Kampagnen info2

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n den letzten Monaten wurde in den Presse und Fernsehen viel über den Lichtenberger Weitlingkiez berichtet. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob Lichtenberg eine No-Go-Area für Migrantinnen und Migranten ist, die von gewalttätigen Neonazis beherrscht wird. Viele Bewohnerinnen und Bewohner des Kiezes reagieren inzwischen abwehrend auf dieses Thema. Manche meinen, dass es sich ausschließlich um reißerische Berichte und Übertreibungen, wie sie in der Boulevardpresse üblich sind, handele und Neonazis im Weitlingkiez kein wirkliches Problem darstellen würden. Was viele nicht wahrhaben wollen ist, dass es für Migrantinnen und Migranten und für linke Jugendliche durchaus gefährlich sein kann, sich im Weitlingkiez zu bewegen. Beleidigungen und sogar körperliche Attacken von Neonazis und Rassisten sind keine Seltenheit (siehe Chronik). Dieses Flugblatt zielt darauf ab, mittels Fakten die Debatte über Neonazis im Lichtenberger Weitlingkiez fortzuführen und auf die Ernsthaftigkeit der Situation hinzuweisen. Anhand von einer Chronik und Rechercheergebnissen über die lokale Neonaziszene wird aufgezeigt, dass es eine reale Bedrohung durch Neonazis im Weitlingkiez gibt, die allerdings von Menschen, die nicht zu potentiellen Opfergruppen rechter Gewalt zählen, meist nicht wahrgenommen wird.

Der Weitlingkiez – Homezone für Neonazis aller Coleur: Die Kameradschaften Im Gebiet der Weitlingstraße und der anliegenden Straßen wohnt eine Vielzahl von organisierten Neonazis. Darunter sind viele Mitglieder der 2005 verbotenen „Kameradschaft Tor“, sowie ihrer Nachfolgestruktur „Freie Kräfte Berlin“. Die meist jugendlichen Neonazis sind bekannt für ihr aggressives Auftreten gegenüber Andersdenkenden. Viele von ihnen haben bereits Vorstrafen wegen Körperverletzung. Der Neonazi Oliver Oe. sitzt derzeit eine mehrjährige Haftstrafe wegen einer schweren Körperverletzung an einem linken Jugendlichen ab. Vor seiner Verhaftung wohnte er in der Weitlingstraße. Diese Neonazis sind meist nicht mehr klar als solche zu erkennen. Sie kleiden sich in schwarz, tragen nach dem Vorbild der linken Autonomen Kapuzenpullover, Basecaps und Anstecker. Sie sind für den Großteil der Plakat- und Aufkleberaktionen und der organisierten, gewalttätigen Übergriffe im Lichtenberger Kiez verantwortlich. Ebenso sehen die Aktivisten der „Kameradschaft Spreewacht“ den Weitlingkiez als ihr Gebiet an. Sie sind überwiegend älter und vor allem im subkulturellen Skinheadbereich aktiv. Sie haben enge Verbindungen ins Rockermillieu und zeichnen sich für den Versuch verantwortlich, Anfang des Jahres ein Rechtsrock-Konzert im Weitlingkiez zu veranstalten. Das Konzert wurde von der Polizei aufgelöst. Daneben gibt es eine Vielzahl von unorganisierten Neonazis, die im Kiez wohnen und das Straßenbild prägen.

