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Ski alpin: Fabian Bacher im Interview

„Das Glück war oft nicht auf meiner Seite“

Viele Jahre war Fabian Bacher im internationalen Skizirkus unterwegs, im vergangenen Frühjahr hat der 27-jährige aus Pardaun seine aktive Karriere als Skirennläufer beendet. Der Erker hat sich mit ihm zum Interview getroffen.

Erker: Herr Bacher, für Sie beginnt der erste Winter als „Skipensionist“. Wie fühlt sich das an?

Fabian Bacher: (lacht) Bis jetzt fühlt sich mein Leben sehr gut an. Ich hatte schon im Vorjahr entschieden, dass ich alles in eine Waagschale werfe. Noch einmal Vollgas, alles zu hundert Prozent und dann schaue ich, was herauskommt. Das Ergebnis des vergangenen Winters war schließlich, dass ich meine Karriere beendet habe. Ich denke, es war für mich der Zeitpunkt gekommen, etwas Neues zu beginnen.

Das war sicher keine leichte

Entscheidung.

Nein, das war es auf keinen Fall! Ich habe von klein auf alles meinem Traum von einer Skikarriere untergeordnet. Da trifft man solche Entscheidungen nicht leichtfertig. Ich bereue es aber nicht, weil es für einfach die richtige Entscheidung im richtigen Moment war. Auch wenn ich in den sozialen Medien manchmal Trainingsvideos meiner ehemaligen Teamkollegen verfolge, „gluschte“ ich nicht mehr. Durch meine Entscheidung ist einfach auch viel Druck, der auf den Schultern eines Sportlers immer lastet, weggefallen – und das genieße ich im Moment sehr. Ich kann plötzlich Dinge tun, die für Interview: Barbara Felizetti Sorg

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Die Berge sind Fabian Bachers Leidenschaft.

andere selbstverständlich sind, etwa eine Bergtour zu machen, ohne auf den Trainings- oder Rennkalender Rücksicht nehmen zu müssen. Das ist für mich völlig neu. Zwischendurch überkommt mich immer doch immer wieder das Gefühl, trainieren zu müssen – dann fällt mir aber wieder ein: „Nein, das musst du ja nicht mehr!“

Der 24. Jänner 2016 war ein besonderer Tag in Ihrem Leben …

Ja, auf jeden Fall! Da stand ich zum ersten Mal am Start eines Weltcup-Rennens, noch dazu in Kitzbühel. Ich wurde ganz kurzfristig zwei Tage vor dem Rennen eingesetzt, weil sich jemand verletzt hatte. Das war eine Aufregung! Wenn du da am Start stehst, vor dir der legendäre Ganslernhang, entlang der Strecke und im Zielgelände Tausende von Zuschauern … das ist schon ein ganz besonderes Gefühl, nicht nur für einen jungen Slalomfahrer! Diesen Moment werde ich nie vergessen. Ich habe mich an diesem Tag zwar nicht für den zweiten Lauf qualifiziert, aber trotzdem war es ein sehr emotionales Erlebnis. Die Startnummer habe ich heute noch eingerahmt zu Hause hängen. Mein zweiter Weltcup-Einsatz folgte dann schon zwei Tage später in Schladming, wo ich im ersten Durchgang ausgeschieden bin.

Sie haben in Ihrer Karriere 22

Weltcup-Rennen bestritten.

In der Saison 2017/18 lief es für mich gut und ich wurde mehrmals im Weltcup eingesetzt. Allerdings war dort das Glück nie auf meiner Seite. Oft haben mir im Ziel wenige Hundertstelsekunden gefehlt, um mich für den zweiten Lauf zu qualifizieren – wobei ich nicht unbedingt von Glück sprechen möchte; ich bin nach wie vor der Meinung, dass man hart arbeiten muss, dann passieren solche Dinge nicht. Trotzdem war es manchmal schon hart, wenn man immer wieder so knapp scheitert. 2018/19 wurde ich schließlich in die Weltcup-Mannschaft aufgenommen. Beim Saisonauftakt in Levi lief es richtig gut. Bei der Zwischenzeit lag ich auf dem 15. Platz, doch dann bin ich ausgeschieden. Das ist mir leider öfter passiert. Das war ein Kampf mit mir selber.

