ARTMAPP #11, Frühjahr 2016

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M Ä R Z – J U N I  2 0 16 E U R 6 , 9 0 D/A

S F R 9, 9 0

DAS KU NSTM AGA ZI N FÜ R ENTD ECK ER

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LUXEMBOURG TICINO DADA.100 GOTTARDO CLOSE BY AND FAR BEYOND

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Emilio Vedova. Senza titolo. Öl auf Leinwand. 1986. 110:110 cm

AUKTIONEN 16. UND 17. JUNI 2016 Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts Gegenwartskunst Graphik und Handzeichnungen alter Meister Kataloge online und auf Bestellung erhältlich ab Mitte Mai

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Titelmotiv: Pipilotti Rist, „Selbstlos im Lavabad“, 1994, audiovisuelle Installation (Standbild), Vereinigung Zürcher Kunstfreunde, Gruppe Junge Kunst © Pipilotti Rist, Courtesy: die Künstlerin, Hauser & Wirth und Luhring Augustine

Editorial 11 2016

IHRE KUNSTREISE NACH BASEL.

Foto Editorial: © Carmen Jäger

unten: Catherine Lorent, Foto: © Christoph Eckelt

Gitarren-Konstellationen

Liebe Leser, in dieser Ausgabe empfehlen wir zusammen mit Enrico Lunghi, Direktor des Mudam – Musée d’Art Moderne, aktuelle Kunst in der Großregion Saar-Lothringen-Luxemburg sowie „Luxemburg als Epizentrum“ (siehe Seite 77) zu entdecken: Eine bemerkenswerte Protagonistin ist Catherine Lorent. Ihr Œuvre erwächst aus den Bereichen bildende Kunst, Musik und P­ erformance. 2013 bespielte sie den Pavillon L­ uxemburgs auf der B ­ iennale in Venedig. In ihrem Berliner Atelier sprachen wir über das, was für sie Musik und Kunst verbindet. Liebe Catherine, als Malerin, Bildhauerin und Zeichnerin spielst und singst du in ­deinen Performances die Musik des Doom Metal, einer betont langsam und extrem verzerrt gespielten Form des Heavy ­M etal. Raimar Stange schreibt über ­deine Kunst, „High- und Low-Art treten in […] einen vielschichtigen Dialog, der jedwede Form von Hierarchie ­vergessen lässt […]“. – Wie könnte man den Stellenwert der ­Musik für ­deine Kunst noch beschreiben? Sie ist wie ihr Schatten, der stets mit ihr geht. Die musikalischen Einflüsse k­ ommen dabei aus verschiedenen R­ ichtungen, Egerländer Blasmusik, barocke K ­ ammerkompositionen, Bossa Nova, S ­ hoegaze etc. pp. Begegnen sie sich, entsteht Heavy Metal. Seit Kurzem spielst du mit den Künstlern Tom Früchtl, E-Gitarre, und John von Bergen, Schlagzeug, in der Band „Hertzangst“. Tom Früchtl ist ganz begeistert von deinem ­G esang und deinem Bass: „[…] dass wir mit dem Hintergrund unseres bildnerischen Schaffens musikalisch solch eine hochenergetische Form erzeugen“. Kannst du das Kompliment bestätigen? Ja! Du hast gerade auch ein Projekt mit Burkhard Driest am Start – er hat unter anderem das Drehbuch zu Rainer Werner Fassbinders Film „Querelle“ geschrieben. Um was geht es dabei? Wir arbeiten an einer Performance mit Ausstellung und Lesung. Catherine, wann und wo können dich unsere Leser demnächst wieder live erleben? Im Frühling in Berlin, ferner im Juni in der Artothek in Köln, mit meinem Projekt „Kölner Doom“. Liebe Leser, ich wünsche Ihnen nun viel Spaß auf Ihrer Entdeckungstour mit ARTMAPP.

Nahezu 40 Museen mit Sammlungen und Ausstellungen von Weltruf – das ist in der Schweiz einzigartig und auch im internationalen Vergleich Spitzenklasse. Darunter befinden sich vor allem vier weltberühmte Museen, die keinen Vergleich zu scheuen brauchen: Fondation Beyeler, Kunstmuseum Basel, Museum Tinguely und Vitra Design Museum. Mit dem Art & Design Special können Sie ab EUR 75 alle Facetten dieser vier Museen auf einmalig günstige Art und Weise erleben. Leistungen des Angebots: − 1 Basel Art Pass (48-h-Eintritt in die Art & Design Museums Basel) − 1 Übernachtung in der gewählten Hotelkategorie − 1 Mobility Ticket (kostenlose Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs) Buchen Sie jetzt Ihren Aufenthalt unter www.basel.com/baselartpass, artanddesign@basel.com oder +41 (0)61 268 68 58.

HIGHLIGHTS Fondation Beyeler, Basel / Riehen: Kandinsky, Marc & Der Blaue Reiter 04.09.2016 – 22.01.2017 Kunstmuseum Basel: Sculpture on the Move 1946–2016. Die grosse Sonderausstellung zur Eröffnung des erweiterten Kunstmuseums Basel 19.04.2016 – 18.09.2016 Museum Tinguely, Basel: Michael Landy. Out of Order 08.06.2016 – 25.09.2016 Vitra Design Museum, Weil am Rhein (D): Alexander Girard. A Designer’s Universe 12.03.2016 – 29.01.2017

Reiner Brouwer Herausgeber www.basel.com/baselartpass




Pipilotti Rist, Video for Miklos Rozsa’s ‘Andante for Strings, Op. 22a’, 2015, Standbild Courtesy the artist, Hauser & Wirth and Luhring Augustine



Inhalt

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(auszugsweise)

ARTM APP Frühjahr 2016

Brissago Inseln, Tessin © Ticino Turismo

Ticino

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DAS TESSIN AU F DER SUCHE NACH KU LT U RELLER IDEN TITÄT Die Sonnenstube der Schweiz – von Alice Henkes

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MASI LUGANO – EIN KU NSTHAUS, DAS BRÜCKEN BAU T von Alice Henkes

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DIE GALERIE BUCHMAN N, AGR A / LUGANO International und anspruchsvoll – von Alice Henkes

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BELLINZONA WIRD ZU R BÜHNE Theaterfestival, Villa dei Cedri, MACT & CACT – von Alice Henkes

40

HESSE – BALL – HEN NINGS Eine Freundschaft im Tessin – von Regina Bucher

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3 – 26 Juni 2016 Zwischen Wahnsinn und Unsinn festspiele-zuerich.ch

Dada Elena Buchmann © Courtesy: Buchmann Galerie, Agra / Lugano

Enrico Lunghi, Direktor des M ­ udam Luxemburg, Foto: © Andrés Lejona

DADA U ND HANS ARP In Locarno, Winterthur und Remagen – von Stefanie Dathe

56

DADAGLOBE RECONSTRUCTED Im Kunsthaus Zürich – von Claire Hoffmann

66

Luxembourg

74

„LU XEMBU RG ALS EPIZEN TRU M“ Aktuelle Kunst in der Region Saar-Lor-Lux – von Sabine Graf

76

GALERIE NOSBAU M REDING Long Distance Runner – von Sabine Graf

82

ALT GEHT GAR NICHT 20 Jahre Casino Luxembourg – von Sabine Graf

86

PROGRESSIVE ÄSTHETIK Catherine Lorent und Michel Majerus – von Raimar Stange

90

NRW- Highlights

112

SHORTCU TS NRW zusammengestellt von Katja Behrens

m it B e il a g e #D EIN NR W En td ec ke r­mo me nte

114


präsentiert:

Annegret Soltau Foto: die Künstlerin

Por träts AN NEGRET SOLTAU  von Roland Held

104

MARKUS BREN NER  von Paolo Bianchi

122

FLORIAN SCHWARZ  Portraits from along the way

Sa. 19–2 Uhr

126

23. April40 Museen 2016in Frankfurt & Offenbach

Kunst in Oberschwaben

134 Ausstellungen. Musik. DJs. Theater. Shuttle-Busse & mehr. Ticket 14,–€

HELGA GRIFFITHS Im Kunstmuseum Ravensburg – von Roland Held

136

AR MIN GÖHRINGER In der Städtischen Galerie im Schloss Isny – von Clemens Ottnad

138

(Vorverkauf & Abendkasse) Vorverkauf in Museen & VVK-Stellen / Hotline: (069) 97460-555 *unterschiedliche Schlusszeiten 24–3 Uhr

Eine Veranstaltung des Kulturamts Frankfurt am Main zusammen mit k/c/e Marketing3 GmbH

GRÜ N Andreas Scholz im Neuen Schloss Kißlegg

140

Ausstellungen DIE MALWEIBER VON PARIS In der Kunsthalle Jesuitenkirche, Aschaffenburg – von Daniela Gregori

174

„BERLIN – STADT DER FR AU EN“ Von Töchtern und Persönlichkeiten im Ephraim-Palais, Berlin von Daniela Gregori

176

K AI SCHIEMENZ – SKULP T UR ALS U NMIT TELBARES GEGENÜ BER Städtische Galerie Wolfsburg – von Nicole Büsing & Heiko Klaas

178

HORCHER IN DIE ZEIT Claus K. Netuschil über Ludwig Meidner (1884–1966)

182

Amrei‘s Ar tblog

157

Termine

158

Impressum

190

Ludwig Meidner, „Strange Lovers“, 1941, Aquarell und Tusche über Bleistift, Foto: Ursula Seitz- Gray, Frankfurt © Ludwig Meidner-Archiv, Jüdisches Museum der Stadt Frankfurt am Main

*

nacht-der-museen.de


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Öffnungszeiten Di bis Fr 10 bis 17 Uhr, Sa, So/Feiertage 11 bis 17 Uhr Jeder erste Di/Monat 10 bis 21 Uhr (Langer Kunstabend) Ostern, 1. Mai, Himmelfahrt und Pfingsten geöffnet

Die Kunsthalle wird gefördert durch

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Ohne Titel, 1979 Mischtechnik auf Papier, 398 cm x 157 cm © Courtesy Buchmann Galerie Lugano u. Nachlass Martin Disler; Photo: Serge Hasenböhler


RodÄ?enko

27 Februar 8 Mai 2016

Museo LAC Lugano www. masilugano.ch

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Viadukte vor dem Nordportal des Ceneri- Basistunnels im Kanton Tessin, Š AlpTransit Gotthard AG


Am 1. Juni 2016 wird der kurz vor der F ­ ertigstellung stehende Gotthard-Basistunnel für die Neue ­E isenbahn-Alpentransversale (NEAT) eröffnet, der die Fahrzeit von Zürich nach Mailand um eine ganze Stunde verkürzen soll. Seit 1999 wird an dem Großprojekt gebaut; mit seinen 57 Kilometern Länge wird er der längste Eisenbahntunnel weltweit sein.


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Diego Casartelli, „Esercizi di ventilazione“, Motto di Dentro, Nr. 4, 2004


19 Rino Tami und St. Got thard

„Esercizi di ventilazione“ Vado in montag na f in da piccolo, c i vado soprat t ut to ­d ’estate; dai tempi di Heidi sospettavo che l’archetipo della montag na si t rovasse nelle Alpi svi z zere, ne ho avuto ­c onfer ma dopo aver visto Sean Conner y che inseguiva Mr. Goldfinger sui tornanti dell’Engadina. Fin da piccolo sono stato attratto dai tunnel; ricordo una galleria, lungo l’autostrada Milano-Genova, che, con il suo chilomet ro scarso, a me sembrava lunghissima, ­m entre mio padre mi raccontava del tunnel più lungo del Mondo. Ho sempre ammirato la capacità degli svizzeri di inserire le infrastrutture nel paesaggio, pochi altri riescono a mettere spigolosi oggetti di calcestruzzo ai piedi di una montagna, lungo una valle o vicino ad un lago. Durante la costruzione dell’autostrada N2 che attraversa il Canton Ticino da sud a nord, fu realizzato, tra il 1969 e il 1978, il tunnel autostradale del Gottardo, allora la più lunga galleria automobilistica del Mondo. Il tunnel fu dotato di quattro pozzi di ventilazione che ancora oggi sbucano imprevisti nelle località di Motto di Dentro, Guspisbach, Hospental e Bäzberg ricordando all ’ idilliaco paesaggio alpino che il cuore della montagna batte artificialmente. Non so quanti conoscano l’effettiva funzione di questi solitari testimoni di calcestruzzo. L’architetto ticinese Rino Tami partecipò alla realizzazione dell’autostrada con il ruolo di consulente artistico, disegnando viadotti, portali di gallerie e il terminale del pozzo del Motto di Dentro che si incontra lungo la vecchia strada del passo del Gottardo, a circa 1700 metri di altezza, ai piedi di un ripido pendio. Un migliaio di met ri più in basso, inconsapevoli, ventimila veicoli attraversano, ogni giorno, la montagna.

DIEGO CASARTELLI

D i e g o C a s a r t e l l i , g e b o r e n i n C o m o , l e b t u n d a r b e i t e t a l s A r c h i t e k t u n d F o t o g ra f i n F ra n k f u r t a m M a i n . S e i n e A r b e i t „ E s e r c i z i d i v e n t i l a z i o n e“ e n t s t a n d 2 0 0 4 . R i n o Ta m i , g e b o r e n 1 9 0 8 i n L i s o ra , g e s t o r b e n 1 9 9 4 i n L u g a n o , g i l t a l s P i o n i e r d e r m o d e r n e n Te s s i n e r A r c h i t e k t u r. w w w . g o t t h a rd - s t ra s s e n t u n n e l . c h w w w . g o t t a rd o 2 0 1 6 . c h

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — T I C I N O

In die Berge gehe ich, seit ich klein bin, ich gehe vor allem im Sommer dorthin; seit den Zeiten von Heidi glaubte ich, dass der Archetyp des Berges in den Schweizer Alpen zu finden sei – meine Annahme wurde von Sean Connery bestätigt, der auf den Serpentinen des Engadin Mr. Goldfinger verfolgt. Seit ich klein bin, haben mich Tunnel immer wieder fasziniert; besonders im Gedächtnis geblieben ist mir ein Tunnel auf der Autobahn zwischen Mailand und Genua, der mir, obwohl nur knapp einen Kilometer lang, unglaublich lang erschien, während mir mein Vater vom längsten Tunnel der Welt erzählte. Schon immer habe ich die außergewöhnliche Fähigkeit der Schweizer bewundert, Infrastruktur und Landschaft miteinander in Einklang zu bringen – nicht vielen gelingt es, sperrige Betonobjekte am Fuß eines Berges, in der Tiefe eines Tals oder entlang eines Sees in dieser Weise zu platzieren. Beim Bau der Autobahn N2, die von Süd nach Nord durch das Tessin führt, entstand zwischen 1969 und 1978 der Gotthard-Tunnel, zu dieser Zeit der längste Autobahntunnel der Welt. Der Tunnel wurde mit vier Ventilationsschächten ausgestattet, die noch heute wie aus dem Nichts an den Orten Motto di Dentro, Guspisbach, Hospental und Bäzberg auftauchen und die alpine Bergidylle daran erinnern, dass das Herz des Berges künstlich schlägt. Ich weiß nicht, wie vielen die tatsächliche Funktion dieser einsamen Zeugen aus Beton ­bekannt ist. Der Tessiner Architekt Rino Tami begleitete den Bau der Autobahn als architektonischer Berater, entwarf Viadukte, Tunneleingänge und den Ausgang des Ventilationsschachts von Motto di Dentro. Dieser befindet sich an der historischen Straße über den Gotthard-Pass, auf einer Höhe von ungefähr 1.700 Metern, am Fuß eines steilen Berghangs. Einige Tausend Meter tiefer durchqueren dessen un­ geachtet jeden Tag 20.000 Fahrzeuge den Berg.


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Diego Casartelli, „Esercizi di ventilazione“, Bäzberg, 2004

Diego Casartelli, „Esercizi di ventilazione“, Hospental, 2004


Diego Casartelli, „Esercizi di ventilazione“, Bäzberg, Nr. 3, 2004

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — T I C I N O

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22

Diego Casartelli, „Esercizi di ventilazione“, Guspisbach, Nr. 2, 2004


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Diego Casartelli, „Esercizi di ventilazione“, Motto di Dentro, 2004

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Diego Casartelli, „Esercizi di ventilazione“, Guspisbach, 2004


24 Die Sonnenstube der Schweiz

Das Tessin auf der Suche nach kultureller Identität Reisende suchen im Tessin vor allem Sonne, Seen und ­E ntspannung. Dass der italienischsprachige Kanton aber ebenso kulturell einiges zu bieten hat, ist sogar manchem ­Tessiner fremd. Sonne, Burgen, tief blaue Seen: Das Tessin verspricht Urlaubsgefühl pur und Entspannung. Der Weg dorthin führt mitten durch das Herz der Berge. Seit 1882 gibt es eine ­B ahn­l inie durch das Gotthard-Massiv. 1967 wurde der San-Bernardino-Straßentunnel im Nachbarkanton Grau­ bünden eingeweiht. 1980 folgte der Gotthard-Straßentunnel. Schon bald wird man noch schneller und moderner ins

Tessin gelangen können: Am 1. Juni 2016 wird der kurz vor der F ­ ertigstellung stehende Gotthard-Basistunnel für die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) eröffnet, der die Fahrzeit von Zürich nach Mailand um eine ganze Stunde verkürzen soll. Seit 1999 wird an dem Großprojekt gebaut; mit seinen 57 Kilometern Länge wird er der längste Eisenbahntunnel weltweit sein. Der Aufwand, der für den neuen Tunnel getrieben wurde, ist enorm, doch wohl kalkuliert: Der Tourismus ist e­ iner der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren für den Sonnenkanton. Über 21 Millionen Reisegäste kamen 2012 ins Tessin, das nur

Gardino Lago Lugano, Foto: © Grand Hotel Villa Castagnola


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Kirche San Giovanni Battista, Mogno, Valle Maggia (Maggiatal), Architekt Mario Botta (1996)

350.000 Einwohner zählt. Reisende aus dem Ausland schät- Urlauber denken beim Stichwort Tessin jedoch nur selten an zen die Verknüpfung von Italianità mit Schweizer Sauberkeit Kultur. Auch in der lokalen Bevölkerung hatte die Kunst noch und Verlässlichkeit. Die Deutschschweizer nennen ihren lange einen schweren Stand. Die Abneigung gegen als welt­italienischsprachigen Kanton „Sonnenstube“. Das klingt fremd empfundenes Künstlertum, die einst auch in den ­liebevoll, aber auch etwas herablassend. So ganz scheint das Kantonen nördlich der Alpen anzutreffen war, hat sich im Tessin dann doch nicht dazuzugehören. Im Tessin selbst emp- ­Tessin länger als anderswo hierzulande gehalten. Wer in der findet man ähnlich. Ja, man ist Teil der Schweiz, kulturell aber Kultur, der Kunst vor allem, etwas werden wollte, der musste gehört man zu Italien. ins Ausland gehen. Dieses eherne Gesetzt war noch vor Lange Zeit führte diese „Sonnenstube“ der Eidge­ ­we­n igen Jahren gültig. Doch das Verhältnis des Tessins zur nossen ein Schattendasein. Das Leben hier war von Armut Kunst scheint sich zu ändern. Die Eröffnung des MASI geprägt. Das Tessin war Auswanderungsland, nicht Einreise- ­Lugano – ­Museo d’arte della Svizzera italiana im neu gebaugebiet. Ende des 19. Jahrhunderts kamen dann die ersten ten LAC – Lugano Arte e Cultura ist für viele Tessiner ein Reisenden und waren entzückt von den stillen Bergtälern, von Zeichen für ein erwachtes und wachsendes Kunstinteresse malerischen Burgen, Kirchen und Seen. Zahlreiche Kultur- sowie ein ­erstarkendes Bewusstsein für die eigene Kultur. schaffende lebten zeitweilig im Tessin, darunter Hermann Wer sich ­wachen Blickes umsieht, entdeckt auch neben dem Hesse, Marianne von Weref kin, Thomas Mann, Hugo Ball, neuen ­Museum zahlreiche Kulturorte und Kulturschaffende. Sophie Taeuber-Arp. Der unberührt wirkende Flecken Das Tessin hat kulturell viel mehr zu bieten, als man denkt. Schweiz lockte auch viele Gesellschaftsreformer. Auf dem Monte Verità bei Ascona entstand um 1900 eine Reformkolo- A L I C E H E N K E S nie. Auch der wegweisende Kunstkurator Harald Szeemann hat sich später dort eingerichtet. www. t ic ino. ch

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© Switzerland Tourism / Stephan Engler


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L AC, Panoramablick mit Luganer See, Foto: © L AC 2015 / Studio Pagi

M ASI Lugano – Museo d’ar te della Sviz zera italiana

Ein Kunsthaus, das Brücken baut D a s M A S I L u g a n o – M u s e o d ’a r t e d e l l a S v i z z e ra i t a l i a n a i m n e u g e b a u t e n L AC – L u g a n o A r t e e C u l t u ra w i l l d a s Te s s i n s t ä r k e r a n d i e s c h w e i z e r i s c h e u n d i n t e r n a t i o n a l e K u n s t w e l t a n b i n d e n .

Direktor des MASI Lugano: Marco Franciolli © L AC 2015, Foto: Studio Pagi

Als das Lugano Arte et Cultura, kurz LAC, im September 2015 eingeweiht wurde, feierte hier nicht nur die lokale Kulturprominenz. Das neu gebaute Kulturzentrum in repräsentativer Lage direkt an der Seepromenade wurde auch in den über­ regionalen Medien besprochen. Auf einmal waren es nicht nur Reisejournalisten, die sich auf den Weg über den Gotthard machten. In Luganos Kulturszene hofft man, dass dieses Interesse anhalten wird, dass mit dem LAC ein Leuchtturm errichtet werden konnte, der sich als kulturelles Zentrum des

Tessins etablieren kann und der weit über die Grenzen des Kantons hinausstrahlt. Bereits in seiner Gestaltung macht das vom Tessiner Architekten Ivano Gianola entworfene Kulturzentrum deutlich, dass es sich als Brücke versteht. Der Gebäude­block mit Theater- und Konzertsaal für 1.000 Besucher wurde diskret in ein bestehendes Bauensemble integriert. Eine lichtdurch­ flutete Treppenhalle, die das Haus durch eine Glasfassade zur Seeseite hin öffnet, dient als Verbindungsglied zum frei


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Markus Raetz, „Hasenspiegel“, 1988/2000, Stahldraht, Kartonz ylinder, Skulpturen: 21,5 x 20 x 60 cm, Foto: Peter Lauri, Bern, © 2016 Markus Raetz / VG Bild- Kunst, Bonn 2016

Bis Ende April werden wiederum zwei Positionen in zwei Ausstellungen verknüpft: Markus Raetz und Alexander Rodtschenko. Beide haben sich in ihrem Werk intensiv mit Fragen der Wahrnehmung zwischen Schein und Sein, E ­ rkenntnis und Täuschung beschäftigt. Mit Rodtschenko koppelt sich das MASI Lugano an die Kunstgeschichte der Moderne. Mit Markus Raetz knüpft das Haus auch in orga­nisatorischer Hinsicht wichtige, enge Bande an die Deutschschweiz: Die Ausstellung entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Bern, wo die Schau in ähnlicher Form bereits 2014 zu sehen war. Solche Kooperationen sind sehr wichtig für das MASI Lugano, sagt Marco Franciolli, um das Tessin stärker in der Schweiz sichtbar zu machen und die Schweiz zugleich stärker im Tessin. Für das italienische Publikum dürfte etwa Markus Raetz eine echte Überraschung sein, mutmaßt Franciolli. Auf der anderen Seite will er ebenso Kunstschaffende aus dem Tessin und Italien präsentieren, die in der Deutschschweiz weitgehend unbekannt sind. „Wir sind Botschafter in zwei Richtungen“, fasst er die Direktive für sich und sein Haus zusammen. ALICE HENKES

bis 1. Mai 2016 Mark us R aetz bis 8. Mai 2016 Alexander R odtschenko www. masilugano. ch

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — T I C I N O

­stehenden Gebäudeflügel, der das MASI Lugano, das Museo d’arte della Svizzera italiana, beherbergt. Hauptpartner des ambitio­nierten neuen Mehrspartenhauses allgemein sowie des MASILugano im Besonderen ist die Credit Suisse. Die Bank engagiert sich bereits seit vielen Jahren für ein starkes Kunst- und Kulturleben im Süden der Schweiz. Das MASI Lugano, entstanden aus der Zusammen­ führung des kantonalen und des städtischen Kunstmuseums, vollführt seinerseits ambitionierte Brückenschläge: von ­mittelalterlichen Werken bis zur Kunst der Gegenwart, vom schmucken Palazzo Reale, in dem einst das kantonale ­Museum residierte und heute der ältere Teil der Luganer Kunstsammlung lagert, bis zum betont schlichten Neubau am See. „Die nüchternen und funktionalen Räume sind an die Dimensionen zeitgenössischer Kunst angepasst, dadurch ­h aben wir eine perfekte Arbeitssituation“, sagt Museums­ direktor Marco Franciolli. Die umfangreiche Sammlung des MASI Lugano bildet für Marco Franciolli die Ausgangsbasis seiner kuratorischen Arbeit. Es geht ihm nicht nur darum, neues, möglichst ­z ahlreiches Kunstpublikum nach Lugano zu locken, sein Ansinnen reicht noch viel weiter: „Wir wollen mit unseren Ausstellungen zeigen, wer wir sind, die kulturelle Identität des Tessins beleuchten“, erklärt Franciolli. Der südlichste Schweizer Kanton liegt dabei selbst wie ein Scharnier ­z wischen der Schweiz und Italien, zwischen Nord- und ­Südeuropa. Mit einer Reihe von zweiteiligen, parallel stattfindenden Präsentationen will Franciolli diese besondere Stellung des Tessins verdeutlichen: „Mit diesen Ausstellungen möchte ich zeigen, dass wir sowohl der Schweizer Kultur angehören wie auch der italienischen. Wir fühlen uns der europäischen, aber auch der internationalen Kunstwelt zugehörig.“


28 Die Galerie Buchmann, Agra / Lugano

International und anspruchsvoll

Alex Dorici, „Pointillism Garden Balls #2“, 2015, Detail,

Alex Dorici, „Pointillism Garden Balls #2“, 2015, Ausstellungsansicht,

19. Dezember 2015 bis 30. April 2016, Foto: Cesare De Vita

Foto: Salvatore Vitale

© Courtesy: Buchmann Galerie, Agra / Lugano, und der Künstler

© Courtesy: Buchmann Galerie, Agra / Lugano, und der Künstler

Die renommierte Galeristin Elena Buchmann ist seit 15 Jahren im Tessin tätig. Sie kennt die Szene vor Ort und weiß, dass gute Kunst hier nicht immer leicht zu vermitteln ist. Bunt bef laggt mit Kunst präsentierte sich Lugano im vergangenen Sommer. Rund 40 Künstlerinnen und Künstler hatten jeweils drei Meter hohe Banner gestaltet, die an der Seepromenade im Wind f latterten. „Lugano mostra bandiera“ – „Lugano zeigt Flagge“ – nannte sich diese Kunstaktion, für die ein Dutzend Galerien namhafte Kunstschaffende wie Tony Cragg, Christian Megert und Christine Streuli gebeten hatte, Fahnen in Kunst zu verwandeln. Zu deren luftiger Präsentation im öffentlichen Raum gehörte außerdem eine kleine Bar am See, in der Kunstprofis und Kunstinteressierte sich begegnen konnten. Das farbenprächtige Ereignis sollte Kunst und Galerien in Lugano einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen und der ­Vorfreude auf das im Herbst 2015 eröffnete MASI Lugano – Museo d’arte della Svizzera italiana im neu gebauten Lugano Arte e Cultura, kurz LAC, Ausdruck verleihen.

Organisiert wurde die Fahnenschau von Elena Buchmann. Die engagierte Kunstexpertin, die ursprünglich aus der Deutschschweiz kommt, hat etwa die nötigen Stangen ge­ mietet und die behördlichen Bewilligungen eingeholt. Und sie hat die Galerien vor Ort zum Mitmachen aufgerufen. Für Lugano war „mostra bandiera“ eine ungewöhnliche Aktion. „Bis das LAC eröffnet wurde, waren die Museen den Sommer über ­g eschlossen“, erzählt Elena Buchmann. Auch einen ­Galerienverband, wie er in den meisten Schweizer Städten ­üblich ist, gibt es hier nicht. Das liege an den Strukturen, erklärt die K ­ ennerin der Tessiner Kunstszene. „Lugano hat zwar viele Galerien, doch die meisten davon sind schlicht Kunsthändler.“ Vor allem Italiener, die mit dem Verkauf von Kunst in der wohlhabenden Schweiz ein gutes Geschäft machen wollen, dominieren den Markt in Lugano. Echte Galeristen hingegen, mit Programm und Profil, gebe es nur wenige, sagt Elena Buchmann. Was einen guten Galeristen ausmacht? „Ein ­e chter Galerist arbeitet über lange Zeit mit seinen Kunstschaffenden, baut sie auf, motiviert sie.“ Sie selbst kooperiert zum Beispiel seit über 30 Jahren mit dem britischen Künstler Tony Cragg.


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S T U D I O DA B B E N I

Elena Buchmann begann Ende der 1970er-Jahre in St. Gallen und Basel mit ihrer Galerietätigkeit. Vor 15 Jahren kam sie dann ins Tessin und eröffnete gemeinsam mit ihrem Mann die Buchmann Galleria d’arte in Agra, oberhalb von Lugano. Die Galerie hat inzwischen einen Ableger in Berlin und seit gut zwei Jahren besteht ein weiterer Showroom in einem 1911 erbauten Ladenlokal in der Luganer Innenstadt. Dort zeigt Buchmann jeweils monografische Präsentationen – ein Werk oder einen Werkzyklus eines Kunstschaffenden. Das Programm des Haupthauses in Agra ist international und ­anspruchsvoll. Die Galerie, die seit 1981 regelmäßig an der Art Basel teilnimmt, vertritt etablierte Positionen wie Tony Cragg, Wolfgang Laib, Zaha Hadid und betreut einen Teil des Nachlasses von Martin Disler. Tessiner Künstler finden sich nur wenige im Programm, doch es gibt sie: etwa den jungen ­I nstallationskünstler Alex Dorici, den Fotokünstler Marco D’Anna und Felice Varini, dessen präzise gesetzte Rauminterventionen wie optische Fallen wirken, in denen sich der Blick des Betrachters verliert. „Ich schaue nicht auf die Nationalität der Künstler“, erklärt Elena Buchmann, „ich schaue nur auf das Werk.“

Gästen des Tessins, die direkt in der Region entstandene Kunst entdecken möchten, empfiehlt Elena Buchmann einen Besuch im Studio Dabbeni. Die seit 1979 bestehende Galerie, die auch Künstlerpublikationen verlegt, präsentiert bedeutende lokale Positionen wie den in Biasca lebende Flavio Paolucci, der sich als Schweizer Vertreter der Arte povera einen Namen gemacht hat. Noch immer verlassen hingegen viele aufstrebende Kunstschaffende das Tessin, wenn sie Karriere machen wollen. Lugano ist eine kleine Stadt, der Kanton Tessin hat kulturell eine eher zu vernachlässigende Bedeutung. „Um die Kunst bemühte Sammler- und Stifterfamilien, wie sie zum Beispiel in Basel beheimatet sind, gibt es hier nicht“, sagt Elena Buchmann. Die engagierte Galeristin setzt daher – wie viele andere Kunstinteressierte vor Ort – große Hoffnungen in das neue Kulturzentrum LAC am See, vor allem in das MASI Lugano – das Museo d’arte della Svizzera italiana. Elena Buchmann wünscht sich möglichst viele Besucherinnen und Besucher von außerhalb des Tessins, dazu Belebung, Kommunikation, Austausch der Perspektiven: „Ich hoffe, es wird eine Sehschule für die hiesigen Leute“, sagt sie. Denn genau das sei es, was die schlummernde Kunstszene im Tessin brauche: Anregung und Belebung. ALICE HENKES

www. buchmanngaler ie. com

Buchmann Galerie Agra, Foto: Rémy Steinegger

Elena Buchmann

© Courtesy: Buchmann Galerie, Agra / Lugano

© Courtesy: Buchmann Galerie, Agra / Lugano

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www. st udiodabbeni. ch


30 Fünf Sterne am Luganer See

Grand Hotel Villa Castagnola Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckte der europäische Adel L ­ uganos eleganten Stadtteil ­C astagnola am Ufer des Luganer Sees als exklusives Feriendomizil. So ließ sich 1880 eine ­r ussische Adelsfamilie die Villa Castagnola bauen, die schon im Jahr 1885 in ein Hotel umgewandelt wurde. Heute präsentiert sich das Grand Hotel Villa Castagnola als 5-Sterne-Resort der Luxusklasse am Ufer des Luganer Sees. Es gehört zu den „Small Luxury Hotels of the World“, einer Vereinigung der prestigeträchtigsten Luxushotels der Welt. Das Hotel liegt ruhig und diskret inmitten eines weitläufigen Parks und verfügt über eine private Terrasse am Seeufer. ­Zwischen tropischen Pflanzen entdeckt man Skulpturen zeitgenössischer Künstler, Kunstwerke international bekannter Künstler geben auch dem Hotel seine unverwechselbare Note. 74 Zimmer und Suiten sind individuell in unterschiedlichem Design eingerichtet und bieten einen prachtvollen Panoramablick auf den See und den Berg San Salvatore. www.villacastag nola. com

R E S TAU R A N T G A L E R I E A R T É A L L AG O

Kochkunst und bildende Kunst auf höchstem Niveau treffen im Restaurant Galerie Arté al Lago aufeinander, dem Reich von Sternekoch Frank Oerthle, der 2010 mit seinem Team und erlesenen Fischgerichten einen Stern im Guide Michelin e­ rkochte. Seit über zehn Jahren ­werden im Arté Kunstausstellungen präsentiert. Im Restaurant LE RELAIS führt Chefkoch Christian Bertogna Regie, seine kreative Interpretation der mediterranen Küche bewertet der Gault Millau mit 15 Punkten. In der warmen Jahreszeit werden die Speisen auf der Terrasse mit herrlicher Sicht auf Park und See serviert. w w w . v i l l a c a s t a g n o l a . c o m /d e /g a s t ro n o m i e


W E L L N E S S U N D B E AU T Y I M G R A N D H O T E L V I L L A C A S TAG N O L A

oben: Grand Hotel Villa Castagnola

links: Kunst im Restaurant Galerie Arté al Lago, daneben: Maître Andreas Keller und Küchenchef Frank Oerthle,

Fotos: © Grand Hotel Villa Castagnola

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State of the Art sind auch die Einrichtungen und Angebote für Wellness und Beauty: Der Wellnessbereich verfügt über Schwimmbad, Fitnessraum, Biosauna, Caldarium und ­D ampf bad. In der Clarins Beauty Corner werden Gesichts- und Körper­b ehandlungen, ­P eelings, Packungen und Massagen für Damen und Herren von qualifizierten Fach­ kräften ausgeführt. Für das passende Rahmenprogramm als Ausgleich zur intensiven Arbeit bieten auch Stadt und Region viel Auswahl: Lugano mit seinem südlichen Flair kann mit einem ­v ielseitigen kulturellen Angebot und dem Shoppingparadies „Via Nassa“ auf­ warten, in der lieblichen Berg- und Seelandschaft gibt es für Berg- und Wassersportler zahllose Möglichkeiten.


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Cesare Lucchini und Klaus Prior, 2016,

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Foto: Fotoatelier Mattei


Cesare Lucchini und Klaus Prior

Künstlerfreunde in Lugano Klau s P r ior und Cesare Lucchini e int e ine lang jähr ige Kün stle r f re und schaf t . C e s a r e L u c c h i n i g e h t i n g ro ß f o r m a t i g e n B i l d e r n e x i s t e n z i e l l e n F ra g e n n a c h , ­t i e f g r ü n d i g , d o c h m i t e i n e m H a u c h s ü d l i c h e r L e b e n s f r e u d e . K l a u s P r i o r, i n D e u t s c h l a n d g e b o r e n , v e r w a n d e l t t i e f e s N a c h s i n n e n übe r die Me n schhe it in e x pressive Farbgeste n und Hol z sk ulpt ure n .


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Cesare Lucchini, „La caduta-interno“, 2014, Öl auf Leinwand, 166 x 237 cm, Foto: Fotoatelier Mattei

Cesare Lucchini In großformatigen Bildern verhandelt der erfolgreiche Künstler Cesare Lucchini existenzielle Fragen – tiefgründig und doch immer auch mit einem Hauch südlicher Lebensfreude. Ein Knäuel Dunkelheit hockt in der Mitte des Bildes. An einigen Stellen scheinen Gliedmaßen – ein Arm, ein Bein – aus der sonst abstrakten Masse zu ragen. Immer wieder ­begegnet man ihnen in Cesare Lucchinis Bildern, diesen ­Zusammenballungen von Dunkelheit, in denen die schreck­ lichen Fäden großer Katastrophen zusammenzulaufen scheinen. Auf diesen wüsten Haufen liegen die Opfer der Zeitgeschichte, die wie ein schier unendlicher Strom an Schrecken über die Menschheit hinweggeht: Flüchtlings­ katastrophen, Ölpest, Raubtierkapitalismus. In diesen dunklen Knäueln stecken auch die Knoten, die als Angst, Ohnmacht oder Sprachlosigkeit dem Einzelnen die Brust und die Kehle zuschnüren.

Diese Knäuel und die Hintergründe, vor die sie gesetzt wurden, sind expressiv gemalt. Man sieht ihnen die raschen Gesten an, den impulsiven Duktus. Dieser gestischen Malweise steht stets eine feine Linie gegenüber, die das Bild rahmt. Beinahe wirkt es wie ein Widerspruch: Die dynamischen, einander überlagernden Farbgesten des Bildes werden von einem fädchenfeinen Strich gezähmt. Cesare Lucchini versteht diesen kleinen Rahmen im Bild als Zeichen für die Betrachter: Denn der 1941 in Bellinzona geborene Künstler will mit seinen Bildern keine Erklärungen geben. Er möchte vielmehr eine Bühne bereiten, auf der man aktuelle Probleme betrachten kann. Unter dieser Prämisse gesehen, lässt sich in den großformatigen Bildern ein räumlicher, der traditionellen Guckkastenbühne nicht unähnlicher Auf bau entdecken: Hinter den Knäueln, in denen sich Katastrophen und Ängste bündeln, lassen sich Landschaften aus Farben wahrnehmen. Es sind Pseudolandschaften, die verschwommen wirken, als flögen sie bei rasanter Fahrt an einem Zugfenster vorbei. Oder als stammten sie von einem minderwertigen, zu stark vergrößerten Foto.


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Cesare Lucchini, „Quel che rimane“, 2015, Öl auf Leinwand, 195 x 240 cm, Foto: Fotoatelier Mattei

dass Katastrophen und Idyllen oft unerträglich nahe beieinander liegen. Cesare Lucchini weiß auch, dass aktuelle Themen sich in der Kunst nur vermitteln lassen, wenn man ihnen den bitteren Nachrichtengeschmack nimmt. Seine Gemälde sind eine Verführung zum Nachdenken. Mit seinen weiten Bildräumen voller Unschärfen und lichter Farben öffnet er Landschaften, die sich für einen langen, mitunter gedankenschweren Spaziergang anbieten. ALICE HENKES

23. September 2016 bis 8. Januar 2017 „Wa s b l e i b t . R e t ro s p e k t i v e“ Kunst museum Ber n Mai bis September 2017 Ulmer Museum www. cesarelucc ini . ch

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Das Besondere an diesen stark abstrahierten Landschaften ist ihre Farbigkeit. Zwar existieren im Werk von Cesare Lucchini auch Leinwände, auf denen dunkle, schwere Töne große Flächen besetzen und das Bild gleichsam verschließen. Daneben jedoch gibt es eine große Zahl an Gemälden, auf denen symbolische Motive wie das dunkle Knäuel oder ein verlassenes Boot vor eine Bergwelt aus Gelb und Rosa gesetzt sind. Ein leiser und doch unwiderstehlicher Hauch von Sonne, von Lebenslust und Hoffnung geht von diesen sanften Tönen aus. Cesare Lucchini, der aus Bellinzona stammend in ­Mailand studiert hat, verbindet in seinen Bildern die Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen und eine durch und durch lebensbejahende Grundhaltung. Das freundliche Licht des Tessins habe ihn geprägt, sagt Lucchini, der seit Ende 1989 wieder in Lugano lebt. Viele Jahre hatte er zudem ein Atelier in Deutschland, zunächst in Düsseldorf, später in Köln. Der Schweizer Kunsthistoriker Walter Tschopp sieht in Lucchinis Werk eine Verbindung von lateinischer Bildkultur und der Tiefe der deutschen Seele. Hinter der Verbindung von Leichtem und Schwerem in Lucchinis Schaffen steht jedoch nicht nur die reife Einsicht,


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Klaus Prior Der gebürtig aus Deutschland stammende Künstler Klaus Prior verwandelt tiefes Nachsinnen über die Menschheit in expressive Farbgesten und Holzskulpturen. Was ist der Mensch? Seinen Mitmenschen ein Wolf oder ein Freund? Kalte Egomaschine oder zutiefst verletzliches Wesen? Der Mensch in seiner Vielgestaltigkeit und Widersprüchlichkeit, in all seiner Grausamkeit und Zärtlichkeit, mithin der Mensch als solcher steht für Klaus Prior im Zentrum seines Denkens. Und das bedeutet: Er steht auch im Zentrum seines Arbeitens. Denn der Bildhauer, Zeichner und Maler ist einer, der vom Denken, und zwar vom tiefen Nachdenken her arbeitet, der einer Geisteshaltung Ausdruck verleiht, auch wenn seine Holzskulpturen, Zeichnungen und Ölgemälde oft wirken, als seien sie aus einer jäh aus dem Bauch heraus kommenden Kraft entstanden. Die Ölfarben ziehen

sich in dicken Spuren über seine Bilder, sie erscheinen wie in einem Energierausch über die Leinwand verteilt. Die menschliche Figur, stark abstrahiert, aber doch immer deutlich erkennbar, versteckt sich manchmal in diesem Farbgewitter. In seinen kantigen, schrundigen Holzskulpturen hingegen stellt Prior die figürlichen Motive bisweilen sogar auf ein Podest, das gleich in die Skulptur mit eingearbeitet ist. Mit dieser Geste folgt Klaus Prior einer klassischen Gepflogenheit der Kunstpräsentation und hebt das einzelne plastische Werk aus dem Alltäglichen heraus und in die Bereiche des Höheren, des Bedenkenswerten, hinein. Zugleich hinterfragen diese ­eingebauten Podeste die Wirksamkeit von ebendieser Präsentationsform und der Kunst an sich. Nachdenken über den Menschen lässt sich sehr wohl mit der Kunst verbinden, aber lässt sich ebenso die Menschheit mit ihren Mitteln zum Besseren wenden? In Klaus Priors oft großen, ja sogar gigantischen Holzskulpturen tritt der Mensch als ein geschlechtsneutrales, abstrahiertes Wesen in Erscheinung, das roh wirkt und doch auch verletzlich. Die Figuren mit ihren minimal angedeuteten Gesichtern haben etwas Archaisches und zugleich Unfertiges

Klaus Prior, Ausstellung Castel Pergine, Italien, 2013, Foto: Henr y M. Linder


37 aus Farben, Pinselstrichen und Tropfspuren ist die Figur, der Mensch, immer anwesend. Dem ersten Blick entzogen manchmal, als habe er sich in den Zeitläufen verheddert, als löse er ich auf im kraftvollen Pinselduktus. Das Wort expressiv drängt sich auf, wenn man die Bilder und Skulpturen betrachtet, die Prior erschafft, der seit 1970 im Tessin lebt und zudem ein Atelier im Allgäu hat. Doch wiewohl die Verbindung zu Expressionismus und den neuen Wilden in seinem Schaffen sichtbar ist, geht Priors Werk weiter. In seinen jüngsten Bildern verzichtet er mehr und mehr auf buntes Kolorit, beschränkt sich auf Schwarz und Weiß. Die nervösen Strukturen der Linien und Farbspuren wirken so noch stärker. ALICE HENKES

1 2 . Juni bis 2 4 . Juli 2016 Klaus P r ior Galer ie Angela Lenz www. galer ie-angela-len z . eu w w w . k l a u s p r i o r. n e t

Klaus Prior, Museum Wachter Neues Schloss Kisslegg, 2015, Foto: Henr y M. Linder

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an sich. Es wirkt folgerichtig, wenn der Künstler erzählt, dass er seine Arbeiten – seine Holzskulpturen ebenso wie seine Bilder – immer wieder überarbeitet, immer wieder mit einer Energie und Vehemenz, die sich aus einem kontinuierlichen Denkprozess speist, aus einem so unermüdlichen wie dringlichen Reflektieren dessen schöpft, was der Mensch sei. Den Anstoß, sich in dieser Weise mit dem Menschen auseinanderzusetzen, erhielt der am 28. Juli 1945 geborene Klaus Prior durch die Erfahrungen seiner Kindheit in einer vom Krieg zerstörten Stadt. Sein Geburtsort Wesel war bei Bombenangriffen im Februar 19 45 fast vollständig in Schutt und Asche gelegt worden. Früh beginnt er, sich mit his­torischen und soziologischen Lektüren zu beschäftigen. Und in der Kunst war es für Prior, der seit 1964 in der Schweiz lebt, von Anfang an der Mensch, der im Zentrum seines Interesses stand. In seiner Malerei ist das nicht ganz so offenkundig wie in den skulpturalen Arbeiten. Seine expressiven Ölbilder, ­denen man die Verve ansieht, mit der er die Farbe auf die Leinwand streicht, schlägt, spritzt, sie spielen stark am Rand der Abstraktion. Doch auch in diesen energetischen Landschaften


38 Das Theater festival „Territori“

Bellinzona wird zur Bühne

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Das Theaterfestival „Territori“ bespielt öffent­l iche Plätze und historische Burgen mit engagierten, internationalen Schauspielproduktionen. Einmal im Jahr verwandelt sich ganz Bellinzona in eine große Bühne. Das Theaterfestival „Territori“ präsentiert dann eine Woche lang aktuelle Inszenierungen aus der Schweiz und dem Ausland. Gespielt wird nahezu überall: in den historischen Burgen, auf urbanen Plätzen und auch in zum Abbruch bestimmten Villen und Häusern. Auch das alte Bahnhofsgebäude wurde schon als Spielort genutzt. Denn Bellinzona hat bezüglich des Theaters ein kleines Problem: Es mangelt an Raum. Das hiesige „Teatro Sociale“ ist das einzige Schauspielhaus des 18.000-Einwohner-Ortes. Es wurde jedoch als reines Gastspielhaus konzipiert; also ohne Probenräume und Infrastruktur für ein Ensemble. Eigenproduktionen sind da kaum möglich. „Wir können nur alle zwei Jahre eine Eigenproduktion mit einer Tessiner Schauspielgruppe machen“, erklärt Gianfranco Helbling, der das „Teatro Sociale“ leitet.

