ARTMAPP #21, Sommer 2019

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J U L I – O K T O B E R 2 019 8 ,9 0 € ( D) 10 ,9 0 € ( A ) 13 ,9 0 S F R artmapp.net

D as Ku nst m a g a zin f ü r E nt d e c ke r

Die Kunst-App im App Store und bei Google Play

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mobil.artmapp.net

KARLSRUHE KULTUR

SACHSEN-ANHALT MODERN

FONTANE ROECKLE ROHRER SIEVERDING WEIBEL

CAPUTH GÖPPINGEN MÜNCHEN SALENSTEIN WILHELMSHAVEN ZÜRICH


BRIXY

PASSION 20.09.–12.10.2019 Galerie Tammen & Partner, Berlin Thomas Röthel Stahlskulpturen

ALTES PUMPWERK NECKARAU

Aufeldstraße 19, 68199 Mannheim Öffnungszeiten der Ausstellung FR 15 – 19 Uhr | SA + SO 11 – 15 Uhr u.n.V.

www.brixy.de


Titelmotiv: Moritz Götze, „Stilles Meer“, 2019, Emaillemalerei mit Gold, 123 x 50 cm (Detail) © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

EDI TOR I A L #21 2019

Reiner Brouwer, Foto: © Carmen Jäger

Götzendämmerung

Nach der „Grand Tour der Moderne“ und „Bauhaus in Thüringen“ schließen wir in dieser Ausgabe mit „Sachsen-Anhalt ­modern“ die Bauhaus-Trilogie ab. Ein ausgewiesener Kenner der Kulturszene in Sachsen-Anhalt ist der Künstler Moritz Götze aus Halle an der Saale. Ich traf ihn beim Emaillieren im Mulden­ thaler E ­ maillierwerk in Penig/Sachsen, in dem er seit über 20 Jahren Bilder aus ­Schmelzglas produziert.

Foto: © Michel Klehm

Hallo Moritz, ich hatte mich schon immer gefragt, wie es zu dieser Liebe zum ­M aterial Emaille bei Dir kam und die Treue zu den Muldenthalern! Mein Vater hat in den 60er Jahren ­angefangen, alte Werbeemailleschilder zu sammeln und sie hingen in unserer ­ganzen Wohnung. Das hat mich mit dem Material Emaille zusammengebracht und durch einen Kunst-am-Bau-Auftrag im Specks Hof Leipzig, bei dem auch ­Johannes Grützke was gemacht hat, bin ich durch ihn an das Muldenthaler ­Emallierwerk gekommen, das war 1995 und bin seitdem bis heute dageblieben.

Deine Verbundenheit mit Halle und Mitteldeutschland ist bekannt, aber Du hast auch immer einen universellen Blick auf die deutsche Geschichte. Zurzeit stellst Du in Wihelmshaven im Marine­museum aus. Hat das etwas mit, salopp gesagt, „Schiffeversenken“ zu tun? Regionale Geschichte, wie auch die Geschichte Mitteldeutschlands ist natürlich immer vernetzt mit der europäischen ­Geschichte. Darum beantworte ich die Frage jetzt auch auf den Orkney Inseln, da ich zur Zeit hier auf einer ­Jubiläumsveranstaltung bin zum Gedenken an die Selbstversenkung der Deutschen Kriegsmarine am 21. Juni 1919 in Scapa Flow. Das ist auch mein Thema in der ­Ausstellung in Wilhelmshaven, ein Thema, was mich schon länger beschäftigt. Und noch einmal Wilhelmshaven, nach „Scapa Flow“ folgt die Schau ­„Götzendämmerung. Bilder zur Deutschen Geschichte“ in der Kunsthalle Wilhelmshaven. Lässt Du da etwa Deutschland ­untergehen! Da ich mich in meiner Arbeit schon immer mit geschichtlichen Themen ­befasste, von „Tristan und Isolde“ bis eben zu ­„Scapa Flow“, habe ich in der Ausstellung in der Kunsthalle Wilhelmshaven alle diese Arbeiten gebündelt. Das geht über Anton Alexander von Werner, Johann Gottfried Schadow, Friedrich II. bis hin zu der romantischen T­ hematik des Knaben ­Wunderhorn.

Jarrestadt, Hamburg

Konsumzentrale, Leipzig

Liebe Leser, ich wünsche Ihnen viel Spaß auf Ihrer persönlichen Entdeckungstour mit ARTMAPP. Reiner Brouwer Herausgeber Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages sowie durch das Land Sachsen-Anhalt und den Freistaat Thüringen.


Auguste Rodin, Homme, qui marche (Detail) © Musée Rodin / Foto: Christian Baraja

Moderne Galerie

Rodin / Nauman

modernegalerie.org

21.9. 2019 — 26.1. 2020


Rodin / Nauman

Mit freundlicher Unterstützung von

Bruce Nauman, Marching Man (Detail), 1985 © Hamburger Kunsthalle / bpk © VG Bild-Kunst, Bonn / Foto: Elke Walford

21.9. 2019 — 26.1. 2020


LUXEMBOURG ΛRT WEEK THE INTERNATIONAL CONTEMPORARY ART FAIR IN LUXEMBOURG

HALLE VICTOR HUGO

8–10 NOVEMBER 2019 luxembourgartweek.lu



Inhalt

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(auszugsweise)

ARTM APP Sommer 2019

Peter Weibel, Foto: Galerie Anita Beckers

Thomas Bauer-Friedrich, Direktor Kunstmuseum Moritzburg, Foto: Karsten Möbius

Karlsruhe

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R EICH A N ALT EN U ND NEU EN KU NSTSCHÄT ZEN Schlaglichter der wichtigsten Karlsruher Institutionen – von Chris Gerbing

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AU F DEN SPU R EN KÜ NST LER ISCHEN SCHAFFENS Stadtspaziergang zu Kunst im öffentlichen Raum – von Chris Gerbing

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T R EFFPU NK T DA MMER STOCK Ewald Karl Schrade im Restaurant „erasmus“ – von Chris Gerbing

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PROJEK T E U ND R ÄU ME Rita Burster: Galeristin zwischen Karlsruhe & Berlin – von Chris Gerbing

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„IM GEFÄ NGNIS VON R AU M U ND ZEI T “ Künstler, Kurator, Direktor: Peter Weibel im Gespräch – von Anita Beckers

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Sachsen - Anhalt

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MAGDEBU RG Von der Geschichtsmetropole zur Reformstadt der Moderne von Carsten Probst Hop in Magdeburg. Stay & Eat – von Nina Czayka

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HALLE (SA ALE) „Bauhaus Meister Moderne“ im Kunstmuseum Moritzburg von Carsten Probst Moritz Götze in Wilhelmshaven – von Carsten Probst

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DESSAU Bauhaus, Industrie und Gärten – von Carsten Probst

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QU EDLINBU RG Lyonel Feininger-Galerie – von Nicole Büsing & Heiko Klaas Diakonissen-Mutterhaus Neuvandsburg in Elbingerode/Harz von Carsten Probst

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Skulpturensommer 2019

Thomas Schütte, Foto: Städtische Museen Heilbronn

R AU M ALS GESTALT BAR E GRÖSSE „Blickachsen 12“, „6. Biennale Weiertal“, „Open Man House“ Heilbronn von Chris Gerbing

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NIGHT SHIF T MI T R ACHMA NINOW Stefan Rohrer in der Kunsthalle Göppingen – von Clemens Ottnad

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AR MIN GÖHR INGER EOS.KUNST.RAUM, Krailling – von Barbara Brubacher

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R EFLEXIONSOBJEK T E Hanna Roeckles modulares System – von Daniela Baumann

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NOR DART 2019 Schau der Superlative – von Bettina Götz

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„Das stärkste, was Morgen heute bietet“

DER

STURM IN JENA

Katharina Sieverding, Foto: © VR Bank Dachau, Hans Seidl

Por trät „L‘ART POU R L‘ART “ Künstlerateliers der Moderne – von Burkhard Meier-Grolman

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MECKLENBU RG EN PLEIN AIR Carl Malchin in Schwerin – von Jan-Peter Schröder

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V ER SPIELT U ND AUCH BRU TAL Kunstraum THE VIEW, Sommerausstellung in Salenstein von Siegmund Kopitzki

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MI T TSOMMER IN WIESBADEN Harald Sohlberg – von Kim Behm

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„CHRONOGR APHIE T ER R EST R E “ Horst Haack in der Kunsthalle Darmstadt – von León Krempel

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A M FALSCHEN ORT II Katharina Sieverding im Schloss Dachau – von Barbara Brubacher

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Amrei Heyne

APPETIZER

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BUCHTIPPS

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AMREI ON TOU R

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TER MINE

216

IMPRESSU M

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Jean Metzinger, Le Spinx, 1920, © Petit Palais, Genf

Ausstellungen

GEMÄLDE ZEICHNUNGEN DRUCKGRAFIK SKULPTUREN 1. SEPTEMBER — 17. NOVEMBER 2019

KUNSTSAMMLUNG JENA www.kunstsammlung-jena.de

KUNSTSAMMLUNG. Städtische Museen Jena. JenaKultur.

27. September 2019 – 29. März 2020 STADTMUSEUM JENA

LEUCHTEN DER MODERNE

Jenaer Beleuchtungsglas in der Bauhauszeit www.stadtmuseum-jena.de




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PROGRAMMTIPPS ZUR AUSSTELLUNG VERNISSAGE MIT OFFENEM ATELIER Sonntag, 7. Juli 2019, 11 Uhr FÜHRUNG AM SONNTAG Jeden Sonntag, 11.15 Uhr KUNST AM ABEND Jeden Dienstag, 18 Uhr Führung und Gespräch bei einem Glas Wein GARTENKUNST TRIFFT AUF LITERATUR Mittwoch, 17. Juli, 19 Uhr Ein Abend über „Seide“ in der Orangerie im Schlosspark Bad Homburg POESIE & MUSIK Mittwoch, 21. August, 19 Uhr „Kribbel, krabbel – Die wunderbare Welt der Insekten!“ Mit Michael Quast, Fliegende Volksbühne und Olaf Pyras, Schlagwerker KÜNSTLERGESPRÄCH Mittwoch, 4. September, 19 Uhr Maximilian Prüfer im Gespräch mit Bianca Schwarz (hr2-kultur) FOR FUTURE Freitag, 20, September 2019, 17-21 Uhr Ein Nachmittag zu Klimawandel und Artenschutz (Eintritt frei) Tickets an der Museumskasse. o b e n : L a u r e n t M i g n o n n e a u , C h r i s t a S o m m e r e r, Pe o p l e o n t h e F l y © C h r i s t a Sommerer & Laurent Mignonneau, Courtesy of Galerie Anita Beckers, Frankfurt u n t e n : B e r t o z z i & C a s o n i , Va s o c o n m a z z o d i f i o r i , 2 0 1 8 © B e r t o z z i & C a s o n i , VG Bild-Kunst, Bonn 2019, Courtesy of Beck & Eggling International Fine Art, Düsseldorf, Vienna

Löwengasse 15 | Eingang Dorotheenstraße | 61348 Bad Homburg v. d. Höhe Eine Institution der Stiftung Nantesbuch gGmbH

L e a G r e b e , o .T. ( F l i e g e ) , 2 0 1 8 © Lea Grebe, Courtesy of Karin

Information: T +49 (0) 6172 404 -120 | info@museum-sinclair-haus.de www.museum-sinclair-haus.de

Wimmer Contemporary Art

Öffnungszeiten: Dienstag 14 – 20 Uhr | Mittwoch bis Freitag 14 – 19 Uhr Samstag, Sonntag und an Feiertagen 10 – 18 Uhr | Montags geschlossen


7. JULI BIS 13. OKTOBER 2019

FLÜGELSCHLAG INSEKTEN IN DER ZEITGENÖSSISCHEN KUNST

Das drängende Thema des Insektensterbens hat den Blick des Menschen auf die kleinen Kerbtiere verändert: Ihre unabweisliche Bedeutung für das fragile ökologische Gleichgewicht der Natur ist in den Fokus geraten. Die Abwesenheit von Insekten wird immer spürbarer und damit wächst die Sehnsucht nach ihrer Rückkehr. Das Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg widmet sich mit der Ausstellung „Flügelschlag. Insekten in der zeitgenössischen Kunst“ diesem aktuellen Thema. Vom 7. Juli bis zum 13. Oktober sind Positionen von 21 nationalen und internationalen Künstlerinnen und Künstlern zu sehen. In ihren Arbeiten spüren sie der Verschiebung in der Beziehung von Mensch und Insekt nach und nähern sich dabei auf unterschiedlichste Art und Weise den fremdartigen Wesen an. So reiste der Künstler Maximilian Prüfer für seine Arbeit „A Gift from him“ (2018/19) bis in die chinesische Provinz Sichuan, dort werden Obstplantagen schon längst von Menschenhand bestäubt. In Timo Kahlens Arbeit „Bags of Bees“ (2009) wird eine herkömmliche Papiertüte zum Raum für das Klangspektrum eines nicht anwesenden Bienenschwarms. Das Künstlerpaar Christa Sommerer & Laurent Migonneau überführt in seinen Arbeiten evolutionsbiologische Gesetze in die virtuelle Welt: In „People on the Fly“ (2016) werden vorbeigehende Passanten gefilmt und gescannt. Sie erscheinen dann auf einem großen Bildschirm, und werden sogleich von virtuellen Fliegen verfolgt und umhüllt. Die Formation des Insektenschwarms passt sich dem jeweiligen Profil mimetisch an.

r e c h t s : G r e g o r Tö r z s , W i n g W i n g N o . 3 , 2 0 1 8 © G r e g o r Tö r z s , C o u r t e s y o f Pe r s i e h l u n d H e i n e G a l e r i e f ü r F o t o g r a f i e unten: Akihiro Higuchi, HANA, H0118 © Akihiro Higuchi, C o u r t e s y o f M i k i k o S a t o G a l e r i e , H a m b u r g alerie, Hamburg

Die 60 gezeigten Arbeiten werden von naturwissenschaftlichen Exponaten aus dem Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt ergänzt. Die Ausstellung „Flügelschlag“ zeigt Arbeiten von Anita Albus, Mirko Baselgia, Bertozzi & Casoni, Lili Fischer, Esther Glück, Lea Grebe, Dominic Harris, Akihiro Higuchi, Timo Kahlen, Christa Sommerer & Laurent Mignonneau, Claire Morgan, Maximilian Prüfer, Vroni Schwegler, Günther & Loredana Selichar, José María Sicilia, Gregor Törzs und Rosemarie Trockel.


26. Mai – 6. Okt. 2019

Skulpturen in Bad Homburg und Frankfurt RheinMain in Zusammenarbeit mit dem Skulpturenpark Wanås Konst, Schweden Bad Homburg – Bad Vilbel – Eschborn – Frankfurt – Kloster Eberbach – Kronberg

Hanneke Beaumont | Claudia Comte | Jacob Dahlgren | My Ekman Elmgreen & Dragset | William Forsythe | Charlotte Gyllenhammar | Jeppe Hein Satch Hoyt | Sofia Hultén | Leiko Ikemura | Kaarina Kaikkonen | Per Kirkeby Ruud Kuijer | Alicja Kwade | Arik Levy | Katarina Löfström | Ohad Meromi Nandipha Mntambo | Sirous Namazi | Yoko Ono | A.R. Penck | Leunora Salihu Sean Scully | Anne Thulin | James Webb | Winter/Hoerbelt | Fredrik Wretman David Zink Yi Veranstalter: Stiftung Blickachsen gGmbH Magistrat der Stadt Bad Homburg v.d.Höhe Kur- und Kongreß-GmbH Bad Homburg v.d.Höhe Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen

www.blickachsen.de

Stiftung BLICKACHSEN gGmbH Bad Homburg v.d.Höhe

HESSEN

Unter der Schirmherrschaft des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier Hauptförderer: Blickachsen 12 wird ermöglicht durch die Förderung von Deutsche Leasing AG, Freunde der Blickachsen, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Kulturfonds Frankfurt RheinMain gGmbH, Stefan Quandt, UBS Europe SE

Weitere Förderer: Arnold AG, Commerzbank AG, DIC Asset AG, FERI AG, François-Blanc-Spielbank GmbH, Frankfurter Volksbank eG, KanAm Grund Group, Willy A. Löw AG, Stiftung Historischer Kurpark Bad Homburg v.d.Höhe



KARLSRUHE Klassische Moderne und Gegenwartskunst 13. – 16. Februar 2020 Messe Karlsruhe

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Tradition  und  Aufbruch Nachkriegskunst  in Karlsruhe 20/07/2019– 19/01/2020


K ARLS RU HE Ein Recht auf Kultur

2010 bewarb sich Karlsruhe, wo Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof ihren Sitz haben, mit dem Slogan „Mit Recht – Karlsruhe“ auf den Titel Kulturhauptstadt Europas. Auch auf die Kultur wirkt sich die Ballung der hohen Gerichtsbarkeit deutlich als Leitschnur des städtischen Kulturkonzepts aus, das das Recht eines jeden Bürgers auf Kultur beinhaltet. Dabei ist Kultur in Karlsruhe ressortübergreifend: So ist das sein 300-Jahr-­Jubiläum feiernde Badische Staatstheater Teil der breit gespielten Kultur- und Kreativszene, zu der auch Musikhochschule, Kunst­a kademie, Hochschule für Gestaltung und das ehemalige Schlachthofareal mit dem Gründerzentrum Perfekt Futur gehören. ­K arlsruhe weist damit ein breites Kreativpotenzial in ­verschiedensten Sparten auf. Zahlreiche Festivals und die „Schloss­l icht­ spiele“, bei denen die Schlossfassade seit 2015 zur überdimensionalen Projektionsf läche für künstlerische Animationen wird, bewirken einen Hauch Laissez-faire. Und das oft sogar gänzlich kostenlos! CHRIS GERBING


Werner Pokorny, „9 Pfeiler, aufrecht“, 1994, Cortenstahl, © VG Bild-Kunst, Bonn 2019 und Fujiko Nakaya „Cloud Walk @ZKM Negative Sculpture“, 2019, vor dem ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, Foto: Chris Gerbing


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Karlsruhe ist reich an alten und neuen Kunstschätzen Schlaglichter der wichtigsten Karlsruher Institutionen VON CHRIS GERBING

Auch wenn die ehemalige Residenzstadt Karlsruhe den Ruf einer „schönen Spröden“ hat, so lässt sich in der „Fächerstadt“ doch viel entdecken – nicht zuletzt in der reichen Museumslandschaft, die bis heute von der einstigen Größe der Markgrafschaft und der Kunstsinnigkeit ihrer Regenten zeugt. Gerade im Sommer zeigt sich Karlsruhe mit mediterranen Temperaturen von sei­ner besten Seite – und geht mit den

„Schlosslichtspielen“ (8. August bis 15. September 2019) seit 2015 neue Wege in der nächtlichen Stadt­i llumination. Das ZKM | Zentrum für Kunst und Medien erweckt die Fassade des Schlosses durch digitale Kunstwerke zum Leben, indem sie zur Projektionsf läche wird – in diesem Jahr unter dem Motto „Ein Sommer der Liebe und des Lebens. Hate comes late – Love comes first“.


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Karlsruhe wurde als barocke Modellstadt auf dem Reißbrett angelegt. Ausgehend vom Schloss, dessen leicht abgesetzter, mittig die Dreiflügelanlage überragender Turm den Stadtmittelpunkt bildet, entwickelt sich die Stadt fächerförmig nach Süden. Seit 1921 ist die ehemalige Residenz Museum; nachdem das Schloss nach 1945 neu aufgebaut werden musste, gibt es dort keine historischen Räume mehr, sondern viel Platz für Wechselausstellungen und die kulturhistorische Dauerausstellung. In diesem Bereich geht das Landesmuseum nun neue Wege: Die Sammlung wird zum Schaudepot umgestaltet, der Besucher wird zum Nutzer und kann sich Exponate nach vorheriger Anmeldung vorlegen lassen. „Archäologie in Baden“

wird auf diese Weise hautnah erfahr­bar, digitale Tools helfen bei der Einordnung, mit VR-Brillen lassen die sich zuvor gescannten Objekte dreidimensional begut­a chten. Dabei werden die Besucher zu Partnern der Kuratoren, denn ihre Auswahl sorgt für die sukzessive Digitalisierung der rund 350.000 Exponate, die das Landesmuseum besitzt – und von denen bislang nur ein Bruchteil gezeigt werden konnte. Passend zur Gründungsepoche der Fächerstadt bietet das Museum eine virtuelle Zeitreise ins Barock und lässt die historischen Räumlichkeiten dazu wieder auferstehen. Die Große Landesausstellung „Kaiser und Sultan“ (ab 19. Oktober 2019) geht von der „Karlsruher Türkenbeute“ aus und zeigt die historischen und kulturellen Verflechtungen in Ostmittel-und Südosteuropa. landesmuseum. de

S TA AT L I C H E M A J O L I K A M A N U FA K T U R

Die Majolika Manufaktur gehört zur DNA der Stadt Karlsruhe. Wie auch die Kunstakademie wurde ihre Entstehung von den Markgrafen gefördert, die Zusammenarbeit mit Künstlern ist seit ihren Anfängen gute Tradition. Deutschland­weit einzigartig sind die Möglichkeiten, die das Unternehmen im Bereich der Produktion von Kunst am Bau zu bieten hat. Im Bereich des keramischen 3-D-Drucks, 2018 neu aufgelegt, ist die Majolika derzeit am Expandieren, denn die Nachfrage nach den in Kleinserie ge­fertigten Vasen und Teelichtern ist enorm. Gefertigt wird dabei nur, was mit den üblichen Verfahren – dem Gießen, Drehen oder Handformen – nicht herzustellen ist. majolika-karlsr uhe. de

BA DISCHER K U NST V ER EI N

Schräg gegenüber des Hauptbaus der Staatlichen Kunsthalle befindet sich der Badische Kunstverein. 1818 gegründet, ist er einer der ältesten seiner Art in Deutschland und zeugt bis heute vom bürgerschaftlichen Engagement für die Kunst. 2012 wurde er für seinen speziellen Fokus auf Künstlerinnen mit dem Kunstpreis auf der Art Cologne ausgezeichnet. Nach wie vor wird das Thema Feminismus großgeschrieben und in Einzel- wie Gruppenausstellungen auf Künstlerinnen und deren Werk aufmerksam gemacht. Dabei werden Narrative jenseits des üblichen Kunstbetriebs einbezogen, wie in der ­a ktuellen Solo-Schau zum Werk von Nilbar Güre ş . Die ­t ürkische feministische Einzelposition wird durch die ­Gruppenschau „unspeakable home, enchanting companions“ ergänzt, in der es darum geht, die Geschichte des künstlerischen Feminis­mus in der Türkei aufzuzeigen. b a d i s c h e r- k u n s t v e r e i n . d e

Jochen Gerz, „Grundrechte“, Platz der Grundrechte, im Hintergrund ­B adisches Landesmuseum im Schloss Karlsruhe, Foto: Andrea Fabry © KTG Karlsruhe Tourismus GmbH / VG Bild-Kunst, Bonn 2019

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — K A R L S R U H E

L A N DE SM USEU M I M SCHLOSS


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S TA AT L I C H E K U N S T H A L L E

Den wichtigsten Impuls, aus der rund 500 Jahre alten Ansammlung von Kunstwerken eine Sammlung von Format zu entwickeln, gab Karoline Luise von Hessen-Darmstadt, die 1751 in die Markgrafschaft einheiratete. Sie hatte mit Geistes­ größen wie Voltaire und Goethe regen Austausch, erwarb zahlreiche Kunstwerke und dilettierte selbst als Künstlerin. 1846 wurde die Kunsthalle – von Heinrich Hübsch erbaut und bis 1990 von Josef Durm und Heinz Mohl erweitert – in direkter Nachbarschaft zum Schloss eingeweiht. Vom Mittel­a lter bis zur Neuzeit erstreckt sich die Sammlung, die inzwischen in Teilen auch online zugänglich ist. Über den Sommer zeigt die Kunsthalle eine Werkschau von Silvia Bächli, die an der Kunstakademie Malerei lehrt und überwiegend mit Zeichnungen bekannt wurde. Gemeinsam mit Eric Hattan entwickelte sie eine Wandinstallation, die zusammen mit ­V ideos des Schweizer Künstlers präsentiert wird. Ab Ende November wird dann, ausgehend von den hauseigenen Beständen, in einer großen Retrospektive auf Hans Baldung Grien geblickt, der zu den außergewöhnlichen Künstlern der Renaissance gehört. 13. Juli bis 29. September 2019 S i l v i a B ä c h l i – „ s h i f t “ | E r i c H a t t a n – „ e n t l a n g“ k unsthalle-karlsr uhe. de

Z K M | Z E N T RU M F Ü R K U NS T U N D M E DIE N

Silvia Bächli, Ohne Titel, 2014 © Silvia Bächli

In der ehemaligen Munitionsfabrik – erbaut 1915 bis 1918 für die Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken AG (DWM) und w ­ ährend des Zweiten Weltkriegs wichtiger Waffen­ lieferant – zogen ab 1997 die Institutionen des ZKM | Zentrum für Kunst und Medien, die Hochschule für Gestaltung und die Städtische Galerie ein. Die ZKM-Sammlung gehört zu den weltweit größten Medienkunstsammlungen; derzeit ist sie zum 30jährigen ­Jubiläum unter dem Titel „Writing the History of the Future“ so umfangreich wie selten zuvor zu sehen. Die Institution selbst steht seit Anfang 2019 auf Platz 4 des weltweiten ­M useumsrankings und ist damit auch deutschlandweit ­S pitze. Bis zur Sommerpause sind rund 300 skulpturale ­Positionen in „Negativer Raum“ zu sehen, im Herbst wird der ZKM-Direktor Peter Weibel als Künstler präsentiert (ab 21. September), bevor Ende Oktober die ifa-Schau „Die ­g anze Welt ein Bauhaus“ einzieht, die auch auf die Rezeption des Bauhauses blickt. zkm.de


S TÄ D T I S C H E G A L E R I E K A R L S R U H E

Johann S., „Delphi“, 2018, sowie Hans Uhlmann, „Entspannung“, 1948, Städtische Galerie Karlsruhe © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Akademie ein. Von A wie Horst Antes bis Z wie Wladimir von Zabotin werden knapp 60 Künstler mit ihren verschiedenen Ansätzen präsentiert. Die Karlsruher Akademie stand dabei für eine Neue Figuration – Wilhelm Loth und Walter ­S töhrer sind neben Antes sicher die bekanntesten in der Ausstellung vertretenen Positionen. Bis 2 2 . September 2019 T O P_ 0 0 1 9 M e i s t e r s c h ü l e r *i n n e n u n d d i e S a m m l u n g der Städt ischen Galer ie Karlsr uhe im Dialog 20. Juli 2019 bis 19. Januar 2020 Tra d i t i o n u n d A u f b r u c h . N a c h k r i e g s k u n s t i n K a r l s r u h e staedt ische-galer ie. de

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — K A R L S R U H E

Am südlichen Ende der ehemaligen Waffen- und Muni­ tionsfabrik befindet sich ebenfalls seit 1997 die Städtische Galerie, die ­ihren Schwerpunkt auf die Moderne und die Zeitgenossenschaft legt, wobei besonders die südwestdeutsche Kunstszene und die Professoren der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karls­r uhe im Fokus stehen. In diesem Jahr sind herausragende Absolventen der Akademie, denen im Anschluss an ihr reguläres Studium der Titel Meisterschüler verliehen wurde, zu Gast in der Städtischen Galerie. Damit erhalten sie während eines weiteren Jahres an der Hochschule eine ­exklusive ­Betreuung durch den sie zum Meisterschüler er­nennenden Professor und können die Infrastruktur der Institution in­k lusive eines eigenen ­Atelierplatzes und der verschiedenen Werkstätten nutzen. Im Regelfall gastiert die Präsentation der innerhalb dieses Zeitraums entstandenen Arbeiten unter dem Titel „TOP“ mit dem ­Zusatz des jewei­ligen Jahres an anderen Orten in Baden-­ Württemberg, um auf die Möglichkeiten hinzuweisen, die es an der Karlsruher Akademie gibt. In diesem Jahr ist sie ausnahmsweise in Karlsruhe zu sehen. Die Kuratorinnen der Ausstellung, Ulla von Brandenburg und Julia Müller – beide sind Professorinnen an der Karlsruher Akademie – haben sich angesichts der hoch­ karätigen Sammlung der Städtischen Galerie, in der das künstlerische Schaffen der an der Akademie tätigen Pro­ fessoren einer der Schwerpunkte ist, ­d ezidiert mit ihr auseinandergesetzt. Im Rahmen dieser a­ ktiven Bezugnahme, die damit auch das enge Lehrer-Schü­ler-­Verhältnis an Kunstakademien thematisiert, ist eine spannende, frische Präsentation entstanden, die die Bandbreite der Möglich­ keiten, Materialien und künstlerischen Dialogformen verdeutlicht. Insgesamt 28 Absolventinnen und Absolventen werden in der Ausstellung „TOP_0019“ mit ihren Arbeiten, Rauminterventionen und Installationen, aber auch mit ­Gemälden, Skulpturen, Zeichnungen, Grafiken und Videos präsentiert. Traditionell gestalten die Künstlerinnen und Künstler zu ihrem Meisterschülerprojekt einen Katalog, der dann – als Konvolut zusammengefasst – die Schau be­gleitet. Natürlich darf man jetzt schon gespannt sein, welcher der ­a ngehenden Künstler später selbst in den Kreis der Pro­ fessorenschaft, in den Reigen der Sammlungsexponate aufgenommen werden wird. In der Ausstellung „Tradition und Auf bruch“ (ab 20. Juli 2019) stellt die Städtische Galerie das Karlsruher Kunstschaffen der Nachkriegszeit in den Fokus: Zunächst wurde mit der Wiederberufung der neusachlichen Maler Karl ­H ubbuch und Wilhelm Schnarrenberger (1933 von den ­Nazis entlassen) an die Vorkriegszeit angeknüpft; mit HAP Grieshaber zog dann der Auf bruch der Nachkriegszeit in die


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Stadtspaziergang zu Kunst im öf fentlichen Raum in Karlsruhe

Auf den Spuren künstlerischen Schaffens Nach 1945 änderte sich der künstlerische Blick auf den ur­ banen Außenraum, in den Skulpturen einzogen. Karlsruhe ist dabei keine Ausnahme, wobei hier ein gewisser Schwerpunkt auf jenen Künstlern auszumachen ist, die an der traditions­ reichen Kunstakademie lehren und lehrten. Am Karlsruher Schloss, dem stadträumlichen Mittelpunkt der Fächerstadt, beginnt unser Stadtrundgang. Der Schlosspark war schon Ende des 18. Jahrhunderts für das Bürgertum zugänglich und bietet etliche skulpturale Entdeckungen: Mit der von Neorenaissance-Ornament gerahmten Büste von 1835 für Johann Peter Hebel befindet sich hier eines der frühesten Dichterdenkmäler Deutschlands, mit Stefan Strumbels bronzenem Thron für den Markgrafen eine der jüngsten Skulpturen ­K arlsruhes. 1967 fand in Karlsruhe die Bundesgartenschau statt, für die Hermann Goepferts Brunnenanlage als Stelenwald realisiert wurde, der an versteinerte Baumstrünke erinnert. Aus dieser Zeit stammen auch die dickbauchigen Eulenfiguren aus Keramik von Eva Fritz-Lindner, die über ­einen längeren Zeitraum für die Majolika tätig gewesen ist. Auf die Manufaktur weist seit dem Milleniumsjahr der „Blaue Strahl“ vom Schlossturm nach Norden den Weg. Betritt man von der Schlossgartenseite den Bota­ nischen Garten, wird man von der Architektur Heinrich Hübschs umfangen. Der Torbau, die Orangerie – die markgräflichen Gewächshäuser (teils heute noch erhalten, teils als Café bzw. durch die Kunsthalle genutzt) – und die Gartenanlage bilden ein stadträumliches Idyll von besonderem Reiz. Dort finden sich unter anderem eine „Große Badende“ von Christoph Voll und ein Kopf von Horst Antes im Giebel der Kunsthalle – beide zu unterschiedlichen Zeiten Akademieprofessoren. Sehenswert ist auch das angrenzende Gebäude

Stefan Strumbel, „Thron“, Foto: Chris Gerbing © VG Bild-Kunst, Bonn 2019


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Hans Kindermann, „Adlerrelief “, Großer Sitzungssaal, Bundesverfassungsgericht Karlsruhe, Foto: © Hans Kindermann

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des Bundesverfassungsgerichts von Paul Baumgarten, in dem sich eine über zwei Geschosse des „Richterrings“ erstreckende Wandarbeit von Franz Ackermann befindet, die leider nur an ausgewählten Tagen zu besichtigen ist. Dagegen kennt wohl jeder aus TV-Übertragungen das 1969 installierte Adlerrelief von Hans Kindermann aus dem Großen Sitzungssaal. Ein weiteres innerstädtisches Idyll ist der Park des Prinz-MaxPalais. Es ist nach dem letzten Reichskanzler Prinz Max von Baden benannt, der die Gründerzeitvilla 1900 erwarb, in dem von 1951 bis 1969 das Bundesverfassungsgericht tagte. Heute wird das Palais als städtisches Kulturzentrum genutzt und beherbergt zudem das Café Max, in dessen Garten die „Große Zeremonienklinge“ des Bildhauers Michael-Peter Schiltsky, einem Kindermann-Schüler an der Karlsruher Akademie, aufgestellt ist. Direkt am Zirkel zwischen Schloss und Marktplatz – auf der von Friedrich Weinbrenner angelegten „Via Triumphalis“ – prägt Jochen Gerz’ „Platz der Grundrechte“ den Stadtraum. Die Installation, einst Teil der Bewerbung um den Titel „Kulturhauptstadt 2010“, besteht aus insgesamt 24 Schildern mit 48 Texten, die sich aus Gesprächen des Künstlers mit den Präsidenten der Karlsruher Gerichte, Juristen, Vertretern des öffentlichen Lebens und Menschen, die mit der Justiz in Berührung gekommen waren, zusammensetzen. Die Arbeit mit ihren zentralen und weiteren 2 4 dezentralen Standorten reflektiert unterschiedliche Aspekte von Recht, Unrecht und Gerechtigkeit. Die Arbeit selbst und die Aufstellung der Stelen zeigen, dass Partizipation in der Kunst ein wichtiger Aspekt aktuellen künstlerischen Schaffens ist; außerdem weisen sie auf die besondere Bedeutung Karlsruhes als Sitz der höchsten bundesdeutschen Gerichte hin.


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Folgt man der „Via Triumphalis“ über den Rondellplatz, passiert man den 1978 entstandenen „Stundenbrunnen“ von Gerhard Karl Huber, dessen zahlreiche Bronzemotive die verrinnende Zeit thematisieren. Jenseits der Kriegsstraße ­befindet sich mit dem Badischen Staatstheater ein weiterer Ort zeit­genössischer Kunst: Im Innenraum trifft der Besucher auf Lothar Quintes elf mal elf Meter großen Wandteppich und Georg Meistermanns Keramikbilder. Im Außenraum fallen der gen Innenstadt blickende „Musengaul“ von Jürgen Goertz und die am Bühneneingang befindliche Großplastik „Vitale Form“ von Franz Bernhard ins Auge. Zu diesen gesellen sich

seit dem 275jährigen Stadtjubiläum 1990 die Skulpturen „Muse 90“ von Goertz, „Sonne und Mond“ von Markus Lüpertz, das „Haus am Boden“ von Werner Pokorny sowie die Bodenarbeit „Steinerner Fluss der Zeit“ von Voré. Auf dem Weg zum Hauptbahnhof lohnt der kleine ­A bstecher zur Schwarzwaldhalle auf dem Festplatz mit ­i hrer nur sechs Zentimeter dicken, durchhängenden Betondecke. Im Giebel des Konzerthauses thront seit 1996 eine Mu­s ikergruppe von Stephan Balkenhol, der aktuell dem ­P rofessorenkollegium der Akademie angehört. Den Vorplatz des Hauptbahnhofs, ein Jugendstilbau von 1913, ziert an der


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Die Orangerie im Botanischen Garten mit den markgräflichen Gewächshäuser, teils als Café bzw. durch die Kunsthalle genutzt, ein stadträumliches Idyll von besonderem Reiz.

nordöstlichen Ecke eine späte Bronzeskulptur von Otto ­ erbert Hajek, der in den 1980er Jahren an der Karlsruher H Akademie lehrte. Auf Gleis 1 ist ein zum 250-jährigen Stadt­ jubiläum 2015 angebrachtes „Schriftbild“ von Wermke/ Leinkauf zu sehen. Es schlägt den Bogen zum ZKM, wo das Künstlerduo als Gastkünstler gearbeitet hat. Auch auf dessen Vorplatz befinden sich etliche Skulpturen: Aus einer Ausstellung über den Akademieprofessor Hiromi Akiyama ging der

Ankauf einer Stahlskulptur hervor; „Bellevue“ von Axel ­Philipp macht auf das allgegenwärtige Thema Überwachung aufmerksam, während die Schriftfahnen von Jeffrey Shaw in Zusammenhang mit dem Einzug des ZKM in das ehemalige Industriegebäude entstanden. Shaw wollte die Fahnen ­dezidiert auch von anderen Künstlern bespielt wissen und sah sie als Möglichkeit, mit den Besuchern und Passanten einen künstlerischen Dialog zu führen. Zur ZKM-Sammlung

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Botanischer Garten Karlsruhe, Foto: © Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Günther Bayerl


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Horst Egon Kalinowski, „Baummark II“, 1978/79, 1993 und 1998 verändert (1978/79 Holz und Bronze; seit 1998 alle Teile aus Bronze), Dauerleihgabe des Landes Baden-Württemberg bei der EnBW in Karlsruhe, Foto: Reiner Brouwer

­gehört zudem die begehbare, zehn Meter hohe Klangskulptur „The Morning Line“, die seit 2013 vor dem Museumseingang steht. Auch hier geht es um Partizipation, wenn der Besucher im Durchschreiten der schwarzen Stahlkonstruktion di­ rekten Einfluss auf das interaktive Soundsystem nimmt. Von Meuser stammt eine zweifarbige Stahlskulptur, von M ­ uXiang Kang die aus stählernem Aufzugsseil bestehende Arbeit „Taiwan Ruyi“. Zudem ist Werner Pokorny mit gleich zwei Skulpturen vertreten: „9 Pfeiler, aufrecht“ steht links ­neben dem vorgelagerten Blauen Kubus, im Hof der Bundes­ anwaltschaft nebenan liegt seine Cortenstahl-Skulptur „Geschwungene Linie/Haus“ von 1987.

Auffällig ist, dass erst in den 1990er-Jahren Künstlerinnen in die Männerdomäne Skulptur drängten. Sabine Classen, ­deren „Drei Tore“ den Hof der Majolika bereichern, und ­Bernadette Hörder, die mit „Haus/Weg“ im Hof des PrinzMax-Palais und den „Zwei Toren“ am Studenten­wohnheim der ehema­ligen Fachhochschule zwei Skulpturen realisieren konnte, sind dabei Ausnahmen, denn sie arbeiten in Stahl. Unweit des ZKMs finden sich Tinka Stocks Aluguss „Victoria“ an der Europahalle, von Barbara Trautmann ­stammen die „Lichtringe“ – zwölf Neonobjekte im Foyer des Bundesbankgebäudes – und Andrea von Lüdinghausen ­realisierte eine Lichtinstallation in der südlichen Bahnhofsunterführung.


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Auch im Kontext der Karlsruher Hochschulen – Kunstakademie, Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft sowie KIT | Karlsruher Institut für Technologie – befinden sich zahlreiche Skulpturen. An der Kunstakademie sind dies eine frühe Bronze von Balkenhol, eine der geometrischen Stahlarbeiten von Akiyama, zudem eine Skulpturengruppe aus Edelstahl und Spiegelglas von Harald Klingelhöller. Im Eingangsbereich der ehemaligen Fachhochschule existiert ein kleiner Skulpturenpark, der ergänzt wird durch einen Majolika-Figurengarten von Mathias Ohndorf, die „Informationseinheit“ von Marion von der Osten (inzwischen in den Innenraum versetzt) sowie durch Wandarbeiten von Erich Hauser und Jörg Mandernach. Auf dem Campus der seit den 1960er-Jahren expandierenden Universität (heute KIT) finden sich zahlreiche Skulpturen in und an Gebäuden, denn mit der Erweiterung ging auch die Idee einer eigenen Sammlung einher. Dafür wurde ein weiblicher Bronze-Akt von Aristide Maillol erworben, daneben gibt es Werke von Antes und Goertz, aber auch von Max Bill, Bernhard Heiliger und Per Kirkeby; Erich Hauser, Klaus Arnold und Georg Meistermann gestalteten die Wände dreier Hörsaalgebäude.

Die Liste namhafter Künstler, die in Karlsruhe mit Skulpturen oder Brunnenplastiken vertreten sind, ließe sich noch um ein Vielfaches, auch in den Stadtteilen von ­K arls­r uhe, erweitern. Wichtige Impulsgeber für ihre Aufstellung waren vor allem in den 1960er- bis 1990er-Jahren die Kunstakademie und der an der Universität vertretene Kunstgeschichtslehrstuhl. CHRIS GERBING

Ein weiteres innerstädtisches Idyll ist der Park des Prinz-Max-Palais.

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Außenansicht Prinz-Max-Palais, Foto: ONUK


8. August bis 15. September 2019 Schloss Karlsruhe www.schlosslichtspiele.info

Eintritt frei!

Karlsruhe


Maxin10sity, „I’MMORTAL“, Schlosslichtspiele 2018, © Photo: ARTIS-Uli Deck

Nach dem grandiosen Erfolg der vergangenen vier Jahre mit über 1,3 Millionen Besucherinnen und Besuchern wird auch im Sommer 2019 der Schlossplatz im Herzen von Karlsruhe wieder Treff- und Anziehungspunkt zugleich sein.

herausragende Projection Mappings aus. Als spektakuläres Seh- und Klangerlebnis können die Projektionen nach Einbruch der Dunkelheit auf der gesamten 170 m langen barocken Schlossfassade erlebt werden.

Die aufwendigen Projektionen und Videomappings von international renommierten Künstlern und Künstlergruppen locken allabendlich bei freiem Eintritt tausende Menschen vor das Schloss.

Erleben Sie gemeinsam mit uns eines der größten digitalen Kunstwerke Europas. Wir freuen uns auf Sie!

Kurator der Schlosslichtspiele ist Peter Weibel, Vorstand des ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe. Er wählt aus einer Vielzahl von Einreichungen

Schlosslichtspiele 2018 © Photo: ARTIS-Uli Deck

Maxin10sity, „300 Fragments“, Schlosslichtspiele 2018, © Photo: ARTIS-Uli Deck

Global Illumination, „The Object of The Mind“, Schlosslichtspiele 2018, © Photo: ARTIS-Uli Deck


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Mit Ewald Karl Schrade im Restaurant „erasmus“

Treffpunkt Dammerstock Ewald Karl Schrade, 1941 in Gomaringen, Kreis Tübingen ­g eboren, ist ein echter Ausstellungsmacher: Als Galerist ­verwandelte er das oberschwäbische Schloss Mochental in den letzten 35 Jahren zum Hotspot zeitgenössischer Kunst, in ­K arlsruhe betreibt er seit 1999 zusätzlich eine Galerie­ dependance – und nicht zuletzt ist er Initiator und Kurator der art K ARLSRUHE, die zwischenzeitlich im Kreis der ­w ichtigsten Kunstmessen Deutschlands angekommen ist.

Für ARTMAPP traf Chris Gerbing Ewald Karl Schrade im Slow-Food-Restaurant „erasmus“. Dessen Betreiber, der ­g ebürtige Römer Marcello Gallotti, bezeichnete es als ­„ komisch“, dass „ein Gebäude von 1928 unter Denkmalschutz steht. Trotzdem habe ich mich in den Ort verliebt.“ Gemeinsam besuchten Schrade und Gerbing anschließend das Architekturbüro im alten Waschhaus der Dammerstock­ siedlung und einen jener Orte, an denen das Bauhaus-Erbe in Karlsruhe fortlebt: die Schwarzwaldhalle.

ARTMAPP: Herr Schrade, warum gefällt Ihnen das „erasmus“ so gut? Ewald Karl Schrade: Ich habe ein Faible fürs Traumhaft-Einmalige. Außerdem kommt man gut runter, die Atmosphäre ist ruhig und entspannt – da gleichen sich auf ihre Art und Weise das „erasmus“ und mein Kulturprojekt Mochental. Oberschwaben ist ja eine wunderbare Gegend mit seinen ­Barockschlössern und -kirchen. Aber wenn ich ehrlich sein soll: In Karlsruhe habe ich letztlich galeristisch gesehen mehr Ruhe, denn Mochental mit seinen 2.800 Quadratmetern Ausstellungsf läche ist ein sehr großes Projekt, wo ich Aus­ stellungen in musealer Qualität und Dimension ausrichte. Mein Hauptanliegen ist es, auf allen Ebenen Menschen zum Sammeln zu animieren. Dagegen ist die Karlsruher Galerie mit ihren knapp 400 Quadratmetern geradezu klein und überschaubar. Doch meine Hauptarbeit in Karlsruhe ist meine Tätigkeit für die art KARLSRUHE.

Galerist Ewald Karl Schrade und Marcello Gallotti, Inhaber des „erasmus“, Foto: Chris Gerbing


Restaurant „erasmus“ im ursprünglichen „Fernheizwerk und zentralem Waschhaus“ der Dammerstocksiedlung, in dem schon Architekt Otto Haesler eine Gaststätte vorgesehen hatte. Foto: © TMBW/Gregor Lengler

EKS: Karlsruhe mit seiner Lage an der Rheinschiene war der ideale Standort für die Kunstmesse, die ich gegen viele ­W iderstände ab 2004 zusammen mit der Messe Karlsruhe ­organisiert habe. Heute ist die art K ARLSRUHE größer, ­etablierter und hat sich schon allein dadurch verändert. Was mich besonders freut, ist, dass sich neben den großartigen Hallen etablierter Kunst auch die Halle 4 mit Contemporary Art inzwischen zum Geheimtipp entwickelt hat. Auch die Skulpturenplätze sind seit Anfang an das Alleinstellungsmerkmal der Messe, denn die Skulptur ist mir immer wichtig gewesen. Aus meiner Sicht spielt sie zwar im Kunstbetrieb eine große Rolle, hat aber immer nur wenige Auftritte. ­D eshalb habe ich ihr mit den Skulpturenplätzen einen ­ebenbürtigen Raum gegeben. Mir ist das Engagement für die Kunst in jeder Hinsicht wichtig. Da kann man keine Gattung

ausschließen – auch wenn sie so problematisch zu präsen­ tieren ist wie Videokunst oder digitale Kunst. Aber dafür haben wir ja das ZKM, das immer wieder Aufregendes und Spannendes zeigt. In Karlsruhe habe ich damals übrigens meine neuen Räumlichkeiten am Zirkel mit Skulpturen von Dieter Klinge eröffnet, die Galerie wurde eigens mit einer entsprechenden Schiebetür und Schienen versehen, damit wir auch große Skulpturen präsentieren können. ARTMAPP: Auf der art KARLSRUHE selbst haben Sie auch einen eigenen Messestand – ist das nicht schwierig, den Galeristen und den Kurator ­voneinander zu trennen? EKS: Nein, da trenne ich sauber und vertrete während der art KARLSRUHE nicht meine Galerieinteressen, sondern jene der Aussteller und die der Messe. Wir sind in einem sehr ­g uten Dialog.

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ARTMAPP: Was halten Sie in diesem Zusammenhang vom Standort Karlsruhe?


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Schwarzwaldhalle Bauhaus in Karlsruhe

Ta g d e r ö f f e n e n T ü r a m 2 2 . S e p t e m b e r, 1 1 - 1 7 U h r 100 Jahre B auhau s und Mode r nes B aue n in Karl sr uhe Nat urschutzzent r um R appenwör t 15 . November 2019 bis Ende 202 1 „ K a r l s r u h e i n d e r We i m a r e r R e p u b l i k “ S t a d t m u s e u m K a r l s r u h e i m P r i n z - M a x- P a l a i s 26. Ok tober 2019 bis 16. Febr uar 2020 „ D i e g a n z e We l t e i n B a u h a u s“ ZKM

Auf dem anschließenden Rundgang treten Schrades En­ thusiasmus und Neugierde besonders deutlich zutage. Das Gemeinschaftshaus mit „ Fernheizwerk und Zent ral­ waschgebäude“, 1928/29 von Otto Haesler im Rahmen der Mustersiedlung Dammerstock erbaut, beherbergt heute ein Architekturbüro. Rossmann + Partner haben sich den Erhalt der historischen Denkmalsubstanz auf die Fahnen geschrieben und nur behutsam Modernisierungen vorgenommen. So präsentiert sich der kubisch gestaffelte Bau heute in derselben schlichten Bauhaus-Ästhetik wie einst, historische Fensterbänder, Farb-, Lüftungs- und Abwasserkonzept ­i nklusive. Das Büro lebt auf diese Weise seine Philosophie, ­individuell auf Kundenwünsche einzugehen und ein funktionierendes, dennoch emotional ansprechendes Ergebnis zu erzielen, im eigenen Domizil. Auch für die Schwarzwaldhalle, 1953 nach nur acht Monaten Planungs- und Bauzeit eingeweiht, kann sich Schrade begeistern: „Das ist eine ­äußerst elegante Konstruktion!“ Sie ist bedingt durch Erich Schellings parabolisches, nur sechs Zentimeter dickes Hängedach, das freitragend über dem lichten Bau zu schweben scheint, mit dem der Architekt damals deutschlandweit für Aufsehen sorgte. Hier leben die Prinzipien einer jedes Teil des Gebäudes im Fokus be­ haltenden Architektur, für die das B ­ auhaus steht, bis in die Nachkriegszeit fort.


Schwarzwaldhalle, © Karlsruher Messe- und Kongress GmbH

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Britta Wirtz in der Schwarzwaldhalle, Foto: © Karlsruher Messe- und Kongress GmbH, art-karlsruhe.de

„…ein Spaziergang durch 120 Jahre Kunstgeschichte“ Gespräch mit Britta Wirtz, Messe Karlsruhe ARTMAPP: Gibt es ein Alleinstellungsmerkmal der art KARLSRHE? Britta Wirtz, Jahrgang 197 1, ist eine von zwei Frauen in Deutschland, die an der Spitze einer Messegesellschaft ­stehen. Die gebürtige Hessin, die in Essen Kommunikationswissenschaften studierte und inzwischen Mutter zweier Söhne ist, stieg zunächst als Event Director und ­P rokuristin bei Reed Exhibitions in Düsseldorf ins internationale Messegeschäft ein. Seit 2009 ist sie Geschäftsführerin der Messe Karlsruhe, wo sie in der vergangenen Dekade die Umsatzerlöse aus dem Messe- und Kongressgeschäft fast verdoppeln konnte. Für ARTMAPP sprach Chris Gerbing mit Britta Wirtz.

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ARTMAPP: Frau Wirtz, was ist die art KARLSRUHE für Sie? Britta Wirtz: Zunächst ist die art KARLSRUHE für mich ein Spaziergang durch 120 Jahre Kunstgeschichte, denn die dort vertretenen rund 200 Galerien aus zuletzt 16 Ländern zeigen Kunstwerke von der Klassischen Moderne über die Kunst nach 1945 bis in die Gegenwartskunst. Besonders spannend finde ich, dass sich viele der heutigen Künstler mit ihren ­A rbeiten auf vergangene Epochen beziehen und diese in aktueller Form aufgreifen. Gleichzeitig wollen wir mit der art KARLSRUHE zum Sammeln anstiften. Baden-Württemberg ist Sammlerland Nr. 1, die Dichte an privaten Sammlern ist ­außergewöhnlich hoch, etliche namhafte Sammlungen sind hier beheimatet. Denken Sie an Frieder Burda, Reinhold Würth oder Peter und Christiane Schaufler, die übrigens alle bereits mit Einzelausstellungen auf der art KARLSRUHE ­vertreten gewesen sind, um mit ihren Sammlungspräsenta­ tionen diesen Aspekt zu unterstreichen.

