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Corona: Hausarrest in der Kaserne

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Hausarrest in der Kaserne Ein Einblick in die Covid-19-Quarantänestation in Gossensaß

Die Angst und die Skepsis im Wipptal waren groß, als es Anfang März plötzlich hieß, das Militärferienheim in Gossensaß werde zur Covid-19-Quarantänestation umfunktioniert. Am 7. März wurden die ersten Patienten aufgenommen. Gut sechs Monate später gibt Thomas Holzknecht vom Zivilschutz des Weißen Kreuzes, der die Struktur leitet, einen Einblick in den verordneten Hausarrest in der Kaserne.

14 Tage dauert die vorgegebene Quarantänezeit für auf Covid-19 positiv Getestete bzw. für jene Personen, die mit Infizierten in engem Kontakt waren. Vie le haben nicht die Möglichkeit, die verordnete Isolation zu Hau se zu verbringen, und kommen in eine vom Staat zur Verfügung gestellte Quarantänestation. Der zeit gibt es drei nationale Quarantänestrukturen, darunter jene 30

im „Soggiorno Montano Milita re“ in Gossensaß. Das Militärferienheim ist nichts anderes als ein Hotel, wo normalerweise Ange hörige der Streitkräfte ihren Urlaub verbringen. „Die Struktur bietet sich als Quarantänestation optimal an, da sie über viele Zim mer verfügt und das Grundstück bereits eingezäunt ist, wodurch keine Sicherungs- und Umbauar beiten notwendig waren. Der Zivilschutz hat lediglich zwei Container mit Schleusen aufgestellt“, so Thomas Holzknecht, der die Quarantänestation seit Anfang März leitet.

DIE STRUKTUR

85 Zimmer stehen zur Verfü gung, die je nach Bedarf als Einzel-, Doppel- oder Familienzimmer genutzt werden können. „Der Großteil der Betreuten sind Einzelpersonen, aber wenn bei spielsweise ein Flüchtlingscamp evakuiert werden muss, sind auch hin und wieder Familien dabei“, so Holzknecht. Momentan (Stand 9. September) sind rund 30 Pa tienten in der Quarantänestation untergebracht. Etwa die Hälfte davon sind Personen, die positiv getestet wurden, die restlichen hatten in den vergangenen zwei Wochen mit Infizierten min

85 Zimmer stehen in der Quarantänestation Gossensaß seit 7. März zur Verfügung.

destens eine Viertelstunde ungeschützten Kontakt. „Die beiden Gruppen sind in getrennten Häu sern untergebracht und haben untereinander keinen Kontakt“, so der Leiter der Struktur. In der Station werden sowohl Südtiro ler als auch Personen von außerhalb der Provinz untergebracht. Alle Patienten sind ohne Sympto me. Sobald Symptome auftreten, werden die Patienten ins Kran kenhaus verlegt. Engl, Ärztlicher Leiter im Kran kenhaus Sterzing, erhält die Anfrage für die Aufnahme in Gossensaß, muss diese bewerten und absegnen. Ab Start der Quarantä ne sind die Personen für mindestens 15 Tage in Gossensaß (Aufnahmetag = Tag 0). „Wir haben aber auch schon Patienten bis zu zwei Monate lang hier betreut, da man drei negative Testergebnis se braucht, damit die Quarantäne wieder aufgehoben werden kann“, so Holzknecht. Der erste Test wird entweder schon vor der Aufnahme in der Quarantänesta tion gemacht oder sofort am Ankunftstag in der Struktur vor Ort. „Die Patienten werden mit dem Rettungswagen zu Hause abge holt und direkt auf das Gelände der Kaserne gebracht, grundsätzlich zwischen 9.00 und 19.00 Uhr, bei Notfällen auch nachts“, so Holzknecht. Für Anrainer be steht kein Sicherheitsproblem, da die Patienten ihr Zimmer bzw. die Struktur zu keiner Zeit verlassen; sie können keinen Kontakt zur Bevölkerung aufnehmen. Auch Dr. Engl bestätigt: „Die Struktur ist absolut sicher. Alle Vorsichts maßnahmen und hygienischen Richtlinien entsprechen dem Krankenhausstandard.“