Eine Kurz-Chronik rechter Aktivitäten im Weitlingkiez Eine ausführliche Chronik gibt es im Internet unter: www.ah.antifa.de 10. Juni 2006 // Die NPD veranstaltet einen Informationsstand am S-Bahnhof Lichtenberg. 28. Mai 2006 // Zwei Jugendliche werden von acht Neonazis, die am S-Bhf. Lichtenberg zunächst beleidigt und anschließend geschlagen und getreten. Das Geschehen ereignet sich morgens um 6.30 Uhr. 26. Mai 2006 // Am Rande einer antifaschistischen Demonstration im Weitlingkiez werden zahlreiche Neonazis von der Polizei abgedrängt. Einige ziehen sich in die Kneipe „Piccolo“ zurück. Neonazis aus der „Kiste“ provozieren Demonstrationsteilnehmer 24. Mai 2006 // Ein 14-jähriger zeigte gegenüber einem Migranten in der Weitlingstraße den HitlerGruß. Er wird von der Polizei festgenommen. 22. Mai 2006 // Während einer TV-Reportage des RBB im Weitlingkiez wird die Bürgermeisterin Christina Emmerich von mehreren Neonazis umringt und bedroht. Sie bedrohen und fotografieren zudem die Reporter. Der Neonazi Peter Töpfer beleidigt die Bürgermeisterin. Detlef Mirek, Wirt der „Kiste“, lässt zuletzt in Richtung eines Reporters allerlei rassistische Äußerungen ab. 20. Mai 2006 // Ein Berliner Linkspartei-Politiker wird in der Magaretenstraße als „Scheiß Ausländer, Scheiß Türke“ beschimpft und mit einer Flasche niedergeschlagen. Die Schläger flüchten. 27. April 2006 // In der Lichtenberger Kneipe „Piccolo“ versammeln sich circa 10 Neonazis. In unmittelbarer Umgebung findet eine antifaschistische Infoveranstaltung statt. 25. April 2006 // Während einer antifaschistischen Veranstaltung in der Lichtenberger KULT-Schule versammeln sich mehrere Neonazis in der Kneipe „Kiste“.

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Gerade von ihnen geht die Gefahr von spontanen Gewalttaten gegen Migrantinnen und Migranten aus. Die Infrastruktur Im Kiez existieren mehrere Kneipen, in denen Neonazis geduldet werden und deren Betreiber teilweise mit den rechten Aktivisten sympathisieren. Die Kneipe „Kiste“ in der Weitlingstraße ist dafür bekannt, dass sich hier eine Mischung aus Neonazis und Rockern trifft. Der Wirt Detlef Mirek steht offen zu seinem rechten Gedankengut. Er beteilgte sich mehrfach an Aufmärschen der neonazistischen NPD und fiel vor einer Kamera des RBB durch rassistische Parolen auf. Demnächst muss er eine Haftstrafe wegen eines Angriffs auf einen Kurden antreten, den er im letzten Jahr aus einer Kneipe heraus attackiert hatte. Die Kiste wurde in den letzten Jahren als Anlaufpunkt für Neonazis und ihre Aktionen genutzt. So blockierte eine Gruppe Neonazis aus der „Kiste“ heraus eine antifaschistische Demonstration im letzten Jahr. Während linken Veranstaltungen war die „Kiste“ Treffpunkt für Späh- und Störaktionen. Das „Piccolo“ in der Skandinavischen Straße ist ein weiterer beliebter Treffpunkt. Hier treffen sich vor allem junge Neonazis, um zu trinken oder politische Aktionen zu planen. Der Wirt kennt viele dieser Neonazis mit Namen. Ende letzten Jahres trafen sich dort circa 15 Neonazis, bevor sie am S-Bhf Lichtenberg einen linken Informationsstand mit Flaschen, Ketten und CS-Gas angriffen. Ebenso im Januar diesen Jahres, als mehrere Neonazis eine Informationsveranstaltung am S-Bhf Lichtenberg attackierten, hatten sich diese zuvor im „Piccolo“ gesammelt.

