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Halligalli wird es für ihn nicht geben
Martin Heller hat auf dieses Jahr das Ressort Sicherheit beim Stadtfest übernommen. Im Interview spricht er über Risiken und darüber, ob er das Fest trotzdem geniessen kann.
Martin Heller, Sie tragen am Stadtfest eine grosse Verantwortung. Weshalb tun Sie sich dies auf freiwilliger Basis an?
Ich habe mir dies natürlich gut überlegt. Einerseits dürfen wir als Firma seit letztem Jahr das Stadtfest betreuen, andererseits haben wir auch sehr viele Kunden aus der Stadt. Deshalb will ich da auch etwas zurückgeben.
Sie haben eine eigene Sicherheitsfirma, also Eventsicherheit ist nichts Neues für Sie ... Ja, das ist so. Wir sind sehr viel im Eventbereich tätig, aber auch im Ordnungsdienst für verschiedene Gemeinden und Städte und im Präventionsbereich.
Was ist denn anders?
Die Herausforderung ist der sehr grosse Festperimeter. Es hat verschiedene Unterhaltungsprogramme. Dazu stellt natürlich auch die Reuss ein Sicherheitsrisiko dar. Eine weitere Herausforderung sind die engen Gassen in der Altstadt. Früher ist man dort mit Pferd und Wagen durchgefahren, heute müssen dort grössere Menschenmengen durchkommen.
Wie wir die Menschenmengen lenken, damit es zu keinem Gedränge kommt, ist ein sehr wichtiger Punkt. Natürlich hat man an so einem Stadtfest auch sehr viele Interessengruppen involviert, da wir uns auf öffentlichem Grund bewegen.
Was bedeutet das?
Wir, beziehungsweise auch der Sicherheitsdienst hat hier nicht wie an einem privaten oder halböffentlichen Anlass Hausrecht. Jeder und jede darf sich dort aufhalten. Dementsprechend ist insbesondere die Polizei involviert.
Wie läuft diese Zusammenarbeit ab?
Wir haben uns mit diesen unterstützenden Stellen natürlich bereits sehr früh wieder ausgetauscht – bereits bei der Gestaltung des Fests, damit bei einem Notfall der Rettungsdienst beispielsweise den entsprechenden Platz auch erreichen könnte.
Wurden die Auflagen in den letzten Jahren grösser?
jemand von MenschenmengenManagement, dem CrowdManagement gesprochen, vor dem Anschlag in Nizza 2016 auch niemand von Zugangssperren. Die Behörden versuchen natürlich zu verhindern, dass etwas passiert, und passen deshalb ihre Vorgaben an. Die Auflagen haben sicher zugenommen. Das ist aber nicht negativ. Wir als Veranstalter wollen ja auch, dass nichts passiert.
Wie gehen Sie beim Crowd-Management vor?
Wir werden in diesem Jahr zum ersten Mal Besucherströme messen. Dabei werden die Menschen gezählt, die beispielsweise auf den Theaterplatz laufen, und jene, die ihn wieder verlassen. So wissen wir zu jedem Zeitpunkt, wie viele auf diesem Festperimeter sind. Diese Zählung erfasst nur die Bewegung der Menschen. Es werden keine Bilder oder sonstige Daten erfasst. Die kritischen Orte haben wir im Rahmen des Sicherheitskonzepts definiert.
Wie viele Leute verträgt denn der Theaterplatz?
Ab drei Personen pro Quadratmeter muss man den Platz im Auge behalten und muss dann auch je nach Stimmung situativ entscheiden.
Dann realisieren Sie: Es ist zu eng. Was dann?
Wenn es kritisch wird, beispielsweise bei während dieser zwei Tage sicher nicht geben. Ich werde mich da hauptsächlich in der Einsatzzentrale aufhalten.
Was passiert bei einem Unwetterereignis wie beispielsweise vor zehn Jahren am eidgenössischen Turnfest in Biel? Da flüchteten die Leute unter anderem ins Feuerwehrdepot. Wo sind die Zufluchtsorte in der Stadt Luzern?
In der Stadt ist es schwierig, die Leute irgendwo unterbringen zu können. Bei einem Unwetter wären der Bahnhof oder die Parkhäuser Zufluchtsorte. Ein Unwetter würden wir aber bei der Einsatzzentrale auch kommen sehen. Da haben wir eine versierte Person definiert, die lediglich das Wetter beobachtet. Im Notfall können wir auch Meteo Schweiz kontaktieren für eine Expertenmeinung. Das ist beispielsweise eine Erkenntnis des eidgenössischen Turnfests, dass man diese Wetterlagen noch intensiver beobachten muss. Am eidgenössischen Turnfest in Aarau war beispielsweise ein Meteorologe auf dem Platz.
Der Fakt, dass nur noch rund 50 000 und nicht 100 000 Festbesucher:innen dabei sind, macht Ihre Arbeit aber schon etwas einfacher oder nicht? Grundsätzlich macht es die Arbeit vor allem einfacher, weil die Seebrücke nicht mehr gesperrt werden muss. Das war natürlich jeweils ein massiver Eingriff in den öffentlichen Verkehr. Ohne all diese Umleitungen ist die Arbeit natürlich etwas einfacher, daneben ist es aber noch relativ ähnlich.
«Grundsätzlich macht es die Arbeit vor allem einfacher, weil die Seebrücke nicht mehr gesperrt werden muss.»
Was ist denn für Sie das grösste Risiko? Das ist schwierig zu sagen. Das Risiko wird nach Wahrscheinlichkeit und Schadenhöhe klassifiziert. Was unser oberstes Gebot ist, ist natürlich, irgendwelche Personenschäden zu verhindern und zu erreichen, dass sich der Gast am Stadtfest wohlfühlt und nie in eine gefährliche Situation kommt.
Nicole Reisinger sagt jeweils, sie freue sich unglaublich auf das Fest. Können Sie sich bei Ihrer Verantwortung überhaupt noch freuen?
Was macht das Stadtfest sicherheitstechnisch speziell?
Es ist natürlich etwas anderes als ein kleiner Anlass auf dem Land.
Die Veranstaltungsbranche lernt natürlich auch immer wieder durch Vorfälle. Entsprechend werden auch die Auflagen angepasst. Vor dem Unglück an der Loveparade 2010 hat in der Schweiz kaum
3½ Personen pro Quadratmeter, analysiert die Ordnungsdienstpatrouille vor Ort, wie gut sie diesen Platz noch durchqueren kann. Wenn dies schwierig ist, muss der Zufluss von noch mehr Leuten beschränkt werden.
Das klingt aber so, dass Sie das Stadtfest nicht wirklich geniessen werden können ... Als Sicherheitsverantwortlicher trage ich mit der OKPräsidentin die Hauptverantwortung. Halligalli wird es für mich
Klar, freue ich mich auch. Ich habe schon mehrere Veranstaltungen organisiert und hatte dort mehr Rollen gehabt als die Sicherheit. Wenn man in dieser Branche tätig ist, lebt man auch etwas mit dieser Rolle und tut dies auch mit Leidenschaft.
Interview: Marcel Habegger