Trotz der räumlichen Einschränkungen soll das „Teatro ­S ociale“ eine breite Palette an Bedürfnissen abdecken: Klassiker des bürgerlichen Repertoires stehen ebenso auf dem P rog r a m m w ie Lu st spiele, I nszen ier u ngen i n ­d eutscher und französischer Sprache und Musiktheaterproduktionen. Für junge, zeitgenössische Stücke und Inszenierungen bleibt da kaum noch Platz. So entstand die Idee, ein internationales Festival ­e inzurichten, in dessen Rahmen aktuelle Produktionen engagierter Theatergruppen gezeigt werden. Jedes Jahr steht das Programm unter einem lockeren Oberthema. 2013 ging es los mit dem Titel „Mittelmeer“. In diesem Jahr heißt das ­M otto „Reisen“. Und dabei wird es nicht nur um Vergnügungsfahrten gehen, sondern auch um Brisantes wie Flucht und Vertreibung. Unter anderem wurde eine Theat er g r uppe au s dem I r a n ei ngel aden , d ie m it ei ner Produktion über Flüchtlinge in Bellinzona auftreten wird.

Fasnachtsumzug „Rabadan“ durch die Altstadt, Bellinzona © Ticino Turismo Byline: swiss-image.ch / Remy Steinegger


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Für Bellinzona ist das Festival ein absoluter Gewinn. „Im Tessin gibt es bisher keine besonders ausgeprägte Theaterkultur“, erklärt Gianfranco Helbling. Und „Territori“ lockt schon jetzt nicht nur Besucher aus Bellinzona, sondern aus dem ganzen Tessin an. Es kommen sogar Theaterinteressierte aus der Deutschschweiz. Zudem belebt das Festival mit seinen Aufführungen an verschiedenen Spielorten auch die Stadt als architek­ tonischen Raum. Eine der temporären Spielstätten ist etwa das „Museo Civico“ in der Villa dei Cedri. Für „Territori“ bietet das Anwesen eine attraktive Bühne. Für das „Museo Civico“ wiederum ist die Kooperation mit dem Theater­ festival eine ideale Möglichkeit, sich stärker dem Publikum zu öffnen. ALICE HENKES

1 2 . bis 16. Juli 2016 „ Te r r i t o r i – T h e a t e r f e s t i v a l i m ö f f e n t l i c h e n R a u m“ , B ellin zona www. ter r itor i. ch


40 Bellinzona: Experimentier freude in der Sommer villa

Villa dei Cedri

Denis Savar y, Skulptur aus der Serie „Charbons“, 2014, verbranntes Holz, 118 x 49 x 40 cm, Foto: Annik Wetter

Im Museo Civico in der Villa dei Cedri ver­binden sich Kunstgeschichte und Gegenwartskunst mit leichter Hand. Burgen, Kirchen, Palazzi: Bellinzona ist berühmt für sein kulturelles Erbe. Touristen kommen vor allem hierher, um Sonnenschein und Geschichte miteinander zu verbinden. Dabei hat die mit 17.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt im Tessin eine sehr lebendige und aktive junge Kulturszene, die weit über die Stadtgrenzen hinaus wirksam ist. Wie es an Orten mit reicher Geschichte oft der Fall ist, rumort der Geist des Neuen auch hier vielfach hinter historischen Fassaden. So zum Beispiel in der Villa dei Cedri, einem pittoresken Anwesen, das zwischen 1870 und 1890 als Sommerresidenz für wohlhabende Mailänder errichtet worden ist. Um 1930 wurde das Schlösschen zu einem ganzjährig bewohnbaren Haus umgebaut. Seit 1985 beherbergt die in einem schönen Park gelegene Villa das Museo Civico, dessen Programm ursprünglich darin bestand, Werke der hauseigenen Sammlung aus der Region und der ganzen Schweiz zu zeigen.

Carole Haensler, die im Juli 2013 die Direktion des Hauses übernommen hat, hat der Villa dei Cedri seitdem eine sanfte Verjüngungskur verschrieben. Das Ausstellungsprogramm der Kunsthistorikerin aus dem schweizerischen Neuchâtel setzt auf eine enge und fruchtbare Verknüpfung von Kunst­ geschichte mit zeitgenössischen Positionen. Denn sie ist überzeugt, dass sich Gegenwartskunst in ihrer Tiefe nur durch den historischen Bezug erschließen lasse – andererseits könne das aktuelle Kunstschaffen zu einem neuen Verständnis historischer Entwicklungen beitragen. „Wir müssen immer wieder zurück schauen und nach vorne sehen, um v ­ erstehen zu können, warum wir sind, wie wir sind“, so ­Carole Haensler. In der aktuellen Schau „Dimensione Disegno. Posizioni contemporanee“, die ab 23. April bis Anfang August 2016 zu sehen ist, präsentiert die Villa dei Cedri Zeichnungen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler aus der Schweiz. Die Ausstellung nimmt Bezug auf die Sammlung der Villa dei Cedri, in der Zeichnungen und Druckgrafiken eine tragende Rolle spielen, und zeigt im Dialog dazu, welche Spielarten des Mediums die Kunstschaffenden heute erschaffen. Die Werke wurden dabei aber nicht einfach nur in den klassisch proportionierten Räumen der Villa dei Cedri angeordnet, viele Positionen nehmen auch ausdrücklich Bezug auf die sie umgebenden Örtlichkeiten. Der Lausanner Künstler Didier Rittener beispielsweise kleidet einen Raum mit Tapeten aus, die auf Zeichnungen ­beruhen, die per Computer vergrößert als Tapete gedruckt werden. Zilla Leutenegger aus Zürich wiederum spielt mit ­einer Kombination von gezeichneten und dreidimensionalen


© Villa dei Cedri, Bellinzona

Wichtig für Carole Haensler ist die Vernetzung der ­V illa dei Cedri ebenso mit anderen Kunst- und Kulturhäusern vor Ort, im Tessin und über die Kantonsgrenzen hinaus. ­D abei setzt die engagierte Museumsdirektorin auch auf sparten­ übergreifende Kooperationen. Im Sommer werden sich daher die Museumsräume jeweils zu Spielorten für das Theater­festival „Territori“ verwandeln. ALICE HENKES

2 3 . A p r i l b i s 7. A u g u s t 2 0 1 6 „ D i m e n s i o n e D i s e g n o . P o s i z i o n i c o n t e m p o ra n e e“ www.villacedr i. ch 1 4 . bis 18. Juli 2016 Te r r i o t o r i F e s t i v a l d i t e a t ro i n s p a z i u r b a n i / Theater fest ival im öf fentlichen R aum, B ellin zona www. ter r itor i. ch/it

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Arbeiten auf die Wahrnehmung von Räumen an. Großformatige Zeichnungen treffen bei ihr auf Kleininstallationen und widersprechen so den landläufigen Erwartungen von raumfüllender Instal­lationskunst und eher kleinen Zeichnungen. Und der Westschweizer Denis Savary ist mit Objekten aus der Serie „Charbons“ vertreten, die Figuren aus verbranntem Holz umfasst. Savarys Werke sind im Park der Villa zu sehen und schließen so den Außenraum mit in die Ausstellung ein. Zugleich sind sie eines der extremsten Beispiele dafür, was in der zeitgenössischen Definition Zeichnung sein kann. Um Kunstgeschichte neu präsentieren und Gegenwartskunst attraktiv mit der Geschichte verbinden zu können, fokussiert das Museo Civico auf markante, aktuelle Themensetzungen und neue, experimentierfreudige Präsentationsformen. Angedacht ist perspektivisch zum Beispiel eine Ausstellung mit Werken aus der Sammlung, die auch für Sehbehinderte erfahrbar sein soll. Pläne gibt es ebenfalls für eine Schau zum Thema Narren und Außenseiter, bei der nicht Art brut im engeren Sinne gezeigt werden soll, ­s ondern Werke von Kunstschaffenden aus Moderne und ­Gegenwart, die sich in der Gesellschaft verloren fühlen. Für diese Ausstellung, die dann ab Frühjahr 2017 zu sehen sein soll, ­a rbeitet das Museo Civico mit dem CACT/MACT in ­Bellinzona zusammen.


Pier Giorgio De Pinto (* 1968) & Valter Luca Signorile (* 1965), „Fraughtiana 1“, Performance, 2014, „FRAUGHT“: 28. November 2015 bis 14. Februar 2016, Foto: Pier Giorgio De Pinto © VG Bild- Kunst, Bonn 2016

Bellinzona: M ACT & CACT – Centro d’ar te contemporanea Ticino

Ein Labor für junge Kunst Die Gegenwartskunst hat sich hier in einer ehemaligen Fabrik einen Raum geschaffen. Das MACT/CACT ist ein Treffpunkt für die junge Szene. Am Anfang war das CACT – das Centro d’arte contemporanea Ticino. 1994 öffnete dieser Raum für zeitgenössische Kunst seine Türen in einer ehemaligen Kleinfabrik. Installationen, Videoarbeiten, Soundobjekte junger Kunstschaffender wurden und werden in einer Flucht von Räumen präsentiert, denen man noch ansieht, dass sie einmal Werkstätten waren. Das Programm ist für lokales Kunstschaffen ebenso offen wie für internationale Positionen. Das CACT ist ein alternativer Kunstraum, sehr engagiert, sehr gegenwartsnah. In den meisten Großstädten mit lebendiger Kunstszene gehören solche Ausstellungsorte längst zum Alltag. Im schweizerischen ­Tessin dagegen ist dieses Centro d’arte contemporanea eine

Besonderheit. Bellinzona, wo es sich befindet, ist mit seinen 17.000 Einwohnern eine Kleinstadt. Auch die unweit gele­ genen Orte Lugano und Locarno sind eher beschauliche Städtchen als betriebsame Metropolen. Räume für junge Kunst sind hier rar. Und die zahlreichen Touristen, die ins Tessin strömen, suchen hier meist eher Sonne, Palmen und Italianità als Begegnungen mit der Gegenwartskunst. Dennoch ist das 1994 eingerichtete CACT zu einer festen Größe in der Kunstwelt herangereift. Das verdankt es vor allem dem Engagement und der Geduld seines Gründers Mario Casanova, der das Haus noch heute leitet. Casanova, selbst künstlerisch tätig als Solopianist und bildender Künstler, ging zunächst den Weg, den nach wie vor viele Kulturschaffende aus dem Tessin nehmen: Er verließ seine Schweizer Heimat und lebte zwölf Jahre in London. Als er nach Bellinzona


zurückkehrte, richtete er in den Räumen der ehemaligen großväterlichen Fabrik Ausstellungen ein. Ziel Casanovas war es von Anfang an, die Kunstszene im Tessin zu beleben und mit den Kulturzentren der Schweiz zu verbinden. Das CACT kommuniziert und kooperiert mit Kulturhäusern vor Ort, aber auch über die Kantonsgrenzen hinweg. Das intensive Networking fruchtet: Heute kommen viele Besucher des Centro d’arte aus den Kantonen nördlich des Gotthard. Offenheit gehört im CACT zum Programm. So hat sich etwa Casanovas Mitarbeiter, der italienische Künstler Pier ­Giorgio De Pinto, in einem Raum der ehemaligen Fabrik ein Atelier eingerichtet, das auch für Besucher zugänglich ist und wie eine Mischung Kunstlabor und Kulturtreffpunkt wirkt. 2009 wurde das Centro d’arte um das MACT, das ­M useo d’Arte Contemporanea Ticino, erweitert. Hinter ­dessen Ausstellungsprogramm, das in den gleichen Räumen wie das CACT zu Hause ist, steckt die Idee, private Kunstsammlungen in frischer Form zu präsentieren. Mit seinen Ausstellungen entspricht das MACT dabei sowohl dem Bedürfnis vieler Sammler, ihre Kollektionen zeigen zu können, als auch dem Gedanken, dass Kunstwerke, auch wenn sie sich in Privatbesitz befinden, immer Teil eines kulturellen Gemeingutes bleiben. Neben der Auseinandersetzung mit externen Beständen unterhält das MACT selbst eine Sammlung, die – ganz der Ausrichtung des Hauses folgend – vor allem junge Positionen aus dem Tessin, aber auch Werke von bekannten Schweizer Kunstschaffenden von Meret Oppenheim bis Sylvie Fleury vereint.

Direktor des CACT: Mario Casanova, Foto: Fiorenza Bassetti, Zürich

5 . März bis 3 . Apr il 2016 „ D I G I TA L F L O W S “ G i a n l u c a A b b a t e , M i g u e l A n d r é s , B a r b a ra B r u g o l a , ­K a t h a r i n a G r u z e i , H w a y o n g J u n g , C r i s t i n a O h l m e r, Mar ta Rober t i, R imas Sakalauskas 23 . Apr il bis 3 . Juli 2016 „BEHIND THE GLASS“ Donato Amst ut z – R ené Oder mat t www. cac t ic ino. net

Miguel Andrés (* 1982), Filmstill „System“, 4:49 Min., 2014, „DIGITAL FLOWS“: 5. März bis 3. April 2016, Courtesy: Visualcontainer, Mailand

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ALICE HENKES

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44 m.a.x. museo und Cons Arc / Galleria

Ausfahrt Chiasso

m.a.x. museo, Spazio Officina und Le 3T (Max Huber, Skulptur), Foto: Gian Paolo Minelli, 2015

Die Stadt Chiasso im Tessin ist vor allem denjenigen ­b ekannt, die auf dem Weg nach Italien per Auto oder Zug den Grenz­ü bergang nach Como nutzen. Dass die kleine Stadt mit ihren 8.000 Einwohnern viel mehr als eine reine Durchreisestation ist , wissen aber nur wenige. Zwei ­B eispiele für die aktive Kunstszene vor Ort sind das m.a.x. museo und die Cons Arc / Galleria. CHRISTINA GENTZIK

Nicoletta Ossanna Cavadini, Direktorin des m.a.x. museo, Foto: Gian Paolo Minelli


45 M. A . X . MUSEO

2005 auf Initiative der Stiftung Max Huber-Kono gegründet, bildet der von den Architekten Pia Durisch und Aldo Nolli entworfene Bau seit 2010 zusammen mit dem „Cinema teatro“ und dem „Spazio Officina“ das „Centro Culturale Chiasso“ – ein Kulturzentrum, das sich nicht nur durch die räumliche Nähe der Bauten, sondern auch durch eine enge programmatische Zusammenarbeit definiert. So wird jede Ausstellung von Veranstaltungen begleitet, die zur Vertiefung der künst­ lerischen Themen einladen. Ganz im Sinne seines Namensgebers, des Schweizer Grafikers Max Huber (1919–1992), liegt der künstlerische ­F okus des m.a.x. museo auf dem Bereich Grafik als Ausdrucksform ­v isueller Kommunikation. Dabei möchte das Museum eine Brücke schlagen zwischen historischen Werken einerseits und jüngeren Generationen von Grafikern und ­Designern andererseits. Die Museumsarchitektur zeichnet sich durch ihre Schlichtheit aus, sodass die ausgestellten grafischen Werke in ihrer eigenen visuellen Kraft zur Geltung kommen. Die vitrinenartig anmutende, durchscheinende Fassade wird nachts so beleuchtet, dass sie wie eine großformatige Laterne wirkt. ­A rchitektonisch bemerkenswert ist auch der danebenliegende Spazio Officina: Die Ausstellungshalle, deren frühere N ­ utzung als Autowerkstatt auch nach dem Umbau sichtbar bleiben sollte, vermittelt in Einklang mit den dort ausgestellten zeitgenössischen Kunstwerken eine Atmosphäre von „work in progress“. Das wechselnde Ausstellungsprogramm steht im ­e rsten Halbjahr 2016 von Januar bis Juli unter dem viel­ schichtigen Leitthema „Gedächtnis“. In der Ausstellung „Imago Urbis: Das Ortsgedächtnis in der Kartographie von der Renaissance bis zur Romantik “ (m.a.x. museo, ­E r­öffnung: 28. Februar 2016) wird das Gedächtnis so un­ terschiedlicher Orte wie Rom, Neapel, Mailand, Paris, Marseille, Zürich, ­B asel, Wien, Berlin, London, St. Peters­ burg und vieler mehr anhand von Karten und Stadtveduten sichtbar gemacht. Der Wandel in der perspektivischen Darstellung, aber auch die Wahl der künstlerischen Techniken zeigt, wie sich der Blick auf die jeweilige Stadt im Laufe der Jahrhunderte verändert hat. Die danach folgende Ausstellung „Das Gedächtnis des Sichtbaren: Zeichen, Farbe, Rhythmus und Kalligrafien“ (m.a.x. museo, Eröffnung: 20. Mai 2016) präsentiert das facettenreiche Werk der Künstlerin Simonetta Ferrante (* 1930), das sich als Poetik verstehen lässt, die auf die langjährige Untersuchung der Zeichen, der Farben, des Rhythmus und der Schrift ausgerichtet ist. Auch im Spazio Officina wird das Leitthema weitergeführt: Unter dem Titel „Das Gedächtnis in der Kunst“ werden die Werke junger Tessiner Künstler prämiert (Spazio Officina, Eröffnung: 17. März 2016); die danach folgende Ausstellung „Schenkungen I. Die Route des Gedächtnisses“ (Eröffnung: 10. Juni 2016) präsentiert Grafiken vom frühen 20. Jahr­ hundert bis in die heutige Zeit, von der metaphysischen und surrealen bis zur analytischen Malerei, zum konzeptuellen Ausdruck, zum Minimalismus, zur Transavantgarde, zur ­V ideokunst und zur Demenz- bzw. Beta-Amyloid-Kultur.

1990 von Daniela und Guido Giudici als erste Galerie für Fotografie im Tessin gegründet, widmet die Cons Arc / Galleria vier Ausstellungen pro Jahr bereits bekannten ebenso wie jungen, zeitgenössischen Fotokünstlern. Zuletzt war eine Ausstellung der Fotografien Max Hubers zu sehen, der neben seinem grafischen Werk faszinierende Experimente mit dem Medium Fotografie durchführte. Am 28. Februar 2016 wird die Ausstellung „Domenico Scarano. Fotografie 2015“ des 1969 geborenen Künstlers eröffnet. Mit ihrem Ausstellungskonzept, aber auch mit Workshops, Konferenzen und Buchpräsentationen möchten die Galeristen zeitgenössische Fotog raf ie einem breiteren Pub­l ikum bekannt machen und dieses direkt mit jungen Künstlern zusammenbringen. Darüber hinaus verfügt die Galerie über zahlreiche Fachpublikationen zur wissenschaftlichen Recherche sowie über ein bestens ausgestattetes „Laboratorio“ – eine Werkstatt, die auf die Archivierung und Präsentation fotografischen Materials und von Kunstdrucken spezialisiert ist.

w w w . c e n t ro c u l t u ra l e c h i a s s o . c h

www. con sarc. ch

Max Huber, „Fotografia Moderna“, Mailand, 1940, Abzug vom 6/6 cm- Originalnegativ, 20,3 × 18,9 cm, Ausstellung „MA X HUBER – FOTOGRAFIE“ vom 20. November 2015 bis 13. Februar 2016, Galleria Cons Arc, Chiasso

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C O N S A RC / G A L L E R I A


Kunstperlen am Lago M aggiore

Globales und Lokales Die Ghisla Art Collection in Locarno und die Fondazione Marianne Weref kin im Museo Comunale d’Arte Moderna in Ascona GERHARD LOB


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Marianne von Werefkin, „Herbst (Schule)“, 1907

Der rote Kubus liegt etwas versteckt hinter der Spielbank von Locarno. Doch sobald man ihn erspäht hat, zieht er den Blick fast magisch an. Der Würfel kommt wie ein Neubau daher, de facto hat Architekt Franco Moro aber eine alte Villa aus den 1940er-Jahren umgebaut und in ein rotes Aluminiumkleid gehüllt. Die einzige Öffnung ist der Eingang. Das kleine Museum ist Sitz der Stiftung Ghisla Art ­C ollection Locarno, welche 2014 vom Ehepaar Martine und Pierino Ghisla gegründet wurde. Pierino Ghisla stammt aus dem Tessin, ist in Belgien durch eine Obst- und Gemüsehandlung zu Wohlstand gekommen und hat dort über 30 Jahre eine private Kollektion von moderner und zeit­ genössischer Kunst aufgebaut . Nach der Rückkehr im Pensionsalter ins Tessin entschied das Paar, eine Auswahl ­ihrer Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So bereichert dieser Raum seit zwei Jahren die örtliche Kunst­ szene im Locarnese. In dem dreistöckigen Gebäude mit acht Sälen sind rund 70 von ­i nsgesamt 200 Werken ausgestellt, ­d arunter zahlreiche Kunstgegenstände internationalen ­R anges. Im ersten Saal d ­ ominiert der „Love“-Schriftzug aus getöntem Stahl von R ­ obert Indiana. Mitten im Raum hängt eine bunte Kugel der jungen Irin Claire Morgan. An der Wand ein Entwurf zu „Over the river“ von Christo. In weiteren Ausstellungsräumen sind Werke von Fernando Botero, Niki de Saint Phalle, Jean-Michel Basquiat, Gilbert & George, Frank Stella, Lucio Fontana, A. R. Penk, Joan Miró, Pablo Picasso und anderen zu sehen. Die Dauerausstellung erfährt außerdem von Zeit zu Zeit Veränderungen, um bisher nicht gezeigte Werke aus der Sammlung der Öffentlichkeit zu präsentieren. Zudem gibt es jedes Jahr temporäre Sonderschauen. Vom 20. März bis 21. August 2016 stehen etwa zwei zentrale Figuren der europäischen Kunst im Dialog: Grazia Varisco und François Morellet. Eine andere Art der Modernität lässt sich im benachbarten Ascona entdecken. Das dortige Museo Comunale d’Arte Moderna (Gemeindemuseum für moderne Kunst) ­residiert in einem schönen Gebäude aus dem späten 16. Jahrhundert direkt an der Via Borgo, einer für den Verkehr gesperrten Straße im historischen Ortskern. In Ascona waren es nicht Mäzene, sondern die Künstler selbst, die den Grundstein zur Sammlung legten. Anfang des 20. Jahrhunderts hatten sich zahlreiche Kunstschaffende in dem kleinen und damals bettelarmen Fischerdorf nieder­gelassen. 1922 waren die Künstler dann aufgefordert worden, je eine Arbeit für ein neues Gemeindemuseum zu stiften.

Die russische Malerin und Expressionistin Mari­a nne von Weref kin (1860 –1938), die 191 4 in die Schweiz gef lohen war und seit 1918 in Ascona lebte, kam dieser Aufforderung besonders großzügig nach: Zusammen mit fünf ihrer ­ei­genen Gemälde vermachte sie auch bedeutende Werke von Kollegen, darunter der „Mädchenkopf “ von Alexej von ­Jawlensky, „Obsternte“ von Cuno Amiet und „Das rote Haus“ von Paul Klee. Marianne von Weref kin kommt überhaupt eine ­z entrale Rolle für das Kunstleben Asconas und das Kunstmuseum des Ortes zu. Sie gründete 1924 etwa die bekannte Künst­lergruppe „Der Große Bär“, deren Repräsentanten im Museum nat ürlich ebenfalls g ut vert reten sind . Nur ­folge­r ichtig beherbergt das Museum heute nun die Marianne-Werefkin-Stiftung, die 1939, ein Jahr nach ihrem Tod in Ascona, ins Leben gerufen wurde. Inzwischen zählt sie, auch dank großzügiger Schenkungen, rund 100 Gemälde, 170 Skizzenbücher und Zeichnungen dieser avantgar­d istischen Künstlerin. Nur ein kleiner Teil davon ist in der Dauerausstellung des Museums zu sehen. Im Kunstmuseum von Ascona finden regelmäßig ­S onderausstellungen statt, wobei das ­Augenmerk nicht allein den eigenen Bestand berücksichtigt. Am 25. März eröffnet beispielsweise die Schau „Marcel Duchamp – Dada und ­Neodada“, die in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen M ­ useum Schwerin entstanden ist und die Werke aus dessen Sammlung präsentiert (bis 26. Juni 2016). Seit 201 4 verfügt das Kunst­m useum von Ascona über einen Ableger im Cas­t ello San Materno. In der sorgfältig ­restaurierten Burg auf einem ­k leinen Hügel am Ortseingang befindet sich die Sammlung der Kulturstiftung Kurt und ­B arbara Alten mit Werken ­z ahlreicher in Nordeuropa im 19. und 20. Jahrhundert bekann­ten Künstlern. Ghisla Ar t Collec t ion Foundat ion, Locar no www. ghisla-ar t. ch 25 . März bis 26. Juni 2016 „ M a r c e l D u c h a m p – D a d a u n d N e o d a d a“

linke Seite: Außenansicht Ghisla Art Collection, Locarno

M u s e o C o m u n a l e d ’A r t e M o d e r n a , A s c o n a www. museoascona. ch

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© Fondazione Marianne Werefkin, Ascona


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Shortcuts – Tessiner Perlen ZUSA M M EN G ES TEL LT VO N G ER H A R D LO B

Roberto Donetta,

COR ZE N ESO:

Arbeiterinnen der Schokoladenfabrik Cima- Norma, Dangio -Torre

F O N DA Z I O N E A RC H I V I O D O N E T TA

© Fondazione Archivio Fotografico Roberto Donetta, Corzoneso Ausstellung vom 28. Mai bis 4. September 2016

E i n z i g a r t i g e F o t o g ra f i e n v o n R o b e r t o D o n e t t a

in der Fotostiftung Schweiz, Winterthur,

in der Casa Rotonda

in Zusammenarbeit mit dem Museo d’arte della Svizzera italiana, Lugano

5.000 belichtete Glasplatten und 600 Originalabzüge aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Oder anders gesagt: Fotografien im Urzustand. Geschaffen von Roberto Donetta, Jahrgang 1865, der 1932 im Alter von 67 Jahren vollkommen verarmt starb. Sein Nachlass interessierte ­eigentlich zunächst niemanden, er wurde eher zufällig g­ erettet. Heute gelten die erhaltenen Werke, die in der Casa Rotonda von Corzoneso (Bleniotal) ein neues Zuhause ge­f unden haben, als einzigartig. David Streiff, Präsident der Fotostiftung Schweiz in Winter­t hur und ehemaliger ­D irektor des schweizerischen Bundesamts für Kultur, spricht von einer „Quelle des Glücks“, der die Betrachtung dieser Bilder gleichkomme. Just widmet die Fotostiftung Roberto Donetta eine Sonderausstellung: 28. Mai bis 4. September 2016. www. archiviodone t ta . ch

GIOR N ICO: „ L A C O N G I U N TA“ R eliefs des jüdischen Bildhauers Hans Josephsohn

Romanische Kirchen prägen das Dorf bild von Giornico in der Leventina. Unten im Talgrund dann die Überraschung. Ein modernes, fensterloses Betongebäude mitten auf der Wiese, umgeben von Reben. Ein Depot? Nein. Es ist „La Congiunta“ – ein kleines Museum, welches dem Bildhauer Hans Josephsohn (1920–2012) gewidmet ist. Das Gebäude wurde vom Zürcher Architekten Peter Märkli speziell für die Kunst von Josephson entworfen und zwischen 1989 und 1992 errichtet. Es enthält etwa 30 Reliefs sowie Halb­ figuren des Künstlers aus der Zeit von 1950 bis 1991. 1995 wurde das Bauwerk überdies im Rahmen des Wettbewerbes „Neues Bauen in den Alpen“ mit dem ersten Preis prämiert; 1997 erhielt es eine Prämierung beim „Architekturpreis Beton 97“. Um das Gebäude zu besichtigen, muss man sich die Schlüssel in der Osteria „Bar Giornico“ an der Kantonsstraße besorgen, Tel. + 41 (0) 91 864 22 15. www. lacong iunta. ch

Giornico, „La Congiunta“, Foto: Gerhard Lob


L IGOR N E T TO:

M E N DR ISIO:

M USEO V I NCE N ZO V EL A

KO M M U N A L E S K U N S T M U S E U M

Vo n V i n c e n z o Ve l a b i s L a w r e n c e C a r ro l l

Ein Schlaglicht auf Per Kirkeby

Das Gebäude des heutigen Museo Vincenzo Vela in Ligor­ netto, unweit der Grenze zu Italien gelegen, gehört zu den wichtigsten europäischen Künstlerhäusern des 19. Jahr­ hunderts. Es wurde von Vincenzo Vela (1820–1891), einem bedeutenden Tessiner Bildhauer, auf dem Höhepunkt seines Schaffens entworfen. Das wunderschöne Anwesen und einstige Domizil des Künstlers gehört der Schweizerischen Eidgenossenschaft und wurde der Öffentlichkeit als Museum zugänglich gemacht. Architekt Mario Botta verlieh dem ­G ebäude bei der jüngsten Renovierung noch einen Schliff. Neben der Dauerausstellung mit teils monumentalen Skulpturen überrascht das Museo ebenso immer wieder mit temporären Wechselausstellungen. Noch bis 19. Juni 2016 wird etwa die Ausstellung „Im Lichte Roms. Fotografien von 1840 bis 1870 aus der Sammlung Marco Antonetto“ gezeigt, ab November 2016 wird dem Maler Lawrence Carroll eine ­A nthologie gewidmet.

Unter Leitung des umtriebigen Direktors Simone Soldini macht das in einem ehemaligen Kloster gelegene Museo d’arte von Mendrisio immer wieder mit ausgefallenen Sonder­ ausstellungen von sich reden. Im Fokus hier beispielsweise „Anarchie“ oder auch „Die Mikrogramme von Robert Walser“ (bis 12. März 2016). Grundstock des Museums ist die eigene Sammlung mit Hunderten von Bildern, die von lokalen Künstlern wie Filippo Franzoni bis zu Hans Richter und ­Rolando Raggenbass reichen. Zweifelsohne ein Highlight ­dieses Jahres wird eine anthologische Ausstellung über den zeitgenössischen dänischen Bildhauer und Maler Per Kirkeby (30. September 2016 bis Januar 2017).

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www. mendr isio. ch/museo

www. museo-vela. ch

LOCA R NO: S TÄ D T I S C H E P I N A KO T H E K C A S A R U S C A N o c h b i s 1 4 . A u g u s t 2 0 1 6 : „ R o t e l l a u n d d a s K i n o“

© Museo Vincenzo Vela, Ligornetto

R A N C AT E : P I N AC O T E C A Z Ü S T J u w e l e n a u s d e r Te s s i n e r K u n s t g e s c h i c h t e

www. locar no. ch

Die kantonale Pinacoteca Züst verdankt ihre Entstehung der Großzügigkeit von Giovanni Züst (1887–1976), der aus Basel stammte, aber aus beruf lichen Gründen im Tessin ansässig geworden war. Er verwandelte seine schöne Villa in Rancate (Mendrisio) über die Jahre zu einem echten Privatmuseum und vermachte seine Sammlung noch zu seinen Lebzeiten 1966 dem Kanton Tessin. Zur Schenkung gehören viele Bilder aus dem 17. bis zum 20. Jahrhundert, die von der Hand ­bekannter Tessiner Künstlern stammen – etwa Antonio ­R inaldi, Giovanni Serodine oder Giuseppe Antonio Perini. Positiv zu überraschen vermag die kleine Pinakothek vor ­a llem mit ihren thematischen Sonderausstellungen, jüngst über die die Themen „Mitgift“ oder „Lesen“ in der Kunst des 19. Jahrhunderts.

Atrium der Pinacoteca Comunale Casa Rusca, © Museum

w w w . t i . c h /z u e s t

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Mit der Ausstellung „Rotella und das Kino“ in der Pina­ cotheca comunale Casa Rusca ehrt die Stadt Locarno das Werk eines Künstlers, der zu den repräsentativsten und ­z ugleich einf lussreichsten Persönlichkeiten der italie­ nischen Kunst­s zene des vergangenen 20. Jahrhunderts gehört. Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit dem 69. Filmfestival Locarno realisiert und möchte dem breiten Publikum die enge Beziehung zur Welt des Films zeigen, die das gesamte Schaffen von Mimmo Rotella (1918 –2006) prägte: In einem chronologischen und syste­ matischen Rundgang werden die vielfältigen Techniken untersucht, die der Künstler verwendete, um seine Bindung an das italienische und internationale Kino darzustellen. Die Ausstellung wird am 13. März 2016 eröffnet.


Scuola di Scultura di Peccia

Kunst am Ende des Tals Durchquert der Reisende von Locarno kommend das ­Maggiatal Richtung Fusio, erreicht er hinter Cevio das ­w ilde und ungestüm schöne Val Lavizzara. Über der in der Sonne grün leuchtenden Talsohle erheben sich schroffe Berghänge, von denen kristallklare Wasserläufe herunterstürzen. Jahr­ hundertelang waren die wenigen Menschen hier eine fest geschlossene Gemeinschaft, die ihre Autonomie gegenüber Eindringlingen von außen verteidigte. Ganz weit hinten, in einem Seitental des Lavizzara liegt Peccia. Es besteht aus ein paar Dutzend traditioneller Steinhäuser, mit einer aus dem 16. Jahrhundert stammenden und aus Tessiner Gneis erbauten Kirche. Hier, gefühlt am Ende der Welt, weisen drei weißblaue Banner mit der Aufschrift „Scuola di Scultura di Peccia“ den Weg. Eine steile Straßenauffahrt führt zu einem mit Sonnensegeln überdachten Werkplatz. Professionell ausgerüstete Arbeitsplätze laden zum künstlerischen Schaffen. Darum

­ erum befinden sich die Schul- und Ateliergebäude – Werkh stätten, Schmiede, Nebengebäude für technische und administrative Zwecke, die privaten Wohngebäude des ­Leiterehepaars Alex Naef und Almute Grossmann-Naef sowie vier Atelier-Appartements für freischaffende Gäste. Auch in ­Peccia und im Nachbardorf Sornico unterhält die Bildhauerschule drei Unterkunftshäuser. Die Schule beschert dem Tal jährlich rund 3.000 Übernachtungen zusätzlich zum nor­ malen Tourismusbetrieb. „Alle sagten, das geht nicht – und dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.“ So etwa könnte man die Geschichte der „Scuola di Scultura di Peccia“ beschreiben. Angefangen hat alles mit dem Tessiner Marmor. Einige Kilometer nordwestlich von Peccia wird am Berg Pizzo Castello seit 70 Jahren Marmor abgebaut. Cristal­ lina heißt er, nach seiner weiß-grauen kristallinen Struktur,


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linke Seite: Simulation Atelierinnenansicht, geplantes Internationales Zentrum für Bildhauerei, Architektur: Bardelli, Locarno/TI

Alex Naef und Almute Grossmann- Naef leiten die Bildhauerschule. Foto:s © Scuola di Scultura di Peccia

L ehrbet r ieb u nd Ver a nst a lt u ngen ent w ickelt . Ü ber 300 Kunstschaf­fende und interessierte Laien kommen jährlich hierher. Jetzt steht das Leiterehepaar vor einem weiteren großen Schritt: In ­Peccia soll ein internationales Zentrum für Bildhauerei e­ ntstehen. Als Public-private-Partnership von Privat­personen, der Gemeinde Lavizzara und der Fondazione Valle Maggia gegründet, bezweckt die Stiftung Fondazione Internaz­ionale per la Scultura (FIS) die Einrichtung eines ­international ausstrahlenden Kompetenzzentrums für dreidimensionales Schaffen. Tessiner Regierung und Parlament billigten Fördergelder in Höhe von fünf Millionen Schweizer Franken – unter der Bedingung, dass es den Initiatoren gelingt, dieselbe Summe über Sponsoring und private Donatoren aufzutreiben. Das Projekt soll 2019 den Betrieb aufnehmen. Ein facettenreiches Fundraising-Konzept garantiert Mäzenen und Sponsoren maßgeschneiderte Investitionsmöglichkeiten mit langfristig wirksamem Imagetransfer. BARBAR A HOFM ANN

w w w . f o n d a z i o n e s c u l t u ra . c h www. bildhauerschule. ch

Peccia Scuola di Scultura, Werkplatz und Steinbildhauen

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die von bräunlichen oder grünlichen Adern durchzogen ist. Bildhauer zog es auf der Suche nach dem passenden Material immer wieder nach Peccia und in dieses abgeschiedene ­G ebirgstal, wo einen die Landschaft inspiriert und Marmor „einfach so“ im Fluss herumliegt. 1987 übernahm Kunstpädagoge und Steinbildhauer Alex Naef hier eine Baracke auf dem alten Werkplatz des ­Marmorsteinbruchs Cristallina, in der sein Zürcher Kollege Rolf Flachsmann begonnen hatte, Steinbearbeitungskurse anzubieten. Doch mitten in den Aufbau des Kursprogramms platzte ein Jahr später eine Hiobsbotschaft. Die Schule musste weg – auf dem Areal sollten Wohnhäuser gebaut werden. ­Kurzerhand organisierte der Bürgermeister von Peccia finanzielle und logistische Hilfe für den Umzug auf den heutigen Platz in Dorfnähe. Und danach ging es bergauf. Alex Naef erhielt öffent­ liche Fördergelder im Rahmen der Unterstützung von Rand­regionen, sodass es ihm trotz immer wiederkehrender Widerstände zusammen mit seiner heutigen Ehefrau A ­ lmute Großmann-Naef gelang, die Schule Zug um Zug auszubauen. In den über 30 Jahren ihres Bestehens hat sich die ­Bildhauerschule inzwischen zu einem für Gäste und Ein­ heimische attraktiven Begegnungsort mit Ausstellungen,


Auf der „Glyzinientreppe“ des Hauses in Agnuzzo, v.l.n.r.: Hermann Hesse, Annemarie Hennings, Alice Leuthold, Hugo Ball, Fräulein Hurter, Emmy Hennings, Fritz Leuthold Hermann Hesse besuchte mit seinen Zürcher Freunden und Mäzenen seine literarischen Freunde in Agnuzzo zu Ostern 1923.

unten v.l.n.r.: Maria Theresia Holzleitner, Hermann Hesse, Emmy Hennings und Hugo Ball während einer Wanderung im Sommer 1921

Fotos: © Hermann Hesse - Editionsarchiv, Offenbach am Main


53 Eine Freundschaf t im Tessin

Am 4. Dezember 1920 stieg Hermann Hesse gegen Mittag von dem oberhalb von Lugano gelegenen Dorf Montagnola, wo er seit Mai 1919 in der verwunschenen Casa Camuzzi in einer ­etwas heruntergekommenen Wohnung lebte, durch den Wald hinab nach Agnuzzo, ein Dörfchen am Luganer See. Hier wollte er das Künstlerehepaar Emmy Hennings und Hugo Ball besuchen, denen er zwei Tage zuvor im Hause des gemein­s amen Bekannten, des Ingenieurs und Astrologen ­Joseph Englert, in Lugano das erste Mal begegnet war. Die Balls hatten sich drei Monate vorher aus der Dada-Szene in Zürich verabschiedet und lebten nun in Agnuzzo. Hier fanden sie „das Paradies. […] Die kostbarste Einsamkeit, die man sich nur denken kann“, wie Emmy Hennings die Idylle beschrieb. Hugo Ball, der aus Pirmasens stammende Dramaturg und L ­ iterat, hatte im Jahr 1916 München verlassen und zusammen mit Emmy Hennings, die bereits eine wechselvolle Geschichte als Schauspielerin, Diseuse, Hausiererin und Pros­t ituierte hinter sich hatte, das „Cabaret Voltaire“ in ­Zürich gegründet. Dieses sollte sich schon bald zum Ausgangspunkt der da­d a­istischen Bewegung entwickeln. 1917 organisierte Ball zusammen mit Tristan Tzara die „Galerie Dada“, in der Künstler wie Paul Klee, Wassily Kandinsky, Hans Arp und August Macke ausstellten. Emmy Hennings und Hugo Ball traten selbst im „Cabaret Voltaire“ auf, be­ stritten Soireen in der ­„Galerie Dada“ und veröffentlichten außerdem Romane, ­welche jedoch kommerziell wenig erfolgreich waren. 1920 heirateten sie und siedelten zusammen mit Annemarie, Emmys Tochter aus erster Ehe, ins Tessin über. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Hugo Ball endgültig dem katholischen Glauben zugewandt; seine Frau war bereits 1911 zum Katholizismus konvertiert. Der erste Besuch Hermann Hesses bei Balls dauerte über zwölf Stunden. Er war der Beginn einer intensiven Freundschaft, die insbesondere zwischen den beiden Männern von großer Nähe und gegenseitiger Achtung geprägt war. Man traf sich von nun an häufig, diskutierte über literarische, philosophische und religiöse Themen und verbrachte die Tage mit langen Spaziergängen und beim Baden im See. In einem Brief erinnerte sich Emmy wehmütig: „Riefen wir nicht an einem Sommertag ‚Ev viva‘? Und lagen wir nicht doch am

See, und lagen und sangen? Und tranken wir nicht Wein und kamen überein, daß es gar keinen schlechten Wein gäbe, nur besseren Wein?“ Oftmals gesellten sich gemeinsame Freunde und Bekannte hinzu. Zu ihnen gehörten auch Joseph Englerts Gattin, die Malerin und Bildhauerin Maria Theresia Holz­leitner, und Hesses Freundin und spätere Ehefrau Ruth Wenger aus Carona, zu denen insbesondere Emmy Hennings schnell eigenständige Beziehungen entwickelte. Schon nach einem Sommer, im Oktober 1921, fand dieses intensive ­Zusammensein jedoch ein Ende, da Balls, die unter großen Geldsorgen litten, nach München zurückkehrten. Hesse ­vermisste die Freunde sehr und es gelang ihm schließlich, ­einen Mäzen aufzutun, der gewillt war, die Balls finanziell zu unterstützen und ihnen damit die Rückkehr ins Tessin zu ermöglichen. 1924 sahen die Balls sich erneut gezwungen, die teure Schweiz zu verlassen, und sie entschlossen sich, nach Süditalien zu ziehen. Eine intensive Korrespondenz zwischen Hesse und den Freunden zeugt davon, dass die enge Beziehung auch über diese Distanz weiter bestand. Als die Balls dann im Mai 1926, abgemagert und in bedauernswertem ­Zustand, endlich aus Italien nach Agnuzzo zurückkehren konnten, wurden sie sofort mit Hesses neuen Freunden bekannt gemacht. Dazu zählten das Schriftstellerehepaar Lisa Tetzner und Kurt Kläber (Kurt Held), das stets die Sommer in Carona verbrachte, und die Teppichweberin Maria-Geroe-­ Tobler in Montagnola. Nachdem sich Hermann Hesse von Ruth Wenger getrennt hatte, wurde auch seine neue Freundin und spätere Ehefrau Ninon Ausländer herzlich in den Freundeskreis aufgenommen. Hermann Hesse hatte Hugo Ball zudem autorisiert, seine Biografie zu schreiben, die kurz vor Hesses 50. Geburtstag im Juni 1927 tatsächlich erschien. Doch dieses freudige Ereignis war bereits überschattet von der schweren Krebskrankheit Hugo Balls, der er am 14. September 1927 erlag. Die Eheleute Emmy Hennings und Hugo Ball waren von Zürich, wo Ball operiert worden war, nicht nach Agnuzzo zurückgekehrt, sondern hatten ein Haus in Gentilino bezogen, wo der Todkranke besser gepf legt ­werden konnte. Hier wussten sie außerdem Hermann Hesse in ihrer Nähe.

