalisierung linker Gruppen, und der gleichzeitige Aufbau rechter Strukturen, steht dem, was der VS laut eigenem Selbstverständnis tun sollte, diametral entgegen. Auf diese Logik scheißen wir. Für die Freiheit, für das Leben und für ein anderes Ganzes! Fight Nazis! Smash Capitalism!

_______________ 1 Art. 87 Abs. 1 GG 2 http://www.tadema.de/thesen/insm.pdf, http://www.wdr.de/tv/monitor/beitrag.phtml?bid=7 40&sid=136) 3 „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit besitzt Kurnaz bei einer Freilassung kein Gefährdungspotential hinsichtlich deutscher, amerikanischer oder israelischer Sicherheitsinteressen“

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Die Kräfteverhältnisse vor Ort verändern – Eigene Politik statt halbherzig bürgerliche Initiative

AAI: „Hallo an Euch! Zunächst interessiert uns, wie lange ihr schon existiert, ob es einen bestimmten Grund für die Gründung der Gruppe gab. Woran orientiert Ihr Euch, was Eure Gruppenarbeit anbelangt?” aatf: „Wir existieren seit Ende 2005 und sind eine Handvoll linker Jugendlicher (Schüler, Studis, Auszubildene, etc.). Der Gründung voraus ging die Einsicht, dass in TeltowFläming ein dringender Bedarf an organisiertem antifaschistischem Handeln besteht, da auch hier Naziterror gegen „Ausländer“ und Andersdenkende an der Tagesordnung ist. Wir haben den Anspruch, die politischen Kräfteverhältnisse vor Ort zu verändern und den Aufbau von organisierten faschistischen Strukturen zu verhindern oder zumindest zu dokumentieren. Wir suchen Kontakt zu Antifaschisten im gesamten Landkreis und darüber hinaus um den Informationsaustausch und die raumübergreifende Zusammenarbeit zwischen Antifaschisten zu stärken. Die für ein Flächenland wie Brandenburg typische lokale Isolation antifaschistischer Kräfte muss durchbrochen werden. Schwerpunkte unserer Arbeit sind die Recherche von Naziaktivitäten, die Unter-

stützung von Opfern der Nazigewalt, Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit faschistischen Aktivitäten, Durchführung von Veranstaltungen und die Entfernung von Nazipropaganda aus dem öffentlichen Raum.” AAI: „Wie seht Ihr im Rückblick auf das Jahr 2006 die Entwicklung von rechten Strukturen insbesondere im Hinblick auf Verbindungen zwischen der Berliner und Brandenburger Szene. Im Juni 2006 versuchte ja eine Gruppe von Nazis – darunter auch bekannte Berliner Nazikader – eine Veranstaltung Eurer Gruppe in Rangsdorf anzugreifen.” aatf: „Im vergangenen Jahr haben sich die Anzeichen für eine verstärkte Zusammenarbeit von Nazis aus dem nördlichen TeltowFläming und Berlin vermehrt. Nazis aus Mahlow tauchen vermehrt auf Demos von NPD und Kameradschaften in Berlin auf, wobei Sie auch eigene Transparente mit sich führen. Auf der „Nikolausdemo“ in BerlinTreptow Anfang Dezember 2006 trug beispielsweise eine Gruppe von Nazis ein Transparent, das mit „Freie Kräfte Teltow-

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Fläming“ unterschrieben war. Eine den ganzen Landkreis umfassende Gruppierung gibt es nach unseren Erkenntnissen zwar nicht, jedoch sind erste Ansätze in diese Richtung erkennbar. Unterstützt wird dieser Strukturaufbauversuch von Berliner Nazis aus dem Spektrum der „autonomen Nationalisten“. Angehörige dieser Schlägertruppe sind in den letzten Monaten öfter im Umfeld des Mahlower Bahnhofs gesichtet worden. Auch tauchten vereinzelt Aufkleber der Kameradschaft Neukölln in Blankenfelde-Mahlow auf. Der ortsansässige „Kaderkern“ umfasst schätzungsweise fünf bis zehn Personen beiderlei Geschlechts im Alter zwischen 18 und 23 Jahren, die sich in Habitus und Ideologie am „autonomen Nationalismus“ orientieren. Hauptaktionsfelder dieses „Kaderkerns“ samt zahlenmäßig schwer zu schätzendem Umfeld waren im Jahr 2006 Propagandaaktionen in ihrem direkten Wohnumfeld, der Besuch von Nazidemos in Berlin, verbale und physische Angriffe auf linke Jugendliche und Anti-Antifa-Dokumentationsarbeit. Im Sommer 2006 wurden an beinahe jedem Wochenende ganze Ortsteile mit Aufklebern von Kameradschaften und