BW: Von Anfang an war uns wichtig, dass die präsentierte Kunst wirken soll – auch wenn wir hier von einer Verkaufsmesse reden! Das Wechselspiel aus Galeriekojen und Skulpturenplätzen lockert die Messehallen auf, und um das Auge angesichts der Fülle unterschiedlichster Kunstwerke zu beruhigen, haben wir von Anfang an mit dem Kurator der art KARLSRUHE, Ewald Karl Schrade, das Konzept der „One Artist Shows“ verfolgt. Dabei beschränken sich die Galerien im Wesentlichen auf einen Künstler, machen eine Soloshow – was wir wiederum durch die automatische Nominierung zum art-KARLSRUHE-Preis honorieren. Es handelt sich dabei ­übrigens um ein Erfolgsrezept, das mittlerweile vielfach ­kopiert wurde. Ewald Karl Schrade verdanken wir neben dem Beharren auf dem, was er als wichtig erkannt hat, Verän­ derungen in kleinen Dosen. Beim Einführen maßvoller Neuerungen hat er wirklich ein gutes Händchen. So werden wir kommendes Jahr beispielsweise zusätzlich unsere ­Zugänge im Osten öffnen und damit für Entspannung an den Kassen und im Eingangsbereich sorgen. ARTMAPP: Während der art KARLSRUHE gibt es ein Begleitprogramm in der Stadt. Gelingt dieser Überschlag? BW: Immer besser! Unsere Besucherbefragung hat ergeben, dass rund zehn Prozent der Besucher das städtische Angebot wahrnehmen. Je länger sie bleiben, desto mehr, wobei der ­t ypische art-KARLSRUHE-Besucher im Schnitt 1,2 Tage in Karlsruhe verweilt. Gerne nachgefragt sind die Händelfestspiele des Staatstheaters, aber auch unser Ausstellerabend.


Vor 90 Jahren hat das Bauhaus auch in Karlsruhe Einzug ­g ehalten: 1929 entstanden die ersten Gebäude nach Ent­ würfen der Bauhaus Architekten Walter Gropius und Otto Haesler in der Dammerstocksiedlung in Karlsruhe. 45 Jahre danach stand das von Otto Haesler gebaute ehemalige Waschhaus der Siedlung leer. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde 1974 von Rossmann + Partner Architekten zu einem Büro u ­ mgebaut. Im Obergeschoss entstand ein großzügiger und kommunikativer Raum, der das Planen im Geiste des ‚Neuen Bauens‘ ermöglicht. Das Gebäude ist außerdem noch immer der Lieferant der Heizenergie für den Dammerstock und ist nachts das leuchtende Zentrum der Siedlung. Das interdisziplinäre Arbeiten, das im Bauhaus vor­ gelebt wurde, ist auch für Rossmann + Partner Architekten selbstverständlich und Garant für funktionale und aus­ gezeichnete Architektur. Unsere Architektur ist immer das Ergebnis der ­direkten Diskussion mit den Menschen und der Auseinandersetzung mit den Besonderheiten des Ortes. ro s s m a n n u n d p a r t n e r. d e

Fotos: © Stephan Baumann, Karlsruhe, www.bild-raum.com

Querdenker und Kreative im Dammerstock Vor 100 Jahren wurde das Bauhaus in Weimar gegründet. ­V iele der Ideen der Bauhäusler haben bis heute Bestand und beeinflussen Design und Architektur. Ideen wie Vorausdenken, neue Wege finden oder Nachhaltigkeit haben inzwischen auch in andere Bereiche ­u nserers Lebens Eingang gefunden. So wird das Konzept Slow food von der Idee „Nose to Tail“ getragen. Die Verbindung dieser Idee mit möglichst ­hoher gastronomischer Qualität findet sich im Erasmus. Die verwendeten Zutaten sind fast zu 100 % biozertifiziert, ­kommen weitestgehend aus nächstliegender kleinbäuer­ licher Landwirtschaft und stehen für eine handwerkliche, ­d i­v ersifizierte Lebensmittelkultur. Das ist die Basis der vom FEINSCHMECKER und vom GUSTO-Führer ausge­ zeichneten Küche, die erstklassige, moderne und saisonale Gerichte und Menüs, auf der authentisch italienischen ­R egionalküche basierend, bietet. Mit der Auf­n ahme in die Vereinigung der „Bio-Spitzenköche“ haben die Gallottis ­einen Meilenstein in der Geschichte ihres kleinen Familienbetriebes erreicht. Vor 5 Jahren eröffneten die ­Galottis ihr Restaurant Erasmus im Bauhaus-Ensemble Dammerstock. Ein Vermächnis. Eine Herausforderung. Ein Versprechen. Foto: © Anika Master

e ra s m u s - k a r l s r u h e . d e


36 Rita Burster – Galeristin z wischen Karlsruhe & Berlin

Projekte und Räume Die gebürtige Berlinerin Rita Burster, seit 2007 Mitinhaberin der Karlsruher Galerie Knecht und Burster, hat sich mittlerweile in der Region – und darüber hinaus – einen Namen gemacht. Sie vertritt als eine von drei Repräsentanten aktiv die Galerien in Baden-Württemberg beim Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler in Berlin. 2014 gründete sie eine eigene Galerie mit einer Dependence in Berlin. Außerdem ist sie Vorsitzende des Vereins Kunstweg am ­Reichenbach und kuratiert die Aufstellung der temporär in die Natur platzierten Kunstwerke. Für ARTMAPP sprach Chris Gerbing mit der Galeristin Rita Burster. ARTMAPP: Frau Burster, wie würden Sie die ­Galerieszene in Karlsruhe charakterisieren, auch im Unterschied zu Berlin, wo Sie mit einer weiteren Galerie ein zweites Standbein unterhalten? Gibt es über die in Berlin präsentierten Karlsruher Künstler hinaus weitere Verbindungen zwischen Karlsruhe und Berlin? Rita Burster: Die Karlsruher Galerienszene mit ihren aktuell elf Galerien tut der Stadt gut. Es waren bereits mehr, aber auch schon weniger Galerien. Was aber viel wichtiger wiegt, ist, dass die Qualität der Galerien stimmt. In Karlsruhe sind sowohl international wie regional tätige Galerien ansässig, die ein breit gefächertes Angebot an Kunst vorhalten und die aktuelle Kunstszene gut abbilden. Ich möchte aber den Standort Karlsruhe nicht mit Berlin vergleichen, das wäre, wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen angesichts der rund 300 in der Bundeshauptstadt ansässigen Galerien. Auffällig ist aber, dass es Viertel in Berlin gibt mit einer hohen Dichte an Galerien. Und auffällig ist – im Gegensatz zu Karlsruhe –, dass Galerien ­innerhalb der Stadt umziehen und damit die Bedeutung der Galeriequartiere wechselt. So hat die Galerieszene den „alten“ Westen wieder neu entdeckt. Ich bin also mit meinem Standort in Berlin-Charlottenburg seit 2014 genau richtig! Aber es ist harte Arbeit, als Galeristin – und gebürtige Berlinerin – in der Stadt Fuß zu fassen. Berlin gilt zwar als die Kunst­ metropole Deutschlands, aber die Geschäfte sind schwierig. Dagegen ist in Baden-Württemberg die höchste Zahl an Sammlungen anzutreffen. Das hilft tatsächlich beim Verkauf von Kunst! ARTMAPP: Seit vielen Jahren gibt es in Karlsruhe den sogenannten Galerientag. Welchen Stellenwert hat dieser Tag sowohl für die Galerien wie auch für die Wahrnehmung der Galerien in der Öffent­ lichkeit und in Bezug auf die Generierung neuer Besucher?

RB: Der Galerientag Karlsruhe ist ein fester Bestandteil im Karlsruher Kunstkalender. Bereits in den 1990er-Jahren ­organisierten die Karlsruher Galerien solche Kunsttage gemeinsam mit den Museen, dem Kunstverein und weiteren Kultureinrichtungen der Stadt. Aus diesen entwickelte sich später die Karlsruher Museumsnacht KAMUNA und der ­Galerientag Karlsruhe. Letzterer findet jeweils im Januar und September nach der Kunst-Winter- bzw. Sommerpause statt, dieses Jahr am 14. September. Die Galerien haben an diesem Tag von 15 bis 20 Uhr geöffnet, eröffnen gemeinsam ihre ­Ausstellungen und zeigen an diesen Terminen meist ihre wichtigsten künstlerischen Positionen. Der Fokus auf die Karls­r uher Galerienszene wird durch die Galerientage gestärkt, vor allem wegen des großen Besucherstroms. Die Menschen lassen sich inspirieren von den vielfältigen Ausstellungen und der Möglichkeit, alle Galerien an nur einem Tag zu besuchen. Für viele Gäste ist die Hemmschwelle am Galerientag niedriger, durch die Tür einer Galerie zu gehen, denn noch immer ist der Respekt vor unseren Kunsträumen oftmals – unbegründet – gehörig hoch. Leider fehlt den Karlsruher Galerientagen trotz der Unterstützung durch das Kulturamt Karlsruhe eine überregionale Strahlkraft. Wir verzeichnen nach wie vor nur etwa 20 % auswärtige Gäste, diesen Anteil gilt es, weiter auszubauen. Während in Berlin internationale Sammler zum Gallery Weekend Ende April und zur Berlin Art Week im September anreisen, gibt es Vergleich­ bares in Karlsruhe nicht. Hier sind die Geschäftsbeziehungen der G ­ aleristen zu ihren Kunden meist über Jahre gewachsen. ARTMAPP: Ein wichtiger Aspekt in Bezug auf die Kunst- und Kreativszene in Karlsruhe sind die Projekträume. Wie haben sich diese aus Ihrer Sicht in den letzten Jahren entwickelt? Welche finden Sie besonders spannend und warum? RB: Es ist nicht verwunderlich, dass Karlsruhe mit der Kunstakademie und der Hochschule für Gestaltung auch ­v iele Projekträume und Off-Spaces hervorgebracht hat, die überwiegend von lokalen Künstlerinnen und Künstlern ­betrieben werden. Viele können sich dank finanzieller Unterstützung durch das Kulturamt Karlsruhe langfristig in der Stadt halten und bieten damit gerade jungen Kunstschaffenden zahlreiche Ausstellungsmöglichkeiten. Die Projekträume tragen so zu einer lebendigen Kulturszene der Stadt bei. Der Karlsruher Galerienverband, dessen Leiterin ich bin, hat über Jahre durch eine Beteiligung und Unterstützung der Projekträume an den Galerientagen die junge Kunstszene gefördert. Wir haben die Aufgaben gerne übernommen, um das Angebot an Kunst vielfältiger zu gestalten und vor allem, um dem


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Rita Burster in der galerie burster | Karlsruhe während der Ausstellung mit Arbeiten des Künstlers Alex Feuerstein, 2018,

Kunstnachwuchs mit seinen Ausstellungen ein breites Forum zu geben. Wir begrüßen es sehr, dass die Zahl der Projekt­ räume und Off-Spaces in den letzten Jahren gestiegen ist. Aus unserer Sicht ist es aber an der Zeit, dass sich die Projekträume selbst mit Aktionen organisieren wie bereits zum Beispiel mit der #UND, die ursprünglich als Begleitmesse zur art KARLSRUHE gestartet ist. In den vergangenen Jahren sind viele andere spannende Kunstprojekte aus Projekträumen ent­ standen, sodass ich eigentlich aus der großen Menge keinen besonders hervorheben möchte. V8 und Poly in der Viktoria­ straße haben als die „dienstältesten“ Projekträume eine lange Tradition. Ich bin zugegebenermaßen auch nicht „neutral“, denn Alex Feuerstein, einer meiner Künstler aus Berlin, ist im Nordbecken am Rheinhafen vertreten … ARTMAPP: Frau Burster, Sie sind neben Ihrer Tätigkeit als Galeristin auch Organisatorin des Kunstwegs am Reichenbach. Aus welchem Anlass wurde er gerade in diesem Seitental der Murg ins Leben gerufen? Wie ist die Bilanz und wie soll es in den nächsten Jahren damit weitergehen? RB: Der Kunstweg am Reichenbach wurde vor zwölf Jahren von dem Künstler Rüdiger Seidt und dem ehemaligen Leiter der Akademie Schloss Rothenfels, Jürgen Dieskau, in Gernsbach ins Leben gerufen. Die Idee fiel in der Stadtverwaltung auf fruchtbaren Boden, sodass 2005 die erste Ausstellung im Reichenbachtal zwischen den Stadtteilen Hilpertsau und Reichental präsentiert wurde. Diese wunderschöne Landschaft

hat sich geradezu angeboten zur Installation zahlreicher Skulpturen, die bei den alle zwei Jahre stattfindenden Ausstellungseröffnungen einem breiten Publikum vorgestellt werden. Auch die Heuhütten, die zum Teil mit Kunst bespielt werden, tragen zum besonderen Charme des Tales bei. Der Verein bietet außerdem regelmäßige öffentliche Führungen am ersten Sonntag im Monat an; individuelle Gruppen­ führungen nach Vereinbarung und auch spezielle Führungen für Vereine und Schulklassen sind möglich. Aufgrund des ­geringen finanziellen Budgets – und trotz einer Unterstützung durch die Stadt Gernsbach – ist es dem Verein nicht möglich, internationale Künstlerinnen und Künstler zur Teilnahme einzuladen oder große Anzeigen in Kunstmagazinen zu schalten. Wir sind daher auf eine positive Mundpropaganda und andere Multiplikatoren angewiesen. Als Vorsitzende des Vereins und Kuratorin sehe ich der Zukunft des Kunstweges am Reichenbach sehr positiv entgegen, denn es hat sich ­herumgesprochen, dass im Reichenbachtal neben der Natur interessante Kunstobjekte zu betrachten sind. Aber machen Sie sich selber ein Bild von dieser wundervollen Verbindung zwischen Kunst und Natur! Die nächste Ausstellungs­ eröffnung findet im Juli 2020 statt, aktuell sind wir bereits wieder am Sichten der dafür infrage kommenden Künstlerinnen und Künstler. galer ientage-karlsr uhe. de k un st weg- am-re iche nbach . de

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Foto: Andrea Fabry


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Kreativstandor t Karlsruhe

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Spot on! Was verbindet Düsseldorf und Karlsruhe miteinander? ­L ampen! Konkret: Die großen gelben Lampen, die seit 2018 an wechselnden Standorten Highlights in Karlsruhes Innenstadt beleuchten, tragen in ihrer tischtauglichen Variante den Serien­namen der Rheinmetropole. Die über vier Meter hohen Exemplare, die die Bolichwerke im nordbadischen Östringen als Spezialanfertigung für Karlsruhe aufgelegt haben, sind zwischenzeitlich als Kunstwerk in das Standardwerk der Eventdesignbranche aufgenommen worden. #spotonKA ist die Kampagne betitelt, mit der auf neue Ideen und Formate, auf Kultur- und Rechtsinstitutionen, auf das Grün in der Stadt hingewiesen wird, Karlsruhe damit ins rechte Licht gerückt und seine Besonderheiten schlaglichtartig beleuchtet werden. Kreativkultur wird auf verschiedenen Feldern bespielt: von der Ausbildung bis zum Pop-up-Store und einer hervor­ ragenden Infrastruktur für Start-ups. Längst ist das Potenzial erkannt, das die Kultur- und Kreativwirtschaft birgt, und ­gerade Karlsruhe bietet, wie eine Studie des Fraunhofer Instituts unlängst zutage förderte, hervorragende Bedingungen für junge Unternehmen der Kreativbranche, gerade weil die Schnittstelle zwischen Technologie, Wissenschaft, Forschung, Design und Kunst hier besonders ausgeprägt ist. Um die Kreativwirtschaft tatkräftig seitens der Stadt unterstützen zu können, wurde vor einigen Jahren das K3 Kultur und Kreativwirtschaftsbüro Karlsruhe gegründet, das nicht nur Veranstaltungen zum Thema ausrichtet, sondern auch handfeste Unterstützung für Jungunternehmer bietet. So vergibt es unter anderem die begehrten Plätze im Kreativzentrum „Perfekt Futur“ in insgesamt 68 Seefrachtcontainern, die sich in der ehemaligen Schweinemarkthalle auf dem zwischenzeitlich umgenutzten Schlachthofgelände stapeln, das seit 2010 den Titel „Kreativpark Ost“ trägt. Damit wird auf das Innovations- und Kreativpotenzial hingewiesen, das sich auf dem Gelände ballt. Kunst und Kunsthandwerk sind ebenso vertreten, wie das Kulturzentrum „Tollhaus“ Unterhaltung von Kleinkunst und Kabarett über Tanz bis zu Konzerten


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bietet; Letzteres gibt es ebenfalls in der Alten Hackerei und im Live-Music Club „Substage“; auch Architekten, Filmbüros, Werbeagenturen und Softwareentwickler schätzen das Ambiente. Die Anbindung an die Stadt findet damit ebenso statt, wie über Schneidermeisterin Kerstin Brandt sichergestellt wird, dass die Verfassungsrichter in ihren scharlachroten ­Roben eine gute Figur machen. Brandt bessert aus, näht um und hält die Erbstücke damit für ihre jeweiligen Träger in Schuss. Ihre Ausbildung haben viele der auf dem Gelände

­ eschäftigten an der Hochschule für Gestaltung erhalten, B ­deren Studierende in den vergangenen Jahren immer wieder mit Preisen für exzellente Arbeiten ausgezeichnet wurden. Ausweis der regen Kulturszene sind auch die drei vom Land geförderten innovativen Kunst- und Kulturprojekte: Die Ausstellung „zkm_gampeplay. the next level“, die ­„Tanz­b egegnungen“ im Kulturzentrum Tempel und das ­Filmprojekt „Syria, mon amour“ der Kinemathek Karlsruhe konnten auf diese Weise realisiert werden. CHRIS GERBING

k 3-karlsr uhe. de

Foto: © Fidelis Fuchs / Alter Schlachthof Karlsruhe


40 Künstler, Kurator, Direktor – Peter Weibel im Gespräch

„Im Gefängnis von Raum und Zeit“


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Am 7. Juni 1968 nahm Weibel an der Aktion ‚Kunst und Revolution‘ in einem Hörsaal der Universität Wien teil, wo er mit einem brennenden Handschuh einen Vortrag (Schimpftirade) gegen die damalige Regierung hielt. Der Vortrag trug den Titel ‚Was tun?‘, in Anlehnung an die berühmte gleichnamige ­L enin-Schrift. Die Aktion war einer der Höhepunkte der ­Studentenbewegung 1968 in Österreich“ … so liest sich ein Eintrag bei Wikipedia und macht deutlich, dass die Grund­ lagen für eine derartige „Brandrede“ in unserer Gesellschaft immer noch vorhanden sind. Man fragt sich, wer ist dieser Peter Weibel (* 1944), der nach einem rebellischen Künstlerleben den Wiener Aktio­ nismus prägte und sich fortan dorthin bewegte, wo in der Welt neue Feldforschungen zu Medientheorie und -praxis ent­standen? Seit 20 Jahren ist er Leiter des ZKM und hat mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zahlreiche inter­ national beachtete Ausstellungen kuratiert, ununterbrochen pub­l iziert und zusätzlich die Leitung externer Projekte ­verantwortet, dabei das ZKM als das viertwichtigste Museum der Welt etabliert usw. Der Weibel’sche Kosmos fungiert in erster Linie als nie stillstehender Wissensgenerator, dessen Erkenntnisse im Bereich medialer Kunst, Technik und ­W issenschaft permanent nach Ausdrucks- oder Präsen­ tationsformen verlangen. Seine Galeristin Anita Beckers, die über Jahrzehnte sein Werk und sein Wirken verfolgt, sprach für ARTMAPP mit ihm.

Peter Weibel: Der persönliche Timeslot jedes Menschen ist angesichts der vergangenen 15 Milliarden und der noch vor uns liegenden 30 Milliarden Jahre des Kosmos unerheblich, gleich Null. Wegen dieser unvorstellbaren Unwahrscheinlichkeit der persönlichen Existenz will jedes Lebewesen in seinem Leben so viel wie möglich erleben. Wir Menschen ­h aben unsere eigene Kulturtechnik erschaffen, von der Schrift bis zum Bewegtbild, um die natürlichen Grenzen von Raum und Zeit zu überwinden. Mit Romanen und Filmen, mit Texten und Tönen, mit Bildern und Daten können wir die Vergangenheit vergegenwärtigen, wie auch Künftiges voraussehen. Daher ist alle Technik Teletechnik („tele“ – griechisch „Ferne“) und alle Teletechnologie ist Theotechnologie. Die kulturellen Mythen und Erinnerungen, ob an Sintflut oder Paradiese, sind in Wahrheit Voraussagen. Mein künstlerisches, denkerisches, kuratorisches Werk ist eine stetige Arbeit am Steinbruch der Geschichte und der Zukunft. Ich habe ­bisher erst einen Bruchteil dessen verwirklicht, was ich ­eigentlich schaffen möchte. Ich habe bisher erst einen Bruchteil dessen kennengelernt, was ich eigentlich wissen möchte. Deswegen bete ich jeden Tag zu Gott: Lass mich schneller denken, schneller schreiben, schneller lesen, schneller sprechen, damit ich meinen winzigen Timeslot im Gefängnis von Raum und Zeit ein bisschen ausdehnen kann.

Peter Weibel, „Polizei lügt“, Aktion aus der Serie Anschläge, Wien, 1970/1971, Foto: Archiv Peter Weibel, © Peter Weibel

linke Seite: Porträt Peter Weibel, Foto: Christof Hierholzer

ARTMAPP: Stillstand/Abschluss scheint nicht zu Ihrem Vokabular zu gehören, da Ihre multiplen Interessen und Fähigkeiten dem Fortschritt an allen Fronten folgen. Gibt es Ihrerseits eine Art Projekt für das ZKM, das über die Etablierung als viertwichtigstes Museum der Welt hinausgeht? PW: Das ZKM steht in einer großartigen Geschichte kultu­ reller Institutionen des 20. Jahrhunderts, die an der Front der Forschung und der künstlerischen Innovation gearbeitet ­haben: unter anderem von den WChUTEMAS bis zum MIT Media Lab, vom Bauhaus bis zum Center for Advanced Visual Studies (CAVS), von Katherine S. Dreiers und Marcel Duchamps Société Anonyme bis zum Centre Pompidou. ­D igitale Technologien werden es in Zukunft erlauben, die Museen in eine Art NGOs gegen die staatlich verordnete,

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ARTMAPP: Lieber Herr Weibel, hier ist nicht der Platz, um ein Potpourri Ihres Schaffens zu feiern, sondern einfach einmal nachzufragen, ob Sie sich persönliche Ziele gesetzt haben, deren Verwirklichung Ihnen am Herzen liegt?


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Vollrad Kutscher: ESCAPE-Porträt Peter Weibel, 2004 © Vollrad Kutscher, VG-Bild Kunst, Bonn 2019

rechte Seite: Peter Weibel in seiner Ausstellung POLITISCHE PERFORMANCE, 2013, Galerie Anita Beckers, Frankfurt, Foto: © Galerie

massenmedial verbreitete „Verdummung“ zu verwandeln. Daher werden Museen von einer Sammlung der Objekte zu einer Versammlung von Menschen. Das ZKM der Zukunft wird mithilfe von künstlicher Intelligenz den Traum der Enzyklopädisten, der Humanisten und der Renaissance verwirklichen: das Wissen der Welt und die Fähigkeiten Weniger an alle Menschen zu vermitteln. ARTMAPP: In einem reiferen Alter hegt man in der Regel den Wunsch, eine Art Bestandsaufnahme vorzunehmen. Wie sieht das bei Ihnen aus? PW: Diesen Wunsch habe ich nicht, das überlasse ich meinen Nachlassverwaltern. Ich bin nämlich ein idealer Nachlasskünstler. Meine Wohnung ist eigentlich keine Wohnung, sondern ein Lager für Kisten, in denen unvollendete Projekte abgelegt sind. Insofern ist meine Vergangenheit offen. Man wird erst in Zukunft wissen, wie meine Vergangenheit ausgeschaut hat. Es wird noch vieles zu entdecken geben, wie gesagt, den Bestand sollen andere aufnehmen. Ich stand immer unter Produktionszwang, im Augenblick so stark, dass ich keine Bücher mehr lese, sondern nur mehr Bücher schreibe. ARTMAPP: Brauchen Sie von Zeit zu Zeit eine Form der Selbstvergewisserung? Oder wie muss man es sich vorstellen, wenn Peter Weibel heute, den Peter Weibel von vor circa 30 Jahren liest? Gibt es die Notwendigkeit von Neubestimmungen?

PW: Ja, die Notwendigkeit von Neubestimmung gibt es, weniger was mein eigenes Werk betrifft, das auch, aber in der Hauptsache eine Neubestimmung der Zeit, in der ich lebte, und der Kunstrichtungen, die ich intellektuell unterstützte oder an denen ich teilgenommen habe. Diese Form der ­S elbstvergewisserung machen die Wenigsten. Umso mehr bewundere ich die Kolleginnen und Kollegen, die wie ich die einstigen Positionen, zum Beispiel der 1960er-Jahre, zum ­Beispiel Marxismus oder Pop-Art, einer Prüfung unterziehen und zur Selbstkorrektur bereit sind. Aus meiner Sicht ist Selbstkorrektur Teil des großen europäischen Erbes: sein Handeln und sein Denken durch Selbstref lexion zu be­ gründen. Dies betreibe ich ständig. Daher bin ich nicht daran interessiert, meine Gesprächspartner von meiner Meinung zu überzeugen, wie dies bei den meisten Menschen der Fall ist, sondern ich bin an den Meinungen und Informationen interessiert, die mir der Gesprächspartner anbietet. Ich bin also mehr ein Mensch der Fragen als der Antworten. ARTMAPP: Lassen die immensen Erfahrungen und das persönliche Wissen es überhaupt noch zu, in der Zukunft weiter eigene Kunstwerke zu ent­ wickeln, oder könnte dies am persönlichen ­A nspruch scheitern? Oder können wir unter dem Einfluss der Entwicklung von künstlicher Intel­ ligenz und Robotik auf neues Weibel’sches ­Vordenken im Bereich der Kunst hoffen? PW: Im Gegensatz zu Descartes, der sagte: „Ich denke, also bin ich“, bin ich der Auffassung: „Ich bin, daher denke ich“. Das heißt, solange ich existiere, körperlich-materiell, werde ich auch denken und mein Wissen erweitern, neue Erfahrungen machen, und daraus werden ungeahnte, ungehörte, ungesehene Kunstwerke entstehen. Der Möglichkeitsraum ist immer größer als der Realitätsraum. Wir müssen den Wirklichkeitsraum vom Möglichkeitsraum her denken. Deswegen wird die Zukunft noch viele neue Kunstwerke von mir zeigen. Klarerweise werden das Kunstwerke sein, die den traditionellen Kunstbetrieb erweitern, von transdisziplinären bis hin zu transhumanen Kunstwerken.


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P W: Die meiste Kunst heute hat sich der Politik, dem ­Journalismus und dem Markt unterworfen. Gehe ich in Ausstellungen, auf Messen oder in Museen, sehe ich da immer das Gleiche. Das ZKM hat versucht, die neuen Kunstströmungen des 20. und 21. Jahrhunderts, die sich nicht diesen drei Instanzen unterworfen haben, zu zeigen. Selbstverständlich mit Unterstützung von Individuen und Institutionen, die vergleichbare Positionen einnehmen wie das ZKM. Die Aufgabe für ein Museum wird in Zukunft sein, angemessene Reaktionen auf den Strukturwandel der Öffentlichkeit zu finden. Bisher haben sich die Museen auf die Presse konzentriert, die die Vermittlung zum Publikum und damit Öffentlichkeit hergestellt hat. Fernsehen und Radio haben sich ja schon lange mehr oder minder von der kulturellen Öffentlichkeit verabschiedet und wurden zu reinen Unterhaltungsmedien. Nun tauchen aber die sozialen Medien auf. Dadurch wird die Wirkung der „printed public“, der gedruckten Öffentlichkeit, geschwächt durch die elektronischen Netzwerke, in denen jeder Teilnehmer nicht nur ein Sender, sondern mit seinen Followern auch selbst ein Massenmedium sein kann. Das Museum muss also in Zukunft zu einem eigenen Medium der Öffentlichkeit werden.

AP: Welche Frage würde sich Peter Weibel selber stellen? PW: Große Geister wie Stephen Hawking behaupten, die Entstehung der Welt verdanke sich einem Zufall. Die Frage, die ich mir stelle, ist: Warum? Und wenn nicht einem Zufall, was dann? Darauf würde ich gerne bis zum Ende meines Lebens eine Antwort finden. ARTMAPP: Lieber Herr Weibel, ich danke Ihnen für dieses Gespräch!

Peter Weibel zeigt mit unbändigem Mut und tiefer ­ ber zeug u ng seit seinem A nt r it t in K a rlsr u he Ü ­G e­s chichte schreibende Ausstellungsexperimente: „ globa l aCt I V I Sm“, „Open Codes“, „T he globa l ­c ontemporary“, „Lichtkunst aus Kunstlicht“ u. a. m. sind Alleinstel­l ungsmerkmale in der bundesrepu­­ blikanischen Museumslandschaft. Sein Glauben an das aktiv beteiligte Publikum ist unerschütterlich und ent spr ing t seinem w issenschaft sgepräg ten und künstlerischen Denken. Für mich eine unverzichtbare intellektuelle wie sinnliche Bereicherung meines ­L ebens, für Karlsruhe ein Glücksfall. DR. HENNING RICK M ANN,

Vorsitzender der Fördergesellschaft ZKM / HfG

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ARTMAPP: Wie definieren Sie in der Gegenwart den Kunstbegriff, dem ja durch die Verzahnung mit Politik und Technik seine ureigene Fragestellung verloren zu gehen scheint? Wie werden unter ­diesem Einfluss in Zukunft die Museums­ sammlungen aussehen?


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Werner Pokorny, 2019, Foto: Chris Gerbing

Inter view mit Werner Pokorny, Wilhelmshöhe Et tlingen

Kunst im Südwesten Seit vielen Jahrzehnten beobachtet der gebürtige Mosbacher und Wahl-Ettlinger Werner Pokorny die Kunstszene im Großraum Karlsruhe, im deutschen Südwesten und darüber hinaus. Er gehört zu den renommiertesten zeitgenössischen Bildhauern in Deutschland und lehrte als Professor an der Stuttgarter Kunstakademie.

Als ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Kunstvereins ­W ilhelmshöhe Ettlingen und des Künstler­bundes Baden-­ Württemberg kennt er wie kaum ein anderer die Kunstszene im Südwesten, die – wie die reiche Kultur­szene Deutschlands insgesamt – vom föderalen System profitiert. Die kulturelle Bandbreite schlägt sich in einer Fülle von Museen, Galerien


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und Kunstvereinen nieder, die wiederum mit der zeitgenössischen Kunst in Form von Skulpturen an die Öffentlichkeit treten. Mal im Zusammenhang mit einer Ausstellung, mal aber auch dauerhaft mit der Aufstellung auf Plätzen, an ­Straßen oder in baulichen Kontexten. Pokornys Stahlskulp­ turen bilden hier keine Ausnahme: Sie sind in Ausstellungen und im öffentlichen Stadtraum in Karlsruhe, aber auch an ­v ielen anderen Orten präsent. Für ARTMAPP sprach Chris Gerbing mit dem Künstler.

Werner Pokorny: Die Kunstszene im Südwesten und im ­B esonderen in der Region Karlsruhe halte ich neben den­ jenigen in Berlin, Köln, Düsseldorf oder anderen großen Städten für eine der interessantesten, innovativsten und ­k reativsten in Deutschland, auch über die Landesgrenzen ­hinaus. Die ­Region Karlsruhe spielt durch ihre bedeutenden, Kunst generierenden und präsentierenden Institutionen wie die Kunstakademie, die Hochschule für Gestaltung, das ZKM, die Staatliche Kunsthalle, die Städtische Galerie sowie zahlreiche ambitionierte Galerien, die sowohl klassische wie ganz junge Positionen vorstellen, eine meiner Meinung nach sehr wichtige Rolle für die Präsentation und die sich daraus ergebende Diskussion über Kunst. Die über 250 Kunstvereine, die es in Deutschland gibt, sind mit Sicherheit sehr wichtige Institutionen für die Präsentation aktueller künstlerischer Positionen. Der Kunstverein Wilhelmshöhe Ettlingen, 1985 von der Ateliergemeinschaft Wilhelmshöhe gegründet, hat sich von Anfang an zum Ziel gesetzt, sowohl renommierte künstlerische Positionen als auch junge Künstlerinnen und Künstler vorzustellen. Einzelausstellungen von Hiromi Akiyama, Franz Bernhard, Tony Cragg, Günther Förg, Emil Schumacher, Timm Ulrichs und Erwin Wurm sowie Aus­ stellungen von Klassen der Akademien Düsseldorf ­( Dieter Krieg und Magdalena Jetelova), Frankfurt am Main (Tobias Reh­berger), Halle an der Saale (Andrea Zaumseil), Hamburg (Pia Stadtbäumer), Karlsruhe (Leni Hoffmann, D ­ aniel Roth, ­Helmut Dorner) und Stuttgart (Cordula Güdemann, Peter Chevalier, Reto Boller) waren bisher die Schwerpunkte des Kunstvereinprogramms. Hinzu kamen punktuell Koopera­ tionsausstellungen mit der Stadt Ettlingen, die zum Teil in den öffentlichen Raum ausgriffen, wie zuletzt 2014 „Stahlplastik in Deutschland“.

ARTMAPP: Mit Ihren großformatigen Stahl­ skulpturen sind Sie in vielen Städten vertreten. Eine andere Form von „Kunst im Außenraum“ stellen die inzwischen zahlreichen Kunstwege dar, die teils noch ergänzt werden durch temporäre Ausstellungen wie beispielsweise die Ausstellung „Stahlplastik“, die Sie gerade erwähnt haben. Aus Ihrer Sicht: Was für eine Aufgabe hat Kunst im Außenraum heute? Und wie bewerten Sie die verschiedenen Präsentations­möglichkeiten wie zum Beispiel Ausstellung, ­Markierung eines Platzes, Skulpturenmeile, Skulpturenweg? WP: Der Begriff „drop sculpture“ eröffnete zwar in der Diskussion über die Kunst im öffentlichen Raum neue Aspekte. Im Gegensatz zur historischen und aktuellen Bezugnahme skulpturaler und plastischer Objekte auf die jeweils speziellen örtlichen, räumlichen und inhaltlichen Situationen insinuiert er aber auch eine gewisse unangemessene Beliebigkeit. ­D eshalb machte er der Skulptur nicht unbedingt einen Ge­ fallen. Kunst im öffentlichen Bereich kann inhaltlich und materialbezogen sehr vielfältige Ansätze und Ausformungen haben. Das wird vielleicht aktuell besonders deutlich an der Entscheidung, die die Kunstkommission des Landes Baden-­ Württemberg vor einigen Wochen getroffen hat: Zum einen entschied sie sich für das von Tino Sehgal vorgeschlagene Kunst-am-Bau-Projekt (drei Mal pro Woche fünf Minuten Gesang philosophischer Texte an der Technischen Universität Stuttgart), zum anderen für die Realisierung einer groß­ formatigen Stahlskulptur von Robert Schad. Damit bietet sie zwei gänzlich unterschiedlichen Auffassungen dessen, was Kunst im öffentlichen Raum sein kann, die Möglichkeit zur Realisierung. Allgemein gesprochen hat Kunst im öffent­ lichen Raum, auf Plätzen, auf Skulpturenmeilen und im Rahmen von Skulpturenwegen die Chance, ein Angebot zur Auseinandersetzung für alle Menschen zu sein.

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ARTMAPP: Herr Pokorny, wie schätzen Sie die Kunstszene im Südwesten respektive in der Region Karlsruhe ein und welche Rolle spielt der Kunst­ verein Wilhelmshöhe Ettlingen dabei?


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Abb. „o. T.“, 2019, © VG Bild Kunst, Bonn 2019

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Werner Pokorny, Skulpturenhof Wilhelmshöhe, Ettlingen, 2019, Foto: Werner Pokorny @ VG Bild-Kunst, Bonn 2019

WP: Dafür habe ich keine konkrete Erklärung, wenngleich es mich sehr freut, dass ich in den vergangenen 35 Jahren immer wieder die Möglichkeit hatte, über Wettbewerbsteilnahmen oder öffentliche Ankäufe Stahlskulpturen für den öffent­ lichen Raum und für spezielle örtliche Situationen planen, realisieren und positionieren zu können. Inzwischen sind es über  70 Arbeiten, die unter anderem in Aachen, Berlin, Karlsruhe und Stuttgart, aber auch in Busan (Südkorea) und Riehen (Schweiz) ihren Platz im öffentlichen Raum gefunden haben. Das Thema „Haus“ ist mit all seinen Verbindungen in allen diesen Arbeiten präsent, da es mir als inhaltlicher Bezug zu gesellschaftlichen wie auch individuellen und persönlichen Aspekten zur Auseinandersetzung geeignet zu sein scheint – und das mit vielschichtigen, zugleich divergenten Aspekten wie Sicherheit, Schutz und Geborgenheit, aber auch Gefährdung, Einsamkeit etc. Dies könnte ein Grund sein, weshalb sie so zahlreich im öffentlichen Raum Aufstellung gefunden ­haben. Das nächste Skulpturenpaar wird übrigens demnächst in Singen auf dem neu gestalteten Bahnhofsvorplatz auf­ge­ stellt werden.

ARTMAPP: Für den Kunstbetrieb sind Messen ein wichtiger Faktor. Deshalb möchte ich zuletzt noch auf die art KARLSRUHE blicken, die jedes Jahr Ende Februar die Kunstmessen-Saison eröffnet und die inzwischen eine etablierte Größe im Kunstbetrieb ist. Wie würden Sie sie auch im internationalen Kunstmarktgeschehen und im Vergleich mit anderen Kunstmessen verorten? WP: Ich glaube, dass die art KARLSRUHE zunächst einmal seit nunmehr 15 Jahren eine enorme Bereicherung für die ­Region Karlsruhe bedeutet durch die Präsenz von nationalen und internationalen Galerien und den von ihnen vorgestellten Künstlerinnen und Künstlern. Der Urheber der Messe, Ewald K. Schrade, hat damit ein bis heute erfolgreiches und prosperierendes Messekonzept durchgesetzt, das mit 50.000 Besuchern ein respektables Interesse des kunstaffinen Pub­ likums erweckt hat. Selbstverständlich lässt sich über die Qualität diskutieren, aber dafür gibt es natürlich immer sehr unterschiedliche Ansätze. w e r n e r- p o k o r n y . d e

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ARTMAPP: Ihre Plastiken stehen mittlerweile in zahlreichen Stadträumen. Was ist Ihr Erfolgsrezept?


48 Sylvia Witzenmann in der Pforzheim Galerie

Funkelnde Landschaften

Sylvia Witzenmann, „Gerard Drive Heat“, Nachtinterpretation, 1991, Öl auf Leinwand, Foto: Reinhardt Fotografie

Eine wenig bekannte Facette im künstlerischen Werk der in New York lebenden Malerin und Goldschmiedin Sylvia ­W itzenmann zeigt aktuell die Pforzheim Galerie. Mit dem Schwerpunkt Arbeiten auf Papier sind fast sechs Jahrzehnte einer intensiven Auseinandersetzung mit der Landschaft ­ausgebreitet. Diese hat die 1941 in München Geborene immer in der Wechselwirkung handwerklich-technischer Aspekte der Goldschmiedekunst auf der einen Seite und freier ­Z eichnung und Malerei andererseits gesehen. In Pforzheim aufgewachsen, war sie aus der Industrie rasch an die dortige

Fachhochschule für Gestaltung gewechselt, wo sie sich ­ ährend ihres Studiums (unter anderem bei Werner Weißw brodt) insbesondere die verschiedenen druckgrafischen Techniken aneignete. Topografisch detaillierte Pleinair­ studien etwa von Ischia und italienischen Hafenlandschaften entstehen im kleinen Format bereits in den 1960er-Jahren. Später in Linolschnitt oder Radierung übertragen, deklinierte Sylvia Witzenmann die Ausdrucksmöglichkeiten der Farbe variantenreich durch. Seit 1974 in New York ansässig, verselbstständigen sich die vedutenhaften Ansichten zusehends.


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Feinlinige Tuschezeichnungen der Häuserschluchten ihres neuen metropolen Lebensortes oder aber altamerikanischer Kultorte – sowie diejenigen Mexikos – verschmelzen verschiedene Zeitschichten unauflösbar miteinander und muten wie geheime Wegepläne an. Die tagsüber mithilfe von Kreidezeichnungen vor Ort festgehaltene Landschaft wird in den sogenannten „Nachtinterpretationen“ im Atelier jedoch zur metaphorischen inneren Landschaft. Einflüsse der deutschen Frühromantik oder der expressionistischen Malerei um 1900 schwingen in diesen Visionen ebenso mit, wie gegenwärtige Naturkatastrophen oder das alptraumhafte Desaster von 9/11 darin ihren Niederschlag finden. Gesichte und Gesichter ­vermischen sich. Funkelnden Edelsteinen gleich stehen schier munchesk schwere Sonnen über den farbf limmernden ­Ölmalereien auf Papiergrund aus den 1980er-Jahren, die auf die heimischen Küstenszenerien des Gerard Drive in East Hampton zurückgehen. Und selbst noch die ungegenständlich sich auflösenden Werke aus der Reihe „Sailing“ (Mitte

der 1990er-Jahre) sind von jenem preziosen Leuchten erfüllt, das in der Ausstellung anhand einiger in Vitrinen präsentierter Schmuckarbeiten Sylvia Witzenmanns analog zu den Helden und Heroinen der Opernwelt Richard Wagners ­r ef lektiert wird. Abschluss der Ausstellung und zugleich Vorschau auf neue Bildentwicklungen der Künstlerin bildet zuletzt einer der jüngst entstandenen „Lego Prints“ (2018). Unter ­Verwendung des allseits bekannten Kinderspielzeuges vorgenommmene monot y pische Stempelu ngen erzeugen auf dem dunklen Malgrund des Papieres ein ge­ radezu kosmisch hell erstrahlendes Lichtermeer. Nicht umsonst ist die Zu­s ammenschau des vielfältigen Lebenswerkes von Sylvia Witzenmann mit seinen zahlreichen Stationen in der ­P forzheim Galerie mit dem Motto des antiken griechischen Philosophen Platon „Bald hierhin, bald dorthin“ überschrieben. CLEMENS OT TNAD

Bis 29. September 2019 Syliva Wit zenmann „ B a l d h i e r h i n , b a l d d o r t h i n“ P forzheim Galer ie k u l t u r. p f o r z h e i m . d e

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Sylvia Witzenmann, „Maya Christ III“, Mexiko Zyklus, 1994, Kreide auf Papier, Foto: Reinhardt Fotografie


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Spannende Jahre: 1922 feiert Oskar Schlemmers Triadisches Ballett in Stuttgart Uraufführung. Die Metropole am Neckar entwickelt sich zur Automobilstadt. Schon 192 4 gibt es hier prozentual zur Bevölkerung mehr Kraftfahrzeuge als in ­B erlin. Mercedes-Benz wirbt mit dem Typus der soge­ nannten neuen Frau für seine Autos – mit Damen, die Bubikopf zu dunkel geschminkten Augen tragen. 1927 ­berichtet die ­Weltpresse von New York bis Moskau über die Bauausstellung am Weissenhof. Und 1929 schließlich tritt die legendäre ­T änzerin Josephine Baker spärlich bekleidet im Friedrichsbau auf und wird gefeiert. Die Kinos, Tanzbars und Badeanstalten boomen. Im Sommer besuchen viele Stuttgarter die Waldheime, die Arbeitervereine Anfang des Jahrhunderts errichtet haben. Weil die tägliche Arbeitszeit vieler Angestellter und Arbeiter reduziert worden ist, haben die Menschen abends freie Zeit, um sich zu vergnügen. Öffentliche Verkehrsmittel erlauben ihnen zudem eine neue Mobilität. Stuttgart ist im Rausch von Moderne, Kunst, Tempo, Freiheit. „Stuttgart hatte schon damals ein sehr modernes Image“, erzählt Anja Krämer, die das Weissenhofmuseum im Haus Le Corbusier leitet. Und Steffen Egle, Leiter Bildung und Vermittlung in der Staatsgalerie Stuttgart, ergänzt: „Auch in der Museumspolitik war Stuttgart ein Hotspot. Man dachte in der Staatsgalerie sehr modern und interessierte sich für ­expressionistische Kunst.“ Schon seit 1905 lehrt an der Kunstakademie zudem Adolf Hölzel, der als wichtiger Vertreter der Moderne gilt und der um sich begabte junge Künstler wie Oskar Schlemmer, ­Johannes Itten, Willi Baumeister und Ida Kerkovius versammelt. „Man kann mit Fug und Recht sagen: Wir haben das Bauhaus erfunden“, meint Nils Büttner, Professor für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte und Mitglied des Rektorats an der heutigen Staatlichen Akademie der Bildenden Künste. Denn in der Ausbildung bei Hölzel gibt es eine Grundlehre und Werkstätten wie später am Bauhaus. Schlemmer und ­I tten entwickeln viele der Hölzel-Ideen am Bauhaus in ­Weimar weiter.

Kunstmuseum Stuttgart am Schlossplatz, Oskar Schlemmer, „Triadisches Ballett“, Staatsgalerie Stuttgart, Fotos: © TMBW/Gregor Lengler

Wo kann man diese neue Kunst von damals heute noch ­er­leben? Natürlich in der Staatsgalerie Stuttgart, wo neben dem Triadischen Ballett weitere wichtige Werke von Oskar Schlemmer zu sehen sind. Außerdem hängen dort auch fast immer Bilder von Willi Baumeister und Ida Kerkovius – n ­ eben vielen Hauptwerken der internationalen Moderne natürlich. Im Kunstmuseum Stuttgart am Schlossplatz gibt es ebenfalls mehrere Räume mit Bildern von Künstlern, die in den 1920er-Jahren Stuttgarts Ruf als spannende Kunststadt begründeten. Auch viele Bilder von Otto Dix sind dort zu ­sehen, unter anderem das Triptychon „Großstadt“. tour ismus-bw. de/ k ult ur


#moderndenken

KUNSTMUSEUM MORITZBURG

KULTUR STIFTUNG SACHSENANHALT

HALLE | SAALE

»Great museum – beautifully displayed!«

GESTALTUNG: PLURAL | FRANK ÜBLER, LEIPZIG. FOTO: MARCUS-ANDREAS MOHR | © NACHLASS RICHARD HORN, OSKAR NERLINGER, JOHANNA SCHÜTZ-WOLFF, CHRISTOPH VOLL, KARL VÖLKER

Paul H. (Kanada)

Die Burg der Moderne Das Museum war in den 1920er Jahren einer der bedeutendsten Orte damals zeitgenössischer Kunst in Deutschland. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen u. a. mit den Bauhaus-Meistern im Jubiläumsjahr — und mit Ihnen!

Things to come Eine Film-Installation über László, Lucia und Sybil Moholy-Nagy 23.06.— 25.08.2019

Bauhaus Meister Moderne Das Comeback 29.09.2019—12.01.2020

Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) | Friedemann-Bach-Platz 5 | 06108 Halle (Saale) | www.kunstmuseum-moritzburg.de | www.hallomoderne.de


22.  9. 2019 — 9. 2. 2020

www.kunstmuseum-magdeburg.de

IKONOGRAFIE

MODERNE

FOTOGRAFIE

DAS  BAUHAUS UND  DIE  FOLGEN 1919 —2019


sachsenanhalt modern


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Eine Kammeroper mit Puppen Eine Kooperation zwischen dem Theater Magdeburg und dem Puppentheater der Stadt Magdeburg. Das größte Ensemblepuppentheater Deutschlands wurde in diesem Jahr mit dem Theaterpreis des Bundes 2019 ausgezeichnet. Foto: Kirstin Nijhof

CARSTEN PROBST

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„Die wahre Geschichte von King Kong“

Das Bauhaus-Jubiläum lädt in diesem Jahr dazu ein, Mitteldeutschland – und damit den neben Italien dichtesten Kulturraum Europas – zu erkunden, wie der in Halle (Saale) beheimatete Maler und Emailleur Moritz Götze in unserem Interview feststellte. Die mögliche Vielfalt der Entdeckungen ist tatsächlich überragend. Da es hier keine vieles über­ strahlenden kulturellen Zentren gab (wie Dresden und Leipzig in Sachsen oder Erfurt und Weimar in Thüringen), verteilen sich die von der jähen Industrialisierung getriebenen, alles umwälzenden Entwicklungen der Moderne auf ein Netzwerk vieler Orte im ganzen Land. So können wir von ­e indrucksvollen Begegnungen mit jeweils sehr eigenen ­lo­kalen „Modernen“ berichten, bei denen weitaus nicht „alles Bauhaus“ ist: In Magdeburg, Halle, Dessau aber auch an eher abgeschiedenen Flecken im Harz wie Quedlinburg oder ­E lbingerode gab es höchst unterschiedliche Ideen für eine ­moderne S ­ tadtentwicklung und Architektur, sozialen Wohnungsbau und ein modernes Bildungs-, Gesundheits- und Ausstellungswesen. Dem jahrelangen Engagement von Fachleuten, Politik und Bürgern ist es zu danken, dass Reichtum und ­historische Tiefe dieser europäischen Kulturlandschaft, die bis zu den Anfängen des deutschen Kaisertums zurückreicht, nun wieder sichtbar sind.


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magde burg Den schwierigen Rahmenbedingungen trotzend wurden in Magdeburg in der Zeit der Weimarer Republik nicht nur viele Visionen und Pläne für das neue Zeitalter entwickelt, sondern außerordentlich viel auch umgesetzt. Die Kommune selbst und weitere Akteure und Protagonisten trugen dazu bei, ­M agdeburg zu einer Reformstadt der Moderne zu machen. Schon 1921 kamen Avantgardisten wie Bruno Taut in leitende Positionen der Kommune, und die Moderne konnte sich in vielen Bereichen entfalten. Zahlreiche neue Sied­ lungen und öffentliche Bauten, Reformschulen, das Gesundheitswesen oder Großausstellungen und innovatives Stadtmarketing machten Magdeburg deutschlandweit ­bekannt. Handlungsfelder waren Stadtentwicklung, sozialer Wohnungsbau und moderne Architektur ebenso wie das ­Bildungs-, Gesundheits- und Ausstellungswesen oder die Künste. Dieses facettenreiche Panorama führen Ausstellung und Begleitbuch vor Augen und lassen Magdeburg als Modellstadt der Moderne von nationalem Rang erkennbar werden.

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CARSTEN PROBST

Otto-Richter-Straße, Magdeburg, 1921, koloriert, Foto: Kulturhistorisches Museum Magdeburg



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Magdeburg Von der Geschichtsmetropole zur Reformstadt der Moderne

Bis zur Reformation sei Magdeburg eigentlich ebenbürtig mit Köln gewesen, sagt Claus-Peter Hasse, Leiter des erst im Herbst vergangenen Jahres eröffneten Magdeburger Dommuseums „Ottonianum“. Der Name ist Programm, die ständige Ausstellung des Hauses handelt bilderreich vom Glanz der ottonischen Kaiserzeit im 10. und 11. Jahrhundert, mit der einst acht Jahrhunderte deutsch-römisches Kaisertum begründet wurden über die Salier und Staufer bis zu den Habsburgern und ihrer Abdankung beim Zerbrechen der Donaumonarchie 1918. Magdeburg wuchs in der Frühen Neuzeit zwischenzeitlich zu einer der größten Metropolen Mitteleuropas an, ehe es dann gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges der völligen Vernichtung anheimfiel – eine Zäsur in der Stadtgeschichte, die bis heute ihre traumatischen Spuren hinterlassen hat.