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Hesse – Ball – Hennings


54 Hesse nahm den Tod des engen Freundes als „unersetzlichen Verlust“ wahr, denn „Ball war der einzige, den ich ganz ernst nahm, der Einzige, mit dem ich sprechen konnte und mit dem volles gegenseitiges Verstehen mich verband“. Bis zu ihrem Tod im Jahre 1948 kümmerte sich Hesse als Freund weiterhin fürsorglich um Emmy Hennings.

P f i n g s t s o n n t a g , 1 5 . M a i 2 0 1 6 , 1 1 . 0 0 U h r, G a r t e n d e s e h e m a l i g e n Wo h n h a u s e s v o n E m m y H e n n i n g s und Hugo B all in A g nu z zo, P ia z zet ta R oncor ino. B u c h p rä s e n t a t i o n v o n B ä r b e l R e e t z : „ D a s P a ra d i e s w a r f ü r u n s – E m m y H e n n i n g s u n d H u g o B a l l “ www. hessemontag nola. ch

REGINA BUCHER

Regina Bucher ist seit 1998 Leiterin des Museums Hermann Hesse in Montagnola (CH) und seit 2000 auch Direktorin der Stiftung, Kuratorin von Ausstellungen im In- und Ausland, Vortragstätigkeit, Herausgeberin und Autorin von ­zahlreichen Publikationen und Katalogbeiträgen.

Ve ra n s t a l t u n g e n z u „ 1 0 0 J a h r e DA DA“ : S a m s t a g , 9 . A p r i l 2 0 1 6 , 1 7. 3 0 U h r, Museum Her mann Hesse Montag nola Vo r t ra g v o n D r. G a b r i e l e G u e r ra (i n i t a l i e n i s c h e r S p ra c h e) „ Die Flucht aus der Zeit:

Zypressenallee vor der Kirche Sant‘Abbondio in Montagnola

H u g o B a l l z w i s c h e n DA DA u n d M y s t i k “

© Switzerland Tourism By-line: swiss-image.ch / Stephan Engler

Hermann Hesse (* 1877 in Calw, Württemberg) wurde hier 1962 begraben.

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H E SSE M USEU M GA I E N HOF E N

Der Schriftsteller und spätere Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse lebte von 1904 bis 1912 in Gaienhofen. Zuvor hatte der junge Autor ein eher unstetes Leben an verschiedenen Orten geführt. Mit dem „Gaienhofener Umweg“, wie er seine acht Jahre am Bodensee später nannte, war die Hoffnung auf Stabilität und Beheimatung verbunden: Hier begann „die Zeit meines Lebens, in der ich nicht mehr zufällige und oft gewechselte Zimmer, sondern Häuser bewohnte“. Unter all diesen Häusern war das schlichte Bauernhaus am Gaienhofener Dorfplatz, das er 1904 unmittelbar nach seiner Heirat mit Maria Bernoulli bezog, gewiss das wichtigste. Er nannte es die „erste Zuflucht meiner jungen Ehe“ und die „erste legitime Werkstatt meines Berufes“. Hier plante er auch das eigene Haus im Ort, in dem er dann von Ende 1907 bis 1912 wohnte. Für sein erstes Wohnhaus ließ er jenen beeindruckenden Schreibtisch bauen, der ihm sein Leben lang als Arbeitsplatz diente. Der Schreibtisch steht im Zentrum der neuen Dauerausstellung, die am authentischen Ort eingerichtet wurde und die neben Hesses Arbeit als Schriftsteller den schon bald auftretenden Konflikt des Autors zwischen sesshaft-unf lexibler Bürgerlichkeit und wandlungsbereitem Künstlertum inszeniert. Der Besucher trifft in den neu gestalteten Räumen auf eine zeitgemäße Literaturausstellung, die diese thematischen Schwerpunkte anhand von ausgesuchten Exponaten veranschaulicht und erfahrbar macht. Im Museum befindet sich neben der neuen Dauerausstellung „Gaienhofener Umwege. Hermann Hesse und sein 1. Haus“ die Abteilung „Literaturlandschaft Höri“ mit weiteren Schriftstellern und Verlegern, die auf der Höri gelebt und gearbeitet haben.

Die Gemäldegalerie präsentiert Werke der zahlreichen ­b ildenden Künstler, unter anderem von Otto Dix, Max Ackermann und Erich Heckel, die sich ebenfalls seit Beginn des 20. Jahrhunderts auf der Halbinsel Höri niederließen. Sonderausstellungen, literarische Wanderungen, Lesungen und Vorträge und die alljährlich stattfindenden Hesse-Tage runden das Veranstaltungsprogramm ab. UTE HÜBNER

Hesse Mu seum Gaienhofen www. hesse-mu seum-gaienhofen. de

© Hesse Museum Gaienhofen


Hans Arp 30. Januar – 22. Mai 2016

William Tucker 30. Januar – 22. Mai 2016

Richard Tuttle 27. Februar – 24. Juni 2016

Kunstmuseum Winterthur Museumstrasse 52 CH-8400 Winterthur Di 10–20, Mi bis So 10–17 www.kmw.ch


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Unbekannter Fotograf, Hans Arp, Tristan Tzara und Hans Richter vor dem Hotel Elite, Zürich 1918 © Stiftung Arp e. V. Rolandswerth/Berlin


57 Remagen – Winter thur – Locarno

Dada und Hans Arp VO N S T E FA N I E DAT H E

DA DA I S T T O T. L A N G L E B E DA DA ! DA DA I M A R P M U S E U M B A H N H O F R O L A N D S E C K

Zum 100-jährigen Jubiläum in diesem Frühjahr würdigt das Arp Museum Bahnhof Rolandseck die Entstehungsphase des Dadaismus in Zürich 1916/17 und lässt dabei die Atmosphäre der damaligen Zeit wieder auferstehen. Die präsentierten Kunstwerke werden dabei in lebhafte Inszenierungen ein­ gebettet, die den vielschichtigen geistesgeschichtlichen Nährboden veranschaulichen, aus dem sich Dada einst entfaltet hat. Das Ende der Belle Époque und der Beginn des Ersten Weltkrieges, Industrialisierung, Lebensreform, Psychoana­ lyse und Sozialismus: Dies sind nur einige Themenfelder, die inhaltlich wie räumlich die Kulissen dieser Ausstellung ­bilden. Es gelingt ihr damit der neuerliche Beweis, dass der Dadaismus in seinem die Gattungsgrenzen überschreitenden gesellschaftskritischen Engagement nichts an Aktualität verloren hat. bis 10. Juli 2016 „G e nese Dada – 100 Jahre Dada Zür ich“ Ar p Mu seum B ahnhof Roland seck, R emagen www. ar pmu seum . org

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2016 ist ein ganz besonderes Jahr, in dem die Welt einer der progressivsten Kunstbewegungen des 20. Jahrhunderts ­gedenkt: Dada. Von ihr sind bahnbrechende Impulse auf die Moderne bis hin zur aktuellen Gegenwartskunst ausgegangen. Es war Februar 1916, als in Zürich das „Cabaret Voltaire“ eröffnete; hier begründeten Hugo Ball, Emmy Hennings, Tristan Tzara, Richard Huelsenbeck, Marcel Janco und Hans Arp den Dadaismus – als satirischen Protest gegen den ­Wahnsinn ihrer Zeit und als Revolte gegen künstlerische Konventionen. Einer Legende nach entstand der Begriff „Dada“ in Anwendung des Zufallsprinzips: Beim Aufschlagen eines französischen Wörterbuches fiel die Wahl auf eine kleinkindliche Bezeichnung für „Steckenpferd“. Nonsens und Zufall stellten fortan die wichtigsten, im Grunde antikünstlerischen Prinzipien der Dadaisten dar, die – angetrieben von ihrem radikalen Widerspruchsgeist – wie im Rausch mit Stilen, Materialien, Formen, Gattungen experimentierten. Das Absurde wurde von ihnen in Lautgedichten, Bildern, Tanz und Theater zelebriert, im Irrationalen erkannten sie die einzige Hoffnung auf gesellschaftliche Genesung. Dada stand für den totalen Zweifel und die Zerstörung bürgerlicher ­Werte. Begleitet von Manifesten trug Dada eine Vision in die Welt – nach Köln, Berlin, Hamburg, Paris, New York – und stellte die gesamte bisherige Kunst infrage, um sie mithin neu zu definieren. Und: Dada stand Pate für spätere Entwicklungen wie Performance, Happening, Konzeptkunst und Fluxus, konkrete Poesie, Readymade bis hin zu Pop-Punk und Slam Poetry.


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HANS ARP IN WIN TERTHUR

Kunstmuseum Winterthur, Ausstellungsansicht „Hans Arp“,

Wer begreifen will, warum Dada vor 100 Jahren die Kunstwelt auf so radikale Weise verändert hat, bekommt in diesem Jahr viel Gelegenheit dazu. Nicht nur am „Geburtsort“ Zürich, auch in anderen europäischen Städten wie Paris, Amsterdam oder Düsseldorf wird das Jubiläum mit Ausstellungen, Partys und Lesungen zelebriert. Das Kunstmuseum Winterthur, das in diesem Jahr gleichermaßen seinen 100. Geburtstag feiern kann, widmet seine Frühjahrsausstellung einer zentralen ­F igur des Dadaismus: dem deutsch-französischen Maler, ­Bildhauer und Lyriker Hans (Jean) Arp (1886–1966). Als Mitbegründer der Dada-Bewegung zählt er zu den bedeutendsten Pionieren der Moderne. Seine Kunst ist heute in den großen Museen dieser Welt zu finden. Das Kunstmuseum Winterthur, das Kunst des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart beherbergt, verfügt über eine der glanzvollsten Sammlung der Schweiz und dank des Legats von Clara und Emil Friedrich-Jezler, die eine der frühen Schweizer Avantgardekollektionen aufgebaut hatten, über ein umfangreiches Konvolut aus dem Œuvre von Hans Arp. Darauf baut nun die Winterthurer Retrospektive auf, die ganz bewusst einen Fokus auf Arps Kunstschaffen jenseits von Dada richtet. Das erste der drei Ausstellungskapitel beginnt mit einer Gruppe von Arps Bildreliefs der späten 1920er-Jahre, in denen die räumliche Präsenz der Plastik, die Anwendung von Collage und Malerei mit dem Automatismus der Zeichnung zu einer neuen Synthese fanden. Der zweite Teil der Ausstellung widmet sich seinen innovativen bildhauerischen Lösungen. In den 1930er-Jahren entwickelte Hans Arp biomorph-assoziative Formgebilde, die – frei und ohne Sockel präsentiert – wie organische Metamorphosen in Erscheinung treten. Mit Werken der Nachkriegszeit beleuchtet der dritte Ausstellungsteil eine Periode, in der Hans Arp durch die Bemalung seiner Reliefs eine überraschende Brücke vom Prinzip des Zufalls zum damals zeitgenössischen Informel schlug, während er in den Skulpturen jener Phase Materialexperimente verfolgte. Obwohl nun bereits zum Klassiker der neueren Bildhauerei avanciert, bewahrte sich der mehrfache „documenta“-Teilnehmer auch im Spätwerk jenen Humor und jene unbekümmerte Respektlosigkeit gegenüber vermeintlich gültigen Werten und ästhetischen Normen, die ihn stets angeleitet hatten.

Ausstellungsraum 3, Foto: Reto Kaufmann @ VG Bild- Kunst, Bonn 2016

bis 2 2 . Mai 2016 „ H a n s A r p“ Kunst museum Winter thur www. k mw. ch

HANS AR P IM T ESSIN

Rasch wird jeder Tessin-Reisende vom Zauber dieser ­G egend erfasst, in der Schweizer Gründlichkeit und südländische ­I talianità, mediterranes Klima und trutzige Gebirgslandlandschaften eine wundersame Liaison eingehen. Die italienische Schweiz scheint Geist und Seele zu beflügeln. Und so verwundert es nicht, dass schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine illustre Schar von Literaten, Künstlern, Philosophen und politischen Rebellen

diese traditionsreiche Kulturregion als Exil und Ort der Inspiration wählte. Nicht nur in Lugano, auch am nördlichen Ufer des Lago Maggiore bildete sich früh eine weitere Keimzelle kreativer Schaffenskraft heraus. Hans Arps Verbundenheit mit dem Locarnese verdient besondere Beachtung. Sein bewegtes Leben war geprägt von den Irrungen und Wirrungen der damaligen Zeit. Die ­k ünstlerischen Lehr- und Wanderjahre, in denen er an der


59 Fondazione Marguerite Arp, Locarno -Solduno, neues Depot- und Ausstellungsgebäude, Außenansicht

Entwicklung einer biomorphen Formensprache arbeitete und einen regen Austausch mit der internationalen Avantgarde pflegte, führten ihn nach Weimar, Paris, Berlin und Köln. Unmittelbar nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges suchte er Zuflucht in der Schweiz. Nicht ohne Grund reiste er nach Ascona: Hier hatte sich auf dem Monte Verità eine alternative Kommune entfaltet, die eine enorme Anziehungskraft auf all jene Freidenker und Lebensreformer ausübte, die auf der ­Suche nach neuen Gesellschaftsentwürfen waren. Auch in den folgenden Jahren zog es Hans Arp immer wieder an diesen Ort und zu einem prominenten Künstlerfreundeskreis. Begleitet wurde er nun von Sophie Taeuber (1889–1943), die ihm in ihrer eigenen künstlerischen Vielseitigkeit in nichts nachstand und die er 1922 heiratete. Hans und Sophie hatten sich in Zürich kennengelernt, wo 1916 Künstlerexilanten aus ganz Europa die Dada-Bewegung ins Leben gerufen hatten. Für Sophie und Hans blieb das Tessin zeitlebens ein kostbares Refugium. Marguerite Hagenbach (1902–1994), wohlhabende Mäzenin mit Ferienhaus in Ascona, nahm hier eine Schlüsselstellung ein. Sie sammelte die als „entartet“ diffamierte Kunst des Paares und half über eine entbehrungsvolle

Zeit im südfranzösischen Exil hinweg. Nach Sophies tra­ gischem Unfalltod 1943 wurde sie für Hans Arp zu einer entscheidenden Lebensstütze. Sie begleitete ihn auf seinem Weg aus einer tiefen Schaffenskrise hin zu internationalem Erfolg. 1959 schließlich, im Jahr ihrer Heirat, erwarben Hans und Marguerite Arp das Anwesen „Ronco dei Fiori“ in Locarno-Solduno, das keineswegs nur als Ruhesitz gedacht war. Hans Arps Wunsch nach einem Ausstellungsgebäude für sein Œuvre, den Nachlass seiner ersten Frau sowie seine persönliche Sammlung, in der Werke so namhafter Künstler wie Max Bill, Marcel Duchamp, Max Ernst, Wassily Kandinsky, Paul Klee oder Man Ray vertreten sind, ging 50 Jahre später in Erfüllung. Seit April 2015 verfügt die von seiner Witwe gegründete Fondazione Marguerite Arp neben dem ehemaligen Wohn- und Atelierhaus über ein kleines, aber feines, neu erbautes Depot mit Schauraum, in dem nun Teile der 1.600 Exponate umfassenden Kollektion in Wechselausstellungen öffentlich zugänglich gemacht werden. Wie selbstverständlich fügt sich der monolithische Baukörper in ein idyllisches Hanggrundstück mit altem Baumbestand ein. Errichtet wurde der schlichte Betonkubus von den Zürcher Architekten Annette Gigon und Mike Guyer, die bereits durch Bauten wie das Kirchner Museum Davos oder den Prime Tower in Zürich internationale Aufmerksamkeit erregt haben. Fonda zione Marg ue r ite Ar p, Locar no fonda zionear p. ch

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Foto: Makoto Yamamori / © Shinkenchiku-sha


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Hugo Ball auf der Bühne in kubistischem Kostüm, Zürich 1916/17, Nachlass Hennings, Schweizerisches Literaturarchiv, Bern


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Claire Hof fmann

DADA.100

Marcel Słodki (Łódž 1892–1943 Auschwitz), Plakat zur Eröffnung der Künstlerkneipe Voltaire, Zürich 1916, 110,5 x 63,3 cm, Kunsthaus Zürich, Grafische Sammlung, Gr.Inv. 1992/39

man eine Kunstrichtung daraus macht, muss das bedeuten, man will Komplikationen wegnehmen.“ Nun ist Dada wieder in Zürich angekommen. Den loka­len Spuren jenseits des „Carbarets Voltaire“ kann man mit der „Dada Stadt Zürich“-Karte nachspüren und gelangt so über das Literarische (Strauhof ) zum Afrikanischen (Museum Rietberg) oder zum Anderen (Haus Konstruktiv). Die „Dada-Zeitung“ hält über die zahlreichen aktuellen Veran­ staltungen und Ausstellungen im In- und Ausland auf dem Laufenden. In der Ausstellung „Dadaglobe Reconstructed“ im Kunsthaus Zürich wird etwa Dadas globale Ausbreitung und künstlerische Vielfalt im gedruckten Medium aufgezeigt. Unter dem Motto „Dada war da bevor Dada da war“ fasst „Dada Universal“ im Landesmuseum Zürich noch einen ­breiteren Rahmen: von einem mittelalterlichen, mystischen Lautgedicht bis hin zum Nachbeben von Dada bei den Situatio­n isten, in der gesellschaftlichen Revolution der 1968er- und den Jugendunruhen der 1980er-Jahre („Macht aus dem Staat Gurkensalat!“). Diverse Projekte im Internet machen Dada d ­ igital erlebbar. Die interaktive Webseite „DADA DATA“ lädt zu „Hacktionen“ ein und dank der umfangreichen Digitalisierung der Dada-Sammlung des Kunsthauses Zürich „Dadadig“ sind wertvolle und rare Werke und Originaldokumente unbeschränkt im virtuellen Raum zugänglich. www. dada 100zuer ich 2016. ch www. dada-data. net w w w . k u n s t h a u s . c h /d a d a d i g

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Dada lokal, global, universal, digital, noch ein Mal. Vor genau 100 Jahren ging von einer kleinen Gruppe Emigranten in ­Zürich Dada aus, das alsbald nach Berlin, Hannover, Köln, New York, Paris ausstrahlte und nun zum Jubiläum erneut über seinen Geburtsort hinaus gefeiert wird. Dada, das heißt eine radikale Verweigerungshaltung, die grundsätzliche Infragestellung bisheriger Kunstformen, ein großes, lautes NEIN gegen die rationale, bürgerliche Gesellschaft, deren Konsequenz seinerzeit der um die Schweiz herum tobende Erste Weltkrieg war. „Was wir Dada nennen, ist ein Narrenspiel aus dem Nichts, in das alle höheren Fragen verwickelt sind; eine Gladiatorengeste; ein Spiel mit den schäbigen Überbleibseln; eine Hinrichtung der posierten Moralität und Fülle“, schreibt Hugo Ball 1916 in sein Tagebuch und verlangt, „neu und erfinderisch von Grund auf “ zu sein. Wenn an den Abenden im „Cabaret Voltaire“ in Zürich Hugo Ball, Emmy Hennings, Marcel Janco, Tristan Tzara, Hans Arp, Sophie Taeuber und viele andere mit Humor und Absurdität, Lautgedichten, Simultanrezitationen, Genderverwirrung und maskierten Tänzen „eine Buffonade und eine Totenmesse zugleich“ (Ball) zelebrierten, nahmen derlei Aktivitäten in Berlin und in den von Hannah Höch und Raoul Hausmann erfundenen Fotocollagen eine politisch pointiertere Form an. Bald arbeitete eine Gruppierung um Hans Arp und Max Ernst in Köln, Kurt Schwitters deklarierte in Hannover seine eigenbrötlerische Tätigkeit unter dem Namen „Merz“ und wurde aufgrund seines literarischen Erfolgs einigen Dadaisten verdächtig. Angeführt von Marcel Duchamp, Francis Picabia und Man Ray schlug sich Dada selbst in New York nieder und brachte Kunstskandale und ein Maskottchen der Bewegung hervor: das zur Ikone gewordene Readymade „Fountain“ (1917) von Duchamp. Von André Breton hofiert, kam der „Dada Tzar“ Tristan Tzara schließlich 1920 nach Paris. Nach weiteren Aktionen und dem gescheiterten Versuch einer ­D ada-Anthologie („Dadaglobe“) wurden hier die großen ­Erneuerungen von Dada – etwa die Fotocollagen, die Écriture automatique, die Verwendung von alltäglichen Objekten und Readymades – wie auch die nach Paris geströmten Künstler selbst vom Surrealismus eingenommen. Die aggressive und unbekümmerte Leichtigkeit von Dada wurde gegen das strengere Regime des Unbewussten ausgetauscht. Trotz Distanzen und Zensur, Räumungen, polizeilicher Überwachung und ­e inigen Verhaftungen, interner Anfeindungen und Kon­ kurrenzen breitete sich Dada wie ein Lauffeuer aus. Durch die vor finanziellen oder politischen Bedrängnissen fliehende, ­rastlose Künstlergemeinschaft und die unzähligen mehrsprachigen Eigenpublikationen, Zeitschriften und ­M agazine wurde Dada zur ersten internationalen Kunstbewegung, deren Auf lösung 1921 sich als Konsequenz aus den eigenen Forderungen ergab, gegen jegliche Organisation, Autorität, Kategorisierung und Ismen zu sein. Scharfsinnig hatte Hugo Ball bereits 1916 in seinem Manifest vorausgesehen: „Wenn


Unbekannter Fotograf, Porträt von Tristan Tzara, um 1920, Silbergelatineabzug, 11,4 x 18,6 cm, Collection Chancellerie des Universités de Paris, Bibliothèque littéraire Jacques Doucet, Paris

Kunsthaus Zürich

Dadaglobe Reconstructed Wie macht man eine Ausstellung über ein Buch? Erst recht über eines, das nie erschienen ist? Im Kabinett des Kunsthauses Zürich sind nun Zeichnungen, Collagen und Fotografien von Tristan Tzaras gescheiterter Dada-Anthologie dicht an dicht gehängt. Daneben sind Briefe, Dokumente, Manifeste und Listen des Herausgebers in Vitrinen ausgelegt. Durch die Gruppierung entlang der damaligen europäischen Drei­ teilung – Mittelmächte, Entente, neutrale Staaten – umspannt der kleine Raum die geografisch-politischen Dimensionen des Ersten Weltkriegs, die in Form von Animositäten, Nationalismen, Grenzkontrollen und Polizeiüberwachung bis weit in die 1920er-Jahre auf bedrängende Weise das Leben dieser Künstlerinnen und Künstler bestimmten. Die Ausstellung ist also bei Weitem nicht nur „ein Buch an der Wand“, wie Ko-Kuratorin Cathérine Hug betont, sondern bringt die historischen Zusammenhänge mit ein, die das Projekt sowohl organisatorisch wie inhaltlich prägten. Anlass zur Ausstellung ist aber trotz allem das Buch „Dadaglobe“, indem dessen Geschichte und Rekonstruktion aufgezeigt werden. Dies alles ist das Resultat einer sechsjährigen akribischen Recherche der zweiten Ko-Kuratorin Adrian Sudhalter. Sie hatte dank einer Liste Tzaras und der Nummern auf den Rückseiten der Einsendungen die mittlerweile über den Globus verstreuten Beiträge zu „Dadaglobe“ aufgespürt und dann versucht, das gescheiterte Werk zu vollenden. Sie zeigt zugleich auf, wie das Projekt gleichwohl Katalysator für die künstlerische Entwicklung einzelner Akteure sowie für Kunstwerke war, die eigens für die Reproduktion auf einer

Buchseite gedacht waren. Nebst wissenschaftlichem Apparat und kenntnisreichen Essays enthält das Buch eine gestal­ terisch deutlich abgehobene Sektion, der eigentliche „Dadaglobe“, so wie er 2016 denk- und umsetzbar ist. Initiator, Autor, Gestalter, Verleger, Vertreibender – Tristan Tzara erfüllte im Projekt „Dadaglobe“ einst alle diese Aufgaben und nahm so ganz im Benjamin’schen Sinne die Rolle des „Autors als Produzent“ (1934) ein. Bereits 1918 hatte er eine fulminante, nie dagewesene internationale, mehr­ sprachige Dada-Anthologie angedacht: „Dada-Almanach, lebendig und mitreissend [...] es soll durchzogen sein von einer schwindelerregenden, neuen, ewigen Atmosphäre, und es soll aussehen wie eine grosse Auslegeordnung von neuer Kunst in einem Freiluftzirkus. Jede Seite muss explodieren, entweder durch tiefschweren Ernst, umwerfende Komik, Enthusiasmus der Grundsätze oder die Druckweise.“ Als Tzara (als Samuel Rosenstock 1896 in Rumänien geboren) 1920 endlich die nötigen Reisepapiere erhielt und von Zürich nach Paris kam, nahm er sofort seinen engen Kontakt mit Francis Picabia wieder auf, mit dem er bereits zuvor in der Schweiz an der Herausgabe von Dada-Zeitschriften wie „391“, oder der Doppelnummer Nr. 4–5 der „Dada“ gearbeitet hatte. Mit Francis Picabia an Bord, der das Projekt finanzierte, fand sich in Paris – wohl durch Mithilfe von Jean Cocteau – bald auch der Verleger „La Sirène“. Tzara und Picabia versandten dann auf dem Briefpapier „Mouvement Dada“ im November 1920 Einladungen an eine Liste von fünf Künstlerinnen und 45 Künstlern in elf verschiedenen Ländern und acht


63 Vorderseite des „Dadaglobe“-Aufforderungsschreibens von Tristan Tzara, Francis Picabia, Georges Ribemont- Dessaignes und Walter Serner an Alfred Vagts, 1920, maschinengeschriebener Brief mit handschriftlicher Ergänzung von Tristan Tzara

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auf „Mouvement- Dada“- Briefbogen, 27 x 21 cm, Archivio Lafuente


Nic Aluf, Porträt von Sophie Taeuber mit Dada- Kopf, 1920, Silbergelatineabzug, 20,9 x 16,6 cm, Galerie Berinson, Berlin

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© Nachlass Nic Aluf

Sprachregionen, mit der Aufforderung, schwarz-weiße Zeichnungen, Fotos nach eigenen Werken, je eine gestaltete Buchseite oder Texte zu übermitteln. Ferner sollten die Angeschriebenen ein „deutliche[s] Photo Ihres Kopfes (nicht Figur) einsenden, dessen freie Bearbeitung bei gewahrter Deutlichkeit Ihnen überlassen bleibt“. Die Einladung stieß auf große Resonanz und es gelangte eine Flut von Briefen mit Beiträgen nach Paris zurück. Bei Max Ernst hat das Vorhaben sogar eine geradezu überbordende Produktion angestoßen. In Zusammenarbeit mit Hans Arp entstanden die Collagen „Fatagagas“ (FAbrication de TAbleaux GAsométriques GArantis) und er sandte seine Beiträge mit denjenigen von Arp und seiner Frau Luise Straus-Ernst in einer eigens gestalteten Mappe ein. Bezeichnend sind Ernsts Collagen, die sich explizit auf die gedruckte Buchseite beziehen und deren sichtbare Übergänge beim Druck ausgewischt werden sollten. Auch der Bereich der Bildlegenden bot sich als Spielfeld an. Die berühmt gewor­ dene „Chinesische Nachtigall“ bezeichnet er bewusst falsch als Skulptur mit monumentalen Maßen (3,10 x 2,25 Meter). In New York erkannte auch Man Ray den interessanten Kontext des Buchs und sandte Fotografien von temporären Skulp­ turen und Readymade-Assemblagen ein. Besonders aber die Aufforderung zum Einsenden der Porträtfotografie erwies sich als produktiv, was nicht zuletzt mit den nach dem Ersten Weltkrieg in Europa wieder streng gehandhabten Grenz­ kontrollen, dem sogenannten „passport regime“, zu tun gehabt haben mag. Sorgfältig inszenierte Porträts oder Collagen untergruben nun im Zeichen des Dada die Eindeutigkeit und Fixierung von Identität. Sophie Taeuber versteckte sich etwa halb hinter ihrem Dada-Kopf, mimt mit Hut und

Spitzenschleier eine abstrakte hölzerne Puppe, die zwischen Gruppenidentität und ihrer eigenen Position als Künstlerin unentschieden bleibt. Max Ernst dagegen collagierte sein Porträt mit einer weiblichen Figur, einem anatomischen Kopf, schrieb sich „dadamax“ und „casear buonarotti“ und fügte eine Skala von 5.000 ein: Vorbild und Fassade, Vermassung, zerstückelte Identität und affirmative Künstlerpose sind vereint. Auch der Herausgeber platzierte sich selbstbewusst vor einem riesigen Stapel Zeitschriften, unter anderem „Dada 3“, und ist selbst gleich dreimal im Bild zu sehen. Tzara demons­ triert sich als „Herausgeber, dessen wirksamste Methoden, wie seine eigenen Replikate implizieren, die modernen Print­ medien sind: wiederholen, verbreiten, überschwemmen“, so Adrian Sudhalter. Tzaras „Dadaglobe“-Vorhaben wirkt insgesamt sehr organisiert, durchdacht, konzeptuell stringent – also ungewöhnlich für Dada? Die Vielseitigkeit der Beiträge, die zufällige Reihenfolge der Texte und Bilder im Buch und vor allem das explizit internationale Konzept, das insbesondere deutsche und französische Beiträge verband, barg jedoch eine heute kaum mehr vorstellbare Sprengkraft. Woran das Projekt schließlich scheiterte, bleibt trotz Recherchen bis heute offen: sei es an Picabias finanziellem Rückzug, sei es an einem sich verschärfenden Klima der Zensur und der polizeilichen Überwachung oder an den Dada-internen Spannungen, namentlich Richard Huelsenbecks Anfeindungen, der ein Jahr zuvor mit seinem ähnlichen Vorhaben „Dadaco“ gescheitert war und nun voller Verbitterung auf das Projekt seines Rivalen Tzara blickte? Die visuellen und textlichen Beiträge hatten glücklicherweise auch trotz des Scheiterns von „Dadaglobe“ in Magazinen, Ausstellungen, Sammlungen sowie Bibliotheken ein Nachleben und sind nun endlich in Buchform als tragbare Dada-Anthologie vereint, wie Dadabox Worm (der Publizist Fried-Hardy Worm) auf der letzten Seite deklamiert: „Dada ist der Bienenschwarm in der Rocktasche!“ CL AIRE HOFFM ANN

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67 Hannah Höchs Freundschaf t mit Kur t Schwit ters

Revolutionärin der Kunst

Hannah Höch beim Aquarellieren, 11. Juli 1967, © Foto: Galerie Remmert und Barth, Düsseldorf © VG Bild- Kunst, Bonn 2016

Schwitters seinerseits liebte und brauchte den Austausch mit Freunden und Kollegen, er war ein hervorragender Netzwerker und ein brillanter Unterhalter. Mit Schwitters sei es nie langweilig gewesen, schrieb Höch nach seinem Tod an dessen hannoverschen Verlegerfreund Christoph Spengemann. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, galten Dada und Merz als entartete Kunst. Schwitters emigrierte 1937 nach Norwegen. Höch blieb in Deutschland, zog sich in die innere Emigration zurück und lebte in ihrem kleinen Häuschen mit dem großen Garten in Berlin-Heiligensee. Schwitters starb nach erneuter Flucht vor den Nationalsozialisten und Internierung 1948 in England. Höch klebte und malte weiter. Jedoch stand ihr Spätwerk immer im Schatten der kurzen Phase, als Dada der erschütterten Welt den Spiegel vorhielt. Höch blieb die Dada-Künstlerin, eine Schublade gegen die sie sich immer gewehrt hatte, wie gegen alle Grenzen – in der Kunst und im Leben. Eine Haltung, die sie mit Schwitters teilte, aus dessen Gedicht „An Anna Blume“ fügte sie die Zeile „Lass sie sagen, sie wissen nicht, wie der Kirchturm steht“ in ihre Collage „Meine Haussprüche“ von 1922 ein. Bei aller dadaistischen Anti-Kunst Attitüde ging es Höch, genau wie Schwitters, immer um das rein Künstle­ rische. „Schwitters und ich hatten beide die Neigung, noch ein wenig Romantik in die so pragmatisch gewordene Welt um uns zu schmuggeln.“, beschrieb Hannah Höch die Essenz dieser „Seelenfreundschaft“.

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Hannah Höch (1889-1978) bezeichnete ihre Verbindung zu Kurt Schwitters (1887-1948), dem Sonderling aus Hannover, als „tiefe Seelenfreundschaft“. Kennengelernt hatten sich die beiden um 1918 in Berlin, also bevor Schwitters „Merz“ erfand, als er gerade begann Tuchfühlung mit der Avantgarde aufzunehmen und Hanna noch kein „h“ am Ende hatte. Das hängte Schwitters ihr an, damit sie wie die Anna Blume aus seinem berühmten Gedicht „von hinten wie von vorne“ sei: Hannah. Höch war die einzige Frau unter den stark politisch ausgerichteten Berliner Dadaisten um Raoul Hausmann, George Grosz und John Heartfield. Sie war leiser als die anderen, feinsinniger, weniger aggressiv politisch, wenngleich auch sie die Gesellschaft und die Rolle der Frau im Besonderen offen kritisierte. Ihr „Schnitt mit dem Küchenmesser Dada durch die letzte Weimarer Bierbauch-Kulturepoche Deutschlands“ von 1919 steht bis heute exemplarisch für den Geist von Dada. Über Kurt Schwitters äußerte sie einmal, er sei neben Hans Arp einer der wenigen Männer, die eine Frau kameradschaftlich behandeln konnten. Und sie musste es wissen. Als Raoul Hausmann und Schwitters 1921 auf die „Anti-DadaMerz-Tournee“ nach Prag gingen, wurden sie von Hannah Höch und Helma Schwitters begleitet. 1923, nach der Trennung von Hausmann, verbrachte sie Ferien an der Ostsee mit Helma und Kurt Schwitters sowie Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp. Mit Hans Heinz Stuckenschmidt arbeiteten Höch und Schwitters 1924/25 an der Anti-Revue „Schlechter und Besser“, die jedoch unvollendet blieb. Lediglich einige Zeichnungen Höchs für Bühnenbild und Kostüme sind erhalten. Hannah Höch war auch die einzige, die in Schwitters‘ Merzbau gleich zwei Grotten gestalten durfte. Wenn sie zu Besuch in Hannover war, ging sie mit Schwitters auf Tour durch die Stadt. Mit seinem Sohn Ernst vorne auf dem Fahrrad, einem Meerschweinchen in der Tasche und Hannah Höch auf dem Gepäckträger ging das skurrile Gespann auf die Suche nach Material für Schwitters‘ Merzbilder und -collagen.


Kurt Schwitters, „Merzbild Einunddreissig“, 1920, Assemblage, Leihgabe Sammlung NORD/LB in der Niedersächsischen Sparkassenstiftung, Foto: Kurt Schwitters Archiv im Sprengel Museum Hannover, Fotograf: Herling / Gwose / Werner, Sprengel Museum Hannover © VG Bild- Kunst, Bonn 2016

In der Ausstellung „130 % Sprengel“, Sprengel Museum Hannover, 5. Juni 2016 bis 29. Januar 2017

Hannah Höch (1889–1978): Entartet, 1969, Collage, 34,3 x 40,6 cm, Courtesy: Berliner Sparkasse, Berlin © VG Bild- Kunst, Bonn 2016

In der Ausstellung „Hannah Höch: Revolutionärin der Kunst“, Kunsthalle Mannheim,

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22. April bis 14. August 2016


69 bis 8. Mai 2016 „ DA DA a n d e r s . S o p h i e Ta e u b e r- A r p ,

Im Rahmen von „Dada.100“ würdigen jetzt zwei Aus­ stellungen das einf lussreiche Werk von Hannah Höch. Das Museum Haus Konstruktiv in Zürich rückt drei prägende Künstlerinnen der Dada-Bewegung ins Rampenlicht, und zeigt neben Höch Werke von Sophie Taeuber-Arp und Elsa von Freytag-Loringhoven. Die parallel dazu gezeigten Einzelpräsen­t ationen der zeitgenössischen Künstlerinnen Ulla von Brandenburg und Sadie Murdoch stellen die Verbindungen in die Gegenwart her. Die Kunsthalle Mannheim zeigt die erste umfassende Retrospektive von Hannah Höchs nach 1945 geschaffenem Werk. Sie setzt damit ihre Reihe von Ausstellungen über ­bedeutende Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts fort – von Germaine Richier über Ré Soupault bis zu Magdalena Jetelová, Nairy Baghramian und Pipilotti Rist. Es gibt noch viel zu entdecken, in Hannah Höchs über 60 Schaffensjahre umfassenden Werk!

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Anschließend wird die Ausstellung ab 11. September 2016 im Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr gezeigt. Das Sprengel Museum Hannover beherbergt nicht nur das Kurt Schwitters Archiv, sondern auch eine Rekonstruktion des „Merzbaus“. 5 . Juni 2016 bis 29. Januar 2017 „ 1 3 0 % S p r e n g e l “ , d i e g ro ß e S a m m l u n g s a u s s t e l l u n g ,

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Stephan Balkenhol, Figur (Mann, silberne Scheibe), 2012 (Detail), Wawaholz gefärbt, 116 x 80 x 23,5 cm

27. April 11. Juni 2016

4, rue Wiltheim | L-2733 Luxembourg | T (+352) 26 19 05 55 reding@nosbaumreding.lu | www.nosbaumreding.lu Dienstag bis Samstag: 11-18 Uhr


LUXEMBURG

Philharmonie Luxemburg, Foto: © w w w.quattropole.org, 2014




77 Aktuelle Kunst in der Großregion Saar- Lor- Lux

„Luxemburg als Epizentrum“

Enrico Lunghi, Direktor des ­M udam Luxemburg, Foto: © Andrés Lejona

Das Museum für zeitgenössische Kunst in Luxemburg (­ Mudam – Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean), das Saarlandmuseum mit seiner Modernen Galerie in Saarbrücken und das Centre Pompidou-Metz bilden mit weiteren Kunstmuseen in Trier sowie Straßburg die Stützpunkte moderner und aktueller Kunst in der Großregion Saar-Lor-Lux. Die Grenzen der drei Länder Deutschland, Frankreich und Luxemburg dienen im Zeichen der Kunst nicht zur Abschottung, sondern stehen für die Verbindung zu den Nachbarn. Schon 2012 schlossen sich die drei Häuser im Ausstellungsprojekt „Mono“ über die Staatsgrenzen hinweg z­ u­sammen. Aktuell belebt erneut eine Ausstellung im Centre Pompidou-Metz die deutsch-französische Kunstverbindung. Ab Ende April setzt die Moderne Galerie des Saarlandmuseums für einige Monate bis zum Abschluss der Arbeiten an ihrem Erweiterungsbau mit dem Ausstellungsbetrieb aus. Da war es nicht nur ­geografisch naheliegend, auf halber Strecke zwischen Paris und Saarbrücken im Centre Pompidou-Metz nahezu alle Meisterwerke der Saarbrücker Sammlung zu zeigen. Wie es um die Verbindung Luxemburg – Saarbrücken – Metz bestellt ist, darüber ­geben Emma Lavigne, Direktorin des Centre Pompidou-Metz, Enrico Lunghi, der Direktor des ­Mudam Luxemburg, und Roland Mönig, der Direktor des Saarlandmuseums, im Interview mit ARTMAPP Auskunft.