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NPD beklebt. Auch vor Angriffen auf antifaschistische Veranstaltungen schreckten lokale Nazis mit Unterstützung aus Berlin im letzten Jahr nicht zurück. Gegen von uns am 16. Juni und am 2. November durchgeführte Veranstaltungen unternahmen Nazis Angriffsversuche oder tauchten zumindest zum Herumpöbeln in Gruppen von 20 bis 30 Personen auf. Dies beweist, dass die Nazis antifaschistische Organisierungsversuche durch Einschüchterung von Antifaschisten verhindern wollen. Über das ganze Jahr hinweg ereigneten sich etliche Naziangriffe, wobei unbedingt hervorzuheben ist, dass die Liste auf unserer Webseite nur uns bekannt gewordene und nachrecherchierte Fälle enthält. Das reale Ausmaß faschistischer Gewalt in TeltowFläming dürfte um einiges größer sein. An dieser Stelle seien nur einige ausgewählte Ereignisse genannt: Im März wurde ein Punk von vermummten Nazis auf dem Blankenfelder Regionalbahnhof zuerst fotografiert, dann geschlagen und getreten und schließlich auf die Bahngleise geworfen. Im Mai tauchte eine größere Gruppe Nazis mit Knüppeln und Schlagstöcken vor dem Wohnhaus eines Jugendlichen in Zossen auf und bedrohten diesen. Im November fand der rechtsextreme „Märkische Kulturtag“ der Heimtreuen Deutschen Jugend in einem Gasthof in

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Blankenfelde statt. Angehörige des Ordnerdienstes der Veranstaltung griffen in einem nahegelegenen Supermarkt ein Kamerateam an, das zuvor Aufnahmen vom Eingangsbereich des Gasthofs gemacht hatte. Alle uns bekannt gewordenen Fälle sind in unserer Chronik unter www.aatf.antifa.net/chronik.htm aufgelistet. AAI: „Wie wichtig oder auch nötig ist die Zusammenarbeit mit der „bürgerlichen Zivilgesellschaft“, wo liegen bei Euch als Gruppe die Grenzen? Zu einer „Ideenkonferenz” der Gemeinde BlankenfeldeMahlow, auf der auch über den Umgang mit dem lokalen Rechtsextremismus gesprochen werden sollte, habt ihr ja ein Text verfasst, in dem Ihr Eure Nicht-Teilnahme begründet.” aatf: „Grundsätzlich freuen wir uns über alle Aktivitäten von Lokalpolitikern und Bürgern, die unser antifaschistisches Anliegen unterstützen. Leider handelt es sich bei den antifaschistischen Stellungnahmen von Lokalpolitikern zumeist nur um bloße Lippenbekenntnisse. Dieser Sachverhalt lässt sich am lokalpolitischen Umgang mit dem „Märkischen Kulturtag 2006“ exemplarisch veranschau-

lichen – immerhin eine rechtsextreme Großveranstaltung, an der über zweihundert Nazis aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen, wozu die Heimattreue Deutsche Jugend, die Gemeinschaft Deutscher Frauen und die Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e.V. aufgerufen hatten. Trotz frühzeitiger Informationen des LKA Berlin trafen die ersten Polizeibeamten erst rund eine Stunde nach dem bereits erwähnten Angriff auf das Kamerateam vor Ort ein. Sodann forderten sie den Wirt des Gasthofs auf ihnen das Hausrecht zu übertragen, damit sie die Veranstaltung räumen können. Aus vermutlich ökonomischem Kalkül verneinte der Wirt diese Bitte, die Nazifeier konnte deshalb ungestört durchgeführt werden. Für sein Verhalten wurde der Wirt im Nachhinein von keinem einzigen Lokalpolitiker kritisiert. Im Gegenteil: Der Ortsbürgermeister und der Vorsitzende des örtlichen Mittelstandvereins nahmen ihn sogar öffentlich in Schutz. Nur ein grüner Lokalpolitiker ließ in einem Leserbrief Kritik am lokalpolitischen Umgang mit dem „Märkischen Kulturtag“ verlauten. Außer dem Wirt meldete sich ansonsten niemand in irgendeiner Weise öffentlich zu Wort. Die Lokalzeitungen berichteten sachlich falsch und schoben uns als antifaschistischer Gruppe den schwarzen Peter zu. Lokalpolitik und lokale Medien waren sich offenbar einig darin so schnell wie möglich

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wieder zum Alltag überzugehen und Störungen der „dörflichen Idylle“ zu unterdrücken.

keit als eher gering ein. Trotz unserer relativen politischen Isolation werden wir unsere Arbeit aber in jedem Fall fortsetzen.

Auch der Umgang mit Opfern von Nazigewalt ist bezeichnend. In der Regel bestreiten Lokalpolitiker und Polizei zunächst die politische Motivation der Täter, bis nicht mehr zu leugnen ist, dass eine solche vorliegt. Die regionale Polizei ihrerseits möchte gerne den Eindruck erwecken, dass sie alles im Griff hat. Deshalb vermag es nicht zu verwundern, dass Polizeibeamte Journalisten Lügen auftischen um unseren Draht zu den Medien zu kappen. Außerdem wurden 2006 in mindestens zwei Fällen Nazi-Opfer von Polizeibeamten nicht nur über den Tathergang, sondern darüber hinaus auch über regionale Antifastrukturen befragt.