Weitere Orte, an denen sich Neonazis ungestört treffen, sind der Tattooshop „Ostzone“, der dem Umfeld der „Hells Angels“ zuzuordnen ist. Außerdem der „Sportjugendklub“ in der Frankfurter Allee, der das Konzept einer akzeptierenden Jugendarbeit verfolgt. Neonazis nutzen dieses Angebot , um Kampfsportunterricht zu nehmen. Dass sie dadurch Abstand von ihrer Gesinnung nehmen, ist zweifelhaft. Das Klima im Weitlingkiez In Gesprächen mit vielen Migrantinnen und Migranten ist deutlich geworden, dass sie den Weitlingkeiz meiden. Auch wenn keine Neonazis zugegen sind, die Angst bleibt. Dafür sorgen nicht zuletzt die zahlreichen Aufkleber, Plakate und Sprühereien, die in regelmäßigen Abständen in der Weitlingstraße und ihrer Umgebung angebracht werden. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, dass sich Migrantinnen und Migranten, alternative Jugendliche und andere potentielle Opfer rechter Gewalt ohne Angst in unserem Kiez bewegen können. Deshalb: Greifen Sie ein, wenn Sie Zeuge rechter Gewalt werden. Solidarisieren Sie sich mit den Opfern. Zeigen Sie den Neonazis, dass ihre Taten nicht geduldet werden. Informieren Sie sich und uns über das Auftreten von Neonazis. Entfernen Sie rechte Aufkleber. Holen wir uns den Kiez zurück! Kampagnen-Info 2 – Juli 2006 Link-Tips im Internet: >>> www.reachoutberlin.de >>> www.apabiz.de

15. April 2006 // Um 8 Uhr randalieren vor einem von Vietnamesen betriebenen Blumengeschäft in der Weitlingstraße vier Neonazis. Von einem Mitarbeitern der Stadtreinigung angesprochen, ruft ein Täter: „Heil Hitler, das macht man so in Lichtenberg!“. 8. April 2006 // Die Polizei löst in der Wönnigstraße ein Konzert der Berliner Neonazibands „Spreegeschwader“ und „Legion of Thor“ auf. Es sind rund 120 Neonazis anwesend. 3./4. April 2006 // Rund um den S-Bahnhof Lichtenberg werden flächendeckend Neonaziaufkleber verbreitet. Sie werden vollständig entfernt. 1. April 2006 // Der Wirt der „Kiste“, Detlef Mirek, sowie weitere Lichtenberger Neonazis nehmen an einem NPD-Aufmarsch in Pankow teil. 13. Februar 2006 // Unbekannte schmieren in Lichtenberg antisemitische Schriftzüge und Hakenkreuze. Die Schmierereien werden von der Polizei übermalt. 12. Februar 2006 // Gegen 4.30 Uhr greifen drei rechte Jugendliche in der U5 und am U-Bhf Friedrichsfelde mehrere Personen, darunter einen Polizisten, an. Die drei Angreifer werden festgenommen. 11. Februar 2006 // Am Vorplatz des S-Bahnhof Lichtenberg sammeln sich rund 50 Neonazis, um gemeinsam mit einem Reisebus zu einem Neonaziaufmarsch nach Dresden zu fahren. 4. Februar 2006 // Im Bereich des U-Bhf. Lichtenberg werden hunderte Flugblätter der NPD gefunden und entfernt. 11. Januar 2006 // Die Polizei durchsuch mehrere Wohnungen Lichtenberger Neonazis. Grund ist der Verdacht, die verbotene „Kameradschaft Tor“ unter dem Namen „Freie Kräfte Berlin“ weitergeführt zu haben. Betroffen sind u.a. die Lichtenberger Neonazis Björn W., Hedrikje H., Nicole S., Sebastian Z., Sebastian G. und Sebastian S. Besuch. Am Abend ziehen rund 100 Neonazis durch Lichtenberg, darunter auch die Betroffenen der Durchsuchungen. Anmelder des Aufmarsch ist Sebastian S. 6. Januar 2006 // Eine Gruppe von ca. 20 Neonazis, darunter mehrere Mitglieder der verbotenen „Kameradschaft Tor“, versuchen, eine Veranstaltung im soziokulturellen Zentrum UNDINE anzugreifen. Sie attackieren dabei zweimal die vor der UNDINE stehenden Jugendlichen mit Flaschen, Stahlruten und Steinen. Nur durch ein beherztes Eingreifen können die Neonazis vertrieben werden.

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V.i.S.d.P. Klaus Seeler | Siegfriedstr. 19 | Lichtenberg


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