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links: Mudam, © Christian Aschman


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ARTMAPP: 1952 begann der damalige Direktor Rudolf Bornschein die Sammlung der Modernen Galerie des Saarlandmuseums aufzubauen. ­Dahinter stand die Absicht der verantwortlich Handelnden in der Politik, erstmals Saarbrücken als Museumsstandort in der Region zwischen Köln, Trier sowie Metz und Luxemburg zu etablieren. Wie schreiben Sie diesen Auftrag heute fort? Roland Mönig: Bornscheins Erbe prägt das Saarlandmuseum bis heute. Sein Denken war geleitet vom Begriff der Moder­ nität. Dabei hatte er alle Gattungen im Blick: Malerei und Skulptur, Grafik und – hier zeigt sich sein damaliger ­A nspruch auf Modernität vielleicht am radikalsten – sogar ­Fotografie. Sehr wichtig ist auch, dass Bornschein stets den Ort, an dem und für den er tätig war, reflektierte. Er baute eine Sammlung von geradezu binationalem Charakter auf, hatte stets ein Auge auf Frankreich gerichtet. Daraus ergibt sich für mich der Auftrag für die Zukunft: im Bewusstsein der Geschichte und der besonderen Bedingungen des Ortes das Museum am Puls der Zeit zu halten. Gerade im Hinblick auf die Fotografie, die in der zeitgenössischen Kunst eine enorme Rolle spielt, ist da viel Spielraum – und für die neuen Medien ganz allgemein. Die flexibel nutzbaren Räume des Erweiterungsbaus öffnen da neue Möglichkeiten. ARTMAPP: Das Mudam in Luxemburg besteht 2016 hingegen erst seit zehn Jahren. Kann oder will man da überhaupt von einer Tradition des Hauses sprechen? Enrico Lunghi: Ich glaube schon. Ein offener und zugleich poetischer Blick auf die heutige allgemeine Kunstpraxis ist in unserem Ausstellungs- und Kulturprogramm der vergangenen zehn Jahre durchaus herauszulesen. Begleitet wird dies von einer einfachen, aber stets bis in die Details durchdachten Ästhetik der Präsentation sowie informativen Texten, die der Würde der Kunstwerke gerecht werden und zugleich jedem Zuschauer einen Zugang ermöglichen. Diese Qualitäten versuchen wir konstant zu halten, und sie geben dem Mudam einen durchgehenden Charakter der trotz der Wechselausstellungen immer wiederzuerkennen ist. ARTMAPP: Das Centre Pompidou-Metz ist eine Dependance des Pariser Mutterhauses. Wie lässt sich hier Eigenständigkeit erreichen? Emma Lavigne: Das Centre Pompidou-Metz ist weder ein Ableger noch eine Zweigstelle des Centre Pompidou in Paris, sondern eine in ihren wissenschaftlichen und kulturpolitischen Entscheidungen unabhängige Schwesterinstitution, die über ein eigenständiges, vor Ort konzipiertes Programm verfügt. Was unsere Einrichtung mit dem Pariser Centre verbindet, sind zwei grundlegende Prinzipien: einerseits die

Tatsache, dass wir zur Verwirklichung unserer Projekte über das unschätzbare Privileg eines bevorzugten Zugangs zur Sammlung des Musée national d’art moderne, Centre Pompidou, verfügen, die mit ihren nahezu 100.000 Werken eine der bedeutendsten für moderne und zeitgenössische Kunst weltweit ist; anderseits der Umstand, dass unsere Projekte die spartenübergreifende Herangehensweise interdisziplinärer Ausstellungen des Centre Pompidou widerspiegeln, die das Renommee des Pariser Hauses mitbegründet haben. Wir ­besitzen jedoch wie schon gesagt programmpolitisch eine weitgehende Unabhängigkeit und somit auch eine eigene Identität, die nicht zuletzt durch die kulturpolitische ­Geschichte Lothringens und die der grenzüberschreitenden Großregion geprägt ist. ARTMAPP: Die Sammlung der Modernen Galerie in Saarbrücken verfügt über große Anteile französischer Kunst – vom Impressionismus bis zum Informel: Liegt in diesem besonderen Kennzeichen eine Verpflichtung, diese auch geografische Nähe zu Frankreich programmatisch zu nutzen? Roland Mönig: Der Blick nach Westen, in Richtung Frankreich, ist uns als Aufgabe ins Stammbuch geschrieben. Über die Jahre sind denn auch immer wieder französische Künstler mit Ausstellungen gewürdigt worden und in die Sammlung eingegangen. Diesen Kurs möchte ich unbedingt fortsetzen, denn er ist Ausdruck des besonderen Charakters des Saarlandes als Brückenkopf zwischen den beiden benachbarten Ländern. Nach Frankreich zu schauen, heißt aber nicht nur aufmerksam zu verfolgen, was in der dortigen Kunstszene passiert, sondern auch zu bedenken, was das Publikum auf der anderen Seite der nahen Grenze bisher noch nie oder eher ­selten gesehen hat. ARTMAPP: Dem zwischen Deutschland und Frankreich liegenden Saarland kommt geografisch und wie Roland Mönig es formuliert hat, die Rolle eines Brückenkopfs zu. Dazu kommt der hohe Anteil an französischer Kunst in der Sammlung der Modernen Galerie des Saarlandmuseums. Inwiefern unterstützt das Ihre Absicht, das Centre Pompidou-Metz stärker in der Großregion Saar-Lor-Lux zu verankern, oder überhaupt die Nähe zu Deutschland zu suchen, worauf ebenfalls Ihre Kooperation mit dem Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main bei dem Projekt „Imaginäres Museum“ hinweist? Emma Lavigne: Das Ausstellungsprogramm des Centre ­Pompidou-Metz wird in Abstimmung und als Ergänzung zu benachbarten Kulturprojekten entwickelt. Als erste Dezentralisierung einer nationalen französischen Kulturinstitution, noch dazu in Grenznähe, suchen wir nach kultureller ­A usstrahlung und Einbettung in einen internationalen


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Damien Deroubaix, „World Downfall“, 2014, Courtesy: Der Künstler und Galerie Nosbaum Reding, © Foto: Roland Michaud Ausstellung „Damien Deroubaix. Picasso et moi“ im Mudam vom 20. Februar bis 29. Mai 2016

ARTMAPP: Welche Stelle besetzt das Mudam in der Großregion Saar-Lor-Lux? Enrico Lunghi: Wir sind ganz der jüngeren internationalen Kunst gewidmet und haben keine historischen Sammlungen aus der Moderne zu betreuen und zu zeigen. Das gibt uns eine

Frische und eine Leichtigkeit, die wir ausnutzen, um unsere Epoche durch ihre Kunst näher zu beleuchten. Wir bewegen uns aber, ganz realistisch, hauptsächlich im europäischen Raum, und zwar gewissermaßen in konzentrischen Kreisen, mit Luxemburg als Epizentrum: Dass Künstler aus unseren direkten Nachbarländern – Frankreich, Belgien und Deutschland – am besten in den Ausstellungen und in unserer Sammlung vertreten sind, scheint mir ganz richtig. – Und rein verhältnismäßig betrachtet, bezogen auf die Einwohnerzahl, sind die Luxemburger Künstler bei Weitem am allerbesten vertreten. ARTMAPP: Wenn das Saarlandmuseum mit seiner Sammlung das deutsch-französische Gedächtnis und das Mudam in Luxemburg ein Labor für zeitgenössische Kunst darstellt, welche Aufgabe kommt dem Centre Pompidou-Metz als Kunsthalle in der Großregion zu? Emma Lavigne: Das Centre Pompidou-Metz versteht sich als Ort der Begegnung für ein breites Publikum und will das Abenteuer Kunst möglichst vielen Menschen zugänglich ­m achen. Mit großen Themenausstellungen, die künstlerisches Schaffen seit 1905 in allen denkbaren Ausprägungen zeigen, möchten wir von der Vielgestaltigkeit der jeweils ­zeitgenössischen Kultur Zeugnis ablegen und den Kreis der Besucher um ein neues, zumal junges Publikum erweitern. Unsere Ausstellungsprojekte sollen darüber hinaus unmit­ telbar an anspruchsvolle aktuelle Debatten, Fragestellungen und Forschungen anknüpfen und so zu einer Bühne des

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­ ahmen. Dieses Bestreben spiegelt sich direkt in unserem R stets ­d reisprachigen die Ausstellungen begleitenden In­ formationsmaterial wider. Und unsere Besucherzahlen geben uns recht: Jeder dritte kommt aus dem Ausland und 28 % ­d ieser ausländischen Besucher aus dem angrenzenden Deutschland. Zum anderen versuchen wir die internationale Ein­ bettung unserer Einrichtung auch anhand internationaler Museumskooperation zu verwirklichen. Unser gemeinsam mit dem MMK Frankfurt und der Tate Liverpool konzipiertes Projekt ist hierfür ein gutes Beispiel. Für die Ausstellung „Das imaginäre Museum“ haben wir mit diesen beiden erwähnten, zu den renommiertesten europäischen Sammlungen für ­moderne und zeitgenössische Kunst zählenden Institutionen bedeutende Werke der Bestände zu einem europäischen ­Museum auf Zeit zusammengeführt. Den konzeptionellen Ausgangspunkt bildet eine Zukunftsvision: Wir schreiben das Jahr 2052. Die Museen sind von der Auslöschung bedroht und die Kunst verschwindet aus der Gesellschaft. Das Projekt, das bis zum 14. Februar noch in Liverpool zu sehen war, öffnet seine Pforten am 24. März in Frankfurt am Main, um schließlich, ab dem 21. Oktober, im Centre Pompidou-Metz gezeigt zu werden.


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Emma Lavigne, Direktorin des Centre Pompidou- Metz © Arnaud Bantquin

Austauschs mit der Gesellschaft werden. Bei den monogra­ fischen Ausstellungen werden insbesondere bedeutende Künstler gezeigt, die bisher selten oder zum ersten Mal im Rahmen solch groß angelegter Projekte zu sehen sind. ARTMAPP: Worin bestehen aus Saarbrücker ­Perspektive die Schnittmengen und wo liegen die Unterschiede zu den Museen in Metz und Luxemburg, die sich perspektivisch nutzen lassen? Roland Mönig: Die Moderne Galerie des Saarlandmuseums beherbergt die bedeutendste und umfangreichste Sammlung zur Kunst der Moderne in der ganzen Region. Für mich liegt in den Unterschieden zwischen den hiesigen Museen ein großes Potenzial – für die gesamte Region. Und ich freue mich sehr, mit Kollegen zusammenarbeiten zu dürfen, die das ganz genauso sehen. ARTMAPP: Wo sehen Sie, Enrico Lunghi, die gerne aufgerufenen „Synergieeffekte“ mit dem Saarlandmuseum und dem Centre Pompidou-Metz, bei allen Unterschieden bezüglich Architektur und Sammlung? Enrico Lunghi: Das Ganze ist ein Prozess, der sich über mehrere Jahrzehnte erstrecken wird. Ungeduld ist da meiner Ansicht nach fehl am Platz. Das Mudam besteht erst seit zehn Jahren, das Centre Pompidou-Metz seit knapp sechs. Diese beiden Häuser müssen sich selbst zuerst einmal ihren je­ weiligen Kontext auf bauen und das Publikum überzeugen. Dass aber schon in dieser quasi anfänglichen Phase mehrere ­Sy­nergien entstanden sind, ist eigentlich erstaunlich. Was dazu kommt, ist, dass wir – Emma Lavigne, die Direktorin des C ­ entre Pompidou-Metz, Roland Mönig, Direktor des ­Saarlandmuseums, und ich – uns oft treffen und Ideen austauschen. Das ist nicht in jeder Region selbstverständlich.

ARTMAPP: Das Saarlandmuseum ist, verglichen mit dem Mudam in Luxemburg und dem Centre Pompidou-Metz, das älteste der drei Häuser. Sie alle verfügen jeweils über eine markante Architektur, die auch ein Statement über die jeweilige Konzep­ tion ausstrahlt. Welche Aussage vermittelt dabei das Saarlandmuseum? Roland Mönig: Mit ihrem Erweiterungsbau und den neuen räumlichen Möglichkeiten, die er bieten wird, kann die Moderne Galerie des Saarlandmuseums endlich aufschließen zu den beiden Häusern in Metz und Luxemburg und die eigenen besonderen Qualitäten in der Kunstlandschaft auf angemessene Weise zur Geltung bringen. Aber das Gebäude, wie es die Architekten Kuehn Malvezzi nun definiert haben, erhebt nicht den Anspruch, eine Signalarchitektur zu sein. Es dient der Kunst mit der größtmöglichen Konsequenz und Klarheit. Ein Alleinstellungsmerkmal allerdings ist das Kunstwerk von Michael Riedel, das den schlichten Kubus des Erweiterungsbaus einfasst und fest mit dem Stadt- und Landschaftsraum verklammert. Diese Symbiose aus Kunst und Architektur wird die Moderne Galerie einzigartig und unverwechselbar werden lassen – in der Region und weit darüber hinaus. ARTMAPP: Die Architektur des Mudam nach einem Entwurf von I. M. Pei ist spektakulär mit ihren helllichten Pavillons und lichtlosen Kellerverließen. Das eröffnet der Präsentation viele ­Möglichkeiten, aber gibt es auch Grenzen? Enrico Lunghi: Ja natürlich. Man muss sich nur daran erinnern, dass von den 6.300 Quadratmetern Ausstellungsfläche, davon waren anfangs 4.000 für die Sammlung vorgesehen, nur 2.700 Quadratmeter übrig geblieben sind. Deshalb kann


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ARTMAPP: Die Architektur des Hauses in Metz erinnert an übereinandergestapelte Kisten unter einem aufsehenerregenden Dach: austauschbar und zugleich von großem Schauwert. Wie entgeht man der Gefahr, dementsprechende Ausstellungen zu machen?

Emma Lavigne: Das Centre Pompidou-Metz muss sich auf das Wesen dessen, was Kunst idealerweise sein kann, besinnen: eine den Denkprozess durch prägende ästhetische Wahr­ nehmungen und Erfahrungen verändernde Kraft, der das Potenzial innewohnt, das gemeinschaftliche Zusammen­ leben zu verändern. Unser Metzer Haus soll ein wirklich lebendiges Kunst- und Kulturhaus sein, das den aktuellen ­gesellschaftlichen Debatten offen gegenübersteht und die ­Besucher dazu einlädt, die Welt aus der künstlerischen Perspektive zu begreifen. ARTMAPP: Emma Lavigne, Enrico Lunghi und Roland Mönig – vielen Dank für das Gespräch! Das Interview führte Sabine Graf.

bis 2 4 . Apr il 2016 „ G r e g o r H i l d e b ra n d t – S t e r n e s t r e i f e n d i e F l u t e n“ und „ I m n e u e n H a u s d i e n e u e K u n s t – 4 0 J a h r e M o d e r n e G a l e r i e“ Saarlandmuseum, Moder ne Galer ie, Saarbr ücken www. k ult urbesit z . de bis 5 . September 2016 „ S u b l i m . D a s S c h a u d e r n d e r We l t “ 28. Juni 2016 bis 9. Januar 2017 „ Zwischen zwei Hor izonten – D e u t s c h -f ra n z ö s i s c h e A n s i c h t e n d e r M o d e r n e i n d e r S a m m l u n g d e s S a a r l a n d m u s e u m s“ C e nt re Pompidou-Me t z www. ce nt re pompidou-me t z . f r bis 2 2 . Mai 2016 „ Q u i z 2 – n a c h e i n e r I d e e v o n R o b e r t S t a d l e r“ bis 29. Mai 2016 „ D a m i e n D e ro u b a i x . P i c a s s o e t m o i “ bis 28. August 2016 „ F i o n a Ta n . G e o g ra p h y o f T i m e“ Mudam Lu xembourg – M u s é e d ’A r t M o d e r n e G ra n d - D u c J e a n www. mudam. lu

Roland Mönig, Direktor des Saarlandmuseums in Saarbrücken © Stiftung Saarländischer Kulturbesitz

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unsere Sammlung nur stückweise in den Wechselausstellungen mitgezeigt werden, was unserem Programm einerseits sehr viel Dynamik verleiht, uns aber auch permanent unter Zugzwang setzt. Wir haben inzwischen gelernt, mit diesem Gebäude, das nun nicht sehr flexibel ist, umzugehen. Zusammen mit den Künstlern suchen wir immer wieder nach neuen Lösungen, die den Anforderungen der Kunstwerke entsprechen. Und dann kommt manchmal die Belohnung. Wenn man uns etwa sagt: „So schön war dieses Kunstwerk noch nie ausgestellt!“, was tatsächlich schon öfters vorgekommen ist. Dann sind wir richtig glücklich, auch weil wir wissen, dass wir dafür viele Hürden überwinden mussten.


82 Galerie Nosbaum Reding

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Long Distance Runner Wenn Leerstand, dann Kunst. Das ist zum Lauf der Dinge in Städten jenseits der Metropolen geworden: Kunst taugt an Orten ohne international wahrgenommene Szene bestenfalls als Lückenbüßer, bevor wieder richtig Geschäft gemacht wird. Nein, verkauft habe er bei seiner ersten Ausstellung 2001 nichts, bestätigt Galerist Alex Reding. Berlin-Mitte als Standort wäre daher wohl der bessere gewesen, wenn nicht sogar der Platz schlechthin – damals, als um die Jahrtausendwende eine neue Generation von Künstlern und Galeristen aufkam. Nicht für ihn. Der in Paris ausgebildete Kunstwissenschaftler blieb, so kommentiert er rückblickend, und gründete zusammen mit seiner Frau Véronique 2001 aus reiner „Bequemlichkeit“ in Luxemburg im Areal um den Luxemburger Hauptbahnhof eine Galerie in einem ehemaligen Lebensmittelladen. Der Name war Programm „Galerie Alimentation Generale“. Kunst als Lebensmittel erwies sich bei der Premierenschau mit einer Wandinstallation der damals 21-jährigen Tina Gillen als Ladenhüter. Das war kein Desaster, denn die Zeit arbeitete für den Galeristen. 1995 war das bislang kulturell eher unauffällige Großherzogtum Luxemburg Kulturhauptstadt Europas gewesen. Man hatte dies bravourös als Chance wahrgenommen, um mit dem obwaltenden Mittelmaß zu brechen und stattdessen einer jungen Künstlergeneration mit anderen Themen und anderen Ausdrucksformen Raum zu geben. Nosbaum Reding spiegelte diesen Umbruch. Die Galerie war ganz auf der Höhe der Zeit und bot, was ebenso die neuen Galerien in Berlin zeigten: expressive oder figurative konzeptuelle Malerei. Während er hingegen in Berlin einer von vielen gewesen wäre, war er hier in Luxemburg der einzige. Das zahlte sich spätestens dann aus, als er sich 2004 um die Teilnahme an der Messe Art Basel bewarb. Eine Luxemburger Galerie würde dort ­erstmal „ein Exot“ sein, das wusste er und setzte mit Erfolg auf diesen Überraschungseffekt beim Veranstalter und den ­B esuchern. Zugleich erhöhte sich dadurch die Zahl der ­Teilnehmerländer an der internationalen Kunstmesse. ­L uxemburg statt Berlin war daher durchaus auch Kalkül, „hauptsächlich, um auf Messen mit dabei zu sein“, gibt er zu. Basel glückte und „alle wichtigen Sammler kamen daraufhin vorbei und die Galerie war sofort da“. Und das nicht nur auf dem Schweizer Messeparkett, sondern ebenso daheim. Als weiterer Vorteil erwies sich, in der Hauptstadt eines Landes beheimatet zu sein, da dort Ministerien, Unternehmen, Banken sitzen, deren Chefs und Mitarbeiter potenzielle Kunden einer Galerie sind, fügt er hinzu. Sie seien die „Notabeln“ einer Stadt, so Reding, und für ihn eine Gruppe, die man anspricht, anstatt sie als vermeintlich konservative Klientel zu ignorieren: „Derjenige, der in einem Beckmann ein gutes Bild sieht, wird auch ein gutes Bild eines jungen Künstlers

erkennen.“ Ein Ansatz, der sich auszahlte und 2006 einen Standortwechsel vom Bahnhof in die mit Ministerien und Museen dicht besetzte Altstadt am ehemaligen Fischmarkt verlangte. Hier, am neuen Standort gab man zum Auftakt mit Günther Förg Signal. Das geschah wiederum zur richtigen Zeit, denn im selben Jahre eröffnete das Mudam und das zweite europäische Kulturhauptstadtjahr, diesmal erweitert um die Großregion Saar-Lor-Lux, stand bevor. Grund genug nachzulegen und sich verstärkt um weltweit agierende Künstler mit gewichtigem Werk zu kümmern. Ebenso haben die Debutanten der 2000er-Jahre von Tina Gillen bis Damien Deroubaix längst ihren Platz in der internationalen Kunstszene gefunden. Auf Dauer nutzt sich so allerdings der Exotenstatus einer Galerie ab. Vor allem, wenn die wichtigen Sammler lieber nach Paris, Berlin oder New York fliegen und nicht nach Luxemburg. Es sei denn, „man hat einen Künstler, den sie kennen“, weiß Alex Reding. Einen wie Stephan Balkenhol zum Beispiel, der zum Stamm der Galerie gehört. Mit „Nosbaum Reding Projects“ hat sich die Galerie seit 2014 zudem ein neues Feld für junge Kunst erschlossen, das vor allem international vernetzte Gastkuratoren im Haus bestellen. „Es gibt Galerien, die Erfolg haben, und diejenigen, die keinen Erfolg haben.“ Alex Reding kennt sie, die allgemeinen Geschäftsbedingungen. Lebensmittel Kunst, das gilt für ihn immer noch. Wenn das Angebot aktuell ist und die Qualität stimmt. SABINE GRAF

bis 23 . Apr il 2016 „ T i n a G i l l e n“ 2 7. A p r i l b i s 1 1 . J u n i 2 0 1 6 „ Stephan Balkenhol“ Galer ie Nosbaum R eding, Lu xemburg bis 23 . Apr il 2016 „ S o p h i e J u n g“ 2 7. A p r i l b i s 1 1 . J u n i 2 0 1 6 „ M a r k u s H o f f m a n n“ N o s b a u m R e d i n g P ro j e c t s , L u x e m b u r g www. nosbaumreding. lu

Porträt Alex Reding, Foto: Galerie



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Jeff Desom, „Holorama“, 2014, „The Big Lebowski” & „Jason and the Argonauts”, Production: Luxembourg Cit y Film Festival, Curator: Alexis Juncosa, Stage set: Olivier Pesch, Technical support for the boxes: CNA, Courtesy: Galerie Clairefontaine

Jeff Desom war Laureat des „Edward Steichen Luxembourg Resident in New York“- Preises in 2013.


85 Galerie Clairefontaine, Luxemburg

Bildwelten

Luxemburgers und späteren Direktors der Fotoabteilung des New Yorker MoMAs, Edward Steichen. Mit dessen Witwe ­Joanna T. Steichen ergab sich ebenfalls der Kontakt und eine Ausstellung folgte. Auch die 2005 von der Galerie initiierten „Photomeetings Luxembourg“, konzipiert als Format offener Workshops mit bekannten Fotografen, gehen bereits in die elfte Runde. Dabei, so Ruiter, „versuchen wir, noch nicht etablierten Künstlern und dem Nachwuchs die Chance zu geben, gezeigt und betreut zu werden“. Zugleich versteht sich dieses Angebot als nachgefragtes Bildungsprogramm für Schulen und Fotostudierende, das den Fokus auf ein Medium richtet, das heute allgegenwärtig und dank immenser technischer Möglichkeiten unüberschaubar geworden ist. Auch darauf ­reagierte die Galerie und zeigte schon 2005 die digital-surrealen Bildwelten von Giacomo Costa oder gerade eben die Fotografien und Hologramme vereinigenden Dioramen des Luxemburgers und Laureat des „Edward Steichen Resident in New York “-Preises, Jeff Desom. Doch der Blick reicht ­notwendigerweise stets ebenso zurück, auf die Sammlungen, die zum Bestand der Galerie gehören, sowie auf einige Luxemburger Fotografen und Maler, die durchaus international wahrgenommen werden. Das geht auf Dauer nur, „wenn man die Sache an sich liebt“. Kurzum: mit Idealismus. Eine ­H altung, die auf finanzieller wie künstlerischer Ebene als ­etwas erscheint, das „heute bei vielen ein Lächeln hervorruft“, weiß Marita Ruiter. Gerade im finanzstarken Luxemburg. Doch hier ist immer noch ein gutes Pf laster. Da geht man nicht einfach weg, sondern macht, was man muss, will und schon immer wollte: von und mit der Kunst leben. SABINE GRAF

www. gale r ie - claire fontaine. lu

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Was sollte man tun? Für Marita Ruiter war das schon immer klar: Das, was man muss, will und schon immer wollte. In ­ihrem Fall war das: eine Galerie eröffnen. Als die Österreicherin nach Luxemburg geheiratet hatte, aber als Kunsterzieherin im Großherzogtum keine Lehrerlaubnis erhielt, wurde dieser Wunsch für sie Wirklichkeit. So geschehen in einem Haus am Place de Clairefontaine in der Luxemburger Altstadt, der ­d amals nicht gerade die 1-a-Lage inmitten des Regierungsviertels war, die es heute ist. Dafür war das Angebot der Premiere mit Werken von Gustav Klimt, Oskar Kokoschka und Egon Schiele erstklassig. „Ein Paukenschlag“, erinnert sich Marita Ruiter. Problematisch nur, dass Aufmerksamkeit erlangen das eine, das Verkaufen aber durchaus etwas anderes war, so ihr Fazit. Was also tun? Mehr Zeitgenössisches! Im Luxemburg der 1980er-Jahre hieß das École de Paris, jedoch nicht für die Galeristin Ruiter. Nur was dann? Es traf sich, dass ein Studienabkommen mit Österreich gerade eine Generation angehender Mediziner während ihrer Ausbildung mit zeitgenössischer Kunst im Umfeld des Phantastischen Realismus bekannt gemacht hatte. Die Galerie bot nun genau das den Heimgekehrten an und holte mit Kalibern wie Alfred Hrdlicka weitere bewährte Kräfte nach Luxemburg, ohne sich darauf zu beschränken. Heute gehören weitere etablierte Positionen wie Arnulf Rainer, Dieter Appelt oder Patrick Raynaud ins Programm. Im Fluss bleiben, weiter wachsen, das hieß für Marita Ruiter, sich auch der Fotografie zuzuwenden. Ein neues Thema, aber ein altes Problem: Wer kauft eine künstlerische Fotoarbeit? Da bestand vor Ort viel Nachholbedarf, den sie mit der Fotografinnenlegende Gisèle Freund mehr als ausreichend deckte. Museen in Deutschland und Frankreich zeigten daraufhin deren Arbeiten, ganz nebenbei promovierte die Galeristin noch über Freunds Werk und baute eine Sammlung auf, „die einen der wichtigsten Eckpfeiler der Galerie“ bildet. Auch gut vernetzt zu sein, zahlte sich aus. Über einen Pariser Kollegen kam sie in Kontakt mit dem für seine erschütternden Fotoreportagen aus Kriegsgebieten bekannt gewordenen US-Amerikaner James Nachtwey. 1997 zeigte sie seine Arbeiten in Luxemburg im neu eröffneten „Espace 2“ der Galerie, der nur ein paar Schritte vom Stammhaus entfernt ganz der Fotografie vorbehalten ist. Neben der Ikone Gisèle Freund und James Nachtwey als „der Autorität“ auf dem Feld der ­Reportagefotografie ist der Galerie inzwischen ein Stamm von 20 Fotokünstlern zugewachsen. Längst gilt die Fotografie als anerkanntes künstlerisches Medium – sicher nicht zuletzt auch angesichts der seit 1994 im Château Clervaux gezeigten „Family of Man“, der Fotosammlung des gebürtigen


20 Jahre Casino Luxemburg – Forum d’ar t contemporaine

Alt geht gar nicht

M+M, „7 Tage (Freitag)“, 2015, Ausstellungsansicht,

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Foto: Olivier Minaire

Die „weißen Würfel“ sind gefallen. Vor rund 20 Jahren ­ urden sie nach dem Entwurf des Schweizer Künstlerkuraw tors Urs Raussmüller als Raumkuben in das ehemalige Luxemburger Bürgercasino an der Adolphe-Brücke (Pont Adolphe) eingebaut. Was als temporäres Provisorium einer Kunsthalle für die Dauer des Jahres 1995 geplant worden war, als Luxemburg Kulturhauptstadt Europas war, hat sich, wie es Provisorien eigen ist, als überaus langlebig erwiesen. Seit 20 Jahren gibt es das Casino Luxemburg als Forum für zeitgenössische Kunst, und das bleibt so. Doch um sich treu zu bleiben, muss man sich verändern. Die 13 „weißen Würfel“ sind nun verschwunden und die fünf hohen Räume mit ihren verblassten Spuren verspielt-verschnörkelter, vom Mittelmeerbarock dahin gewehter Wanddekore liegen frei. Doch von Nostalgie keine Spur. Es war ein notwendiger Schritt, sagt der künstlerische Leiter des Casinos, Kevin Muhlen, um beim

Ausstellungsmachen „der Gewohnheitsfalle zu entkommen“. Denn die „Würfel“, einst für die Präsentation von Tafel­ bildern vorgesehen, hatten die Planung von jedweder Schau bereits im Vorfeld formatiert: „Nun können wir die Szeno­ grafie von Ausstellungen anders denken als bisher.“ Dabei war das Casino nie ein Ausstellungsort wie jeder andere, sondern war und ist immer offen für Experimente. Hier fanden stets Positionen Platz, die gerade aktuell oder im Kommen waren. Hier stellte sich die junge Luxemburger ­Szene mit Simone Decker oder Bert Theis vor. Hier erschloss man mittels international besetzter Gruppenausstellungen dem Publikum nicht nur neue künstlerische Medien, sondern drang damit auch in den öffentlichen Raum und damit das ­B ewusstsein ein. Die Botschaft des Casinos war und ist ­unmissverständlich: Hallo, die Kunst kümmert sich um das, was ist!


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Das macht auch den Unterschied zum 2006 auf dem Kirchberg eröffneten Museum für moderne und zeitgenössische Kunst, kurz Mudam (Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean), aus. Dort heißt der Direktor seit 2009 Enrico Lunghi, der z­ uvor das Casino geleitet hat. In dieser Zeit erregte er mit ­m ancherlei Aktionen, etwa Sanja Ivekovićs Version der ­„Goldenen Frau“, ziemliches Aufsehen. Diese hatte das auf ­einer hohen Säule vor dem Casino die Altstadt überragende Standbild der Nationalheiligen als schwangere „Lady Rosa of Luxembourg“ nachgebildet, was zu erheblichen Diskussionen führte. Ebenso hatte die 1998 in Luxemburg Station ­m achende „Manifesta 2“ dafür gesorgt, dass das Groß­ herzogtum auf der Landkarte der europäischen Kunstszene nicht länger ein weißer Fleck war. Doch das Mudam, ein Haus mit Sammlung, folgt anderen Gesetzen. Dort ist nicht nur mehr Raum, dort sind auch die bereits etablierten Künstler zu Gast, während man im Casino – von seinem Ansatz her nach wie vor ­„temporär und ohne Sammlung“ – weitaus experimenteller arbeiten kann, so Kevin Muhlen. Damit könne hier im Casino ein Forum für Kunst und Künstler sein, die zeitbezogen in i­ hren Themen und zeitbasiert mit ihren Medien arbeiten, ­entlang der Frage, wie Kunst im 21. Jahrhundert aussehen muss. Seit 2004 ist der Luxemburger Kunsthistoriker Muhlen bereits im Haus tätig, das er seit 2009 leitet. Von ihm wurde 2010 das Artist-in-Residence-Programm einberufen. Dessen Konzept erfuhr unlängst eine Neuausrichtung, die im Haus bereits ihre Spuren hinterlässt. Zuvor hatten die Bewerber stets einen Projektvorschlag einzureichen. Doch allzu oft ­w aren diese Konzepte allein von den vorab vorhandenen ­Informationen über Land und Leute bestimmt. Das Ergebnis fand dann hernach seinen Platz im gläsernen Anbau, dem sich zur Stadt öffnenden „Aquarium“. Jetzt werden Künstler ­aufgrund ihrer bisherigen Arbeiten eingeladen und ent­ wickeln erst vor Ort ihr Projekt, um es im Stadtraum umzusetzen. „Der Kontext ist spannender, wenn man vor Ort ist“, weiß ­Kevin Muhlen. Im „Aquarium“ findet nach dem Umbau dann die Kunstvermittlung ihren Platz, gleich neben dem neuen Café und der Bibliothek. Unten Treffpunkt, oben Kunst – alles gehört zusammen und zur Stadt. Eine zeitge­ mäße Kunsthalle in alten Gemäuern, aber immer auf neuen Wegen, dafür steht das Casino Luxemburg: „Wir schauen nach vorne, nicht zurück.“ SABINE GRAF

23. März bis 4 . September 2016 „ L a ra A l m a r c e g u i – L e G y p s“ ( R a u m i n s t a l l a t i o n) „ D a v i d B ro g n o n & S t é p h a n i e R o l l i n – B l a c k B o x“ ( V i d e o) www. ca sino -lu xe mbourg. lu

Kevin Muhlen, künstlerischer Leiter Casino Luxemburg, Foto: Patt y Neu


88 Die Museen in Luxemburg - Stadt

Auch bei Regen ein Segen

Villa Vauban, Ausstellungsansicht, Foto: C. Weber © Villa Vauban – Kunstmuseum der Stadt Luxemburg

Einen Regentag in Luxemburg zu erleben, ist zwar nicht schön, aber so was kommt vor. Wie gut, dass es in der Altstadt und auf dem Kirchberg – und damit auf sehr engem Raum, schließlich war man hier mal Festung – eine Reihe exzellenter Museen gibt. Für den Start der Tour ist das Historische Museum der Stadt Luxemburg der rechte Ort. Denn hier fährt man quasi durch die Geschichte der Stadt – mittels gläsernem P ­ anoramalift über sechs Stockwerke von den Ursprüngen als Festungsstadt im Keller in die Höhe mit Blick auf die heutige Europastadt. Wie überall in der Luxemburger City geht es in den Gebäuden stets nicht nur hoch hinaus, sondern aus ­ge­gebenem Platzmangel auch immer ein gutes Stück unter die Erde. Das 1996 eröffnete Stadtmuseum macht da keine A ­ usnahme, geht es doch darum, dass noch jedes Detail der Geschichte des Großherzogtums zwischen rotgepolstertem Herrscherthron und Abfalleimer aus Blech, Stadtplan und E ­ ssigf lasche seinen Platz findet. Auch die in Luxemburg geschaffene und gesammelte Kunst findet hier derzeit in der Sonderschau „Das Museum in der guten Stube“ über private Kunstsammlungen Raum. Denn Geld und Kunst gingen und gehen in Luxemburg immer zusammen, nicht nur im ­Stadtmuseum, auch in der Villa Vauban. In dem in der G ­ ründerzeit errichteten Wohngebäude samt angeschlos­senem Park nahe der Altstadt bilden drei private Gemäldesamm­lungen den Grundstock des Hauses.

Die ­Luxemburger Bankiers Jean-Pierre Pescatore, Leo Lippmann sowie die Bankiers­w itwe Eugénie Dutreux-Pescatore ­s ammelten einst, was ihre Schatullen hergaben, und alle vermachten sie das ­E rgebnis ihrer Sammelfreude der ­öffentlichen Hand. Die auf diese Weise bewahrten Kollektionen fanden dann hier s­ tandesgemäß Platz. Denn die Villa war im 19. Jahrhundert Wohnsitz von Fabrikanten und Industriellen. 1949 erwarb die Stadt das Anwesen in der Absicht, hier ihre Kunstsammlung zu zeigen. Seit 2010 ist das gründlich sanierte und um einen modernen Anbau erweiterte Gebäude nach Zwischenspielen als Gerichtshof und Residenz des Groß­herzogs nun wieder ein Ort der Kunst. Dort erlebt man derzeit „Die fünf Sinne in der Malerei“, mit hochkarätigen internationalen Leihgaben und eigenen ­Beständen. Vauban und Kunst, das geht auch auf dem Kirchberg zusammen. Mit dem Bus lässt sich der jenseits des Festungskerns gelegene Stadtteil gut erreichen. Auf der Fläche des ehemaligen Fort Thüngen entstand nach Plänen von I. M. Pei das 2006 eröffnete Mudam – Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean als veritable Kunstfestung. 2012 kam als dessen imposanter Vorposten das Musée Dräi Eechelen – das Festungsmuseum „Drei Eicheln“ – hinzu. Darin wird die Geschichte der Festungsstadt erzählt und obendrein die ­Historie von Luxemburg als Trickfilm präsentiert. Die Zeugnisse der fruchtbaren Liaison des Großherzogtums und der Kunst


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William Bouguereau (1825–1905), „Junges Mädchen im Profil“, Öl auf Leinwand, 1868, aus der Ausstellung „Die fünf Sinne in der Malerei“, 19. März bis 26. Juni 2016

versammelt auch das Na­t ionale Museum für Kunst und ­G eschichte, zu dem das Festungsmuseum gehört. Der Bestand dieses Hauses am ehemaligen Fischmarkt reicht mit dem Mosaik aus Vichten von der Antike über eine heraus­ ragende Münzsammlung, wie sie so wohl nur in der Stadt der Banken möglich ist, mit dem Fotografen Edward Steichen bis zur schönen Kunst aus Luxemburg und jener aus dem Rest der Welt mit Arbeiten von Pablo Picasso bis Pierre Aléchinsky. Außerdem findet man hier die Sammlungen der Volkskunst und des Kunsthandwerks. Keine Frage, in der Luxemburger Altstadt gibt es viel zu sehen, nicht nur an Regentagen. SABINE GRAF

Histor isches Mu seum der Stadt Lu xemburg www. mhvl. lu V i l l a Va u b a n www.villavauban. lu F e s t u n g s m u s e u m „ D r e i E i c h e l n“ www. m3e. public. lu M NH A – Nat ionales Museum f ür Geschichte und Kunst www. mnha. lu

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© Villa Vauban – Kunstmuseum der Stadt Luxemburg


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Catherine Lorent und Michel M ajerus: Neopop aus Luxemburg

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Progressive Ästhetik


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F r e i n a c h A n d y Wa r h o l : „ D a s S c h ö n s t e a n L u x e m b u r g i s t M c D o n a l d ’ s .“ Und so lange es dor t McDonald ’s g ibt, f inde t man da al so e t wa s ähnlich Schönes: D i e p ro g r e s s i v e Ä s t h e t i k d e r N e o p o p - A r t a u s L u x e m b u r g .

Michel Majerus, „controlling the moonlight maze“, 2002, verschiedene Materialien, 365 x 1.058 x 987 cm, Installationsansicht: neugerriemschneider, Berlin 2002 © Michel Majerus Estate 2002, Courtesy: neugerriemschneider, Berlin


Michel Majerus, „Ohne Titel 44“, 1996, Acr yl auf Baumwolle, 60 x 60 cm, Privatsammlung © Michel Majerus Estate 1996, Courtesy: neugerriemschneider, Berlin

Der immer noch bekannteste Neopop-Künstler der Stadt ist wohl der 2002 bei einem Flugzeugunglück ums Leben ge­ kommene Michel Majerus. Der Maler, Bildhauer und Installationskünstler hatte sich schon in seinen frühen Werken immer wieder auf Andy Warhol bezogen, so zum Beispiel mit seiner Arbeit „A 1-7, T 1-7, H 1-7, M 1-7“ von 1996: 28 Holzkisten wurden dabei zu so etwas wie einer Pyramide gestapelt. Auf sie waren mit Lack Motive sowie Logos von in den 1990er-Jahren bekannten Techno-DJs oder Figuren aus Computerspielen, Super Mario etwa, gesiebdruckt worden. Entscheidend aber ist, dass sowohl ihre aufgestapelte Form als auch die Technik des Siebdrucks auf Andy Warhol anspielen, genauer: auf seine „Brillo Boxen“ von 1964. Die Größe der 28 Majerus’schen Kisten zeigte sich zwar dem Standard der ­Apple-Macintosh-Verpackung angeglichen, erinnert mit ihrer leicht vergrößerten Dimension dennoch ebenfalls an W ­ arhols legendäre Boxen. Schon diese Arbeit von Michel Majerus weist alle Qualitäten auf, die sein Œuvre insgesamt charakterisiert: Konzeptuelle Coolness bei gleichzeitiger spielerischer Leichtigkeit und zeitgemäßer visueller Prägnanz geben ­n ämlich hier den neopoppigen Ton an. Den außerdem in „A 1-7, T 1-7, H 1-7, M 1-7“ inszenierten „link to the past“, wie Majerus auf einem seiner Bilder aus der Installation „fer­ tiggestellt zur zufriedenheit aller, die bedenken haben“ von 1996 schrieb, findet man auch in anderen Werken wieder, etwa im Gemälde „o. T.“, ebenfalls von 1996. Mit Acryl auf Leinwand hat der Künstler in diesem Bild einen „Skull“ von Warhol aus dem Jahr 1976 zu einem abstrakten Bild mor­ phieren lassen, das nicht von ungefähr an eine Ästhetik von Gerhard Richter gemahnt. Wie ein postmoderner DJ am ­Mischpult remixte Majerus hier also Motive und Stile aus der jüngeren Kunstgeschichte. Vor allem dieses Sampeln macht das Neopop-Moment in solcher Kunst aus. Und dabei beschränkt sich ebendieses selbstverständlich nicht nur auf die Kunst des Pop, sondern bezieht immer wieder auch Elemente der Alltagspopkultur mit in die künstlerische Arbeit ein. Ein gutes Beispiel hierfür ist Majerus’ Rauminstallation „controlling the moonlight maze“ von 2002. Damals hatte der Künstler eine raumfüllende Rahmenkonstruktion aus poliertem Edelstahl in seiner


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Catherine Lorent, „Doom Boat / Hang On To You (Victoria)“, 2015, Öl auf Leinwand, 120 x 100 cm, Foto: © Catherine Lorent

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Berliner Galerie neugerriemschneider aufgebaut. In diesem minimalistisch-coolen Rahmenkubus war dann auf jeder der vier Seiten des Raumes ein Bild installiert. Eines dieser großflächigen Bilder zeigte die gemalte US-amerikanische Flagge, einige ihrer „stripes“ waren jedoch im typischen Stil eines Computer-Bildverarbeitungsprogramms verwischt. In der unteren rechten Ecke der Arbeit war zudem ein Lebkuchenherz platziert. Auf dem zweiten Bild war unter anderem eine gelbe Halloween-Maske und das Wort „Episode“ zu sehen. Das nächste zitierte in modernster Computertypografie die Sentenz „squirt the load“, eine pornografische Notation aus dem Internet. Das vierte Bild schließlich zeigte ein blau-­ weißes Gitterraster mit zwei leuchtenden Sternen: Ein Motiv, das an das Design des Science-Fiction-Films „Tron“ von 1982 ebenso erinnert wie an die Ästhetik billiger Spülmittel­ werbung. Mit diesem Setting stellte Majerus uns ein auf den ersten Blick beliebig anmutendes Kaleidoskop des post­ modernen Lebens vor, einen widerspruchsvollen Bilderbogen. Bei genauerer Lektüre entdeckte man aber dann so wichtige Lebensbereiche wie Sexualität, Konsum, Unterhaltung und Politik, sie alle kaum zufällig ins Spiel gebracht – spannender Neopop in augenscheinlich „progressiver Ästhetik“ trat hier auf den künstlerischen Masterplan. Catherine Lorent, eine Vertreterin der jüngeren Generation des Neopop aus Luxemburg, lässt sich gleichsam von der anderen Seite des musikalischen Popuniversums inspi­ rieren: Nicht dessen coole, fast schon entsubjektivierte Spielart im Geiste des Techno und Ambient etwa interessiert die M ­ alerin, Bildhauerin, Zeichnerin und Performance­ künstlerin, die Luxemburg 2013 auf der Biennale in Venedig vertreten hat, sondern die trashig-aggressive Variante à la Punk und Doom Metal, einer betont langsam und extrem ­verzerrt gespielten Form des Heavy Metal. Dessen Ästhetiken, vor allem seine stilprägenden Momente wie emotionsauf­­ geladener Dilet­t antismus und lautstarker „bad taste“, findet man ebenso in der Kunst von Catherine Lorent, die selbst in diversen Bands spielt und singt, in unterschiedlicher Weise wieder. So zum Beispiel in ihrer Installation „Relegation: ­É lément de conspiration, Guitar Constellation“ von 2013, in der zwei Flying-V-Gitarren von Gibson, eine schwarze, eine


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Installationsansicht „CATHERINE LORENT im Dialog mit PAUL THEK“, 2015, Foto: © KROME Galler y 2015


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R A I M A R S TA N G E

Cathe r ine Lore nt w w w . k ro m e - g a l l e r y . c o m Michel Majer us w w w . n e u g e r r i e m s c h n e i d e r. c o m www. mat thewmark s. com www. michelmajer us. com

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blau-weiße, vor einem abstrakten Bild hängen. Das Bild zeigt vieleckige geometrische Flächen, die monochrom – mal in Gelb, mal in Blau, mal in Grün – ausgemalt sind. Der ma­ lerische Gestus selbst ist ein eher beiläufiger, fast schon schlampiger; er scheint die Ernsthaftigkeit abstrakter Kunst bewusst zu ignorieren. Die beiden Gitarren hingegen werden in ihrer Qualität als Tonproduzenten durchaus ernst genommen, sind sie doch über sensible Sensoren mit zwei Boxen verbunden, sodass sie leise hörbare Sounds generieren. Highund Low-Art treten in dieser Arbeit in einen vielschichtigen Dialog, der jedwede Form von Hierarchie vergessen lässt – und auch ebenjener Aspekt der liebevollen Gleichwertigkeit ist charakteristisch für diese Form der Neopop-Kunst.

In einer neueren Gruppe von Arbeiten bezieht sich die derzeit in Berlin lebende Künstlerin auf das altehrwürdige, aber durchaus verrufene Genre der historischen Seeschlachten. Da malt Catherine Lorent nun also dramatische Szenen mit brennenden Dreimastern oder sich bekriegenden Flotten. Dabei drückt sie scheinbar nicht aus der Mode kommende Sentimentalitäten so ironisch wie lapidar-ernst und in stets mit Bedacht gemalter „Halbraffinesse“, eben mit nur beinahe gut gemachten Bildern, aus. Entscheidend aber ist, dass Pop in diesen Gemälden nun nicht mehr als überaus glamourös und ach so en vogue vorgestellt wird, sondern dass er jetzt in seiner alltäglich-kitschigen Tragik bedacht wird. Und dieses gilt für Rod Stewarts Songzeile „I am sailing“ eben genauso wie für einen „röhrenden Windjammer“.