Albinmüller-Turm, erbaut: 1927, Foto: © Magdeburg Marketing, www.magdeburger-platte.de


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Magdeburger Dom, Westfront, Foto: Andreas Lander

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„Staunenswert, mit welcher Zähigkeit, Leidenschaft und mit welchem Mut, das ganz große Rad zu drehen, dieses Land sich als europäische Geschichtslandschaft wiedergefunden und erfunden hat“, notierte Eckhard Fuhr bereits 2012 anlässlich der Magdeburger Ausstellung „Otto der Große und das Römische Reich“ – ein Befund, dem man heute nur mit Nachdruck zustimmen kann. Die Landeshauptstadt an der Elbe hat sich, allen Widrigkeiten ihrer Geschichte zum Trotz, zu einer blühenden Geschichtsmetropole entwickelt, in der sich höchst anschaulich die Zeit im Raum lesen lässt. Das ist vor allem den beharrlich Engagierten zu ­v erdanken, die seit Jahren daran arbeiten, der Stadt ihre ­G eschichte ­z urückzugeben. Zu diesen positiv Unent­ wegten gehört auch Claus-Peter Hasse, der die ständige Ausstellung im Otto­n ianum als zweifellos populärwis­ senschaftlichen, aber dabei auch sehr anspielungsreich aufgebauten G ­ eschichtsparcours konzipiert hat und, obgleich ein Zuge­z ogener, die Begeisterung über den hier zu ent­ deckenden Geschichtsreichtum glaubwürdig verkörpert. Das Fehlen ­eines goldglänzenden Magdeburger Domschatzes (der schon während der Refor­mation und den Religionskriegen ­entwendet oder zerstört wurde) kompensiert Hasses Aus­ stellungskonzept mit ­durchaus erstaunlichen Funden aus jüngsten Forschungs­g rabungen auf dem Domplatz seit 2001, bei denen unter anderem die größten Antikenfunde nördlich der Alpen a­ ußerhalb A ­ achens zum Vorschein kamen. Unangefochtenes Haupt­exponat im Ottonianum sind indes die sensationell ­erhaltenen Beigaben aus dem Grab der Editha, der ersten ­G emahlin Kaiser Ottos I., der seinerseits im Magde­ burger Dom beigesetzt ist. Die Geschichte, die im Ottonianum erzählt wird, setzt somit nicht auf singulären Prunk, sondern auf Magdeburg als gewichtigen Knotenpunkt im Netzwerk der europäischen Kultur- und Wirtschaftsgeschichte seit dem Mittelalter, etwa mit dem Magdeburger Recht als Vorbild für zahlreiche ­Stadtverfassungen in Ost- und Mitteleuropa – ein klug durchdachter Ansatz, der weniger provinzielle Eitelkeiten, sondern ein dynamisch-weltläufiges Verständnis regionaler Identität artikuliert. Hatte das „neue Bundesland“ Sachsen-Anhalt nach der Wende vielen noch als spröde und zersiedelte ­P rovinz gegolten und die Erfolge der AfD bei der jüngsten Landtagswahl vor drei Jahren noch einmal negative Vorur­ teile scheinbar bestätigt, zeigt sich im Ottonianum und auch im benachbarten Kulturhistorischen Museum, wie wichtig eine überzeugende, positive Identifikation mit der eigenen, mithin europäischen Geschichte für die Region ist. Zu dieser Geschichte gehört auch Magdeburgs höchst be­m erkenswerter Aufschwung als Stadt der Moderne ­w ährend der frühen 1920er-Jahre. Von der 60 Meter hohen Aussichts­plattform des Albinmueller-Turms von 1926 auf dem ehemaligen Messegelände im Rotehornpark, eines ­w eiteren Wahr­z eichens der Stadt und zugleich eine der kühnsten m ­ odernen Architekturen in Deutschland, lässt sich die Einschnürung durch Befestigungsmauern gut erkennen, die aus der Zeit Magdeburgs als größte preußische Festung seit dem 18. Jahrhundert stammen und die Stadtentwicklung bis ins 20. Jahrhundert hinein hemmte. Industrialisierung und Landf lucht trafen die vergleichsweise kleinen Städte des ­heutigen Sachsen-Anhalts seit Ende des 19. Jahrhunderts mit


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besonderer Wucht. Fabrikwüsten und Elendsquartiere ­breiteten sich aus und mit ihnen Krankheiten und menschen­ unwürdige ­L ebensbedingungen. Hermann Beims, ein Sozialdemokrat, der als Mann des gesellschaftlichen ­Konsenses für eine wichtige Periode von zwölf Jahren als ­Bürgermeister Magdeburg nahezu unangefochten regieren konnte, berief den Werkbund-Architekten Bruno Taut 1921 zum Stadtbaurat und ließ ihn einen Generalsiedlungsplan entwerfen, in dem ganz neue Stadtquartiere als moderne Wohnsiedlungen für mehr als 5.000 Familien erschlossen wurden. „Woher die das Geld in der völlig verarmten Stadt dafür hatten, ist mir bis heute ein Rätsel“, bekundet Michael Stöneberg, der als Kurator am Kulturhistorischen Museum diesen bis dahin beispiellosen Husarenstreich antizyklischer Stadtentwicklung in einer großen Ausstellung über die Reformstadt Magdeburg erkundet. Auch Michael Stöneberg gehört zu jenen beharrlichen Arbeitern am Geschichtsbewusstsein der Stadt, auch ihm ist der Stolz anzumerken, einen Schatz von historischer Tragweite ans Licht befördert zu haben, der während NS-Diktatur und DDR-Zeit nahezu in Vergessenheit geraten war.

Bereits in den 1910er-Jahren, also noch vor der Gründung des Weimarer Bauhauses, hatte Bruno Taut gemeinsam mit Franz Hoffmann die Planung der Gartenstadt-Kolonie „Reform“ im Süden Magdeburgs übernommen und sich vor allem durch die auffällige Farbkonzeption der Fassaden einen guten Ruf für eine soziale Reformarchitektur erworben. In seinem Generalsiedlungsplan griff Taut dann Anfang der 1920er-Jahre auf seine Ideen für eine „bunte Stadt“ mit einer expressiv gehaltenen Fassadenbemalung zurück, die er zuvor auch schon in der Siedlung „Onkel Toms Hütte“ in Berlin-Zehlendorf realisiert hatte. Magdeburg entwickelte sich so zu einem frühen Zentrum des Neuen Bauens in Mitteldeutschland. Ab 192 4 entstand auf dieser Grundlage die „Hermann-Beims-­ Siedlung“ als erstes großes Siedlungsvorhaben im Quartier Stadtfeld West mit knapp 2.000 Wohnungen in Flachdachbauweise und ebenfalls, wie schon die Siedlung „Reform“, mit bunt gestalteten Fassaden. Schon 1921 hatte Taut seinen langjährigen Wegbegleiter, den Architekten Carl Krayl, zum Leiter des Entwurfsbüros im Magdeburger Hochbauamt berufen. Krayl gehört heute völlig zu Unrecht zu den vergessenen Architekten des Neuen Bauens in Deutschland – auch ihm hat Michael Stöneberg vor wenigen Jahren bereits eine verdienstvolle, von einem Katalog begleitete Retrospektive im Kulturhistorischen Museum ausgerichtet. Nach Tauts Weggang aus der Stadt 1924 war es nämlich er, der nunmehr als freier Architekt mit zahlreichen


Bruno Taut, „Glasbausteine für Modellversuche zu einer Zukunftsarchitektur, mit denen das Formempfinden und die Kreativität der jungen Generation geschult werden sollte: „Dandanah. The Fairy Palace”. Prototyp eines Spielkastens von Bruno Taut nach einer Idee von Blanche Mahlberg. In schwarzem ­o ktogonalen Holzkasten (26 x 26 x 4,2 cm). Berlin 1920“. Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Dr. Markus Brandis, Bassenge Buchauktionen GbR © Sammlung Kunsthistorisches Museum Magdeburg

linke Seite: Hermann-Beimsiedlung, errichtet 1925-1932, Foto: © Magdeburg Marketing, Conrad Engelhardt

Einzel- und Siedlungsbauten das Stadtbild prägen sollte. Viele seiner höchst sehenswerten Projekte wie die Wohnsiedlung „Cracau“ und die „Curie-Siedlung“ und die Erweiterung der Siedlung „Reform“ lassen sich noch heute besichtigen. Zu den herausragenden Vorhaben der Ära von Hermann Beims gehört aber auch der Ausbau des Rotehornparks auf der Elbinsel Werder für die Theaterausstellung von 1927, mit der Magdeburg seine Offensive für eine überregionale ­A nerkennung als Stadt des Neuen Bauens noch einmal verstärkte. Johannes Göderitz und Wilhelm Deffke entwarfen hierfür ein Ausstellungszentrum mit Stadthalle, Ausstellungspavillons und dem bereits erwähnten 60 Meter hohen Albinmueller-Turm; in den 1960er-Jahren realisierte der ­A rchitekt Ulrich Müther hier zudem eine seiner berühmten „Hyparschalen“ – einen lichten Pavillonbau mit einer ­f rei­t ragenden Dachkonstruktion aus dünnem Spritzbeton. Sie alle werden in den kommenden Jahren grundlegend re­ noviert und sollen, eine erfolgreiche Bewerbung der Stadt ­vorausgesetzt, die neuen Wahrzeichen Magdeburgs als Kulturhauptstadt Europas 2025 bilden. CARSTEN PROBST

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Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen in M agdeburg

Ein Haus voller Möglichkeiten D a s K u n s t m u s e u m K l o s t e r U n s e r L i e b e n F ra u e n i n M a g d e b u r g i s t i n e i n e r i m K e r n ro m a n i s c h e n ­G e b ä u d e a n l a g e m i t z a h l r e i c h e n E r w e i t e r u n g e n b e h e i m a t e t . U n t e r d e r L e i t u n g v o n A n n e g r e t L a a b s

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hat es sich zu e ine r de r wicht igste n A dresse n f ür ze itge nössi sche Kun st in Sach se n-Anhalt e nt wickelt .

Am Anfang steht die Geschichte eines Klosters. Mitten in der Magdeburger Altstadt, unweit des Doms, befindet sich die romanische K losteranlage „Unser Lieben Frauen“. Ihre Gründung geht auf das Jahr 1017/18 zurück. Damals rief der Magdeburger Erzbischof Gero ein Kollegiatsstift ins Leben. Nachdem Norbert von Xanten zum Erzbischof geweiht worden war, übereignete dieser das Stift im Jahr 1129 dem neu gegründeten Prämonstratenserorden. In dieser Zeit erhielt das Kloster auch seinen romanischen Charakter, der bis heute überwiegend erhalten geblieben ist. Nach der Reformation und der weitgehenden Zerstörung Magdeburgs verließ der letzte katholische Ordensmann dann im Jahr 1601 das Kloster. Das Gebäude wurde fortan als protestantische Klosterschule und Hospital genutzt. In den Jahren 1832 bis 1834 wurde das Stift säkularisiert. Nach den umfangreichen Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg entschied man sich in der DDR für eine kulturelle Nutzung des Klosters. Seit 1966 befindet sich der Komplex im Besitz der ­M agdeburger Museen. Im Jahr 1975 eröffnete nach einigen ­Restaurierungsarbeiten das Kloster als Museum für bildende Kunst. Zu DDR-Zeiten fungierte das Haus als „Nationale Sammlung Kleinplastik der DDR“. Nach der Wende änderte

sich das Museums- und Ausstellungskonzept radikal und folgte einer für alle Medien offenen internationalen Ausrichtung. Seit dem Jahr 2001 ist die Kunsthistorikerin Annegret Laabs Leiterin des Museums Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg. Unter ihrer Ägide entwickelte sich das Haus zu einem der führenden Museen für zeitgenössische Kunst in Sachsen-Anhalt. Es ist ihr auf überzeugende Art und Weise gelungen, die an sich sehr heterogene Sammlung des Museums, die heute von frühen Holzschnitzereien und religiösen Plastiken aus dem Mittelalter bis hin zu zeitgenössischen Werken von Jannis Kounellis, Tony Cragg, Maurizio Nan­ nucci, Rashid Johnson oder David Lynch reicht, regelmäßig zu erweitern und adäquat in die Klosterräume einzupassen.

oben und rechte Seite: Detail der Spiegelinstallation „TRANSREFLEX“, 2012, von realities:united an der Fassade des Kunstmuseums, Fotos: Hans-Wulf Kunze Im Jahr 2000 gründeten die Brüder Tim Edler und Jan Edler unter dem ­N amen realities:united ihr Studio für Kunst, Architektur und Technologie.



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Außerdem finden im Museum Kloster Unser Lieben Frauen regelmäßig thematische Ausstellungen und Einzelpräsen­ tationen überwiegend mit zeitgenössischer Kunst statt, die im internationalen Kontext stehen und verschiedene Medien wie Fotografie, Malerei, Videokunst oder Installation umfassen. So ist noch bis zum 1. September eine Ausstellung mit Werken des 1959 in Schwelm (NRW) geborenen Berliner Künstlers Martin Assig zu sehen. In seinen farbintensiven Bild-­TextKompositionen erforscht Assig eigene psychologische Befindlichkeiten und Beziehungskonstellationen. Die umfangreiche Ausstellung umfasst Gemälde, Arbeiten auf Papier, Skizzen und Zeichnungen – und sie knüpft an eine perma­ nente Arbeit des Künstlers an. An anderer Stelle des Gebäudekomplexes, in der ­ehemaligen Stiftskirche, wurde nämlich im Oktober 2018 eine extra für den Ort entstandene Arbeit von Martin Assig ­eingeweiht. Der Künstler hat für das Podest vor dem Altar eine 100 Quadratmeter große, komplexe Bodenarbeit mit ­verschlungenen Linien und assoziativen sprachlichen Elementen entworfen.

Als wichtige Herbstausstellung wird dann ab 22. September die große Gruppenschau „Moderne Ikonografie. Fotografie, das Bauhaus und die Folgen 1919 –2019“ eröffnen. Zum ­Jubiläum „100 Jahre Bauhaus“ versammelt die ambitionierte Schau sowohl historische Werke bekannter Bauhaus-Fotografen wie László Moholy-Nagy, T. Lux Feininger oder Herbert Bayer als auch Aufnahmen zeitgenössischer Foto­ grafen, deren Arbeitsweise sich von der Formensprache des Bauhauses herleiten lässt. Auf der Künstlerliste finden sich Namen wie etwa der Wolfsburger Industriefotograf Heinrich Heidersberger, der japanische Konzeptfotograf Hiroshi ­Sugimoto, der britische Komponist und Fotograf Brian Eno sowie der an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig lehrende Fotokünstler Joachim Brohm. Brohm dockt sich darüber hinaus an die Ausstellung noch mit einer Präsentation seiner Klasse an.


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Die Bauarbeiten im Museum Kloster Unser Lieben Frauen ­r eißen nicht ab. Zurzeit werden das Dach und die F ­ ugen ­erneuert. In den Jahren 2009 bis 2012 wurde durch umfangreiche Renovierungen der auf Denkmalpflege spezialisierten Architekten Regine Hartkopf und Reinhard Rüger aus Halle (Saale) ein zentraler Teil der Klosteranlage in zeitgemäße ­Museumsräume verwandelt. Damit konnten rund 2.000 Quadratmeter zusätzliche Ausstellungsf läche gewonnen werden. Das auffällige Farbkonzept im Treppenhaus stammt übrigens von dem Pariser Künstler Christophe Cuzin. Großzügige Flächen für Wechselausstellungen befinden sich in den beiden oberen Etagen. „Das Gebäude ist unser größtes Ausstellungsstück und auch unser wertvollstes“, sagt Annegret Laabs. Seit dem Jahr 2006 sammelt das Museum auch verstärkt Videoarbeiten. So wird im Eingangsbereich die bei Besuchern beliebte Videoinstallation „TE Nordpol“ des ­t hailändischen Künstlers Te präsentiert. Auf einer von der Decke hängenden Weltsonnenuhr mit 24 Monitoren sind mit Webcams aufgenommene Livebilder aus verschiedenen ­L ändern aller Zeitzonen zu erleben.

Unterstützt durch einen aktiven Freundeskreis und mit ­einem wachen Blick für noch günstige Werke ausgewählter Künstler, ist es Annegret Laabs gelungen, in den letzten ­Jahren gerade auch der zeitgenössischen Sammlung des Hauses ­immer mehr Profil zu geben. Der seit den 1980er-Jahren angelegte Skulpturenpark rund um das Museum konnte in den letzten Jahren um wichtige Werke zeitgenössischer Künstler, etwa von Jenny Holzer oder Ian Hamilton Finley, erweitert werden und umfasst zurzeit rund 60 Positionen. „Wir können hier tatsächlich nicht alles machen, aber wir können vieles machen“, resümiert Annegret Laabs. NICOLE BÜSIN G & HEIKO KL A AS

k un st mu se um-magdeburg. de

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Maurizio Nannucci, „Von soweit her“, 2008, Hubbrücke Magdeburg, Foto: Hans-Wulf Kunze


66 M agdeburger Kulturinseln

Beauty killed the Beast Magdeburg war, jedenfalls bis 1632, eine Schönheit. Dann schenkte die sterbende Schöne, als sie – bis auf den Dom – komplett dem Erdboden gleichgemacht wurde, der Welt das Verb „magdeburgisieren“. 1945 geschah das, unter anderen Vorzeichen, dann noch einmal. Der Wiederauf bau in den 1950er- und 1960er-Jahren stellte einen kühnen Versuch dar, dessen Überreste man hier und da noch sehen kann. Halb­ herzig ausgeführt, aber doch radikal genug, um das Gesicht der Stadt nachhaltig zu entstellen. Die Stadt des Schwer­ maschinenbaus war dann spätestens Mitte der 1990er-Jahre Geschichte. Der alte Affe Angst vor der Gegenwart hielt

­E inzug. 2019 hat er einen Namen, King Kong, und ist im Opernhaus am Universitätsplatz als Gemeinschaftspro­ duktion vom Theater Magdeburg mit dem Magdeburger Puppentheater zu sehen. Letzteres wurde gerade von der ­Kulturstaatsministerin als eines der besten Theater in ganz Deutschland ausgezeichnet. Und besser ausgelastet als die großen Häuser hier ist das kleine Puppentheater außerdem. Das angeschlossene Museum, die sogenannte „Villa p“, ist, von kompetenten ehrenamtlichen Mitarbeitern betreut, ebenfalls gut besucht. Der Standort, die Warschauer Straße, befindet sich am Rand von Buckau, welches sich seit gut zehn


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Jahren zu einem der kulturell aktivsten Stadtteile entwickelt hat. Den Anstoß dazu gab 2007 „La Notte 3“, eine Produktion des Puppentheaters, welche ganze Straßenzüge in eine Kulturlandschaft verwandelte. Seitdem gab es mit „Bucktopia“, einer Endzeitperformance vieler verschiedener Akteure, dem „Werk 4“ und vielen kleinen Geschäften und Galerien fort­ gesetzte Impulse. Mitten in Buckau und in Sichtnähe der Elbe liegen das soziokulturelle Zentrum „Volksbad Buckau“, das Literaturhaus und das „Thiem 2 4“, welches einerseits die ­Jugendkunstschule beherbergt, andererseits auch den ausgelagerten Teil der Musikschule bzw. des Konservatoriums, der sich mit Jazz und Populärmusik beschäftigt. Der klassische Musikunterricht findet in der Innenstadt neben der Stadtbibliothek statt, welche auf der anderen Seite an das Opernhaus grenzt. Kein Wunder, dass auch der Kulturbeigeordnete im gleichen Block untergebracht ist. Magdeburg ist eine Stadt der Kulturinseln geworden, wie hingewürfelt verteilt. Wenn

AMO Kulturhaus, Foto: © Magdeburg Marketing

man sich von Buckau aus in den Süden auf den Weg macht, an den von Max Grimm bemalten Häusern in der Schönebecker Straße vorbei, dann stößt man auf die HO-Galerie, die Künstlern wie Sebastian Herzau den Weg geebnet hat und in deren Umfeld einmal im Jahr die Kunstmesse „Kunst/Mitte“ organisiert wird, die bis 2018 im alten Wasserturm Salbke gleich um die Ecke stattfand und ab 2019 etwas mehr in Richtung Innenstadt in das AMO-Kulturhaus umgezogen ist. Mit dem Lesezeichen, einer innovativen Platzgestaltung, und dem im sogenannten Bauhaus-Stil errichteten „Gröninger Bad“ ist die südlichste Kulturinsel komplett. linke Seite: Das Gröninger Bad ist ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude im Magdeburger Stadtteil Salbke. Es wird seit einem Umbau als Veranstaltungszentrum mit öffentlicher Unterstützung vor allem für Konzerte

sowie professionelle Studiotechnik. Eine Theaterbühne im obersten ­S tockwerk steht freien T­ heatergruppen zur Verfügung. Bekannter früherer Nutzer des Zentrums war die Band „Tokio Hotel“, die hier im Jahr 2003, noch unter dem Namen „Devilish“ spielend, vom Produzenten Peter ­H offmann entdeckt wurde. Das Gröninger Bad ist ein wichtiges Zeugnis des Neuen Bauens in ­M agdeburg. Das Gebäude entstand in den Jahren 1926 und 1927 nach Plänen und unter Leitung des Architekten Johannes Göderitz, der zum damaligen Zeitpunkt der Stadtbaurat Magdeburgs war. Foto: Conrad Engelhardt, © Magdeburg Marketing

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genutzt. Besondere Bedeutung hat die Nachwuchsförderung. Neben Veranstaltungsräumen gibt es im Gröninger Bad auch P­ roberäume



Innenhof des Puppentheaters der Stadt Magdeburg, im Hintergrund das Rayonhaus „Villa p.“,

Nahe dem Hauptbahnhof ist das „Forum Gestaltung“ seine eigene Insel, auf der wegweisende, solide kuratierte Ausstellungen und Vorstellungen freier Theater stattfinden und die ein Kreativzentrum beherbergt, welches sich seit ein paar Jahren stetig entwickelt. Nicht weit entfernt davon ist die Museumsinsel, die mit dem Kulturhistorischen Museum der klassischen Kunst Raum bietet, mit dem neuen Dommuseum „Ottonianum“ den wenigen Domfunden und mit dem „Kloster unser lieben Frauen“ internationaler zeitgenössischer Kunst. Neben dem Kloster liegt der Kubus, der sich ganz der Kulturhauptstadtbewerbung 2025 verschrieben hat. Vor ein paar Jahren noch mag niemand darauf gewettet haben, dass Magdeburg eine Chance hätte. Das hat sich, wie so vieles, gründlich geändert. Nahebei sind das Hundertwasserhaus, die grüne Zitadelle, zu finden, die auch Galerien und Kunst Raum bietet. Einen Steinwurf entfernt liegt die Galerie Himmelreich, in der man zeitgenössische Magdeburger Kunst sehen kann. In Sudenburg findet man im soziokulturellen Zentrum „Feuerwache“ nicht nur eine Menge Veranstaltungen, sondern auch die Galerien „Süd“ und „da oben“, in der die unterschiedlichsten Künstler ausstellen. In der ganzen Stadt, stets an wechselnden Orten, sind die „Urbanpiraten“

(bzw. „Torbanpiraten“, wie sich jetzt nennen) unterwegs, die jahrelang öde Orte kaperten und kulturell belebten. Seit ­einigen Jahren macht das der „Kulturanker e. V.“ ebenso, der nicht nur das Altstadtkrankenhaus und das ehemalige ­G efängnis in temporäre Kunst-/Performance-/Musik-/­ Party-Orte verwandelte. Bleibt noch die nördlichste Insel mitten in der Neuen Neustadt, die mit der Nicolaikirche sogar einen Schinkelbau vorweisen kann. Am Moritzplatz findet man nicht nur die Stasi-Gedenkstätte, die ihre Türen auch für Kultur öffnet, sondern mit dem Studiokino und dem Moritzhof die beiden einzigen Programmkinos der Stadt. Im Moritzhof, dem dritten großen soziokulturellen Zentrum, gibt es dazu noch Fotoausstellungen, Lesungen, Konzerte und verschiedene internationale Kulturwochen. Während also der alte King Kong gestorben ist, feiert die Stadt die neue Schönheit. L ARS JOHANSEN,

der gebürtige Hannoveraner ist 1. Vorsitzender im Kulturzentrum Moritzhof e.V., Kabarettist, Koordinator, Filmkritiker, vielbeschäftigter Autor, Kolumnist für Kunst, Kultur und Sport. Die Liste an Aktivitäten, die der sogenannte „Magdebürger“ Lars Johansen vereint, reicht für mehr als ein Leben.

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das die FigurenSpielSammlung Mitteldeutschland beherbergt, Foto: Jesko Döring


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© Hotel Burg Wanzleben


halle Burg Giebichenstein Kunsthochschule

(saale)

Impression von der Werkschau der Mode im Sommersemester 2018: Die Studierenden präsentieren Outfits, Entwürfe und Kollektionen, die von Arbeiten des Malers Gustav Klimt inspiriert wurden. Die Werkschau der Modestudierenden ­f indet traditionell am Ende jedes Winter-und Sommersemesters statt. Die Veran­staltung gehört zu den Höhepunkten des ­akademischen Jahres an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Unter professionellen Bedingungen gibt sie den angehenden Designern die Möglichkeit, Mode zu einem ­gesellschaftlich relevanten Thema zu entwerfen und diese auf dem Laufsteg einem großen Publikum vorzustellen.


Foto: Michel Klehm

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„Bauhaus Meister Moderne – Das Comeback“ im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)

Alois Schardt, Foto aus: Ruth Heftrig; Olaf Peters; Ulrich Rehm: Alois J. Schardt, Berlin: Akademie Verlag, 2013

Halle verfügt nicht nur über die älteste und jüngste der großen Saaleburgen, die Burg Giebichenstein und die Moritzburg sind auch aufs Engste mit der Entwicklung der Stadt zu einem der Hauptorte der Moderne in Sachsen-Anhalt verbunden. Die 1915 – vier Jahre vor dem Bauhaus – gegründete Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein (die heutige Kunsthochschule) bot unter ihrem ersten Direktor, dem Münchner Architekten Paul Thiersch, von Beginn an eine reformierte Lehre von Kunst- und Designstudiengängen nach dem Vorbild des Deutschen Werkbundes und des Bauhüttenideals. In dieser Zeit nannte man sich programmatisch „Werkstätten der Stadt Halle“. Nachdem sich der Bildhauer Gerhard Marcks 1925 in Weimar mit Walter Gropius überworfen hatte und als Thierschs Nachfolger vom Bauhaus an die „Burg“ nach Halle gewechselt war, betonte er in seinem Lehrkonzept den ­k ünstlerischen Zugang zu gestalterischen Fragen gegenüber der industriellen Gestaltung, wie sie vor allem das Bauhaus in Dessau prägen sollte.

Paul Thiersch hatte zwischen 1921 und 1926 ebenso die kommissarische Leitung des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) übernommen. Dieses war bereits vor dem Ersten Weltkrieg von Max Sauerlandt zu einer überregional anerkannten Adresse für zeitgenössische Kunst entwickelt worden; 1924 war er es, der den Ankauf von 24 expressionistischen Ge­mälden aus der Sammlung von Rosy Fischer, die den Ruf des Hauses nachhaltig prägen sollten, von seinem neuen W ­ irkungsort in Hamburg nach Halle vermittelte. Sie wurden mit den anderen als „entartet“ verfemten Werken während der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmt und teil­weise in den „Entartete Kunst“-Ausstellungen gezeigt. Unter Thierschs Nachfolger Alois Schardt folgte noch eine weitere Steigerung, er erwarb Werke des russischen Konstruktivisten El Lissitzky, der zuvor bereits in Hannover und Dresden b ­ edeutende Arbeiten und Musterräume hinterlassen hatte, sowie von Franz Marc, Oskar Kokoschka, Wassily Kandinsky und Paul Klee. Schardt war es auch, der noch Anfang der 1930er-Jahre Lyonel Feininger an die Moritzburg holte, um dort sein Atelier einzurichten. Schardt gehört mit seiner Biografie zu den schillernden Figuren der modernen Kunstgeschichte. Schon 1933 trat er der NSDAP bei, befasste sich früh mit Rassentheorien und betrachtete den deutschen Expressionismus auf dieser ­i deologischen Grundlage als Höhepunkt der deutschen Kunst. Kurzzeitig war er 1933 zum Nachfolger des abgesetzten Ludwig Justi an die Nationalgalerie in Berlin berufen, aber schon bald danach durch Kulturminister Rust wieder ­abgesetzt und mit Lehrverbot versehen worden. 1939 ging er mit seiner F ­ amilie ins US-amerikanische Exil, wo er in den 1950er-Jahren starb.


Lyonel Feininger, „Der Rote Turm II“, 1930, Öl auf Leinwand, 100 x 85 cm, 1931 er worben für das Städtische Museum für Kunst und Kunstgewerbe, Halle (Saale), 1937 als „entartet“ beschlagnahmt, 1967 er worben von Karl und Maria Ziegler, heute: Stiftung Sammlung Ziegler im Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr, Foto: Stiftung Sammlung Ziegler © VG Bild- Kunst, Bonn 2019

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Wassily Kandinsky, „Abstieg“, 1925, Aquarell und Tusche, 484 x 322 mm, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), 1929 er worben für das Städtische Museum für Kunst und Kunstgewerbe, Halle (Saale), 1937 als „entartet“ beschlagnahmt, 2017 mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder, der Saalesparkasse und des Landes Sachsen-Anhalt/Staatskanzlei und Ministerium für Kultur zurücker worben, Foto: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt


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Innenhof des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale),

Die expressionistische Sammlung des Kunstmuseums ­M oritzburg Halle (Saale) galt den Nationalsozialisten als „Schreckenskammer“. Zwar konnte das Kunstmuseum seine gewaltigen Verluste (nach Museumsangaben insgesamt 146 Werke) nach 1945 durch einige Neuerwerbungen teilweise wieder kompensieren. Doch erst die nun vom heutigen Museumsdirektor Thomas Bauer-Friedrich zusammen mit Anke Dornbach und Susanna Köller kuratierte Ausstellung „Bauhaus Meister Moderne“ rekonstruiert ab Ende September 2019 explizit jene Zeit, in der das Museum seinen Ruf als eine der maßgeblichen avantgardistischen Museumssammlungen der Moderne in Deutschland erwarb. Erstmals soll es dabei, soweit heute noch möglich, einen Überblick über alle verloren gegangenen Bilder geben, die vielfach von den vier durch das NS-Regime autorisierten Kunsthändlern (Hildebrand Gurlitt, Karl Buchholz, Ferdinand Möller und Bernhard A. Böhmer) verwertet worden waren. Konkret hieß das: Sie wurden ins Ausland, aber auch an deutsche Sammler wie Bernhard und Margit Sprengel verkauft und befinden sich heute in zahl­ reichen öffentlichen oder privaten Sammlungen weltweit. Auf der sogenannten Harry-Fischer-Liste, der Abschrift eines nach Herkunftsmuseen geordneten Verzeichnisses der ­A ktion „Entartete Kunst“, die heute eine herausragende ­Bedeutung für die Provenienzforschung der Museen besitzt, sind die aus dem Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) ­beschlagnahmten Werke aufgeführt. Darunter zahlreiche ­A rbeiten von Feininger, Kandinsky, Hofer, Kirchner und Klee, aber auch das bekannte Gemälde „Tierschicksale“ von Franz Marc, das sich heute im Kunstmuseum Basel befindet und nicht mehr verliehen wird. Eine besondere Abteilung widmet sich den am Bauhaus tätigen Künstlern Feininger, Kandinsky, Klee, Muche und Schlemmer. Als besonders innovative ­Verknüpfung von Geschichte und Gegenwart ergänzt ein digitaler Teil in Kooperation mit dem Fachbereich Multimedia/

VR-Design der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle die Ausstellung. Das Projekt lädt die Besucher mittels VR-Brillen mitten in die Rekonstruktion der historischen Sammlung. Hierfür wurde Walter Gropius‘ visionärer Entwurf eines Kunstmuseumsneubaus für Halle von 1927 mittels Virtual Reality erschaffen und die 1937 verlorene Sammlung der Moderne ist darin vollständig kuratiert präsentiert. Was also aus verschiedensten Gründen analog und mit Leihgaben nicht darstellbar ist, kann der Besucher der Ausstellung nun mit hilfe moderner digitaler Möglichkeiten auf faszinierende Weise virtuell erfahren. Gerade in der Verknüpfung von lokaler oder regionaler Geschichte mit ihren kunst- und kultur-historischen Kontexten lässt sich durch exemplarische Aufarbeitungen wie diese das Netzwerk der Moderne in seiner Vielfalt, aber auch in ­seiner Ambivalenz erfahren. CARSTEN PROBST

29. September 2019 bis 1 2 . Januar 2020 Bauhaus Meister Moder ne. Das Comeback K u n s t m u s e u m M o r i t z b u r g H a l l e ( S a a l e) k un st mu se um-mor it zburg. de hallomoder ne. de

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Foto: Falk Wenzel


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Moritz Götze, „Scapa Flow Flipper“, 2019 © VG Bild-Kunst, Bonn 2019


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Scapa Flow und nicht zurück

ARTMAPP: Moritz, mit Scapa Flow beschäftigst du dich schon lange. Vor zehn Jahren hast du die ­K aiserlich Preußische Flotte schon einmal symbolisch im Park von Schloss Neuhardenberg versenkt. Jetzt die Ausstellung in Wilhelmshaven, nächstes Jahr in Schottland – was fesselt dich so nachhaltig an diesem Stoff?

Moritz Götze: Mein erstes ScapaFlow-Bild habe ich sogar schon 1981 gemalt, und Scapa Flow war auch mein erstes Reise­z iel im Ausland nach der Grenzöffnung im Sommer 1990. Die Sache beschäftigt mich also noch länger! Es ist ­natürlich ein historischer Ort. Diese kahle Insellandschaft ohne Bäume mit dem Meer, das ist schon sehr ergreifend. Zum Beispiel gibt es noch Reste der ehemaligen Schiffsbarrieren aus dem Zweiten Weltkrieg, die Engländer hatten damals die ­Zufahrten zu den Orkney-Inseln durch Wracks von Handelsschiffen verbarrikadiert, und die liegen da heute noch. Darauf bin ich bei Ebbe natürlich herumgeklettert. Und dann macht man sich klar, hier lagen 1919 diese 74 Kriegsschiffe der ­K aiserlich Preußischen Marine, die sich dort selbst versenkt hat. Für die preußischen Offiziere war es seinerzeit natürlich eine ­Frage der Ehre – lieber die ganze Flotte versenken, als sie dem Feind überlassen! Als Künstler würde ich das heute ein ­bisschen anders deuten, nämlich als eine der größten pazi­f istischen Aktionen der Menschheitsgeschichte. Vorher hatten 60 Millionen Steuerzahler in Preußen über dreißig Jahre lang dafür geblutet, dass diese Armada überhaupt gebaut werden konnte. 74 Schiffe, die auf einen Schlag den Stöpsel ziehen, und dann versinkt so eine ganze Flotte auf einmal – und der einzige Zeuge ist ein Dampfer, der zufällig dazwischen h ­ erumfährt mit einer Schulklasse auf Ausflugsfahrt … das ist doch surreal! Für mich endet Preußen an diesem Tag und nicht erst 1946, als die Alliierten den Namen offiziell gelöscht haben. ARTMAPP: Kann man heute vor Ort noch etwas von den Ereignissen erahnen? MG: Ein paar Wracks liegen tatsächlich noch da, die stehen unter Denkmalschutz. Ab und zu darf trotzdem noch Stahl entnommen werden für wissenschaftliche Instrumente, denn „Low-Background-Steel“, der noch vor den ersten Atombombenabwürfen in den 1940er-Jahren hergestellt wurde und eine geringere Strahlung hat als der spätere, gibt es heute kaum noch. Insgesamt sind damals 50 Schiffe gesunken, einige wurden aber auch noch von den Engländern an Land gezogen. Die gesunkenen Schiffe haben sie für 40.000 Pfund an einen Schrotthändler verkauft, der sie über Jahrzehnte nach und nach gehoben hat, indem er Rohre auf die Wracks geschweißt und Druckluft reingepumpt hat, bis sie langsam hochkamen und verkehrt herum in eine Werft geschleppt werden konnten.

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Moritz Götze ist ein überaus vielseitiger Künstler, vor allem jedoch bekannt für seine Emailarbeiten, in denen er zumeist historische Themen und Motive aufgreift und nacherzählt. Fast sein gesamtes bisheriges Leben hat er in Halle (Saale) zugebracht, wo er bis heute lebt. In einer Ausstellung des Marinemuseums Wilhelmshaven widmet er sich noch bis 23. Juni Scapa Flow, jener legendenumwobenen schottischen Bucht, in der sich vor einhundert Jahren die gesamte preußische Kriegsmarine nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg selbst versenkte. (Danach zeigt er in der Kunsthalle Wilhelmshaven „Götzendämmerung – Bilder zur deutschen Geschichte“.) ARTMAPP traf den Maler, Grafiker und Objektkünstler zum Gespräch über den Untergang von Preußens Stolz in den Fluten des Atlantiks und die Wurzeln seiner künstlerischen Geschichtsbesessenheit. Das Interview führte Carsten Probst.


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ARTMAPP: Deutsche Geschichte als Thema ­deutscher Künstler nach 1945, da denkt man an bedeutungsschwere Kost von Anselm Kiefer, Jörg Immendorff oder auch Thomas Demand. Aber du hast offenkundig einen anderen Zugang gefunden ... MG: Ach, ich glaube, ich bin in dieses Thema einfach so ­h ineingeschlittert … (lacht) Vielleicht ist es auch eine Möglichkeit für mich, auf künstlerische Art, so maltherapiemäßig an ­Geschichte heranzukommen und sie besser zu verstehen. Ich gebe mir ja immer viel Mühe, die Sachen aufzubereiten, mit Texten in den Ausstellungen oder Katalogen. Viele Sachen wären sonst auf den ersten Blick eher kryptisch. Geschichtszeichen sind ja immer kryptisch und müssen erst einmal entschlüsselt werden. ARTMAPP: Deine Arbeiten wirken oft ironisch auf mich, schon deine Emailtafeln mit den märchenoder comichaften Motiven. Was ist für dich das Ironische an Scapa Flow? MG: Dieses Spielerische am Krieg, so richtige Jungenspiele sind das doch, diese Strategien der Kapitäne vor ihren See­ karten oder diese Rituale der Ehre. Zwei Kapitäne, jeder auf einer Seite, die sich persönlich vielleicht sogar schätzen, und dann schießen sie sich gegenseitig ihre Schiffe zusammen, bis einer untergeht. Der Verlierer wird am Ende aus dem Wasser gefischt und bekommt eine Zigarette. Das finde ich ziemlich verrückt. Deswegen habe ich in der Wilhelmshavener ­Ausstellung zum Beispiel einen alten Flipperautomaten umfunktioniert und neue Kontakte angelötet, die dann per Zufall Schüsse auslösen. Bei Krieg und Geschichte spielt der Zufall ja oft eine entscheidende Rolle. Auf einer Wand dahinter leuchten beim Spielen Versatzstücke dieser ganzen Geschichte auf, Filme und Sounds, auch zum Zweiten Weltkrieg und der U-Boot-Geschichte mit dem Kommandanten Günther Prien, der wegen Scapa Flow ja ein Held für die Nazis war.

Moritz Götze, „Doktor Faustus“, 2019, Emaillemalerei mit Gold, 123 x 50 cm © VG Bild-Kunst, Bonn 2019


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ARTMAPP: Deine Eltern sind beide Künstler. Wie stark hat das deinen Weg geprägt? MG: Da gab es eine frühkindliche Prägung, auch wenn mein Weg natürlich ein anderer ist. Anfangs war ich immer irritiert, wenn ich als Jugendlicher Bilder anderer Gegenwartskünstler gesehen habe, weil die so anders aussahen als die meiner ­E ltern. Mein Vater, Wasja Götze, war einer der ersten PopArt-Künstler der DDR. Im Westen ging es der Pop-Art ja vor allem um Konsumkritik, in zwei Dritteln der Bilder meines Vaters ging es aber um die DDR, also um die Mauer oder den Parteiapparat – und das war in den Sechzigern total problematisch. Er war dann auch noch unter den Erstunterzeichnern der Biermann-Petition! Meine Mutter war Lehrerin an der Hochschule Burg Giebichenstein, das war die Einkommensquelle der Familie – alles stand damit zur Disposition. Ist aber glimpflich ausgegangen, meine Mutter wurde nicht entlassen, und mein Vater bekam zwar Ausstellungsverbot, aber nur im Bezirk Halle. ARTMAPP: Hast du dich selbst auch als wider­ ständigen Künstler gesehen? Du gehörtest in den 1980er-Jahren zur Punkbewegung in der DDR ... MG: Widerstand bestand damals eher darin, das System zu ­ignorieren, wo es nur ging. Für mich war die DDR ein verkommenes, böses System mit kleingeistigen Hausmeistern an der Macht. Da haben wir nur noch versucht, unser eigenes Ding zu machen. Wir haben zwar nichts „gegen“ die DDR ­gemacht, aber Freunde von mir sind damals trotzdem im Gefängnis gelandet – einfach so, ohne Angabe von Gründen. Das war Normalität, dass man einfach nichts erfuhr. Es gab diese ständige, diffuse Bedrohung auch gegen unbescholtene Leute. Ich denke, das war vor allem der Grund, weshalb sich irgendwann so viele gedemütigt fühlten und nicht mehr an dieses System glaubten – sogar bei der Polizei, den Soldaten und der Stasi. So ist das System 1989 implodiert, die Leute haben sich einfach alle verarscht gefühlt.

Moritz Götze, „Strandgut“, 2019, Emaillemalerei mit Gold, 123 x 50 cm © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

MG: Lass’ es mich einmal so sagen: Mir geht natürlich auch manches gegen den Strich in der Bundesrepublik. Trotzdem ist sie für mich das beste Deutschland, das es je gegeben hat. Vor ­a llem die Bundesrepublik der achtziger und neunziger Jahre. Wenn du das vergleichst mit der DDR, mit den fünfziger Jahren oder mit der Nazizeit oder dem Kaiserreich, dann läuft alles doch ziemlich korrekt, man hat viele Freiheiten und Möglichkeiten. Aber es gibt auch die Verbitterung, da reicht ein Blick auf die Debatte über die Rechten hier. Aber wenn du dir mal anschaust, welche Innovations- und Wirtschaftskraft früher in Mitteldeutschland angesiedelt war – das war wie

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ARTMAPP: Und danach?


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Moritz Götze in seinem Atelier in Halle (Saale), Foto: Michel Klehm

heute Baden-Württemberg und Bayern zusammen! Und wenn du heute durch die sterbenden Kleinstädte fährst, dann siehst du, da standen früher Fabriken, die wie Schlösser aus­ sahen. Und dann die Villen! Ich frage mich immer, wo die Arbeiter gelebt haben! Dann wächst auch das Verständnis, dass dieser Verlust der Boden für Verbitterung ist.

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ARTMAPP: Wie ist dein eigenes Verhältnis zu dieser Geschichte? Ich bin ja sehr lokalpatriotisch veranlagt, manche nehmen mich deshalb ja schon gar nicht mehr ernst! (lacht) Aber ­M itteldeutschland ist so ein geschichtsträchtiger Raum mit der größten kulturellen Dichte weltweit außer Italien – und ist so verkommen! Es gibt keine Gegend in Deutschland, keine einzige Gegend außer dieser zwischen Eisleben, Merseburg, Naumburg, Halle, wo Kirchen von allein einfallen und keiner sich verantwortlich fühlt! Sachsen-Anhalt schmückt sich ­offiziell mit den meisten Weltkulturerbestätten, und dann kriegen sie es nicht hin, das, was sie haben, wenigstens ­notdürftig zu erhalten. Das finde ich krass. ARTMAPP: Wie erklärst du dir das? MG: Historisch war hier immer fruchtbares Land mit vielen Bodenschätzen. Das heißt, große Monokulturen und viel ­I ndustrie: Zucker, Braunkohle, Chemie, viele zugezogene ­A rbeiter. Bei denen hat das Denken an der Wohnungstür ­aufgehört, keiner hatte irgendeinen Bezug zu der Gegend, ­immer gab es Fluktuation. Das liebe ich auch irgendwie, diese ­R auheit der Region: eine ganz ehrliche, brutale Landschaft. Aber zugleich ist es manchmal schwer auszuhalten.

ARTMAPP: Halle gehörte doch einmal zum Herzland der kulturellen Moderne in Deutschland, zusammen mit Magdeburg, Breslau, Chemnitz, Weimar, Dessau, Dresden ... MG: Ja, wenn man sich die Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle 1925 anschaut und sie mit dem Bauhaus vergleicht, sind die Unterschiede gar nicht gravierend. In ­H alle war man mit der Künstlerausbildung von Gerhard ­Marcks vielleicht etwas bodenständiger und das Bauhaus in der ­Konsequenz etwas radikaler, aber es gab es viele Überschneidungen. Aber dass man das mit dem Bauhaus in diesem Jahr so touristisch ausschlachtet und massiv investiert in Bauhaus-Museen, anstatt das kulturelle Erbe in der Provinz zu pf legen, das finde ich ziemlich verfehlt. Sie wollen damit ­etwas für den Massentourismus tun, dabei ist das Bauhaus doch nur für ein ganz kleines, elitäres Publikum. Das wird der Region auch nicht helfen auf längere Sicht. ARTMAPP: Aber Halle ist nach wie vor „Deine“ Stadt? MG: Ich kenne ja inzwischen ganz Deutschland, und was Halle sich bewahrt hat, ist in jedem Fall, dass die soziale Schere hier viel weniger auseinanderklafft als woanders. Da gibt es immer noch Kneipen, wo auch Leute miteinander können, deren Sozialleben sich nach der Wende völlig entgegengesetzt entwickelt hat. Das ist an Halle das besonders Angenehme.


WERNER TÜBKE Unter fremden Menschen Von Petersburg bis Samarkand 29.06. - 03.11.2019

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Bauernmarkt in Samarkand (Ausschnitt), 1963, Museum der bildenden Künste Leipzig, © VG Bild-Kunst Bonn, 2019


dessau Bauhaus – Industrie und Gärten Dessau ist als Stadt des Bauhauses weithin bekannt, doch erst anlässlich des Bauhaus-Jubiläums wird das Erbe des Neuen Bauens in der sachsen-anhaltischen Industriemetropole ­w ieder in seiner ganzen Vielfalt erfahrbar. Zahlreiche architektonische Zeitzeugnisse lassen sich nun erstmals überhaupt auf speziell eingerichteten Stadtrundgängen ­erkunden. Dabei zeigt sich manch unerwartete historische Erkenntnis: Das Dessauer Bauhaus könnte seiner reform­ orientierten ­P rogrammatik nach auch ein moderner Ableger der klassi­zistischen Tradition in der einstigen Residenzstadt des 18. Jahrhunderts sein. CARSTEN PROBST

Thomas Witzke, „Bauhaus Dessau, Meisterhaus Lyonel Feininger“, Detail, Vektorzeichnung, Digital C-Print, Ultrasec M, 60 x 80 cm, 2019, Courtesy: Galerie Marko Schacher, Stuttgart, © Thomas Witzke


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Das „unsichtbare Bauhaus“ und die soziale Moderne in Dessau

Seit vielen Jahren schon haben Experten die Unsichtbarkeit des Bauhauses in Dessau kritisiert. Bislang konzentrierte sich vieles auf die touristische Vermarktung der Weltkulturerbestätten, also des Bauhaus-Hauptgebäudes von Walter Gropius und der sogenannten Meisterhäuser. Tatsächlich gibt es über die Stadt verteilt aber insgesamt zwölf mehr oder weniger original erhaltene Zeugnisse des Bauhauses, manche von ihnen waren bislang nicht einmal für Besucher zugänglich. Durch das Bauhausjahr und die Eröffnung des Bauhaus-Museums im September soll ein neues kuratorisches Konzept die enge Verbindung zwischen Stadt und Designschule verdeutlichen – „das prototypische Arbeiten im Alltag, draußen in der Stadt, das diese Schule so sehr bezeichnet“, wie Stiftungsdirektorin Claudia Perren sagt. Das historische Bauhaus-Gebäude von Walter Gropius wird durch das neue Bauhaus-Museum im Dessauer Stadtpark von seiner Funk­ tion als Ausstellungsort befreit und ist nun selbst Exponat. Erstmals seit Jahrzehnten kann man es in einem Zustand ohne jegliche Einbauten erleben, wie es die Bauhäusler selbst

gesehen haben. Mit großer Akribie wurde bei F ­ assaden und im historischen Farbleitsystem der Innen­räume auf m ­ öglichst vorbildgetreue Wiederherstellung der ­h is­torischen Farbrezepturen geachtet, im ehemaligen M ­ eisterhaus K ­ andinsky/ Klee waren dafür teils monatelange Forschungen nötig. Ein museales Leitsystem mit kleinen ­I nformationsfilmen führt nun auch durch jene Dessauer B ­ auhaus-Architekturen, die nicht zum Weltkulturerbe g­ ehören, an denen sich aber das gewandelte Selbstverständnis der Kunst- und Designschule nach ihrem Umzug aus Weimar nachvollziehen lässt: Walter Gropius’ Arbeitsamt aus dem Jahr 1928/29, einen halb­ kreisförmigen Flachbau mit dreigeschossigem Kubus, der immerhin schon zu DDR-Zeiten unter Denkmalschutz


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Bauhaussiedlung Dessau-Törten, Haustyp Sietö 2, (Walter Gropius, 1928), Kleinring 42, Foto: © Yvonne Tenschert, 2012, Stiftung Bauhaus Dessau

DA S B AU H AU S U N D

linke Seite: Meisterhaus Haus Muche/Schlemmer (1925–26), Architekt: Walter Gropius, Foto: © Yvonne Tenschert, 2011, Stiftung Bauhaus Dessau

gestellt worden war; die Gaststätte Kornhaus von Gropius’ Assistent Carl Fieger aus dem Jahr 1930, die noch heute ein beliebter Ausflugsort ist; vor allem aber durch die von Gropius geplante Bauhaus-Gartenstadtsiedlung Törten am Stadtrand Dessaus, die mit ihren unterschiedlichen Typen sozialen Wohnungsbaus eines der herausragenden Beispiele für die städtebaulichen Aufgaben ist, die das Bauhaus in der Arbeiterstadt übernahm. Hier gibt es einen Prototyp für einen Stahlgerüstbau von Georg Muche und Richard Paulick neben Reihenhäusern und einem ehemaligen Konsummarkt von Walter Gropius sowie frühe Laubenganghäuser von Hannes Meyer, Gropius’ Nachfolger als Bauhaus-Direktor.

Weniger bekannt ist überdies, wie eng das Bauhaus mit der Gründung der Anhaltischen Gemäldegalerie in Dessau 1926 verbunden war. Deren Gründungsdirektor, der junge Hallenser Kunsthistoriker Ludwig Grote, war als Verfechter der Moderne auch einer der maßgeblichen Fürsprecher beim ­d amaligen Dessauer Bürgermeister Fritz Hesse, sich um die Ansiedlung der aus Weimar verstoßenen Kunstund ­D esignschule zu bewerben; später sorgte er als Leiter des Freundeskreises des Bauhauses für zahlreiche Ankäufe von Arbeiten führender Bauhaus-Lehrer. Für die Gemäldeg a ler ie kon ­z ipier te Grote ei ne refor mpäd a gog isc h intendierte ­P räsentation mit einer augenhohen Hängung der aus verschiedenen f­ ürstlichen Kollektionen und Eigenerwerbungen zusammengezogenen Exponate altdeutscher und nie­der­ländischer Malerei und Skulptur. Damit folgte er nicht zuletzt den Tendenzen einer „Demokratisierung“ der ­Museen, die bei freiem Eintritt auch einem nicht bürgerlichen Publikum kulturelle Bildung e­ rmöglichen sollte. Vermutlich war Grotes Auftrag zur I­ nnenausstattung für seine Dienstwohnung im alten Palais Reina, dem ersten Standort der Gemäldegalerie, zugleich die mutmaßlich erste derartige ­Realisation durch das Bauhaus, bei der bereits das später im Bauhaus-Hauptgebäude und in den Meisterhäusern angewandte Farbleitsystem eingesetzt wurde. Der Standort des im Herbst eröffnenden Bauhaus-­Museums am östlichen Rand des Dessauer Stadtparks erinnert noch entfernt an die Lage des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Palais Reina.