AAI: „Erstmal ein Lob für Eure aktuelle und gute Homepage. Doch warum habt ihr keine Linkliste?”

Vor diesem Hintergrund leuchtet es sicherlich ein, dass wir gegenüber Lokalpolitik und Polizei eine skeptisch-distanzierte Haltung einnehmen. Die Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit mit dem „bürgerlichen Lager“ schätzen wir aufgrund seiner überwiegend fehlenden politischen Aufrichtig-

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aatf: „Wir fanden das einfach noch nicht so wichtig. Vielleicht nehmen wir das 2007 in Angriff.” AAI: „Was habt ihr Euch als Gruppe für das Jahr 2007 vorgenommen?” aatf: „Wir werden damit fortfahren, durch Öffentlichkeitsarbeit die Bürger TeltowFlämings für das Problem des Rechtsextremismus zu sensibilisieren, die Lokalpolitik mit Hilfe der Medien unter Druck zu setzen und die Entwicklung von Nazistrukturen zu beobachten. Unser Hauptaugenmerk liegt weiterhin auf der Etablierung einer selbstbewussten und alltäglich wahrnehmbaren antifaschistischen Jugendkultur sowie der Gewinnung weiterer antifaschistischer Mitstreiter im gesamten Landkreis.”

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click it – get organized!! „Widerstand braucht Kontinuität!!“ Deshalb ist es wichtig sich in langfristig antifaschistisch arbeitenden Projekten zu organisieren. Hier eine Auswahl an Berliner Gruppen und Initiativen:

Antifaschistische Initiative Moabit [AIM] :: www.aim-berlin.de.vu Autonome Antifa Prenzlauer Berg :: aapb.de.vu Antifaschistische Initiative weinrotes Prenzlauer Berg [aiwp] :: www.aiwp.tk Antifa Weißensee [AW] :: aw.antifa.de Antifaschistische Bündnis Südost [ABSO] :: www.abso-berlin.tk Autonome Neuköllner Antifa [ANA] :: www.antifa-neukoelln.de.vu Jugend Antifa Berlin [JAB] :: www.jab.antifa.de Antifaschistische Linke Karlshorst [alk] :: antifakarlshorst.de.vu Antifa Aufstand Köpenick [AAK] :: aak.antifa.de Antifa Friedrichshain [AFH] :: www.antifa-fh.de.vu Antifa Hohenschönhausen [AH] :: ah.antifa.de Antifa Jugendaktion Kreuzberg [AJAK] :: www.ajak.tk Antifaschistische Linke Berlin [ALB] :: www.antifa.de Treptower Antifa Gruppe [TAG] :: www.treptowerantifa.de Antifaschistisches Bündnis Marzahn-Hellersdorf [ABM] :: www.kein-verstecken.de Antifaschistische Initiative Reinickendorf [AIR] :: www.rantifa.de Antifa TU-Berlin :: www.antifa-tu-berlin.tk

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Antifa-Dates Demo

17.02. | Sa | 15:00 h | S.-Bhf. Mahlsdorf | „Kein Vergessen” Das Bündnis „Kein Vergessen” möchte an die antisemitisch motivierte Umbenennung von Straßen in Mahlsdorf und Kaulsdorf während des Nationalsozialismus erinnern.

infos: www.kein-verstecken.de --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Info 18.02. | Sa | 19:00 h | Lunte (Neukölln, Weisestraße 53) ReferentInnen des antirassistischen Heinersdorf-Bündnis werden über die rassistischen Moscheebauproteste in Pankow-Heinersdorf und über die Rollen der CDU, NPD und IPAHB berichten. Der verhinderte Moscheebau in Nord-Neukölln wird thematisiert. infos: www.heinersdorf-buendnis.de.vu --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Aktion 20.02 | Di | 14.00 h |Amtsgericht Tiergarten (Turmstraße 91, Raum B136) Prozess gegen Holocaustleugner | Im Amtsgericht Tiergarten findet ein Prozess gegen den Nazi und Geschichtsrevisionisten Klaus Krusche wegen Volksverhetzung statt. Bei den letzten Verhandlungen hat eine Horde anwesender Faschisten Stimmung gegen den Belastungszeugen gemacht. Daher ist es wichtig, dass möglichst viele AntifaschistInnen zu der Verhandlung kommen. infos: antifa.de --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Info 28.02. | Mi | 20:00 h | K19 Café (F’hain, Kreutziger Straße 19) G8-Filmreihe | Geschichte und Geschichten der Gipfelproteste. Filme: “Crowd bites Wolf” (camcorderguerilla, english), “Love, Peace & Petrolbombs” (AK Kraak, deutsch), “Rebel Colours” (IMC Prague, englisch/deutsch, 2000). --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Demo 03.03. | Sa | 10:00 h |Halbe (Baruther Str. / Teichmannstr) „Naziaufmarsch verhindern – NS Verherrlichung stoppen” Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! infos: www.redhalbe.de.vu

Autonome Antifa Infernal [AAI] www.antifa-infernal.de.vu


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