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Edward Steichen, „The Bitter Years“, Ausstellung im CNA, Dudelange Arthur Rothstein, „Farmer and sons walking in the face of a dust storm“, Cimarron Count y, Oklahoma, April 1936


97 Zwei permanente Fotoausstellungen

Edward Steichen

Edward Steichen, Selbstporträt mit Kamera, um 1917 © 2015 The Estate of Edward Steichen / VG Bild- Kunst, Bonn 2016

„T H E B I T T E R Y E A R S 19 3 5 – 19 4 1 “

Im Dudelanger Wasserturm, den ehemals Kühlwasser für die Industriearbeiten durchf loss, zeigen ca. 80 erschütternde Schwarz-Weiß-Fotos die bittere Armut der ländlichen Bevölkerung in den USA während der Weltwirtschaftskrise 1929. Edward Steichen realisierte diese Ausstellung 1962 für das MoMA – Museum of Modern Art, New York. Der berühmte Sohn Luxemburgs war einst nach New York emigriert und erlangte als Fotograf Weltruhm. Mitten im berühmten Wander- und Erholungsgebiet der Region Terres Rouges, der „kleinen Schweiz“ im Süden Luxemburgs, erblühen nun aus den Ruinen erkalteter Schlote und den Stahlfabriken der ehemaligen Industriestadt ­Dudelange Kulturperlen des Weltkulturerbes. Hightech-Media-Dokumentationen zur Fotografie, zu Audiowerken und Filmen von Luxemburgern oder in Luxemburg hergestellt bietet das dem Wasserturm benachbarte, neu erbaute und imposante Gebäude des CNA – Centre National de l’Audiovisuel. Es wirft mächtige (Kultur-)Schatten, wo früher ein Stahlwalzwerk auf einem riesigen Areal stand. Nebelten vor Jahren rauchende Schlote die Region ein, so präsentiert sich heute ein Vorzeigegebiet mit nur noch wenigen verlassenen Industriegebäuden und Hallen.

Bereits 1962 zeigte das MoMA diese Ausstellung, eine Auswahl von 208 Fotografien der „Farm Security Administration“ (F.S.A.). Diese Behörde hatte unter ihrem Direktor Roy E. Stryker, einem Soziologen, zwischen 1935 und 1942 einem ganzen Team von renommierten und engagierten Fotografen den Auftrag erteilt, das Landleben auf den Farmen zu dokumentieren. Die große Depression der Weltwirtschaftskrise erhielt ein Gesicht. Erschütternde Bilder der bitterarmen Bevölkerung entstanden – einige davon wurden als Ikonen weltberühmt. Edward Steichen, gebürtiger Luxemburger (1879–1973), aufgewachsen in Amerika, traf eine Auswahl und kuratierte als gefeierter Direktor der MoMA-Foto­ abteilung diese Ausstellung über die düsteren Jahre der US-amerikanischen Depression. Schon vor Steichens Tod wurde das Konvolut dem Luxemburger Staat vermacht. Nach seiner ersten Präsentation in den 1960ern in Luxemburg-Stadt verschwand es erst einmal in Archiven, bis sich Jean Back der Sache annahm und in Zusammenarbeit mit dem Luxemburger Kulturministerium in Dudelange diesem grandiosen Werk ein neues, ständiges Zuhause verschaffte, seitdem ein Wallfahrtsort für Liebhaber exzellenter, sozialkritischer Fotografie! Das ehemalige Industrieambiente ist sehr gut gewählt und bietet einen passenden Rahmen für die Aussage der Dokumentation.

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I M „ C H ÂT E AU D ’ E AU “


KW_Picasso_Ad_4c_181x125.qxp_Artmapp 23.02.16 11:12 Seite 1

Pablo Picasso, Venus und Amor, 13.12.1968, Sammlung Würth, Inv. 3006, Foto: Volker Naumann

PICASSO UND DEUTSCHLAND DIE SAMMLUNG WÜRTH IN KOOPERATION MIT DEM MUSEO PICASSO MÁLAGA

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Schloss Cler vaux © CNA / Romain Girtgen

Weiter im grünen Norden Luxemburgs liegt das Château de Clervaux. Mit der 2003 von der UNESCO ins Weltkulturerbe aufgenommenen Fotoausstellung „The Family of Man“ wird ein weiteres Highlight im Schloss präsentiert. Diese ebenfalls von Edward Steichen kuratierte Schau wurde das erste Mal 1955 im MoMA in New York gezeigt und fand dort großen Anklang. Ziel dieses von Steichen ent­ wickelten Konzepts war es, dem Menschen mithilfe von Fotografien die Menschheit zu erklären. Hierfür startete er einen großen Aufruf an Profifotografen sowie Amateure. Unter vier Millionen Einsendungen aus der ganzen Welt wählten Steichen und sein Assistent insgesamt 503 Werke von 273 Autoren aus 68 Ländern aus, darunter so berühmte Namen wie Henri Cartier-Bresson, Robert Capa, Anna Riwkin-Brick, ­Robert Doisneau. Sie alle sind mit Arbeiten Teil der großen komponierten „Family of Man“. Die Ausstellung umfasst 37 Themenbereiche, darunter Liebe, Geburt, Arbeitsleben, Familie, Erziehung, Kinder, Krieg und Frieden. „Sie alle wurden von Steichen in New York in einer bestimmten Art und Weise gehängt. Diese Hängung an der Wand, so die Bedingung, muss erhalten bleiben“, erklärt Jean Back. „Nur bei der Hängung im Raum besteht etwas Freiheit.“ Die Ausstellung ging damals um die ganze Welt und in alle Kontinente.

1964 bietet die US-amerikanische Regierung Luxemburg ­d iese Ausstellung an. Im Musée National d’Histoire et de l’Art MNHA – dem Nationalen Museum für Geschichte und Kunst – wurde sie dann das erste Mal in Luxemburg gezeigt. Er selbst war es auch, der sich für das Schloss Clervaux als permanenten Ausstellungsort für seine Ausstellung ausspricht, wo sie 1974 erstmals gezeigt wird. Jean Back und sein Expertenteam restaurierten die von den langen Reisen teils stark beschädigten Werke aufwendig und fachmännisch. „1994 wurde das Museum [...] eingeweiht“, erklärt Jean Back, ­„ Renovierungsarbeiten am Schloss wurden erforderlich, im Sommer 2013 abgeschlossen und bieten seitdem die Gelegenheit, der ursprünglichen Hängung ein neues Aussehen zu verleihen.“ Beide Ausstellungen, „The Bitter Years“ und „The ­Family of Man“, wurden auf Bitten Edward Steichens, der sich immer als „Letzebuerger Jong“ betrachtete, vom MoMA in New York dem Staat Luxemburg vermacht. Luxemburg hat mit diesen beiden Ausstellungen sein ohnehin schon erstklassiges Kulturprogramm um zwei Diamanten erweitert. E VA- M A R I A KO C H

Die „The Bitter Years“-Sammlung ist in der Zeit bis zum 21. Juli 2016 nicht zu sehen. www. steichencollec t ions. lu www. c na. lu www. vi sitlu xe mbourg. com

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TEILEN_VERBINDEN Annegret Soltau

12.6.–26.6. Kunsthalle der Sparkassenstiftung Lüneburg KulturBäckerei | Dorette-von-Stern-Str. 2 | 21337 Lüneburg Öffnungszeiten: Mo – Fr: 10 – 18 Uhr | Sa & So: 13 – 18 Uhr w w w . k u l t u r b ä c k e r e i - l ü n e b u r g . d e




105 In die Tiefe des M aterials und der Psyche gehen

Annegret Soltau

ARTMAPP: In letzter Zeit haben sich die Hinweise auf internationale Auftritte, die mir von dir ins Haus flatterten, gehäuft, darunter viele Beteiligungen an Themenausstellungen, kreisend etwa um Positionen der feministischen Avantgarde oder die Technik der Collage. Allein in diesem Jahr wirst du im Baseler Museum Tinguely zu sehen sein, dazu in Krakau, London, Wien, Karlsruhe. Und deine ­Geburtsstadt Lüneburg widmet dir eine Retrospektive. Erfüllt das dich, die du in mehrerer Hinsicht stets kämpfen musstest, mit Genugtuung? Annegret Soltau: Es ist schon ein schönes Gefühl, dass ich da etwas gefunden habe, was auch für andere sichtbar wird, ­e twas, das am Puls der Zeit ist. Das wünscht man sich als Künstler natürlich, bekommt aber keine Garantie drauf. Jetzt ist es sogar so, dass viele junge Leute darauf reagieren und ich so eine Art „Mutterfigur“ geworden bin für viele junge Künstlerinnen. Manche variieren, einige kopieren mich regelrecht. Es gibt Kunsthistoriker, die über mich forschen; meine Arbeiten tauchen sogar in Schulbüchern auf. ARTMAPP: Mit den Werkgruppen der Fotovernähungen „generativ“ und „transgenerativ“, die dich schon gut zwei Jahrzehnte beschäftigen, sodass man dich jetzt automatisch mit ihnen assoziiert, hast du ein hohes Plateau von Qualität wie Quan­ tität verwirklicht. Verlief der Weg dorthin – durch eine ganze Reihe anderer Medien: Radierung, ­Fotoradierung, Performance, Rauminstallation, Video – sukzessive oder gab es da einen Durchbruchsmoment, eine Durchbruchsarbeit?

links: Annegret Soltau in ihrem Atelier in Darmstadt, 2016 © Carmen Jäger

AS: Das kann ich so gar nicht sagen. Ich arbeite ja nicht völlig bewusst, eher beziehe ich meine Fantasie mit ein. Aber: Was irgendwann vorausgegangen ist, taucht oft später wieder auf. Von außen sieht das vielleicht so aus, als hätte ich eine Ent­ deckung gemacht; in Wirklichkeit hat es sich ergeben aus dem, was war. Es bleibt für mich immer – weil ich ja mit meinem Körper arbeite – ein Risiko, ein großes Risiko sogar. Das fordert mir viel Energie ab. Aber mit dem eigenen Körper kann ich machen, was ich will, ohne Absprache mit einem Modell. So arbeite ich mich, mit mir selber, durchaus an der Gesellschaft ab, zum Beispiel gegen die fixierte Rollenverteilung der Geschlechter. ARTMAPP: Welchen Anteil hatte der programmatisch-feministische Ansatz an deiner Entwicklung? AS: Ich stehe nach wie vor dazu, dass ich in der Frauenbewegung gekämpft habe, eine kleine Gruppe in Darmstadt mit ins Leben gerufen habe. Später, um 1980, hatten wir lange eine Künstlerinnengruppe in Frankfurt am Main. Wir haben uns einmal im Monat getroffen, haben uns abwechselnd in unseren Ateliers besucht und diskutiert, haben auch Künstlerinnen der Vergangenheit „ausgegraben“, über Käthe Kollwitz und Paula Modersohn-Becker hinaus. Wir haben dann selber Ausstellungen organisiert, unter anderem im Frauenmuseum Bonn. Irgendwann hat sich die Gruppe von sich aus aufgelöst; wir wollten mit unserer Kunst nicht mehr im Frauen-Ghetto bleiben. Ich hatte dann auch zunehmend Anfragen für Be­teiligungen an anderen Ausstellungen. Das Grundthema – die Auseinandersetzung mit dem Frausein – ist bei mir aber geblieben. ARTMAPP: Teils sehr umfangreiche Werkgruppen tragen Titel, die sich einer Begrifflichkeit bedienen, die, wenn nicht direkt aus Philosophie und Psychologie entlehnt, doch einen therapeutisch-ganzheitlichen Klang haben: Verbindung/Trennung, Sein/ Schein, Fragmente/Heilung, Übergang, Mutation, Verwandlung. Ist das absichtliche Zielrichtung deiner Kunst? AS: Während ich arbeite, nicht. Mich interessiert das; ich lese – als grüblerischer Mensch, auch wenn ich äußerlich nicht so wirken mag – immer wieder Bücher zu solchen Themen. In die Tiefe der Psyche zu gehen, ist mir genauso wichtig, wie in die Tiefe des Materials. Ich ringe natürlich ewig darum, dass ich ganz sein, heil sein möchte, aber das

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — P O R T R ÄT

In diesem Januar hat Annegret Soltau ihren 70.Geburtstag ­gefeiert. Anlass für ARTMAPP, die in Darmstadt lebende Künstlerin mit einer Edition zu ehren: Ihre Fotoübernähung „Selbst“ aus dem Jahr 1975 erscheint in einer 70er-Auf lage, 15 Exemplare davon wurden von Hand nochmals mit Faden überarbeitet. Willkommene Gelegenheit für unseren Mitarbeiter Roland Held, seit Langem mit Annegret Soltaus Werk vertraut, sie zu einem Interview einzuladen.


106

ARTMAPP: Wie hat sich die Kunstszene von den 1970er-Jahren bis heute verändert? Steht sie der Art Kunst, wie du sie vertrittst, jetzt offener gegenüber? AS: Ich finde, ja – viel offener. Es ist jetzt alles möglich – aber das kann es für junge Künstler auch schwer machen. Damals, als ich anfing, gab es einfach nicht so viele Möglichkeiten. Was in den 1970er-Jahren noch neue, unkonventionelle Kunstformen und -techniken waren, ist heute ganz selbstverständlich. Aber vieles davon ist mittlerweile auch besetzt. Ich konnte sie unvorbelastet nutzen – obwohl sich bei mir, wenn man es im Rückblick betrachtet, alles aus der Zeichnu ng u nd speziell der R adier u ng , dem physischen, haptisch spürbaren Akt des Einkratzens von Strichen ins Material, entwickelt hat. Daraus ergab sich wiederum das Bedürfnis, noch mehr ins Körperliche zu gehen und die ­Menschen noch direkter, noch stärker zu berühren: die Zeit der Verschnürungs-Performances. Annegret Soltau mit Mutter Lisbeth während ihrer Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, 1994 Foto: Archiv der Künstlerin

gelingt ja immer nur ­a nnäherungsweise – egal wie viel man daran arbeitet. Dass das Ziel immer vor einem liegt, ist aber auch ein Antrieb. Es kann sein, dass für mich einerseits die ­A rbeit, andererseits die ­F amilie meine „Psychotherapie“, ­meine „Analysemethoden“ waren.

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ARTMAPP: Wie erklärst du es dir, dass deine ­A rbeiten immer wieder bei bestimmten Teilen des Publikums auf Ablehnung stoßen, bis hin zu verschiedenen Zensureingriffen. Was steckt hinter den Vorwürfen? Und: Lähmt dich das, lässt es dich kalt, oder spornt es dich an? AS: Ach, neuerdings sind da so merkwürdige E-Mails dazu­ gekommen – meistens von Männern. Das ist noch mal unangenehmer als das, was ich davor erlebt habe. Ich glaube, das hat mit dem Existenziellen zu tun. Damit, dass die Menschen sich – zum Beispiel von der „generativ“-Serie – berührt fühlen an einem Punkt, der auch in ihnen selber ist. Es stört sie, dass ich nach außen kehre, was sie von sich aus nie zeigen würden. Es schockt sie, weil das anscheinend so einen Ver­ größerungsglaseffekt hat. Kommt es dazu, dass sie mich kennenlernen, dass wir miteinander reden, dann akzeptieren sie es hinterher; das ist mir schon öfter passiert. Da ist es gut, dass ich immer versuche, sachlich zu bleiben, auch wenn ich erst mal wütend bin.

ARTMAPP: War es ein Karrierenachteil, dass du dich – deinem Mann folgend – frühzeitig in der Region Darmstadt niedergelassen hast? Hättest du es in Düsseldorf oder Köln oder von mir aus in Hamburg, Wien, Berlin schneller weiter gebracht? AS: Klar träume ich ab und zu davon, mal ein Jahr in einem Loft in irgendeiner richtigen Großstadt zu arbeiten. Aber ­a nsonsten? Da bin ich schon damit einverstanden, wie alles sich für mich ergeben hat. ARTMAPP: Annegret Soltau, vielen Dank für das Gespräch! Derzeit wird, finanziert durch Crowdfunding, Annegret Soltaus Werkverzeichnis vorbereitet: funding.annegret-soltau.de. bis 16. Mai 2016 „ P R I È R E D E T O U C H E R – D e r Ta s t s i n n d e r K u n s t “ Ausstellungsbeteilig ung Mu seum Ting uely, B asel www. t ing uely. ch 1 2 . bis 26. Juni 2016 „T EI L EN_V ER BI N DEN “ Anneg re t Soltau Kunsthalle Lüneburg www. k ult urbaecke re i-lue neburg. de w w w . a n n e g r e t- s o l t a u . d e


ANNEGRET SOLTAU

© Annegret Soltau / VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Limited Edition zum 70. Geburtstag

„Selbst“, 12, 2016/1975, Fine-Art-Print auf Barytpapier, 320 g/m2, 29,5 x 21 cm auf 40 x 30 cm, nummeriert und signiert, Auflage: 70 Prints (299 €), davon 15 eigenhändige Vorzugsausgaben mit Seidenfaden (499 €), Stückpreise zzgl. MwSt., gültig bis 31.12.2016, Bestellungen: rb@brouwer-edition.com, M +49 (0) 171 170 69 23 „Diese Fotoübernähung ist 1975 entstanden [Vintage, ein Handabzug auf Barytpapier, Seidenfaden, 39 x 29,5 cm]. Als Ausgangsbild nahm ich einen Fotoabzug der Dokumentation einer Foto-Performance, in der ich mit schwarzem Garn mein eigenes Gesicht umwickelte [„bezeichnete“]. Es ist die 5. Aufnahme aus dem Tableau „Selbst“, 1, 1–14, 1975. Dieses Selbstporträt übernähte ich mit grauem Seidenfaden. Der fotografierte

Faden diente mir als Richtung für meine Übernähung. Aus den Sinnesorganen Augen und Mund ließ ich die Fäden über das Gesicht fließen, die Wimpern verlängerte ich so zu neuen Formationen, die wie eine Maske das Gesicht überziehen. Der fotografierte Faden der Performance steht im Wechsel und Austausch mit dem übernähten realen Faden und bildet im Gesicht eine Einheit, aber auch eine Irritation.“ Annegret Soltau Ein Teil des Erlöses kommt Annegret Soltaus geplantem Werkverzeichnis zugute, das durch Crowdfunding finanziert werden soll: funding.annegret-soltau.de.

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Schirmherr Günther Uecker

„Fünf Positionen der Gegenwart in MecklenburgVorpommern“ Ausstellung in der Kunstsammlung Neubrandenburg vom 26. Juni bis 4. September 2016

Jacqueline Duhr

Matthias Kanter*

Olaf Matthes

Eröffnung und Preisverleihung: Sonntag, den 26. Juni 2016 · 11 Uhr Vorgeschlagen für den Kunstpreis sind: Jacqueline Duhr, Annelise Hoge, Matthias Kanter, Olaf Matthes und Anne Sewcz

Annelise Hoge

Anne Sewcz*

© Fotografien: Roman März · Jacqueline Duhr · Olaf Matthes (Detail) · Hans-Martin Sewcz · * © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

KUNSTSAMMLUNG NEUBRANDENBURG Große Wollweberstraße 24 · 17033 Neubrandenburg www.kunstsammlung-neubrandenburg.de Tel. 0395 555-1290 · Di. – So. 10 – 17 Uhr


MUSEUM RITTER Ausstellungen 2016 Christian Megert. Ohne Anfang und Ende Bis 17.4.2016 Lunapark 2000 Lichtkunst aus der Sammlung Marli Hoppe-Ritter Bis 18.9.2016 Kreis und Quadrat in der Sammlung Marli Hoppe-Ritter Vom 15.5. bis 18.9.2016 MUSEUM RITTER Sammlung Marli Hoppe-Ritter Alfred-Ritter-Straße 27 71111 Waldenbuch www.museum-ritter.de

Hans Kotter, Tunnel View – Down Under, 2011 © VG Bild-Kunst, Bonn 2016


Schöner als die Wirklichkeit Die Stillleben des Balthasar van der Ast (1593/94–1657)

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112 Für Kenner und Entdecker

NRW-Highlights 2016 Nordrhein-Westfalen ist nach wie vor ein schwergewichtiges Zentrum für Kunst und Kultur und bereits vor Gründung des Bindestrich-Bundeslandes 1946 war das Rheinland Heimat der Avantgarde und eine unvermeidliche Anlaufstelle für Künstler und Kulturschaffende aus aller Welt. Die legendäre „Sonderbundausstellung“ 1912 in Köln ist nur ein Beispiel der erfolgreichen internationalen Anbindung des Kultur-Rheinlandes, die Folkwang-Idee „Kunst für alle“ sollte 1911 mit Karl-Ernst Osthaus’ Museumsgründung in Hagen einen ersten Ort finden. In den 1920er-Jahren hatte sich dann die „Große Kunstausstellung NRW“ in Düsseldorf als erste Messe von Künstlern für Künstler etabliert, sie existiert bis heute. Und schließlich wird 1967 die ART COLOGNE ins Leben gerufen, die Mutter und weltweit älteste aller Kunstmessen. In Münster finden seit 1977 alle zehn Jahre die „Skulptur Projekte“ statt. Die Liste der Museen, Galerien, Kunstvereine und Kunstevents hierzulande wächst seither stetig. Und die Künstlerschaft schläft nicht. 1957 geht die Künstlergruppe ZERO an den Start, 1963 erfinden Gerhard Richter, Sigmar Polke und Kollegen den „Kapitalistischen Realismus“; Happenings, Aktionen und

Fluxus-Konzerte finden statt in Aachen und Wuppertal, in Köln und Düsseldorf. 1971 fordert Joseph Beuys die Abschaffung des Numerus clausus und öffnet seine Klasse. Er verliert daraufhin seine Professur an der Kunstakademie Düsseldorf, gewinnt aber viele Anhänger und Mitstreiter. Pina Bausch übernimmt 1973 die Ballettsparte in ­Wuppertal und gründet ihr einzigartiges Tanztheater. 1975 gibt Keith Jarrett sein legendäres „Köln-Konzert“, in Düsseldorf beginnt die Band Kraftwerk, sich einen Namen zu machen und die Musik um das Kapitel Elektropop zu er­wei­ tern. Auch sie sind inzwischen mit ihren Shows in den Museen angekommen. Von 1976 bis 1996 leitet Bernd Becher die Fotoklasse an der Akademie, aus der die sogenannte ­D üsseldorfer Fotoschule hervorgeht. Eine Liste, so unvollständig wie erweiterungsfähig ... Obschon es mit der Deindustrialisierung derbe Einschnitte im NRW-Selbstbewusstsein gab, hier verstand man auch, aus dieser Not eine Tugend zu machen: 2002 zum Beispiel wird die „Ruhrtriennale“ ins Leben gerufen und ist inzwischen ein gefeiertes internationales Kulturfestival. Zahllose leer stehende Industriedenkmäler der Region sind in Spielstätten für Musik, Theater, Literatur und Film, bildende Kunst, Tanz und Performance verwandelt worden. K ATJA BEH REN S

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Rhein- Herne - Kanal, Herne, 2003 © Brigitte Kraemer Ausstellung „Brigitte Kraemer“ in der LUDWIGGALERIE, Schloss Oberhausen, bis 12. Juni 2016


113

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Titel Montage „Wunder der Natur“ (Ausschnitt). © Gasometer Wolf /DLR 1 Adam Willaerts: Felsige Küstenlandschaft mit Seern. © Situation Kunst 2 Installationsansicht Fliegende Bilder Adolf Winkelmann 3 M.C. Escher: Band ohne Ende, 1956. Collection n Haag. © 2016 The M.C. Escher Company 4 Dominic Wilcox: War loo), 2002. © Dominic Wilcox 5 Laurent Philippe: Aufführung mond”. © Laurent Philippe 6 Thomas Struth: Chemistry Fume y of Edinburgh, 2010. © Thomas Struth 7 Balthasar van der Ast: ner Vase mit Muscheln und Eidechse auf einer Steinplatte, ca. Den Haag, Het Mauritshuis 8 © Anup Shah / www.shahrogerJan Holtrop: Schaapskudde bij Bosven in zandverstuiving, unm Kwak, Doorwerth. Foto: Stiftung Museum Schloss Moyland/ nstantin Grcic Industrial Design: Avus, 2011 11 Julian Charrière: pic Stories (3), 2013 (Ausschnitt). Courtesy Dittrich & SchlechKunst, Bonn 2016. 12 K20 Grabbeplatz, Foto: Jens Willebrand, ng NRW 13 Fernand Léger: Composition, 1953. Museu Coleção Bild-Kunst, Bonn 2015. 14 Impression der Art Cologne, 2015 © Cragg: Cubic, 2011. © VG Bild-Kunst, Bonn 2016. Foto: Michael uely: Grosse Méta-Maxi-Maxi-Utopia, 1987. © VG Bild-Kunst, stian Baur 17 Petra Gall: Walpurgisnacht-Demonstration, Wests Museum, Berlin © Petra Gall Vorschau Observatorium „Warmscherkunst 2010/2013. Foto: Roman Mensing/Emscherkunst tporträt, 1966 (Ausschnitt). Minox. © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

frühjahr 2016 Ausstellungshighlights ausgewählt von Kulturkenner.de

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rismus NRW e.V. | Völklinger Str. 4 | 40219 Düsseldorf | Tel.: +49 ax: +49 (0) 211 913 20-555 | Vertretungsberechtigter Vorstand: sführung: Dr. Heike Döll-König | V.i.S.d.P. & Verantwortlicher gem. aatsvertrag: Markus Delcuve, Völklinger Str. 4, D-40219 Düsseldorf orf | Vereinsregisternummer: VR 10493


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Shortcuts – NRW ZUSA M M EN G ES TEL LT VO N K ATJA B EH REN S

Théodore Gudin, „Boote am Strand bei Ebbe“, um 1840, Öl auf Malpappe, Courtesy: Museum Schloss Moyland

B E D B U RG - H AU : M U S E U M S C H L O S S M OY L A N D „ NAT UR A LS K UNST – L a n d s c h a f t i m 1 9 . J a h r h u n d e r t i n M a l e r e i u n d F o t o g ra f i e“ bis 5 . Juni 2016

Balthasar van der Ast, „Blumen in einer Wanli-Vase und Schneckenhäuser“,

Seit ihren Anfängen im 19. Jahrhundert hat das Medium ­ otografie sich mit der Malerei auseinandergesetzt wie auch F umgekehrt die Malerei schon früh die Fotografie für sich zu nutzen wusste. Nicht nur das Porträt, auch die Landschaft wurde ein beliebtes Motiv, die Traditionen zu befragen und mit einer neuen Bildästhetik zu experimentieren. Nicht mehr das durchkomponierte Tafelbild, sondern spontane Natur­ eindrücke waren jetzt gefragt, unspektakuläre, lapidar aufgenommene Wege und Winkel, Wälder und Wiesen.

© Den Haag, Het Mauritshuis

www. moyland. de

A AC H E N : S U E R M O N D T- L U DW I G - M U S E U M „ SC HÖN ER A L S DI E W I R K L IC HK EI T – D i e S t i l l l e b e n d e s B a l t h a s a r v a n d e r A s t (1 5 9 3 / 9 4 – 1 6 5 7)“ 10. März bis 5 . Juni 2016

BU N DE SK U NS T H A L L E BON N

Schöner als die Wirklichkeit … … sind die Stillleben des niederländischen Meisters Balthasar van der Ast, der seine Blumenarrangements um augen­ täuschende Schneckenhäuser, Eidechsen oder kostbares chinesisches Porzellan bereicherte. Das Aachener Suermondt-Ludwig-Museum zeigt jetzt die 35 wichtigsten Gemälde und zwei Arbeiten auf Papier des Künstlers, die in dieser Zusammenstellung erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden. Diese Auswahl wird mit drei Werken seines Lehrers Ambrosius Bosschaert und einem Gemälde seines Kollegen Roelant Savery ergänzt. Leihgeber sind unter anderem der Pariser Louvre, die Londoner National Gallery, das Amsterdamer Rijksmuseum und das Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid.

„ P I N A B A U S C H U N D DA S TA N Z T H E A T E R “ 4 . März bis 2 4 . Juni 2016

„Mich interessiert nicht, wie die Menschen sich bewegen, sondern was sich bewegt.“ Pina Bausch (1940–2009) ist eine der wichtigsten und international einf lussreichsten Choreo­ grafinnen des 20. Jahrhunderts, das moderne Tanztheater ist ohne sie kaum vorstellbar. Dass jetzt Fotografien, Videofilme, Objekte und Installationen aus ihrem Nachlass in einem Museum gezeigt werden, unterstreicht ihren avantgardistischen Ansatz. Auch mit ihrer Tanzkompanie hatte Pina Bausch einst Grenzen überwunden, hat Tanz mit Schauspiel und künstlerischer Performance überzeugend verbunden. www. bundesk unsthalle. de

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115 D U I S B U RG : M USEU M K Ü PPE R SM Ü HL E F Ü R MODE R N E K U NS T „ M A R K U S L Ü P E R T Z – K u n s t , d i e i m We g e s t e h t “ 18. März bis 29. Mai 2016

Der langjährige Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie und selbsternannte Malerfürst Markus Lüpertz (* 1941) wird als ein bedeutender Vertreter der deutschen Nachkriegskunst gehandelt. Mit der Werkschau in Duisburg nun gibt es Gelegenheit, diese farbstarke Malerei und kraftmeierische Bildhauerei auf ihre künstlerische Substanz hin zu befragen. Was steckt hinter der Eloquenz seiner wilden Kunst, was hat es auf sich mit der maskulinen Kraft, die seine Bilder und Skulpturen unentwegt behaupten? www. museum-k ueppersmuehle. de M. C. Escher, „Tag und Nacht“, 1938, Holzschnitt, 39,1 x 67,7 cm, Collection Gemeentemuseum Den Haag © 2016 The M.C. Escher Company – The Netherlands

BRÜ H L : M A X E R N S T M U S E U M D E S LV R „ M. C . ESCH ER“ bis 2 2 . Mai 2016

Treppen, die ins Ungewisse führen, finstere Gewölbe, Mauern und düstere Gestalten, der italienische Kupferstecher Giovanni Battista Piranesi hat im 18. Jahrhundert seine Architekturfantasien bis zur Irrationalität auf die Spitze getrieben. Der niederländische Grafiker M. C. Escher (1898–1972), dem die Ausstellung in Brühl gilt, ist ebenfalls berühmt für seine optischen Täuschungen, für unmögliche Figuren und multiperspektivische Räume, Treppen, die immer weiter hinauf führen und doch wieder nur bei sich selbst enden, und Hände, die sich selbst beim Zeichnen zeichnen.

Markus Lüpertz, „Baumstamm – dithyrambisch“, 1965, MKM Museum ­K üppersmühle für Moderne Kunst, Duisburg, Sammlung Ströher, Foto: J. Littkemann, Berlin, © VG Bild- Kunst, Bonn 2016

Laurent Philippe, Aufführung von Pina- Bausch-Stück „Vollmond”, Foto: © Laurent Philippe

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — N R W - H I G H L I G H T S

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M A R TA H E R F O R D „ M A G I E U N D M AC H T – Vo n f l i e g e n d e n Te p p i c h e n u n d D ro h n e n“ bis 5 . Juni 2016

Fliegen übt seit jeher eine große Faszination auf die Menschen aus. Schon in Antike und Renaissance gab es entsprechende Versuche, die Schwerkraft zu überwinden. Auch im Märchen fliegen Teppiche schon lang umher, vollbringen Magisches und retten ihre Mitreisenden aus mancher Not. Die Erzählungen aus 1001 Nacht haben zahllose Künstler zu poetischen Werken inspiriert. Heute sind dagegen eher die kriegerischen Kampfdrohnen, die spionieren und bomben und ihr lautloses Unheil anrichten, Thema der Kunst. Himmel und Hölle. Jana Kerima Stolzer, „frowns use 72 muscles while a smile takes 14“, Filmstill, Videoinstallation, 2016, Klasse Prof. Aernout Mik

K U N S T M U S E U M G E L S E N K I RC H E N „ S O T R A U R I G WA R DA S S H O O T I N G – K l a s s e P ro f e s s o r A e r n o u t M i k , K u n s t a k a d e m i e M ü n s t e r“ bis 8. Mai 2016

Mit der Einladung an die Studentinnen und Studenten des niederländischen Installations- und Videokünstlers sowie Münsteraner Professors Aernout Mik (* 1962) setzt das Kunstmuseum Gelsenkirchen eine lange Tradition fort. Nun also sind es die Schüler eines Künstlers, der in bewegten Tableaus körperliche und gesellschaftliche Krisen, leere Rituale, ­„Verdichtungen von Menschen“ in bizarren und bestürzenden Bildern mit aktuellen Einsprengseln verhandelt. Wie gehen sie, die Jüngeren, mit der Wirklichkeit und deren Institu­ tionen künstlerisch um? www. gel se nk irche n . de

Kazemi, „Exit of Shirin & Farhad #12“, 2012, Fotografie, Courtesy: Marta Herford

„ B R U TA L S C H Ö N – G e w a l t u n d G e g e n w a r t s d e s i g n“

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — N R W - H I G H L I G H T S

bis 1. Mai 2016

Der Brutalität schöpferisch etwas entgegenzusetzen, ist ein erklärtes Ziel der jungen Designkünstlerinnen und -künstler, die in Herford nun sichtbar werden lassen, wie viel Gewalt sich in jedem Design, hinter jeder Form verbergen kann. Gestaltungsprozesse sind beides, brutal und schön – das zeigen rund 100 Exponate aus Europa, Afrika, Nord- und Südamerika: ein Zaun mit Comicfiguren als Spitzen, Schokopralinen in Raketenform oder der VW-Käfer, der ideologisch sowohl zu Hitlers Nazidiktatur gehört wie zur Hippiebewegung. w w w . m a r t a - h e r f o rd . d e

Ezri Tarazi, „Bazooka Joe“, 2005, Courtesy: Marta Herford


Magie und Macht Von fliegenden Teppichen und Drohnen 27.02.— 05.06.16 Marta Herford Marta Förderer

In Kooperation mit

Marta Herford Museum für Kunst, Architektur, Design Fon 05221.99 44 30-0, marta-herford.de

Motiv: Li Wei, Beyond Gravity 2, 2010 © der Künstler. Courtesy Galerie Paris-Beijing

WIEDERERÖFFNUNG

KONSTRUKTION CONSTRUCTION

Wilhelm Morgner - Der Holzarbeiter, Fotograf Thomas Drebusch Helmut Bruch - Vertikale Progression in Orange, Fotograf Ulli Sowa, © VG Bild-Kunst

25. internationale Positionen 21. Mai - 18. September 2016 Erstausstellung zur Eröffnung Raum Schroth

im Museum Wilhelm Morgner

Veranstaltungsprogramm auf

www.skk-soest.de

THOMÄSTRASSE 1, 59494 SOEST ÖFFNUNGSZEITEN DI - FR 14 - 17 UHR, SA - SO 11 - 17 UHR www.museum-wilhelm-morgner.de


118

KÖ L N : A RT COLOGN E 1 4 . b i s 1 7. A p r i l 2 0 1 6

In diesem Jahr feiert die ART COLOGNE, „die weltweit ­äl­teste Messe für zeitgenössische Kunst“, ihr 50-jähriges Jubiläum. Die erfolgreiche Messe, man mag es kaum glauben, ist ein Kind der 1968er-Jahre, gegründet als Gegenentwurf zu ­privaten Galerien: Man wollte einen öffentlichen Ort für ­jedermann, einen Ort, an dem man der Avantgarde begegnen konnte, den angesagten Künstlern und ihren Trabanten, den Vermittlern, Kritikern, Stars und Sternchen. Genau das macht bis heute den Charme der ART COLOGNE aus: Messe und Marktplatz, Kunst und Klatsch. www. ar tcolog ne. de

MÜ NSTER : LW L – M U S E U M F Ü R K U N S T U N D K U LT U R S O N D E R A U S S T E L L U N G „ H O M O S E X UA L I TÄ T_ E N “ 13. Mai bis 4 . September 2016

Mit seiner neuen Ausstellung „Homosexualität_en“ zeigt das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster die ­L ebens- und Liebesvielfalt unserer Gesellschaft . Do­ kumente, Fotos und Kunstwerke zeigen Leben und Lieben abseits der hete­r osexuellen Norm – nicht belehrend, ­s ondern stets auf Augenhöhe mit den Besuchern. Eine ­K ooperation mit dem SCHWULEN MUSEUM* und dem DEUTSCHEN H ­ ISTORISCHEN MUSEUM in Berlin. w w w . l w l - m u s e u m - k u n s t- k u l t u r. d e

Bethan Huws, „Le porte -bouteille“, 2008, Muschel und Metall, 23 x 10 x 10 cm, Courtesy: der Künstler, Foto: Charles Duprat, Paris, © Bethan Huws / VG Bild- Kunst, Bonn 2016

KÖ L N :

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — N R W - H I G H L I G H T S

KO L U M B A „BETHAN HU WS“ 8 . Apr il bis 2 2 . Aug ust 2016

Einer der wichtigen Referenzpunkte der walisischen Objektkünstlerin Bethan Huws (* 1961) ist die radikale Geste Marcel Duchamps, der mit seinen Readymades die Kunst revolutioniert hat. Ebenso prägend für ihre Objektkunst aber ist die Auseinandersetzung mit Literatur und Sprache, sie dienen ihr als Instrument der Selbstvergewisserung und Bedeutungsverschiebung. Auf der Suche nach dem Fundament und den Gesetzmäßigkeiten der Wirklichkeit kombiniert Huws eigene Objekte mit Werken aus dem Museum und schafft so neue Kontexte. www. kolumba . de

Bilder aus der Ausstellung, „Soldatenfreundschaft“, um 1913 Foto: Sepia Fotografie, © Schwules Museum*, Berlin


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Brigitte Kraemer , „Mann und Auto“, Brandenburg, 2006 © Brigitte Kraemer

O B E R H AU S E N :

W U P P E R TA L :

L U DW I G G A L E R I E S C H L O S S O B E R H AU S E N

VO N D E R H E Y D T- M U S E U M

„ BR IGI T T E K R A EMER

„ T O N Y C R A G G – R e t ro s p e k t i v e“

R e p o r t a g e n u n d F o t o g ra f i e n v o n 1 9 8 5 b i s h e u t e“

19. Apr il bis 1 4 . Aug ust 2016

6. März bis 1 2 . Juni 2016

„Mann und Auto“ heißen ihre Serien, „Die Bude“ oder „Im guten Glauben“. Die Reportagen der Fotografin Brigitte ­K raemer besitzen eine besondere Intensität, denn sie ­b e­o bachtet die Menschen aus unmittelbarer Nähe, ohne ­i hnen zu nahe zu rücken. Seien es Mädchen auf Trebe oder Klebstoffschnüff ler, seien es die Betreiber und Nutzer der (ruhrgebietstypischen) „Büdchen“ oder Männer und ihre Autos. Sie recherchiert in Frauenhäusern oder im Friedensdorf, erkundet die Vielfalt r­ eligiöser Gebräuche und ihre „oft pragmatischen Ausprägungen“ im Ruhrgebiet. www. ludwiggaler ie. de

Der britische Bildhauer und zweifache „documenta“-­ Teilnehmer Tony Cragg (* 1949) war bis 2013 Rektor der Kunstakademie Düsseldorf. In Wuppertal hat er den Skulp­ turenpark Waldfrieden initiiert, ein Waldgrundstück als Kunstort für Bildhauerarbeiten – eigene und die von Kollegen. Jetzt richtet das Von der Heydt-Museum ihm eine erste große Retrospektive aus, zeigt Skulpturen, Zeichnungen, Druckgrafik und Werkgruppen aus verschiedenen Mate­ rialien und Serien, die die Beziehungen von natürlichen und künstlichen Formen und Strukturen untersuchen. www.vdh. netgate 1. net

Tony Cragg, „Menschenmenge“, 1984, Plastik, 200 x 1.600 cm, BSI Art Collection, Schweiz, © VG Bild- Kunst, Bonn 2016


Sebastian Kuhn: Polyrhythmic Walkabout, 2008 © VG Bild-Kunst, Bonn & Museum Art.Plus

between DANNER KUHN RIEL 28.02.2016 – 22.01.2017

Öffnungszeiten : Di - So 11 - 17 Uhr Montag (außer an Feiertagen) geschlossen

Museumsweg 1 : 78166 Donaueschingen Telefon +49 (0) 771-89 66 89-0 : museum-art-plus.com

HERBERT MEHLER 06.03 - 14.04.2016

Z N E L KAU L A A F GELLDBERG- 33153

FE 5.9 N 0765 A 9868 E 24 7 PHONE 18 UHR I E S S R ALE RNLESTRA-online.de - SO 15 -

G u DO NHÖ nz@t UPPE gela-le la-lenz.e n SCH rie-a ange gale galerie. www

ULI SCHEITENBERGER 24.04. - 05.06.2016

Foto Henry M. Linder




123 M arkus Brenner

Kunst als Eulenspiegelei Markus Brenner, „Lipstick Fish“, 2015

Markus Brenner, „Sprengstoffgürtel- Dummy“, 2015

von Bazon Brock verwendet wird. Der Kunsttheoretiker Brock meint damit gleichwohl nicht die platte Zustimmung oder das unhinterfragte Einverständnis mit den Verhältnissen. Im Gegenteil! Er folgt vielmehr der Maxime von Karl Marx, den Kapitalismus nicht offensiv zu bekämpfen, sondern „den Verhältnissen ihre eigene Melodie vor[zu]spielen, um sie zum Tanzen zu bringen“. Der olympisch-athletischen Aufforderung einer Leistungsgesellschaft des „Schneller, höher, weiter“ antwortet Brenner mit dem Kippmoment der Kunst. Sein Kunstverständnis ist geprägt von dieser affirmativen Kippstrategie, die aus der Figur des Till Eulenspiegels Vorbildhaftes generiert. Auf Eulenspiegels Frage an den Bäcker, was er genau denn backen solle, antwortet dieser spöttisch, er möge es mal mit Meerkatzen und Eulen versuchen. Eulenspiegel nimmt ihn beim Wort und formt aus dem

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — P O R T R ÄT

Wenn Luxus, wie der Philosoph Lambert Wiesing formulierte, einem Dadaismus des Besitzens gleichkommt, dann bedeutet für den Künstler Markus Brenner das Phänomen ­Luxus den Bruch mit den Vorstellungen vom Entsprechenden, Zweckmäßigen und Angemessenen. Erstaunlich, dass bei Theodor W. Adorno, einem ausgewiesenen Konsumkritiker, besser gesagt in seiner Haltung, dennoch Raum war, den Luxus vehement gegen die „Sklaverei der Zwecke“ in einer verwalteten Welt zu verteidigen. Für ihn lag im überflüssigen und zweckfreien Luxus eine Möglichkeit der Verweigerung und des Widerstandes. Deshalb war für ihn sowohl Luxus als auch die Kunst ein Mittel der Gegenwehr. Der Soziologe Werner Sombart hatte dagegen vor hundert Jahren Luxus schlicht als das definiert, „was nicht notwendig ist“. Brenner, Jahrgang 1963, zeigt in seiner künstlerischen Beschäftigung mit „Dekadenz“, dass im Luxus darüber hinaus Momente einer ästhetischen Erfahrung geborgen sind. Dabei hat er sich vom Gefühl des Luxuriösen leiten lassen und etwas ins Werk gesetzt, das ihm die Gewissheit bringt, etwas Unangemessenes zu tun. Markus Brenner zeigt einen Mann und eine Frau mit Sprengstoffgürteln. Champagnerflaschen stecken dabei anstelle von Dynamitstangen in den Gürteln. Beide wippen mit den Beinen. Die Lippen der Frau formen sich zu einem Lächeln. Der Zeitzünder wird gedrückt. Das Filmbild blendet langsam aus. Das „Spiel“ beginnt von vorne. Die Ausstellung „Missverständnis Luxus“ (2015/16) von Markus Brenner in einem früheren Amüsierbetrieb in Singen ist Provokation, wie sie der Kunst innewohnt. Die Zukunft lässt sich auf zwei Arten projizieren: „by design or by desaster“. Brenner wählt die Lust per Kunst statt die Katastrophe. Die Sprengstoffgürtel sind außerdem stilvoll aus feinstem Kalbsleder gea rbeitet . D ie P rodukterot ik ent st a mmt der Bondagekultur. Die Kunst der Verführung kippt hier in eine Verführung durch die Vermittlung der bildenden Kunst und das Mittel der Handwerkskunst. Erinnert sei an dieser Stelle an den Dadaisten Hugo Ball, der in der Zehnerjahren des letzten Jahrhunderts schockiert von den Erlebnissen an der Front die Flucht ergriff, um im Dadaismus kompensatorisch nach einer anderen Form der „Zerstörung“ zu suchen. Dada war Balls „Nein“ zum Krieg. Markus Brenner reagiert nun in unseren Zehnerjahren mit einer anderen Art von „destruktiver Kreativität“ auf (Fremden-) Angst, Unbehagen und Verunsicherung. Er erkennt, dass Widerstand durch bloßes Neinsagen nicht ausreichend ist. Daher folgt er in seiner Kunst dem Prinzip der Affirmation, wie er