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Grote wurde als Direktor der Gemäldegalerie 1933 durch die Nationalsozialisten abgesetzt, die Sammlung erlitt durch Zwangsverkäufe während der NS-Zeit und Plünderungen große Verluste. Nach der Rückgabe eines größeren Teils der Kollektion aus der Sowjetunion, in die sie nach dem Krieg ­abtransportiert worden war, konnten die Verluste zu­m indest teilweise kompensiert werden. Heute ist die Gemäldegalerie im Georgium, dem von Friedrich-Wilhelm von Erd­m annsdorff errichteten Landhaus im Georgischen Garten untergebracht, einem zum Gartenreich Dessau-­ Wörlitz gehörenden Landschaftspark aus dem 18. Jahrhundert, und liegt nur wenige Gehminuten vom Bahnhof Dessau-­ Roßlau entfernt. Zwar ist die Gemäldegalerie noch bis nächstes Jahr wegen finanzieller Engpässe bei ihrer Renovierung geschlossen, Hauptwerke der Sammlung sind jedoch im Museum für Stadtgeschichte am Schlossplatz ausgestellt. Durch den weitläufigen Georgischen Landschafts­ garten kann man ausgedehnte Spaziergänge bis an den Elbdeich unternehmen, vorüber an kleinen Parkbauten wie dem damaligen Gästehaus, in dem die staatliche Grafiksammlung untergebracht ist, einem anmutigen Ionischen Tempel oder künstlichen römischen Ruinen und Triumph­ bögen. Auftraggeber für den Park war seinerzeit Prinz Johann Georg, der nach dem Vorbild englischer Landschaftsgärten ­e inen Bildungsparcours im Sinn der Auf klärungsideen ­errichten wollte, ähnlich wie es zuvor schon sein Bruder, der Landesvater Fürst Franz, in den Wörlitzer Parkanlagen

ebenfalls unter Hinzufügung von zahlreichen Architekturen Erdmannsdorffs realisiert hatte (darunter das Wörlitzer Schloss, das als Gründungsbau des deutschen Klassizismus gilt). In der Verbindung von Anhaltischer Gemäldegalerie und Dessauer Bauhaus lassen sich somit auch Anknüpfungen an die lokale aufklärerische Tradition sehen.

N E T Z W E R K G A R T E N T R ÄU M E

Das Weltkulturerbe Gartenreich Dessau-Wörlitz mit seinen jährlich über eine Million Besuchern gehört heute zwar zu den unangefochtenen touristischen Attraktionen Sachsen-­ Anhalts, doch zahlreiche Perlen des parkkulturellen Erbes des Bundeslandes sind immer noch vergleichsweise ­u nbekannt. Im Netzwerk „Gartenträume“ sind rund 50 historische ­Park­anlagen zusammengefasst und werden von einer ­Kommission aus Fachleuten der Denkmalpf lege sowie der Tourismus­w irtschaft gemeinsam begutachtet und mit Prä­ dikaten versehen, die die Ausnahmestellung des jeweiligen Gartens zertifizieren – darunter so unterschiedliche Anlagen wie das Europa-Rosarium Sangerhausen, der Irr­g arten von Altjeßnitz, der Barockgarten St. Ulrich in Mücheln, der Abteigarten in Quedlinburg oder die Schlossgärten in Blankenburg (Harz) und Dieskau. Jedes Jahr gibt das N ­ etzwerk „Gartenträume“ eine Broschüre mit aktualisierten Informationen und Anregungen für Touren und Veran­staltungen heraus. CARSTEN PROBST

Gartenreich Welterbe, Schloss Georgium, Sommer, Foto: Sebastian Kaps © Stadtmarketinggesellschaft Dessau-Roßlau mbH

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W E LT K U LT U R E R B E G A R T E N R E I C H D E S S AU -WÖ R L I T Z


Siegfried Anzinger

Blick zurück und nach vorn Sammlung Würth und Leihgaben

Museum Würth Künzelsau 28. Januar bis 13. Oktober 2019 Täglich 11 bis 18 Uhr Eintritt frei www.kunst.wuerth.com

Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog im Swiridoff Verlag.

Siegfried Anzinger Madonna unter dem Bogen, 1995 (Detail) Sammlung Würth, Inv. 3343

Alle Aktivitäten des Museum Würth sind Projekte der Adolf Würth GmbH & Co. KG.

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Harald SoHlberg: ein norWegiScHer landScHaftSMaler 12. Juli — 27. oktober 2019

Harald Sohlberg, Landstraße II, 1916, Privatbesitz © O. Væring Eftf. AS.

MittsoMMernacht

Der Kulturfonds Frankfurt RheinMain fördert die Ausstellung Mittsommernacht im Museum Wiesbaden. Getragen wird der gemeinnützige Fonds vom Land Hessen, von Frankfurt am Main, dem Hochtaunuskreis und dem Main-Taunus-Kreis, Darmstadt, Wiesbaden, Hanau, Bad Vilbel, Offenbach am Main und Oestrich-Winkel. Weitere herausragende Kunst- und Kulturprojekte finden Sie unter www.kulturfonds-frm.de / Facebook / twitter / newsletter


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Lyonel - Feininger- Galerie in Quedlinburg

Drei Generationen voller Esprit Ta l e n t i e r t e F a m i l i e n b a n d e : I n d e r L y o n e l - F e i n i n g e r- G a l e r i e i n Q u e d l i n b u r g w i rd d a s e n o r m e s c h ö p f e r i s c h e P o t e n z i a l de r deutsch- ame r ikanische n Künstle r familie Feininge r vorgestellt

Seit dem Jahr 1994 steht die knapp 25 .000 Einwohner ­z ählende Stadt Quedlinburg am Rande des Harzes in ­Sachsen-Anhalt auf der Welterbeliste der UNESCO. Bereits 922 urkundlich zum ersten Mal erwähnt, verfügt Qued­ linburg über ein reiches architektonisches und kulturelles Erbe. Ein 936 gegründetes Damenstift mit der romanischen Stiftskirche St. Servatius thront auf dem Schlossberg über der Stadt. Weitere romanische, gotische und neugotische Kirchen prägen das Stadtbild. Quedlinburg ist aber auch bekannt für

seine gut erhaltenen Fachwerkhäuser, die sich in verwinkelten Kopfsteinpflastergassen aneinanderreihen. Rund 2.000 Fachwerkhäuser aus acht Jahrhunderten können Besucher der Stadt bestaunen. Mehr über ihre Bauweise und Geschichte kann man im Fachwerkmuseum im Ständerbau erfahren. Wer sich eher für Literatur interessiert, ist im Klopstockhaus, dem Geburtshaus des der Auf klärung verpf lichteten Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock (172 4-1803), gut aufgehoben. Doch kommen auch Kunstliebhaber auf ihre Kosten.


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Foto: Michael Bader © Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH

Im Jahr 1986 eröffnete die über die Stadtgrenzen ­h inaus ­b ekannte Lyonel-Feininger-Galerie auf dem Schlossberg. Grundlage des Museums ist ein großes Konvolut mit Werken des in New York geborenen Bauhaus-Künstlers L ­ yonel ­Feininger (1871-1956). In der Lyonel-Feininger-Galerie werden das Werk des Künstlers und die Geschichte seiner deutsch-amerikanischen Familie, die 1937 gezwungen war, in die USA zu emigrieren, in Sammlungspräsentationen und Wechselausstellungen erforscht. Lyonel Feininger wurde im Jahr 1919 als erster Bauhaus-Meister nach Weimar, später nach Dessau berufen. Unterstützung in seiner Künstlerkarriere ­erfuhr er auch durch seine Frau Julia, die – ganz modern – als seine Managerin agierte.

Es ist dem Quedlinburger Sammler Dr. Hermann Klumpp (1902-1987) zu verdanken, dass ein großer Teil des Werks der Feiningers, der vor der Auswanderung in Deutschland entstand, einer großen Öffentlichkeit z­ ugänglich gemacht werden konnte. Der Freund der Künstlerfamilie ­b ewahrte die vom NS-Regime als „entartet“ diffamierten Werke sorgsam auf. Die 19 8 6 im umgebauten Gebäude des ­Städtischen Museums eröffnete Lyonel-­F eininger-Galerie wurde im Laufe der Jahre durch viele Um- und Erweiterungsbauten modernisiert und pro­fessionalisiert. Im Jahr 2006 konnte das Haus dann in die „Stiftung Moritzburg Halle – Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt“ inte­ griert werden. Grundlage für das im Jahr 2014 zum „Museum für ­g rafische Kunst“ ausgebaute Haus ist die Sammlung Dr. ­Hermann Klumpp. Der Sammler war ursprünglich Jurist, ließ sich aber am Bauhaus in Dessau zusätzlich zum Architekten ausbilden. Die Kollektion mit dem weltweit größten Einzelbestand an Druckgrafik Lyonel Feiningers wird in einer Dauerausstellung präsentiert, die nach umfangreichen Bau­ arbeiten seit dem 1. Mai wieder ganzjährig geöffnet ist.

Gertrud Wysse Hägg, Kinderservice „Gullebarn“, 1932–1936, 8-teilig, Steingut, gegossen, Umdruck- und Malereidekor, Ausführung: Manufaktur Gustavsberg, Stockholm, Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig, Foto: Esther Hoyer, © Nachlass Gertrud Wysse Hägg

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linke Seite: Stiftskirche St. Servatius in Quedlinburg (Harz),


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Bis zum 2 . September ist zudem die Ausstellung „Die ­F einingers. Ein Familienbild am Bauhaus“ zu sehen, in ­welcher der Auf bruch in die Moderne am Beispiel der namhaften Künstlerfamilie sichtbar gemacht wird. Werke des Zeichners, Malers und Komponisten Lyonel Feininger stehen unter anderem im Dialog mit den beeindruckenden Schwarz-Weiß-Aufnahmen seines Sohnes Andreas, der in New York als Fotograf Weltruhm erlangte. Auch seine an­ deren beiden Söhne Lawrence und T. Lux arbeiteten unter anderem mit dem Medium Fotografie. Aber auch für Lyonel Feininger, der seinen Durchbruch im Jahr 1913 in Herwarth Waldens berühmt gewordener Ausstellung „Erster Deutscher Herbstsalon“ in Berlin erlebte und der heute als einer der wichtigsten Vertreter der Klassischen Moderne angesehen wird, spielte die Fotografie eine Rolle. Er war stets auf der ­Suche, wie er das damals noch relativ junge Medium Fotografie in Form von „Naturnotizen“ als technisches Hilfsmedium für seine Malerei verwenden konnte. Sein erhaltenes Foto­ archiv umfasst 500 Abzüge und rund 18.000 Negative.

Dennoch war Lyonel Feininger eher den klassischen Me­ dien Zeichnung, Holzschnitt, Druckgrafik und Malerei zu­g ewandt. Seine drei Söhne hingegen setzten sich inten­ siver mit der Fotografie auseinander. Im Jahr 1925 begann sein ­ä ltester Sohn Andreas (1906-1999), sich experimentell mit dem Medium Fotografie zu befassen. Dafür richtete er im Dessauer Meisterhaus sein erstes Fotolabor ein. Die ganze ­Feininger-Familie nutzte diese Dunkelkammer. Gerade die Bauhaus-Fotografien, die T. Lux Feininger (1910-2011) ­z wischen 1926 und 1931 anfertigte, sind heute wieder sehr nachgefragt. Auch nach seiner 1936 erfolgten Emigration in die USA nutzte T. Lux Feininger neben seiner Malerei auch das Medium Fotografie. Sein Bruder Andreas hingegen konnte sich in New York schon bald als fest angestellter Foto-Reporter beim „Life“-Magazin etablieren. Von 1962-1987 arbeitete er dann als freier Fotograf und verfasste zahlreiche Standardwerke zur Fotografie.

unbekannter Fotograf, Lyonel und Julia Feininger im Bauhaus Atelier, 1927, Abzug vom Glasnegativ, 8,9 x 11,9 cm, Harvard Art Museums/Busch-Reisinger Museum, Gift of T. Lux Feininger © VG Bild-Kunst, Bonn 2019


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Lyonel Feininger, Bauhaus Dessau, 06. März 1929, Silbergelatine, 17,9 x 24 cm, Harvard Art Museums/Busch-Reisinger Museum, Gift of T. Lux Feininger

Eine besondere Rolle im künstlerischen Werdegang der Familienmitglieder spielten auch die Frauen. Im Jahr 1905 traf Lyonel Feininger während eines Urlaubs an der Ostsee die Liebe seines Lebens, Julia Berg. Obwohl Julia selbst an der Großherzoglichen Kunstschule Weimar eingeschrieben war, gab sie ihre künstlerische Karriere auf, um ihren Mann Lyonel zeitlebens dabei zu unterstützen, sich als freier Künstler durchzusetzen. Die Ausstellung in Quedlinburg macht deutlich, dass auch Julia über ein künstlerisches Talent verfügte, jedoch hinter ihren Mann zurücktrat, um ihm den Weg für seinen Erfolg zu ebnen. Weniger bekannt als das Werk seiner männlichen Nachkommen ist das Œuvre der ersten Tochter Lyonel ­F einingers, Eleonore Feininger (1901—1991), die aus seiner ersten Ehe mit Clara Fürst hervorging. Die in Berlin als ­M alerin und Porträtfotografin ausgebildete Künstlerin feierte vor ihrer durch die Nationalsozialisten erzwungenen Emi­g ration in die USA Erfolge als selbständige Fotografin und Hochschullehrerin in Deutschland. In den USA arbeitete sie dann in einem Fotolabor der US-Army und später als Komponistin.

Ebenfalls eine Verbindung zum Bauhaus hatte die Ehefrau von Andreas Feininger, die gebürtige Schwedin Gertrud Wysse Hägg-Feininger (1912-2006). Die am Bauhaus aus­ gebildete Grafik-Designerin arbeitete als Buch-Illustratorin und assistierte Andreas Feininger bei seinen Fotoreportagen. Parallel zu der Ausstellung „Die Feiningers. Ein Familienbild am Bauhaus“ zeigt die Lyonel-Feininger-Galerie noch bis zum 13. Oktober die interaktive Ausstellung ­„rot,gelb,blau. Das Bauhaus für Kinder“. In einer Kooperation mit Burg ­Giebichenstein Kunsthochschule Halle wurden ­einzelne ­Stationen konzipiert, an denen Kinder von 6 bis 12 Jahren ­e xperimentieren können. So können Bilder von ­Lyonel ­Feininger spielerisch nachempfunden und die Idee des Bauhauses als eine Reformschule neu erlebt werden – s­ pannend auch für Erwachsene. NICOLE BÜSIN G & HEIKO KL A AS

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© VG Bild-Kunst, Bonn 2019


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Das Diakonissen-Mutterhaus Neuvandsburg in Elbingerode/Harz

Innenaufnahme, Diakonnissen-Mutterhaus Neuvandsburg (1932–1934), Architekt: Godehard Schwethelm, Mit Genehmigung vom Diakonissen-Mutterhaus Neuvandsburg Elbingerode,

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Foto: © Tillmann Franzen, tillmannfranzen.com

Godehard Schwethelm wollte mit dem Bauhaus nichts zu tun haben. Dennoch ist ihm als jungem Architekten mit seinem 1934 fertiggestellten Diakonissen-Mutterhaus Neuvandsburg in Elbingerode ein Kleinod gelungen. An dieses erinnert man sich in Sachsen-Anhalt gerade im Vorfeld des Bauhaus-­ Jubiläums, da es eine ganz eigene, fast schon postmoderne Interpretation des Neuen Bauens auszeichnet. Dem gebür­t igen Erf urter und seiner Frau, der ­Innenarchitektin Isolde Schwethelm, ging es (wie schon bei ihrer kurz zuvor rea­l isierten Lungenheilstätte im nahen ­H arzgerode) um die Bewahrung traditioneller Bauformen und -mate­rialien. Die Abgrenzung des Architektenpaares von der industriell ­standardisierten Strenge der „weißen Moderne“ Sachsen-­A nhalts (wie in Dessau) oder der Blockbauweise der Reformarchitektur in Magdeburg fällt in Elbingerode schon durch die Verwendung von Natursteinplatten für die Fassadenverkleidung ins Auge. Das Gebäude vereint

rechtwinklige und geschwungene Baukörper, die allesamt ein flaches ­S atteldach krönt. Godehard Schwethelm mag seine Haltung von Paul Bonatz übernommen haben, dem be­ kanntesten ­Vertreter des Traditionalismus, dem 1911 der Durchbruch mit seinem Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs gelungen war und für dessen Büro Schwethelm einige Zeit gearbeitet hatte. Dennoch ist das Diakonissen-Mutterhaus in Elbingerode ein durch und durch moderner Bau, der im Inneren geradezu wie ein Gesamtkunstwerk anmutet. Die Stahl­ skelettkonstruktion erlaubte eine hohe Flexibilität bei der Grundrissgestaltung, was für die elegant-funktionale ­I nnenarchitektur eine Grundvoraussetzung war. Von der Großküche im Keller über die Wohnbereiche der Diakonissen bis zum Direktorenzimmer finden sich Einbauschränke mit Waschbecken und Ablagen, die noch heute vielfach im Original erhalten sind und mit Hingabe von den Bewohnerinnen des Hauses gepflegt werden. Der große Speisesaal mit


97 hellen Wandvertäfelungen und eingebauten Schränken und Vi­t rinen grenzt direkt an das Foyer und wird von ­beiden S ­ eiten durch hohe Fensterreihen erhellt; Speiseaufzüge ­f ühren von hier direkt in die ebenfalls tageslichthelle ­K üche. Haupt­a ttraktion ist jedoch zweifellos der multifunktionale Kirchsaal mit seinen expressionistischen Farbfenstern von Elisabeth Coester. Er kann mit verschiebbaren Zwischen­w änden und entfernbarer Kanzel zu einem Saal für Veranstaltungen und Filmvorführungen verkleinert oder vergrößert werden. ­Direkt unterhalb des Kirchsaales hat das Architektenpaar Schwethelm ein Schwimmbad in­ tegriert, das die über­schüssige Energie der Heizanlage im Maschinenhaus zur Erwärmung des Wassers nutzt.

Gästehaus Tanne In Elbingerode, einem Ortsteil der Stadt Oberharz am ­ rocken, entstand im 20. Jahrhundert das Zuhause der B ­E l­b ingeröder Schwesternschaft, das bis heute ein leben­ diges Zentrum für evangelische Diakonie und Mission ist. Durch den großen Zuwachs an Diakonissen wurde Anfang der 1930er-Jahre ein Mutterhausneubau errichtet. Der ­A rchitekt Godehard Schwethelm baute es im modernen Bauhausstil, zweckmäßig und in seiner Schlichtheit zeitlos und funktional. Auf dem Gelände des Diakonissen-Mutterhauses liegt das Gästehaus Tanne und lädt zum Verweilen und Ent­ spannen ein. Einzelgästen und Gruppen stehen ganzjährig

Noch heute ist den Diakonissen in Elbingerode der Stolz auf diese beeindruckend eigenständige Architektur anzumerken, der im Übrigen die DDR-Zeit bemerkenswert gut über­ standen hat. Die Schwethelms hatten Wert auf beständige und leicht zu pflegende Baumaterialien gelegt, was Oberin Schwester Klara Sagert, die Schwethelm mit dem Bau beauftragt hatte, schon seinerzeit mit dem Aphorismus auf den Punkt brachte: „Das Teuerste ist das Billigste.“ Auch wenn es nichts mit dem Bauhaus zu tun hat: Auf der Grand Tour des Bauhaus-Jahres gehört das Diakonissen-Mutterhaus in Elbingerode zu den herausragenden Entdeckungen. CARSTEN PROBST

73 Betten in 44 Zimmern in drei Gästehäusern zur Verfügung. Die be­sonderen Angebote des Hauses laden zum Entdecken ein: Hallenbad und Sauna unter dem Kirchsaal, eine Buchhandlung des Francke-Verlages, Galerie und Ausstellungen, Andachten und Gottesdienste im Mutterhaus. Führungen durch das Mutterhaus sind 2019 mittwochs und samstags ­jeweils um 15 Uhr nach vorheriger Anmeldung möglich.

Kirchsaaleingang

G Ä S T E H AU S TA N N E D E S D G D E .V. Unter den Birken 1 3 8 8 7 5 O b e r h a r z a m B ro c k e n O T E l b i n g e ro d e T 039 45 4-81350, F 039 45 4-81359 hau s-tanne @ ne uvand sburg. de g a e s t e h a u s - t a n n e - e l b i n g e ro d e . d e



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Thomas Witzke – Künstlerateliers der M oderne

l’art pour l’art ARTMAPP: Thomas, du machst in deiner Bildserie „l’art pour l’art“ Vektorzeichnungen von Kunst­ museen und Künstlerateliers. Bei den Museums­ bildern kann ich diesen Nachhall meines Besuches in diesem Museum in deinem Bild wieder repro­ duzieren, was wunderbar ist. Man kann sagen, das sind offene Bilder. Da kann man ohne Über­ treibung wirklich reingehen, das sind virtuelle Räume, in denen ich mich ohne Probleme gut ­bewegen kann. Bei deinen Atelierbildern wird es etwas schwieriger, denn das sind keine leeren ­R äume, die ich als Betrachter füllen kann, in denen ich meditieren, nachdenken und assoziieren kann. Da gibt es ja bestimmte Details. Wie erreichst du es, die jeweilige Persönlichkeit der Malerin oder des Malers in diesen Atelierbildern sichtbar werden zu lassen? Thomas Witzke: Ziel dieser Arbeit ist, den Fokus darauf zu richten, was ein Museums- oder Atelierbesuch beim Betrachter auslöst. Deshalb lenke ich meine Aufmerksamkeit auf die Räume, in denen Kunst am intensivsten erlebbar wird, und das sind die Museen und Ateliers. In ihren Ateliers haben Künstler oft Jahrzehnte gearbeitet und viel Patina und Arbeitsspuren hinterlassen. Ich habe relativ viele Ateliers des frühen 20. Jahrhunderts ausgewählt, was auch sicher mit den extremen gesellschaftlichen Umbrüchen dieser Zeit zu tun hat. In den Ateliers von Paula Modersohn-Becker in Worpswede, August Macke in Bonn, Gabriele Münter in Murnau, Emil Nolde in Seebüll, den Bauhaus Meisterhäusern in Dessau sowie den Wohnhäusern von Piet Mondrian in Amersvoort und Winterswijk bin ich auf erstaunlich intensive Farbigkeit gestoßen. Wände in Blau, Grün, Türkis, Rot und Gelb, ­Decken in Schwarz. Im nachgebauten Pariser Atelier von Piet Mondrian in seinem Geburtshaus in Amersvoort war der ­g anze Atelierraum ein einziges Kunstwerk von Mondrian.

linke Seite: Thomas Witzke, „Pariser Atelier Piet Mondrian“, Amersvoort, 2019, Vektorzeichnung, Digital C-Print, Ultrasec M, 60 x 80 cm, Courtesy: Galerie Marko Schacher, Stuttgart, www.galerie-schacher.de © Thomas Witzke, www.kunstmedia.de

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Kunst dient immer mehr als Vehikel für alles Mögliche, was nichts mit Kunst zu tun hat! Oder hat gerade Kunst mit allem zu tun? Der Künstler Thomas Witzke beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Wirkung von Kunst auf den Betrachter. Indem er das Kunsterlebnis selbst künstlerisch thematisiert, richtet er den Blick mit seinen Vektorzeichnungen auf jene Orte, an denen Kunst am intensivsten erlebbar wird: die Kunstmuseen und Künstlerateliers. Dabei stellt er die Frage nach dem Wesen der Kunst zwischen Politisierung und Elfenbeinturm mit dem mehrdeutigen Titel „l’art pour l’art“. Die hier gezeigten Ateliers der Klassischen Moderne bilden einen zentralen Block dieser Serie über Künstlerateliers aus 700 Jahren europäischer Kunstgeschichte. ARTMAPP traf den Künstler Thomas Witzke zum ­I nterview. Das Gespräch führte der Kulturjournalist und Kunstkritiker Burkhard Meier-Grolman.


100 ARTMAPP: Wie war das mit Gabriele Münters Atelier?

Thomas Witzke, „Atelier Gabriele Münter“, Murnau, 2019, Vektorzeichnung, Digital C-Print, Ultrasec M, 60 x 80 cm, Courtesy: Galerie Marko Schacher, Stuttgart © Thomas Witzke

THW: Es gibt relativ wenige historische Ateliers von Frauen. Ich habe jene von Gabriele Münter in Murnau und Paula ­Modersohn-Becker in Worpswede gezeichnet. Das Münter-­ Atelier ist ein wolkig hellblau gestrichener Raum mit von Wassily Kandinsky gemalten Ornamenten im sogenannten „Russenhaus“ in Murnau, in dem sie mit Kandinsky gelebt und gearbeitet hat. Ein kleines weißes Schränkchen steht im Raum mit einer Zeichnung von Kandinsky darauf. Nachdem Kandinsky die Münter verlassen hatte, war das Haus Gabriele Münters Atelier. Aber man kann machen, was man will, ­K andinsky drängt sich immer in den Vordergrund. Das zeigt dieses Dilemma, in dem auch Paula Modersohn-Becker ­steckte. Sie lebte in dieser Künstlerkolonie in Worpswede. Während dort alle Männer noch dem Spätimpressionismus nachhingen, erfand Modersohn-Becker die Moderne und es hat niemanden interessiert. Das macht diese Frauen-Ateliers einfach so spannend und dramatisch.


Thomas Witzke, „Atelier Paula Modersohn-Becker“, Worpswede, 2019, Vektorzeichnung, Digital C-Print, Ultrasec M, 60 x 80 cm, Courtesy: Galerie Marko Schacher, Stuttgart, © Thomas Witzke

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Thomas Witzke, „Atelier Emil Nolde“, Seebüll, 2019, Vektorzeichnung, Digital C-Print, Ultrasec M, 120 x 160 cm, Courtesy: Galerie Marko Schacher, Stuttgart, © Thomas Witzke


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THW: (lacht) Da hatte ich wahrscheinlich eine Vision, als ich dieses Nolde-Atelier gezeichnet habe. Ich bin ja immer auf der Suche nach Farbigkeit. Als ich die ersten Bilder von Emil Noldes Atelier bei der Recherche gesehen habe, dachte ich: Wow! Dieses Blau! Das Wohnhaus, in dem Nolde mit seiner Frau Ada gelebt hat, ist noch in dieser Farbigkeit, die er ursprünglich auch gewählt hat. Der Eingangsbereich ist in tiefes Blau getaucht, im ersten Wohnraum dominiert Knallgelb, der zweite Wohnraum erstrahlt in leuchtendem Rot. Das sind auch die Bauhaus-Farben der 1920er- und 1930er-Jahre mit der Farbenlehre von Johannes Itten. ARTMAPP: Das sieht man ja auch an deinem Bauhaus-Bild. THW: Bei Nolde war ich froh, überhaupt so ein starkes Blau zu finden, weil ich weder in den Museumsbildern so ein kräftiges Blau hatte noch bis dahin in den Atelierbildern. Ich dachte sofort, genau dieses klare Blau ist so ein Kontrapunkt, den ich noch brauche, wenn ich an die gesamte Serie denke. Als ich dann das Nolde-Bild fertig hatte, platzte die Nachricht herein, dass Noldes Vergangenheit wohl doch nicht ganz so sauber war, wie er sie selbst im Nachhinein reingewaschen hatte.

Burkhard Meier-Grolman und Thomas Witzke im Gespräch in der Galerie Marko Schacher in Stuttgart, Foto: Gerda Meier-Grolman

ARTMAPP: Das stört dich also nicht? Immerhin ist das Nolde-Atelier eines der stärksten Bilder in deiner Atelier-Serie. THW: Nein, das stört mich nicht, denn Nolde ist ein starker Künstler, auch wenn man ihn historisch in der Rückschau anders interpretieren wird. Müssen Künstler gute Menschen sein, um gute Kunst zu machen? ARTMAPP: Nein, nicht unbedingt, da gab es ja viele relativ schwierige Persönlichkeiten, etwa Francis Bacon oder Caravaggio. THW: Mir geht es in dieser Serie von Atelierbildern um Künstler, die kunsthistorisch eine Zeitenwende eingeläutet haben, die in einer Zeit gearbeitet haben, in der sich etwas verändert hat und die Kunst eine neue Richtung, einen neuen Aspekt bekommen hat. Ob das jetzt Giotto ist, Dürer, Cézanne, Beuys oder ob es eben die Künstler der Klassischen Moderne sind, zu denen ja auch Emil Nolde gehört.

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ARTMAPP: Apropos Dramatik, was ist mit dem Nolde-Atelier? Das ist ja ein Bild, welches aus dieser ganzen Serie herausragt.


Helmut Newton, Sie kommen (dressed), French Vogue, Paris 1981, © Helmut Newton Estate

HELMUT NEWTON SUMO MARK ARBEIT. GEORGE HOLZ. JUST LOOMIS THREE BOYS FROM PASADENA

PHOTO COLLECTION OF HELMUT AND JUNE HELMUT NEWTON FOUNDATION | MUSEUM FÜR FOTOGRAFIE | 7.6.2019 - 10.11.2019 JEBENSSTRASSE 2, 10623 BERLIN | DI, MI, FR, SA, SO 11-19, DO 11-20 UHR


Werner Schmidt | 12 Äpfel | 2019 | Mischtechnik | Papier bzw. Karton | gerahmt 32 x 26 cm

6. Juli – 24. August 2019: Ausstellung »STILLLEBEN« - Galerie Tammen, Berlin Eröffnung: Sa, 6. Juli 2019, 19 - 22 Uhr - Es spricht: Christoph Tannert - Direktor Künstlerhaus Bethanien, Berlin

ANKE EILERGERHARD – Skulptur | MATTHIAS GARFF – Skulptur/Objekte | MORITZ GÖTZE – Emaille Malerei HARALD GNADE – Malerei | VOLKER MÄRZ – Skulptur | SABINE OSTERMANN – Linolschnitte | STEPHANIE PECH – Malerei/Aquarelle WERNER SCHMIDT – Aquarelle | GABI STREILE – Malerei | TRAUTE ZIEGENFUSS – Malerei 6. Juli – 25. August 2019 - Kunstverein Coburg: SABINE OSTERMANN - Linolschnitte 19. Juli: Preisverleihung „Linolschnitt heute“, Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen ber 2019 13. September – 20. Oktober 2019: Kunstverein Offenburg-Mittelbaden r – 15. Sep tem e b m te p e S . 12 rlin www.sabine-ostermann.de P OSIT IONS B e E S ES TM S N U K EEK BER LIN A R T W 11. August – 15. September 2019 - Kunsthalle Wilhelmshaven: Im Rahmen der ni tte MORITZ GÖTZE - „Götzendämmerung“ - Emaille Malerei NN - Papiersch A M H C EI N IO MAR n/Objek te www.kunsthalle-wilhelmshaven.de R FF - Skulp ture M AT THIA S G A Y - Maler ei 20. September. – 12. Oktober 2019 - In Kooperation mit GALERIE TAMMEN, Berlin: DIE TM A R BR IX A - Maler ei DIETMAR BRIXY + Gastkünstler THOMAS RÖTHEL - Malerei FL OR IA N P EL K Jubiläumsausstellung „Brixy Passion - 15 Jahre Kunst im alten Pumpwerk“ www.brixy.de 20. September. – 07. November 2019 SONJA EDLE VON HOEßLE + HERBERT MEHLER - Skulpturen Marburger Kunstverein, Eröffnung: 20. September 2019, www.marburger-kunstverein.de 17. November. 2019 – 5. Januar 2020 - Kunstverein Münsterland: MARION EICHMANN - Papierschnitte Gewinnerin Kunstpreis Kunstverein Münsterland, Preisverleihung und Ausstellung www.kunstverein-muensterland.de D-10969 Berlin • Hedemannstr. 14

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106 „ Am größten und genialsten ist er wohl in seinen Skiz zen“

Theodor Fontane und Carl Blechen Theodor Fontane (1819-1898) und Carl Blechen (1798-1840) – beide Künstler sind in der Mark Brandenburg geboren und widmeten sich dieser Landschaft in ihren Werken. Fontane stieß in seinen Entdeckungen in der Mark Brandenburg auf den in Cottbus geborenen großen Landschaftsmaler Carl Blechen und erkannte in ihm ein „Malergenie ersten Ranges“. Seine Begeisterung für Blechens Bilder der märkischen Landschaft war so groß, dass er eine Biografie über den Künstler plante und sogar sein Wohnzimmer als fiktive Blechen-Galerie entwarf. Ebenfalls angeregt durch mehrere Besuche der „Vierzehnten Sonderausstellung“ in der Berliner Nationalgalerie, auf der über 400 Werke Blechens zu sehen waren, plante Fontane „über den berühmtesten Sohn der Stadt Cottbus ein märkisches Kapitel zu schreiben“ und begann mit einer umfangreichen Materialsammlung. Er fertigte Bilderlisten an, recherchierte nach gegenwärtigen Besitzern, sammelte zeitgenössische Briefe, schrieb Ausstellungsverzeichnisse, Rezensionen, Dokumente ab und führte umfangreiche Korrespondenzen. Sein handschriftliches Material zu Blechen umfasste schließlich 200 Textseiten. 1945 ging dieses

Manuskript verloren. Fünf Originalseiten haben sich im Deutschen Literaturarchiv in Marbach sowie eine 1940 ­b egonnene Abschrift von Hermann Fricke im Theodor-­ Fontane-Archiv in Potsdam erhalten. Auch der Hängeplan für Fontanes Wohnzimmer mit verschiedenen Blechen-Motiven ist überliefert. Die Ausstellung gibt zum ersten Mal einen Einblick in diese Materialsammlung Fontanes. Sie beginnt mit einer ­Reproduktion in Originalgröße des seit 1945 verschollenen „Semnonenlagers“. Die gezeigten Briefe und Dokumente ­stellen einen inhaltlich repräsentativen Querschnitt dar, wie Fontane Kontakte aufnahm und was er interessantes über Carl Blechen erfuhr, z.B. beschreibt der Künstler Henning Blechen als „wortkarge Natur, mit jedem freundlich und lange in die Augen blickend und das er immer „für Blechen geschwärmt“ habe, oder das Blechen in einer Gartenlaube kleine Land­ schaften malte und eine noch nicht ganz trockene über den Gartenzaun verschenkte. Gegenübergestellt werden auch die Originalmanuskriptseiten Fontanes mit den jeweiligen ­Seiten des Typoskriptes. Eine Medienstation bietet die Möglichkeit, in Fontanes Notizbüchern zu blättern und seine

Theodor Fontane an seinem Schreibtisch, 1894 Fotografie, © Stiftung Stadtmuseum Berlin


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Carl Blechen, Selbstporträt, um 1837, Öl auf Holz

knappen und sparsamen Bemerkungen zu den Bildern Carl Blechens zu lesen. Die großformatigen und erzählerischen Kompositionen gaben Fontane die ersten Anregungen zur Bildbeschreibung. Dann aber entdeckte er unter den ausgestellten Werken das Kleinformatige, „darunter entzückendste Sachen […]“ und eine Auswahl der Skizzen, die Fontane 1881/ 82 auf der Ausstellung in der Nationalgalerie sah, sind als Leihgaben aus der Akademie der Künste Berlin und aus Privatbesitz in Branitz zu sehen. Zwei Gemälde, die Fontane auch gesehen hat, Klostervorhof mit Reihern und das Selbstporträt Carl Blechens gehören heute zur Cottbuser Sammlung.

Und schließlich gewährt die Ausstellung einen Blick in die ganz persönliche Bildauswahl Fontanes für seine imaginäre Blechen-Galerie und sein Wohnzimmer. Auch wenn Fontane Textskizzen für kunsthistorische Betrachtungen nicht ausreichend sind, sein Interesse galt mehr dem Leben Blechens, den Anekdoten und einigen ­Nebenaspekten, wie dem Frauenzank zwischen Bettine von Arnim und Henriette Blechen, erkannte Fontane jedoch nicht nur den flüchtigen Reiz, sondern auch die Vitalität und sug­ gestive Kraft der Skizze bei Carl Blechen. Ausstellung vom 5 . Apr il bis 31. Ok tober 2019 i m B e s u c h e r z e n t r u m d e r S t i f t u n g F ü r s t- P ü c k l e r- M u s e u m P a r k u n d S c h l o s s B ra n i t z , S a m m l u n g C a r l B l e c h e n

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — B R A N D E N B U R G

© Stiftung Fürst-Pückler-Museum, Sammlung Carl Blechen


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Fontane-Jahr: Fontanes Brandenburg in der Gegenwartskunst Ein Gespräch mit dem Bildhauer Lothar Seruset

Ernst Baumeister, „Der rote Hahn“, 2018/19, Holz bemalt, 320 x 40 x 40 cm, Hintergrund: Lothar Seruset, „Dubslav“, 2019, Holz bemalt, 200 x 140 x 136 cm, Niemöllerplatz an der Klosterkirche St. Trinitatis Neuruppin, Foto: Leo Seidel

Zu denen, die es in den letzten Jahren dauerhaft von Berlin ins Ruppiner Land gezogen hat, gehört der Bildhauer, Maler, Druckgrafiker und Herausgeber Lothar Seruset. Anlässlich des 200. Geburtstages von Theodor Fontane hat der gebürtige Ulmer eine Ausstellungsreihe initiiert, die von Potsdam über Fontanes Geburtsstadt Neuruppin in weitere Orte wandert und eine bemerkenswerte Vielfalt künstlerischer Aneig­nungen von Fontanes Œuvre vereint, darunter namhafte Künstlerinnen und Künstler wie Hans Scheib, Ernst Baumeister, Pomona Zipser, Heike Jeschonnek, Moritz ­G ötze oder Volker Lehnert. Verbindendes Thema ist gerade die heute so verwunschen anmutende Landschaft Brandenburgs als ­G eschichts- und Mythenspeicher, als Bühne und Metapher. Die Bandbreite der Arbeiten reicht von den Graphic-Novel-­artigen Zeichnungen des Malers Rainer Ehrt über zahlreiche skulpturale und malerische Positionen bis zu den surreal ­a nmutenden fotografischen Erkundungen von Geschichts­spuren rund um den Stechlinsee seit der Fontanezeit bis heute durch Andrea Baumgartl. A RT M A PP sprach mit Lothar Seruset über die ­Künstlernetzwerke jenseits der Hauptstadt und das neue ­Bekenntnis zur schöpferischen Provinz, das heute aktueller denn je erscheint. Das Interview führte Carsten Probst. ARTMAPP: Lothar, haben euch die steigenden Mieten aus Berlin vertrieben, oder wie kam es dazu, dass du vor zwölf Jahren mit deiner Frau, der Bildhauerin Anna Arnskötter. in einen Landstrich gezogen bist, aus dem die Leute nach der Wende vor allem wegzogen? Die weite, von charakteristischen Pappelreihen durchzogene Landschaft zwischen Neuruppin und dem Havelland berührt in ihrer stillen, schlichten Klarheit. Noch heute lässt sich erahnen, warum Theodor Fontane ihr einst den ersten Band seiner „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ und seinen postum erschienen Roman „Der Stechlin“ widmete. In dieser lange Zeit als besonders ärmlich geltenden Gegend hat sich seit einigen Jahren ein Netzwerk von Künstlerinnen und Künstlern gebildet, das die Provinz jenseits des Kulturmolochs Berlin als Ort des Rückzugs und der Inspiration entdeckt hat und damit einen ganzen Landstrich wiederbelebt, der besonders in den Jahren nach 1990 von starker Landflucht bedroht war.

Lothar Seruset: Die Mieten in Berlin spielten da noch nicht die Rolle wie heute. Als Bildhauerpaar hast du immer Platzbedarf für Atelier und Lagerräume – da liegt es schon auf der Hand, sich im Umland umzusehen. Ich war damals Mitnutzer eines Atelierhauses in der ehemaligen Panzerhalle der NVA nördlich von Potsdam, da konnte man mit dem LKW reinfahren, hatte einen Hebekran für Schwerlasten und 500 Quadrat­ meter Ausstellungsfläche! Aber wir mussten raus, weil der Eigentümer die Halle abreißen wollte. Wenn man sich dann in einen Ort verliebt wie hier, in diesen Pferdestall neben der ehemaligen Brennerei in Lentzke, dann fängt dort eben etwas Neues an!


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ARTMAPP: Du bist ja nicht nur als Künstler ­u mtriebig, sondern auch als Kurator … LS: Lange habe ich überhaupt nichts mehr kuratiert – ich hatte hier am neuen Ort ja keinen Raum mehr wie in der Panzer­ halle. Aber in dem Fontane-Thema steckt so viel von den gesellschaftlichen Umbrüchen, die diese Landschaft geprägt haben und die man überall noch erkennt, weil das zu DDR-Zeiten überdauert hat. Das ist sehr reizvoll, dieses ­Material der Realität hier mit anderen Positionen zusammenzubringen. Ich mache das aber immer aus künstlerischem Interesse. ARTMAPP: Hat sich durch den Umzug in die ­P rovinz deine künstlerische Arbeit verändert? Du bist ja ein figürlicher Bildhauer mit einem sehr szenisch angelegten Werk, menschlichen, aber oft auch Tierfiguren.

ARTMAPP: Hast du noch Beziehungen zu ­Süddeutschland, wo du herkommst? LS: (lacht) Gerade stelle ich ja wieder in Ulm aus. Die Berge vermisse ich auch manchmal. Ich finde Ulm eine wunderschöne Stadt, und sie beschäftigt mich nach wie vor in meinen Arbeiten. Aber es ist nicht so, dass ich dort leben muss. ARTMAPP: Viele Künstlerinnen und Künstler aus der Fontane-Ausstellung leben ja inzwischen auch hier in der Region. LS: Der Verdrängungsprozess aus Berlin ins Umland ist inzwischen in vollem Gang. Johannes Heisig ist auch gerade nach Kyritz gezogen, weil sein großes Berliner Atelier an einen Investor verkauft wurde. Solche Geschichten hört man viele. Martin Assig und Andrea Baumgartl sind schon früher gekommen, oder Klaus Hack, den ich schon länger kenne, der hat sein Zuhause jetzt im alten Bahnhof bei Werneuchen. ARTMAPP: Ist so ein Zuzug nicht eine große ­C hance für die Kulturpolitik in Brandenburg, wenn damit vielen Orten wieder neues Leben ­eingehaucht wird?

Lothar Seruset, Foto: Biermann

LS: Es gibt schon ein Netzwerk, das sich allmählich heraus­ bildet. Der Verein L AND(SCHAF F T)KUNST, den die Künstlerin Ulrike Hogrebe in dem Künstlerdorf Neuwerder maßgeblich initiiert hat, organisiert ja unter anderem auch diese Ausstellungen zum Fontane-Jahr. Als wir hierher­ kamen, wurden wir zu einer Ausstellung eingeladen, haben den Verein gegründet, und haben schnell andere Künstler kennengelernt wie Michael Hischer, Marina Schreiber oder Frank Dornseif, die alle hier wohnen. Es gibt auch noch alte Platzhirsche, die das als Konkurrenz wahrnehmen. Aber ­a ndererseits ist es doch gerade spannend, hier etwas zu organisieren, was es bisher noch nicht gegeben hat, und dadurch Anlässe zu schaffen, durch die völlig neue Arbeiten entstehen, nicht nur in der bildenden Kunst, sondern auch Literatur, ­Musik und Film. Hinweis: „Die Ausstellung Fontane lesen – mach dir ein Bild davon ...“ wandert seit 2018 und wurde zunächst im Pots­ damer Landtag gezeigt, anschließend in der Galerie am Bollwerk und der Klosterkirche St. Trinitatis in Neuruppin. Seit 15. Juni ist sie in den Häusern und Ställen und draußen im Künstlerdorf Neuwerder bei Rhinow zu sehen und ab Herbst 2019 in Kleinmachnow und erneut in Potsdam. Weitere Termine, auch außerhalb Brandenburgs folgen.

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LS: Tiere trifft man hier natürlich überall, und das hat vielleicht schon einen Einf luss. Man hat hier aber zugleich mit ganz anderen Leuten zu tun als in der Stadt. Das Zeitgefühl ist auch ein anderes. In Berlin kommt mir heute alles irrsinnig schnell und überlaufen vor.


B.A.R.O.C.K. Künstlerische Interventionen von Margret Eicher, L ­ uzia Simons, Rebecca Stevenson, Myriam Thyes Barock! Wie schnell benutzt man dieses Wort, wenn es um etwas Üppiges, Ausdrucksstarkes, Schwungvolles geht. ­Wuchernde Ornamente, reiche Vergoldungen und endlose Perspektiven sind die Assoziationen, die sich mit diesem ­Begriff verbinden. Historisch gesehen aber auch die Unterwerfung der Welt, der Krieg der Religionen und die radikale Zentralisierung des Staates. Und nicht zu vergessen: die große Hingabe an die Fiktion der Oper oder die Freude am ­Trompe-l’Œil. Es liegt auf der Hand, wie aktuell das Barock ist. Täglich lesen wir über die Folgen der Globalisierung, von Menschen, die durch Glaubensfanatismus ums Leben

­ ommen und über die neuen Techniken der Unterhaltungs­ k industrie, die Grenzen zwischen Virtualität und Realität verwischen. Dies waren, wenngleich unter anderen Vorzeichen, ebenfalls große Themen des 16. und 17. Jahrhunderts. Dass eine heutige Kunst, die sich mit Barock ausein­ andersetzt, bei aller sinnlichen Verführung zugleich eine dezidiert poli­t ische Kunst sein kann, das bietet also schon


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Composing: Arbeiten von Margret Eicher, ­ Luzia Simons (© VG Bild-Kunst, Bonn 2019), Rebecca Stevenson, Myriam Thyes (© VG Bild-Kunst, Bonn 2019)

Das Schloss, das als privater Landsitz von Dorothea von Holstein-Glücksburg, der zweiten Frau des Großen Kurfürsten von Brandenburg, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine große Blütezeit erfuhr, erhält durch die ebenso sensiblen wie aussagestarken Interventionen der Künstlerinnen ein ­g utes Stück würdevolle Vergangenheit zurück. SAMUEL WITTWER

Bis 31. Ok tober 2019 B . A . R .O.C . K . K ü n s t l e r i s c h e I n t e r v e n t i o n e n v o n M a r g r e t E i c h e r, Lu zia Simons, R ebecca Ste venson, Myr iam Thyes Schloss Caputh www. spsg. de

Hinweis: Noch bis 25. August 2019 stellen die Künstlerinnen zudem einzelne Werke in der Kunstkammer des me Collectors Rooms / Stiftung Olbricht in Berlin aus.

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allein das Thema. Und das bestätigt in diesem Sommer eine Ausstellung in Schloss Caputh bei Potsdam. Über drei Jahre lang haben sich vier internationale Künstlerinnen mit diesem Ort auseinandergesetzt und gezielt hierfür Werke geschaffen, die wie selbstverständlich – und doch überraschend – in die his­torische Ausstattung integriert sind. Im Dialog mit den prachtvollen Stuckdecken des späten 17. Jahrhunderts, der ­beeindruckenden Sammlung niederländischer Barockmalerei oder dem mit mehreren Tausend niederländischen Fliesen ausgekleideten Sommerspeisesaal entfaltet sich hier eine ­faszinierende Interaktion von Formen und Inhalten. Vergangenheit und Gegenwart kommentieren sich gegenseitig. Bei Margret Eicher (Deutschland) steht dabei die Bildsprache der Trivialmedien im Zentrum des Interesses, deren Motive sie durch gewagte und aussagekräftige Kombinationen zu scharfsinnigen Kommentaren unserer Gesellschaft fügt und diese dann in haptisch verführerische Tapisserien umsetzt. Vermittelten solche außerordentlich kostspieligen Bild­teppiche im Barock oft wichtige politische Aussagen, so gilt dies auch für Deckenbilder. In Schloss Caputh zeigen sich ­d iese nun durch die geistvollen Projektionen von ­M yriam Thyes (Schweiz) sogar in bewegter Form. Die ­Blumenscans von Luzia Simons (Brasilien) nehmen Bezug auf die besonders in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts beliebte Gattung des Blumenstilllebens und die damit verbundene Erinnerung an Vergänglichkeit. Rebecca Stevenson (Großbritannien) lässt mit ihren verführerisch-lustvollen Wachsskulpturen die ­barocke Begeisterung für Übersteigerungen nachvollziehbar werden.


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WILHEL MS HAVEN Eigentlich könnte Wilhelmshaven eine der beliebtesten deutschen Städte sein – denn es hat alles, was es dazu braucht, um ein Touristenmagnet zu sein. Eingebettet in eine wunderschöne Landschaft, direkt am UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer gelegen, verbinden sich in Wilhelmshaven Natur, Geschichte und Kultur unterschiedlichster Sparten. Hier kann wirklich jeder nach Lust und Laune ein individuelles Programm finden.

Uwe Wohlmacher, „Leuchtfeuer an der Mole 3. Einfahrt“

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Eigentlich ...


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Wilhelmshaven zum 150. Geburtstag!

Uwe Wohlmacher, „Der Adalbertplatz“

Wilhelmshaven wurde vor 150 Jahren von König Wilhelm I. von Preußen auf Initiative des Prinzen Adalbert von Preußen als Marinegarnison gegründet. Auf dem Logo zum Geburtstag seiner Hafenstadt zwinkert uns der Monarch unter Pickelhaube und mit mächtigem Schnurrbart lässig zu. Von preußischem Militärdrill zu einer neuen Leichtigkeit? Der Flyer zum Stadtjubiläum verspricht jedenfalls: „Von der bewegten Vergangenheit in eine aufregende Zukunft.“ Lassen wir uns überraschen! Die bewegte Vergangenheit ist in der Stadt allgegenwärtig. Am Adalbertplatz steht das Denkmal des Prinzen, die ebenfalls nach ihm benannte Straße war eine Prachtstraße, die nach dem Vorbild der Berliner „Unter den Linden“ angelegt wurde. Von der mondänen Architektur der Gründerzeit ist heute zwar nur noch wenig zu sehen, aber genug, um einen Hauch von Großstadtflair zu spüren. Auch der angrenzende, schon ab 1870 angelegte Kurpark erzählt von Zeiten, als

Wilhelmshaven zu einem beliebten Kur- und Erholungsort wurde. Das Hindenburgtor, das letzte erhaltene Tor zum Kurpark, ist in ein Wohn- und Geschäftshaus integriert, das zu den architekturgeschichtlichen Highlights der Stadt zählt. Und davon hat Wilhelmshaven durchaus einige zu bieten! Zum Beispiel die größte vollständig erhaltene Arbeitersiedlung aus dem 19. Jahrhundert oder das Rathaus, das in den späten 1920er-Jahren nach Plänen des Architekten Fritz Höger im Stil des Backsteinexpressionismus erbaut wurde. Höger, dessen Chilehaus in Hamburg wohl sein bekanntester Bau ist, entwarf darüber hinaus im wachsenden Stadtteil Wilhelmshaven-Siebethsburg eine Reihe von Wohnbauten. Während Höger immer wieder versuchte, sich den Nationalsozialisten anzudienen, wurde sein Kollege, der Wilhelmshavener Stadtbaurat Hermann Zopff, von diesen entlassen. Zopff hatte, ebenfalls Ende der 1920er-Jahre, die Südstrandpromenade mit ihrer eleganten Backsteinarchitektur als „ein Seebad größeren


Stils“ erbaut. Damals kamen jährlich bis zu 20.000 Badegäste nach Wilhelmshaven. In diese Blütezeit fiel 1913 auch die Gründung der Kunsthalle. Angeregt wurde sie vom dama­ ligen Stationschef der Marine, Admiral Friedrich Graf von Baudissin, und der Kaiser unterstützte das Unternehmen ­sowohl finanziell als auch ideell. Sogar Leihgaben aus den ­Königlichen Museen stellte er in Aussicht und reiste persönlich zur Einweihung der Kunsthalle an. Auch wenn die Urteile Wilhelms II. über die zeitgenössische Kunst seiner Zeit aus heutiger Sicht überaus rückwärtsgewandt erscheinen – eine derartige Unterstützung seitens der Regierung wagen sich Ausstellungshäuser dieser Größe heutzutage nicht einmal mehr zu erträumen. Wilhelmshaven war eine wachsende und prosperierende Stadt, in der das kulturelle und gesellschaft­ liche Leben blühte. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges bedeutete dann einen grundlegenden Einschnitt. Der Badebetrieb wurde eingestellt, Wilhelmshaven war nun ganz Marinestützpunkt. Gegen Ende des Krieges wurde hier ­G eschichte geschrieben, denn im Oktober 1918 begann in Wilhelmshaven als Meuterei, was sich wenige Tage später in Kiel und von dort aus deutschlandweit zur Revolution ent­ wickelte und zur Abdankung des Kaisers führte. Eine erneute Blütezeit erlebte die Stadt in den 1930er-Jahren, mit der ­allerdings auch die dunklen Seiten der Geschichte verbunden sind. Die Werft wurde zur Kriegsmarinewerft, zum Stapel­ lauf des Schlachtschiffes „Tirpitz“ kam 1939 auch Adolf Hitler in die Stadt. Soweit die Verg a ngenheit . Und w ie sieht die ­Gegenwart aus? Das Herz der Stadt ist sicherlich noch immer der Hafen. Bis heute ist Wilhelmshaven Deutschlands ­g rößter Bundeswehr- und Marinestützpunkt. Daneben gibt es mit dem 2012 eröffneten JadeWeserPort den einzigen ­t ide­u nabhängigen Tiefwasserhafen Deutschlands, in dem Containerschiffe, auch die ganz großen Pötte, bedient werden können. Die gigantischen Hafenanlagen mit den imposanten Gantry-Brücken zum Löschen der Ladungen prägen die ­S ilhouette der Stadt. Etwas romantischer ist es da an der ­K aiser-Wilhelm-Brücke, die 1907 als größte Drehbrücke ­Europas in Betrieb genommen wurde und die das historische Wahrzeichen Wilhelmshavens ist. Sie verbindet die Südstadt mit dem Südstrand. Hier am Hafen bietet auch die „Maritime Meile“ mit dem Aquarium, dem Deutschen Marinemuseum, dem UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer Besucherzentrum und dem nicht weit entfernt gelegenen Küstenmuseum ein abwechslungsreiches Angebot. Darüber hinaus reiht sich nicht nur im Jubiläumsjahr ein Veranstaltungshighlight an das nächste: vom „Internationalen StreetArt Festival“ bis zum Wilhelmshaven Sailing-CUP, der ältesten Traditionssegler-Regatta an der deutschen Nordseeküste, ist für jeden Geschmack etwas geboten.

