Eine Bilanz
Diaspora Hohenems
Auf dem Weg zur „Liechtenstein-Schau“ von Candida Höfer besuchte ich in Hohen ems, Vorarlberg, den Fotografen Peter Mathis, der berühmt ist für seine Aufnahmen der Berge im Winter. Mathis machte mich mit Hanno Loewy bekannt, Direktor des Jüdischen Museums Hohen ems, der vor wenigen Tagen den Öster reichischen Museumspreis 2022 entgegennehmen durfte.
Ihr Haus ist ein mutiges Museum, das gerne provokante Fragen in den Raum bringt. Der aktuelle Ausstellungstitel „Ausgestopfte Juden?“ dürfte nicht unumstritten sein?
HL: Wir versuchen, einen ironischen Umgang mit unseren Themen zu kulti vieren. Wobei Ironie nicht zynisch oder arrogant sein sollte. Und dazu gehört auch, sich wie in diesem Fall, mit den Jüdi schen Museen überhaupt zu beschäftigen. Mit dieser Ausstellung stellen wir die Frage danach, was eigentlich in unserer Gesellschaft gemeint ist, wenn jemand „jüdisch“ sagt. Museen sind öffentliche Orte, an denen Gesellschaften etwas aus verhandeln. Und über kaum etwas wird heute so viel gestritten wie über Fragen von Antisemitismus und Rassismus, Identität und Weltoffenheit.
Das Museum betritt man durch einen kleinen Garten im Herzen der Stadt. Es ist als offene Institution angelegt, die Reisende wie Ortsansässige einlädt. Wie lassen sich die Aktivitäten des Museums beschreiben?
KUNSTMUSEUM MAGDEBURG
KLOSTER UNSER LIEBEN FRAUEN
Lieber Herr Loewy, die Preisjury würdigt die Arbeit Ihres Museums mit den Worten: „Das Jüdische Museum erzählt die Ge schichte einer Diaspora-Gemeinde, aber greift gleichzeitig aktuelle Themen auf.“ Können Sie hier ohne den Medienrummel und politischen Druck in Ruhe arbeiten?
Hanno Loewy: Hohenems ist ein magischer Ort. Ja, man kann hier ent spannt auch die großen Themen der Gegenwart angehen, die sonst oft polari sieren. Wir wollen wissen, wohin Europa sich ent wickelt. Jüdische Museen sind Orte, an denen man ausprobieren kann, mit Zweideutigkeit, mit Mehrdeutigkeit souveräner umzugehen.
HL: Wir bauen Brücken zwischen der konkreten Geschichte des Ortes und der Region. Zwischen den verschiedenen Menschen, die hier leben − egal welchen Migrationshintergrund sie haben –, und den vielen Gästen, die in diese selbst schon internationale Region reisen. Wir bespielen nicht nur unser Haus mit Ausstellungen, kritischen Vorträgen und Diskussionen, Musik, Literatur und einer Sommeruniversität. Wir gehen auch hinaus in die Stadt und an die Grenze, die einmal ein Hotspot von Flüchtlingen und Fluchthelfern war.
Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche Ihnen viel Freude auf Ihrer persönlichen Entdeckungstour mit ARTMAPP!
Das Kunstmuseum Magdeburg verfügt über die bedeutendste Sammlung nationaler und internationaler Kunst der Gegenwart in Sachsen-Anhalt. Neben den gezeigten Werken ist auch der Ort einzigartig: das Kloster Unser Lieben Frauen - Magdeburgs ältester erhaltener Gebäudekomplex. Zeitgenössische Kunst trifft auf romanischen Bau.
Seit Herbst 2022 erweitert ein Dachgeschoss die Ausstellungsfläche und ermöglicht einen Rundgang durch die Kunst auf vier Etagen.
Regierungsstr. 4-6 39104 Magdeburg www.kunstmuseum-magdeburg.de
„Street Life“ am Rhein
Ludwigshafen ist eine moderne Industriestadt am Rhein und nach Mainz die zweitgrößte Stadt in Rheinland-Pfalz. Be kannt als Hauptsitz der BASF sowie Heimatstadt von Helmut Kohl und Ernst Bloch ist die junge Großstadt inmitten der Metropolregion Rhein-Neckar berühmt für ihre Straßen, Brücken, Alleen und die Bewegung entlang des Rheins. Passend dazu wird das Leben auf der Straße in der aktuellen Ausstellung „Street Life“ und den zahlreichen Murals, die den urbanen Raum positiv verändern und aktiv an der Belebung der gesamten Stadt mitwirken, thematisiert.