Markus Brenner, Video - Paar „Unbehagen“, 2015, aus der Ausstellung ­„ Missverständnis Luxus“. Eine Inter vention im ehemaligen Conti- Bordell, in Kooperation mit Galerie Vayhinger, Singen

Teig tatsächlich ­lauter Eulen und Meerkatzen. Brenner geht mit seinen Kunstwerken eine ähnliche Liaison mit dem Schalkhaften ein, folgt den Aussagen, Dingen und Ereignissen als Klartext, fügt die Affirmation als ästhetische Praxis hinzu, um den Raum der Kunst weitestmöglich auszuschreiten. Seine Eulenspiegelei besteht darin, sich nicht immer aufgerufen zu fühlen, neue Gegenwelten zu entwerfen, sondern Diskrepanzen im Lauf der Dinge darzustellen, die wir als Normalbürger im Vollzug des Alltags in dieser Deutlichkeit nicht wahrnehmen können oder wollen. Im ehemaligen Nachtklub hängt außerdem die Fotografie ­eines in Zeitungspapier eingewickelten Fisches. Der

da­zugehörige Bericht aus einer Zeitung zeigt das Foto von angeschwemmten Rettungswesten auf der griechischen Insel Lesbos. Die billigst und fahrlässig produzierten Überlebensutensilien aus signalfarbenem Kunststoff bergen nicht selten eine todbringende Gefahr. Statt die Gekenterten im Ernstfall an der Oberfläche des Meeres zu halten, saugen sie sich mit Wasser voll und ziehen die Menschen unrettbar in die Tiefe. Indem der Fisch als ein altes Symbol für Hoffnung eingesetzt wird und Markus Brenner es mit der ikonischen Symbolkraft der Fotografie zusammenschließt, gelingt es ihm, sich als beunruhigter Mensch und Künstler dem Flüchtlingsdrama auf subtile Art zu nähern. Ganz im Gegensatz zu


der kritische Ansatz des Inhaltes auf seine ironische Umsetzung. Die Sympathie von Brenner für Karikaturen hinterlässt ­Spuren in seinem künstlerischen Schaffen, das Ironie und Ernsthaftigkeit, das Kritik und Komik zu Kunst verbindet. PAO LO B I A N C H I

w w w . m a r k u s b r e n n e r. c o m

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Ai Weiwei, der mit dem Plan, 14.000 Westen in Berlin anzuhäufen, bloß Spektakel und Selbstdarstellung durch Protz zelebriert. Die Redaktion der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ antwortete auf die Terroranschläge von Paris mit einer Kari­ katur auf dem Titelblatt, die einen von Kugeln durchsiebten Franzosen zeigt. Aus den Einschusslöchern spritzen Ge­ tränkeströme, vom Feiern abhalten lässt er sich jedoch nicht. Dazu der Text: „Sie haben die Waffen. Aber Scheiß drauf, wir den Champagner!“ Markus Brenner hat diese Titelseite auf die Außenwand des Nachtklubs affichiert. Karikaturen sind ­überladen, sie übertreiben und überzeichnen. In ihnen trifft


Florian Schwarz

Portraits from along the way


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Alle Fotos und vorherige Doppelseite: Florian Schwarz, aus dem Zyklus „Close by and far beyond. Portraits from along the way“, 2015


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Florian Schwarz, aus dem Zyklus „Close by and far beyond. Portraits from along the way“, 2015


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H O RG O S , S E R B I E N , S E P T E M B E R 2 0 1 5 Zwischen den Maisfelder n verschwimmt der Schein von Lager feuer n mit der f l i r r e n d e n H i t z e d e s z u E n d e g e h e n d e n Ta g e s . D i e Q u e r v e r s t r e b u n g e n d e r S c h i e n e n best immen das Staccato der Schr it te. Jet zt, am Abend, gehe ich den Menschen entgegen. Viele ha ste n be i e inbreche nde r Dunkelhe it in R icht ung Gre n ze, ande re r ichte n sich abse it s de r Gle i se auf die Nacht e in . D i e B a h n l i n i e z w i s c h e n B e l g ra d u n d B u d a p e s t p a s s i e r t h i e r, n a h e d e m s e r b i s c h e n D o r f H o r g o s , d i e E U - A u ß e n g r e n z e z u U n g a r n . D i e Z u g v e r b i n d u n g i s t l ä n g s t u n t e r b ro c h e n , doch die Ei se nbahn schie ne n bie te n, in e ine r son st he r me t i sch abge r iegelte n Gre n zlinie, d e n e i n z i g v e r b l e i b e n d e n We g n a c h We s t e n . D a s S c h l u p f l o c h n a c h E u ro p a , k nappe f ünf Me te r bre it . E r l e i c h t e r u n g , d e n w o h l g e f ä h r l i c h s t e n Te i l d e r R o u t e ü b e r s t a n d e n z u h a b e n , r ingt mit bleier ner Erschöpf ung und lähmender Ungewissheit. Ich hebe meine Hand z u r B e g r ü ß u n g , w e rd e e i n g e l a d e n , m i c h z u s e t z e n . W i r k n a c k e n Wa l n ü s s e a u f d e n S c h i e n e n u n d ra u c h e n s ü s s l i c h e Z i g a r e t t e n . S p r e c h e n ü b e r d i e S t ra p a z e n d e s We g e s u n d d a s To r v o n M a r i o G ö t z e g e g e n A r g e n t i n i e n . Te i l e n Wa s s e r u n d h a l b e S c h o k o r i e g e l be vor sie auf breche n und we ite rziehe n . A m n ä c h s t e n Ta g l a n d e i c h s p ä t a b e n d s i n Z ü r i c h . S t e i g e i n d e n Z u g u n d s c h l a g e e i n e Z e i t u n g a u f. D a s u n g a r i s c h e M i l i t ä r h a t d e n E i s e n b a h n - G r e n z ü b e r g a n g H o r g o s m i t s t a c h e l d ra h t b e s e t z t e n G ü t e r w a g g o n s g e s c h l o s s e n . F LO R I A N S C H WA R Z

F l o r i a n S c h w a r z ( * 1 9 7 9 i n K o n s t a n z) s t u d i e r t e F o t o g ra f i e a n d e r K ö n i g l i c h e n Kunstakademie Ant wer pen und Dok umentar f ilm am Edinburgh College of Ar t. A u s s t e l l u n g e n i m I n - u n d A u s l a n d (u . a . M o n a t d e r F o t o g ra f i e , B e r l i n ; G o e t h e - I n s t i t u t , M a d r i d ; N a t i o n a l M u s e u m o f S c o t l a n d , E d i n b u r g h ; N o o rd e r l i c h t P h o t o f e s t i v a l , G ro n i n g e n). F l o r i a n S c h w a r z l e b t u n d a r b e i t e t i n S t a h r i n g e n / B o d e n s e e .

© Foto: Florian Schwarz

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — P O R T R ÄT

www.f lor ian-schwarz . net


gallery STEINER art&wine

Gallery Steiner Kurrentgasse 4/1, 1010 Wien www.gallery-steiner.com www.buramorde.net

www.kunstmuseum-ravensburg.de

Barock und Gegenwart

Edwin Scharff Museum Neu-Ulm 20. Februar bis 22. Mai

Bittersüße Zeiten

Werke aus der SØR Rusche Sammlung Oelde/Berlin

Edwin Scharff Museum Kunstmuseum. Kindermuseum. Erlebnisräume Öffnungszeiten Di, Mi 13-17 Uhr Do, Fr, Sa 13-18 Uhr So 10-18 Uhr Mo geschlossen

Edwin Scharff Museum Petrusplatz 4 89231 Neu-Ulm www.edwinscharffmuseum.de


BEGE Galerien Armin Göhringer Stammbaum

20. März – 19. Juni 2016 Städtische Galerie Schloss Isny

www.bege-galerien.de

Jan Henderikse ZERO TO INFINITY 4. März – 16. April 2016 Thomas Baumgärtel Der Bananensprayer in Ulm 23. April – 18. Juni 2016 Esther Hagenmaier Licht und Linie 24. Juni – 10. September 2016 Junior Toscanelli MALEREI LEXIKON 17. September – 5. November 2016 Armin Göhringer Grenzgänge 11. November 2016 – 15. Januar 2017 BEGE Galerien Ulm 89073 Ulm Tel +49 (0) 179 . 483 41 88 www.bege-galerien.de

Galerie am Saumarkt Fischergasse 34 , 89073 Ulm Tel +49 (0) 731 . 934 074 11 und +49 (0) 731 . 6 33 49 Mo und Di nach Vereinbarung, Mi bis Fr 11 – 13 und 14 – 18 Uhr, Sa 11 – 15 Uhr


Zwischen Historie und M odernität

Kunst in Oberschwaben Die R egion Oberschwaben-Allgäu zwischen Donau und Bodensee im Süden Deutschlands ist landschaf tlich und k ult urell gesehe n spanne nd .


Zahlreich erhaltene historische Bauten, barocke Kirchen und Museen romantisieren die Kleinstadt- und Dorfidyllen. Die Landschaft ist geprägt von den sanften Drumlins und Endmoränen der letzten Eiszeit mit weitem Blick auf die Alpenkette der schweizerischen und vorderösterreichischen Bergmassive. Ein Teil der deutschen Fachwerkstraße zieht sich durch Oberschwaben. Touristisch bekannt und historisch wertvoll ist die Region vor allem auch aufgrund der Oberschwäbischen Barockstraße, die im Jahr 2016 ihr 50-jähriges Jubiläum feiert und zu Deutschlands ersten Tourismusrouten überhaupt gehört. Klöster, Abteien und Kirchen, prunkvolle Schlösser und Adelssitze, eine ausgeprägte barocke Landschaft gehören ebenso zu ihren Glanzpunkten wie der Klang der barocken Orgeln, Köstlichkeiten barocker Tafeln mit einem kühlen Bier und eine ganz besondere oberschwäbische Lebensart.

Die hiesige Museumslandschaft bewegt sich mit ihren zahlreichen k leineren und g rößeren Häuser n zw ischen historischer Wissensvermittlung und zeitgenössischer Kunstrezeption. Oft changierend und gegenüberstellend, eingestreut in die Umgebung erhaltener und restaurierter historischer Räumlichkeiten, in denen die Kunst gemäß ihrer einst hoheitlichen Stellung wieder neu an Bedeutung gewinnt. Im Folgenden werden ein paar wenige der zahlreichen lokalen Museen vorgestellt, die nicht nur aufgrund der hier gezeigten künstlerischen Positionen, sondern auch wegen ihrer architektonischen Besonderheiten der umgebenden Raumsettings eine besondere Art der Kunstrezeption ermöglichen. JASMIN HUMMEL

www. oberschwaben-tour ismus. de

Andreas Scholz, „Allgäu- Blick Richtung Bodensee“ (Detail), 2014, Öl auf Holz, 44 x 125 cm


Helga Grif fiths im Kunstmuseum Ravensburg

Mirror Moves

Helga Griffiths, „Mirror Moves“, 2015/16, Videoinstallation im Kunstmuseum Ravensburg, Foto: Mathis Leicht, Ravensburg

Zu alten Türmen scheint sie eine Affinität zu haben: Schon mehrfach war es jedenfalls ein derart von der Vertikalen ­diktierter Raum, in dem Helga Griffiths eine Installation verwirklichen konnte. Mit ihrer derzeitigen Ausstellung „Mirror Moves“ verhält es sich nur geringfügig anders. Zu ­sehen ist diese zwar im neutralen Foyer des Kunstmuseums Ravensburg, eines 2013 eröffneten Hauses, das sowohl für seine sich stimmig ins historische Stadtzentrum einfügende Architektur mit Preisen ausgezeichnet wie auch für sein Programm unlängst von der Internationalen Vereinigung der Kunst­ kritiker (AICA) zum „Museum des Jahres“ gekürt wurde. Hauptsächliche Kulisse des hier mittels zweier Projektoren gezeigten Films, auf dem die Videoinstallation basiert, war jedoch der „Mehlsackturm“, ein gut einhundert Schritte vom Museum entfernter mittelalterlicher Ausspähpunkt. Vor dessen Innerem – grob verputztes Rohsteingemäuer und baufälliges Gebälk – ließ Helga Griffiths zwei kostümierte Tänzer – halb Mensch, halb Rabe – die Choreografie ihrer „Mirror Moves“ ausagieren: streng stilisierte Be­ wegungen des Flatterns, Hin-und-her-Schwingens, des einander U ­ m­k reisens, bald synchron, bald gegenläufig. ­Neben ­Bildüberlagerungen sorgt vor allem die Technik für frappierenden Fluss: Aufnahme mit einer Highspeed-Kamera, Wiedergabe in abgepufferter Zeitlupe. Hinzu treten, als Handlungsumfeld wahrgenommen, weitere visuelle Reize: Raben- und Menschenaugen, eine zart-labyrinthische ­Wolkenstruktur, zum Schluss eine langsam fallende Feder, sacht rieselndes Mehl. Der traumhaft-surreal anmutende Film ist unterlegt mit einem Soundtrack des Komponisten ­Johannes S. Sistermanns: karge, wie Windstöße den Turm durchstreichende Celloklänge und Flügelschlagen. „Die Stunden kann ich gar nicht zählen, die ich mit dem Projekt verbracht habe“, antwortet – gefragt nach dem Aufwand hinter „Mirror Moves“ – die Urheberin im Gespräch, geführt in ihrem Haus, das weniger herkömmliche Werkstatt ist als Lager alter sowie Ideenlabor neuer Arbeiten. Grundlage sind immer wieder Recherchen im Bereich der Wissenschaft, die in komplex verdichteten Rauminstallationen den

Betrachter anregen wollen zur Reflexion über nicht minder komplexe Themen. Die Ergebnisse finden ihren Auftritt ­international, zuletzt in Brasilien mit einer Lichtinstallation bei der Bienal de Curitiba – „Luz do Mundo“ im dortigen Oscar Niemeyer Museum, unter einem Dach mit Beiträgen von Bill Viola, Shirin Neshat, Dan Flavin oder Julio Le Parc. Als spezia­ lisiert auf multisensorische, oft begehbare oder interaktive Arbeiten an der Schnittstelle von Wissenschaft und Kunst ­erwies sich Helga Griffiths bereits mit der Installation „Identity Analysis“ (1999). Damals brachte sie mittels einer Spiral-Netz-Konstruktion von mit fluoreszierenden Flüssig­ keiten gefüllten Reagenzgläsern und Petrischalen den eigenen Gen-Code zu poetischer Anschaulichkeit – so etwas wie ihr Durchbruchswerk. „Nach wie vor meine am meisten angefragte Installation“, resümiert Griffiths. „Für mich ist es jedoch wichtig, immer etwas Neues zu entwickeln, mit einer Arbeit auch ein Risiko einzugehen. Bei jeder lerne ich enorm viel dazu, über die jeweiligen Themen wie auch über die jeweils eingesetzten Technologien. Oft vergehen Jahre, bis aus den Recherchen Werke werden.“ Wenn sie bei vergangenen Gelegenheiten erfolgreich bei Institutionen wie dem Deutschen Wetterdienst, dem Fraunhofer-Institut, dem Institut für Planetenforschung Berlin oder dem Max-Planck-Institut für Hirnforschung für Kooperationen anklopfte, so war es im Falle von „Mirror Moves“ das Max-Planck-Institut für Ornithologie im bayerischen Seewiesen. Natürlich ging es um das Studium der Verhaltens- und Bewegungsgewohnheiten von Raben. „Ganz bewusst habe ich als Kameramann für den Highspeed-Film einen Verhaltensforscher ausgewählt – das hat eine neue Betrachtungsweise der Beziehung von Tier und Mensch kreiert.“ Dabei hat der aktuelle Ausstellungsort etymologisch mit Raben gar nichts zu tun. Bei ihren Ravensburg-Besuchen allerdings beobachtete Helga Griffiths öfters um den Mehlsackturm kreisende Raben – eine ideale Brutstätte. Jetzt wurde dieser für sie, die „mit dem Raum, immer mit dem Raum“ als Medium arbeitende Künstlerin, die ideale Arbeitsplattform mit spezifischem Ortsgedächtnis – lässt sich doch


der hinter der von Museumsleiterin Nicole Fritz angestoßenen Ausstellungsreihe „Fremde Blicke“ (wozu „Mirror Moves“ gehört) stehende Wunsch wie folgt auf den Punkt bringen: Zeitgenössische Künstler mögen sich inspirieren ­l assen von dem, was Ravensburg bietet. Nun war Helga ­Griffiths, in ihren Arbeiten generell mit der Wahrnehmung beschäftigt, schon lange fasziniert von der Beobachtungsgabe, dem Erinnerungsvermögen und der hohen Intelligenz aller Rabenvögel. Von der Zoologie schlug sie dann die Brücke zur Mythologie: In den nordischen Sagen hat Gott Odin zu ­Begleitern die zwei Raben Hugin und Munin – von Sprachforschern als Gedächtnis und Gedanke gedeutet –, die, so will es die Legende, tagsüber die Welt ausspähen und allabendlich zurückkehren, um zu berichten, was sie gehört und gesehen haben. „Mirror Moves“: der Titel erklärt sich nicht allein, weil Raben oft paarweise leben. Auch nicht nur, weil es sich bei den Tänzern um eineiige Zwillingsbrüder handelt. Die erwähnte rätselhafte Wolkenstruktur im Filmablauf ist keine Willkürform – Helga Griffiths lädt damit ein zum Flug über die Landschaft ihres eigenen Gehirns, basierend auf realen

tomografischen Aufnahmen. Es sollen also Gedächtnisraum und Architekturraum metaphorisch zur Deckung kommen, einander überlagernd wie die Filmbilder. Wie überhaupt die Installation den Betrachter dank ständiger Überblendungen unterschiedlicher Wirklichkeits- und Sinnebenen in Bann schlägt. Es dürften auch die beiden Rabentänzer samt ihrer choreografischen Interaktion nur Verkörperung sein des Einsammelns, Transportierens, Speicherns, Austauschens neuronaler Wahrnehmungs- und Erinnerungsdaten. Wem da nicht Parallelen aufgehen zwischen Odins gefiederten ­Helfern und den Hightech-Datensammlern, die mit scharfen Augen und Ohren ständig über unseren Köpfen kreisen, der ist nicht von dieser Welt.

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ROLAND HELD

bis 10. Apr il 2016 „ F r e m d e B l i c k e : H e l g a G r i f f i t h s . M i r ro r M o v e s“ u n d „ M a x P e c h s t e i n . K ö r p e r. F a r b e . L i c h t “

Helga Griffiths, „Identit y Analysis“, 2015/16, Lichtinstallation auf der Bienal de Curitiba, Brasilien, Lichtinstallation, Stahl, Reagenzgläser, Petrischalen, UV- Licht, fluoreszierende Flüssigkeit, Gencode, Foto: Jeongmoon Choi, Berlin

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — O B E R S C H WA B E N

w w w . k u n s t m u s e u m - ra v e n s b u r g . d e


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Städtische Galerie im Schloss Isny

Armin Göhringer: Stammbaum

Der Bildhauer Armin Göhringer geht in seinem Werkstoff Holz immer an die Grenzen des technisch Möglichen. Am Stamm selbst lotet er aus, wie viel Volumen er reduzieren kann, damit sich die Figur eben noch hält, welche Form jeweils die Last der anderen zu tragen vermag und wann sie schließlich zu zerbrechen droht. Rundum geschwärzt werden massige Blöcke von filigransten Stegen schier schwerelos in die Höhe balanciert. Körper und Kuben halten sich gegen­ seitig in der Schwebe, ganz so als ignorierten sie schlicht das widerständige Material, aus dem sie gemacht sind. Aus der Nähe besehen sind dann etliche Kompaktformen mit feinen Sägeschnitten in Segmente aufgeteilt und können von Hand auseinandergespreizt werden. Wieder losgelassen, begeben sie sich fügsam in ihre ursprüngliche Lage zurück, um dem Betrachter dieses geheimnisvolle Innere gleich wieder zu ­verschließen. Die f lächigeren, lichtdurchlässigen Linien­ gespinste lassen denn auch eher an die besonnen geführte Hand des Zeichners denken als an den martialischen Einsatz einer kreischenden Kettensäge.

Die Ausstellung in der Städtischen Galerie im Schloss Isny im Allgäu, die in Kooperation mit den BEGE Galerien Ulm realisiert wurde, zeigt einmal mehr, dass stereotype ­Vorstellungen zur Holzskulptur leicht vergessen werden können, wenn man den außergewöhnlichen Werken des 1954 in Nordrach im Schwarzwald geborenen und noch immer vor Ort lebenden Künstlers begegnet. Die intensiven, in sich changierenden Schwärzen der Außenhaut der Skulpturen b ­ ilden in der Schlossarchitektur in Isny nun den denkbar deutlichsten Kontrast zu den strahlend weißen Gewölbe­sälen. Mit selbstsinniger Entschiedenheit besetzen sie souverän den Raum und laden ihn mit der ihnen eigenen Energie und Dynamik vollständig neu auf. Ganz offen­s ichtlich setzt sich ihr


33 x 75 x 20 cm

Entfremdung des Menschen und massive Umweltzer­ störungen nach sich zieht. Mit seinen vorgeblich labilen, scheinbar unmöglich a­ nmutenden Kompositionen aus dem natur­gewachsenen Werkstoff Holz erhebt er dagegen seinen ebenso eindring­l ichen wie poetischen und damit letztlich wirk­samen Widerspruch. Aus Baumstämmen geschnitten – gesägt, g­ eschwärzt, mit Stahl oder aber mit Papierhäuten ummantelt – fächern sie einen weitverzweigten „Stammbaum“ unverkennbar miteinander Verwandter (Formen) auf, die dennoch immer wieder (wie in jeder Familie) neue Bilderfindungen hervorbringen. CLEMENS OT TNAD

20. März bis 19. Juni 2016 „ A r m i n G ö h r i n g e r : S t a m m b a u m“ Städt ische Galer ie, Schloss Isny www. k unsthalle-schloss-isny. de Armin und Bärbel Göhringer, Foto: Atelier

www. bege-galer ien. de

139

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — O B E R S C H WA B E N

Armin Göhringer, o. T., 2015, Holz geschwärzt,

sinnlicher Ausdrucksgehalt dabei unwillkürlich über vordergründige Effekte eines ver­meintlich vertraut geglaubten Materials hinweg. Malerisch wirkende Maserungen oder aber Expressivität unterstellende, grob gekerbte und ausfasernde Oberflächen interessieren A ­ rmin Göhringer nicht. Er kennt die Sprache des Stammes besser, die nur noch wenige beherrschen. Der Natur selbst geht er auf den Grund, indem er die dem jeweiligen Holz in­newohnenden Zugkräfte untersucht und diese in seine eigendynamischen Figurationen zu übertragen versteht: Die Starre löst sich in Bewegung auf, das tote Holz treibt pflanzengleich in verschlungenen Lineamenten aus, sucht sich neue Form, Gestalt drängt aus dem Stamm ­heraus. Und so wenig figürlich und ungegenständlich sie zunächst auch ­erscheinen mögen, vermitteln die oft dialogisch oder in se­r iellen Gruppierungen angelegten Arbeiten unmittelbar übertragbare Sinnbilder menschlicher Seins­zustände und Emotionen. In seinem Atelier, von urwüchsigen Waldlandschaften umgeben, verfolgt Armin Göhringer mit ironischem ­A rgwohn den inzwischen alle Lebensbereiche umfassenden Machbarkeitswahn, der die zunehmende technikgesteuerte


140 Andreas Scholz im Neuen Schloss Kißlegg

GRÜN D e r M e n s c h u n s e r e r Z e i t h a t w e i t g e h e n d s e i n e B e z i e h u n g z u m M u t t e r b o d e n , z u r E rd e , z u r N a t ü r l i c h k e i t a n s i c h v e r l o r e n . D e r E rd b o d e n , a u f w e l c h e m a b e r n o c h i m m e r u n s e r e Nahr ung wäch st, ode r die Nat ur des L ebe n s sollte z ur ück in de n Fok u s un se re r Auf me rks a m k e i t g e l a n g e n . I d e a l e r w e i s e g e h t d i e s m i t g ro ß e r S i n n l i c h k e i t e i n h e r. E i n e H a n d v o l l w e r t v o l l e r E rd e e t w a , m i t v o l l e m B e w u s s t s e i n w a h r g e n o m m e n , k a n n D a n k b a r k e i t , F r e u d e , H u m o r u n d S p i r i t u a l i t ä t i n e i n e m v e r m i t t e l n . U n d m a n c h m a l s p r e c h e n B i l d e r. A u c h s i e k ö n n e n s e n s i b i l i s i e r e n f ü r d a s u n t e r d e r s i c h t b a r e n O b e r f l ä c h e Ve r b o r g e n e . ANDREAS SCHOLZ

Andrea s Schol z , gebore n 195 5 , 1 9 7 6 – 1 9 8 0 S t u d i u m a n d e r F a c h h o c h s c h u l e f ü r K u n s t- u n d D e s i g n i n K ö l n , M e i s t e r s c h ü l e r b e i P ro f. P ra v o s l a v S o v a k . 1 9 8 4 / 8 5 L e h ra u f t ra g a n d e r F a c h h o c h s c h u l e K ö l n . Seit 1999 lebt und arbeitet der gebür t ige R heinländer im Allgäu.

bis 2 1. August 2016 „ Andrea s Schol z . GRÜ N L i n d e n h o f – A rd è c h e – A l l g ä u“ M u s e u m R u d o l p h Wa c h t e r i m N e u e n S c h l o s s K i ß l e g g www. k i ssleg g. de w w w . a t e l i e r- s c h o l z . c o m


links: Andreas Scholz, „Öl auf Foto 8“ (Detail), 15 x 10 cm

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — O B E R S C H WA B E N

Andreas Scholz, „Öl auf Foto 2“, 15 x 10 cm


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Shortcuts – Oberschwaben ZUSA M M EN G ES TEL LT VO N JASM I N H U M M EL

Schloss Achberg, © Landkreis Ravensburg

S C H L O S S AC H B E RG

B U RG R I E D E N – R O T M USE U M V I L L A RO T

S E L B S T G E F Ü H L E x p r e s s i v e We r k e a u s d e r S a m m l u n g B ra b a n t 16. Apr il bis 3 . Juli S C H A R F B L I C K N e u s a c h l i c h e We r k e a u s d e r S a m m l u n g B ra b a n t 16. Juli bis 16. Ok tober

Das Schloss Achberg oberhalb des wildromantischen Argentals zwischen Lindau am Bodensee und Wangen im Allgäu ist ein barockes Kleinod, das für sein herausragendes Ausstellungs- und Kulturprogramm überregional Beachtung findet. Neben hochkarätigen klassischen Konzerten werden wechselnde Kunstausstellungen in den barocken und meisterhaft stuckierten Räumlichkeiten präsentiert. Schloss Achberg zeigt die Sammlung Brabant ab Frühjahr 2016 erstmals umfassend in zwei aufeinanderfolgenden und aufeinander bezogenen Ausstellungen.

Das Museum Villa Rot ist ein zeitgenössisches Ausstellungshaus mit interkultureller Programmatik. Gezeigt werden internationale Einzel- und Gruppenausstellungen, die sich mit den inhaltlichen und formalen Grenzbereichen von Kunst, Kultur und Gesellschaft auseinandersetzen. Ziel ist es, aktuelle Tendenzen der Gegenwartskunst einer breiten ­Öffentlichkeit zu präsentieren und das Museum Villa Rot als einen Ort kultureller Bildung erlebbar zu machen. Einen ­besonderen Schwerpunkt bildet deshalb das umfassende Vermittlungsprogramm für Familien, Kinder und Jugendliche. w w w . v i l l a - ro t . d e

Nezaket Ekici, „No Pork but Pig“, Videostill,

www. schloss- achbe rg. de

Performance in der Ausstellung „Fleischeslust“ im Museum Villa Rot, 18. Oktober 2015 bis 21. Februar 2016, Courtesy: die Künstlerin


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S C H L O S S M O C H E N TA L , E H I N G E N Diet r ich Klinge 20. März bis 5 . Juni 2016

Mit neuen Arbeiten präsentiert sich der international renommierte Bildhauer Dietrich Klinge in einer Ausstellung auf Schloss Mochental. Neben neuen großen Stand- und Sitzskulpturen präsentiert er auch eine Reihe kleinerer ­A rbeiten. Seine unverwechselbaren Köpfe, Masken und imposanten ­Figuren finden begeisterte Liebhaber auf der ganzen Welt. Die Vernissage zur Ausstellung beginnt am 20. März ab 11 Uhr auf Schloss Mochental. Zeitgleich bis 8. Mai ist die Ausstellung „80 Bilder zum 80. Geburtstag“ von Willibrord Haas zu sehen. w w w . g a l e r i e - s c h ra d e . d e

Dietrich Klinge, „Daphne“, 2015, Bronze, Höhe 2,55 m, 6 Exemplare,

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — O B E R S C H WA B E N

Courtesy: Galerie Schrade


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E DW I N S C H A R F F M U S E U M N E U - U L M B i t t e r s ü ß e Z e i t e n . B a ro c k u n d G e g e n w a r t . We r k e a u s d e r S Ø R R u s c h e S a m m l u n g O e l d e / B e r l i n

Bis zum 22. Mai 2016 treten in der Ausstellung rund 30 Werke des holländischen und flämischen Barocks des 17. Jahrhunderts in einen spannenden Dialog mit über 60 Werken von international bekannten Künstlern der Gegenwart. Dabei ­behandelt die Ausstellung die wichtigsten Marksteine des menschlichen Lebensweges – von der Kindheit, der Liebe und Erotik, der Arbeitswelt, der Vergnügung und Ausschweifung bis zum Thema der Vergänglichkeit. Zu sehen sind unter anderem Werke von Dirck Hals, Joos van Craesbeck, Daniel Richter oder Karin Kneffel. Die SØR Rusche Sammlung Oelde/Berlin umfasst heute über 3.000 Werke mit den Schwerpunkten nieder­ ländische Malerei des 17. Jahrhunderts und zeitgenössische Kunst des 21. Jahrhunderts. Der Sammler Dr. Dr. Thomas Rusche fördert den Dialog der zeitgenössischen Kunst mit alten Meistern. Oda Jaune (* 1979), O. T., 2009,

www. edwinschar f f museum. de

Wasserfarben auf Papier, 45 x 35 cm, Courtesy: SØR Rusche Sammlung Oelde / Berlin

K U N S T M U S E U M R AV E N S B U RG „ M A X P E C H S T E I N K ö r p e r. F a r b e . L i c h t “ bis 10. Apr il 2016 „ F R E M D E B L I C K E H e l g a G r i f f i t h s . M i r ro r M o v e s“ bis 10. Apr il 2016

Das 2013 eröffnete Kunstmuseum Ravensburg ist ein absoluter Hotspot in der Region Oberschwaben – nicht nur aufgrund der herausragenden Programmauswahl der Museumsdirektorin Dr. Nicole Fritz und der dort ansässigen Sammlung Selinka, sondern auch wegen der mehrfachen Architekturauszeichnungen. Das Kunstmuseum Ravensburg wurde vom Stuttgarter Architekturbüro Lederer + Ragnarsdóttir + Oei entworfen und ist das weltweit erste zertifizierte Museum in Passivhausbauweise. 2015 wurde es vom Kunstkritikerverband AICA zum „Museum des Jahres“ gekürt. Kunstmuseum Ravensburg, Foto: Roland Halbe

w w w . k u n s t m u s e u m – ra v e n s b u r g . d e


Kunst in Isny

Friedrich Kallmorgen (1856 –1924)

Malerei zwischen Realismus und Impressionismus 19. März – 26. Juni 2016

ARMIN GŒHRINGER STAMMBAUM 20.03 BIS 19.06.2016 Städtische Galerie im Schloss Isny In Kooperation mit den BEGE Galerien Ulm www.isny.de

Städtische Galerie Karlsruhe Lorenzstraße 27 76135 Karlsruhe www.staedtische-galerie.de

S TÄ D T I S C H E G A L E R I E I N D E R B A D S T U B E , WA N G E N Über allen Gipfeln . B erge in der Kunst

D ie B ad st ube Wa ngen ist ei ne der be sterh a ltenen ­m ittel­a lterlichen Badst uben nach f r ühneuzeit licher ­B adstubenarchitektur und heute als Museum der Öffentlichkeit zugänglich. Im oberen Geschoss der historischen Badstube befindet sich die Städtische Galerie, die sich in wechselnden Ausstellungen ihren Schwerpunkten, der Kunst des 20. Jahrhunderts und grenzübergreifend der zeitgenössischen Kunst, widmet. Neben diesen Hauptrichtungen der Galeriearbeit gilt die Aufmerksamkeit Themen mit lokalen Bezügen. So bedient die aktuelle Ausstellung diese Schnittstelle und durchbricht mit verschiedenen Darstellungsweisen und F ­ acetten das gängige Bild von Bergwelten. Herzlich willkommen in den Wangener Museen: Durch die historische Eselmühle tauchen Sie in die Wangener Museumslandschaft ein. Beginnend mit dem Stadtmuseum sind die anderen Gebäude über den Wehrgang der alten Stadtmauer zu erreichen (www.wangen.de). © Städtische Galerie in der Badstube, Wangen

www. galer ie-wangen. de

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — O B E R S C H WA B E N

20. März bis 1 2 . Juni 2016


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Kremer Pigmente aus dem Allgäu

Die Schönheit der Farben

Pigment wand, Foto: © Kremer Pigmente GmbH & Co. KG


147 „ Nur wo die geschichtliche und farbige Qualität e ines P ig me ntes mit de n ande re n P i g m e n t e n i m B i l d k o r r e s p o n d i e r t , k a n n S c h ö n h e i t a u s d e r F a r b e e n t s t e h e n .“ DR. GEORG KREMER

Farben wiederzuentdecken und seinen Kunden zur Verfügung zu stellen. Einem Graben in a­ lten Wissensbereichen vergleichbar, hat er diese Schätze ­bergen können, die für seine Kunden heute wieder an Bedeutung gewinnen. Das kostbarste seiner eigenen hergestellten Pigmente ist das Lapislazuli – ein einzigartig leuchtendes Blau und ­zugleich eines der beliebtesten Pigmente der gesamten Malereigeschichte. Mittlerweile besitzt der Firmenchef eine eigene Bibliothek mit zahlreichen Rezeptsammlungen und Büchern zu den Themen „Farbe“ und „Farbherstellung“. Das Unternehmen bietet Kunstinteressierten und Kennern außerdem spannende Workshops und Kurse an, bei denen man sich dieses Wissen selbst aneignen kann. JASMIN HUMMEL

A K T U EL L E K U R SA NGEBOT E

Pigmentherstellung und -verwendung: 13. und 14. April 2016 Acrylfarbe: 15. April 2016 Moderne Blattvergoldung: 29. April 2016 Die Kursinhalte werden durch Vorträge und praktische Übungen vermittelt. Es stehen pro Kurs 16 Plätze zur ­Verfügung. Das Material wird gestellt. Anmeldung und ­Fragen zu den Kurspreisen und Über­nachtungsmöglich­keiten vor Ort telefonisch unter + 49 (0) 7565 914 480 oder an ­ bartenschlager@kremer-pigmente.de w w w . k r e m e r- p i g m e n t e . c o m

Dr. Georg Kremer und David Kremer, Foto: © Kremer Pigmente GmbH & Co. KG

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — O B E R S C H WA B E N

Die Natur hält die kostbarsten und schönsten Juwelen bereit. Das Farbpigment ist einer dieser großen natürlichen Schätze. Es schenkt uns eine Welt in buntem und leuchtendem Kolorit. Farbreize entstehen durch frequenzielle Absorption und ­Reflexion des Lichts – je nach Beschaffenheit der Pigmentbestandteile. Die Schönheit und Strahlkraft einer Farbe ist somit immer eine Frage der Qualität des verwendeten Pigmentes. Diesen Qualitätsanspruch verfolgt das Familienunternehmen Kremer Pigmente GmbH & Co. KG im Allgäu. Nach uraltem Wissen und in traditioneller Handarbeit gefertigt, werden hier unzählige leuchtende Farbpigmente aus Steinen, Erden und Pflanzen gewonnen, was den Farben ihre einzig­ artigen Eigenschaften verleiht. Ungefähr ein Viertel der über 1.500 Farbnuancen im Sortiment werden direkt im Familienbetrieb hergestellt. Besonders beliebt sind die Pigmente, die nach traditionellen Rezepten historischer Pigmentherstellung gefertigt werden – sogar der Louvre in Paris ist einer der weltweiten Kunden von Kremer Pigmente. Dies allein bestätigt die Qualität und das Renommee des Unternehmens als Weltmarktführer für historische Pigmente. Durch das persönliche Engagement sowie die ­L ei­denschaft für die Schönheit der Farbe, aber auch durch die lebenslange Suche nach besonderen Fundstätten und den ­besten Pigmenten und Farbtönen der Natur ist es Dr. Georg Kremer gelungen, eine Reihe historischer Farbpigmente vor dem Verschwinden zu bewahren. Er hat es geschafft, eine ­A nzahl von Pigmenten herzustellen, die die Durchsichtigkeit, Farbigkeit und den Erhalt der Leuchtkraft der Farbe über Jahrhunderte gewährleisten – gleich den altmeisterlichen Werken, die wir heute noch in ihrer vollen Farbsättigung in den Mu­ seen dieser Welt bewundern. Und er hat es sich zur Aufgabe gemacht, zahlreiche im Laufe der Geschichte vergessene


R R E E B B Ü N Ü N E E L L L L A ELN A ELN F F P P I I G G BERGE IN DER KUNST Malerei | Skulptur | Fotografie | Film 20. März bis 12. Juni 2016 Wangen im Allgäu Städtische Galerie In der Badstube Lange Gasse 9 Dienstag bis Freitag, Sonntag und Feiertage 14 bis 17 Uhr; Samstag 11 bis 17 Uhr

BERGE IN DER KUNST Fotografie | Film | Grafik | Objekte 1. April bis 12. Juni 2016 Wangen im Allgäu Stadtmuseum Eselmühle Eselberg 1 Dienstag bis Freitag, Sonntag und Feiertage 14 bis 17 Uhr; Samstag 11 bis 17 Uhr

grün Lindenhofpark | Ardèche | Allgäu

Andreas Scholz 3. April bis 21. August 2016

›Landschaft trifft Landschaft‹ Harry Meyer zu Gast bei Andreas Scholz 19. Juni bis 21. August Di, Do, Fr 14 bis 17 Uhr Sonn- und Feiertage 13 bis 17 Uhr www.kisslegg.de



150

Appetizer Die K un s t , z u e nt d e cke n tour ist @ar t mapp. net

Durbach Bern

H ot el in d er

„Gr and Tour of

Re blandscha f t

Sw it zerland “ Ei n H o t e l m i t We l l n e s s - u n d G e s u n d h e i t s b e r e i c h, g e e i g n e t G a n z n a c h d e m Vo r b i l d d e r

für Erholungsurlaub ebenso

b e ka n n t e n Tr a u m s t r a ß e n w i e

w i e f ü r Ta g u n g e n u n d

z u m B e i s p i e l d e r „ Ro u t e 6 6“

Fe s t l i c h ke i t e n – u n d d a n n

( U S A ) v e r b i n d e t d i e „G r a n d

n o c h Ku n s t ? G e h t d a s? E s

To u r o f Sw i t z e r l a n d“ d i e

g e h t, u n d z w a r i m B ES T

touristischen Highlights der

W ES T E R N P LU S H o t e l V i e r

für das Schloss Johannisburg, Foto: Peter Laqua

S c hw e i z a u f e i n e r ü b e r

Jahreszeiten Durbach /

© VG Bild- Kunst, Bonn 2016

1.6 0 0  K i l o m e t e r l a n g e n

­O f f e n b u r g. Ei n g e b e t t e t i n d i e

En t ­d e c k u n g s r e i s e u n d z e i g t

Re b l a n d s c h a f t b e i O f f e n b u r g,

LichtSCHLOSSlicht, eine audiovisuelle Installation von Ingo Bracke

A scha f f enbur g Licht kunst nächt e

Bensheim Weinpr o bier -

die Vielfalt des Landes. Die

ka n n d e r B e s u c h e r v o n h i e r

Re i s e ro u t e d u r c h d i e Re g i o n

aus das ganze Rheintalpano -

Bern misst rund 90 Kilometer

rama bis nach Strasburg

u n d f ü h r t d u r c h d e n v o r­

g e n i e ß e n. E r ka n n w a n d e r n,

alpinen Naturpark Gantrisch

b i ke n, s c hw i m m e n, e i n e

ins charmante Bern mit der

We i n p ro b e u n t e r n e h m e n o d e r

e i n m a l i g e n U N ES CO - A l t s t a d t -

d a s M u s e u m H u r r l e b e s u c h e n.

kulisse und danach durch das

D e r We l l n e s s b e r e i c h s o r g t m i t

h ü g e l i g e, m y s t i s c h e Em m e n t a l

A nw e n d u n g e n, S a u n e n u n d

In Aschaf fenburg gibt es in

z u r Em m e n t a l e r S c h a u kä s e r e i

S c hw i m m b a d f ü r Wo h l ­

d i e s e m Fr ü h j a h r f ü r Ku n s t l i e b -

u n d z u m „ Ka m b l y E r l e b n i s“

b e f i n d e n, e s g i b t e i n e n

t ag e h a b e r v i e l z u s e h e n.

Die Stadt Bensheim im Süden

(Geheimnisse der

g ro ß e n Fi t n e s s r a u m u n d e i n e

Ei n b e s o n d e r e s H i g h l i g h t :

von Hessen bietet ihren

­Fe i n g e b ä c k- Ku n s t ).

S o n n e n t e r r a s s e, u n d d i e Kü c h e v e r w ö h n t d i e G ä s t e m i t

„Stadt wandeln – Lichtkunst -

Besuchern nicht nur vielfälti -

n ä c h t e i n A s c h a f f e n b u r g“

g e k u l t u r e l l e E v e n t s, M ä r k t e

v o m 11. b i s 13. M ä r z 2016.

s o w i e M u s e e n u n d G a l e r i e n,

D a ko m m t g a r a n t i e r t ke i n e

Wa n d e l n S i e m i t – d u r c h e i n e

sondern insbesondere auch

L a n g e w e i l e a u f, g a n z g l e i c h

sich ungeahnt wandelnde

das idyllisch gelegene

b e i w e l c h e m We t t e r.

S t a d t ! Ei n S p a z i e r g a n g d u r c h

We i n g u t. D i e S p ez i a l i t ä t d e s

Aschaf fenburgs historische

We i n g u t s i s t e i n Ro s é w e i n a u s

Altstadt während der

d e r s e l t e n e n Ro t b e r g e r- Re b e,

Lichtkunstnächte macht

der sich nicht nur beim

A r c h i t e k t u r u n d u r b a n e n Ra u m

alljährlichen Winzerfest

n e u e r l e b b a r. I n g o B r a c ke

g rö ß t e r B e l i e b t h e i t e r f r e u t.

of fenbar t mit tels Licht und

Neben dem Winzerfest bietet

Klang den Bedeutungswandel

d a s We i n g u t s e i n e n w i l l ko m -

v o n O r t e n. S e i n e Ku n s t

m e n e n B e s u c h e r n We i n p ro -

e n t f a l t e t e i n e s t a r ke s i n n l i c h e

b i e r t a g e u n d d i e We i n l a g e n ­

W i r k u n g, r e g t a b e r z u g l e i c h

w a n d e r u n g.

z u r Re f l e x i o n a n. w w w.w e i n g u t - d e r- s t a d t -­ w w w.a s c h a f f e n b u r g e r-­ k u l t u r t a g e.d e

b e n s h e i m.d e

w w w.b e r n.c o m

Ansicht aus Reben, Foto: Hotel Vier Jahreszeiten Durbach

f r i s c h e n r e g i o n a l e n P ro d u k t e n.

w w w.v i e r j a h r e s z e i t e n d u r b a c h.d e


151

H eid elber g Ausst ellung „ Reiselust.