Vom 2 . bis 4 . August 2019 versammelt sich bereits zum ­neunten Mal die internationale Street-Art-Szene in Wil­ helms­h aven und die Innenstadt wird zu einer riesigen „Leinwand“. Das Publikum kann den Straßenmalern nicht nur bei der ­A rbeit zuschauen, sondern sie auch in den drei ­K ategorien 3D, freie Kunst und Kopisten bewerten. Eine sympathische B ­ esonderheit ist dabei, dass die Sieger Pokale, keine Geld­preise bekommen. Das war anfangs noch anders, wurde dann aber auf Wunsch der Teilnehmer geändert. Hier geht es also um die Freude an der Sache, das besondere Erlebnis, das ­Miteinander. Und das spürt das Publikum, das zum Teil von weit her anreist. Die Arbeiten sind übrigens auch noch nach dem Festival zu sehen, bis der Regen sie irgendwann abwäscht. Initiiert hat das „StreetArt Festival“ Michael Diers, der seit 2013 Geschäftsführer der Wilhelmshaven Touristik und Freizeit GmbH ist. Es ist für ihn ein Baustein unter vielen, mit denen Wilhelmshaven für Einwohner und Reisende ­attraktiver werden soll. Immerhin um etwa ein Drittel sind die Übernachtungszahlen mittlerweile gestiegen. Ein neuer Coup könnte „Wilhelms­haven leuchtet“ werden, das bereits im März im Rahmen des Stadtjubiläums stattfand: ein mit Lichtinstallationen illuminierter Stadtspaziergang durch die Geschichte Wilhelmshavens. Das Publikum war begeistert, der Wunsch nach einer Wiederholung, womöglich einem weiteren festen Veranstaltungsformat im Kalender, ist groß – wie üblich hängt es an der Finanzierung. Wenn Michael Diers sagt, er würde „im Rahmen der Möglichkeiten“ alles tun, um Wilhelmshaven als Wohnort und als touristisches Ziel attraktiver zu machen, dann klingt da auch der deutliche Wunsch nach mehr Unterstützung seitens der Stadtpolitik an. Wie die „aufregende Zukunft“ Wilhelmshavens ­aussehen könnte, demonstrieren auch das Deutsche Marinemuseum und die Kunsthalle Wilhelmshaven. Beide zeigen in diesem Jahr Werke des Künstlers Moritz Götze (* 1964). In der ständigen Ausstellung des Deutschen Marinemuseums kann man sich unter dem Motto „Menschen – Zeiten – Schiffe“ ­a nhand zahlreicher Exponate sehr anschaulich über die ­Geschichte der deutschen Marine seit 1848 informieren. Auf dem Freigelände können zum Beispiel das U-Boot U10 und der 2003 außer Dienst gestellte Lenkwaffenzerstörer ­„ Mölders“, Deutschlands größtes Museumskriegsschiff, ­besichtigt werden. Untergebracht ist das Museum in einem der ältesten noch erhaltenen Werkstattgebäude der früheren Kaiserlichen Werft. Moritz Götze griff für seine Ausstellung im Marinemuseum ein historisches Thema mit Bezug zur Stadtgeschichte auf: S ­ capa Flow. Im November 1918 trat die kaiserliche Flotte von Wilhelmshaven aus ihre letzte Fahrt an, bevor sie sich im Juni 1919 in der schottischen Bucht Scapa Flow selbst versenkte. Stephan Huck, der Leiter des Deutschen Marinemuseums, kann sich durchaus vorstellen, sein Ausstellungsprogramm in Zukunft öfter derart zu erweitern, denn solche „Crossover“- Ausstellungen erschließen auch dem Marinemuseum ein neues Publikum.

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Uwe Wohlmacher, „Siedlung Bant“


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Emil Nolde, Königskerze und Lilien (Ausschnitt), 1935/39, Ö/L. Stiftung Sammlung Ziegler im Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr © Nolde Stiftung Seebüll 2019 © Foto: Stiftung Sammlung Ziegler

53°8'N 8°13'O

MARC, MACKE, NOLDE Meisterwerke der Sammlung Ziegler

25. Mai bis 15. September 2019 Kunsthalle Emden parallel:

Home Coming na Huus) (he kummt

Info +49 (0) 49 21 97 50-50 kunsthalle@kunsthalle-emden.de www.kunsthalle-emden.de Hinter dem Rahmen 13, D-26721 Emden

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Öffnungszeiten Di bis Fr 10 bis 18 Uhr, Sa, So/Feiertage 11 bis 18 Uhr Jeder erste Di/Monat 10 bis 21 Uhr (Langer Kunstabend) Emder Museumsnacht 10. August Die Kunsthalle Die Kunsthalle wirdDie wird gefördert Kunsthalle gefördert durch wird durch gefördert durch

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Die Ausstellung Die Ausstellung wird Die wird Ausstellung wird gefördert gefördert von von gefördert von

Kulturpartner Kulturpartner Kulturpartner

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Uwe Wohlmacher, „Steg am kleinen Yachthafen am Marinemuseum“

Aktionskunst, Minimal Art, Konzeptkunst, Body-Art und Konkrete Poesie geht, die ab den 1960er-Jahren überall auf der Welt in Wäldern stattgefunden hat. „Aus Tradition im Wandel“ steht auch auf dem Flyer zum Stadtjubiläum – für Michael Diers ist dieser Wandlungsprozess das Entscheidende: „Wir haben alle Chancen dafür, Wilhelmshaven neu zu erfinden, weil wir das gut vorbereitet haben.“ Der Weg ist bereitet, Wilhelmshaven scheint auf­ gewacht zu sein. KIM BEHM

2 . bis 4 . August 2019 Inte r nat ionales St ree t Ar t Fest ival 2 7. b i s 2 9 . S e p t e m b e r 2 0 1 9 18 . Wilhelmshaven Sailing- C U P 11. August bis 15 . September 2019 Mor itz Götze. Götzendämmer ung Bilder zur deutschen Geschichte k unsthalle-wilhelmshaven. de

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Besucherzahlen sind auch für Petra Stegmann, die erst im vergangenen Jahr die Leitung der Kunsthalle übernommen hat, ein zentrales Thema. Durch eine Vielzahl neuer Formate und Kooperationen vor Ort ist hier bereits eine Steigerung fest­ zustellen, und für die Zukunft denkt Stegmann auch an überregionale Kooperationen. Seit 1968 ist die Kunsthalle in einem Bau mit modernistischer, vom Brutalismus beein­ flusster Formsprache nach einem Entwurf der Architekten Frank Sommerfeld und Hans Günter Harms untergebracht. Die grauen Betonwände und der offene Grundriss muten ­zunächst etwas eigenwillig an – immerhin soll hier Kunst präsentiert werden. Aber gerade das macht dieses Haus auch zu einer spannenden Herausforderung für die Künstler, die dort ausstellen. Sie können die Architektur gar nicht ignorieren, müssen also einen eigenen Umgang mit dieser Vorgabe finden. Gegründet wurde die Kunsthalle bereits 1913. Gezeigt wurde von Beginn an zeitgenössische Kunst. Damals waren es Walter Leistikow oder Otto Modersohn, heute Bernd ­Zimmer oder eben Moritz Götze. Petra Stegmann möchte das Programm künftig intermedialer und vor allem internationaler gestalten, wie mit der für den Herbst geplanten Ausstellung „THROUGH A FOREST WILDERNESS“, bei der es um


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150 Bilder einer Stadt – Wilhelmshaven 2019 Ein Fotoprojekt von Uwe Wohlmacher

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Seit 2017 arbeitet Uwe Wohlmacher an seinen „150 Bildern ­einer Stadt“. In knapp zwei Jahren hat er 150 Einwohner Wilhelmshavens getroffen, ihren Geschichten Gehör geschenkt und gut 3.000 Aufnahmen jener Orte gemacht, die den ­Befragten in besonderer Weise etwas bedeuten, sowohl in Schwarz-Weiß als auch in Farbe. Wie die gute Stimmung einer Stadt im Jubiläumsjahr 2019 in die Breite ausschlägt und neue Gemeinschaftsgefühle ihre Bewohner ergreifen, das zeigt Wohlmachers fotografisches Projekt auf eindringliche Weise. Dem Fotografen aus Berlin, der aus Wilhelmshaven stammt, haben die Leute nach einer Weile des Fremdelns für sie wesentliche Begebenheiten vorgetragen. Wohlmachers Bildserie ist prall und rund von Episoden – heiteren, rührenden, grotesken. Die Stadtlandschaft, ein Reigen von Einzelbildern, ist nicht nur Ansichtssache, sondern genauso eine Deponie der Zeitläufte. Wohlmacher hat sich bei seinen Recherchen an Menschen wie du und ich gehalten. Er hat sie über familiäre Verbindungen, Freunde und einen Fußballverein gefunden.

Viele hat er in Cafés, Kneipen oder auf der Straße angesprochen und in der Interaktion mit ihnen versucht, adäquate fotografische Blickwinkel zu finden. Im Modus des Fühlens, Schauens und Verstehens ­f ächert Wohlmacher ein alternatives Stadtbild auf, das keinerlei Reiseprospektplattitüden wiederholt, stattdessen ganz nah dran ist an der individualisierten Stadt, die mit und aus den Erinnerungen der Einheimischen lebt. Dem offiziellen Da-Draußen werden persönliche ­E rlebnisse, Liebes und Laues, auch Schicksalsschläge ent­ gegengestellt und immer gibt es dafür treffende Bilder. Durch die von Wohlmacher erarbeiteten fotogra­f ischen Umsetzungen und die zur Seite gestellten Texte der „Bildpaten“ werden die Betrachter in einen Bogen ständigen Kreiseziehens und neu Ansetzens hineingenommen. Hier zeigt sich, auch wenn jeder seinem Temperament folgend a­ nders reagiert, der Atem eines Wir, das mehr ist als Floskel und Postkartenmotiv. Es gibt Standorte in Deutschland, die erstarren, um touristischen Ansprüchen zu genügen – alles wird zur Kulisse im Dienst der Fotoobjektive. Wohlmacher zeigt hingegen eine

Uwe Wohlmacher, „Imbissbude am Helgolandkai“


www.marinemuseum.de Täglich geöffnet | Südstrand 125 | 26382 Wilhelmshaven | Tel 04421 400 840

Stadt, in der ein Mix aus Stolz, Normalität und Geheimnis herrscht, dessen kollektive Erinnerung sich aus den Mikroereignissen zusammensetzt, die die Bürger eingebracht haben. Wohlmachers Fotos sind menschenleer. Obwohl er ein offenes Ohr für das hatte, was man ihm mitteilen wollte. Doch es musste zunächst durch ihn hindurch. Er lauschte seinen Dialogpartnern auf Augenhöhe, aber er hörte ihnen auch als Fotograf zu, das heißt mit eigenem Blick. Es war zeitintensiv, diesen Bilderfächer in Form zu bringen, ein Abenteuer unter extremen Bedingungen – zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten, in unterschiedlichen Atmosphären. Wilhelmshavens Gegenwart, gesehen von Wohlmacher, ist ein realistischer Erzählstrang mit poetischen Momenten. Diese Stadt liegt in einem tief im Innern der Menschen verwurzelten Meer von familiären Geschehnissen. Mit der Wahl seiner Bildausschnitte und anderer fotografischer Parameter unterstreicht Wohlmacher seine Position innerhalb der Bildtradition des „Mapping“ und schärft damit Aspekte der Wahrnehmung neu. Das Übersehene neu zu sehen, ist ihm dabei ein spezielles Anliegen. Häufig nannten die „Bildpaten“ banale Örtlichkeiten wie Spielplätze, Friedhöfe, Häfen, Kirchen – Areale der Harmonie, der Regeneration, des Abschieds und des Fernwehs, die zu einprägsamer Gestalt freilich erst markant aufgeladen werden durch die Geschichten, die sich dort abgespielt haben sollen.

Jedes der Bilder hat seine Funktion. Im Kreis einer breitwandig ausformulierten Konzeption kommen Naturansichten, Architekturen, dem Vergessen entrissene historische Plätze und bestechend präzise Schwingungen von Emotionen zur Geltung: eine uralte Kastanie im Stadtpark, die schmucken Häuschen im Stadtteil Bant, die industrielle Strenge des Textilhofs Heppens, eine ins Überzeitliche gleitende Rampe am Fliegerdeich, Empfindungen von Ruhe und Geschäftigkeit am Nassau-Hafen, das existenzielle Verlangen nach Sinn in einem Sonnenaufgang am Banter See, wiedergefundene Ewigkeit im Alten Hafen, fotografiert wie gemalt im Stile eines alten holländischen Meisters – und vieles mehr. Wohlmacher hat seine Fotografien an den tatsäch­ lichen Locations der Handlungen seiner Erzähler entstehen lassen. Und doch ist der jeweilige Bildinhalt damit noch nicht erschöpft. Denn dem Basismotiv fügt sich konstant eine z­ weite Aussage hinzu, die aus der Interaktion zwischen Wohlmacher und seinem Gegenüber resultiert: die Sehnsucht, im anderen die Antwort auf die eigene Suche nach einem Bild der Heimatstadt im Jahr ihres Jubiläums zu finden. CH R IS TO PH TA N N ERT


Wilhelmshaven

urban. kantig. echt. Die Nordseestadt Wilhelmshaven am südlichen Jadebusen bietet eine ganz besondere Vielfalt und steht für wunderbare Kontraste. Die Stadt vereint pulsierendes Stadtleben mit ­maritimem Charakter. Hier kann man am Strand entspannen und muss auf einen Einkaufsbummel oder kulturelle Höhepunkte trotzdem nicht verzichten. In Wilhelmshaven treffen Vergangenheit und Zukunft aufeinander, die spannende Historie ist stets sicht- und spürbar und dennoch ist die junge Stadt am Meer modern, wandelbar und überraschend.

D E N „ H AV E N “ I M H E R Z E N

Wilhelmshavener tragen den Hafen im Herzen und das nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch wortwörtlich. Nicht umsonst bezeichnet man Wilhelmshaven als die ­M arine- und Hafenstadt. Im größten Marinestützpunkt Deutschlands sind in Wilhelmshaven traditionell die schwimmenden Einheiten der Bundeswehr stationiert und am Container Terminal Wilhelmshaven können Schiffe von einer Länge bis zu 430 Meter und Tiefgängen bis zu 16,5 ­M eter den einzigen Tiefwasserhafen Deutschlands tide­ unabhängig anfahren.

Im Mittelpunkt der maritimen touristischen Attraktionen steht der Wilhelmshavener Südstrand mit der einzigen Südstrandpromenade an der deutschen Nordseeküste. Dieser lädt zum Baden und Flanieren ein und ist beliebter Anziehungspunkt für Wilhelmshavener und Gäste. Auf der „Maritime Meile“ reihen sich fünf Erlebnis­ welten aneinander, die den Besuchern das Thema Meer näher bringen. Die bekannteste Brücke der Stadt und das Wahr­ zeichen ist die Kaiser-Wilhelm-Brücke. Sie ist zudem eines der beliebtesten Fotomotive. Das Staunen ist groß, wenn die imposante Drehbrücke sich bedächtig für große Schiffe öffnet. Mit einer Spannweite von 159 Metern und 440 Tonnen Stahl ist sie Deutschlands größte Drehbrücke.

1 5 0 J A H R E W I L H E L M S H AV E N – AU S T R A D I T I O N I M WA N D E L

Im Jahr 2019 feiert die Stadt ihren 150. Geburtstag. Seit der ­ amensverleihung im Jahr 1869 machte die Stadt ihrem N ­neuen Slogan bereits vielfach alle Ehre: Aus Tradition im Wandel. Von Beginn an hat sie immer wieder gezeigt, wie gut sie sich auf neue Gegebenheiten einstellen kann und eine


linke Seite: Feuerwerk an der Kaiser-Wilhelm-Brücke, Foto: © Rainer Ganske

überregionale Vorbildfunktion hat, wenn es darum geht, sich neu zu erfinden. Den Wandel der Stadt spürt man an jeder Ecke. Ob Ebbe und Flut an der Küste, junge Kunst im Südkiez oder der stetig wachsende JadeWeserPort – die Stadt verändert sich. Stürmische Zeiten, gesellschaftliche und historische ­Ereignisse prägen das Stadtbild. Sei es ein Spaziergang durch die wilhelminisch geprägten Straßenzüge in der Südstadt, ein Blick auf das architektonisch reizvolle Rathaus oder das Überqueren der berühmten Kaiser-Wilhelm-Brücke – Geschichte erlebt man hier an fast jeder Ecke. In diesem Jahr wird die Vielfalt und Beweglichkeit der Stadt und auch seiner Bewohner gefeiert und sichtbar gemacht. „Tradition im Wandel“ – das heißt auch, immer auf der Höhe der Zeit sein und dennoch ­seine Wurzeln nicht zu vergessen. Im Jubiläumsjahr findet ein bunter Mix aus lebendiger Geschichte, Kunst, maritimen Festen und kulturellen Höhepunkten statt.

Kunsthalle Wilhelmshaven, Foto: © Axel Biewer

K U LT U R P U R

L E I N WA N D W I L H E L M S H AV E N

Kulturfans kommen in Wilhelmshaven auf ihre Kosten. Das Kulturzentrum Pumpwerk, ein ehemaliges Abwasserwerk, zählt zu den führenden Kulturzentren im deutschsprachigen Raum. Seine einzigartige Industriearchitektur wird vielfach geschätzt und bietet zahlreichen hochwertigen Veranstaltungen eine Bühne. In der Stadthalle Wilhelmshaven werden unter anderem die Sinfoniekonzerte mit Musikern aus aller Welt vom Publikum frenetisch gefeiert. Viele Großveran­ staltungen ziehen im gesamten Jahr regelmäßig Besucher aus aller Welt an.

In Wilhelmshaven ist Kunst zu Hause. Das Internationale StreetArt Festival Wilhelmshaven hat in wenigen Jahren eine gewaltige Anziehungskraft und enorme Popularität ent­ wickelt. Rund 40 Straßenmaler aus aller Welt machen sich am ersten Augustwochenende auf den Weg nach Wilhelms­ haven, um zu zeigen, wie vielseitig und abwechslungsreich Straßenmalerei sein kann. Sie verwandeln jedes Jahr aufs Neue den Asphalt der Innenstadt in eine gigantische Leinwand. Mit viel Herz, Talent und Kreide entstehen bunte Kunstwerke, anrührende Szenen und verblüffend reale ­Darstellungen, die ihre Betrachter berühren. Straßenkunst lässt sich bei genauem Hinsehen im ­gesamten Stadtgebiet entdecken. Bekannte Kunstwerke wurden und werden an die Gebäude der Stadt gezeichnet und ver­leihen den Fassaden einen ganz eigenen Charme. Als älteste und einzige öffentliche Kulturinstitution in der Stadt präsentiert die Kunsthalle Wilhelmshaven seit über 100 Jahren bildende Kunst auf hohem Niveau. Sie zeichnet sich durch ein breites Spektrum zeitgenössischer Kunst, wie Malereien, Skulpturen, Installationen, Performances und Klangkunst, aus. Zahlreiche international renommierte Künstler waren und sind hier zu Gast. Das Gebäude besticht durch seine architektonische Bauweise, welche 1968 in der Folge der Internationalen Moderne des Neuen Bauens mit ­offenem Grundriss entstand. Dieser Grundriss wird durch heutige Künstler immer wieder neu interpretiert.

Street-Art-Festival, Foto: Michelangelo

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Jorinde Voigt, „Beobachtungen im Jetzt“, 2015, Horst-Janssen-Museum, Oldenburg, © Jorinde Voigt / VG Bild-Kunst, Bonn 2019


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Vom Wunsch, die Welt über künstlerische Wege zu begreifen

Grafik im Nordwesten Das Horst-Janssen-Museum in Oldenburg zeigt das ganze Jahr über eine wechselnde Auswahl grafischer Arbeiten des Künstlers. Darüber hinaus ist es eine wichtige Forschungsstelle zur Erschließung, Aufarbeitung und Publikation des Werkes des gebürtigen Hamburgers. Seine, Horst Janssens (1929–1995), Zeichnungen, Aquarelle, Radierungen, Holzschnitte und Lithografien bilden den Kern des Museums, das aber zugleich immer wieder Ausstellungen zur Zeichnung und Grafik im weitesten Sinne von anderen Künstlerinnen und Künstlern zeigt. Ab Ende August wird unter dem Titel „Universal Turn“ eine umfangreiche Einzelausstellung der Berliner Künstlerin Jorinde Voigt (* 197 7) gezeigt. Voigts ­A rbeiten basieren auf systematischen Notationen, mit denen sie gesellschaftliche, philosophische, musikalische oder ­n aturwissenschaftliche Phänomene erfasst. Ihre Beobachtungen, beispielsweise von Vogelfluglinien, zeichnet sie in

Horst Janssen, „Paris“, 1976, Horst-Janssen-Museum, Oldenburg, © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — N O R D W E S T E N

Es ist wohl ein Urbedürfnis des Menschen, die Welt, den Kosmos und letztlich sich selbst zu verstehen. Er durchwandert die Erde bis zum höchsten Gipfel, taucht bis zum Meeres­ boden, bereist das Weltall, vermisst, katalogisiert und staunt. Vom Wunsch, die Welt über künstlerische Wege zu begreifen, künden bereits Höhlenzeichnungen und -malereien. Und auch in der Neuzeit bleibt die Zeichnung eine mögliche An­ näherung, die Welt zu verstehen. In mehreren Museumsausstellungen im deutschen Nordwesten ist das eindrücklich und facettenreich zu erleben. Die Werke von Rembrandt, Künstlern des späten 19. Jahrhunderts sowie des Expressionismus, über Horst Janssen bis hin zu Jorinde Voigt, könnten unterschiedlicher nicht sein. Und doch, wollte man eine inhaltliche Klammer für all diese Ausstellungen finden, dann ginge es um die Wahrnehmung und Reflexionen vom Ich und der Welt.


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Horst Janssen, „Selbst“, aus dem Mappenwerk „Hanno’s Tod“, 1972, Radierung, Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen, Kupferstichkabinett © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

ihrer höchst subjektiven, zwischen Diagramm und freier ­ este oszillierenden Formensprache auf. Immer wieder beG zieht Jorinde Voigt sich dabei auch auf Werke anderer Künstler, Komponisten, Literaten. Es ist eine Art Vermessen und Er­ fassen, das nicht notwendig an das Sichtbare gebunden ist. Ab Mitte November steht das Haus dann ganz im ­Z eichen von Horst Janssen. Anlässlich seines 90. Geburts­ tages kooperieren das Horst-Janssen-Museum und die Kunsthalle Emden: Zwei große Sonderausstellungen geben Einblicke in den „Kosmos Janssen“. In Oldenburg steht seine lebenslange intensive Beschäftigung mit der Literatur im ­Fokus. Er selbst war immer wieder schriftstellerisch tätig, und ebenso wie die grafischen sind auch seine literarischen Ar­ beiten durch das schier Überquellende, das impulsiv und assoziativ Schöpferische gekennzeichnet. Im Horst-­JanssenMuseum werden originale Manuskripte, Entwürfe für Bucheinbände und seine Dichterporträts, etwa der russischen Literaten, gezeigt. In der Kunsthalle Emden stehen Janssens künstlerische Beziehungen – zu Vorbildern aus der Kunst­ geschichte ebenso wie zu Zeitgenossen – im Vordergrund. Horst Janssen hat sich intensiv mit den Werken von anderen Künstlern auseinandergesetzt, und zwar sowohl aus Anerkennung als auch aus einer Ablehnung heraus.

Ein Künstler, den auch Horst Janssen sehr bewunderte, war Rembrandt. Und dessen Radierungen präsentiert in meh­ reren Kabinettausstellungen die Draif lessen Collection in Mettingen, die dabei auf die eigenen Bestände zurückgreifen kann. Ein Herzstück der Sammlung, die 2009 auf private ­Initiative der Unternehmerfamilie Brenninkmeijer öffentlich zugänglich gemacht wurde, sind die Radierungen des Niederländers Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606–1669). Derzeit zeigt die Draiflessen Collection eine Ausstellungstrilogie zu den Themen Glaube, Liebe und Hoffnung. Daran geknüpft ist jeweils die Frage, was diese Begriffe für die Moderne und die Gegenwart bedeuten. Parallel zum ersten Teil „Glaube“ werden in der Kabinettausstellung unter dem Titel „fremd und vertraut“ Grafiken Rembrandts gezeigt, in denen dieser motivisch an biblische Geschichten anknüpft. Rembrandt, der unerreichte Meister des Hell-Dunkel-Kon­ trastes, der die ganze Bandbreite menschlicher Emotionen in Linien zu bannen vermochte, fasziniert bis heute nicht nur Künstler, denn in seinen Radierungen spiegeln sich zeitlose Befragungen des Menschseins und der Welt. In der zweiten Kabinettausstellung zum Rembrandtjahr „Vom Wesen der Landschaft“ setzt die Draif lessen Collection Rembrandts Landschaftsradierungen in einen ­Dialog mit den erstmals gezeigten Skizzenbüchern des friesischen Künstlers Jan van der Kooi (* 1957). Beide Künstler versuchen die Seele der Landschaft in ihren Werken einzu­ fangen und damit sowohl ihr Wesen zu ergründen als auch eine bestimmte Atmosphäre festzuhalten.


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Rembrandt Harmensz. van Rijn, „Landschaft mit drei Bäumen“, Foto: Stephan Kube © Draiflessen Collection, Liberna

H O R S T- J A N S S E N - M U S E U M O L D E N B U RG 31. August bis 3. November 2019 J o r i n d e Vo i g t – U n i v e r s a l Tu r n 1 4 . November 2019 bis 15 . März 2020 Kosmos Jan sse n: wie e r schre ibt _ w w w . h o r s t- j a n s s e n - m u s e u m . d e

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K U NS T H A L L E BR E M E N 3. bis 29. September 2019 Jeder Mensch ein Kosmos.

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A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — N O R D W E S T E N

Von der Außenwelt zu den unergründlichen Tiefen des menschlichen Seins lenkt die Kunsthalle Bremen den Blick: „Jeder Mensch ein Kosmos. Beziehungsbilder und Selbst­ porträts“ heißt die Ausstellung des Kupferstichkabinetts, die bereits im Hinblick auf das niedersächsische Fachabitur Kunst mit den Themenschwerpunkten „Künstlerische Grafik: Menschen in Beziehungen“ und „Positionen der Porträt­ grafik“ konzipiert wurde. Ausgehend von den jeweiligen Referenzwerken, Käthe Kollwitz’ Kreidezeichnung „Heim­ arbeit (oder Die schlafende Mutter)“ aus dem Jahr 1909 und Horst Janssens radiertem Selbstbildnis aus der Grafikfolge „Hanno’s Tod“ von 1972, entfalten sich in dieser Ausstellung schlaglichtartig unterschiedliche Konzepte menschlicher Identität. Und auch hier ist Rembrandt, der sich – wie im ­Ü brigen auch Horst Janssen – sein Leben lang in zahllosen Selbstporträts reflektiert hat, wieder vertreten. Der zweite Schwerpunkt der Ausstellung „Beziehungsbilder“ wird ­a nhand eines der ältesten Themen der Kunstgeschichte auf­ gefächert: der Verbindung zwischen Mutter und Kind. Die Reihe der Künstlernamen ist lang, unter anderem sind ­g ra­f ische Werke von Max Beckmann, Lovis Corinth, Honoré Daumier, Eugène Delacroix, Albrecht Dürer, Richard ­H amilton, Marie Laurencin, Max Liebermann, Paula Modersohn-Becker, Edvard Munch und Renée Sintenis zu sehen. Das Kupferstichkabinett kann dabei aus dem Vollen schöpfen: Mit über 220.000 Werken aus sieben Jahrhunderten hat die Kunsthalle Bremen eine der größten und bedeutendsten ­g rafischen Sammlungen in deutschen Museen.


Wilhelmshaven – die Stadt am Weltnaturerbe

Aus Tradition im Wandel

„Fischerdorf “ am Südstrand, Foto: Uwe Wohlmacher, 2019

Für Kult ur re i se nde und Nat ur fan s bie te t Wilhelm shave n e ine Viel zahl von G ehe imt ipps. M i c h a e l D i e r s , G e s c h ä f t s ­f ü h r e r v o n W i l h e l m s h a v e n To u r i s t i k , s t e l l t s i e v o r. D a s I n t e r v i e w f ü r A R T M A P P f ü h r t e R e i n e r B ro u w e r.

ARTMAPP: Wilhelmshaven ist jung, man feiert gerade den 150. Geburtstag. Was zeichnet die Stadt aus und was bedeutet das Motto: Aus Tradition im Wandel? Michael Diers: 150 Jahre sind sicherlich für eine Stadt in Deutschland ein zartes Alter. Wilhelmshaven hat einen ur­ banen Charakter, Hafen, Industrie und ein vielfältiges Kulturangebot und das zeichnet die Stadt am Weltnaturerbe aus. Gerade in den letzten Jahren profitiert die Jadestadt von einer spannenden Entwicklung, die fortgesetzt werden soll. Der Tourismus hat als wichtiger Wirtschaftsfaktor zugelegt, rund um den JadeWeserPort gibt es mehr und mehr Ansiedlungen und das macht die Stadt immer attraktiver. Dennoch gibt es viel zu tun, um die positive Entwicklung voranzu­ bringen. Derzeit wird ein Tourismuskonzept in der Politik diskutiert. Hier geht es um eine verstärkte Ausrichtung der touristischen Anziehungspunkte für Wilhelmshaven. Und genau dieses Spannungsfeld zwischen der wilhelminischen Gründerzeit, der wirtschaftlichen und touristischen Entwicklung und der Nachhaltigkeit macht Wilhelmshaven aus und gleichzeitig sind diese ökologischen Herausforderungen in Wilhelmshaven sehr präsent.

ARTMAPP: Herr Diers, was empfehlen Sie kulturell interessierten Besucherinnen und Besuchern, die Wilhelmshaven noch nicht kennen? MD: Wilhelmshaven hat sich in der jüngsten Vergangenheit im kulturellen Bereich stark entwickelt. Über das Jahr haben wir spannende und auch künstlerisch prägende ­Veranstaltungen aufgebaut. Sicherlich gehört dazu das ­jährlich stattfindende Internationale StreetArt Festival. Das findet immer am ersten Wochenende im August statt. Dieses Jahr vom 2. bis 4. August. Nicht nur, dass sich dann in Wilhelms­h aven die besten Straßenmaler der Welt ­einfinden, sondern in diesem Jahr, zum 150. Stadtgeburtstag, werden wir auch die Graffiti-Szene, das Thema Murals ( Wand­b ilder) und einen Workshop in der Kunsthalle ­a nbieten. Diese Bandbreite der immer noch neuen, aber so leben­d igen Kunstrichtung Street-Art wird es nirgendwo sonst geben, nur hier in unserer Stadt. Davon zeugen mittlerweile auch sieben Wandbilder im öffentlichen Raum und wir ­wollen von nun an jährlich die besten Wandbilderkünstler nach Wilhelmshaven holen. Aber auch sonst bieten sich in der Kunsthalle, im Küstenmuseum, im Marinemuseum und im Aquarium genügend Möglichkeiten zum Aufenthalt. Und wir dürfen hierbei natürlich unser touristisches Aushängeschild, den Südstrand, nicht unerwähnt lassen. Schöner als hier kann man am Jadebusen nicht flanieren.


129 Fassadenbild, „Van Gogh“, Foto: Wilhelmshaven Touristik & Freizeit GmbH

ARTMAPP: Im Zusammenhang mit Wilhelms­ haven fallen immer wieder die Stichworte Marine­ hafen und der einzige deutsche Tiefseehafen.

ARTMAPP: Was verbindet Wilhelmshaven mit den Jahren 1869 und 1919? MD: 1869 markiert ganz klar die Einweihung des ersten deutschen Kriegshafens und somit die Geburtsstunde der Stadt Wilhelmshaven. Ich glaube schon, dass die Marine über viele Jahrzehnte die Stadt geprägt hat und sicherlich auch noch prägt. Zudem ist Wilhelmshaven bis heute der größte Bundeswehrstandort Deutschlands. 1919 wurde Wilhelmshaven zur kreisfreien Stadt erklärt, was sie bis heute ist. Und dann wäre noch der Matrosenaufstand zu nennen, der im Oktober 1918 in Wilhelmshaven begann, sich von dort nach Kiel ausdehnte, aber insgesamt nur wenige Monate anhielt. Doch die Nachkriegsentwicklungen 1919 hatten für Wilhelmshaven große geschichtliche Bedeutung. Schon im November 1918 waren aus dem Hafen der Jadestadt 71 Kriegsschiffe der deutschen Hochseeflotte als Reparationsbeute nach Schottland (Scapa Flow) ausgelaufen. Sie sollten bis zum 21. Juni 1919 dort liegen, dann wurde der Versailler Friedensvertrag geschlossen und traf Deutschland hart. Und in der Bucht von Scapa Flow erging der Befehl, sämtliche Schiffe zu versenken. Zu diesem Thema gab es auch bis zum 17. Juni eine Sonderausstellung von Moritz Götze im Marinemuseum Wilhelmshaven.

Michael Diers, Geschäftsführer Wilhelmshaven Touristik & Freizeit GmbH,

ARTMAPP: Lieber Herr Diers – vielen Dank für das Gespräch!

Foto: Wilhelmshaven Tourismus (Touristik)

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A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — A P P E T I Z E R S P E C I A L

MD: König Wilhelm wollte eben genau vor 150 Jahren, dass in Wilhelmshaven ein Marinehafen entsteht, der dann auch ­g ebaut wurde. 1871 wurde er dann zum ersten deutschen ­K aiser proklamiert – der Lauf der Geschichte ist bekannt. Viele Spuren der wilhelminischen Zeit wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört und doch gibt es noch einige Gebäude aus dieser Zeit, die gut erhalten sind. Das Marinemuseum ist eines der besonderen Highlights von Wilhelmshaven, die Schiffe, die Aufarbeitung der Marinegeschichte und die Möglichkeit, ein U-Boot von innen zu bestaunen, ziehen jährlich über 100.000 Besucher an (www.marinemuseum.de). Der JadeWeserPort wurde 2012 in Betrieb genommen. Seitdem hat Wilhelms­ haven deutschlandweit den einzigen Tiefwasserhafen (Tiefgang 18 Meter). Hat die Weltwirtschaftskrise in den ­A nfangsjahren nach dem Betriebsstart noch für eine ver­ haltene Entwicklung gesorgt, ist der Containerterminal Wilhelmshaven (CTW) mittlerweile auf Expansion eingestellt und hat hohe Zuwachsraten. Informationen und Hafenbusfahrten bietet das JadeWeserPort-InfoCenter an: www.jadeweserport-infocenter.de


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Joseph Maillord William Turner, „The Blue Rigi. Sunrise“, 1842, Aquarell auf Papier, 29,7 x 45 cm © Tate, London, 2018


133

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m i t t e l ­f a b r i ka n t e n Pa u l K h u n e r

b e r u f e n w u rd e, wa r e i n l e i d e n -

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Maria Anisimova (Max-Pechstein-Förderpreisträgerin der Stadt Zwickau 2015), Ausstellungsinstallation Mixed Media, 2015 © Gregor Lorenz



135

Florian Schwarz: A Handful of Dust „Ich sah nun gerade hier…: dass zuallererst der Himmel die Frage nach dem Menschen war. Ja, der Mensch ist ein ­Weltraum nach innen.“ schreibt Arnold Stadler über die ­Fotografien von Florian Schwarz. Schwarz begleitete in den vergangenen vier Jahren ein neuartiges astronomisches ­Forschungsvorhaben zu Observatorien rund um den Globus. Dabei dokumentiert der Künstler nicht, sondern verbindet den Blick in die unendlichen Weiten des Weltalls mit dem Nahblick auf jene Menschen, die in den entlegenen Gegenden all dieser Observatorien leben. In den windigen Winkeln der Welt hat Florian Schwarz mit A Handful of Dust eine zutiefst menschliche Entdeckungsreise geschaffen, die künstlerisch mäandert zwischen Mikro- und Makrokosmos, zwischen Staub und Sternenstaub. Außer dem Büchner-Preisträger Arnold Stadler beschreiben in diesem Buch der Kunsthistoriker und Fotograf Boris von Brauchitsch sowie der Astrophysiker Martin Dominik ihre Sicht auf das Projekt des Künstlers Florian Schwarz. Anlässlich der P ublikat ion zeigen

Florian Schwarz: A Handful of Dust Herausgeber: Kunstmuseum Singen Gestaltung: Hans Gremmen, Amsterdam Kerber-Verlag 232 Seiten 120 Abb. (Farbe & S/W) Hardcover ISBN: 978-3-7356-0591-7

d a s K u n s t m u s e u m S i n g e n u n d G a l e r i e Va y h i n g e r, S i n g e n , zeitgleich Arbeiten von Flor ian Schwarz vom 1 4 . Juli bis 15 . September 2019.

VO R Z U G S AU S G A B E

In Vorbereitung dieser Publikation A Handful of Dust von Florian Schwarz ist eine Vorzugsausgabe inklusive Fine Art Print konzipiert, von denen es noch einige wenige Exemplare zum Subskriptionspreis von EUR 97 gibt. Auf lage: 97 E xe mplare Pr int: wait ing, 20 cm x 28,5 cm, P re i s: Subsk r ipt ion EU R 97 ( f ür die Daue r de r Au sstellung)

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — B U C H T I P P S

A r c h i v a l P i g m e n t P r i n t , u n g e ra h m t


Jules Spinatsch – Semiautomatic Photography 2003–2020 — Spinatsch begann vor 15 Jahren seine Arbeit mit ­a utomatischen Kameras. Damals entstand ein aus 2176 Einzelbildern bestehendes Panorama des ­Weltwirtschaftsforums Davos. Diese Werkgruppe setzte er u.a. mit Aufnahmen eines Fußballstadions, des Wiener Opernballs und der SAP-Zentrale fort.

Spector Books OHG 351 S. zahlreiche Farbabb. 29,6cm x 21cm fadengeheftete Broschur EUR 36,00 9783959052924 Englisch/Französisch/Deutsch Deutscher Kunstverlag 252 S. 175 Abb. 28,0 x 21,0 cm Broschur EUR 29,90 (D) ISBN 978-3-422-92628-8 Deutsch

Neues Bauen Neues Leben Die 20er Jahre in Magdeburg Hrsg. v. Christian Antz, Christian Gries, Ute Maasberg, ­Regina Prinz — Magdeburg zählte in den 1920er Jahren zu den ­S tädten, die sich der Moderne verschrieben hatten. In einer Aufsatzsammlung verschiedener Fachautoren aus Geschichte, Kunst, Design, Architektur, Musik, ­T heater und Pädagogik wird die lebendige Stadt- und Kulturgeschichte Magdeburgs in dieser Zeit erzählt. Ein aktuelles Standardwerk zur Magdeburger Stadtgeschichte.

Tomi Ungerer Non Stop Kunst, Cartoon, Fotografie Aus dem Englischen von Peter Torberg & Sophie Torberg — Die Erde ist verwüstet und leer. Alle sind auf den Mond ­g eflohen. Nur Vasco ist noch da, entschlossen, den kleinen grünen Poco in Sicherheit zu bringen. Zum Glück hat er ­d abei einen Verbündeten: seinen eigenen Schatten, der ihn und das Baby – gerade noch rechtzeitig – vor tausend ­G efahren rettet. Bis zum süßen Ende. Tomi Ungerers Bilderbuch für Erwachsene und Kinder ist ein bewegendes Meisterwerk.

Diogenes Verlag 48 S. 30 × 21 cm Hardcover Pappband EUR 24,00 (D) / SFR 32,00 (CH) / EUR 24,70 (A) ISBN 978-3-257-02163-9 Deutsch


137 Bunte Stadt – Neues Bauen Die Baukunst von Carl Krayl Hrsg. v. Gabriele Köster, Michael Stöneberg — Dass sich Magdeburg ab 1921 als eine Stadt der ­M oderne neu erfinden und zum Vorbild für andere Kommunen werden konnte, war ganz maßgeblich das Verdienst des Architekten Carl Krayl (1890–1947). Als führender Kopf der Kampagne „Buntes ­M agdeburg“ sorgte er mit seiner Bemalung von ­H ausfassaden für Furore. Der Band stellt das ­b esondere Schaffen Carl Krayls in den Kontext der ­A rchitekturgeschichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Mit zahlreichen Abbildungen.

Deutscher Kunstverlag 216 S. 272 Abb. 28,5 x 24,2 cm Broschur EUR 39,90 (D) ISBN 978-3-422-07392-0 Deutsch

Sean Scully | Sculpture Hrsg. KEWENIG Texte von Clare Lilley, Peter Murray, Kirsten Claudia Voigt, Jon Wood, Gestaltung von Freddy Fuss — Sean Scullys Gemälde sind weltberühmt. Dass er jedoch auch Skulpturen geschaffen hat, ist bisher weitgehend unberücksichtigt geblieben. Für diese schichtet Scully Elemente aus Stahl, Stein, Bronze und bemaltem ­A luminium aufeinander: So entsteht neben der ­A usdehnung in die Höhe auch eine horizontale Struktur, die einen Bogen zu den Streifen seiner Gemälde schlägt. Die Monografie versammelt nun erstmals seine bedeutenden Skulpturen in einem Band. Hatje Cantz 338 S. 120 Abb. 24,50 x 31,90 cm Leinen mit rotem Farbschnitt EUR 64,00 ISBN 978-3-7757-4606-9 Englisch

gta Verlag ETH Zürich 235 S. 160 Abb. 25 x 30 cm Broschur EUR 62,00 ISBN 978-3-85676-386-2 Deutsch

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — B U C H T I P P S

Theodor & Otto Froebel Gartenkultur in Zürich im 19. Jahrhundert Claudia Moll Gestaltet von Julia Ambroschütz und Tamaki Yamazaki — Die Kunst- und Handelsgärtnerei, die Theodor Froebel 1835 gründete und später gemeinsam mit seinem Sohn Otto betrieb, prägte Zürichs Stadtgrün von den ersten Schmuckplätzen über viele Privatgärten bis zu den Quaianlagen. Die Landschaftsarchitektin und Architekturhistorikerin Claudia Moll geht dem Wirken dieser Pioniere der aufblühenden Schweizer Gartenkultur nach, die sich mit einem opulenten, an Raritäten reichen Sortiment einen Namen machten.


© 2019 www.d-werk.com | Bildausschnitt: Horst Antes, Figur auf roter Fläche (Figur auf Rot), 1965/66 | © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Figurative Kunst aus der Sammlung der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) von Antes bis Zürn 10. August bis 27. Oktober 2019

Schloss Achberg Freitag 14 bis 18 Uhr Sa So Feiertage 10 bis 18 Uhr www.Schloss-Achberg.de


Danny Minnick Toilet smell the flowers , 2019, Mischtechnik auf bedrucktem Papier, 18 x 11 inch / 46 x 28 cm

BEGE Galerien

Robert Schad Beitrag BEGE Galerien „von Ort zu Ort“ – Großskulptur Subirat am Donauufer in Ulm noch bis November 2019 Todd Williamson Inside the Lines Biennale Venedig Künstler USA noch bis 27. Juli 2019 Danny Minnick Liquefied Troubles – Street Art Poetry 14. September – 2. November 2019 Armin Göhringer Leichte Schwere 8. November 2019 – 11. Januar 2020 VORSCHAU 2020 Art Karlsruhe Thomas Baumgärtel neugierig? Dan Pyle – Frank Teufel Ben Willikens BEGE Galerien Ulm 89073 Ulm Tel +49 (0) 179 . 483 41 88 www.bege-galerien.de

Galerie am Saumarkt Fischergasse 34 , 89073 Ulm Tel +49 (0) 731 . 934 074 11 und +49 (0) 731 . 6 33 49 Mo und Di nach Vereinbarung, Mi bis Fr 10 – 13 und 14 – 18 Uhr, Sa 10 – 13 Uhr


60 Skulpturen an 40 Orten in 5 Landkreisen in Oberschwaben und am Bodensee

www.schad-oberschwaben-skulptur.de


25. 05.— 30. 11. 2019 SKULPTUREN PROJEKT ROBERT SCHAD VON ORT ZU ORT

Schirmherr: Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg

Veranstalter: Freundeskreis Skulpturenprojekt Robert Schad 2019 e.V.


142 Skulpturensommer 2019

Raum als gestaltbare GrĂśĂ&#x;e


ortsspezifische Installationen und befördern damit den ­ ialog zwischen Betrachter und Objekt. Dies wird in den D exem­plarisch vorgestellten Sommerevents – den Blickachsen in Bad Homburg, der Biennale in Weiertal/Schweiz sowie der Ausstellung „Sie sind hier“, die zeitgleich zur Bun­ desgartenschau in Heilbronn stattfindet – deutlich. Die Zusammenstellung für ARTMAPP nahm Chris Gerbing vor.