QUARANTÄNE MIT ZIMMERSERVICE

Die Patienten müssen während der Quarantänezeit immer im zu gewiesenen Zimmer bleiben, das wie ein Hotelzimmer mit Dusche/ WC, Fernseher und Internetzu gang ausgestattet ist. Rund um die Uhr sind vier ehrenamtliche Mitarbeiter des Zivilschutzes im Dienst, um die Patienten best möglich zu betreuen. „Ich bin sehr stolz auf die Freiwilligkeit in Südtirol. Wir haben die Struktur jetzt sechs Monate rein mit eh renamtlichen Mitarbeitern geführt“, berichtet Holzknecht. Zusätzlich ist eine Militäreinheit bestehend aus rund zehn Personen in Gossensaß stationiert, die für die Ein- und Ausgangskontrolle sorgt. Der Sanitätsbetrieb macht die Abstriche und stellt einen Arzt zur Verfügung, der die medizini sche Basisversorgung übernimmt und Patienten bei der Entwick lung von Symptomen sofort an das Krankenhaus überweist. Gearbeitet wird modern mit Funk geräten und Whats-App-Gruppen mit den Patienten. Das Essen wird vor Ort gekocht und dreimal

„Weder Hotel noch Krankenhaus“

3 Fragen an Rudolf Pollinger, Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz

Erker: Herr Pollinger, welche Erfahrungen wur den mit der Quarantänestation in Gossensaß gemacht?

Rudolf Pollinger: Die Einrichtung von Quarantänestrukturen wird von der Bevölkerung mit großer Sorge wahrgenommen und es ist nicht einfach, vorweg die Akzeptanz zu gewinnen – so auch in Gossensaß. Nach anfänglicher Angst und Skepsis hat die Bevölke rung die Struktur angenommen, was sicherlich auch mit der guten und transparenten Führung zusammen hängt. Für uns war das eine sehr positive Erfahrung.

Hat es sich bewährt, eine Struktur in dieser Grö ßenordnung einzurichten?

Die Struktur war regelmäßig sehr gut ausgelastet und es hat sich auf jeden Fall ausgezahlt, anstelle von meh reren kleinen Strukturen eine große einzurichten. Die Zusammenarbeit zwischen dem Militär als Hausherrn, dem Weißen Kreuz, das die Struktur führt, den Ärz ten des Sanitätsbetriebes, den Mitarbeitern der Agentur für Bevölkerungsschutz und allen anderen unterschiedlichen Dienstleistern war und ist sehr gut. Dadurch konnten auch schwierige und komplizierte Fälle bewältigt werden. Da eine Quarantänestruktur weder Hotel noch Kran kenhaus ist, war es wichtig, das richtige Maß an Führung und Betreuung zu finden. Nachdem die Gästetypen in Gossensaß sehr unterschiedlich waren, mussten in puncto Unterbringung, Verpflegung und ärztlicher Betreuung auch unterschiedliche Maßnahmen getrof fen werden. Das erfordert eine sehr hohe Flexibilität und eine stabile Organisation von Seiten aller Beteilig ten.

Die Zahl der Personen in Quarantäne ist nach ei nem Tiefstand im Sommer nun wieder angestiegen. Braucht es im Hinblick auf den Winter weitere Strukturen?

Man hat mehrere Strukturen ins Auge gefasst. Der zeit wird das Bildungshaus in Sarns als Erweiterung von Gossensaß eingerichtet. Interview: su

Thomas Holzknecht: „Ich bin sehr stolz auf die Freiwilligkeit in Südtirol.“

am Tag ins Zimmer geliefert. „Wenn KEINE zwischendurch einmal ein Wunsch ge SICHERHEITSBEDENKEN MEHR äußert wird, versuchen wir, diesen bestPositiv ist mittlerweile die Grundstim möglich zu erfüllen. Wenn jemand 14 mung in der Gossensasser Bevölkerung. Tage einsperrt wird, dann muss man ihn „Natürlich waren wir am Anfang sehr schon irgendwie bei Laune halten“, so skeptisch, weil wir nicht wussten, was der Leiter der Struk auf uns zukommt. Auch haben tur. Trotz der Rundwir die Notwendigkeit anfangs um-Betreuung kann nicht eingesehen. Das hat sich es passieren, dass dann schnell geändert“, so Bür einigen Patienten germeister Franz Kompatscher. bei ständigem Auf Mittlerweile gebe es keine Sicher enthalt im Zimmer heitsbedenken mehr, die Struktur irgendwann die De sei sicher und die Zusammenar cke auf den Kopf beit mit der Leitung funktioniefällt. „Einige wer re gut. Weniger das Dorfleben, den aggressiv, aber sondern viel mehr die Wirtschaft