Wappen der Stolberger Grafen, Schloss Stolberg © Tourismus Südharz

Mit telalter mehr Menschen u n t e r w e g s, a l s m a n ­a n n e h m e n m a g: P i l g e r

Vom Pilg er

suchten ihr Seelenheil an

zum Pauschal­

Wa l l f a h r t s o r t e n, H ä n d l e r u n d

t ourist “

heiligen Stät ten und Ka u f l e u t e t ä t i g t e n G e s c h ä f t e, K r a n ke h o f f t e n a u f H e i l u n g i n B a d e o r t e n. I n n e r h a l b w e n i g e r Jahrzehnte revolutionier ten

H arz Kul t urland scha f t

Fr anken „ KulTour P f ad Fr anken“

6. M ä r z b i s 12. J u n i 2016

Ei s e n b a h n u n d e r s t e D a m p f s c h i f f e d e n o r g a n i s i e r-

Re i s e n i s t ke i n m o d e r n e s

t e n To u r i s m u s .

P h ä n o m e n. M o b i l i t ä t g a b e s

Die Ausstellung möchte den

s c h o n i m m e r, a u c h w e n n s i c h

L i n i e n d e s Fo r t s c h r i t t s

Re i s ez i e l e, Re i s e w e g e u n d

n a c h g e h e n u n d d i e Ve r ä n d e -

d i e A n l ä s s e v e r ä n d e r t h a b e n.

rungen anschaulich darstel -

O b w o h l d a s Re i s e n f r ü h e r

l e n, i m m e r a u c h m i t B l i c k a u f

D i e S ü d h a r z e r Ku l t u r l a n d -

b e s c hw e r l i c h u n d g e f ä h r l i c h

H e i d e l b e r g, d e n l e g e n d ä r e n

s c h a f t i s t v i e l f ä l t i g, e r l e b e n s -

w a r, w a r e n s c h o n i m

„G a s t h o f D e u t s c h l a n d s“.

u n d s e h e n s w e r t. D a s S c h l o s s Stolberg er wacht aus einem

w w w.m u s e u m - h e i d e l b e r g.d e

l a n g e n D o r n rö s c h e n s c h l a f und ist teilweise wieder für d i e Ö f f e n t l i c h ke i t z u g ä n g l i c h. k r e uz o d e r s t ö b e r n S i e i n d e r

Museumsangebot und

G e s c h i c h t e d e s Fa c hw e r k-

v i e l f ä l t i g e n m u s i ka l i s c h e n

städtchens Stolberg und

G e n ü s s e n b i e t e t Fr a n ke n

e n t d e c ke n S i e J u l i a n a v o n

seinen Besuchern sechs Pfade

S t o l b e r g -We r n i g e ro d e, d i e

i m P ro j e k t „ Ku l To u r P f a d

Urmut ter der Oranier oder

Fr a n ke n“, d i e v o n v e r g a n g e -

Thomas Müntzer – Zeitgenos-

n e n J a h r h u n d e r t e n e r z ä h l e n.

se und Widersacher Mar tin

Ve r s c h i e d e n e Fa c e t t e n a u s

Luthers. Und wenn Sie kleine

2.0 0 0 J a h r e n f r ä n k i s c h e r

und besondere Kirchen

G e s c h i c h t e u n d Ku l t u r w e r d e n

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w w w.t o u r i s m u s - s u e d h a r z.d e Blick vom Neuenheimer Ufer, Werbeplakat, um 1920, © KMH

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — A P P E T I Z E R

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152

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153

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A m r e i’s A r t b l o g f ü r E n t d e c k e r Amrei Heyne (* 1971) ist Galeristin in Stuttgart und berichtet sehr persönlich vom Suchen und Finden der Kunst.

„Etwas ist faul im Staate Dänemark.“ Roger Vontobels Inszenierung des „Hamlet“ am Staatsschauspiel Dresden mit Christian Friedel alias Frontman „Woods of Birnam“ alias Prinz Hamlet begeistert! Dreieinviertelstunden Shakespeare in Elektropunk! Ein rasendes Dresdner Publikum straft Pegida-Irre und heimliche ­S ympathisanten Lügen. Bravo! „Die Bestie und ist der Souverän“ schallte es preisgekrönt aus dem Württembergischen Kunstverein Stuttgart. Iris Dressler, Hans D. Christ, Valentin Roma, Beatriz Preciado kuratierten Zeichnung, Skulptur, Film, Fotografie, Performance, Installation zur künstlerischen, queeren Vereinfachung des White Cube. Daraus zwei Beispiele: Stefanos Tsivopoulos’ Video vom leeren griechischen Parlament und Wu Tsangs Video „Shape of a Right Statement“ (Memo „Real Humans“, Kunsthalle Düsseldorf). Dressler / Christ sind ein Glücksfall für den Schlossplatz. So müssen Ausstellungen sein. Volles Risiko! I like! MACBA no te preocupes! Hast du Töne? „I Got Rhythm! Kunst und Jazz seit 1920“. Das Kunstmuseum Stuttgart unterhält wirklich jeden lehrreich. Auf die Augen, in die Ohren. Weltstargemälde und -hits sind zu Gast und Otto Dix’ Zeichnung zum „Großstadt“-Triptychon Gastgeber. Hanne Darboven im Haus der Kunst in München lässt sich nur mit einem Superlativ beschreiben. Riesig! Die Retrospektive ging in der Bonner Bundeskunsthalle weiter. Am januargrauen Sonnabendnachmittag in die Leipziger Thomaskirche. Bach. Motetten. Kantaten. Thomanerchor. Herzerwärmend! Mit der „14“ über die „Karli“ (Karl-Heine-Straße) raus nach Plagwitz. Spinnereirundgang! Viel Genuss, kaum Verdruss – dank gut gelaunter Menschen, die sich ehrlich freuen über Republikbesuch (nicht nur!) aus Berlin und Bayern. Bei ASPN gefiel mir der Dialog von Franziska Holstein und Robert Seidel; bei Josef Filip David O’Kane. Sonntags in die Galerie für Zeitgenössische Kunst. Die Ausstellung „Politik der Form“ ist Teil der „The School of Kyiv – Kyiv Biennale 2015“, kuratiert von Hedwig

Württembergischer Kunst verein Stuttgart

Thomaskirche zu Leipzig

Zhanna Kadyrova, Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig

Neo Rauch, G2 Kunsthalle Leipzig

Behlau / Loesch, G2 Kunsthalle Leipzig

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — A M R E I ’ S A R T B L O G

Fotos: Amrei Heyne

Saxenhuber, Georg Schöllhammer, Franciska Zólyom, zeigt wie ukrainische Künstler sich mit Ausnahme­z ustand und Normalität befassen. Im Gartenhaus „Travestie für Fortgeschrittene: Durch Wände gehen“; in Performancevideos „Norm ist Fiktion“ die tolle Stuttgarter Performancekünstlerin Nana Hülsewig (NAF mit Fender Schrade) wiederentdeckt. „GOOD MORNING, HALLO“. So begrüßen sich täglich Stefan Behlau und Dennis Loesch. Sie teilen sich eine Ausstellung in der großartigen neuen G2 Kunsthalle am Leipziger Dittrichring und nehmen Bezug auf die Sammlung Hildebrand, die hier zu Hause ist und elegant-unaufgeregt Leipziger Positionen wie Tilo Baumgärtel, Henriette Grahnert, Edgar Leciejewski, Neo Rauch, Christoph Ruckhäberle, David Schnell, Julia Schmidt und Werke von Daniel Richter, Terry Haggerty, Tomás Saraceno kredenzt. Understatement par excellence! Eugène Delacroix und Paul Delaroche verpasste ich im Museum der bildenden Künste Leipzig dafür; mit Via Lewandowsky wäre das nicht passiert („Hokuspokus“, bis 24. Mai 2016). Julian Rosefeldts „Manifesto“ im Hamburger Bahnhof in Berlin (bis 10. Juli 2016), bis 14. März in Melbourne und im Spätsommer auf der Ruhrtriennale: Auf 13 Kanälen zeigt die unvergleichliche Cate Blanchett, was Künstler heute zu tun haben! Manifeste von Filippo Tommaso Marinetti, Tristan Tzara, Kasimir Malewitsch, André Breton, Claes Oldenburg, Yvonne Reiner, Sturtevant, Adrian Piper, Sol LeWitt oder Jim Jarmusch. An dieser Stelle ein herzlicher Gruß an Volker Lösch! „The world is a stage, but the play is badly cast“ – ­m einte Filip Markiewicz im Paradiso Lussemburgo (Memo Biennale Venedig 2015). Wünschen wir uns einen Sturm, der aufrüttelt und versöhnt! Verpassen Sie ebenso wenig Sven Grunerts Inszenierung von Shakespeares „Sturm“ am „kleinen theater – ­K AMMERSPIELE Landshut“. Achten Sie auf sich. Reisen Sie. Lächeln Sie! Sie schaffen das! Machen Sie doch, was Sie wollen!


158

Ahrenshoop

Bad Frankenhausen

Bern

Lyonel Feininger – Rügen, Ribnitz, Usedom Reisen an die Ostsee von 1892 bis 1913 19.3. – 17.7.2016 Kunstmuseum Ahrenshoop

Heinz Zander – Wanderungen auf vergessenen Wegen 12.3. – 12.6.2016 Panorama Museum

Auktionen 16. & 17.6.2016 Galerie Kornfeld

Die Ausstellung handelt vom künstlerischen Niederschlag der Ostseeaufenthalte Feiningers zwischen 1892 und 1913 auf Rügen, im Ostseebad Graal, in der Kleinstadt Ribnitz unweit von Ahrenshoop und auf der Insel Usedom. Sie zeigt den Feininger des Übergangs. Die 20 Jahre seines Schaffens vor dem Ersten Weltkrieg umfassen die mit der zweiten Familiengründung Feiningers verbundenen Lebensereignisse ebenso wie den entscheidenden Umbruch seiner künstlerischen Formulierungsweise um das Jahr 1912. Eine ganze Reihe prägnanter Bildmotive, die sich im späteren Werk zentral herausschälten und ihn bis zuletzt beschäftigten, haben ihre Quelle in den frühen Ostseeaufenthalten Feiningers. In der Ausstellung wird dieser Zusammenhang anhand einiger besonders konsistenter Werkfolgen von der Naturnotiz über die Druckgrafik bis zum Gemälde herausgearbeitet. Ein Gemeinschaftsprojekt mit Moeller Fine Art Advisory und dem Lyonel Feininger Project LLC. Es erscheint ein Katalog mit 144 Seiten. ☞ Kunstmuseum Ahrenshoop Mo–So 11–18 Uhr Weg zum Hohen Ufer 36, 18347 Ostseebad Ahrenshoop T +49 (0) 38220 6679 0 www.kunstmuseum-ahrenshoop.de

In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts kam es im Gegenzug zu Abstraktion und Realismus auch zu einer Neubewertung der Tradition im Geist des Manierismus. Kaum ein anderer Künstler ist in der Kultivierung eines stilbewussten Stils dabei so weit gegangen wie Heinz Zander. Den Stoff für seine Arbeiten findet er vorzugsweise in uralten Überlieferungen von Mythos und Literatur, von antiker wie mittelalterlicher Sagenwelt und märchenhaften Geschichten, deren Archethemen zeitlos gültig sind, vorgetragen mal ausschweifend preziös, mal zur Formel verdichtet, stets aber mit einem feinen Sinn für Ironie und Analogien, für geistigen Anspruch, Virtuosität und sinnliches Raffinement. Das Panorama Museum präsentiert über 150 Werke, darunter 75 Gemälde aus immerhin 35 Schaffens­ jahren und 30 Zeichnungen, entstanden hauptsächlich in den 1980er-Jahren. Hinzu kommen mehr als 40 Radierungen aus der Zeit von 1966 bis 1994, die sämtlich aus dem Sammlungsbestand des Panorama Museums stammen. ☞ Panorama Museum Di–So 10–17 Uhr, ab April 10–18 Uhr Am Schlachtberg 9, 06567 Bad Frankenhausen T +49 (0) 346 71 61 90 www.panorama-museum.de

Die nächsten Auktionen finden am 16. & 17. Juni 2016 parallel zur Messe ART BASEL statt. In verschiedenen Auktionen werden Werke des 19. und 20. Jahrhunderts, zeitgenössische Kunst sowie Grafik und Handzeichnungen alter Meister angeboten. Kataloge sind ab Mitte Mai erhältlich und können auch online konsultiert werden. Vorbesichtigung Zürich: 1. bis 3. Juni 2016 (ausgewählte Werke) Vorbesichtigung Bern: 9. bis 15. Juni 2016 ☞ Galerie Kornfeld Bern Laupenstrasse 41, CH-3008 Bern T +41 (0) 31 381 46 73 www.kornfeld.ch

Marc Chagall, „Bouquet du peintre et de sa fiancée dans le ciel bleu de Paris“, Öl und Tempera auf Leinwand, 1978 –1981, 65 x 50 cm, unten links signiert, verso nochmals signiert Chagall ®/© 2016, ProLitteris, Zürich

Lyonel Feininger (1871–1956), „Rotes Meer und blaue Barke“, 1912, Öl auf Leinwand, 40 x 48,2 cm, Privatsammlung

Heinz Zander, „Das Fräulein vom Goldenen Zeitalter“, 2002 © Zander / VG Bild-Kunst, Bonn 2016


Dornbirn

Eberdingen

Eislingen

16. Art Bodensee Sommerkunstmesse mit besonderem Flair 8. – 10.7.2016 Messe Dornbirn

NEUE BILDER Malerei der Aborigines bis 5.6.2016 KUNSTWERK

Bruno Raetsch Ich mit mir selbst und andere Dinge II bis 27.3.2016 Kunstverein Eislingen

Sammler, Kenner und Neueinsteiger treffen sich vom 8. bis 10. Juli 2016 auf der „Art Bodensee“ in Dornbirn. Die Sommerkunstmesse zeigt eine sorgsam kuratierte Auswahl moderner, neuer und neuester Kunst: Namen und Newcomer, Gemälde, Collagen, Zeichnungen, Installationen und Skulpturen von rund 50 Galerien. Daneben präsentieren sich zahlreiche Institutionen und Museen aus der Vier-Länder-Region. Eingebettet in die facettenreiche Umgebung Vorarlbergs, bietet die „Art Bodensee“ eine optimale Gelegenheit, Kultur, Natur und Architektur zu entdecken. Eine jährlich wechselnde Sonderschau, kostenlose Führungen und der „featured artist“ sind weitere Highlights der 16. „Art Bodensee“ in Dornbirn. ☞ 16. Art Bodensee in Dornbirn Messe Dornbirn Fr–So 11–19 Uhr Messeplatz 1, A-6854 Dornbirn/Vorarlberg T +43 (0) 5572 305-0 www.artbodensee.info

Tupfen. Streifen. Bänder. Und immer wieder Kreise, die verschiedene Zentren im Bildganzen ausweisen. Organische Flächen und Linien, aber auch grafische Muster, in farbstarken Kontrasten oder in harmonischen Farbklängen gesetzt. Die Malerei der australischen Ureinwohner können wir zunächst nur mit abstrakten Begriffen beschreiben. Und dennoch ist ihre Kunst nicht gegenstandslos. Sie zeugt von einer alten Kultur, die bildnerische Chiffren für die Interpretation der realen Welt herausgebildet hat. Ursprünglich in Riten und Zeremonien eingebunden, findet die Malerei der Aborigines seit den 1970er-­ Jahren, in veränderter Form und mit Farbe auf Leinwand gebracht, weltweite Aufmerksamkeit. Sie fasziniert die Menschen. So auch Alison und Peter W. Klein, die seit mehr als zehn Jahren Kunst aus Australien sammeln. Inzwischen gehört der Werkkomplex in Nussdorf zu den wichtigsten Sammlungen von Aborigine-Kunst in Europa. In der Ausstellung „NEUE BILDER – Malerei der Aborigines“ werden im KUNSTWERK vorwiegend Arbeiten präsentiert, die in den letzten vier Jahren in die Sammlung gekommen sind. Der Titel bezieht sich dabei nicht nur auf den Zeitraum der Ankäufe. Er verweist zugleich darauf, dass die heute entstehenden Bilder Teil einer lebendigen Tradition sind, die trotz inhaltlicher Gebundenheit neue Erscheinungsweisen hervorbringt. ☞ KUNSTWERK Sammlung Alison und Peter W. Klein Mi–Fr/So 11–17 Uhr und nach Vereinbarung Siemensstr. 40, 71735 Eberdingen-Nussdorf T +49 (0) 7042 376 95 66 www.sammlung-klein.de

„Bilder wachsen um mich herum. / Kompositionen verändern sich von einem zum anderen Tag. / Arbeiten werden verschoben, neu kombiniert oder weggeschmissen. / Das sind meine, an mir selbst, an meinen Stellvertretern/ vorgenommenen Korrekturen.“ So beginnt eine Darstellung seiner Arbeit durch den Künstler selbst, der das Ausstellungsprogramm 2016 des Eislinger Kunstvereins eröffnet. Bruno Raetsch kennt die Räume seit seiner Beteiligung an der 6. „biennale der zeichnung“ 2014, nun kann er sie alleine nutzen und gestalten: Wieder wird die Galerie in der Alten Post eine ganz eigene Atmosphäre erhalten. Bruno Raetsch fährt fort: „Zorn und Harmoniesucht lassen sich gut in Holz oder Papier verpressen“, und betont, dass er die Themen seiner Werke nicht in der Ferne sucht: „Das sind die unablässig weiterwachsenden Landschaften meiner Kindheit. / Für die muss ich nicht weit reisen. / Ich hab sie immer bei mir.“ Bruno Raetsch, Dresden, am 2. Oktober 2015 ☞ kunstverein eislingen Di–Sa 16–18 Uhr, So/feiertags 14–18 Uhr Bahnhofstraße 12, 73054 Eislingen T +49 (0) 71 61 888 81 www.kunstverein-eislingen.de

Art Bodensee 2015, Foto: Christian Schramm

Bruno Raetsch, „Ich mit mir selbst“, 2015

Bett y Kuntiwa Pumani, „Antara“, 2015, Acryl auf Leinwand, 200 x 150 cm

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HEINZ ZANDER

Wanderungen auf vergessenen Wegen 12. März bis 12. Juni 2016 Panorama Museum Bad Frankenhausen Tel.: 034671/6190 www.panorama-museum.de Di bis So 10 - 17 Uhr ab April bis 18 Uhr

© Zander /VG Bild-Kunst Bonn, 2016


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Filderstadt

Halle (Saale)

Heilbronn

Graphischer Dienst 8.3. bis 14.6.2016 Sammlung Domberger – Eine Siebdrucksammlung des Landes Baden-Württemberg

Eine „révolution véritable“. Meisterwerke der Art nouveau und Art déco aus der Sammlung Kunsthandwerk des Kunstmuseums Halle (Saale) 12.3. – 11.9.2016 Kunstmuseum Moritzburg

Joseph Beuys und Italien bis 29.5.2016 Kunsthalle Vogelmann

In Paris wurde um 1900 das europäische „Weltgefühl“ gelebt und gestaltet. Auf den Weltausstellungen etablierten sich Jugendstil und später Art déco in all ihren Facetten. Das Kunstmuseum Moritzburg erwarb bereits 1898 erste Arbeiten der französischen Avantgarde. Bis heute sind weitere Werke von Émile Gallé, Legras & Cie. oder Daum & Cie. essenzieller Bestandteil der Sammlung. Zwei Arbeiten von René Lalique und Maurice Marinot verweisen auf die Art déco. Sie werden zusammen mit Keramiken von Eugéne Lion, Émile Decoeur, Alexandre Bigot und nicht zuletzt Pablo Picasso in Korrespondenz zur Ausstellung „Magie des Augenblicks“ präsentiert. Die Programmatik, mit Kunstwerken das Alltägliche bis in das letzte Detail bewusst zu gestalten, gab dem Kunstgewerbe der Zeit um 1900 ein besonderes Gewicht im Konzert der Künste. Diese Werke versprechen reizvolle Entdeckungen, die den Geist des künstlerischen Aufbruchs in Frankreich und die Faszination seiner Gestaltungskraft erlebbar werden lassen. ☞ Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) Mo/Di/Do–So/feiertags 10–18 Uhr Friedemann-Bach-Platz 5, 06108 Halle (Saale) T +49 (0) 345 212 59 12 www.kunstmuseum-moritzburg.de

Mit „Joseph Beuys und Italien“ rückt erstmals ein bislang wenig beachteter Aspekt ins Blickfeld einer Ausstellung. Zeitlebens besaß Joseph Beuys (1921–1986) ein besonderes Verhältnis zu Italien: nirgendwo sonst als im Mezzogiorno fühlte er sich mehr zu Hause, nirgendwo sonst außerhalb von Deutschland stellte er mehr aus. In Italien entstanden seine bekanntesten Editionen wie „La Rivoluzione siamo Noi“ (1971) oder die „Capri-Batterie“ (1985), ebenso beeindruckende Hauptwerke wie „Straßenbahnhaltestelle“ (1976), „Olivestone“ (1984) oder die im Museo Capodimonte in Neapel gezeigte letzte große Installation „Palazzo Regale“ (1985). Mit rund 100 Exponaten, Zeichnungen, Arbeiten auf Papier, Multiples, Objekten, Archivalien sowie Film- und Tonmaterial, darunter zahlreiche in Deutschland noch nie gezeigte Werke, lädt die Ausstellung zu einer besonderen Italienreise ein. Einen besonderen Höhepunkt bildet die aus Anlass der Erdbebenkatastrophe in Neapel entstandene und bislang höchst selten in Deutschland gezeigte Rauminstallation „Terremoto in Palazzo“ (1981) aus der Sammlung „Terrae Motus“ des Reggia di Caserta. ☞ Kunsthalle Vogelmann Di/Mi/Fr–So/feiertags 11–17 Uhr, Do 11–19 Uhr Allee 28, 74072 Heilbronn T +49 (0) 71 31 56 44 20 www.museen-heilbronn.de

Joseph Beuys, „Mi nutro sciupando energia“, 1982, Edition Lucio Amelio, Sammlung Michele Bonuomo, Mailand © VG Bild-Kunst, Bonn 2016 „Briefumschlag“, Farbmuster von Robert Indiana an Luitpold Domberger, Foto: IPe

DAUM & CIE, Vase, Nancy, um 1890–1895, Höhe 24 cm, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)

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Der „Graphische Dienst“ ist ein kostenloses Angebot für interessierte Privatmenschen sowie Studierende und Fachleute für Forschungszwecke. Die Siebdruck­ expertin Gwendolyn Rabenstein wird Ihre Fragen gerne individuell beantworten, Ihnen auf Wunsch bestimmte Exponate vorlegen oder die kleine Wechselausstellung erläutern. Gwendolyn Rabenstein absolvierte ihre Siebdruckerausbildung bei Frank Kicherer in Stuttgart, sie ist Kunsthistorikerin mit Promotion an der Universität Stuttgart sowie Lehrbeauftragte an der Hochschule für Gestaltung Pforzheim und an der Universität Stuttgart. Das Land Baden-Württemberg erwarb 2009 die Sammlung des in Filderstadt ansässigen Siebdruck­ unternehmens Domberger und übergab sie als Dauerleihgabe an die Stadt Filderstadt. Über die Zusammenarbeit von Domberger mit Künstlern ist eine wertvolle Sammlung von über 2.000 Vorlagen, Andrucken und Korrekturen bis hin zu den fertigen Originalgrafiken entstanden. ☞ Sammlung Domberger – Eine Siebdrucksammlung d­ es Landes Baden-Württemberg Di, 8.3., 12.4., 10.5., 14.6., 15–19 Uhr Uhlbergstraße 36–40, 70794 Filderstadt-Plattenhardt T +49 (0) 711 327 000 63 www.filderstadt.de


Museums-PASS-Musées 365 Tage Kultur 320 Museen – 3 Länder – 1 Pass Der Museums-PASS-Musées ermöglicht seit nunmehr 15 Jahren den unlimitierten Zugang zu einer Vielzahl von Museen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Diesem Erfolgskonzept des grenzüberschreitenden Kulturaustausches haben sich inzwischen 320 Museen angeschlossen. Die rund 44.000 Passinhaber freuen sich über die stete Ausweitung des Gebiets; mittlerweile können sie zwischen Mainz und Bern, Stuttgart und Metz den freien ­E intritt zu den verschiedensten Museen, Schlössern und ­Gärten genießen. www. museumspass. com

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Karlsruhe

Ludwigsburg

L u d wig sh a fe n/Rh ein

EUNIQUE und LOFT 2016 3. – 5.6.2016 Messe Karlsruhe

Adidal Abou-Chamat – „Inter-Sections“ Ausstellungsreihe: Identität im Wandel bis 1.5.2016 Kunstverein Kreis Ludwigsburg e. V.

Bernd Ribbeck 30.4. – 26.6.2016 Eröffnung: Freitag, 29.4.2016, 19 Uhr Wilhelm-Hack-Museum

Die Künstlerin Adidal Abou-Chamat setzt sich seit einigen Jahren in ihren Foto- und Videoarbeiten, Zeichnungen und Objekten mit westlichen Rollenbildern, Klischees, Vorurteilen gegenüber fremden Kulturen und deren gesellschaftlichen Projektionen auseinander. In ihren Arbeiten thematisiert die in Deutschland aufgewachsene Künstlerin zum einen ihre Selbstwahrnehmung als Frau und Künstlerin, geprägt von einem deutsch-syrischen Hintergrund, zum anderen untersucht sie die vielschichtige arabische Identitätsbildung inmitten des israelischpalästinensischen Konflikts. Auch in ihrer künstlerischen Dekonstruktion von Idolen ihrer Jugendzeit wie beispielsweise Che Guevara, Leila Khaled etc. spürt sie den daraus resultierenden Identifikationsmechanismen mit der Wirkung des coolen Rebellentums und den kommerziellen Vermarktungsprozessen nach. Adidal Abou-Chamat reflektiert stets die vielschichtigen Assoziierungen der in den Medien verbreiteten Bilder mit der ganzen Spannbreite ihrer politischen und ästhetischen Implikationen von Bedrohung, Verzweiflung und Widerstand und deren mehr­d eutige Kodierungen in der Gesellschaft. ☞ Kunstverein Kreis Ludwigsburg e. V. im MIK Di–So 11–18 Uhr, Do 11–21 Uhr Eberhardstr. 1, 71634 Ludwigsburg T +49 (0) 71 41 92 91 96 www.kunstverein-ludwigsburg.de

In Bernd Ribbecks kleinformatigen Malereien eröffnet sich eine faszinierende Tiefe und Aura der Farbe und Form. Die Intimität seiner Malerei wird durch eine von dunklen Tönen gefangene Farbigkeit und Vielschichtigkeit der Farbflächen unterstützt. Durch die Anwendung von Acrylfarbe auf Holzfaserplatten, überschrieben mit Kugelschreiber und Pigmentmarker, entsteht eine Spannung aus verwischten, offenen Flächen und geometrischen Linien. Die durch das Bildformat begrenzten, symmetrisch angelegten Formationen weisen allein durch das innere Leuchten der Farben über sich hinaus. Mit seinen verdichteten Bildern entdeckt Ribbeck die ästhetischen Strategien der Moderne wieder. Die Sammlung des Wilhelm-­ Hack-Museums bildet einen idealen Rahmen für die Einzelausstellung, in der mehrere Werkreihen Ribbecks präsentiert werden. Durch die offene Innenarchitektur des Museums entspinnt sich ein inhaltlicher und räumlicher Dialog zu den Werken der Kunstgeschichte, mit denen sich Ribbeck auseinandersetzt. ☞ Wilhelm-Hack-Museum Di/Mi/Fr 11–18 Uhr, Do 11–20 Uhr, Sa/So/feiertags 10–18 Uhr Berliner Straße 23, 67059 Ludwigshafen am Rhein T +49 (0) 621 504-3045/-3411 www.wilhelmhack.museum

Von feinem Porzellan bis hin zu Möbeln mit organischen Formen Objekte, die größtenteils von Hand gefertigt werden und durch ihre Einzigartigkeit faszinieren – die „EUNIQUE, Internationale Messe für Angewandte Kunst & Design“, steht für Unikate und limitierte Kleinserien. Internationale Aussteller präsentieren fein gearbeiteten Schmuck, individuell geschneiderte Mode und liebevoll bis ins Detail gestaltete Möbel sowie Wohnaccessoires. Ein Beispiel dafür sind die aus feinen Schichten gefertigten Porzellangefäße von Elze Porzellan (Frößnitz bei Petersberg). Typisch für die Objekte von Glas- und Keramikdesignerin Lisa Elze sind die zarten Linien, die klare Formen strukturieren. Parallel zur EUNIQUE präsentiert die „LOFT – das Designkaufhaus“ Aussteller aus den Bereichen Möbel, Wohnaccessoires, Mode und Schmuck. Die Messe steht für junges und innovatives Design – darunter auch zahlreiche Neuentwicklungen. Viele davon gibt es im herkömmlichen Handel noch gar nicht zu kaufen. ☞ Messe Karlsruhe 11–19 Uhr Messeallee 1, 76287 Rheinstetten T +49 (0) 721 3720-0 www.eunique.eu www.loft-designkaufhaus.de

Bernd Ribbeck, ohne Titel, 2015, Acrylfarbe, Pigmentmarker, Kugelschreiber auf MdF, Adidal Abou-Chamat, „Dreaming of …“, 2014, C-Print/Aludibond, 11-teilig, 280 x 100 cm, © Galerie Christa Burger

Atelier Elze Porzellan, Vase „Bamboo“, 2014, Vase aus verschiedenen Schichten von Porzellan

28 x 40 cm, Galerie Peter Kilchmann, Foto: Jens Ziehe

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Info (0 56 91) 62 57 34 www.museum-bad-arolsen.de

JUGENDLICHE JANUSZ SIEWIERSKI

20 03 3012 2016

INTERVENTIONEN IM CHRISTIAN DANIEL RAUCH-MUSEUM

Reiselust Vom Pilger zum Pauschaltourist

AUSSTELLUNG BIS 29. APRIL 2016

T R I B U NAL

EXPRESSIONISMUS

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Kurpfälzisches Museum 6. März – 12. Juni 2016

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Lüneburg

Luxemburg

Oberhausen

Annegret Soltau 12. – 26.6.2016 Kunsthalle der Sparkassenstiftung

Stylianos Schicho Shortcut (Ausstellung im Espace 1)

AMERICAN POP ART – Meisterwerke massenhaft von Robert Rauschenberg bis Andy Warhol aus der Sammlung Heinz Beck bis 16.5.2016 LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen

Elliott Erwitt B&W meets Color (Ausstellung im Espace 2) beide 28.4. – 4.6.2016 Galerie Clairefontaine „Diese neuesten Arbeiten spiegeln wie kaum andere die Bruchlinien und Befindlichkeiten der Gegenwart wider. Konkret thematisiert der Künstler in seiner neuen Serie ‚Elevator Paintings‘ jene ‚erzwungene Pause im Hamsterrad des modernen Großstadtmenschen‘, die durch das Nutzen eines Aufzuges entsteht. Zu kurz, um sich wirklich mit etwas ernsthaft beschäftigen zu können und oftmals so eng, dass auch das verlegene und oft sinnentleerte ‚Herum­ wischen am I-Phone‘ kaum möglich ist – wir erleben unerwünschte Nähe mit völlig fremden Menschen. Diese alltägliche Ausnahmesituation mit all ihren psychologischen Implikationen wird hier verhandelt. Anders als im wirklichen Leben starren die Figuren nicht ins Leere, sondern auf die BetrachterIn – wir werden – in Tradition von Goya oder Manet – von den Blicken der ProtagonistInnen ins Bild geholt und aus der passiven Beobachterrolle gerissen.“ (Auszug aus dem Text „Ein bewegender Moment des Stillstandes“ von Wolfgang Pichler) ☞ Galerie Clairefontaine Mo–Fr 10–18.30 Uhr, Sa 10–17 Uhr Espace 1: 7, Place de Clairefontaine, L-1341 Luxembourg Espace 2: 21, rue du Saint-Esprit, L-1475 Luxembourg T +352 47 23 24 www.galerie-clairefontaine.lu

Mit dem Aufkommen der Pop-Art in den USA werden nicht nur Motive des Alltags wie Comics, Fahnen oder Suppendosen kunstwürdig. Auch die Frage des Originals und Geniekultes wird diskutiert und führt unter anderem dazu, dass Künstler beginnen, ihre Siebdrucke, aber auch Objekte als „ars multiple“, als Meisterwerke massenhaft, aufzulegen. Kunst für alle ist die Devise, die zu einer eigenen Ausprägung und zu eigenwilligen Formen führt. Erstmals zeigt die LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen eine Auswahl der amerikanischen Pop-Art, die das besondere Vorgehen nicht nur einer zentralen Figur wie Andy Warhol, sondern einer ganzen Strömung verdeutlicht. Editionen wie „7 in a box“ von 1966 oder „ten from leo castelli“ von 1967/68 geben Einblicke in Künstlerfreundschaften und Kunstmarktverhalten. Parallel zur großen Pop-Art-Schau zeigt die LUDWIGGALERIE bis 8. Mai 2016 „DER GUTE WEG ZUM HIMMEL – Spätmittelalterliche Bilder zum richtigen Sterben“ sowie das Gemälde „ars bene moriendi“ aus der Sammlung Peter und Irene Ludwig. Ab 22. Mai bis 18. September folgt die Ausstellung „REGINA REL ANG – Inszenierte Eleganz – Reportage- und Modefotografie von 1930 bis 1970“. Die LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen ist eins der 20 RuhrKunstMuseen. ☞ LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen Di–So 11–18 Uhr Konrad-Adenauer-Allee 46, 46049 Oberhausen T +49 (0) 208 41249 28 www.ludwiggalerie.de

Annegret Soltau, „Vatersuche“, Fotovernähung, 69_2007, Foto: Heinz Hefele / Frieder Zimmermann © Annegret Soltau, VG Bild-Kunst, Bonn 2016 Tom Wesselmann, „Foot“, 1968 St ylianos Schicho, „SHORTCUT 2“, aus der Serie „Elevator Paintings“, 2016, Acryl auf Leinwand, 180 x 150 cm © Courtesy: Galerie Clairefontaine

© The Estate of Tom Wesselmann / VG Bild-Kunst, Bonn 2015

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — T E R M I N E F Ü R E N T D E C K E R

Annegret Soltaus Werke sind Zeugnis ihrer Auseinandersetzung mit der eigenen Identität. In größter Beharrlichkeit und Radikalität setzt sie sich seit mehr als drei Jahrzehnten mit dem Bild ihrer selbst auseinander. In ihren sinnlich greifbaren Fotoübernähungen und -vernähungen spinnt sie mit schonungslosen Nadelstichen über fotografische Selbstporträts, reißt Innenwelten auf und verschließt die so entstandenen Verletzungen wiederum mit Nadel und Faden. Dabei ist ein Œuvre entstanden, das durch seine kontrastierenden Facetten, seine Drastik und zugleich Intimität besticht. Der Betrachter wird zum Zeugen einer schonungslos-analytischen Kunstäußerung. Die Ausstellung der Collage- und Fotokünstlerin Annegret Soltau ist eines der Highlights des Ausstellungsjahres 2016. Die gebürtige Lüneburgerin ist eine der führenden Vertreterinnen der frühen feministischen Kunst. ☞ Kunsthalle der Sparkassenstiftung Mo–Fr 10–18 Uhr, Sa/So 13–18 Uhr Dorette-von-Stern-Straße 2, 21337 Lüneburg T +49 (0) 41 31 864 51 36 www.kulturbaeckerei-lueneburg.de


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Sonderausstellung, 16. April 2016 – 9. Oktober 2016

Museum und Shop, Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr Ristorante La Sosta, täglich von 10 bis 18 Uhr Steinenvorstadt 1, CH-4051 Basel | www.swmb.museum

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Sonderausstellung, 16. April 2016 – 9. Oktober 2016

Spielzeug Welten Museum Basel 24.02.16 14:25


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Pforzheim

Saarbrücken

St. G e orgen

Wilde Mischung Neue Schmuckstücke aus der Sammlung 18.3. – 12.6.2016 Schmuckmuseum Pforzheim im Reuchlinhaus

Takehito Koganezawa – Paint it Black Heribert Friedl – Passager bis 24.4.2016 Stadtgalerie Saarbrücken

Vor zehn Jahren wurde das Schmuckmuseum Pforzheim neu gestaltet und mit größerer Ausstellungsfläche wiedereröffnet. Seither konnte die einzigartige Sammlung des Hauses durch Ankäufe, Dauerleihgaben oder Schenkungen um mehr als 400 Neuerwerbungen erweitert werden. In der Ausstellung vom 18. März bis zum 12. Juni 2016 ist eine Auswahl dieser neuen Exponate zu sehen, eine „wilde Mischung“ aus historischen und zeitgenössischen Schmuckstücken aller Art. Denn einerseits liegt der Fokus der Sammlungserweiterung darauf, bislang noch nicht vorhandene historische Stücke zu erwerben, andererseits verfügt das Schmuckmuseum Pforzheim über eine einzigartige moderne Sammlung von Schmuck der Nachkriegszeit bis heute. Zu entdecken ist die ganze Bandbreite an Schmuckstücken: Ringe, Halsketten, Broschen oder Medaillons und Anhänger sowie Armspangen und Uhren. Auch die unterschiedlichen Materialien belegen eine große Vielfalt: von Edelmetallen und -steinen bis hin zu Glassteinen oder Plastik. Es ist eine wilde Mischung, ob historisch oder modern, anhand derer auch die Entwicklung der Schmuckkunst in all ihren Facetten sichtbar wird. ☞ Schmuckmuseum Pforzheim im Reuchlinhaus Di–So/feiertags 10–17 Uhr Jahnstr. 42, 75173 Pforzheim T +49 (0) 72 31 39 21 26 www.schmuckmuseum.de

Als Zeichner, Videokünstler und Performer entwickelt Takehito Koganezawa (* 1974 in Tokio) Bild­ installatio­n en, die aus der Dynamik seiner Hand oder seines Körpers entstehen, um mithilfe von bewegten Videoprojektoren und Kameras Zeit als Bewegung sichtbar zu machen. Im Fluss dieser Bilder entfaltet sich dabei eine geradezu malerische Ästhetik. Diese abstrakten Videoarbeiten erweitert der Künstler mit seiner jüngsten Rauminstallation „Other Person’s Shoe“, in der er erstmals brisante politische Ereignisse reflektiert und die problematische Berichterstattung um den IS und seine internationalen Geiselnahmen in den Blick nimmt. Im Mittelpunkt der Installation von Heribert Friedl (* 1969 in Feldbach/Steiermark) stehen radikal reduzierte Werke, die sich an der Grenze der visuellen Wahrnehmbarkeit bewegen. Diese „nonvisualobjects“ drehen sich um die interaktive Wirkung von Gerüchen. ☞ Stadtgalerie Saarbrücken Di–Fr 12–18 Uhr, Sa/So/feiertags 11–18 Uhr St. Johanner Markt 24, 66111 Saarbrücken T +49 (0) 681 905 18 42 www.stadtgalerie-saarbruecken.de

Heimo Zobernig RÄUME FÜR KUNST WE LOVE PAINTINGS. Malerei aus der Sammlung ab 19.3.2016 KUNSTRAUM GRÄSSLIN

Ausstellungsansicht Heimo Zobernig, KUNSTR AUM GR ÄSSLIN, 2016, Foto: Wolfgang Günzel, Of fenbach

Takehito Koganezawa, „Moon Drawing“, 2009, Fotografie

Ausstellungsplakat

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — T E R M I N E F Ü R E N T D E C K E R

In diesem Jahr feiert der KUNSTRAUM GRÄSSLIN sein zehnjähriges Bestehen. Aus diesem Anlass zeigt die Stiftung Grässlin eine große Überblicksausstellung zum Thema Malerei mit Werken aus den 1980er-Jahren bis in die Gegenwart. Den Auftakt bilden im KUNSTRAUM GRÄSSLIN die Arbeiten des österreichischen Künstlers Heimo Zobernig. Bekannt geworden ist er für seine Arbeitsweise, die sich frei zwischen Malerei, Skulptur, Film und Performancekunst bewegt und dabei die Bedeutung der avantgardistischen Bewegungen immer wieder in den Blick nimmt. In seinen Arbeiten befragt er sowohl die Skulptur der Minimal Art als auch die abstrakte Malerei neu und schafft architektonische Interventionen, die die Relationen zwischen den Objekten sowie zwischen Objekt und Betrachter genauestens austarieren. Unter dem Titel „WE LOVE PAINTINGS“ sind in den über St. Georgen verteilten RÄUMEN FÜR KUNST von Martin Kippenberger und Günther Förg bis zu Cosima von Bonin und Stefan Müller ausgewählte malerische Positionen aus der Sammlung zu sehen. ☞ SAMMLUNG GRÄSSLIN Öffnungszeiten nach Vereinbarung Museumstraße 2, 78112 St. Georgen T +49 (0) 77 24 916 18 05 www.sammlung-graesslin.eu


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Gerwald Rockenschaub. blueberry fields (orphaned selec + 1)

Ger wald Rockenschaub, „multidial“, 2011, Foto: Kunstmuseum Wolfsburg

Gerwald Rockenschaubs Interventionen konnte man bisher nicht nur in zahlreichen Einzelausstellungen weltweit begegnen, sondern 2001 auch an der Biennale Lyon oder 2007 an der „documenta 12“ in Kassel. In den letzten Jahren wandte sich der Künstler, der viele Jahre in der Clubszene als erfolgreicher DJ wirkte, digitalen Bildwelten und den Formen globaler Kommunikation mit dem „Krieg der Zeichen“ (Markus Brüderlin) zu. Seine am Computer entwickelten Bildformen hat er 2011 in einer eindrücklichen Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg zu einem Allover digitaler Bildzeichen verdichtet, kurz: „Augensex“! Für das Kunstmuseum St. Gallen hat er mit „blueberry fields (orphaned selec + 1)“ eine Ausstellung konzipiert, in d ­ er sich raumgreifende Installationen und Einzelarbeiten zu einer präzisen Werkfolge verdichten. www. k un st mu se um sg. ch

30. 1. – 10. 4. 2016 Camille Graeser und die Musik Ceal Floyer On Occasion 30. 4. – 7. 8. 2016 João Maria Gusmão & Pedro Paiva Marta Riniker-Radich Manor Kunstpreis 2016 *Aargauer Kunsthaus Aargauerplatz CH–5001 Aarau Di – So 10 – 17 Uhr Do 10 – 20 Uhr www.aargauerkunsthaus.ch

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Camille Graeser, Optische Musik, 1950 Von Bartha, Basel. Foto: Camille Graeser Stiftung, Zürich © Camille Graeser Stiftung, Zürich / ProLitteris, Zürich

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Schwäbisch Gmünd

Schwerin

Emanuel Leutze. In Deutschland blühen meine Rosen nicht – zum 200. Geburtstag des deutsch-amerikanischen Historienmalers 3.4. – 28.8.2016 Museum im Prediger