143

A LT T R I F F T N E U : B L I C K AC H S E N 1 2 I N B A D H O M B U RG

Bereits zum zwölften Mal findet die Skulpturen-Biennale Blickachsen in Bad Homburg statt. Was 1997 als Freiluftausstellung gestartet war, ist mittlerweile zum Mega-Event in der Region nördlich von Frankfurt geworden. Denn die Blickachsen, die ihren Titel von den historischen Sichtbezügen ableiten, die der preußische Gartenbauarchitekt Peter Joseph Lenné 1856 im Bad Homburger Kurpark anlegte, sind bis heute Ausgangspunkt eines Dialogs zwischen alt und neu: Temporär ergänzen im Kurpark und beim Schloss aufgestellte Skulpturen die vorhandenen Perspektiven und schaffen neue Achsen, was im Ambiente der mondänen Kurstadt einen ganz besonderen Reiz hat. Was vor über 20 Jahren, initiiert durch den umtriebigen Homburger Galeristen Christian K. Scheffel, als Sommer-Ausstellung begonnen hat, zieht mittlerweile größere Kreise. Etliche Städte in der Region sind teils regelmäßig Aufstellungsort ausgewählter Kunstwerke im Rahmen dieser Freiluftausstellung. In diesem Jahr sind die insgesamt 60 Kunstwerke von 29 Künstlern auf sechs Orte verteilt: Neben dem traditionellen Schwerpunkt Bad Homburg beteiligen sich Bad Vilbel, Eschborn, Frankfurt/Main, das Kloster Eberbach und Kronberg an den Blickachsen 12. Bereits seit 1999 geht Christian K. Scheffel in Bezug auf die Blickachsen auf Tuchfühlung mit Museen. Zunächst waren es deutsche Institutionen, inzwischen sucht er sich seine Kooperationspartner weltweit, darunter die Fondation Maeght (Saint-Paul de Vence/Frankreich), das Middelheim Museum (Antwerpen/ Belgien), die Fondation Beyeler (Riehen/Schweiz) oder der Frederik Meijer Gardens & Sculpture Park (Grand Rapids/ USA). In diesem Jahr ist der Skulpturenpark Wanås Konst (Knislinge/Schweden) Partner der Ausstellung. Die Blickachsen haben schon längst den Geheimtipp-Status hinter sich gelassen, ihr besonderer Reiz besteht aber bis heute darin, in einem außerordentlich attraktiven Ambiente einen Dialog zwischen Alt und Neu zu ermöglichen und barocke Blickachsen immer wieder anders zu erleben. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus bekannten Namen von Weltrang und jungen, aufstrebenden Talenten, die neue Seherfahrungen an geschichtsträchtigem Ort ermöglichen. Elmgreen & Dragset, William Forsythe, Per Kirkeby, Alicja Kwade, Yoko Ono, A.R. Penck und Sean Scully sind die sicher bekanntesten Künstler der diesjährigen Schau – sie

Winter/Hörbelt, „Donnerstags ist alles gut“, 2019, 900 Getränkekisten GDB (Sonderfarbe), diverse Materialien, 440 x 400 x 1125 cm, „Blickachsen 12“, Bad Homburg 2019, Courtesy: Stiftung Blickachsen gGmbH, Bad Homburg, und Winter/Hörbelt, Foto: Christian K. Scheffel © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — S K U L P T U R

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war die Skulptur körperzentriert. Im öffentlichen Raum diente sie vor allem der Platzmöblierung, Denkmäler waren oft eingebunden in ­stadträumliche Gestaltungen. Erst nach der vorletzten Jahrhundertwende änderte sich dieses Paradigma, als Künstler den Raum als gestaltbare Größe entdeckten und sukzessive den Betrachter als Akteur ihrer Inszenierungen begriffen. Die Aufweitung des Skulpturenbegriffs eröffnete Künstlern ­u ngeahnte Möglichkeiten. Sie erschlossen neue Materialien und Themen für die Skulptur, entwickeln seither auch


144 stehen, wie auch die noch unbekannteren Positionen – für ­ nterschiedliche Herangehensweisen, für die Fülle an Mögu lichkeiten, die Skulptur im öffentlichen Raum heute bietet. Von der „klassischen“ Skulptur aus Stein, Bronze, aber auch aus ephemeren Materialien, bis zur aktiven Einbeziehung des Betrachters, bespielen die Blickachsen im Miteinander und Dialog mit der (vom Menschen gestalteten) Natur das Thema. „Donnerstags ist alles gut“ lautet der Titel einer installativen Arbeit aus gelben Getränkekisten, die das Künstlerduo ­Winter/Hörbelt aka Wolfgang Winter und Berthold ­Hörbelt im Kurpark Bad Homburg realisieren konnten. Der gelb-­ schwarze Tunnel, auf irritierende Weise hermetisch und doch durchscheinend, ermöglicht einen neuen Blick auf die ­Fontäne im Kurpark-Weiher. Ebenfalls architektonisch inspiriert ist „Untitled (fence)“ des iranisch stämmigen, in Stockholm lebenden Künstlers Sirous Namazi. Der mehrfach gestaffelte Lattenholzzaun kann als künstlerische Antwort auf die Abschottungstendenzen der „Festung Europa“ ­gelesen werden. Dagegen reagieren die beiden kompakten Skulpturen „How Lines Move Between Geometry and Space“ von Jacob Dahlgren aus zartfarbigem Glas auf das landgräf­ liche Schloss und dessen geometrische Parkanlage – und zwar nicht nur durch die Aufnahme des sich bietenden Farbspiels, sondern auch durch die ihnen innewohnende Geometrie. Ebenfalls im Schlosspark befindet sich die Parkbank, die ­W illiam Forsythe mit einer Handlungsaufforderung an den Betrachter versehen hat: Vor dem Setzen gehe man zunächst 19 Schritte mit geschlossenen Augen von der Bank weg und dann zur Bank zurück. Raumwahrnehmung einmal anders – ein Konzept, das als Überschrift für die gesamten Blickachsen seit ­A nbeginn gelten kann, und das Forsythe auf spielerisch-­ konzeptionelle Weise aufgreift, damit den Betrachter zum Komplizen seiner Kunst macht und ihm ein Sinneserlebnis durch seinen skulpturalen Eingriff verschafft. bis 6. Ok tober 2019 „ B l i c k a c h s e n 1 2“ B ad Homburg sowie B ad Vilbel, Eschbor n, C a m p u s We s t e n d d e r U n i v e r s i t ä t F ra n k f u r t , K l o s t e r E b e r b a c h u n d K ro n b e r g blickachsen. de

PA R A D I S E , L O S T: D I E 6 . B I E N N A L E W E I E R TA L / S C H W E I Z Z E IGT GR E N ZÜ BE R SCH R E I T U NGE N I M SK U L P T U R E N BE R E ICH

Der „Hortus Conclusus“, der von der Außenwelt abgeschot­ tete Garten mit seinen zahlreichen, auf Marias Tugenden rekurrierenden Pf lanzen, ist wichtiger Bestandteil tradi­ tioneller Mariendarstellungen. Die Darstellungen des Pardiesgärtleins finden sich auch bei zeitgenössischen Künstlern, die den Topos aufgreifen und ihre je eigene Antwort darauf finden. Der Kulturort Weiertal hat zur sechsten Auf­ lage seiner Biennale insgesamt 25 Künstlerinnen und Künstler dazu eingeladen, sich mit dem abgeschieden-idyllischen ­Gartenreich des Weiertaler Parks auf nächster Nachbarschaft

zum umtriebigen Winterthur auseinanderzusetzen. „Para­ dise, lost“ lautet der Titel der diesjährigen Biennale, der einmal auf das Gartenidyll, aber auch auf die drängenden Umweltprobleme anspielt. Ein „dringend nötiges Comeback von gesellschaftlicher Haltung in der Kunst“ umriss Biennale-­ Kurator Christoph Doswald dieses Desiderat in seinem Katalog-Essay, in dem er sich auch mehr künstlerisches ­Pathos und romantische Energie wünscht. Auf große Namen und eine internationale Künstlerschaft wurde bewusst verzichtet; stattdessen f ließen die Gelder in die Arbeiten der überwiegend im Züricher Umland lebenden Kreativen. Sie bringen im Weiertal die Themen unserer Zeit eindrücklich in Stellung: Globalisierung, Digitalisierung, Umweltverschmutzung und Klimakrise, die Gefahren des Anthropozäns und die Konsumkultur sind ebenso allgegenwärtig, wie die


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Überwachung von öffentlichen Räumen und Fragen rund um Migration. Darauf antworten die Künstlerinnen und Künstler mit sehr individuellen, in den unterschiedlichsten Medien und Materialien auf das Gartenidyll reagierenden, sich mit ihm auseinandersetzenden Kunstwerken, die teils den Betrachter einbinden, ihn ebenfalls zur Positionsbestimmung auffordern. Dazu gehört die Arbeit von Mirko Baselgia, der sich durch die Rituale indigener Völker anregen ließ zu Handlungsanweisungen. Während Peter Kamms „Findling“ an ein archäologisches Artefakt erinnert, verweist Tina Braeggers tanzender Bär „The Holy Beast Is Watching Us“ auf die neuen globalen Überwachungsmöglichkeiten. Dank moderner ­Satellitentechnik ermöglicht Google Earth einen feinmaschigen Zugang zur Welt vom Computer aus. Cristian Andersens Pavillon atmet dagegen noch den Glanz bourgeoiser Kultur

vergangener Zeiten, wobei sich der Betrachter unversehens in der Pose des heimlichen Spanners wiederfindet, der hier nur eine Ahnung vom paradiesischen Versprechen erhält. Dagegen baut Esther Mathis das ur-schweizer Thema der Hohlen Gasse zum prismatischen Vexierspiel zwischen Natur und Betrachter aus, von dem ausgehend selbiger sich die Frage ­stellen darf, was Wahrheit und Wirklichkeit tatsächlich sind. Utopie und Dystopie liegen wie so oft nah beieinander – nicht nur im Weiertal. Bis 8. September 2019 „ PA R A D I S E , L O S T “ – 6 . S k u l p t u r e n - B i e n n a l e We i e r t a l / W i n t e r t h u r, 2 0 1 9 www. sk ulpt ure n-bie nnale. ch

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Olaf Breuning, „Floating maniacs“, 6. Skulpturen-Biennale, „PARADISE, LOST“, Weiertal / Winterthur, 2019


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S K U L P T U R E N S TA D T H E I L B R O N N

Heilbronn ist bereits seit dem Mittelalter Skulpturenstadt: Der Heilbronner Bürger von 1525, der als Landsknecht gewandet die Turmspitze der Kilianskirche überragt, zeugt vom Selbstbewusstsein der ehemals Freien Reichsstadt und ihrer Bewohner. Diese treten seit jeher punktuell als Stifter auf; ­Beleg dafür ist die rege Brunnentradition in Heilbronn. Seit 1977/78, als der dortige Kunstverein das „Jahr der Plastiken“ ausrief, fördern auch die Städtischen Museen explizit das ­T hema. In unregelmäßigen Abständen organisieren sie ­seither Ausstellungen, die Heilbronns Ruf als Skulpturenstadt festigten. Inzwischen befinden sich über den gesamten Stadtraum verteilt über 50 bildhauerische Arbeiten in der Neckarstadt. Hier setzt auch die diesjährige Bundesgartenschau (BuGa) an, die zudem erstmals das Bewohnen des Festival-Areals bereits während ihrer Laufzeit vorsieht und deren neues „Quartier Neckarbogen“ Kern der Stadterweiterungspläne bis 2030 ist. In diesem Zusammenhang wurden zudem 2 4 Skulpturen unter anderem von Arman, Carole A. ­F euerman und Laura Ford unter dem Titel „Transformation einer Stadt­ landschaft“ über das Gelände verteilt und setzen eigene Akzente im Dialog von Standort und Objekt, von ­Natur und Kultur. Zudem greifen sie die neuen baulichen Eingriffe und die Veränderungen im Antlitz der Stadt künstlerisch auf. ­P arallel zur BuGa bespielt die Ausstellung „Sie sind hier“ mit fünf skulpturalen Positionen seit Anfang 2019 die Heil­ bronner Innenstadt. Bereits seit 2017 markiert Richard Deacons Edelstahl­ skulptur „It’s like a Rock “ den Eingang der Kunsthalle Vogelmann. Seit 2 4. Mai steht zudem Deacons Skulptur „Reef “ als temporäre Installation am Neckarufer. Er, wie auch Thomas Schütte, sind Preisträger des „Ernst Franz Vogelmann-Preises für Skulptur“. Der Biennale-, documenta- und SkulpturProjekteTeil­nehmer Schütte entwirft seit über 30 Jahren Modelle für imaginäre Architekturen. Sein knallrotes „One Man House“ ist spartanisch eingerichtet, aber mit grandiosem Blick über die Inselspitze. Das Haus ist für den Düsseldorfer Künstler einerseits Rückzugsraum, ­andererseits bietet es die Möglichkeit

Thomas Schütte, „One Man House I“, Foto: © Städtische Museen, Dietmar Strauss © VG Bild-Kunst, Bonn 2019


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der Beobachtung des Umraums durch das prägnante, große Rundfenster, das wiederum an eine Kamera, aber auch an Schiffskajüten erinnert. Im Schauraum unter der Neckarbrücke werden Architekturmodelle des Künstlers gezeigt, die sein Interesse an der Funktion von Gebäuden widerspiegeln. Gleichzeitig bietet das „One Man House“ im Rahmen der BuGa die Möglichkeit, sich mit der Architektur vom künstlerischen Standpunkt her auseinanderzusetzen, ihr mit Thomas Schütte nachdenklich-kritisch und doch mit Augenzwinkern nachzuspüren. Simone Demandt und Peter Riek setzen sich in ihren Beiträgen für „ Sie sind hier“ mit der Stadtgeschichte ­auseinander. Ausgehend von einem historischen, nicht ­veröffentlichten Stadtplan, der 1733 entworfen wurde, um Heilbronn im polnischen Erbfolgekrieg zu sichern, sind ­Abschottung und Ausgrenzung Demandts Thema. Der Plan, der Heilbronn umgeben von Sternschanzen zeigt, ­befindet sich passenderweise (überdimensional vergrößert und für alle sichtbar, weil an einem Parkhaus angebracht) am ­Bollwerksplatz. Der gebürtige Heilbronner Peter Riek erinnert mit seiner Installation im Innenhof des Rathauses an die großflächige Zerstörung der Innenstadt im Dezember 1944, die sich 2019 zum 75. Mal jährt. Peter Riek nimmt die ursprüngliche Bebauungssituation Heilbronns vor dem Zweiten Weltkrieg und überträgt sie auf schwarzen Kunstrasen. Die ausgeschnittenen Totenköpfe werden Ende des Jahres zum 75. Jahrestag der Zerstörung Heilbronns in die Fenster der Ehrenhalle gehängt, wodurch der Eindruck eines „Gebeinhauses“ entsteht. Im Hof selbst geben die Leerstellen den Blick frei auf das Großteils überdeckte Mosaik von Blasius Spreng. In dessen Mitte befindet sich der stillgelegte Brunnen, den Vanessa Henn ab 4. Juli einige ­Wochen lang mit einer erfrischenden Intervention belebt. Bernd Hennigs Gewächshaus macht künstlerisch auf den Plastikmüll aufmerksam, der zum allgegenwärtigen Umweltproblem geworden ist. „Der König auf seiner Insel“ kann angesichts dessen nur noch ratlos auf das zerstörte Paradies blicken. Vielleicht birgt ja Valentin Beinroths neben dem Science Center „experimenta“ platzierte, geheimnisvolle Messboje die Lösung? T h o m a s S c h ü t t e , „ O n e M a n H o u s e“ i n s e l s p i t z e - h e i l b ro n n . d e

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Hau s und Au sstellung täglich 1 2 – 18 Uhr geöf f net


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Stefan Rohrer in der Kunsthalle Göppingen

Night Shift mit Rachmaninow

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Stefan Rohrer, „Air“, 2019, Videofilm, 5,58 Min.

Stefan Rohrer ist bekannt für seine dynamischen Skulpturen, die er in technisch virtuoser Perfektion aus abenteuerlichen Samples verschiedener Autokarosserien, Motorräder und Spielzeugfahrzeuge entwickelt. Einem pubertär untermotorisierten Moped erfüllt er so den langersehnten Traum, ins berüchtigte Kawasaki-Grün getaucht, endlich einmal zu den PS-polierten Boliden gehören zu dürfen, die im Rennen der ganz Großen um den Sieg ringen. Im Zeitalter der bevorstehenden Selbstermächtigung autonom agierender Fahrzeuge muss weiland Gottfried Kellers behäbiges Motto „Kleider machen Leute“ folglich neu heißen: Karosserien machen Kerle. Doch auch hier trügt der Schein ganz gewaltig. Rohrers Gefährte sind unfahrbar. Was eben noch mehr oder weniger schnell in zwei oder mehr Takten um die Ecke geknattert und gedüst war, ist zu wie mit zähem Kaugummi in die Länge ­gezogenen Objekten mutiert und in sich verdreht zum rasenden Stillstand gekommen. In temporeichem Übermut hat sich da so mancher Scooter schon mal um einen Baum gewickelt, der ihm im Weg gestanden hat, und der markanten Physio­ gnomie eines Kühlergrills treten vor karambolagem Schreck nicht nur die Scheinwerferaugen aus den blechernen Motorhaubenhöhlen. In die abgasstinkenden Blechburgen der uns auf den Leib geschneiderten Statussymbole gerüstet stehen wir ­jedenfalls gefügig in Reih und Glied unserer täglichen Rushhour entgegen, und – fortschrittsgläubig, wie wir sind – träumen wir dennoch weiter vom ewig anhaltenden Geschwindigkeitsrausch und unbändiger Freiheit.


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Dabei bringt Rohrer, gelernter Steinmetz, der anschließend an der Burg Giebichenstein in Halle (Saale) sowie an der Kunstakademie Stuttgart studiert hat, seine Bildwerke in unmittelbare Verbindung zu auto(!)biografischen Erfahrungen: „Die verzerrten Fahrzeuge erzählen Geschichten von Geschwindigkeit, Kontrollverlust, Unfällen. Sie machen wie bei einer fotografischen Langzeitbelichtung die Zeit zum Raum.

Meine kindliche Liebe zu den Autos wurde schon früh durch mein links orientiertes Umfeld nachhaltig erschüttert. Die Kunst gab mir einen Weg, dieses ambivalente Verhältnis ­leben zu dürfen.“ Von Formen und der Verformung von Zeit – Takt, Rhythmus und allerhand Tempiwechseln – handeln auch die filmischen Arbeiten Stefan Rohrers, die in der neuen


Ausstellung der Kunsthalle Göppingen präsentiert werden. Unter dem Titel „Zeitdilatation, Zeitdelirium … – und ­z urück“ werden erstmals in dieser Breite Videoarbeiten des Künstlers vorgestellt, die sich vorderhand mit der interpre­t atorischen Bewältigung besonders diffiziler ­M eisterstücke der klassischen Musikgeschichte befassen.

Doch alle Anstrengungen, dem allgemein üblichen Bildungskanon zu entsprechen, schlugen nach Auskunft des Künstlers bereits in dessen Kinderzeit fehl: „Mein Vater spielte begeistert ­K lavier und sonntags Orgel in der Kirche. Meine Schwester genoss eine Ausbildung zur Sopranistin. Die Erwartung, dass auch ich die Musik für mich entdecken würde, war groß, aber nach einiger Zeit des Klavierunterrichts wuchs bei uns allen die ­E rkenntnis, dass dies nicht der Weg des großen Glückes sein würde.“ Mithilfe ausgeklügelter technischer Mittel und Prozesse gelingt es Stefan Rohrer jedoch ein weiteres Mal trickreich, sich das besagte Glück – nun allerdings von aberwitziger ­F inesse und geradezu kulturanarchischer Ironie getragen – förmlich zu erzwingen. Das schon für versierte Pianisten nicht leicht zu beherrschende 2. Klavierkonzert op. 18 in


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Stefan Rohrer, „Schleudertrauma Nr.11“, 2015, Modellautos, Stahl, Lack, 106 x 353 x 22cm,

Rekonstruktion andererseits – organisch ineinander über­ gehen. Glänzt er im Zusammenschnitt noch in der Attitude des Meisterhaften, sind die im Film wechselnden Licht­ situationen, die sich ständig verändernde Frisur und Haarlänge des Darstellers doch deutliche Anzeichen der ­äußerst zäh­f lüssigen Dauer des scheinbar so mühelos Er­ reichten. Dass Rohrer vor wirklich gar nichts zurückschreckt, beweist er in einer anderen Videoarbeit. Um den höchsten Ton – das dreigestrichene f – der Arie der Königin der Nacht in Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ zu erreichen, nahm sie der Künstler zunächst in langsamer Geschwindigkeit auf und ­beschleunigt den Film alsdann – fast forward und rewind – auf das entsprechende Tempo bzw. die treffende Tonhöhe. Spiellust, comichafter Klamauk und technische Vollendung paaren sich zu einem unvergesslichen Erlebnis. Eine Besonderheit der Göppinger Ausstellung Stefan Rohrers besteht darin, dass sie der Künstler als nächtliche Straßenszene konzipiert hat. Seine raumgreifenden Skul­p ­ turen, Wandobjekte und die großformatigen Zeichnungen aus – wie könnte es bei Rohrer anders sein? – Altöl und ­Bleistift auf Papier sind vornehmlich im Rampenlicht der Fahrzeugscheinwerfer und von Straßenlaternen zu sehen. Der die nocturne Szenerie untermalende Soundtrack der ­V ideos, die mit Beamern und auf Monitoren gezeigt werden, mutet dazu an wie beiläufig wahrgenommener Straßenlärm. Eigens für die Präsentation der Kunsthalle Göppingen hat der ebenda 1968 Geborene eine neue Videoarbeit entwickelt, die die Geschichte der Ausstellungsinstitution bzw. den Wechsel in deren langjähriger Leitung thematisiert. Vor ihrem Eingang trägt Stefan Rohrer darin Johann Sebastian Bachs berühmtes Stück „Air“ aus der Orchestersuite D-Dur BWV 1068 auf der Geige vor. – Wie zu vermuten war, ist Vortragen zu viel gesagt. Vielmehr spielt Rohrer auch hier einen einzigen Ton auf ­s einem Instrument, den er dann durch rascheres oder ­verlangsamtes Abspielen der vier übereinander gelegten Tonspuren (zwei Geigen, Bratsche, Cello) in die mehrstimmig komponierte Melodie zwingt. In dieser von Stefan Rohrer vorgegebenen Choreografie geben sich so zu den leicht me­ lancholischen Klängen des Bach’schen Gassenhauers die scheidenden und neu ankommenden Kuratoren Werner Meyer und Melanie Ardjah die Klinke in die Hand. c-Moll von Sergei Rachmaninow beispielsweise zerlegte er daher kurzentschlossen am Computer und Schneidetisch. Die dort Ton für Ton mühevoll selbst eingespielten Akkorde setzte er dann am Rechner wieder zusammen, sodass die ­beiden Zeitschienen – die nur minutenkurze Sequenz des originalen Konzertsatzes einerseits und deren wochenlange

CLEMENS OT TNAD

Bis 8. September 2019 Ste fan R ohre r „ Zeitdilitat ion, Zeitdelir ium. . . – und zur ück “ k unsthalle-goeppingen. de

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Sammlung der ZF-Kunststiftung, Foto: Frank Kleinbach


Armin Göhringer, 2004, Eiche geschwärzt, 5teilig, Höhe: 360 cm, Foto: Toni Ott


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EOS.KUNST.R AUM – Vol. 3: Armin Göhringer

Zum 30-jährigen Firmenjubiläum des weltweit führenden Technologieanbieters für den industriellen 3D-Druck steht das EOS-Firmengelände in Krailling bei München nun bis Dezember 2019 wieder ganz im Zeichen der Kunst: Der von den EOS-Inhabern Hella und Dr. Hans J. Langer vor drei ­Jahren zum Leben erweckte EOS.KUNST.RAUM bietet dieses Mal die Bühne für die imposanten ­Großskulpturen aus Holz und Metall des Schwarzwälder M ­ alers und Bildhauers Armin Göhringer. „Am Rand des Möglichen“ heißt die neue Ausstellung, deren Arbeiten auf faszinierende Weise eine Brücke zur EOS-Technologie ­schlagen. Göhringer fragt sich immer wieder, wie viel Mate­r ial er gerade noch wegnehmen kann, um die Stabilität seiner ­Skulpturen zu erhalten. Beim schichtweisen Auf bau drei­d imensionaler Geometrien, der sogenannten additiven Fertigung bei EOS, geht es u ­ mgekehrt im Herstellungs­prozess darum, möglichst materialsparend stabile und dennoch hochkomplexe Teile aufzubauen. Göhringers zum Teil mehrere Meter hohe Kunst­ werke aus massiven schwarzen Holzblöcken werden vor der faszinierenden silberglänzenden Metallfassade des Firmen­gebäudes in Szene gesetzt. Zusätzlich sind im Foyer, im ersten Stock s­ owie im grünen Lichthof weitere Exponate des Künstlers, auch aus Papier, zu sehen. Je nach Tageszeit, Lichteinfall und Blickwinkel sehen sie immer wieder anders aus. Manche von ihnen halten auf filigranen Stäben einen massiven Holzkörper wie einen Kopf, andere sind von einer Eisenskulptur ummantelt oder erzeugen durch Gitterflächen mit sich kreuzenden horizontalen und vertikalen Linien ein Gewebe aus Licht­räumen. Die Wandarbeiten aus Papier erinnern an hautartige Strukturen. Bei vielen Werken hat der Künstler die Ober­f läche durch komplette Schwärzung verfremdet, teils lässt er das Holz aber auch unbehandelt.

Armin Göhringer, 2008, Platane, 207 x 42 x 44 cm, Foto: Toni Ott

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„Am Rand des Möglichen“


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Vor allem ein Kunstwerk im Foyer des Hauptgebäudes hat es den EOS-Mitarbeitern in diesem Jahr angetan. Vielleicht, weil sich der Künstler hier besonders nah an die Grenze des Machbaren gewagt hat: Gemeint ist eine etwas kleinere Skulptur, die aber zugleich durch ihre Massivität und Filigranität beeindruckt. Nach der letztjährigen Ausstellung, die zum großen Teil menschliche Skulpturen aus Holz zeigte, ­h aben die Mitarbeiter von EOS die neuen (Riesen-)Kunst­ werke dieses Mal vielleicht sogar noch schneller ins Herz geschlossen, denn bei der Göhringer-Ausstellung geht es eher abstrakt zu – was den größtenteils hier tätigen Ingenieuren und Technikern der Belegschaft wohl näher ist … Alle Kunstwerke faszinieren jedenfalls durch die ­G egensätzlichkeit von Stärke und Schwäche, Dichte und Transparenz, Starrheit und Bewegung. Göhringer, 1954 in Nordrach geboren, wurde 2018 im Rahmen der 7. Schweizer Triennale der Skulptur in Bad Ragaz mit dem 2. Platz beim Schweizer Skulpturenpreis ausgezeichnet und sagt von sich selbst, dass er sich mit seiner Kunst bis hin zur Grenzüberschreitung bewege. Die Zug- und Druckkräfte beim Sägen seiner zum Teil sehr großen rohen Baumstämme aus Eichen-, Pappel- und sogar Mammutbaumholz sowie Mahagoni sind enorm. Göhringer erkundet sie jedes Mal wieder mit großem Respekt für das natürliche Material und bearbeitet sie bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Damit ist der Bogen zu EOS geschlagen: Selbst das „Unmögliche“ zu fertigen – „any shape“ – ist fester Bestandteil der Vision des 1989 gegründeten Familienunternehmens EOS, sagt Dr. Hans J. Langer. Wenn auch in anderen Sphären, etwa in der Medizin-, Luft- und Raumfahrttechnik. Dazu passt das von Hella und Hans zur diesjährigen Ausstellung ausgewählte Zitat von Herman Hesse: „Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.“ BARBAR A BRUBACHER

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Armin Göhringer, 2008, Holz geschwärzt, 105 x 17 x 13 cm, Foto: Toni Ott


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Armin Göhringer, 2004, Holz geschwärzt, 128 x 100 x 100 cm, Foto: Toni Ott



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Hanna Roeckles modulares System

Hanna Roeckle, „Pyrit C, W, G, B“, 2016 Lack auf SWISSCDF, je 25,8 x 23,5 x 21 cm, Ausstellung „multipleart“, Art Genève 2016, Foto: Peter Hunkeler, Zürich

linke Seite: Hanna Roeckle, „Faro C“ (Ausschnitt), 2010, 5-teilig, Mischtechnik auf Okoumé, je 160 x 33 x 6 cm, Ausstellung in der Galerie La Ligne, Zürich, 2010, Foto: Walter Mair

Die Rauminstallationen Hanna Roeckles erinnern auf den ersten Blick oft an minimalistische Kavernen: Kristalline ­Formen sprießen aus dem Boden und den Wänden und faszinieren mit einem changierenden Spiel der Farben. Verzaubert und fast fremdgesteuert ähneln sich die Reaktionen auf die Skulpturen der Schweizer Künstlerin: Nach einem Augenblick der Irritation beginnen die meisten Betrachterinnen und Betrachter damit, sie langsam und andächtig zu umkreisen und sich aktiv mit den Werken, aber auch dem umgebenden Raum und den eigenen Beobachtungen auseinanderzusetzen. Automatisches Sehen wird in der Begegnung mit diesen Skulpturen zur bewussten Wahrnehmung – so verschafft Hanna Roeckle ihrem Publikum Momente der Reflexion und Einlassung, die in der Schnelllebigkeit des heutigen Alltags eine Rarität bedeuten.

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Reflexionsobjekte


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Hanna Roeckle, Atelier Zürich / Studio, Zürich 2019, Foto: Peter Hunkeler, Zürich


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Hanna Roeckle, „CN A+B/Crystalline Needle“, 2019, Lack auf GFK, je 240 x 53 x 40 cm, BEGE Galerien 2019, Foto: Peter Hunkeler


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In Vaduz/Liechtenstein geboren und heute in Zürich in der Schweiz lebend, entwickelte Hanna Roeckle seit den 1990er-Jahren eine Formensprache, die genuin und unverwechselbar ist. Die Künstlerin denkt nach eigener Aussage in Systemen, sie bevorzugt komplexe Ordnungen und ein Spiel nach klar definierten Regeln gegenüber der spontanen Geste. Das herausragende Merkmal dieser Systeme besteht in ihrer Modularität – wir begegnen in Hanna Roeckles Werk einem Vokabular an Grundelementen und Formen in immer wieder neuer Variation. Hanna Roeckle arbeitet jenseits aller klassischen Gattungsbegriffe. Je nach Standpunkt lassen sich manche ihrer Wandarbeiten als Bild oder Plastik deuten und die serielle Kombination mehrerer Werke verwandelt die Einzelstücke in eine Rauminstallation. So entstehende Gesamtkompositionen verändern sowohl die Wahrnehmung als auch das Wahrgenommene: Die individuellen Teile wirken plötzlich als Ganzes, ihre Farben und Formen beginnen miteinander zu interagieren. Bekannte Settings erscheinen als Environments, in denen eine gewohnte Umgebung plötzlich Teil eines Kunstwerks wird und sich so die Sphären von Kunst und Alltag neu durchdringen.

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Hanna Roeckle, Atelier Zürich, Foto: Peter Hunkeler


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Hanna Roeckles Werke entstehen nicht isoliert von äußer­ lichen Einf lüssen. Mit großem Interesse verfolgt die Künstlerin die wissenschaftliche Forschung, besonders in den Bereichen der Molekularbiologie, Glasfaseroptik und Tiefseeforschung. Auch die Mineralogie und Geometrie ­i nspirieren ihren künstlerischen Schaffensprozess. So ent­ wickelte sich manche Form aus Kaleidoskopbildern von Kristallen und auch die Farbgebung der Arbeiten Hanna Roeckles ist oft von natürlichen Vorlagen abgeleitet. In der ­R ezeption durch die Betrachter spielen diese gegenständ­ lichen Bezüge allerdings keine Rolle mehr. Hier legt Hanna Roeckle mehr Wert auf die sinnliche Ausstrahlung und ma­ terielle Form der Werke sowie auf die darin angelegten Möglichkeiten zur persönlichen künstlerischen Weiterentwicklung als auf die Vermittlung einer eindeutigen, intellektuellen Botschaft. Zur vollen Entfaltung kommen solch sinnliche ­E r­f ahrungen im Falle von Hanna Roeckles skulpturalen A rbeiten – den an K ristalle und Quarze erinnernden ­„ Polyedern“, „Pyriten“, „Stelen“ oder auch den „Ro­s etta“Wandobjekten, die zulet zt in der Einzelausstellung „Configurations in Flow“ in den BEGE Galerien in Ulm zu ­s ehen waren. Diese aus GFK oder SWISSCDF gefertigten und mit Lack gespritzten Skulpturen bieten dem Betrachter ein visuelles Erlebnis, das ihn aktiv miteinbezieht, denn je nach Blickwinkel und Standort verändert sich die Farbe der Oberf lächen. Dieser Effekt beruht auf der Verwendung von dichroitischem Lack, dessen Töne Hanna Roeckle eigens für ihre Werke nach ihren Vorgaben ent wickeln und ­m ischen lässt.

So zeitlos ihre schlichten geometrischen Formen auch wirken, so sehr sind sie doch ein Ausdruck unserer Zeit: Der heute viel beklagten Reizüberf lutung, der optischen Umwelt­verschmutzung, tritt Hanna Roeckle mit sensiblen künstlerischen Formulierungen entgegen. In ihrem Werk trifft reine Farbe auf konkrete Form. Die Beschränkung auf monochrome oder wenige, meist klar voneinander abgegrenzte Farbf lächen bildet einen Kontrapunkt zur grellen Buntheit der Plakat- und Konsumwelt. An die Stelle expressiver Gesten setzt die Künstlerin subtile Farbeffekte, deren Reiz sich erst auf den zweiten Blick und im Zusammenspiel mit Licht entfaltet. Roeckles Skulpturen, Objekte und Installa­ tionen können als Untersuchungen zu Licht, Bewegung und Raum gewertet werden. Die Künstlerin studiert das Zusammenspielspiel und die Wirkung dieser drei Komponenten unter der kalkulierten Einbeziehung des Betrachters. Dieser wird mit immateriellen, ephemeren Phänomenen kon­ frontiert: Der Betrachter, der sich durch den Raum bewegt, erlebt die Licht reflektierenden Oberflächen der Arbeiten als sich permanent wandelnde Farbf lächen, als dynamische Energiefelder, was den Ausstellungsbesuch zu einem ­ästhetisch-visuellen Ereignis werden lässt. Roeckles Werke verwandeln ihre Umgebung. Sie schaffen im wahrsten Sinne des Wortes Raum für Imagination und Kontemplation, eine neue Bewusstseinszone der Sensibilität. DANIEL A BAUM ANN

rechte Seite: Hanna Roeckle, „Parkzeit Langrüti“, 2016, Pyrit Copper + Pyrit Blue, Lack auf GFK, 105 x 95 x 84 cm, Foto: Lorenz Ehrismann


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SKULPTURENPARK Venet-Haus in Neu-Ulm Innerhalb der letzten Jahre hat sich die bayerische Stadt NeuUlm in pincto zeitgenössischer und moderner Kunst enorm entwickelt. Insbesondere wird dies am Kunstpark des Venet Hauses in Neu-Ulm sichtbar. Das ist dem Kunstsammler Werner Schneider und der Galeristin Verena Schneider zu ­verdanken. 2007 eröffnete der international agierende Insolvenzverwalter dort ein imposantes neues Gebäude, dessen Markenzeichen ein skulpturaler Blickfang in Form einer hochragenden, rostfarbenen Außenskulptur des 1941 geborenen französischen Künstlers Bernar Venet bildet.

2016 wurden die Grundmauern des heutigen, pri­v aten Skulpturenparks im Stadtzentrum gelegt und die Idee einer Brücke, die Stadt, Kunst und Natur verbinden sollte, umgesetzt. Inmitten des Stadtgebietes von Neu-Ulm wurde ein atemberaubender Landschaftspark geschaffen und darin eine Sammlung von Skulpturen präsentiert, die keiner bestimmten Schule oder Stilrichtung zuzuordnen ist, ­sondern in der Arbeiten nationaler und internationaler B ­ ilderhauer präsentiert werden, die in der langjährigen Sammlertätigkeit von Werner Schneider zusammengetragen wurden und nun dieses einmalige Ensemble bilden.


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von links nach rechts: Tony Cragg, „C H A I N S O F E V E N T S”, 2010, Bronze, 7,5 × 1,8 m © VG Bild-Kunst, Bonn 2019 KAESEBERG, „q u e l l c o d e : a l t a r / e l e m e n t a r“, 2015–2016, Glas

Der Skulpturenpark hat sich in den letzten Jahren als künstlerisches Element zwischen dem Neu-Ulmer Osten und dem Bahnhof verankert. Als Klammer wirken die unüber­sehbaren, stadtbildprägenden Installationen von Bernar Venet. Am ­Gebäude des „Venet-Hauses“, direkt an einem stark frequentierten Verkehrsknotenpunkt, ist es ein 37 Meter ­hoher Arc ° Stahlbogen, der von weitem schon den Standort von Galerie und Skulpturenpark anzeigt. Im südlichen B ­ ereich des Areals weist seit Oktober 2015 an einem sechsstöckigen Neubau ein markantes Bündel der typischen Venet-Bögen in ihrer ­erdig-rostigen Anmutung auf das Kunstareal hin. Zwischen den Neubauten versteckt sich auch ein historisches Territorium – ein Teil der ehemaligen ­Bundesfestung Ulm/Neu-Ulm, der als stimmungsvoller G ­ alerieraum seit Jahren genutzt wird und der durch seine ­H albrundform markant in das Frei­ gelände hineinragt. Dort versammelt sich an skulpturalen Positionen alles was Rang und Namen hat, darunter Werke

von Tony Cragg, Erich H ­ auser, Bernar Venet, und Stephan Balkenhol. Die unterschiedlichen Ebenen rund um die Bürogebäude bieten sich als Terrain ideal für Skulpturen und raumausgreifende künst­lerische Installationen an. Fluktua­ tion ist Programm – der laufende Ausstellungsbetrieb der Galerie wird immer wieder für neue Positionen im Ensemble sorgen. Ein „kulturelles und künstlerisches Zentrum für ­moderne und zeitgenössische Kunst“ will Verena Schneider in Neu-Ulm formen. „Ziel ist es, Neu-Ulm ein noch stärkeres und nach außen strahlendes Kunstprofil zu geben.“ g a l e r i e - i m - v e n e t- h a u s . d e

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — S K U L P T U R

Foto: © Nik Schölzel


KUNST + NATUR - PUR in und um SchloĂ&#x; Mochental

Robert Schad, Tabat, 2017, 100 mm Vierkantstahl


SEIT 1971

www.galerie-schrade.de

Parallel zu dem großen Projekt „Von Ort zu Ort“ in der Region Oberschwaben mit 60 Skulpturen an 40 Orten, zeigt die Galerie Schrade Schloß Mochental in einer Einzelausstellung Skulpturen & Zeichnungen von Robert Schad im Hubertussaal und in der Nikolauskapelle.


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Schau der Superlative in 21. Ausgabe

NordArt 2019


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Ein begehbarer, zwei Tonnen schwerer und über sieben Meter hoher Holzturm wie aus P ieter Breuegels berühmten ­G emälde „Der Turmbau zu Babel“ entnommen und in die ­Gegenwart versetzt, ein Labyrinth aus 3.000 Spiegelplatten, reflektierenden LED-Leuchten, künstlichen, neonfarbenen Pf lanzen und sich drehenden Wänden, zwischen denen ­Realität und Illusion verschmelzen: Xi Jianjuns „Babylonian“ und Deng Guoyans „Noahs Garden“ sind die beiden

spektakulärsten Arbeiten chinesischer Künstler auf der ­ ordArt, der größten jährlich stattfindenden Ausstellung N zeitgenössischer Kunst in Europa. Zum 21. Mal präsentiert Chef kurator Wolfgang Gramm auf dem weitläufigen Gelände der ehemaligen Eisengießerei Carlshütte in Büdelsdorf bei Rendsburg fast 1.000 Gemälde, Videoarbeiten, Fotografien, Skulpturen und Installationen von mehr als 300 Kunstschaffenden aus aller Welt.

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — S K U L P T U R

Michal Gabriel (Tschechische Republik), Carlshütte, Halle IV, NordArt 2019, Foto: Jörg Wohlfromm


30. März bis 30. Dezember 2019 www.fontane-200.de KLBB19_ANZEIGE_08_181x125.indd 1

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Emil Nolde: „Kleine Sonnenblumen“, 1946, © Nolde Stiftung Seebüll Schenkung Dr. Friedrich Johenning in liebevoller Erinnerung an seine Frau Renate Johenning


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In der Nähe des Eingangs zieht ein goldener Trabant, über Jahrzehnte das Pendant der DDR-Fahrzeugindustrie zum „Käfer“, auf vier massiven Menschenbeinen, die Blicke der Besucher auf sich. Die Skulptur „Quo Vadis“ des tsche­chischen Künstlers David Černý, eine Hommage an die Ereignisse des Herbstes 1989, verweist auf die Ausreise der Botschaftsflüchtlinge aus Prag und die Grenzöffnung. Der „Trabi“ ist eine Leihgabe des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig, am ­ursprünglichen Aufstellungsort, dem Garten der Deutschen Botschaft in Prag, steht eine Kopie. Im Länderfokus der NordArt steht dieses Jahr Frankreich. Ähnlich der Tate Britain in London, die 2019 als zentrale Impulsgeberin der jüngsten Kunstgeschichte ausschließlich Künstlerinnen ausstellt, präsentieren die beiden Kuratoren Jérôme Cotinet-Alphaize und Marianne Derrien 171 Künst­ lerinnen, die zwischen dem Ende der 1960er- und den 1990er-Jahre geboren wurden und in jüngerer Zeit die ­Aufmerksamkeit der Kunstkritik auf sich zogen. „Some of Us“ – so der Titel des Länderpavillons – bietet einen spannenden Überblick über die vielfältige französische Kunstszene der letzten 20 Jahre. Insbesondere hebt sich hier die Fotostrecke „Untitled, A Couple of Them“ des Regisseurinnen- und Künstlerinnenduos Elsa & Johanna hervor, die sich mit Fragen der Identität und Rollenbildern auseinandersetzt. Neben den Arbeiten der französischen Künstlerinnen setzen Kunstschaffende aus der Mongolei mit dem Sonderprojekt „In der Welt sein: Encountering Sublimity“ einen weiteren Schwerpunkt. Im Skulpturenpark der NordArt ist als Beitrag hierzu unter anderem eine große Installation von Ochirbold Ayurzana zum Thema Wiedergeburt zu sehen.

In der ACO Wagenremise werfen die „Norddeutschen Realisten“, die sich vor 30 Jahren zusammengeschlossen hatten, ein Schlaglicht auf regionale, norddeutsche Kunst. Alle Preisträger der NordArt 2018 zeigen dieses Jahr wieder neue Arbeiten. So ist unter anderem Publikums­ preisträger Zhang Dali mit einer verstörenden Installation kopfüber hängender nackter Körper chinesischer Wander­ arbeiter vertreten. Der tschechische Bildhauer Michal Gabriel – letztjähriger Gewinner des vom Unternehmer­ ehepaar Hans-Julius und Johanna Ahlmann gestifteten NordArt-­P reises –lässt hingegen gef lügelte rote Hirsche über den Köpfen der Besucher schweben. Markenzeichen der jährlich neu konzipierten Schau ist der Charme der historischen Industriearchitektur mit den ­gewaltigen Hallenschiffen der Carlshütte aus dem 19. Jahrhundert. In Verbindung mit zeitgenössischer Kunst entsteht hier eine ganz besondere Atmosphäre. Erstmals können Besucher mit einer neu entwickelten App die Ausstellung ganz individuell entdecken und sich ­d irekt vor allen Objekten Informationen zu den Arbeiten und Kunstschaffenden anzeigen lassen. Dafür muss le­ diglich die Kamera des Smartphones auf das jeweilige Kunstwerk g­ erichtet werden. Die „NordArt-2019“- App steht kostenlos im Apple-Store und Google Play Store zum Herunterladen bereit. BET TINA GÖTZ

Bis 13 . Ok tober 2019 N o rd A r t 2 0 1 9 Kunst werk Carlshüt te w w w . n o rd a r t . d e

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — S K U L P T U R

Ochirbold Ayurzana (Mongolei), „Degree“, Skulpturenpark, NordArt 2019, Foto: Jörg Wohlfromm


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Carl M alchin in Schwerin

Mecklenburg en plein air E i n Tra u m w i rd w a h r : M i t d e n w u n d e r b a r r e a l i s t i s c h e n L a n d s c h a f t e n d e s M a l e r s C a r l M a l c h i n (1 8 3 8 – 1 9 2 3 ) z e i g t d a s S t a a t l i c h e M u s e u m S c h w e r i n in diesem Sommer einen verborgenen Schat z au s dem Maga zin – und einen f r ühe n Meckle nburge r Ple inair me i ste r von nat ionale r B ede ut ung.

Die Schatztruhe war ein schlichter Stahlschrank, bis oben angefüllt mit etlichen Dutzend kleiner Holztafeln. Deckel von Zigarrenkisten, dachte man immer. Auf diese handlichen Brettchen hat Carl Malchin jedenfalls vor hundert Jahren auf Reisen quer durchs Land seine frischen Ölstudien gemalt. Viele bis ins Detail ausgearbeitet und von feiner Farbigkeit. Dahinter im Magazin: saalhohe Hängewände voller stimmungsvoller größerer Bilder von der Hand des Künstlers. Was für ein fantastischer Bilderbogen! „Ein großer Schatz, der

darauf wartet, irgendwann einmal gezeigt zu werden“, sagte mir Gerhard Graulich, damals Abteilungsleiter Gemälde/ Plastik und stellvertretender Museumsdirektor, bei einem ­gemeinsamen Rundgang hinter den Kulissen des Schweriner Museums im Februar 2008. Gut elf Jahre danach kann nun ­jedermann sehen, was der Vater der Mecklenburger Landschaftsmalerei an seiner langjährigen Wirkungsstätte hinterlassen hat. Mehr noch: „Die Ausstellung ordnet ­Malchins Werk erstmals in die internationalen Tendenzen der


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Carl Malchin, „Breitling bei Warnemünde“, 1900, Foto: G. Bröcker © Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern linke Seite: Carl Malchin, „Auf dem Lankower Felde“, 1880, Foto: E. Walford

realistischen Landschaftsmalerei ein“, erklärt Pirko Kristin Zinnow, Direktorin der Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern. „Es gab ja damals schon die Pleinairmaler der Schule von B ­ arbizon, die im Wald von Fontainebleau bei Paris nach der Natur malten. Und als ich mich fragte, warum Malchin so ­gearbeitet hat, hab ich mich auf die Suche nach den Zusammenhängen gemacht“, erklärt Tobias Pfeifer-Helke. Der Kunsthistoriker, der die Schweriner Ausstellung maßgeblich konzipiert und für den Katalog den Aufsatz „Sehnsucht nach Barbizon“ beigesteuert hat, arbeitet zwar seit Februar als neuer Stiftungsdirektor auf Schloss Friedenstein in Gotha, kommt aber, auf Malchin angesprochen, sofort ins Schwärmen. „Highlight der Schau wird ein großes Mecklenburg-Panorama mit 150 Ölskizzen und -studien, topografisch nach Orten ­s ortiert und aufgehängt. Das wird ein Augenschmaus!“, ­verspricht er. Seine Recherchen haben ergeben, dass Malchin selbst zwar nie in Frankreich war, aber immer Kontakt zu Künstlern hatte, die eng mit Barbizon verbunden waren.

„Malchins Lehrer hatten selbst jahrzehntelang in Barbizon ­gelebt und gearbeitet“, erklärt Pfeifer-Helke. Neben weit über 200 Landschaften des Norddeutschen werden deshalb auch Bilder aus Weimar und München sowie Werke französischer Künstler gezeigt, etwa von Jules Dupré, Charles Daubigny oder Georges Michel . Dank dieser Einflüsse also kann der Besucher in den Bildern Carl Malchins noch heute das alte Mecklenburg so sehen, wie es seinerzeit wirklich war. Einheimische werden viele interessante Details (wieder)entdecken, und der ­Mecklenburg-Tourist wird bestens bedient mit dem, was er ohnehin im Norden sucht: weite Felder, hohe Himmel, ­blaues Wasser, großartige Panoramen, romantische Dörfer, schilfgedeckte Häuser. Alles wunderbar gemalt. Malchin war ein genauer Beobachter und tüchtiger Künstler! Bevor er Landschaftsmaler wurde, war der gebürtige Mecklenburger übrigens Landvermesser. 1838 als Sohn eines Senators in Kröpelin bei Rostock geboren, besuchte er eine Realschule in der Hansestadt und absolvierte sodann eine Lehre als Geometer in Schwaan. Bereits dort machte er – Jahre vor der Gründung der dortigen Künstlerkolonie – die ­B ekanntschaft des Malers Otto Dörr und entdeckte seine ­L iebe zur Malerei. Nach einem Studium am Polytechnikum

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — A U S S T E L L U N G

© Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern


Carl Malchin, „Warnkenhagen an der Ostsee“, 1890, Foto: G. Bröcker

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — A U S S T E L L U N G

© Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern

in München reiste er bald als Großherzoglich-Mecklen­ burgischer Vermessungsingenieur durchs Land. In seinen Mußestunden malte er. Und eines seiner frühen Bilder verhalf ihm unverhofft zum Studium der Malerei: „Wassermühle und Kirche zu Mühlen-Eichsen“. Der Schweriner Hofmaler Theodor Schloepke hatte die pittoreske Arbeit 1873 gesehen, den Großherzog Friedrich Franz II. darauf hingewiesen, und der kunstsinnige Landesherr schickte den talentierten ­G eodäten alsdann ausgestattet mit Stipendium und Ausbildungsbeihilfe an die Weimarer Kunstschule. Als 35-Jähriger lernte Carl Malchin dort, was an den meisten Kunstakade­ mien damals noch ganz und gar verpönt war – nach der Natur zu malen. Wieder zurück im Norden, entdeckte und skiz­ zierte er wohl als erster Künstler überhaupt die reizvolle Kombination von Landschaft und Licht auf Fischland und Darß – etliche Jahre vor Paul Müller-Kaempff, dem Begründer der Künstlerkolonie Ahrenshoop. Dem Fürsten gefiel das offenbar. Malchin erhielt nach dem Studium zunächst einen Dreijahresvertrag als Restaurator der Schweriner Gemäldesammlung – mit viel freier Zeit für seine Kunst – und im Anschluss eine feste Anstellung als Restaurator und Abteilungsdirigent der Gemäldegalerie am neu erbauten Großherzoglichen Museum am Alten Garten in Schwerin. Erst 1915, mit 78 Jahren, bat er um seine Pensionierung. 1920 regelte ein Vertrag mit dem Künstler den Erwerb der noch in seinem Besitz befindlichen Werke (147 kleine

­ afeln und 192 Gemälde) für das mecklenburgische LandesT museum gegen eine jährliche Rente von 5.000 Mark. Malchin starb am 23. Januar 1923 in Schwerin, noch im gleichen Jahr wurde im Museum eine erste Gedächtnisausstellung gezeigt. Fast einhundert Jahre später wird der Freilichtmaler Malchin hier jetzt erneut fokussiert, präsentiert und ein­ geordnet. Diese Schau sei „lange ein Desiderat im Haus“ gewesen, betont Gerhard Graulich, der nach der jüngsten Umstrukturierung der Mecklenburger Museumslandschaft inzwischen als Kurator für Gemälde und Skulpturen der staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen des Landes verantwortlich ist. Seiner Überzeugung nach steckt „in Malchins Gemälden viel Identifikation mit diesem Land, und er ist zweifellos ein Maler von nationaler Bedeutung, der noch zu entdecken ist.“ Dazu ist jetzt den ganzen Sommer über Gelegenheit ... JAN-PETER SCHRÖDER

5 . Juli bis 6. Ok tober 2019 Vo n B a r b i z o n b i s a n s M e e r. Carl Malchin und die Entdeck ung Mecklenburgs Staatliches Museum Schwer in carlmalchin. museum-schwer in. de


Gerhard Marcks Alfred Partikel Eine Künstlerfreundschaft in Ahrenshoop Gerhard Marcks (1889–1981) war einer der ersten Lehrer, die Walter Gropius an das 1919 gegründete Weimarer Bauhaus berief. Unter seinen zahlreichen Künstlerfreundschaften war die mit dem Maler Alfred Partikel (1888–1945) eine besonders innige und familiäre. Sie bewährte sich über wechselnde Lebensstationen hinweg bis zum tragischen Tod Partikels in Ahrenshoop. Beide Künstler besaßen in dem Küstenort ein langjähriges Sommerrefugium, das während der NS-Diktatur und des 2. Weltkrieges zur existentiellen Zuflucht wurde.