Gespräche mit un sei von der Quarantänestation seren Mitarbeitern Franz Kompatscher: beeinflusst worden. „Das Mili helfen oft schon „Sicherheitsbedenken betärferienheim verfügt über 500 weiter. Zusätzlich stehen keine mehr, aber der Betten und die heuer ausgeblie sind auch Psycho wirtschaftliche Schaden ist groß.“ benen Gäste machen normalerlogen im Einsatz.“ weise rund ein Viertel der Über

Im Hinblick auf nachtungen in Gossensaß aus. die Wintermonate ist das Land dabei, Der wirtschaftliche Schaden ist groß“, weitere Quarantänestrukturen aus gibt Kompatscher zu bedenken. Für die findig zu machen und vorzubereiten. Wintersaison gebe es wenig Hoffnung. „Durch die momentan eher geringe „Nicht nur die Konsumationen und Ein

Auslastung drängt die Zeit nicht. Drei käufe werden zurückgehen, auch das

Strukturen haben wir im Blick, die Skigebiet samt Skischule und Skiverleih bei Bedarf in relativ kurzer Zeit geöff werden die Schließung des ,soggiorno net werden können“, berichtet Holzmontano‘ stark zu spüren bekommen“, knecht. Die von der Politik ins Auge ist sich Kompatscher sicher. Es gebe aber gefasste Verkürzung der Quarantä bereits Gespräche mit der Landesregie nezeit sieht er problematisch, „da rung, wie der wirtschaftliche Schaden unsere Erfahrungen zeigen, dass Per kompensiert werden könnte. sonen oft länger als 14 Tage positiv sind.“ su

Outlet Center Brenner: Viel Neues

Trotz längster Corona-Schließung Europas konnte das Outlet Center Brenner gut starten. Die Umsätze sind teilweise schon wieder am Vorjahresniveau. 7 neue Marken konnten gewonnen werden und nur 290 qm von 16.500 qm sind noch frei.

Süd- und Nordtirol eröffnet hat. Dazu noch die internationalen Outdoor-Brands Peak Performan ce und Haglöfs. Mit Lieblingsstück und One more Story eröffneten gleich zwei junge Marken für Da menmode ihre Shops. Ein Pilotprojekt wurde mit VR 46 Apparel, der Bekleidungslinie von Valentino Rossi, u mgesetzt. Das ist der erste permanente Shop von VR 46! Bis Dezember wird eine vollkommen neue ILLY-Bar entstehen. Einige neue Projekte und auch Erwei terungen mussten aufgrund der Covid-Ereignisse auf 2021 bzw. 2022 verschoben werden. Von den 16.500 Quadratmetern Shopfläche sind trotz Corona-Krise nur mehr 290 qm noch nicht an nachfragen de Marken vergeben. Viel zu wenig Fläche, um die Nachfrage von Her stellern bzw. Marken in den kommenden Jahren decken zu können.

Centermanager Maximilian Wild

Das Outlet Center Brenner hatte aufgrund der Covid-Maßnahmen in Italien und der österreichischen Grenzsperren eine Rekordschlie ßung in Europa zu verkraften. Vom 10. März bis 15. Juni muss te das Center geschlossen bleiben, und das nach einem Rekord im Januar und Februar mit 23 % Umsatzzuwachs. Dennoch haben nur 4 Pächter von 70 aufgrund wirtschaftlicher Probleme ihre Shops schließen müssen. Center manager Maximilian Wild bedauert den Abgang dieser Marken,

Einzigartig: neuer Shop als Pilotprojekt mit VR 46

aber die wirtschaftliche Situation ließ keine andere Möglichkeit zu. Es ging vor allem um italienische Pächter, während die hauptsäch lich internationalen Pächter des Centers durchwegs gut aus dem Lockdown gekommen sind. Dazu wurden 7 neue Pächter gewon nen. Allen voran die Marke LEVIS, welche im Outlet Center Brenner den größten Levis-Store in ganz

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