www.lukom.com
LIECH TEN STEIN
Kunstschätze im Fürstentum
Die geringe Fläche des Fürstentums Liechtenstein, das reiz voll in der voralpinen Landschaft zwischen der Schweiz und dem Vorarlberg gelegen ist, beherbergt eine erstaunliche Vielfalt von Kultur und Bildungsinstitutionen. Eine eigene Universität, eine namhafte Kunstschule sowie die Musik akademie bilden den idealen Nährboden für eine lebendige Kunst- und Kulturszene. Die ideale Mischung aus heimischer Kultur und international renommierten Positionen in den Museen und Galerien, sowie viel Kunst im öffentlichen Raum machen Liechtenstein zu einem idealen Ziel für einen inspirierenden Ausflug. Es lohnt sich, auch ein wenig länger zu bleiben. Denn abends winken attraktive Theater- und Konzertveranstaltungen sowie stylische Bars und Kulinarik vom Feinsten.
Candida Höfer, „Passage Vaduz 1”, 2021, C-Print, 184 x 171,8 cm
© Candida Höfer, Köln / VG Bild-Kunst, Bonn 2022
femalepositions
Im Jahr der ersten transhistorischen, der 59. Internationalen Kunstbiennale Venedigs besinnen sich die Museen hierzulande glück licherweise endlich auch auf die Künst lerinnen.
Dabei werden die Grandes Dames, die seit Jahr zehnten ihre Arbeit tun, wieder oder ganz neu entdeckt und manchmal gerade noch so zu Lebzeiten in Retrospektiven gefeiert. In Gruppenausstellungen agieren zeitgenössische und junge weibliche Positionen längst auf Augenhöhe in den Themen unserer Zeit.
AMREI HEYNEDas Accessoire
Mode besteht, das verdeutlichen eindrücklich vor allem die Museen für Kunsthandwerk, nicht nur aus Hose oder Rock, Hemd oder Bluse, Sneakern oder Loafern, Mantel oder Jacke. Vielmehr gehören auch mehr oder minder kleine Accessoires zum Outfit, vom Hut über den Schmuck bis hin zu Tasche, Handschuh und Schal. Man drückt, so die landläufige Lesart, mit dem eigenen Stil auch Identität aus; zugleich erfüllt die Kleidung und die Art, wie wir uns kleiden, eine große Bandbreite gesellschaftlicher Codes. Eines jener Museen, das sich die sen „Kleinigkeiten“ verschrieben hat, ist das Deutsche Ledermuseum in Offenbach, das 1917 aus einer Lehrsammlung für angehende Hand werker und Lederwarenproduzenten hervorging, die inzwischen auf über 30.000 Objekte angewachsen ist. Gezeigt werden Ausstel lungen, die sich kultur- und epochenübergreifend mit Alltags- und Luxusgegenständen auseinandersetzen.
linke Seite: Blick in die Ausstellung „TSATSAS Einblick Rückblick Ausblick”, Kapitel TECHNICOLOR, bis 26. März 2023, Deutsches Ledermuseum, Offenbach am Main, Foto: © Gerhardt Kellermann
faszination PAPIER
Masse und Leichtigkeit
„Papier verkörpert Zartheit und Stärke, Fragilität und Festig keit, es wirkt gleichermaßen unberührbar wie haptisch anziehend“, stellte die Gründerin des „Haus des Papiers“ in Berlin, Annette Berr, einmal fest. Kein anderes Material ist so wandelbar. Zerknüllt, geklebt, geformt, bedampft oder geknickt – wie unterschiedlich Papier als Material in der zeit genössischen Kunst wirken kann, zeigt eine Ausstellung im Gustav-Lübcke-Museum in Hamm. Aus einem Baum ent standen, kann, vielfach geschichtet und geklebt, Papier wie Holz bearbeitet werden. Als Skulptur, Origami, Scheren schnitt oder Pappmaché erzeugt es eine eigentümliche Gleichzeitigkeit von Masse und Leichtigkeit. Die Kunstwerke sind nicht nur ästhetisch faszinierend, sondern sprechen zu uns aus Natur, Architektur und Mathematik.
Ausstellung „Faszination Papier – fascination paper“, bis 15. Januar 2023 im Gustav-Lübcke-Museum, Hamm
Bianca Severijns, „Protective Blanket“, 2019, © Sigal Kolton