ES BA/ROCKT! im wiedereröffneten Ostflügel von Schloss Ludwigslust ab 6.3.2016 Schloss Ludwigslust Nach jahrelanger Sanierung und kompletter Neugestaltung können die beeindruckende Eleganz des Goldenen Saals, die endlich wieder hergerichtete Gemäldegalerie und die prächtigen Gästeappartements auf Schloss Ludwigslust neu erlebt werden. Der Goldene Saal ist das Herzstück des Schlosses. Monumentale Säulen, reich geschmückte Spiegel und kostbare Kristalllüster lassen ihn in höfischem Glanz erstrahlen. Erstmals seit etwa 150 Jahren ist die imposante Gemäldegalerie wieder zu bestaunen. Auf den originalen graugrünen Wänden werden Werke unter anderem von Frans Snyders, Bernardo Bellotto und Johann Dietrich Findorff gezeigt. Italienische Architekturmodelle aus Kork ergänzen die Präsentation. Türkisfarbene und karminrote Wandbespannungen und hölzerne weiße Paneele mit goldenen Applikationen zieren die sanierten Gästeappartements im zweiten Obergeschoss. Hier befinden sich die farbintensiven Tiergemälde des französischen Hofmalers Jean-Baptiste Oudry, Büsten von Jean-Antoine Houdon, kostbare Möbel der Zeit und die herzogliche Uhrensammlung. ☞ Staatliches Museum Schwerin / Ludwigslust / Güstrow Schloss Ludwigslust Di–So 10–17 Uhr, ab 15.4. Di–So 10–18 Uhr Schlossfreiheit, 19288 Ludwigslust T +49 (0) 38 74 571 90 www.schloss-ludwigslust.de

Blick in die Gemäldegalerie auf Schloss Ludwigslust, Foto: G. Bröcker Emanuel Leutze (1816–1868), „Tizians Lagunenfahrt“, 1857, Öl auf Leinwand, 76 x 105 cm, Sammlungen Museum im Prediger Schwäbisch Gmünd

© Staatliches Museum Schwerin

A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — T E R M I N E F Ü R E N T D E C K E R

Emanuel Leutze, 1816 in Schwäbisch Gmünd geboren und 1868 in Washington verstorben, gehört nicht nur zu den prominentesten Vertretern der Düsseldorfer Malerschule, sondern nimmt unter den amerikanischen Historienmalern des 19. Jahrhunderts den führenden Platz ein. Den 200. Geburtstag Emanuel Leutzes nimmt die Ausstellung in seiner Geburtsstadt zum Anlass, sein Werk umfassend zu würdigen: Ausgangspunkt ist der gesamte Bestand an Werken Leutzes in den Sammlungen des Gmünder Museums, das mit allein zehn Ölgemälden, einem Stahlstich von „Washington Crossing the Delaware“ sowie Zeichnungen und Skizzenbüchern über die weltweit größte Kollektion zum Werk des Künstlers verfügt. Ergänzt um hochrangige Leihgaben eröffnen rund 60 Arbeiten profunde Einblicke in Leutzes vielfältiges Schaffen, das sich vom raffiniert komponierten Historienbild über das Porträt bis zum Genre spannt; dazu vermitteln Briefe des Künstlers ein ganz persönliches Lebensbild. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (deutsch/englisch). ☞ Museum und Galerie im Prediger Di/Mi/Fr 14–17 Uhr, Do 14–19 Uhr, Sa/So/feiertags 11–17 Uhr Johannisplatz 3, 73525 Schwäbisch Gmünd T +49 (0) 7171 603 4130 www.museum-galerie-fabrik.de


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Soest

Weikersh eim

Wien

KONSTRUKTION – CONSTRUCTION 21.5. – 18.9.2016 zur Eröffnung des Raums Schroth im Museum Wilhelm Morgner

Skulpturen.SCHAU! Rainer Kurka 22.5. – 25.9.2016 Stadt Weikersheim

Mit der Wiedereröffnung des nunmehr durchklimatisierten und erweiterten Soester Kunstmuseums bespielt die Stiftung Konzeptuelle Kunst mit der Sammlung Schroth ab sofort und dauerhaft einen Teil des Museums. Die Sammlung Schroth gilt als eine der wichtigsten Sammlungen mit konkreten, konstruktiven und konzeptuellen Arbeiten in Deutschland. Ihre nun dauerhafte Präsenz mit Wechselausstellungen startet mit Werken, die auf geometrischer bzw. mathematisch-naturwissenschaftlicher Grundlage basieren. In der Ausstellung werden unter anderem Douglas Allsop (GB), Jill Baroff (USA), Hellmut Bruch (AT), Jean d’Imbleval (FR), Vanessa Henn (DE), James Howell (USA), Markus Leitsch (DE), Heiner Thiel (DE) und Jan van Munster (NL) vertreten sein. Im Raum Schroth werden zukünftig im Rhythmus von ca. drei Monaten wechselnde Ausstellungen der konkreten, konstruktiven und konzeptuellen Kunst gezeigt. ☞ Museum Wilhelm Morgner Di–Fr 14–17 Uhr, Sa/So 11–17 Uhr Thomästraße 1, 59494 Soest T +49 (0) 2921 14177 www.skk-soest.de

Der Bildhauer Rainer Kurka (* 1974) präsentiert Plastiken aus Bronze und Terrakotta. Die überwiegend lebensgroßen Figuren zeigen in beeindruckend realistischer Darstellung junge Frauen. Diese stellen, an Kleidung und Attitüde unverkennbar, Personen der Gegenwart dar. Die von feinen Äderchen durchzogene Haut, die mit Sommersprossen übersäten Wangen, die mit Tattoos versehenen Körper seiner Frauenbildnisse lassen die Figuren erstaunlich lebendig erscheinen; erst auf den zweiten Blick realisiert der Betrachter, dass es keine wirklichen Personen sind. Rainer Kurka findet Inspiration im Alltag und bei den Menschen, denen er täglich begegnet. Seine Arbeiten sind jedoch keine Darstellungen real existierender Personen, sondern Produkte seiner Fantasie. Dennoch scheinen wir diese Frauen zu kennen. Rainer Kurka ist ein Meister auf dem Gebiet der skulpturalen Figuration. Während seines Architekturstudiums (1994–2002) in Darmstadt und Florenz lernte Kurka das figürliche Zeichnen und Modellieren bei Prof. Ariel Auslender. Heute lebt und arbeitet er als freischaffender Bildhauer in Berlin. Seine Arbeiten sind im öffentlichen Raum, in Museen und auf verschiedenen Messen und Ausstellungen im In- und Ausland vertreten. Eröffnung: 22.5.2016, 17 Uhr im Sitzungssaal Der Künstler ist anwesend. ☞ Stadt Weikersheim Marktplatz 7, 97990 Weikersheim T +49 (0) 7934 102 25 www.weikersheim.de

THE TURN Art Practices in Post-Spring Societies 18.3. – 14.5.2016 Eröffnung und Performances: 17.3.2016, 19 Uhr Konferenz: 18.3.2016, 15 Uhr KUNSTRAUM NIEDEROESTERREICH Die Ausstellung zeigt Interventionen, die sowohl im urbanen als auch im ruralen öffentlichen Raum des post-revolutionären Tunesiens stattfanden. Sie stehen in ihrem Interesse an sozialpolitischen Themen und dem direkten gesellschaftlichen Engagement in der Tradition des „Social Turns“ (Claire Bishop) in der zeitgenössischen Kunstgeschichte.

CRISIS AS IDEOLOGY 3.6. – 23.7.2016 Eröffnung: 2.6.2016 Die Entwicklung der Trennung zwischen Kapital und menschlicher Arbeit sowie das vorherrschende Paradigma der Knappheit und Instabilität produzieren derzeit Räume und Zustände, die zu Beschränkungen, Angst und Unsicherheit bei den Menschen führen. Jetzt stecken wir laut PolitikerInnen, ÖkonomInnen und Medien in einer Krise. In dieser Ausstellung werden künstlerische Arbeiten gezeigt, welche die oben beschriebenen Gedanken und Fragen thematisieren, erforschen und reflektieren. ☞ KUNSTRAUM NIEDEROESTERREICH Di–Fr 11–19 Uhr, Sa 11–15 Uhr Herrengasse 13, A-1014 Wien T +43 (0) 1 90 42 111 199 www.kunstraum.net

Jean d‘Imbleval, „Cubus“, Foto: Christoph Meinschäfer

Rainer Kurka, „Summer in the Cit y“

© Moufida Fedhila, „St´art“, Performance auf der Avenue Habib Bourqiba, Tunis, 2011


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Zürich

Zug

Zw i c ka u

Pipilotti Rist Dein Speichel ist mein Taucheranzug im Ozean des Schmerzes bis 8.5.2016 Kunsthaus Zürich

Pravoslav Sovak – Eine Retrospektive bis 29.5.2016 Kunsthaus Zug

Sonderausstellung „Desperate Housewives? Künstlerinnen räumen auf“ bis 8.5.2016 KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum Auf der Suche nach dem eigenen Selbstverständnis kommt den Frauen immer schon und immer noch ein Ort in die Quere, der vermeintlich jahrhundertelang ihr ureigenstes Terrain war: das Haus, genauer, der Haushalt. Eigentlich ganz und gar privat verortet, wurde dieses Thema im 20. Jahrhundert zum öffent­l ichen Schauplatz ideologischer Graben­k ämpfe – das altbackene Heimchen am Herd versus die moderne berufstätige Familienmanagerin. Wie definieren und bewerten wir heute diese Rollen und Rollenbilder? Künstlerinnen, häufig gewöhnt an alternative und experimentelle Lebensformen, reflektieren in dieser Ausstellung das besondere, das weibliche Verhältnis zum Haus. Ist es Gefängnis oder Freiraum? Ist die Frau Sklavin oder Herrscherin? Ist Haushalt lästige Pflicht oder vielleicht auch Vergnügen? Videos, Installationen, Fotografien, Objekte und Gemälde von 27 internationalen Künstlerinnen geben darauf überraschende, nachdenkliche, ironische, provokante, witzige oder versöhnliche Antworten. Haus und Haushalt stehen für ein Rollenbild, das ausgedient hat. Mit der Sprache der Kunst und aus der Perspektive von Künstlerinnen leuchtet die Ausstellung „Desperate Housewives“ diesen existenziellen Themenkomplex aus. ☞ KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum Di–So 13–18 Uhr Lessingstraße 1, 08058 Zwickau T +49 (0) 375 83 45 10 www.kunstsammlungen-zwickau.de

Pipilotti Rist, „Sip My Ocean“, 1996, audiovisuelle Installation (Standbild),

Pravoslav Sovak, „Walls VII – UN Plaza“, 1991, © Künstler

Sound: Anders Guggisberg, Pipilotti Rist after Chris Isaak, Wicked Game, 1989 © Pipilotti Rist, Courtesy: die Künstlerin, Hauser & Wirth und Luhring Augustine

Andrea Isa, „Tugend der Sauberkeit“, aus der Serie „Die Tugenden der Küchenfrau“, Print auf Plane, 180 x 108 cm, Courtesy: the artist

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Pipilotti Rist gehört zu den wegweisenden Figuren der Videokunst, hat international Karriere gemacht – und lebt in Zürich. Die letzte institutio­ nelle Einzelausstellung der Künstlerin in dieser Stadt liegt jedoch mehr als 15 Jahre zurück. Es ist daher Zeit für eine große Schau. Unter dem Titel „Dein Speichel ist mein Taucheranzug im Ozean des Schmerzes“ präsentiert das Kunsthaus eine Überblicksausstellung zum künstlerischen Schaffen von Pipilotti Rist mit Werken von 1986 bis heute. Der Titel ist eine Liedzeile aus einem frühen Song von Pipilotti Rist und Anders Guggisberg und eröffnet auf spielerisch-assoziative sowie atmosphärische Weise eine zusätzliche Ebene zur Ausstellung. Sinnlich, erheiternd und unerschrocken befasst sich die Künstlerin in ihrem Werk mit Konventionen und Tabus. Die Ausstellung zeigt historische Schlüsselwerke, wie die berühmten Single-Channel-Videos aus den 1980er-Jahren, präsentiert daneben aber auch ganz neue, speziell fürs Kunsthaus entstandene Werke. Die Schau ist keine klassische Retrospektive, sondern als Gesamtinstallation konzipiert, in der unerwartete Bezüge zwischen den verschiedenen Werkgruppen erkennbar werden. ☞ Kunsthaus Zürich Di/Sa/So 10–18 Uhr, Mi/Do 10–20 Uhr Heimplatz 1, CH-8001 Zürich T +41 (0) 44 253 84 84 www.kunsthaus.ch

Pravoslav Sovaks Schaffen wird seit Langem in Ausstellungen namhafter Museen und Galerien in Europa und den USA gezeigt sowie in Publikationen aufgearbeitet. Seine Werke sind in bedeutenden Museumssammlungen vertreten – etwa in der Wiener Albertina, im Kupferstichkabinett in Berlin oder im Guggenheim Museum und im MoMA in New York. Interessanterweise ist Sovak in den USA und in Europa bekannt, von Experten hoch geschätzt, in der Schweiz aber ist er trotz mancher Ausstellungen bis heute weitgehend ein Unbekannter geblieben. Das Kunsthaus Zug setzt hier an und würdigt den hervorragenden Künstler mit seiner ersten Museumsretrospektive in der Schweiz, die in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler konzipiert wurde. Gezeigt werden 250 Arbeiten von den 1940er-Jahren bis 2012: Druckgrafiken, Zeichnungen, Gemälde, Collagen und auch Fotografien. Vor dem Hintergrund des Sammlungsschwerpunktes Wiener Moderne stellt das Kunsthaus Zug regelmäßig künstlerische Positionen aus Mittel- und Osteuropa vor. Pravoslav Sovak fügt sich hier ein. ☞ Kunsthaus Zug Di–Fr 12–18 Uhr, Sa/So 10–17 Uhr Dorfstrasse 27, CH-6300 Zug T +41 (0) 41 725 33 44 www.kunsthauszug.ch


20.03. bis 5.06.2016

DIETRICH KLINGE

Galerie Schrade SchloĂ&#x; Mochental 89584 Ehingen-Mochental Fon 07375/418 www.galerie-schrade.de

Achtzig Bilder zum achtzigsten Geburtstag von Willibrord Haas 20. März bis 8. Mai 2016

Jedes Bild 80 x 80 800 Euro

Foto: Martin Frischauf

Skulpturen und Arbeiten auf Papier


Wir sind wieder da ! NEUE HÄNGUNG, NEUE SICHTWEISEN: BUCHHEIMS EXPRESSIONISTEN SIND ZURÜCK BUCHHEIM MUSEUM DER PHANTASIE Am Hirschgarten 1 82347 Bernried am Starnberger See Tel. 08158 9970-0 · Fax 08158 9970-61 info@buchheimmuseum.de www.buchheimmuseum.de

Ausschnitt aus Alexej von Jawlensky, Kopf in Blau, 1912 © Buchheim Museum


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Kunsthalle Jesuitenkirche, Aschaf fenburg

Die Malweiber von Paris

Im Atelier Colarossi (Ida Gerhardi stehend rechts), um 1892/93, Fotografie, LWL- Museum für Kunst und Kultur (Westfälisches Landesmuseum), Münster / Gerhardi-Archiv, Foto: Anonymus


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Martha Bernstein, „Selbstbildnis“, 1910, Öl auf Leinwand, 45 x 38 cm © Fritz Neuhaus, Schweiz

Kunstgeschichte längst verankert sind Namen wie Käthe Kollwitz (1867–1945), Clara Rilke-Westhoff (1878–1954) oder Paula Modersohn-Becker (1876–1907), die ohne das Einverständnis ihres Mannes „in die Welt hinaus“ nach Paris reiste. Hinzu gesellen sich in der wunderbaren Zusammenstellung Positionen, die bisweilen bereits aufgefallen sind, und solche, die es noch zu entdecken gilt: Ida Gerhardi (1862–1927), Sabine Lepsius (1864–1942), Maria Slavona (1865–1931), Mathilde Voll­moeller-Purrmann (1876–1943), Marg Moll (1884–1977), Annemarie Kirchner-Kruse (1889–1977) und Martha Bernstein (1874–1955), deren Karikaturen die „Malweiber“ betreffend es mit dem eingangs erwähnten Bruno Paul durchaus aufnehmen können. Schon viele Jahrzehnte zuvor, 1864, hatte sich ebenfalls in Paris die schöne Geschichte zugetragen, dass Kaiserin Eugénie die etablierte Tiermalerin Rosa Bonheur – übrigens auch eine Künstlertochter – in ihrem Atelier besuchte. Der Künstlerin war es sehr unangenehm, die gekrönte Besucherin in schäbigen Malhosen anstatt in angemessener Toilette zu empfangen, was diese sogleich mit dem schönen Satz zu entkräften wusste: „Le génie n’a pas de sexe.“ – Das Genie hat kein Geschlecht. Wie wahr! DANIEL A GREGORI

bis 29. Mai 2016 „ Die Malweibe r von Par i s. Deutsche Künstler innen im Auf br uch“ Kun sthalle Jesuite nk irche, A schaf fe nburg www. mu see n- a schaf fe nburg. de

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Die schlicht gekleidete Dame mit Hut und viel zu großen ­F üßen blickt dem kleiner gewachsenen Künstler über die Schulter auf die Leinwand, Bruno Paul gibt sich derweil im Untertitel der Illustration im „Simplicissimus“ 1901 gewohnt böse: „Sehen Sie Fräulein, es gibt zwei Arten von Malerinnen: die einen möchten heiraten, die anderen h ­ aben auch kein ­Talent.“ Über der Abbildung prangt der ­p ejorative, aber durchaus gängige Begriff für derlei künstlerische Ambitionen der Damen: „Malweiber“. Freilich, talentierte Künstlerinnen gab es in der Vormoderne immer wieder. Élisabeth Vigée-Le Brun (1755–1842) wird in diesem Zusammenhang gerne genannt. Angelika Kaufmann (1741–1807) darf man ebenso dazu zählen wie ­A rtemisia Gentileschi (1593–1653). Sie alle drei haben ge­ meinsam, dass sie Töchter von Künstlern waren und ihre Ausbildung ganz buchstäblich en famille erfahren haben. Zwar gehörte seinerzeit der Zeichen- und Malunterricht als Bestanteil der Ausbildung höherer Töchter neben Gesang und feinen Nadelarbeiten ganz selbstverständlich dazu, doch all dies nur für den Hausgebrauch. Was darüber hinaus an Leidenschaft und Aufmerksamkeit investiert würde, so die Befürchtung, könnte dazu führen, dass die Damen die Bereiche von Ehe, Familie und Haushalt vernachlässigen könnten. Und das galt es zu verhindern! Ein Dasein als Künstlerin entsprach ebenfalls so gar nicht den Vorstellungen innerhalb des eher erzkonservativen deutschen Kaiserreiches. Entsprechend schwierig gestaltete sich eine Ausbildung. Noch waren die Kunstakademien des Landes für Frauen nicht zugänglich, private Malschulen oft zu teuer. Doch gab es um 1900 einen Ausweg für die künstlerisch ambitionierte Damenriege und der hieß: Paris. Genau genommen der Montmartre. Hier, an der Seine, war Frauen an einer der Akademien Colarossi und Grande Chaumière, jener Privatschule von Henri Matisse, sowie im regulären Anatomiekurs an der École des Beaux-Arts nicht nur eine vortreff liche Ausbildung ­möglich, sondern auch – und das war womöglich noch wichtiger – ein selbstbestimmtes Leben. „Die Malweiber von Paris“ nennt sich nun eine Ausstellung in der Kunsthalle Jesuitenkirche in Aschaffenburg, die zehn Künstlerinnen aus diesem Kreis einer näheren ­B etrachtung unterzieht. Die Positionen und Biografien freilich sind so unterschiedlich wie der Bekanntheitsgrad der verschiedenen Damen. Vertraut und innerhalb der


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Ephraim - Palais, Berlin

Von Töchtern und Persönlichkeiten

Katharina Heinroth, 12. August 1937 © Zoo Berlin

„… doch nie sagst du: Was mach’ ich bloß?“ Es ist eine ganz ­besondere Liebeserklärung an ihre Stadt, die Hildegard Knef erstmals 1966 besungen hat. Berlin als sommersprossige Frau, keine Kandidatin für eine Schönheitskonkurrenz und das schnoddrige „Na und“ hat das Zeug dazu, als Rettungsring zu fungieren. Doch nicht nur Berlin selbst ist die unkonventionell liebenswerte Dame, es war auch eine Reihe von Damen, die diese Stadt prägten, an gesellschaftspolitischen Ver­ änderungen beteiligt waren oder in verschiedensten Bereichen Pionierleistungen vollbrachten. Die Ausstellung „Berlin – Stadt der Frauen“ im Ephraim-Palais zeigt nun nun in 20 Biografien mit mehr als 300 Objekten, Schriftstücken, ­Fotografien, Film- und Tondokumenten, wie aus Töchtern der Stadt Persönlichkeiten wurden, die ihrerseits wiederum durch ihr Engagement Einfluss auf das Generalthema Emanzipation ausübten. Strukturiert wird die kulturhistorische Schau durch vier verschiedene, eher weitgefasste Bereiche, in denen jeweils fünf Lebenswege nachgezeichnet werden. Sie alle stehen für ein couragiertes Auftreten, Unangepasstheit und Mut zur Veränderung – allesamt Frauen mit Vorbildwirkung. Den ­A nlass und Zeitrahmen zur Ausstellung allerdings gibt das 150-jährige Bestehen des Berliner Lette Vereins, denn Vorbilder wären schlicht Einzelschicksale, würden diese Impulse nicht aufgenommen werden und ihre weitreichende Verbreitung finden. Mit dem 1866 gegründeten Lette Verein zur

För­derung zur Förderung der Erwerbstätigkeit des weiblichen Geschlechts wurden die Voraussetzungen für (unverhei­r a­ tete) Frauen geschaffen, sich auch für andere Berufe als Gouver­n ante ausbilden zu lassen und so selbst für den Lebensunteralt aufzukommen. Zwar wurde der Verein von einem Mann, Wilhelm Adolf Lette, gegründet, doch übernahm nach dessen Tod ­seine Tochter Anna Schepeler-Lette den Vorsitz. Ihre Bio­ grafie ist in der Ausstellung dem „Politischen“ zugeordnet. Nach einem vorerst höchst konventionellen Frauenleben unterstützte sie nach dem Tod ihrer drei Kinder und ihres Mannes vorerst ihren Vater, um später engagiert wie umsichtig die Geschicke des Vereines in die Hand zu nehmen. Freilich finden sich bei den „Politischen“, „Unter­ nehmerischen“, „Kreativen“ und „Innovativen“ klingende Namen wie Louise Schroeder, Berlins erste und bislang ­ein­zige Oberbürgermeisterin, die Künstlerin Käthe Kollwitz, die Choreografin Mary Wigman, die Schriftstellerin Hedwig Dohm oder die Fotografien Gisèle Freud. Doch wird man ­erstaunt so manches Frauenleben wie jenes der Flugpionierin Elly Beinhorn oder der Architektin Emilie Winkelmann ­w iederentdecken oder überhaupt erst kennenlernen. Was weiß man schon über Berlins erste Zoodirektorin Katharina ­H einroth oder A nni Mittelstädt, die dem Verein der ­Trümmerfrauen einst vorstand? Bei Renée Sintenis indes trifft man auf ein bekanntes Gesicht und erlangt eine über­ raschende Erkenntnis. Wie nur wenige andere steht jenes markant-androgyne Konterfei für das Frauenbild des Berlins der 1920er-Jahre. Als Grafikerin und Bildhauerin jedoch war Sintenis zu ihrer Zeit besonders für ihre Tierdarstellungen ­b ekannt und wenn bei der Berlinale die begehrten Bären ­vergeben werden, so entstammen die einem Entwurf der Künstlerin. DANIEL A GREGORI

1 7. M ä r z b i s 2 8 . A u g u s t 2 0 1 6 „ B e r l i n – S t a d t d e r F ra u e n“ 2 0 B i o g ra f i e n e r z ä h l e n G e s c h i c h t e E p h ra i m - P a l a i s , B e r l i n www. stadt museum. de


Franz von Lenbach (1836 –1904), „Porträt Hedwig Dohm“, 1894, Mischtechnik auf Pappe, 92 x 76 cm, Foto: Frank Blaser, © Thomas- Mann-Archiv der ETH - Bibliothek Zürich

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Skulptur als unmit telbares Gegenüber

Kai Schiemenz Der B erliner Künstler Kai Schiemen z ver wandelt die ­S t ä d t i s c h e G a l e r i e Wo l f s b u r g i n e i n e n s i n n l i c h e r l e b b a r e n S k u l p t u r e n p a r c o u r s – g e s e l l s c h a f t l i c h e n F ra g e n n a c h de r De f init ion s macht von A rchitek t ur we icht e r dabei jedoch nicht aus.

Porträt Kai Schiemenz, 2016,

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Foto: Janina Snatzke, © Kai Schiemenz

Bis knapp unter die Decke reichende Großskulpturen aus pastellfarbenem Styrodur. Kristallin wirkende Glasobjekte sowie an konstruktivistische Hochhausutopien erinnernde Türme aus glasierter Keramik. Dazu eine bühnenraumartige Plattform, die die Ausstellungsbesucher wahlweise durchschrei­t en, erklimmen oder aber sitzend, vielleicht ­s ogar liegend, erobern können. Und als Schlussakkord ein sechs Meter langer Tisch als Sockel für eine Vielzahl kleiner „Styroskulpturen“. Die in drei aufeinanderfolgenden Räumen sorgfältig inszenierte Ausstellung „Große und Kleine – Pistazie / Malve / Koralle“, die der Berliner Künstler Kai Schiemenz jetzt in der Städtischen Galerie Wolfsburg präsentiert, huldigt der Vertikalität. Dabei konzentriert sie sich ausschließlich auf den skulpturalen und installativen Aspekt seines Werkes. Nichts Gerahmtes, keine Zeichnungen, Computergrafiken, Holzschnitte oder Archivalien an der Wand. Der 1966 in ­E rfurt geborene, heute in Berlin lebende Kai Schiemenz ­a rbeitet zwar auch in all diesen künstlerischen Medien. In Wolfsburg aber, da waren sich der Künstler und die Direktorin Susanne Pf leger gleich einig, soll es diesmal ganz um die räumliche ­Inszenierung aufgerichteter Objekte gehen. Dem Betrachter sollen Schiemenz’ Arbeiten als unmittelbar erlebbares ­Gegenüber entgegentreten. Mehrere Wochen lang war der Künstler direkt vor Ort tätig, um seine vielteilige und kom­plexe Ausstellung buchstäblich aufzubauen. Die imposanten turmartigen Objekte gleich im ersten Raum hätte er in seinem vergleichsweise übersichtlichen Berliner Atelier auch gar nicht realisieren können. Das hier verwendete, preiswerte und leicht zu verarbeitende Material Styrodur dient eigentlich zur Isolierung von Bauwerken. Je nach Hersteller ist es grün, blau oder rosa eingefärbt. Diese eher prosaische Tatsache überführt Schiemenz allerdings bereits im Titel der Schau in etwas weitaus Poetischeres: „Pistazie / Malve / Koralle“.

In Wolfsburg setzt der Meisterschüler von Lothar Baumgarten ganz auf die Involvierung des Betrachters. Die gesellschaftliche Brisanz von Architektur und Stadtraum blendet er dabei jedoch keineswegs aus. Kai Schiemenz: „Ich sehe die Arbeiten, die den Zuschauer involvieren, eher als eine Befragung des Raumes, der durch Architektur definiert wird. Sie sind für mich mit der disziplinierenden Funktion von Architektur verknüpft. Architektur ist hier kein passiver Empfänger oder eine neutrale Schachtel, sondern ein aktiver Teilnehmer an Ereignissen, deren Verlauf sie mitgestaltet und umformt.“ NICOLE BÜSIN G & HEIKO KL A AS

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Claus K. Netuschil über Ludwig M eidner (1884 –1966)

Horcher in die Zeit Er sei der „heißeste Krater“ der „vulkanischen Epoche“ schrieb, mitten in den expressionistischen 1920er-Jahren, der Kunsthistoriker Willi Wolfradt über den Maler, Radierer und Prosaschriftsteller Ludwig Meidner: „Alles, was er macht, ist Ausdruck, Ausbruch, Aussprengung!“ Wenn es einen Künstler am Anfang des 20. Jahrhunderts gibt, auf den die Stilbezeichnung Expressionismus in voller Inhaltlichkeit und in der großen Dimension stilis­ tischer Reinheit zutrifft, so ist es Ludwig Meidner! Meidners Gemälde, Zeichnungen und seine Radierungen machen betroffen: die gratigen Gesichtslandschaften, mit der kalten Nadel oder mit dem Federkiel ins Papier gekratzt, die explo­ siven, apokalyp­t ischen Landschaften, die an El Greco oder Francisco de Goya eher denken lassen, als an einen Meister des 20. Jahrhunderts, die stürzenden Straßen, Zeichen des unsicheren Weltgefühls am Vorabend des Ersten Weltkriegs, das Auf begehren großer Menschenmassen in Zeiten der Revolution, seine Kaffee­hausszenen und die Heiligen und Propheten als Visionen des gläubigen Juden Ludwig Meidner.

Ludwig Meidner, Grafik © Ludwig Meidner-Archiv, Jüdisches Museum der Stadt Frankfurt am Main

Im Frühwerk ist alles bei ihm „Brodeln, Lodern, Eruption“. Meidner ist der einzige seiner Epoche, der seismografisch die reale Welterschütterung des schon bald folgenden Krieges ­v isionär vorausahnt und künstlerisch wie noch keiner vor ihm gestaltet. 1884 in Bernstein in Schlesien geboren, ging er nach ­einer Maurerlehre für das vorgesehene Architekturstudium und einem zweijährigen Besuch der Breslauer Kunstschule 1905 als Modezeichner nach Berlin. 1906/07 zog er weiter nach Paris, wo er sich mit Amedeo Modigliani anfreundete. Wieder zurück in Berlin gründete er mit Richard Janthur und Jakob Steinhardt den Malerklub „Die Pathetiker“. Er gehörte zu den Hauptvertretern des frühen Expressionismus, ist ­bekannt und befreundet mit den wichtigsten Exponenten der Literatur und der Kunst, die er in Bildnissen festhielt: Meidner ist der Porträtist seiner Zeit! Das reale Kriegsgeschehen, das ihm die Möglichkeit zum Malen nahm, machte ihn zum Schriftsteller. Seine Prosa gehört zum wichtigsten, was der literarische Expressionismus hervorgebracht hat. Und sie gehört zu den gründlich vergessenen Texten der Epoche. Expressionismus ist Aufschrei und Ektase. Er konnte nur von kurzer Dauer sein! Die kunstgeschichtliche Un­ge­ rechtigkeit gegenüber Meidners Werk liegt darin, dass es fast ausschließlich für die Jahre 1912 bis 1922 reklamiert und ­bewertet wird. Was danach kam, ist ein ­in­tensives, religiös gesteigertes Malerleben inmitten der weltgeschichtlichen Katastrophe eines zweiten Krieges, ­begleitet von Flucht und Vertreibung, von Internierung und ent­beh­r ungsreichem Leben im Exil und einer Rückkehr, die ihm endlich und fast zu spät gebührende Anerkennung und künstlerische Erfolge brachte. Nach einem ersten Besuch in Hamburg und Bonn kam er ins Hessische, nach Frankfurt am Main, nach Marxheim bei Hof heim am Taunus und für die letzten drei Lebensjahre nach Darmstadt, wo er 1966 starb. In der Isolation des Londoner Exils entstanden neben Porträts surreale Szenen, „die in einer Mischung aus Schrecken, Humor und Übertreibung das Zeitgeschehen als groteskes Welttheater schildert[en]“. Nach 1952 erhielt das Porträt wieder ein stärkeres Gewicht; Meidner erhielt zahl­ reiche Aufträge, so für ein Porträt des Rabbiners Leo Baeck. In einem Interview zum 80. Geburtstag hat Ludwig Meidner sein künstlerisches Wunschziel, der „drittgrößte […] Zeichner der Kunstgeschichte werden [zu] wollen – nach Ingres und Menzel“, formuliert. Auch wenn er selbstkritisch an seinem Postulat zweifelte, steht unumstößlich fest: Die Zeichnung war und blieb das Zentrum seines Schaffens. Meidner ist auch aus heutiger Sicht einer der größten Meister dieser intimsten und ursprünglichsten Äußerung der Kunst und mit Fug und Recht besteht sein Œuvre neben den beiden genannten Zeichnern des 19. Jahrhunderts.


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Ludwig Meidner mit Selbstporträts vor seinem Atelier in Marxheim bei Hofheim, Foto: Stefan Moses

D E R K U LT U R F O N D S F R A N K F U R T R H E I N M A I N

wurde im Jahr 2007 auf Initiative der Hessischen ­ andesregierung als gemeinnützige GmbH mit Sitz in L Bad Homburg gegründet. Gesellschafter sind neben dem Land Hessen die Städte Frankfurt am Main, Darmstadt, Hanau und Wiesbaden sowie die Kreise Main-Taunus und Hochtaunus. Mit der Stadt Bad Vilbel wurde eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. Hauptaufgabe des Kulturfonds ist es, die ­Metropolregion Frankfurt RheinMain durch kulturelle Zusammenarbeit besser zu vernetzen, die Attraktivität zu stärken sowie die kunst- und kulturgeschichtliche Tradition der Region zu dokumentieren. Der Fonds fördert vor allem Projekte mit nationaler und inter­ nationaler Strahlkraft und unterstützt daneben auch regionale Kulturaktivitäten. In seiner Art ist der Kulturfonds bundesweit einzigartig. Im Sinne eines „Matching Funds“ wird jeder von den kommunalen Gesellschaftern beigetragene Euro durch das Land Hessen verdoppelt. Dadurch konnte der Kulturfonds Frankfurt RheinMain bislang rund 40 Millionen Euro Fördermittel bereitstellen.

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A R T M A P P   F R Ü H J A H R 2 016 — A U S S T E L L U N G E N

Dennoch, Meidner, der zu den herausragenden Künstlergestalten des 20. Jahrhunderts gehört, muss immer wieder neu entdeckt werden – sein Werk ist von ungeheurer Intensität und reich, groß und einmalig! Anlässlich des 50. Todesjahrs – Meidner starb am 1 4. Mai 1966 in Darmstadt – würdigen in einem Gemeinschaftsprojekt fünf Ausstellungsorte im Rhein-Main-Gebiet den Künstler und sein Werk, auch und vor allem mit weniger bekannten Aspekten seiner Kunst. Gefördert vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain, angeregt vom Jüdischen Museum in Frankfurt am Main, das den Nachlass Meidners bewahrt, und der Ludwig Meidner Gesellschaft in Hofheim am Taunus zeigt das Museum Giersch der Goethe-Universität unter dem Titel „Horcher in die Zeit“ neben Arbeiten zu den Themen Krieg, Apokalypse, Stadt, Religion und Porträt als Schwerpunkt Schaffenszeugnisse aus den Jahren im Ausland. Sie sollen die Kontinuitäten und Entwicklungslinien im Werk des Künstlers vom Expressionismus bis ins englische Exil sichtbar machen. Die Jahre nach der Rückkehr aus dem Exil stehen im Zentrum der Ausstellung im Stadtmuseum Hof heim am ­Taunus. „Jugend und Alter“ ist diese Schau betitelt und umfasst Porträts des Marxheimer Jahrzehnts. Viele von dessen Bürgern hat Meidner im Bild festgehalten, aber auch seine zahlreichen Besucher und Sammler aus aller Welt. Zeichnungen und Druckgrafiken aus den 1910erund 1920er-Jahren stehen im Mittelpunkt der Ausstellung des Institut Mathildenhöhe Darmstadt im Museum Künstlerkolonie. Für den Zeichner M ­ eidner war die dynamische, eruptive, scharfe Linie das bedeutendste Stilmittel. Die in der Ausstellung gezeigten Werke stammen aus der Städtischen Kunstsammlung Darmstadt und werden zum Teil erstmalig präsentiert. Das prägende Erlebnis des Ersten Weltkrieges für die bildenden Künstler im Umkreis von Darmstadt ist Thema der ganz im Zeichen des Zivilisationszusammenbruchs stehenden Ausstellung im Kunst Archiv Darmstadt e. V. Neben Meidners oft schon vor dem Krieg entstandenen Schlachtfeldund Katastrophenszenen sind Arbeiten von Karl Deppert, Karl Thylmann, Josef Eberz und anderen zu sehen. Als Kooperationspartner nimmt die Darmstädter ­Galerie Netuschil, die mehrfach in den vergangenen 40 Jahren Meidners Werk gezeigt hat, am Gemeinschaftsprojekt teil. Die hier präsentierte Ausstellung „Lehrer, Schüler, Freund, Kollege“ beleuchtet das gemeinsame Arbeiten Meidners mit seinem Schüler Jörg von Kitta-Kittel und zeigt frühe und späte A ­ rbeiten beider.


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Sakura Fullmoon, 2006 © Darren Almond

PROGRAMMTIPPS ZUR AUSSTELLUNG DIE REALE WELT DES SISYPHOS Die Schwefelstecher von Java 13. April 2016, 19 Uhr, Teilnahmegebühr 9 € Film- und Gesprächsabend mit Claudius Massinger und Martin Maria Schwarz, hr2-kultur KURATORENFÜHRUNG Mittwoch, 20. April 2016, 19 Uhr, 5 € zzgl. Eintritt Dr. Johannes Janssen, Direktor Museum Sinclair-Haus KÜNSTLERGESPRÄCH Mittwoch, 11. Mai 2016, 19 Uhr, Teilnahmegebühr 9 € Darren Almond im Gespräch mit Daniella Baumeister, hr2 Kultur. MONDNACHT IM SCHLOSSPARK Mittwoch, 15. Juni 2016, 19 Uhr, Teilnahmegebühr 15 € Ein künstlerischer Abendspaziergang mit Musik, Literatur und szenischem Spiel durch den Schlosspark Bad Homburg.

MUSEUM SINCLAIR-HAUS Löwengasse 15 Eingang Dorotheenstraße 61348 Bad Homburg v. d. Höhe www.museum-sinclair-haus.de Öffnungszeiten: Dienstag 14 – 20 Uhr Mittwoch bis Freitag 14 – 19 Uhr Samstag, Sonntag und an Feiertagen 10 – 18 Uhr Montags geschlossen Information und Anmeldung: T +49 (0) 6172 404-120 info@altana-kulturstiftung.de.


6. MÄRZ BIS 26. JUNI 2016

Darren Almond SCHATTEN UND LICHT FOTOGRAFIE UND FILM Darren Almond (geb. 1971 in Wigan, England) fotografiert mit langer Belichtungszeit in Vollmondnächten, in denen keine Wolken am Himmel stehen. „Während der langen Belichtung siehst du nie, was du gerade fotografierst“, so Almond. „Aber du gibst der Landschaft mehr Zeit, sich auszudrücken“. In seinen Werken wird die symbiotische Verbindung von Licht und Zeit sichtbar und gleichsam eingefroren – so verdichtet sich das bewegte Wasser von Flüssen und Meeren zu einer neblig-schaumigen Substanz, landschaftliche Konturen verschwimmen und der Mond hüllt die Natur in ein märchenhaft-sphärisches Licht. Die nächtlichen Panoramen eröffnen dem menschlichen Auge eine ihm unmögliche Lichtsituation, die das Vertraute verzerrt und fremdartig erscheinen lässt. Der geographische Bogen der Ausstellung spannt sich von Rügen und der Eifel in Deutschland über Italien und Frankreich bis nach Russland, Japan und Indonesien. Indem Darren Almond mit seiner Kamera den Spuren von Landschaftsmalern wie William Turner, Carl Blechen oder Caspar David Friedrich folgt und damit auch seinem Interesse für die großen Entdeckungsreisen des 18. und 19. Jahrhunderts nachgeht, verflechtet er in seinem Werk die abstrakten Begriffe und Vorstellungen von Zeit, Licht und Raum. Mit

den Kreidefelsen von Rügen wählt er ein Motiv, das Caspar David Friedrich in einem kunsthistorisch programmatischen Bild von 1818 festgehalten hat. Aus dem bekannten, romantischen Kreidefelsenmotiv lässt er mit seinen Fotografien von 2004 und 2015 bizarr-bekannte und dennoch befremdliche Nachtlandschaften entstehen, die eine scheinbare Annäherung zwischen der Erde und der Mondoberfläche evozieren und in ihrer Surrealität unzugänglich und geheimnisvoll erscheinen. In seinen Videoarbeiten nimmt Darren Almond den Menschen in den Fokus – so auch in der Arbeit „Bearing“. In bedrückender Nahaufnahme filmt er das Gesicht eines Bergarbeiters, der an einem zerklüfteten Vulkan in Java, Indonesien, unter zermürbenden Bedingungen Schwefel abbaut. Die repetitiven Atemzüge und Schritte des Bergmanns sowie die krächzenden Geräusche der Ladung lösen die bekannten Maßeinheiten der Zeit auf und erzeugen mit dieser verzehrenden Sisyphos-Arbeit eine neue Auslotung von Raum und Zeit, die für den Betrachter gleichsam spürbar wird. So bilden Schatten und Licht als die zwei Gesichter des Menschen einerseits und als elementare Naturphänomene andererseits die konstitutiven Eckpfeiler in Darren Almonds Werk.

Bearing, 2007 © Darren Almond, Filmstill

Fullmoon@Eifel 2, 2010 © D a r r e n A l m o n d , c o u r t e s y G a l e r i e M a x H e t z l e r, B e r l i n



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28. - 30. Okt 2016 BLICKFANG WIEN MAK

17. - 19. März 2017 BLICKFANG STUTTGART Liederhalle


März Juli November

Covermotiv ARTM APP Magazin Winter 2015: Stefan Strumbel vor seiner Arbeit „Ready Made 9“, Foto: Tom Ziora

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Am 7. Juli erscheint die nächste Ausgabe

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Der ARTMAPP Gesamtauflage liegt die Broschüre „Das Schweizer Städte- und Kunstmagazin 2016“ von Schweiz Tourismus bei.


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7. biennale der zeichnung – zeichen setzen

25/06–31/07/2016

kunstverein eislingen

galerie in der alten post in eislingen

22 internationale zeichnerinnen und zeichner Jörg Bach / Sonja Bendel / Gustavo Diaz Sosa / Kristian Evju / Eva Früh / Sonja Gangl / Dinah Günther / Klaus Hack / Hans Uwe Hähn / Simon Hendrik Halfmeyer / Kàroly Keserü / Akane Kimbara / Manuel Knapp / Sabine Laidig / Anja Luithle / Anne Skole Overgaard / Albertrichard Pfrieger / Giulia Ricci / Yehudit Sasportas / Simon Schubert / Ines Spanier / Mirjam Voelker vernissage 24/06, 20 uhr / galerie in der alten post / bahnhofstraße 12 Zur ausstellung erscheint ein katalog mit einem text von Dr. Günter Baumann. kunstverein eislingen / bahnhofstraße 12 / 73054 eislingen / www.kunstverein-eislingen.de


Kunstmuseum Thun, Hofstettenstrasse 14, 3602 Thun Di–So, 10–17 Uhr / Mi 10–19 Uhr, www.kunstmuseumthun.ch

Eduardo Arroyo, Le Passage du Saint-Bernard, 1965, Fondation Gandur pour l’Art, Genf, Foto: © Versailles Enchères

Mit alberto Giacometti, Thomas Huber, Meret oppenheim, peter Stämpfli, Hugo Suter, Gérard Thalmann, Jean Tinguely und Félix Vallotton

EDUarDo arroyo DiE ScHwEizEr KapiTEl 14. 5.– 7. 8. 2016



Welche Farbe hat Engagement?

Die Credit Suisse fĂśrdert Kunst, indem sie seit rund 40 Jahren Partnerschaften mit ausgewählten .XQVWLQVWLWXWLRQHQ SČ HJW 'D]X JHK¸UHQ QHEHQ LQWHUQDWLRQDO UHQRPPLHUWHQ +ÂŚXVHUQ ZLH GLH 1DWLRQDO *DOOHU\ LQ /RQGRQ DXFK VLHEHQ IžKUHQGH ,QVWLWXWLRQHQ LQ GHU 6FKZHL] 6R XQWHUVWžW]HQ ZLU EHLVSLHOVZHLVH GDV .XQVWPXVHXP %DVHO GDV .XQVWKDXV =žULFK GDV .XQVWPXVHXP %HUQ GDV 0$6,/XJDQR XQG DXFK GDV .XOWXU]HQWUXP /$& /XJDQR $UWH H &XOWXUD DOV +DXSWSDUWQHU

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