Erzeugen solche Ereignisse auch Druck?

Ganz sicher! Solche Sachen muss man mit sich selber austragen, da hat man keinen Gegner außer sich selber. Das ist wirklich reine Kopfsache. (lacht) Denn Skifahren kann auf diesem Niveau jeder – die mentale Stärke macht aber den Unterschied. Und gerade dort hätte ich sicher stärker sein können. Dass man auch als 31. noch zur Weltspitze gehört, wird in der Öffentlichkeit aber gar nicht wahrgenommen. Und schon gar nicht, wie schwer es ist, überhaupt dorthin zu kommen.

Auch vor Verletzungen sind

Nächstes Ziel: die Bergführerprüfung Die erste Weltcup-Startnummer

Sie nicht verschont geblieben.

Meine zwei Verletzungen – je ein Kreuzbandriss am rechten und am linken Knie – haben mich wieder weit zurückgeworfen. Mehr noch als das fehlende Training hat mir

Fabian Bacher: 22 Einsätze im Weltcup

der Druck zugesetzt, auf meine Teamkollegen im Rückstand zu sein. Das war schon eine schwere Zeit. Wenn man ganz vorne dabei sein will, muss man auch das Glück haben, vor schweren Verletzungen weitgehend verschont zu bleiben. Beim Slalom geht es aber sehr schnell, dass man sich den Fuß verdreht und sich eine Bänderverletzung zuzieht. Auch ein Fahrfehler hat im Slalom unmittelbare Auswirkungen – das macht dich im Kopf auf Dauer einfach kaputt.

Kann man mentale Stärke lernen?

Ich denke schon. Ein gewisses Talent und auch eine gewisse mentale Stärke müssen einem meiner Meinung nach aber schon in die Wiege gelegt werden. Was mir sehr geholfen hat, war die hundertprozentige Unterstützung durch meine Familie, die mich auf meinem Weg immer begleitet und alles für mich getan hat. Auch mein Trainer Livio Magoni,

der mich die letzten Jahre trainiert hat, hat mich sehr positiv beeinflusst. Er hat zwar seine eigenen Trainingsmethoden, für die er oft kritisiert wird, aber mir haben sie gutgetan. Auch das gemeinsame Training mit der Slowakin Petra Vlhova, die er ebenfalls trainiert, war ein großes Plus, für sie genauso wie für mich.

2018 haben Sie am Far East

Cup in Japan teilgenommen.

Wie kam es dazu?

Das war ein Erlebnis! Ich wollte unbedingt meine FIS-Punkte verbessern, um meine Startposition im Weltcup zu verbessern, weshalb mich mein Trainer beim Far East Cup in Japan angemeldet hat. Ich bin alleine nach Japan gereist. Im ersten Rennen bin ich ausgeschieden, im zweiten Rennen wurde ich Zweiter. Im dritten Rennen lag ich bei der Zwischenzeit auf Platz 1 und bin dann leider ausgeschieden. Punktemäßig konnte ich mich mit dem 2. Platz gut verbessern.

Am 13. Jänner 2019 sind Sie beim Weltcup in Adelboden als 24. in die Punkteränge gefahren.

Das war richtig cool! Nach dem ersten Durchgang lag ich auf dem 30. Platz und durfte deshalb den zweiten Durchgang eröffnen. Das war ein besonderes Gefühl, wenn man das Publikum bis zum Start hinauf hört … Da steigt der Adrenalinspiegel automatisch, das pusht einen schon.

In diesem Winter wird mit dem fehlenden Publikum also ein wichtiger Faktor wegfallen.

Auf jeden Fall! Ich denke aber, es gibt auch Athleten, denen das Publikum nicht fehlen wird, weil sie damit nicht umgehen können. Das ist sicher eine Charakterfrage. Einige brauchen es, andere können besser ohne. Aber man gewöhnt sich daran.

Was haben Sie für Ihre Zukunft geplant?

Im Moment bin ich noch bei den Carabinieri in Gröden, weil ich der Sportgruppe angehört habe. Ich möchte jedoch in der nächsten Zeit die Ausbildung zum Bergführer absolvieren. Ich bin gerne in der freien Natur und liebe die Berge. Aber ich möchte mich nicht festlegen. Ich lasse mich überraschen, was die Zukunft bringt. E

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