Abb. links: Alfred Partikel, Der Schweinehirte (Der verlorene Sohn), 1931, Öl auf Leinwand, auf Hartfaser, 58 x 77,2 cm Abb rechts: Gerhard Marcks, Ver Sacrum, 1943, Bronze und Blei, H 126,5 cm, Gerhard-Marcks-Stiftung Bremen, © VG Bild Kunst, Bonn 2019

13. April bis 8. September 2019 Täglich 11 bis 18 Uhr Donnerstag 11 bis 20 Uhr


Atelier Otto Niemeyer-Holstein, Lüttenort | Caspar-David-Friedrich-Zentrum, Greifswald | CIRCUS EINS – Aktuelle Kunst, Putbus | Dezernat5, Schwerin | Edvard-Munch-Haus, Warnemünde | Fotografische Sammlung Schloss Kummerow | Galerie A.G. für zeitgenössische Kunst, Schwerin | Galerie Atelier ROTKLEE, Putbus | Galerie Born, Born/Darß | Galerie Burg Klempenow, KULTUR-TRANSIT-96 e.V. | Galerie Kristine Hamann, Wismar | Galerie Hartwich, Ostseebad Sellin | Galerie im Kloster, Ribnitz-Damgarten | Galerie Klosterformat, Rostock | Galerie LÄKEMÄKER, Wustrow | Galerie Schwarz, Greifswald | Galerie des St. Spiritus, Greifswald | Galerie STP, Greifswald | kulturforum Pampin, Skulpturenpark und Galerien | Kulturhaus Mestlin | Kunstverein für Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin | Kunsthalle Kühlungsborn | Kunsthalle Rostock | Kunsthof Hirschburg BLACK BOX | Kunstkaten Ahrenshoop | Kunstmuseum Ahrenshoop | Kunstmühle Schwaan | Kunstort Alte Wassermühle, Putbus | Kunstraum Heiddorf, Neu Kaliß | Kunstsammlung Neubrandenburg | Kunstverein Wiligrad e.V., Lübstorf | Kunstverein zu Rostock | Kunst-Wasser-Werk, Schwerin | Künstlerhaus Lukas | Mecklenburgisches Künstlerhaus Schloss Plüschow | Museum Atelierhaus Rösler-Kröhnke, Kühlungsborn

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Neues

Kunsthaus

Ahrenshoop

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Pommersches

Landesmuseum,

Greifswald

|

Schleswig-Holstein-Haus, Schwerin | schloss bröllin e.V, international theatre research location | Schönberger Musiksommer, St. Laurentius-Kirche, Schönberg | Staatliches Museum Schwerin | Städtische Galerie Wollhalle, Güstrow | wolkenbank kunst+räume, Rostock

© Verband der Kunstmuseen, Galerien und Kunstvereine in Mecklenburg-Vorpommern e.V.

www.kunstorte-mv.de


Fotografie in der St. Georgen Kirche, Wismar Barbara Klemm Claudia Fährenkemper Gunda Scheel Hans Hansen

Die St. Georgen Kirche in Wismar ist ein architektonisches Juwel historischer Baukunst. In ihren großzügigen Räumen eröffnen sich besondere Möglichkeiten, zeitgenössische ­bildende Kunst im lebendigen Bezug zu Geschichte und ­A rchitektur zu präsentieren. KUNSTRAUM St. Georgen ist eine Veranstaltungs­ reihe in der internationale künstlerische Positionen im Wechsel mit künstlerischen Positionen aus Mecklenburg-Vorpommern einer interessierten Öffentlichkeit in themenbezogenen Ausstellungen vorgestellt werden. In der aktuellen Ausstellung werden vier eigen­ständige künstlerische Positionen, die Ikonen in der deutschen Fotografiegeschichte darstellen, präsentiert. Die KünstlerInnen verbindet eine langjährige Freundschaft in gegenseitigem ­Respekt und Wertschätzung der Arbeiten untereinander. Gunda Scheels Bildwelt ist eine atmosphärische ­Vertiefung des Augenblicks. „Nicht Schnellschüsse im ­ständig wechselnden Umfeld mit anschließender Auswahl der g­ elungensten Bilder, sondern kontemplatives Annähern, Entdecken, Eingrenzen von Eindrücken, wobei der Model­ lierung der Innen- und Außenräume und der Objekte durch Licht und Schatten eine besondere Rolle zukommt, gesteigert bis zu einem Punkt, wo geformtes, gebündeltes Licht selbst zur Hauptfigur des Bildes wird.“ Um das Ausloten neuer Dimensionen geht es in den Arbeiten von Claudia Fährenkemper. Sie präsentiert in der Ausstellung Insektenportraits, die mit Hilfe eines Raster­elektronenmikroskops am Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn entstanden sind. „Es geht mir in diesen Mikrofotografien um das sinnliche Erlebnis und die magische Illusion einer winzigen für das bloße mensch­l iche Auge unsichtbaren Form als Skulptur und als Portrait ist mein Ziel.“ „Ich versuche, mir von der Sache ein Bild zu machen und das, so einfach wie möglich.“ So lapidar und einfach beschreibt Hans Hansen seine künstlerische Arbeitsweise. Als Fotograf ist er auf dem Feld der Produktfotografie ein hochgeschätzter Meister der Reduktion. In seinen Fotografien wird der Gegenstand auf das Wesentliche untersucht, die Formen, Farben, das Material strukturiert. Barbara Klemms Fotografien haben geradezu einen Ikonen-Charakter. Sie ist eine Granddame der deutschen ­F otografie. Bekannt wurde sie unter anderem durch das ­berühmte Foto vom Bruderkuss zwischen Breschnew und

Hans Hansen, „Zitronenpresse“, 1998

Honecker. Viele ihrer Bilder haben Geschichte geschrieben. Über Jahrzehnte hat Barbara Klemm das politische Geschehen in Deutschland für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ begleitet. Schwarz-Weiß-Fotografie ist ihre Passion. MIRO ZAHRA

Bis 4 . August 2019 g e ö f f n e t t ä g l i c h v o n 1 0 b i s 1 8 U h r, E i n t r i t t f r e i K U N S T R A U M S t . G e o r g e n W i s m a r, St . G eorge n Kirchhof 1 A Ve ra n s t a l t e r : Hansestadt Wismar A m t f ü r We l t e r b e , To u r i s m u s u n d K u l t u r T + 4 9 (0) 3 8 4 1 2 2 4 0 0 2 5


178 Werner Tübke in Bad Frankenhausen

Unter fremden Menschen

Werner Tübke, „Winter bei Leningrad“, 1961, Aquarell, 17,8 x 23,8 cm, Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst, Frankfurt (Oder), © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Werner Tübke (1929–2004) und die Sowjetunion, das ist ­keine kurze Episode, sondern ein Thema, das sich durch ­Tübkes Œuvre hindurchzieht bis ins Spätwerk. Es begann mit einem großen Abenteuer: einer einjährigen Reise, die er ab März 1961 mit seiner damaligen Ehefrau Angelika Tübke, selbst Künstlerin, unternahm. Die Reiseroute führte die beiden nach kurzem Stopp in Moskau vom europäischen St. Petersburg im Norden gen Süden über den Kaukasus, quer durch die zentralasiatischen Republiken bis zum kirgisischen Tian-Shan-Gebirge nahe der chinesischen Grenze. Sie machten Station in Suchumi am Schwarzen Meer, im georgischen

Tif lis, in der armenischen Hauptstadt Jerewan und reisten über Baku in Aserbaidschan und Turkmenistan ins usbekische Samarkand. Während der Reise entstanden zahlreiche Studien, Zeichnungen und Aquarelle, viele Porträts ebenso wie Landschaften und Alltagsszenen wie jene von den Bauernmärkten. Zum Teil ergänzte Tübke die Skizzen mit Farbangaben, die später die malerische Umsetzung im Atelier erleichterten. Es war wohl die nachhaltigste, wenn auch nicht die erste Erfahrung Werner Tübkes mit der Sowjetunion, denn schon kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war er von sowjetischen Militärangehörigen in Haft genommen


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Werner Tübke, „Bildnis Swerdlow“, 1978, Mischtechnik auf Pressspan, 35,1 x 24,6 cm, Tübke Stiftung Leipzig © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Genreszenen, als dass hier die Klasse der Landarbeiter idealisiert würde, wie es möglicherweise staatlicherseits erwünscht gewesen wäre. Er war fasziniert vom Fremdartigen und den Menschen, denen er auf der Reise begegnete. „Unter fremden Menschen“ ist eine Lithografie aus dem Jahr 1977 betitelt. Sie zeigt Frauen und Männer unterschiedlichen Alters, ein Kind, ein Pferd – und einen Hund. Das Motiv und die Wahl des ­Titels verweisen auch auf Tübkes Auseinandersetzung mit der russischen Literatur wie den Schriften Fjodor Dostojewskis und vor allem Maxim Gorkis. Tübke hat seinem Blatt den ­T itel des zweiten Teils von Gorkis Autobiografie gegeben, und s­ eine Menschen werden damit gewissermaßen auch zu überzeitlichen Typen des Menschlichen. Nicht zuletzt ­dienten die gesammelten Eindrücke Werner Tübke auch als Figuren­a rsenal für das Welttheater, das er im monumen­ talen Panoramagemälde in Bad Frankenhausen, an dem er von 1976 bis 1987 arbeitete, vorführt. KIM BEHM

Bis 3. November 2019 „Unte r f re mde n Me n sche n . We r n e r T ü b k e – Vo n P e t e r s b u r g b i s S a m a r k a n d “ P a n o ra m a M u s e u m , B a d F ra n k e n h a u s e n w w w . p a n o ra m a - m u s e u m . d e

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — A U S S T E L L U N G

worden. In späteren Jahren, als er auch häufig ins westliche Ausland reiste und internationale Anerkennung genoss, unternahm er mehrfach Reisen in die Sowjetunion. So reiste er 197 7 erneut nach Moskau und in den Kaukasus, in den 1980er-Jahren unternahm er kleinere Reisen an verschiedene Orte in der Sowjetunion. Wie nachhaltig die Eindrücke der Reise in den Jahren 1961/62 gewesen sind, belegt mit beeindruckenden rund 140 Werken das Panorama Museum in Bad Frankenhausen, das diese zum 90. Geburtstag des Künstlers mit der Ausstellung „Unter fremden Menschen. Werner Tübke – Von Petersburg bis Samarkand“ in den Fokus rückt und zugleich selbst sein 30-jähriges Jubiläum feiert. Gezeigt werden Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle und Druckgrafiken, die zum Teil während oder unmittelbar nach der Reise, zum Teil aber auch deutlich später entstanden sind. Schon 1966 und verstärkt ab 1974 ­reflektierte Tübke seine Reiseeindrücke in Radierungen und Lithografien. Eine Kreidelithografie von 1974 zeigt „T. im ­K aukasus“: Zwölf Jahre nach der Rückkehr zeigt sich Tübke in romantisch-idealisierender Tradition des Künstlers auf großer Reise. Als verwegener Abenteurer in wilder Landschaft, mit Hut und Rucksack zu Pferd, blickt er selbstbewusst auf den Betrachter. Begleitet wird er von einem Hund – überhaupt die Hunde: Sie tauchen in Werner Tübkes Arbeiten immer wieder auf. So auch im unmittelbar nach der Reise noch 1962 ­ent­standenen „Selbstporträt in Samarkand“ und in nahezu identischer Position im „Bildnis des Viehzuchtbrigadiers ­Bodlenkow“ aus demselben Jahr. Tübke zeigt den Brigadier als Reiterbildnis in Herrscherpose. Eine geschickte Umdeutung der tradierten Bildformel, die von den Kulturfunktionären der SED dennoch nicht goutiert wurde. Immer wieder wurde Tübkes Malerei als nicht zeitgemäß in ihrem Rückgriff auf eine altmeisterliche Malweise und zu wenig realistisch kritisiert, ihm wurde ein „pseudoobjektiver Individualismus“ vorgeworfen. Und so spiegelt die Reise auch Tübkes vielschichtiges und nie ungetrübtes Verhältnis zur SED, denn es bedurfte diplomatischen Geschicks und guter Kontakte zum Kulturfunktionär Alfred Kurella, um sie überhaupt antreten zu können. Tübkes Abwägen von Anpassung an die Wünsche des Funktionärs und dem eigenen Streben nach künst­lerischer Freiheit stehen durchaus exemplarisch für die Gratwanderung, die Künstler in doktrinären Regimes immer wieder unternehmen müssen. Die parteikonforme Darstellung des Menschen lag ihm fern. Er beobachtete die Menschen in ihrem Alltag, porträtierte sie in altmeisterlicher Manier mit präzisem Strich und seine Darstellungen der Bauernmärkte in Suchumi und Samarkand sind eher erzählfreudige


DIE ZÜRCHER GALERIEN www.dzg.ch Ausstellungen Künstler Stadtplan

Saisoneröffnung Mittwoch/Donnerstag/Freitag, 28./29./30. August 2019 ZÜRICH AUSSERSIHL Gemeinsame Vernissagen, Mittwoch, 28. August 2019, ab 18 Uhr Bildhalle – Marlene Frei Galerie & Edition – Havana, B. Liaskowski – Le sud Galerie Brigitte Weiss Stephan Witschi Galerie & Edition

INNENSTADT LINKS DER LIMMAT Gemeinsame Vernissagen, Donnerstag, 29. August 2019, ab 17 Uhr Andres Thalmann – ArteF Galerie für Kunstfotografie – Dierking Galerie am Paradeplatz – Gmurzynska Haas AG – Karma International – Livie Fine Art – Opera Gallery Zurich – Orlando – galerie philippzollinger Placart – Proarta – Roehrs & Boetsch – Alex Schlesinger – Galerie von Vertes

INNENSTADT RECHTS DER LIMMAT Gemeinsame Vernissagen, Donnerstag, 29. August 2019, ab 17 Uhr Art Forum Ute Barth – art station isabella lanz – Werner Bommer – Sylva Denzler Elten & Elten GmbH - Am Hottingerplatz – Christophe Guye Galerie – Häusler Contemporary Zürich Jedlitschka Gallery – Lange + Pult – Lévy Gorvy Rumbler – Mai 36 – Maurer – Plutschow Gallery Galerie Rosenberg – sam scherrer contemporary – Galleria il Tesorino – Galerie Thalberg – Kate Vass Galerie Annemarie Verna Galerie – Fabian & Claude Walter – Galerie Wenger – Galerie Ziegler SA

LÖWENBRÄUAREAL UND UMGEBUNG Gemeinsame Vernissagen, Freitag, 30. August 2019, ab 18 Uhr annex14 – Hauser & Wirth – Lullin + Ferrari – Mark Müller – Eva Presenhuber – Barbara Seiler Nicola von Senger

Galerien-Wochenende Samstag/Sonntag, 2./3. November 2019, 11 bis 17 Uhr


William Kentridge The Head & the Load, 2018, film still


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Der Kunstraum THE VIEW in Salenstein lädt ein zur alljährlichen Sommerausstellung.

Verspielt und auch brutal

Sabine Becker, o.T., 2018, Kobaltpigment/Acryl auf Packpapier/ HDF, 100 x 140 cm

Der Bildhauer Werner Schlotter ist ein Sammler. Er sammelt für seine ureigensten künstlerischen Zwecke Backsteine, ­Z iegel und Schamotte. Es sind Überbleibsel von (zumeist) ­z erstörten Häusern, Gebäuden oder Behausungen. Die Fundstücke von irgendwo, aus Erde gefertigt, dem ältesten Werkstoff des Bauens übrigens, sind von ihrem ersten Einsatz gezeichnet. Zementreste, Bruchstellen, Kerben und Risse e­ rzählen von einem geheimnisvollen Leben. Die geschichts- und geschichtenträchtige Struktur der Steine, an sich ein „armes“ Material, lässt an Ruinen denken, daher auch an Ewigkeit. Der „Archäologe“ Schlotter, der aus solchen (vor)gefundenen Fundstücken oder aus der Kombination mehrerer solcher ­Objekte seine Plastiken (Assemblagen) entwickelt, nimmt diese Art von Patina nicht nur billigend in Kauf. Er tut alles, um die natürliche Versehrtheit des Materials ins

zweite Leben hinüberzuretten, in das eines Kunstwerks, mit dem ­R esultat, dass die Plastiken wie improvisiert erscheinen. Das U ­ nperfekte, das Fehlen des „Meisterlichen“, hat wenig mit Antikunst zu tun und noch weniger mit der Werkund G ­ estaltungsverweigerung der Arte povera. Die gesuchte Improvisiertheit der Plastiken gerät selten in die Nähe von Protestkunst, sondern verwandelt sich in Ausdruckswerte des vergeblich Zärtlichen, des schutzlos Preisgegebenen. Schlotters miniaturhafte, von der Architektur i­ nspirierte, das verwendete Material transzendierenden ­Werke befremden auf poetische Weise. „Erinnerst du dich an dein Haus? “, fragt er. Und die Erinnerungen f ließen ohne Unterlass.


Markus Graf, „Grosses Portal“, Foto: © THE VIEW

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — A U S S T E L L U N G

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Schlotters Werk war zum ersten Mal im Frühjahr im Kunstraum THE VIEW in Salenstein im Kanton Thurgau zu sehen. Er zeigte zudem Zeichnungen, für ihn mehr als nur Vorstudien, die parallel zur immer wieder variierten plastischen Gestaltungsarbeit entstehen. Der in Konstanz lebende Künstler ist auch bei der diesjährigen Sommerausstellung ­d abei. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums präsentiert THE VIEW einen Querschnitt durch die eigene Sammlung zeitgenössischer Kunst – Bilder, Fotografie, Skulptur, Grafik, Installationen und Videokunst. Das Team um Antoinette Airoldi hat Arbeiten von gleich 28 Künstlern auf vier Ausstellungsräume verteilt. Eineinhalb Stunden dauert die Führung. Das ist eher knapp bemessen. Wer, wie der Autor, die Ausstellungen in Salenstein in den vergangenen Jahren begleitet hat – inklusive origineller Sonderschauplätze wie Zivilschutzbunker und Wasser­ speicher –, der bewegt sich auf vertrautem Terrain. Aber das soll nicht als Kritik verstanden werden. Wiederholung ist ­R etrospektiven eigen. Dennoch ist dieser Parcours ein Er­ weckungserlebnis, ein sanftes Angebot, über die womöglich erste und falsche oder aber vergebliche Begegnung mit Künstlern und Werken neu nachzudenken.

Der Bildhauer Markus Graf, ein anderer Protagonist der Sammlung und der Ausstellung, ist nach eigenem Bekunden ein Beobachter und – ja – auch ein Sammler. Er nennt das Meer als Inspirationsquelle und die tausend Dinge, die Wasser und Leben zu ihm spülen. Sein Sammeln ist konzeptlos, geprägt von der Freude an den kleinen Dingen des Alltags, heißt es über ihn. Das klingt nach Demut und ist vielleicht so gemeint. Diese „Stimmigkeit in sich“ (Rebekka Ray) versucht er in ­seinen großen und kleinen – zumeist metallenen – „Leuchtturm“, „Drehscheibe“, „Balance“, „Portal“ oder „Gezeiten“ getitelten Plastiken zu form(ulier)en. Graf und Schlotter sind in dieser Ausstellung, die ­r egional und international bekannte Künstler zusam­ menführt, nicht die einzigen Bildhauer. Werke von Heike Endemann, Martina Lauinger oder Gabriel Mazenauer ­g ehören dazu und erwähnt. Ein dem Kunstraum an­g e­ gliederter Garten macht es möglich, größere und für den öffentlichen Raum gebaute Skulpturen aufzustellen. Das ­geschieht beispielsweise mit den verknoteten, ineinander ­v erschlungenen und verformten Eisenskulpturen von ­Martina Lauinger oder Waltraud Späth.


Die in Friedrichshafen lebende Künstlerin findet ihre Motive im täglichen Leben und in der Auseinandersetzung mit Politik und Gesellschaft. Das zentrale Element in ihren Arbeiten ist allerdings das Spiel mit Materialität und Form. Wobei sich die Objekte einer eher minimalistischen Formensprache bedienen. Sie halten sich in Balance, spielen mit Leichtigkeit und Schwere und wirken vor allem durch ihre gegensätzlichen Materialkombinationen. Zunächst arbeitete Späth mit Holz, bis Beton und Stahl hinzukam. Und das hat was, wenn das ­organisch gewachsene Holz auf die Kälte des Stahls und die Härte des Betons trifft. „Verspielt, brutal, ästhetisch und manchmal ein ­bisschen zu dick aufgetragen“, nörgelte ein Kritiker über eine der vergangenen Sommerausstellungen von THE VIEW. Es stimmt schon, sie riskieren was, Airoldi & Co. Das Experiment steht bei ihnen hoch im Kurs, aber nicht alternativlos. Für das unbekannte Neue und Gewagte, auch das Schöne, steht in Salenstein beispielsweise die konzeptionelle Lichtund Installationskunst von Martin Walde, Mischa Kuball, Brigitte Kowanz oder Boris Petrovsky, der 2012 mit seiner

„Army of Luck – The Golden Pursuit of Happiness“ bestehend aus 520 XXL-Winkekatzen die art KARLSRUHE aufmischte. Mehrfach war auch der innovative Geist Björn Schülke mit seinen von Maschinen- und Flugzeubau inspirierten kinetischen Objekten Gast in Salenstein. Last but not least muss hier Teresa Diehl genannt ­werden, die mit ihrer Video- und Installationskunst den Ausstellungsort Alter Wasserspeicher in einen aufregenden, aber zugleich auch erschreckenden Erlebnisort verwandelt hat. Im vergangenen Jahr erinnerte die politische Aktivistin Diehl – sie ist im Libanon geboren und lebt in den USA – mit der Installation „Haram“ in Bildern und Ton an die vielen ge­ töteten Kinder im Syrien-Krieg. Brutal ist hier wirklich das passende Wort. Für Videokunst stehen in der Sammlung THE VIEW und in der Ausstellung die Namen Chris Larson, Markus ­E ichenberger und Yves Netzhammer. Auch hier lohnt ein ­i ntensiver Augenkontakt ebenso wie mit der Malerei von ­S abine Becker, Johannes Dörflinger, Eckhard Besuden oder Michael Lauterjung. Die gibt es auf diesem Parcours auch

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Dierk Maass, 21° 19‘ 44.5“ S 14° 19‘ 31.8“ E, 2019, aus der Serie Tension° of ’ Seclusion”, Fine Art Print, 60 x 180 cm, Edition 6 + 2, ID 2935


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Werner Schlotter, „Erinnerst du dich an dein Haus“, Foto: Stiele-Werdermann

sowie Fotografie von Lisa Lorenz und Dierk Maass: Dieser Künstler ist immer gesetzt. Der ­f rühere Herzchirurg ist ­I nitiator von THE VIEW. Seinen R ­ uhestand verbringt er nicht auf der bequemen Couch – K ­ omfort ist nicht sein Ding –, sondern auf Reisen. Die Lust auf das Unbekannte ist das, was ihn reizt. Der reisende Fotograf besucht die entlegensten Orte der Erde: die Anden, Grönland, die Alpen oder den Himalaya. In den letzten vier Jahrzenten konnte er über 60 Gipfel in der Topliga der Gebirge besteigen. Die Bilder, die er dabei „schießt“, erzählen Geschichten von Neugierde, Einsamkeit, Entdeckung und körperlichen Strapazen. Maass nimmt Natur auf, wie wir sie noch nicht

kannten. Aber nicht nur die unvertraute Landschaft ist ein großes Thema, auch die Menschen, die er (eher zufällig) trifft, und er trifft sie mit seinen Porträts in ihrer Seele. Wir leben in einer wilden Zeit, in der wir von Bildern überschwemmt ­werden und uns fragen, was davon real ist oder am Computer entstanden. Maass geht den steinigen Weg. Er setzt sich der Welt aus. Seine Bilder sind nicht digital manipuliert, auch wenn sie bisweilen so anmuten, unwirklich, ja surreal wirken. Aber war das nicht schon immer die erste Priorität von Kunst, die Täuschung?


187 Zur Erinnerung: Plinius berichtet von einem Wett­bewerb zwischen den Malern Zeuxis und Parrhasios. Zeuxis hatte Weintrauben so realistisch gemalt, dass Vögel nach den Früchten pickten. Die Täuschung war gelungen. Daraufhin wurde Parrhasios aufgefordert, den Vorhang vor seinem ­G emälde zuzuziehen – doch es gab kein Dahinter. Der Vorhang war das Bild. Wer hat gewonnen? Parrhasios, wer sonst. Er hatte nicht nur Vögel, sondern auch die Menschen ­getäuscht, was für seine überragende Meisterschaft sprach. Dieser Rekurs will sagen: Auch der Fotograf Maass ist ein Meister seines Fachs.

Bis 29. September 2019 Jubiläumsausstellung T H E V I E W 2019 Der B esuch der gesamten Ausstellung i s t n u r m ö g l i c h b e i Vo ra n m e l d u n g . T H E V I E W, F r u t h w i l e r s t ra s s e 1 4 , C H - 8 2 6 8 S a l e n s t e i n T + 4 1 (0) 7 1 6 6 9 1 9 9 3 · t h e - v i e w - c h . c o m

Michael Lauterjung, „Ganze Zitrone“, Mischtechnik auf Holz, 51 x 48 cm

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SIEGMU N D KOPITZKI


alle alleBilder: Bilder:©©Helmut HelmutScham Scham

Zu Gast beim Kaiser D

er er Arenenberg Arenenberg betört betört mit mit seiner seiner majestätischen majestätischen Lage Lage über über dem dem Untersee Untersee und bietet einen faszinierenden Einblick in die Historie. Ein und bietet einen faszinierenden Einblick in die Historie. Ein Großteil Großteil des des Napoleonmuseums Napoleonmuseums ist ist im im Palais Palais untergebracht, untergebracht, in in dessen dessen RepräsentationsräuRepräsentationsräumen men schon schon die die kaiserliche kaiserliche Familie Familie ihre ihre Gäste Gäste empfi empfing. ng. Heute Heute übernachten übernachten die die Gäste Gäste in in neuen neuen Hotelzimmern Hotelzimmern im im historischen historischen Haupthaus. Haupthaus.

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1. 9. 2019 – 5. 1. 2020 MASKE In der Kunst der Gegenwart

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1. 9. – 27. 10. 2019 CARAVAN 3/2019: Mahtola Wittmer Ausstellungsreihe für junge Kunst

John Stezaker, Mask (Film Portrait Collage) CLXXIII, 2014 © the artist, courtesy the artist and The Approach, London Foto: FXP Photography, London, 2014

Biennale «Paradise, lost» 26. Mai - 8. september 2019 · Mi-sa 14 -18h · so 11-17h

«Let me see you like you see me» Esther Mathis

Georg Aerni · Cristian Andersen · Mirko Baselgia · Vanessa Billy · Beni Bischof · Tina Braegger · Olaf Breuning Daniele Buetti · Claudia Di Gallo · Franziska Furter · Glaser/Kunz Daniel Glaser, Magdalena Kunz Hanspeter Hofmann · Christopher T. Hunziker · Maja Hürst · Melli Ink · Maureen Kaegi · Peter Kamm · Sandra Knecht Markus Kummer · Kesang Lamdark · Esther Mathis · Katja Schenker · Kerim Seiler · Martin Senn · Una Szeemann Biennale Kulturort Weiertal Winterthur Schweiz · www.skulpturen-biennale.ch


192 Der Verein „Die Zürcher Galerien“ lädt ein zu einem Rundgang durch die Schweizer Kunstmetropole

Zürcher Kunstszene international

Lebendig ist und bleibt das Kunstangebot einer Stadt, wenn sie versucht, sowohl die lokale Szene sichtbar zu machen als auch die internationale einzubeziehen. An dieser Leitidee ­orientiert sich der Verein „Die Zürcher Galerien“, kurz DZG, seit seiner Gründung 2001. Am „Zurich Contemporary Art Weekend“ vor der Art Basel beispielsweise passen große wie ­k leinere Galerien ihr Programm jeweils an und laden damit internationale Kuratoren und Sammler zu einem Abstecher in die knapp 80 Kilometer entfernte Limmatstadt ein. Die nächste Hauptattraktion im Kalender des DZG ist die alljährliche gemeinsame Saisoneröffnung Ende August, bei der die Galerien nach Stadtteilen geordnet ihre neuen Ausstellungen präsentieren. Über drei Tage hinweg werden zu diesem Großanlass Werke in allen Medien und für jedes Budget angeboten. Dieses Jahr sind besonders viele Schweizer Künstlerinnen und Künstler zu entdecken. Den Start der Tour durch Zürich bestreitet traditionsgemäß am Mittwoch, dem 28. August, das Quartier Aussersihl. Allein in diesem Stadtteil sind aktuelle Werke von vier auch im Ausland bekannten Schweizerinnen und Schweizern zu sehen. So widmet die Galerie Brigitte Weiss ihre Räume der Malerin und Manor-Kunstpreisträgerin El Frauenfelder (bis 12. Oktober), Stephan Witschi dem in New York lebenden 65-jährigen Luzerner All­ rounder Hans Witschi (bis 4. Oktober), die Bildhalle dem Künstler und Diogenes-Verleger Philipp Keel (bis 28. September) und Marlene Frei der in Zürich lebenden Zeichnerin und Installa­t ionskünstlerin Sandra Boeschenstein (bis 19. Oktober). Der Donnerstag gehört den Vernissagen in der Innenstadt, wo traditionsgemäß die meisten Zürcher Galerien zu finden sind. Eine der legendärsten ist die Galerie Ziegler SA im Gebäude des Schauspielhauses. Zu deren 60-Jahr-Feier kommenden Dezember eröffnet der Zürcher Nic Hess seine „Ausstellung in Progress“. Neue Räume bezieht in diesem zentral ­gelegenen Stadtteil Brigitta Rosenberg. Sie zeigt vom 74-jährigen, in Zürich und Brissago ­lebenden Peter Emch Zeichnungen und Farbholzschnitte (bis 12. Oktober).


193 Die Bedeutung des Kunststandortes Zürich zeigt sich auch darin, dass hier immer wieder neue G ­ alerien eröffnet werden. In der Zone Innenstadt links der Limmat beispielsweise ­startete diesen Sommer Livie Fine Art mit Günther Förg, Katharina Grosse und Imi Knoebel, während die galerie philippzollinger in ihrer zweiten Ausstellung ab 29. August den 1989 in Südafrika geborenen Künstler Buhle Wonder Mbambo präsentiert (bis 12. Oktober). Den Abschluss des dreitägigen Kunstfestes gestalten die Galerien vom Löwenbräu-Areal und Umgebung. Hier konzentriert sich auf geografisch überschaubarem Raum die internationale Ausrichtung der Zürcher Kunstszene besonders stark. Hauser & Wirth zeigen bis 14. September parallel Ausstellungen von Louise Bourgeois & Pablo Picasso ­sowie von Max Bill. Bei Lullin + Ferrari wiederum hat Sebastian Utzni Vernissage (bis 5. Oktober), Nicola von Senger präsentiert Ellen Cantor (bis 26. Oktober). Und Eva Presenhuber stellt Jean-Frédéric Schnyder aus (bis 5. Oktober), Mark Müller zeigt Werke von Markus ­Weggenmann (bis 12. Oktober). Aktuell umfasst der Verein DZG 51 Mitglieder. Die meisten dieser Galerien sind international ausgerichtet, einige betreiben im Ausland gleich mehrere Filialen. Diese Vernetzung unterstreicht die internationale Bedeutung von Zürich als Kunstmetropole. Der vom Verein jährlich zehnmal herausgegebene Folder listet die aktuellen Ausstellungen auf und liegt unter anderem der Zeitschrift „Kunstbulletin“ bei. Online abruf bar ist er auf der DZG-Webseite www.dzg.ch. Dort findet man zudem einen Stadtplan sowie die Namen der von den Galerien vertretenen Künstlerinnen und Künstlern. Alle DZG Galerien und deren Ausstellungstermine werden in der ARTMAPP App ­gelistet und permanent gepflegt. Die ARTMAPP App ist gratis im App Store und bei Google Play erhältlich. ANDRÉ BEHR, ZÜRICH

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* Detaillier te P rog ramme und Teilnehmerliste unter www. d zg. ch oder auf Webseiten der Galer ien .

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — A U S S T E L L U N G

S a i s o n e rö f f n u n g : D o n n e r s t a g , 2 9 . A u g u s t 2 0 1 9 , a b 1 7 U h r *


194 Harald Sohlberg

Mittsommer in Wiesbaden

Harald Sohlberg, „Sommernacht“, 1899, Nasjonalmuseet, Oslo


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In Deutschland ist er kaum bekannt, in Norwegen zählt er zu den berühmtesten Künstlern des Landes: Harald Sohlberg (1869–1935). Das Museum Wiesbaden richtet dem Maler und Grafiker nun in Kooperation mit dem Nationalmuseum Oslo eine Retrospektive zum 150. Geburtstag aus – die erste auf dem europäischen Festland. Und dafür darf sogar „Winternacht in Rondane“ aus dem Jahr 1914 nach Wiesbaden reisen! Es ist nicht nur Sohlbergs Hauptwerk, das, seit es 1918 ins ­Nationalmuseum kam, noch nie ausgeliehen war, sondern es ist auch eine Ikone der norwegischen Kunst. Die Norweger haben es in den 1990er-Jahren zum beliebtesten Gemälde ­ihres Landes gewählt. Daran dürfte sich nicht viel geändert haben, spiegelt diese mystische Landschaft doch gewisser­ maßen die norwegische Seele. Das Motiv, ein markanter Höhenzug im heutigen Nationalpark Rondane, hat Sohlberg, seit er 1899 erstmals dort war, über 15 Jahre hinweg in verschiedenen Techniken bearbeitet. Die bekannteste und bedeutendste Version dürfte das Ölgemälde im Osloer Nationalmuseum sein. Ein leuchtendes Blau ist der Grundton dieser

Landschaft. Hinter der Ebene in der Bildmitte erheben sich Berge. Es ist eine schneebedeckte Landschaft, im Vordergrund gerahmt von dunklen, knorrigen Bäumen. In der Mitte ­zwischen den Berggipfeln steht ein einzelner hell leuchtender Stern am Himmel und auf dem höchsten Gipfel ist ein Kreuz auszumachen. Die Bergkette ist klar erkennbar und doch hat Sohlberg sie nicht abgemalt, sondern stellenweise fast ­ornamental abstrahiert und die einzelnen Gipfel zu einer symmetrischen Komposi­t ion angeordnet. Diese kalte ­W internacht mit ihrem klaren blauen Licht ist wie auch die anderen Landschaften Sohlbergs eine Seelenlandschaft, ­romantisch und symbolistisch gleichermaßen. Schon die ­erste Begegnung mit der Landschaft von Rondane hatte Sohlberg überwältigt. Sie ließ ihn, wie er sich später erinnerte, die eigene Unbedeutendheit vor der Unendlichkeit des ­Universums spüren. Harald Sohlberg ist berühmt für seine norwegischen Landschaften und die menschenleeren ­Straßenszenen aus Røros, wo er ab 1902 für einige Jahre lebte. Dabei ist er beileibe kein Heimatmaler. Er ist gereist, hat im Ausland studiert und war in die aktuellen Kunstströmungen seiner Zeit eng eingebunden. Sohlberg musste zunächst auf Wunsch seines Vaters eine Lehre als Dekorationsmaler ­absolvieren. Das Kulissenhafte, die auf einen Bildraum symmetrisch ausgerichteten Kompositionen, die so typisch im Werk Sohlbergs sind, mögen in dieser Ausbildung begründet sein. Erst danach durfte er eine künstlerische Ausbildung ­a nschließen, die ihn von Kristiania, dem heutigen Oslo, bis nach Kopenhagen und Weimar führte. 1895 erhielt er ein ­Stipendium für einen Parisaufenthalt und schon im Jahr zuvor hatte die norwegische Nationalgalerie erstmals ein Bild von ihm angekauft. Die Wiesbadener Ausstellung zeigt mit rund 70 Werken einen Überblick über das Gesamtwerk Harald Sohlbergs. Eine gute Gelegenheit, diesen Maler, der die norwegische Landschaft und das eigenartig intensive Licht des Nordens mit einem irritierenden Symbolismus verknüpft hat, endlich kennenzulernen. Die Ausstellung wird gefördert vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain.

1 2 . J u l i b i s 2 7. O k t o b e r 2 0 1 9 Mit tsommer nacht H a ra l d S o h l b e r g : E i n n o r w e g i s c h e r L a n d s c h a f t s m a l e r www. museum-wiesbaden. de

Harald Sohlberg, „Selbstbildnis“, 1896, Privatsammlung, Foto: Jacques Lathion

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KIM BEHM


196 Horst Haack – Kunsthalle Darmstadt

Chronographie Terrestre (Work in Progress) D i e A u s s t e l l u n g i s t Te i l d e s F e s t i v a l s „ D e n B o g e n s p a n n e n — 1 0 0 J a h r e D a r m s t ä d t e r S e z e s s i o n“ .

Horst Haack, „Chronologie Terrestre (Work in Progress)“, 1981–heute, Foto: Kunsthalle Darmstadt, Gregor Schuster, 2019


Der Zeichner, Maler und Chronist Horst Haack hat ein ­r aumfüllendes Kunstwerk geschaffen, das zum Thema Zeit seinesgleichen sucht. Und er ist noch nicht fertig damit. Es ­besteht ganz aus Papier, das hier seine wahre Geduld zeigen darf. 1981 begonnen, ist die Sammlung von Collagen auf etwa 6.000 Blätter auf 200 Tafeln angewachsen. Sein Opus ­m agnum hat der Künstler mit dem Titel „Chronographie ­Ter rest re ( Work in P rog ress)“, später auch weniger ­zungenbrecherisch „Kronografie 2000“, versehen. Als Stempelabdruck ist der Titel hier und da in den Collagen ­enthalten, wie um sein Existenzrecht zu beweisen. Das Titelwort ­„Chronographie“ (das es im Französischen nicht gibt, das aber doch jeder versteht), also Geschichtsschreibung, markiert wohl einen gewissen Anspruch, während „terrestre“ (irdisch) Bescheidenheit signalisiert. Beides zusammen erinnert nicht

von ungefähr an einen Titel, der sich für die berühmteste ­J enseitsreise der Weltliteratur eingebürgert hat. Dantes ­„ Komödie“ bekam ihr Attribut „göttlich“, weil ­Giovanni ­Boccaccio den Dichter – den Haack häufiger in s­ einen Arbeiten aufgreift – eben vergötterte. Der Klammer­zusatz „Work in Progress“ ist mehrdeutig zu verstehen: etwa so, dass es für Haacks Reise nur die letztgültige Grenze gibt oder dass das Unabgeschlossene auch und sogar dringlicher als das Abgeschlossene diesen Titel verdient. Haacks Ansatz ist ironisch, eher antihistoriografisch, nur bedingt autobiografisch. Obwohl sein begehbares „Tagebuch“ mit unzähligen zeitgeschichtlichen und persönlichen Daten angefüllt ist, legt er bezeichnenderweise keinen Wert auf eine chronologische Hängung. Dies mag damit zu tun ­haben, dass er die Tafeln, in denen anfangs jeweils 50 Blätter, ab 1985 30 Blätter zusammengefasst sind, so komponiert hat, dass sie für sich stehen können, wie Bilder, die sich aus ­k leineren zusammensetzen. Die 22 x 17 Zentimeter kleinen Collagen bestehen ihrerseits aus Bildern und Zeichen verschiedenen Ursprungs, etwa Abklatschen – inspiriert von Robert Rauschenberg –, Zeitungsschnipseln, Typogra­ fischem, Gezeichnetem und Gemaltem, die sich im Kopf des Betrachters zu detailreichen Szenen verbinden können. Der von Horst Haack handgeschriebene Text läuft hinter und über den Collagen ohne Punkt und Komma durch, wechselt ständig Sprachen und Bezugsrahmen, setzt sich wie beim Lesen eines Buches von Bild zu Bild fort, fängt erst mit der nächsten Tafel wieder neu an. Unvermittelt werden die Fäden abgerissen und wieder aufgenommen. Die Zitate kommen aus allen möglichen Formen von Literatur, den Medien sowie der ­eigenen Erinnerung. Dazwischen finden sich Selbstverfasstes, Wortspiele, Witze, Kommentare und Mitteilungen in lakonischer Sprache. Die Dissonanzen zwischen den Bausteinen sind ­mitunter extrem, was dem ästhetischen Effekt zugutekommt. So wird eine fast plaudernd vorgetragene Chronik der Attentate vom 11. September 2001 durch eine charakteristische Passage aus dem Kultbuch „Naked Lunch“ unterbrochen. Dessen Autor William S. Burroughs verstand es – vom Heroin losgekommen – Bewusstseinsströme in neue Literatur zu verwandeln. Womöglich macht genau dieses Vermögen Haacks Zitat hier wertvoll, denn in Erinnerung an das Datum sind für die meisten von uns nicht die Opfer geblieben, sondern der Filmriss, den man selbst und gleichzeitig mit der Weltöffentlichkeit erlebte. Vermutlich dürften Burroughs mit seiner Cut-up-Technik ebenso wie James Joyce mit seinen inneren Monologen Haack zu seiner speziellen Collagetechnik „ver­ leitet“ haben, wie der Künstler dem Verfasser dieser Zeilen schreibt, wozu er noch das Motto mitteilt: „Laughing Shall I Render Spoon and Brush.“ LEÓN KREMPEL

Bis 4 . August 2019 Horst Haack C h ro n o g ra p h i e Te r r e s t r e ( Wo r k i n P ro g r e s s) www. k unsthalle-dar mstadt. de

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form und reform

von der reformbewegung des kunstgewerbes zum wohnen mit ikonen

LA N D ES M USE

U M M A INZ

2019 15. September 020 bis 19. Januar 2

ONE MAN HOUSE THOMAS SCHÜTTE

Haus und Ausstellung | Eintritt frei Täglich geöffnet bis 22.09., 12 – 18 Uhr Information 07131 / 562295 www.museen-heilbronn.de

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bauhaus –

Gelebte Visionen für eine neue Welt 27. Sept. 2019 bis 5. Jan. 2020

Vonderau Museum Fulda


Nicola Carino, „Ritratto di Carlo“, 2014

Carlo Invernizzi and his Poetic World NKV Aschaffenburg A u s s t e l l u n g v o m 2 9 . S e p t e m b e r b i s 1 7. N o v e m b e r 2 0 1 9 , E rö f f n u n g : S a m s t a g , 2 8 . S e p t e m b e r 2 0 1 9

Der im Februar 2018 verstorbene Philosoph und Poet Carlo ­I nvernizzi (geb. 1932) gehörte seit den 50er Jahren zu den wichtigen Mitstreitern der zeitgenössischen italienischen ­L iteraturszene. Mit den 60er Jahren begann seine Aus­ einandersetzung mit der bildenden Kunst; im fruchtbaren Austausch mit international bedeutenden Künstlern ent­ standen philosophisch-naturwissenschaftliche Manifeste, wie das Konzept „Natura Naturans“ und in Kollaboration mit d ­ iesen Künstlerfreunden zahlreiche Publikationen und Künstlerbücher ( u.a. mit Rodolfo Aricò, Gianni Asbrubali, Francesco Candeloro, Nicola Carrino, Alan Charlton, Carlo C iussi, Dada ma ino, L esley Foxc rof t , Serg io M ila ni, François Morellet, Riccardo De Marchi, Pino Pinelli, Bruno Querci, Nelio Sonego, Niele Toroni, Grazia Varisco und ­M ichel Verjux). Die Ausstellung, kuratiert von Francesca Pola zusammen mit Elisabeth Claus, zeichnet die philosophische und künstlerische Entwicklung dieses einf lussreichen Poeten nach bis hin zu seinem Wirken in Morterone, einem abgelegenen, noch ursprünglichem Bergtal, wo er sein Konzept des Einklangs von Kunst und Natur verwirklichte. Davon geben in der Ausstellung Fotografien der dort installierten Kunstwerke Einblick. Neben Lyrik – in Deutsch und Italienisch – werden Künstlerbücher, Malerei einiger seiner Freunde, sowie zu­ sammen mit u.a. Bruno Querci, Nelio Sonego „vierhändig“ entstandene Unikate präsentiert. Diese waren auch schon

2012 im KunstLANDing zu sehen – Carlo Invernizzi kehrt also mit dieser Retrospektive nach Aschaffenburg zurück. Mit der Retrospektive „Carlo Invernizzi and his Poetic ­World“, die den in Italien so bekannten, hier in Deutschland bisher wenig beachteten Künstler-Poeten in den Mittelpunkt stellt, können wir eine Verbindung von Kunst und Literatur präsentieren. Wir danken seinem Sohn Epicarmo für diese Idee und hoffen, breites Interesse am Lebenswerk des 2018 verstorbenen Carlo Invernizzi zu wecken.

Francois Morellet (links), Michel Verjux (rechts), Morterone, Foto: Bruno Bani


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Jubiläum im Alten Pumpwerk M annheim - Neckarau

Brixy Passion Nach 15 Jahren will Brixy die Vergangenheit Revue passie- Diesen Dialog sucht Brixy seit 2004. Der kulturelle Geheimren lassen sowie das Bestehende und Erreichte feiern. Vom tipp in Mannheims Süden (inzwischen ein Pf lichttermin) 20. September bis 12. Oktober 2019 präsentiert er in seinem öffnet sich für viele Kunstliebhaber. Während des Aus­ Künstlerhaus eine Ausstellung mit dem programmatischen stellungsbetriebs wird das Atelier freigeräumt. Es nimmt Titel „Brixy Passion“. zusammen mit dem Präsentationsraum musealen Charakter Die meisten historischen Fabrik- und Wirtschafts­ an. In der lichtdurchfluteten Halle des Pumpenraumes und in architekturen kennen wir heute nur, weil die Kultur ihren den großzügigen Wohnräumen des ehemaligen Klärhauses Abriss verhindert hat. Galerien, Versteigerungshäuser, Künst- zeigt der Künstler Gemälde unterschiedlichen Formats. Er ler, Museen usw. sind eingezogen und haben den alten versteht es meisterhaft, seine Ideen sowohl in großen Dimenüberflüssigen Gebäuden eine neue Nutzung geschenkt. Eine sionen als auch auf kleinen Leinwänden intensiv zu gestalten. der interessantesten und persönlichsten Lösungen hat vor 15 Ergänzend zu den eigenen Bildern hat Brixy in lang­ Jahren der Künstler Dietmar Brixy geschaffen, der mit seinem jähriger Zusammenarbeit mit der Berliner Galerie Tammen & Partner David Richardson das Alte Pumpwerk in Mannheim-­ Partner auch anderen Kunstschaffenden seinen PräsentatiNeckarau erworben und neu gestaltet hat. onsort angeboten, zum Beispiel Herbert Mehler und anderen Damit erklärt der Künstler bereits sein Kunstwollen: renommierten internationalen Künstlern. Dieses Jahr arraneine Malerei, die sich zwischen Abstraktion und Gegenständ- giert er seine Bilder in genialem Dialog mit den gedrehten lichkeit bewegt, um neue Freiräume für dieses Medium zu Stahlplastiken von Thomas Röthel. Der Bildhauer ist stark erschließen. Vehemente Bilder mit dreidimensionalen Farb­ dem Handwerk verbunden, das ihm hilft, den schweren Block aufträgen, die mit den unterschiedlichsten Werkzeugen aus zusammengeschweißten Stahlplatten durch Erhitzung in einschließlich den eigenen Händen realisiert werden, verfüh- eine frei schwebende Leichtigkeit zu versetzen; Drehungen, ren den Betrachter in einen „Seh-Rausch“. Landschaften und die sich auch in den Bildern von Brixy wiederfinden. viele andere Motive lassen sich jedoch nur herauslesen, wenn Die Besucher erwartet eine ästhetische Welt, die in der Betrachter genau hinschaut, sich öffnet, das Werk sozu­ ­ihrem Zauber unmittelbar die Freiheit der Kunst verkörpert. sagen für sich selbst beendet, um eine Erweiterung seines Doch schon am 12. Oktober ist dies vorbei. Dann schließen eigenen Bewusstseins zu erfahren. sich wieder für ein Jahr die Pforten des Alten Pumpwerks in Brixy sucht den Kontakt mit dem Publikum, die Dis- Mannheim-Neckarau. Und Brixy findet sich abermals in kussionen, die zur Reflexion führen. „Dieses Teilhabenlassen „­ einer Zeit der Reinigung und des Inwendigwerdens“. der Menschen draußen an meiner Kunstwelt hier drinnen ­beflügelt mich.“ Und: „Meine Bildwelten sollen in ihrer Les- D I E T E R R O N T E barkeit für den Betrachter offen bleiben.“ Brixy arbeitet als Künstler nicht mit dem pädagogischen Zeigefinger, sondern 20. September bis 1 2 . Ok tober 2019 erschafft eine Malerei voll heftigem Aufforderungscharakter. B r i x y Pa ssion A l t e s P u m p w e r k M a n n h e i m - N e c k a ra u www. br i x y. de


Dietmar Brixy, „Horizon“, 2018, Öl auf Nessel, 210 x 160 cm, Foto: Peter Schlör linke Seite: Dietmar Brixy, Foto: Christian Dammert

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — A U S S T E L L U N G

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Die international renommier te Fotokünstlerin Katharina Sieverding zeigt Arbeiten in historischem Ambiente.

Am falschen Ort II

Katharina Sieverding, Ausstellungsansicht „Am falschen Ort II“, Schloss Dachau, © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Was für eine gelungene Symbiose zwischen moderner Kunst und historischem Ort: Die international renommierte ­Künstlerin Katharina Sieverding präsentiert im Dachauer Schloss zentrale Werkgruppen aus ihrem umfangreichen Œuvre. In der neuen Ausstellung „Am falschen Ort II“ in der Reihe „Kunst und Bank“ werden großformatige Fotoarbeiten, darunter auch neue, speziell für Dachau geschaffene Werke, sowie eine atemberaubende Medieninstallation mit glühenden Sonnen gezeigt.

Die Beuys-Schülerin und Pionierin der Großfotografie ­inszeniert ihre Motive mit einer packenden Unmittelbarkeit, ihre Figuren agieren vor einer farbig gestalteten Kulisse wie auf ­einer Bühne. Zudem treten Katharina Sieverdings Werke mit der aristokratischen Umgebung der ehemaligen Wittels­ bacher Sommerresidenz in einen spannenden und gleichzeitig kontroversen Dialog.


Im Obergeschoss zeigt sie ein weiteres Schlüsselwerk: den Porträtblock III /196 1–28 A/B aus ihrem Werkzyklus „Die Sonne um Mitternacht schauen“. Ein goldbestäubtes Antlitz – ihr eigenes Porträt –, das wie eine entrückte Maske strahlt und im Licht eine ganz besondere Magie entfaltet. Der Blick in den großen Saal offenbart den ganzen Kosmos der in Düsseldorf und Berlin lebenden Künstlerin: Eine fast 30 Meter lange skulpturale Rauminstallation zeigt im aristokratischen Ambiente des Renaissancesaals weitere der insgesamt 25 Arbeiten, darunter auch die neuen Fotomontagen mit ihrer bewussten Auseinandersetzung mit Dachau. Denn obwohl sich hier eine der bedeutendsten europäischen Künstlerkolonien ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1920er-Jahre befand, es Maler wie Carl Spitzweg, Max ­L iebermann, Lovis Corinth, Emil Nolde und Franz Marc nach Dachau zog, mithin Kunst und Kultur blühten, verbindet man den Namen Dachau bis heute vor allem mit dem größten Menschheitsverbrechen der Geschichte. Sieverding war es wichtig, dazu zwei aktuelle State­ ments zu konstruieren, die die Bedeutung ebendieser Zeit erfassen: „O. T./DACHAU I“, 2019, überlagert die symbolträchtige Glaskuppel über dem Berliner Reichstagsgebäude mit einem historischen Luftbild des KZ Dachau. Mit einem ähnlichen Titel zeigt „O. T./DACHAU II“, 2019, den Blick auf das KZ Sachsenhausen. Die darübergelegte Reichstagskuppel wird bei beiden zur zoomenden Linse und zeigt, dass sich hinter einer schönen Anmutung das Grauen verbergen kann. „Gehüllt in eine atemberaubende Ästhetik konfrontieren uns die Arbeiten mit der Überlegung, mit welcher Tiefe uns die Ereignisse berühren, wie wir sie aus der zeitlichen Distanz ­beurteilen, ob wir daraus lernen oder ob sich die Geschichte wiederholt“, schreibt dazu die Kuratorin Bärbel Schäfer im Katalog zur Ausstellung.

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BARBAR A BRUBACHER

Bis 15 . September 2019 K a t h a r i n a S i e v e rd i n g – „ A m f a l s c h e n O r t I I “ w w w . v r- d a c h a u . d e

Die aus 200.000 Satellitenaufnahmen der NASA animierte Projektion „Die Sonne um Mitternacht schauen SDO/NASA“ (Red/Blue), 2010 –2015, fasziniert gleich im Entree des Renaissanceschlosses und verwandelt das Foyer in einen ­kosmischen Kunstraum: Zwei Sonnen mit f limmernden Eruptionen – eine in Rot, die andere in Blau – hüllen den ­Betrachter mit universaler Kraft ein, er wird zum Bestandteil der unbändigen thermonuklear gespeisten Energie. Gleichzeitig wird ihm seine Winzigkeit bewusst.

Die Reihe „Kunst und Bank“ der Volksbank Raiffeisenbank Dachau in Kooperation mit der Stadt Dachau, dem Landkreis Dachau sowie der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen wurde 2010 zur Förderung der zeitgenössischen Kunst in Dachau und im Landkreis ins L ­ eben gerufen. Mit Ausstellungen künstlerischer Persönlichkeiten will die Reihe eine ­verantwortungsvolle Brücke zu den unterschiedlichen historischen Gegebenheiten der Stadt Dachau und zu Themen, die ganz Deutschland betreffen, schlagen. Ein großer Schritt zu international bedeutenden Künstlern gelang mit der Georg-Baselitz-Ausstellung 2016. Sie war das erste gemeinsame Projekt mit der Stadt Dachau, dem Landkreis Dachau und der Bayerischen Schlösserverwaltung als Kooperationspartner und erwies sich als erfolgreiche Public-private-Partnership.

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — A U S S T E L L U N G

K U NST U N D BA N K


Me..itJ +v-Wlcisc."1e..s Muse.,;1-1.

»Sieben Kisten mit jüdischem Material« Von Raub und Wiederentdeckung 1938 bis heute

Kulturgeschichte in Würzourg


Joan Miró, „Escultor Japan“, 1974, Farblithografie © Successió Miró, VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Münchner Künstlerhaus am Lenbachplatz Joan Miro – „Charme und Poesie der Farben“ SCHIRMHERR: DR. MICHAEL KERKLOH, VO RS I T Z E N D E R D E R G ES C H Ä F T S FÜ H R U N G, FLUGHAFEN MÜNCHEN GMBH

Der katalanische Maler, Grafiker, Keramiker und Bildhauer Joan Miró (1893 – 1983) zählt zu den bekanntesten Vertretern des Surrealismus. Seine in den 1940er und 1950er Jahren entstandenen Werke, die sich durch eine heitere und skurrile Kunstsprache auszeichnen, begründeten seinen Weltruhm. Die Ausstellung „Charme und Poesie der Farben“ im Münchner Künstlerhaus präsentiert 90 handsignierte Einzelblätter aus den Farblithografie-Serien Mirós, vornehmlich Illustrationen zu Gedichten, sowie 15 historische Plakate. Zu Beginn seiner künstlerischen Arbeit wurde Joan Miró von den vielen Strömungen seiner Zeit inspiriert. Im kosmopolitischen Paris, das zu einer der wichtigsten ­S tationen seines Lebens wurde, traf der junge Maler auf dadaistische Dichter und surrealistische Künstlerkollegen. Dichtung und bildende Kunst waren für viele seiner Zeit­g enossen untrennbar miteinander verbunden, angeregte literarische Diskussionen prägten die Künstlertreffen und ­b ekräftigten Miró in seiner ernsthaften und kom­pro­ miss­losen Suche, die Konventionen der Malerei und Poesie aufzubrechen und der Poesie einen visuellen Ausdruck zu verleihen. „Die Dichter, denen mich Masson vorstellte, haben mich mehr interessiert als die Maler, die ich in Paris traf “ ­bemerkte er und bezeichnete konsequenterweise seine Arbeit nicht mehr als Malerei, sondern als „peinture-poemes“ („Bild-Gedichte“). Er reduzierte radikal seine Bild- und Formsprache und erforschte das große Spektrum an künst­ lerischen Möglichkeiten, wie Zeichnung, Lithografie, Radierung und Skulpturen. Insbesondere die diversen

druckgrafischen Techniken erkannte Joan Miró auch als probate Mittel, seine Kunst für die breite Masse erfahrbar und bezahlbar zu machen. In den späten 1940er-Jahren begann er in der Druckwerkstätte von Fernand Mourlot in Paris zu arbeiten, die auch von Pablo Picasso, George Braque und Henri Matisse genutzt wurde. Die daraus – überwiegend von der Mitte der 1950er-­ Jahre bis zum Tod des Künstlers – entstandenen ­Werke brachten ihm besondere Anerkennung. Der Steindruck ­erlangte einen großen Stellenwert im Werk des Künstlers und wurde zu s­ einer bevorzugten Technik. In der Lithografie fand Miró eine Kunstform, die für ihn Spontanität, Intuition und Ausdrucks­k raft vereinte. Miró bearbeitete die Steinplatten mit Bürsten und Pinseln und sogar mit bloßen Fingern, er ließ sich von der Atmosphäre der Druckerei und vom Geruch der Drucker­f arben inspirieren und spielte mit überraschenden und unvorhersehbaren Effekten. Aus dieser zweiten Lebenshälfte stammen die meisten der im Münchner Künstlerhaus gezeigten Werke. Die ­D ichtkunst seiner Freunde Paul Éluard, Tristan Tzara, René Char, André Frénaud, Michel Leiris und Raymond Queneau finden hier ebenso ihren Niederschlag wie Poesie aus Mirós eigener Feder. In seiner nahezu beispiellosen Karriere sicherte sich Joan Miró einen Platz in der Reihe der großen Genies der ­modernen Kunst. In seinen ganz und gar unverwechselbaren Werken verknüpfte er Malerei und Poesie und brachte uns mit seiner heiteren Bildwelt bei, die Dinge mit ganz anderen ­Augen zu sehen. QUELLE: JULIA SCHUSTER, KUNSTHISTORIKERIN

2 4 . Juli bis 8. September 2019 J o a n M i ro – „ C h a r m e u n d P o e s i e d e r F a r b e n“ m i ro - m u c . d e


Foto: © Atelier Türke

Die Kunstausstellung „Revolte! Creative Urban Art“ in Balingen – Ein Aufruf, Kreativität zu fördern und neue Wege zu gehen Ein außergewöhnliches Kunsthighlight bereichert diesen Sommer die Region: „Revolte! Creative Urban Art“ ist eine Graffiti- und Street-Art-Ausstellung, die vom 8. Juni bis 8. September 2019 in einer wiederentdeckten Perle der Indus­ trie­a rchitektur stattfindet. Im Mittelpunkt der Schau stehen WON ABC und Cowboy 69, zwei Sprayerlegenden aus München, die zu den ersten Graffitisprayern in Deutschland gehören. Gemeinsam haben die beiden in den 1980er-Jahren Graffiti in Deutschland und Europa bekannt gemacht. Initiator der Ausstellung ist Frank Türke, den die ­u nterschiedlichen Lebensgeschichten der beiden Künstler nachhaltig bewegt haben: WON ABC wurde vom Elternhaus gefördert und lebt heute von seiner Graffitikunst. Cowboy 69 bezog Prügel, wenn er vom Sprayen nach Hause kam und ­landete schlussendlich auf der schiefen Bahn. „Was würden wir wohl heute über Cowboy 69 berichten, wenn sein groß­ artiges Talent und seine Kreativität von Anfang an gefördert worden wären?“ Der Geschäftsführer des Veranstalters, der Atelier Türke Firmengruppe, will mit der Ausstellung ein ­Zeichen setzen: „Es ist wichtig und richtig, dass wir Kreativität f­ ördern!“, so Türke. Denn, so ist der Ausstellungsmacher überzeugt, nur durch neue Denkansätze und Perspektivwechsel entstehen Innovationen und letztendlich auch Wachstum. Im Zeitalter von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz braucht es mehr denn je kreative Köpfe, die ­P ro­bleme verstehen und kraft ihrer Denkweisen fernab von Algorithmen in der Lage sind, neue Perspektiven zu ent­ wickeln. Da die kunstvollen Graffitis allen zugänglich sind, wird eine breite Öffentlichkeit erreicht und wachgerüttelt. Graffiti hat gezeigt, Widerstand ist möglich. Kreativität kann Steine ins Rollen bringen.

„Revolte!“ als Name der Ausstellung bezieht sich zum einen auf die ausgestellten Kunstwerke und ihre Ursprünge, zum anderen aber will Frank Türke auch ermutigen: „Macht nicht immer, was man euch sagt. Verlasst alte Pfade, lebt eure ­K reativität voll aus, denn sie verändert, und aus ihr heraus entstehen neue Wege.“ Graffitiarbeiten von WON ABC und Cowboy 69 sowie anderer großartiger Sprayer wie DARCO FBI und OZ werden zusammen mit Werken verwandter Kunstrichtungen zu sehen sein. Die Ausstellung ist ein ­E rlebnis für Liebhaber von Architektur, Kunst und Design: Die Artworks werden im Glaspavillon inmitten des beein­ druckenden Industriebaus Schwelhalle ausgestellt. Um den Kubus herum befinden sich weitere Exponate, die Einblicke in die Kunst des Graffiti geben – europaweit. Auch wird Raum zur Verfüg ung stehen, um selbst kreativ zu werden. ­Graffiti-Workshops, Führungen sowie kleine und große Veranstaltungen während der gesamten Ausstellungsdauer lassen „Revolte! Creative Urban Art“ zu einem lebendigen Kunsterlebnis werden. Vor dem Gebäude kann man den ­A ufenthalt im „Revolte!“-Urban-Garden genießen und ­k reative Energie tanken. Infos zur Ausstellung gibt es unter www.revolte.art. 8. Juni bis 8. September 2019 R e volte! Creat ive Urban Ar t G ra f f i t i - u n d S t r e e t- A r t- A u s s t e l l u n g Schwelhalle O h n ra s t ra ß e 1 3 , 7 2 3 3 6 B a l i n g e n


28.06.19 - 18.08.19 Jan Henryk Köppen (Berlin) Dietrich Klinge (Dinkelsbühl)

Bahnhofstraße 41, D-89231 Neu-Ulm www.galerie-im-venet-haus.de


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Kremer’s Farbenwelt 3

Die starken Farben Im Farbk re i s g ibt es die starke n Farbe n auße n auf de m R and und die weniger leuchtenden in der Fläche. R eine, starke Farbpig mente ­d e f i n i e r e n d i e p ­ ra k t i s c h m a x i m a l e r r e i c h b a r e n F a r b w e r t e d e s F a r b ra u m s .

A N O RG A N I S C H E P I G M E N T E

Die Eisenfarben Verschiedene Metalle haben für die Enthüllung von Farbe eine besonders geeignete Anordnung von Elektronen. ­Hierzu g­ ehören insbesondere die Metalle Eisen, Mangan, Nickel, Chrom, Kobalt, Quecksilber, Cadmium und Arsen. Die Verbindungen des Eisens können viele Farben zeigen: Grün: Alle grünen Erden enthalten zweiwertiges Eisen. Gelb: Hydratisiertes Eisen(III)oxid, gelber Ocker, Terra di Siena natur Rot: Eisen(III)oxid, Hämatit, gebrannter Ocker und Terra di Siena gebrannt Violett: Manganviolett, ein Manganphosphat, ist ein leuchtend violettes lichtechtes Pigment. Das Eisenviolett Vivianit ist eines der wenigen ­natürlichen blauen Pigmente. Schwarz: Das Mischoxid von Fe(II) und Fe(III), Magnetit, synthetisiert seit dem 20. Jahrhundert als Eisenoxidschwarz Blau: Berliner Blau, erstmals 1704 von Diesbach ebenda aus Blutlaugensalz und Eisensulfat hergestellt. In diesem Eisenblau liegen Fe(II) und Fe(III) zusammen vor. Die blaue Farbe entsteht durch den Ortswechsel eines Elektrons von Fe(II) zu Fe(III). Das natürliche Berliner Blau heißt Aerinit.

Die Chromfarben Schon bei der Entdeckung des Elementes Chrom durch ­Louis-Nicolas Vauquelin 1797 aus Krokoit fiel die Vielfarbigkeit seiner Salze auf, sodass das griechische Wort Chroma (Farbe) als Name für das neu entdeckte Metall gewählt wurde. Alle Chromatpigmente sind in Wasser etwas löslich und ­dadurch giftig. In der Europäischen Union sind Chromat­ pigmente seit dem Jahr 2015 verboten. Gelb: Die Verbindungen von Chrom(VI) mit Blei, Zink, Strontium, Barium ergeben die gelben Chromatpigmente. Orange/Rot: Das in der Natur vorkommende Bleichromat, Crocoit oder Rotbleierz, wurde nach seiner Entdeckung 1766 schon als Pigment verwendet, bevor das Element Chrom entdeckt war. Wird ein Teil des Chroms durch Molybdän ersetzt, entstehen die ziemlich stabilen Mineralfeuerrot-Pigmente. Grün: Aus Mischungen der gelben Chromatpigmente mit Berliner Blau entstanden die weitverbreiteten Pigmente Chromgrün und Zinkgrün. Das Chrom(III)oxid heißt Chromoxidgrün stumpf. Es ist ungiftig und das meistverbreitete Grünpigment. Es eignet sich für alle Anwendungen in Künstlerfarben, zum Einfärben von Zement und für alle anderen technischen Anwendungen. Eine natürliche Erde mit etwa dieser Zusammensetzung ist Wolkonskoit. Das Chromoxidhydratgrün (Chromoxidgrün feurig) ist sehr viel brillanter. Herstellungsbedingt enthält es etwas Bor. Früher war Chromoxidhydratgrün als Kosmetikpigment zugelassen, heute ist die Abgabe wegen des Borgehalts nur noch eingeschränkt möglich.

Vivianit (#10400) – Grüne Erde russisch (#11111) – Jarosit (#11520) – Goldocker italienisch (#40220) – Venezianisch Rot (#40510) – ­M anganviolett (#45350) – Caput Mortuum (#48700) – Miloriblau (#45202) – Magnetit (#48800)

Zinkgelb – Chromgelb – Mineralfeuerrot – Chromgrün – Wolkonskoit (#11120) – Chromoxidgrün (#44200) – Chromoxidhydratgrün (#44250)


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Kobaltgelb (#43500) – Kobaltgrün (#44101) – Co-Türkis hell (#45750) – Co-Blau grünlich (#45760) – Co-Blau mittel (#45710) – Co-Violett hell (#45810)

Die Sulfidfarben Mehrere Schwermetalle bilden mit Schwefel außerordentlich stabile Verbindungen. Cadmiumfarben sind ein Sonderfall der Schwermetall­ sulfide. Je nach Herstellungsbedingungen kann man Cadmiumsulfide von Zitronengelb bis Hellorange herstellen. Fällt man nicht nur mit Schwefel, sondern auch mit Selen oder setzt etwas Quecksilber zu, erhält man Orange und leuchtend rote Cadmiumpigmente. Gelb: Auripigment, As2S3 oder As2S5, ist das klassische gelbe Pigment für Tempera und Wandmalerei: Kein anderes historisches Pigment hat die Beständigkeit und Leuchtkraft von Auripigment, besonders leuchtend verwendet von dem Maler Perugino im 16. Jahrhundert in Umbrien. Orange: Realgar, As4S4, bildet rote Kristalle, das Pulver ist orange. Alle Arsenverbindungen sind giftig. Rot: Zinnober, das rote Quecksilbersulfid, ist das älteste lichtechte Rotpigment. Die Alchemisten konnten aus ­Zinnober Quecksilber und Schwefel herstellen und daraus wieder Zinnober. Dieser Kreisprozess ist der Inbegriff eines alchemistischen Prozesses. Zinnober ist ungiftig, da es sich im Magen nicht auf löst. Beim Verbrennen werden alle Schwermetallsulfide giftig. Blau: Befindet sich das Sulfidion S2- in einem kleinen Käfig aus Silikaten, dann kann das sehr stabile Lapislazuli ent­ stehen. Gegenüber Licht sehr stabil, zerstören Säuren das Pigment schnell. Seit über 10.000 Jahren wird Lapislazuli als Schmuckstein verwendet, aber erst seit etwa der Mitte des 8. Jahrhunderts im frühen mohammedanischen Kairo als Pigment. Im Mittelalter galt das blaue Lapislazuli als die teuerste Farbe. Die Synthese wurde um 1826 entdeckt. ­Seitdem ist das Ultramarinblau genannte Pigment preiswert. Schwarz: Folgende Sulfide ergeben schwarze Pigmente: Eisensulfid sowie die goldglänzenden Kristalle von Pyrit oder Markasit ergeben ein graues Pigment, welches in der Sonne einen leichten Goldglanz zeigt. Bleiglanz, dunkelgrau: Das Bleisulfid ist sehr schwer und giftig. Antimonit, Stibnit, Grauspießglanz: Die silberglänzenden Kristalle ergeben ein Grau, das ursprünglich Kohl genannte Kosmetikpigment der Ägypter, Sb2S3. Auch von Zinnober gibt es ein schwarzes Quecksilbersulfid, Quecksilbermohr genannt. Gelb: Goldschwefel, Antimon(V)sulfid, Sb2S5

Auripigment (#10700) – Goldschwefel (#43600) – Zinnober (#42000) – Ultramarinblau dunkel (#45000) – Grauspießglanz (#10940)

A R T M A P P   S O M M E R 2 019

Die Kobaltfarben Blau: Das schon im antiken Zweistromland erzeugte blaue Glas, Smalte genannt, ist eine Verbindung von farblosem Glas mit etwas Kobalt. Bereits ein Atom Kobalt in 50.000 Teilen Glas führt zu einer sichtbaren bläulichen Verfärbung. Von Smalte kann man leicht über hundert verschiedene Farbtöne erzeugen. Das Mischoxid von Kobalt mit Aluminium ist das Kobaltblau. Ersetzt man in der Kristallstruktur des C ­ o-Al-Oxides einige Atome durch Zinn, erhält man das Kobaltcoelinblau. Die Zugabe von Chrom führt zu Kobaltblau grünlich. Grün: Wird das Kobaltblau mit Nickel oder Zink versetzt, können leuchtend grüne Pigmente entstehen. Türkis: Wird das Kobaltblau mit Zink und Lithium hergestellt, entsteht ein leuchtendes Türkis. Violett: Verbindungen des Cobalts mit komplexen Säuren wie Phosphat oder Arsenat führen zu leuchtendem Violett. In der Natur kommt die Kobaltblüte, Erythrin, als hellrot-­ violettes Mineral vor, dieses wurde schon früher als Kobaltviolett hell in der Malerei verwendet. Heute ist das Kobaltviolett ein Kobaltphosphat. Gelb: Die Verbindung von Kaliumnitrat mit wasserlöslichen Kobaltsalzen ergibt eine schwer lösliche gelbe Kobalt­ verbindung, das Kobaltgelb. Offiziell erst 1848 erfunden, diente es wohl schon lange davor als Reinigungsmethode zur ­Herstellung von besonders farbreinem Blau in der ­Porzellanbemalung von Sèvres-Porzellan.


210 H I S T O R I S C H E O RG A N I S C H E P I G M E N T E

Mischmetalloxide Gelb: Nickeltitangelb, Titanorange, Praseodymgelb, Spinelle und andere Mischmetallkristalle der Metalle Ni, Ti, Pr, Cr, Su, Zn, Zr, V Orange: Mit Titan, Antimon und Chrom und Sauerstoff oder Silizium erhält man ein sehr stabiles Spinellorange. Rot: Nelkenfarbe ist das erste lichtechte Pigment für Wasserfarben zum Malen von Rosen oder Nelken, chromdotiertes Zinnoxid, seit etwa 1700. Blau: Zirkonblau ist ein Zirkon-Vanadium-Silikat, seit etwa 1990. Schwarz: Verschiedene Mischoxide aus Kupfer, Eisen, ­Mangan, Chrom, Nickel; Spinellschwarz ist infrarotaktiv.

Nickeltitangelb (#43200) – Praseodymgelb (#43300) – Titanorange (#43230) – Nelkenfarbe (#10150) – Zirkonblau (#45400) – Spinellschwarz (#47400)

Die Kupferfarben Sehr viele Kupferverbindungen sind farbig. Wichtige, in Wasser unlösliche Kupferpigmente sind die Carbonate. Grün: Malachit ist das älteste aller farbintensiven Grünpigmente. Es gibt mehrere grüne Kupferverbindungen, darunter Atakamit, Chrysokoll, Dioptas, Antlerit und Türkis. Vermutlich kommt der Name Malachit aus dem vorderasia­ tischen Raum und der akkadischen Sprache, er bedeutet „Stein des Herren“. In den Bergen bei Medina waren die ­Malachit-Kupfergruben zur Zeit Mohammeds sehr wichtig, bis heute ist die Farbe des Propheten Grün. Blau: Das erste blaue Pigment für Künstler war Azurit, ein Kupfercarbonat. Die Decke des Grabmals der Nofretete am Eingang zum Tal der Könige ist mit Azurit ausgemalt. Bis zur Zeit Albrecht Dürers galt Azurit als das „deutsche“ Blau im Gegensatz zum teureren Lapislazuli aus Italien.

Die meisten historischen Pigmente werden aus natürlichen Mineralien gewonnen. Pigmente wie Goldocker, Terra di Siena und Umbra kommen in großen Mengen in der Natur vor. Für wasserverdünnbare Bindemittel kann sogar weit­ gehend auf moderne Weißpigmente wie Titanweiß oder Zinkweiß verzichtet werden – dank Kremerweiß, Kreiden und Schwerspat. Krapplack: Die Verwendung von Krappextrakt als Farbe ist schon im mittleren Reich in Ägypten dokumentiert, kurze Zeit darauf wurde der Farbstoff mit Alaun ausgefällt und als Krapplack verwendet, wegen seiner nur „guten“ Lichtechtheit hat er heute nur noch geringe Bedeutung. Indigo: In allen Hochkulturen wird Indigo als Farbstoff für Textilien und als Pigment verwendet, in Europa gewonnen aus Waid, in Südasien/Indien aus Indigofera tinctoria, in Japan aus dem Färberknöterich. Indigo ist zusammen mit Purpur das lichtechteste natürliche organische Pigment. Purpur: Aus Drüsen der Purpurschnecke gewonnen. Bis heute der teuerste Farbstoff der Welt. Wird, wie schon bei Plinius beschrieben, für die Verwendung als Malerpigment mit einem Steinmehl als Purpurissum hergestellt. Carmin: Früher aus den Läusen auf Kermes- oder ­Steineichen gewonnen, heute aus den Läusen auf Feigen­ kakteen hergestellt. Gelbe und grüne historische organische Pigmente sind nicht lichtecht und haben keine Bedeutung mehr. Es gab Schüttgelb, Apfelrindengelb, Osagegelb und viele andere. Schwarz: Eine Modifikation des Kohlenstoffs ist schwarz, dadurch können bei der unvollständigen Verbrennung von Kohlenstoffverbindungen schwarze Reste entstehen, wie zum Beispiel Rebschwarz, Beinschwarz und Flammruß. Als Mineralien kommen schwarze Pigmente aus Kohle, zum Beispiel Shungit und Kasselerbraun, vor.

Carmin (#42100) – Krapplack (#37202) – Indigo (#36000) – Shungit (#12040)

Malachit (#10346) – Azurit (#10208)


211 MODE R N E SY N T HE T ISCHE O RG A N I S C H E P I G M E N T E

Alle organischen Pigmente sind ziemlich lasierend. Mit einer kleinen Menge von circa 2 bis 5 % deckendem Titanweiß wird in den technischen Anwendungen eine meist ausreichende Deckkraft bei nur unwesentlicher Aufhellung erreicht. Viele organische Pigmente sind den organischen Farbstoffen sehr ähnlich und haben unzureichende Echtheiten. Manchmal wandern die Pigmentteilchen in der Farbschicht, was zu Ent- und Verfärbung führen kann. Während die meisten der industriell hergestellten Pigmente nur eine geringe Lichtechtheit besitzen, gibt es für Autolacke und Künstler­ farben eine spezielle Gruppe höchst lichtechter Pigmente. Phthalocyanine Entdeckt um 1928 enthalten die großen makrocyclischen Pigmente meist Kupfer als Kern des Pigments. Je nach spezieller Ausführung werden hell- bis dunkelgrüne und eine Vielzahl von blauen, höchst lichtechten Pigmenttypen hergestellt. Grün: Phthalocyaningrün gelbstichig und blaustichig Blau: Phthalocyaninblau rötlich und grünlich

B E N Z I M I DA Z O L O N - P I G M E N T E

Diese Pigmentgruppe erlaubt die Herstellung von gelben, orangen bis roten Pigmenten mit hohen und höchsten Lichtechtheiten. PY 151, PY 154, PY 175, PO 36, 60, 62, PR 171, 175, 185, 208

Permanentgelb (#23300) – Permanentgelb mittel (#23310) – Pyranthronorange (#23570) – Mahagonibraun (#23495)

C H I N AC R I D O N - U N D D I OX A Z I N - P I G M E N T E

Zwar wurden die ersten Versuche für Chinacridone schon um 1898 gemacht, aber auf dem Markt waren die ersten ­Chinacridone erst um 1958 erhältlich. Diese stickstoff­ haltigen aromatischen Ringe erlauben die Herstellung von gold-orangen, roten bis rotvioletten höchst lichtechten Pigmenten. Das chlorfreie Dioxazinviolett PV 37 ist ungiftig.

Phthalo blaustichig dunkel (#23000) – Phthaloblau grünlich (#23080) – Phthaloblau rötlich (#23070)

M E TA L L KO M P L E X- P I G M E N T E

Gelb bis Gelbgrün: Die meist Nickel enthaltenden Azo­ komplexe sind grünlich-gelb bis orange. Diese Pigmente sind außerordentlich lichtecht und transparent. In Mischungen mit grünlichem Blau ergeben sie ganz ungewöhnlich reine grüne Farbtöne.

Chinacridon gold-rotgold (#23585) – Chinacridon rosa (#23402) – Chinacridon violett (#23710) – Chinacridon rot (#23720) – Chinacridon kastanienbraun (#23480) – Dioxazinviolett (#23451)

k r e m e r- p i g m e n t e . c o m

FORT SE T ZU NG FOLGT I N DE R N ÄC H S T E N A R T M A P P -AU S G A B E ,

Indischgelb (#23350) – Gelb grünstichig (#23330) – Mischung Heliogenblau grünlich mit Gelb grünstichig

A R T M A P P   S O M M E R 2 019

N OV E M B E R 2 0 19 .


THE VIEW 2019 22. Juni bis 29. September 2019 Ausstellung am Bodensee in Salenstein (CH)

Brigitte Kowanz, „Vergessen“, © Studio Brigitte Kowanz, Bildrecht Wien 2019

Mit Werken von Augustin Till Becker Sabine Besuden Eckhard Bircheneder Stefan Diehl Teresa Dörflinger Johannes Eichenberger Markus Endemann Heike Graf Markus Kochs Christofer

Kowanz Brigitte Kuball Mischa Larson Chris Lauinger Martina Lauterjung Michael Leitner Bernhard Lorenz Lisa Maass Dierk Mazenauer Gabriel Mignonneau & Sommerer

Netzhammer Yves Peschke Marc Petrovsky Boris Schlotter Werner Schülke Björn Scopin Albert Späth Waltraud Walde Martin


Stefan Bircheneder, „Stillleben 1“, 2019, Malerei

THE VIEW CONTEMPORARY ART SPACE Fruthwilerstrasse 14 CH-8268 Salenstein T +41 (0) 71 669 19 93 info@the-view-ch.com www.the-view-ch.com


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Amrei on Tour A m r e i H e y n e i s t K u n s t b e ra t e r i n ( S t u t t g a r t / M ü n c h e n) und ber ichtet sehr persönlich vom Suchen und Finden der Kunst.

H a n d a u fʼs H e r z : S e h e n o d e r l e s e n S i e

b e r a t e r i n n e n , To u r i s t e n … d r a s t i s c h k l a r e

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S p i n n e r, A t t e n t ä t e r, Ko m m u n i ka t i o n s ­

Ra p h a e l a Vo g e l: „ A Wo m a nʼs S p o r t s Fotos: © Amrei Heyne

C a r “ – e i n e Pe r f o r m a n c e - C o l l a g e i n Ka p s e l 0 9 – w u n d e r b a r ! D a s B e r l i n e r G a l l e r y -We e ke n d 2019 z w i n g t N i c h t b e r l i n e r- Ku n s t h u n g r i g e z u r s e l b s t k u r a t o r i s c h e n Ko n z e n t r a t i o n . L o g i s t i s c h e F e h l e i n s c h ä t z u n g e n i m Tr u b e l v e r h i n d e r n „ M a i n s t r e a m“- S h ow s , allesamt gut nachzulesen in wirklich allen Blät tern und unbedingt er wähnenswer t: Andreas Mühe im Hamburger Bahnhof (b i s 11. A u g u s t) – „ M i s c h p o c h e“ – ­F a m i l i e e i n m a l a n d e r s ! – „ M a n t e g n a u n d B e l l i n i “ G e m ä l d e g a l e r i e (b i s 3 0 . J u n i). „ D o n kô ké n é Zw e i – A G e r m a n S u b t i t l e“ g i b t i n e i n e m S c h ö n e b e r g e r Ke l l e r b u n ke r u n d d a vo r A u s k u n f t , w a s g e r a d e i n Christoph Schlingensiefs Operndorf in Burkina Faso so abgeht. Stipendiaten ( K l a s s e T h o m a s Z i p p) i n I n t e r a k t i o n m i t d e n M u s i k s t u d e n t e n Ra p h a e l D e m b é l é und Zonatan Dembele. Fr a n z E r h a r d Wa l t h e r m i t M i c h a e l C l e g g & M a r t i n G u t t m a n n b e i KOW i n d e r L i n d e n s t r a ß e 35 (b i s 27. J u l i) – a b s o l u t e m p f e h l e n s w e r t ! B e i K l a u s G e r r i t Fr i e s e m i t K i c ke n B e r l i n s c h i e n d i e S o n n e i n „ L i f e , L i b e r t y, a n d t h e P u r s u i t o f H a p p i n e s s“ m i t W i l l i a m N . C o p l e y, Ro b e r t Fr a n k , S a u l L e i t e r, S a u l S t e i n b e r g ! „Bauhaus forever!“ bei Grisebach! C l e m e n s K r a u s sʼ „10 0 C u t s“ b e i C r o n e i n

El Anatsui @ Haus der Kunst


215 der Fasanenstraße berühren zutiefst! „Va r i e t y “ – v i e r Ta g e f e i e r t e n d i e M ü n c h n e r Vo g e l A R T m i t K n u s t x Ku n z a u f d e r Po t s d a m e r S t r a ß e i h r e Ku n s t p a r t y u n d m i t n e u e n w i e a l t e n Fr e u n d e n i h r e wunderbaren Editionen! „ B O DY C H E C K“ – M a r i a L a s s n i g u n d M a r t i n K i p p e n b e r g e r i m Ku n s t b a u d e s L e n b a c h h a u s e s ! D a s i s t e i n D i a l o g vo m F e i n s t e n ! D i e s e Ä h n l i c h ke i t v e r b l ü f f t , o b wo h l s i c h b e i d e n i e t r a f e n … k u r a t i e r t vo n Ve i t L o e r s (b i s 15. S e p t e m b e r). Go! See! In dieser Ausstellung wurde im Juni der M a r i a - L a s s n i g - P r e i s 2019 a n S h e e l a G ow d a v e r l i e h e n . E i n e P r e i s v e r l e i h u n g der besonderen Ar t mit Ute Meta Bauer als Laudatorin und mit Hans Ulrich Obrist a l s I n t e r v i e w e r, d e r i m Kü n s t l e r g e s p r ä c h Martin Kippenberger @ Lenbachhaus

(b e i n a h e k ) e i n E n d e f a n d ! G r o ß e s K i n o ! I m g r o ßz ü g i g e n M a i l ä n d e r P i r e l l i H a n g a r B i c o c c a f i n d e t (b i s 15. S e p t e m b e r) m i t „ Re m a i n s“ S h e e l a G ow d a s e r s t e u n d – Ku n s t s t ü c k – g r ö ß t e S o l o s h ow s t a t t . A n n e S e i l e r z e i g t m i t „Tr a f f i c“ i m Ku n s t ­p a v i l l o n i m A l t e n B o t a n i s c h e n Gar ten in München Flagge! Brands um j e d e n P r e i s ? To l l , t o l l , t o l l ! I m Ku n s t m u s e u m S t u t t g a r t g a b s d e n S p a r d a - Ku n s t p r e i s „ Ku b u s“ f ü r A r m i n L i n ke , S i n j e D i l l e n ko f e r, Pe t e r G r a n s e r Anne Seiler @ Kunstpavillon

u n d A n n e t t e Ke l m – a l l e v i e r Kü n s t l e r b o t e n e i n e h o c h ka r ä t i g e , g a n z f a b e l h a f t e , tiefgründige wie unterhaltsam-anstreng e n d e A u s s t e l l u n g ! D a n ke u n d l i e b e G r ü ß e ! We l c hʼ G e s t e – d i e Kü n s t l e r t e i l t e n s i c h d e n P r e i s s e l b s t b e s t i m m t -­

Genießen Sie den Sommer! Legen Sie sich einfach mal wieder auf eine Wiese! Tr e f f e n S i e Fr e u n d e ! B a d e n S i e i m S e e ! Z i e h e n S i e To m a t e n ! E n t s p a n n e n S i e u n d verschieben Sie, was geht. Wir sehen uns in Arles, Chemnitz, M a i l a n d , Ve n e d i g o d e r i m Ku n s t b ez i r k i m September in Stut tgar t?!! M a c h e n S i e d o c h , w a s S i e wo l l e n ! Potsdamer Straße Dachterasse @ Gallery Weekend Berlin

amrei _on _ tour @ar tmapp.net

Operndorf Afrika @ Wiensowski und Harbord

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — A M R E I O N T O U R

wer tschätzend.


216

Ahrenshoop

Bern

Dessau

Gerhard Marcks und Alfred Partikel: Eine Künstlerfreundschaft in Ahrenshoop Bis 8.9.2019 „also wird gemalt“ – Der Bauhäusler Fritz Kuhr 14.9. – 23.11.2019 Kunstmuseum Ahrenshoop

Manon Don‘t look back 7.9. – 5.10.2019 Galerie Béatrice Brunner

Eröffnung Bauhaus-Museum Dessau 8.9.2019 Versuchsstätte Bauhaus. Die Sammlung Ab 9.9.2019 Bauhaus-Museum Dessau

Das Kunstmuseum Ahrenshoop widmet sich in diesem Jahr dem Bauhaus. Zwei Ausstellungen reflektieren die einflussreiche Schule – anhand von Künstlern, die sich regemäßig im Ostseebad aufhielten. Zum einen ist das der Bauhaus-Künstler Gerhard ­M arcks, dessen Arbeiten zusammen mit denen seines engen Freundes, des Malers Alfred Partikel, zu sehen sind. Die beiden verband eine langjährige Freundschaft, die bereits 1919 in Berlin begann. Später begegneten sie sich als Bewohner der Künstlerkolonie Ahrenshoop wieder. Die Freundschaft endete mit ­P artikels spurlosem Verschwinden 1945. Im Herbst widmet sich eine Ausstellung Malerei, ­G rafik und Zeichnung von Fritz Kuhr (1899–1975). Der Künstler schrieb sich 1923 als Student im ­B auhaus ein und übernahm zwischen 1929 und 1930 sogar einen Lehrauftrag. 1933 zog er sich, diffamiert von den Nationalsozialisten, in die innere Emigration zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte er als Hochschullehrer an der Hochschule für Bildende ­K ünste Berlin. ☞ Kunstmuseum Ahrenshoop Di–So 11–18 Uhr, Do 11–20 Uhr Weg zum Hohen Ufer 36, 18347 Ahrenshoop T +49 (0) 38220 6679-0 www.kunstmuseum-ahrenshoop.de

Die Galerie zeigt Werke von Manon aus ihrer ersten inszenierten Fotoserie „La dame au crane rasé“ 1977/78. Die Serie entstand während der Paris-Zeit der Künstlerin. Die inszenierte Fotografie war damals neu und Manon eine der ersten Künstlerinnen, welche so arbeitete. In der Ausstellung werden ebenfalls Fotografien aus der 2007 entstandenen Serie „borderline“ gezeigt, welche die Künstlerin 2019 überarbeitet hat und in dieser Form bisher nie gezeigt wurden. ☞ Galerie Béatrice Brunner Do/Fr 14–18 Uhr, Sa 12–16 Uhr Nydeggstalden 16, CH-3011 Bern T +41 (0) 31 3124012 www.beatricebrunner.ch

Die Eröffnung des Museums in Dessau (Sachsen-­ Anhalt) ist einer der Höhepunkte des 100-jährigen Bauhaus-Jubiläums. Erstmals wird die Sammlung der Stiftung Bauhaus Dessau umfassend zu sehen sein. Mit ihren rund 49.000 Exponaten ist sie die zweitgrößte Sammlung zum Thema Bauhaus weltweit. Unter dem Titel „Versuchsstätte Bauhaus. Die Sammlung“ erzählt die Ausstellung die Geschichte der ­b erühmten Schule. Anhand originaler Möbel, Leuchten, Textilien und Werken der bildenden Kunst führt sie durch die Geschichte der Hochschule für Gestaltung als einen lebendigen Ort, an dem gelernt und gelehrt, künstlerisch experimentiert sowie an ­industriellen Prototypen gearbeitet wurde – und der bis heute unseren Alltag prägt. Der Entwurf des Gebäudes stammt vom Architekturbüro addenda architects (Gonzalez Hinz Zabala) aus Barcelona. Es ist ein Haus im Haus – mit einem schwebenden Riegel aus Stahl in einer gläsernen ­H ülle. Eröffnung ist am 8. September. ☞ Bauhaus Museum Dessau Ab 9.9.2019 Mo–So 10–17 Uhr Mies-van-der-Rohe-Platz 1, 06844 Dessau-Roßlau T +49 (0) 340 6508-250 www.bauhaus-dessau.de

Manon Foto: B. Brunner Ent wurf Bauhaus-Museum © Gonzalez Hinz Zabala

Gerhard Marcks und Alfred Partikel, Kleiner Flügelaltar (Osteraltärchen), um 1920, Holz, vergoldet und mit Ölfarbe bemalt, 41 x 44 cm, Gerhard-Marcks-Stiftung Bremen © VG Bild-Kunst, Bonn 2019


Eb erdingen- Nussdor f

Engen

Hannover

Am Anfang war das Land. Kunst der Aborigines Bis 1.3.2020 KUNSTWERK – Sammlung Klein

Sabine Becker – „Blauwärts“ 24.8. – 27.10.2019 Städtisches Museum Engen + Galerie

Ausdruckstanz und Bauhausbühne Ausstellung zum Jubiläum 100 Jahre Bauhaus Bis 29.9.2019 Museum August Kestner

Die Sammlung Klein präsentiert Werke australischer Ureinwohner, die auf unterschiedlichen Traditionen beruhen. Aus Arnhemland im Norden des Kontinents stammen Rinden und Objekte aus Holz, die mit ­E rdpigmenten bemalt wurden. In den zentralen ­W üstengebieten werden Gemälde dagegen mit ­A crylfarbe auf Leinwand hergestellt. Ungeachtet aller Unterschiede hinsichtlich Technik und Material, Malstil und Ausdruck steht ein gemeinsames Thema im Zentrum der Werke: Sie haben die tiefen spirituellen Beziehungen zwischen Menschen und Land zum Inhalt, jenem Land und seinen besonderen Orten, die in der Weltsicht der Aborigines der Ursprung allen Lebens waren, wo Vergangenheit, ­G egenwart und Zukunft zusammenfließen und sich kontinuierlich weiter entfalten. Seit jeher tragen Menschen besondere Verantwortung für diese Orte und die ihnen zugehörigen Erzählungen und Zeremonien – eine besondere Verbindung, die sich in den ausgestellten Arbeiten auf immer wieder neue und vielfältige Weise manifestiert. ☞ KUNSTWERK – Sammlung Klein Mi–Fr/So/feiertags 11–17 Uhr Siemensstraße 40, 71735 Eberdingen-Nussdorf T +49 (0) 7042 3769566 www.sammlung-klein.de

Sabine Becker beschäftigt sich schon seit vielen J­ ahren mit der Farbe Blau, genauer, einem leuchtend-samtigen Kobaltblau. Wenn andere Farben ­a uftauchen wie Miloriblau, dann dienen sie als Bühne für die komplexen Wirkungen ihres Kobaltblaus. Ihre Malerei besticht durch ihre intensive, konsequent reduzierte Farbigkeit. In Schichten auf den grundierten Bildträger aufgetragen verleiht Sabine Becker dem Pigment eine ungewöhnlich haptische und ­t iefenräumliche Wirkkraft. Die in Konstanz lebende Künstlerin will mit der Ausstellung im ehemaligen Kloster St. Wolfgang Bezug nehmen auf den Kirchenraum, der eine kontemplative Atmosphäre besitzt. Blau ist nicht die Farbe des ­W issens oder der Gewissheit, sondern die Farbe des Glaubens, der Unbestimmtheit und der Sehnsucht. Zur Eröffnung am Freitag 23.8.2019 um 19.30 Uhr spricht Dr. Markus Döbele, Würzburg. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog. ☞ Städtisches Museum Engen + Galerie Di–Fr 14–17 Uhr, Sa/So 11–18 Uhr Klostergasse 19, 78234 Engen T +49 (0) 7733 501400 www.stubengesellschaft-engen.de

Die Bühne am Bauhaus war nicht nur Aufführungsort, sondern auch eine Art Forschungslabor. Die Studie­ renden sollten das Wechselspiel zwischen Raum, ­B ewegung, Farbe, Licht und Ton erkunden. Initiator und Ideengeber der Bühnenaktivitäten war von 1923–29 Bauhausmeister Oskar Schlemmer, der sich für die Reform des Tanztheaters einsetzte und Tänze choreografierte, die sich radikal von anderen ­T anzstilen der Zeit unterschieden. Die Bauhaustänze stehen im Zentrum der Ausstellung und werden dem Ausdruckstanz gegenübergestellt, welcher sich im Rahmen der Reformbewegungen nach 1900 entwickelte. Der Bezug zu Hannover ist über die ausgewählten Ausdruckstänzer und Ausdrucks­ tänzerinnen gegeben: Mary Wigman, die intern­ ational erfolgreichste Tänzerin, Pädagogin und ­C horeografin, Yvonne Georgi, die seit 1926 als ­B allettmeisterin an den Städtischen Bühnen wirkte und Harald Kreutzberg als Solotänzer. In der Ausstellung werden Bild- und Textdokumente, Tanzfiguren sowie Filmmaterial und Kostüm­ rekonstruktionen präsentiert. ☞ Museum August Kestner Di–So 11–18 Uhr, Mi 11–20 Uhr Trammplatz 3, 30159 Hannover T +49 (0) 511 16842730 www.museum-august-kestner.de

TERMINE FÜR ENTDECKER

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Doreen Reid Nakamarra, Untitled, 2006, Acryl auf Leinen, 91 x 61 cm

Figur „Goldkugel“ aus dem Triadischen Ballett

© Doreen Reid Nakamarra, Papunya Tula Artists

von Oskar Schlemmer, 1922/23, Fotograf unbekannt © Stiftung Bauhaus Dessau

A R T M A P P   S O M M E R 2 019

Museum Engen, Foto: René Schrei


KunstprojeKt für den öffent lichen raum der stadt metzingen

Tadas h i KawamaTa Pr oj e KT ›Kam i n n esTe r‹ 12. j u li – 20. o KTo b e r 2019

›wo r Ks 1989–2019‹ 4. j u li – 29. s e PTe m b e r 2019

eröffnung: 3. juli 2019, 19.00 uhr, temporärer projektraum, paulinenstraße 7, 72555 metzingen tadashi Kawamata ist anwesend.

Weitere Informationen: www.artprojects-metzingen.com

Ansbacher Skulpturenmeile 13. Juli bis 13. Oktober 2019

MUSIKAUS BRONZE mit Werken von Antje Tesche-Mentzen

Kremer Pigmente Rezeptbuch

20 Bronzeplastiken an verschiedenen Plätzen in der historischen Altstadt Ansbachs

Ein Leitfaden für die Anwendung und die Verarbeitung von Pigmenten zu gebrauchsfertiger Farbe. Erhältlich im Onlineshop unter #990226.

www.kremer-pigmente.com

Amt für Kultur und Tourismus Joh.-Seb.-Bach-Platz 1 • 91522 Ansbach Tel. 0981/ 51243 • www.ansbach.de


Heilbronn

Kornwestheim

Magdeburg

One Man House von Thomas Schütte Bis 22.9.2019 Städtische Museen Heilbronn Inselspitze Heilbronn

Farbenrausch. Die Natur im Werk des Spätimpressionisten Manfred Henninger Bis 15.3.2020 Adrian Sauer – Spektren Bis 8.9.2019 Luzia Simons – Naturgeschichten 21.9.2019 – 12.1.2020 Museum im Kleihues-Bau

KUNST/MITTE 5.9. – 8.9.2019 AMO Kulturhaus, Magdeburg

Im April wurde das One Man House von Thomas Schütte eröffnet. Knallig rot und zentral auf der ­I nselspitze gelegen, präsentiert es sich selbstbewusst dem Publikum und ist bereits zu einem beliebten Fotomotiv avanciert. Der Stadt Heilbronn bot sich die einmalige Chance mit dem Kunst-Haus von Thomas Schütte das Bauen auf eine künstlerische und auch etwas humorvolle Weise zu betrachten. Zielsicher hatte sich der Künstler für den Standort Inselspitze entschieden – eine gute Wahl. Das Haus vereint zwei Dinge: Es ist Atelier und ruhiger Rückzugsort und zeitgleich kann der Besucher durch das markante Rundfenster die Außenwelt beobachten. Das Rundfenster als prägendes Gestaltungselement weckt A­ ssoziationen an eine Kamera oder Schiffs­ kajüte – passend zur idyllischen Neckarinsel. Parallel werden in den Räumen der Inselspitze Architektur­ modelle von Thomas Schütte gezeigt. Die repräsentative Auswahl spiegelt das besondere Interesse des Künstlers an unterschiedlichen ­B auformen und deren Nutzung. ☞ Städtische Museen Heilbronn Inselspitze Heilbronn Haus und Ausstellung Mo–So 12–18 Uhr Friedrich-Ebert-Brücke 1, 74072 Heilbronn T +49 (0) 7131 562295 www.inselspitze-heilbronn.de

Im postmodernen Ausstellungshaus des Kleihues-Baus in Kornwestheim treten drei farbenprächtige Ausstellungen in einen spannenden Dialog. Die Ausstellung „Farbenrausch. Die Natur im Werk des Spätimpressionisten Manfred Henninger“ beleuchtet das umfang­ reiche Farbspektrum seines malerischen Schaffens. ­A drian Sauer, geboren 1976 in Berlin, erkundet in seinen Fotografien die Grundlagen eines Mediums, das sich in der jüngeren Zeit so sehr verändert hat wie kein zweites. Zugleich fasst er den großen digi­ talen RGB-Farbraum als ein Ausdrucksspektrum auf, den es immer neu zu interpretieren gilt. Die brasilianische Pionierin des Scannogramms Luzia Simons (*1953) hingegen orientiert sich in ihren monumentalen floralen Stillleben an dem Goldenen Zeitalter der niederländischen Malerei und thematisiert durch die Darstellung fernländischer Pflanzen­ motive zugleich den kulturhistorischen Transfer. ☞ Museum im Kleihues-Bau Fr–So 11–18 Uhr Stuttgarter Straße 93, 70806 Kornwestheim T +49 (0) 7154 2027401 www.museen-kornwestheim.de

Die KUNST/MITTE 5 – Mitteldeutsche Messe für zeitgenössische Kunst – findet vom 5. bis 8. September 2019 im AMO Kulturhaus Magdeburg statt. Inhaltlich wird ausdrücklich auf ein breit aufgestelltes Aus­ stellungsprofil gesetzt, das von renommierten ­G egenwartskünstlern und Galerien bis hin zu viel­ versprechenden Newcomern der aktuellen, nationalen und internationalen Kunstszene reicht. Auf aktuell rund 1.000 m² Ausstellungsfläche werden unterschiedlichste Genres, aus den Bereichen Grafik, ­M alerei, Bildhauerei, Druckgrafik, Objekt-, Raum-, Lichtinstallationen, Foto-, Licht- und Videokunst, ­P erformances u. v. m. präsentiert. Ein Special der KUNST/MITTE ist der YAS, der YoungArtistSpace, ein Ausstellungsareal innerhalb der KUNST/MITTE ausschließlich für Solopräsentationen junger, nationaler und internationaler Künstlerinnen, Künstler und Galerien. 2019 lobt die KUNST/MITTE zum ersten Mal für im YAS vertretene Künstler den YAS AWARD aus. ☞ KUNST/MITTE dieHO e.V. Do 19–23 Uhr, Fr–So 11–19 Uhr Alt-Westerhüsen 31, 39122 Magdeburg T +49 (0) 177 7010218 www.kunst-mitte.com

TERMINE FÜR ENTDECKER

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Thomas Schütte, One Man House, Blick aus dem Innenraum,

© VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Manfred Henninger, „Wasserfall neben Molino di Brumo“, 1939, Öl auf Nessel, 100 x 72 cm

A R T M A P P   S O M M E R 2 019

Foto: © Städtische Museen, Dietmar Strauss


aM anfang war das land

Kunst der aborigines 7. Juli 2019 – 1. März 2020

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20.07.–10.11.2019 KUNSTHISTORISCHE RENAISSANCEN 19.06.19 16:03


Mannheim

Oberhausen

Regensburg

Brixy Passion 20.9. – 12.10.2019 Altes Pumpwerk Neckarau

HOLLYWOOD ICONS Fotografien aus der John Kobal Foundation Greta Garbo, Humphrey Bogart, Alfred Hitchcock & Co Bis 15.9.2019 LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen

Katharina Sieverding. Deutschland wird deutscher Präsentation und Dokumentation 26.5. – 8.9.2019 Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg

Der Ausstellungstitel „Brixy Passion“ ist program­ matisch! Denn alles im Leben und Schaffen des Mannheimer Künstlers Dietmar Brixy steht als ­S ynonym für echte Leidenschaft. In seiner gleich­ namigen Jubiläums­a usstellung blickt Brixy auf 15 Jahre Kunst im Alten Pumpwerk zurück und feiert das langjährige Bestehen des zum Wohn- und Atelierhaus umfunktionierten Industriedenkmals unterhalb der hochauf­r agenden Schlote des Großkraftwerkes. Vom 20. September bis 12. Oktober 2019 öffnet er auch in diesem Jahr der Öffentlichkeit wieder die Pforten seines Künstlerhauses im Mannheimer ­S tadtteil Neckarau und präsentiert in Kooperation mit der Berliner Galerie Tammen & Partner ­S tahl­s kulpturen des Bildhauers Thomas Röthel. ­M alerei und Skulptur treten hier in einen ­s pannungsvollen, kongenialen Dialog. ☞ Altes Pumpwerk Neckarau Fr 15–19 Uhr, Sa/So 11–15 Uhr Aufeldstraße 19, 68199 Mannheim T +49 (0) 621 1561436 www.brixy.de

Mit der Ausstellung lässt die LUDWIGGALERIE das Hollywood der 1920er- bis 1960er-Jahre wiederaufleben. Mit über 200 Bildern von brillanten Porträt- und Standbildfotografen zeigt die Schau die Goldene Ära der amerikanischen Filmbranche. Die Aufnahmen ­w erden in die ganze Welt geschickt und sind essen­ tiell für die Erschaffung eines Starimages und für die ­B ewerbung der Kinofilme. HOLLYWOOD ICONS ­p räsentiert die damals noch unbekannten Fotografen, die ungesehen hinter den Kulissen arbeiten, deren glamouröse Werke jedoch für den Ruhm der Stars und der Filme von entscheidender Bedeutung sind. In der Ausstellung sind glanzvolle Bilder von Stars wie Judy Garland, Fred Astaire, James Dean, Audrey Hepburn oder Elizabeth Taylor zu sehen. Sie zeigt vor allem Schwarz-Weiß-Aufnahmen, doch auch Farbfotos ­f inden sich unter den Werken. Ein Wiedersehen mit berühmten Stars und ­F otografien, die man bis heute kennt. ☞ LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen Di–So 11–18 Uhr Konrad-Adenauer-Allee 46, 46049 Oberhausen T +49 (0) 208 4124928 www.ludwiggalerie.de

Seit über fünfzig Jahren beschäftigt sich die international renommierte Künstlerin Katharina Sieverding (*1944 Prag) mit der Fotografie im Spannungsfeld von Geschichte und Politik, Individuum und Gesellschaft. Anfang der 1990er Jahre setzte sie mit ihrer großformatigen Arbeit „Deutschland wird deutscher“ einen deutlichen Akzent gegen das Aufkeimen nationalistischer Tendenzen nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Die Fotografie zeigt ein von Messern bedrohtes Selbstbildnis der Künstlerin überblendet von dem Schriftzug „Deutschland wird deutscher“. Die 1992 geplante Präsentation im öffentlichen Raum löste kontroverse Diskussionen aus: Sieverding berührte ein sensibles Thema, mit dem sich die Öffentlichkeit aufgrund des Erbes des Nationalsozialismus nicht offen auseinandersetzen wollte. Die Ausstellung dokumentiert die Entstehungsgeschichte sowie die Reaktionen auf das einst polarisierende Werk, das angesichts der politischen Entwicklungen heute aktueller denn je ist. ☞ Kunstforum Ostdeutsche Galerie Di–So 10–17 Uhr, Do 10–20 Uhr Dr.-Johann-Maier-Str. 5, 93049 Regensburg T +49 (0) 941 297140 www.kunstforum.net

TERMINE FÜR ENTDECKER

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© Dietmar Brixy

Audrey Hepburn by Bud Fraker for Sabrina Fair, 1954,

Katharina Sieverding, „Deutschland wird deutscher“ (Ausschnitt),

Paramount Pictures

1992, Pigmenttransfer auf Metall, Stahlrahmung, 300 x 400 cm

© John Kobal Foundation

(vierteilig), Kunst forum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Leihgabe des Deutschen Historischen Museums Berlin © Katharina Sieverding, VG Bild-Kunst, Bonn 2019, Foto: Klaus Mettig, © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

A R T M A P P   S O M M E R 2 019

Dietmar Brixy, „Horizon“, 2018, Öl auf Nessel, 160 x 100 cm, Foto: Peter Schlör


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Eine Veranstaltung des Kulturamts Pforzheim

Sylvia Witzenmann Bald hierhin, bald dorthin 26 05 – 29 09 2019 PFORZHEIM GALERIE Bleichstraße 81 / 75173 Pforzheim Fon 07231.393779 Mi und Sa 14 –17 Uhr / So 10–17 Uhr www.kultur.pforzheim.de

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Stefan Rohrer, Helios, 2011, Autokarosserie, Blattgold

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DONAUESCHINGEN


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Beethoven, Einstein oder Dürer-Hase. Die Arbeiten des international bekannten Konzeptkünstlers Ottmar Hörl sorgen stets für Aufsehen. Nun kommt er wieder nach Schweinfurt – mit der Skulpturen-Installation JEDER GEGEN JEDEN. Hörl thematisiert ein hochaktuelles gesellschaftliches Phänomen: Individuelle Gewaltbereitschaft, ­A ggressionen und Konflikte nehmen zu. Durch ­F ake-News und Hass-Kommentare werden neue ­K onflikte geschürt. Negativen Gefühlen wird nicht nur im Internet, s­ ondern auch auf der Straße freien Lauf gelassen. Jeden Tag gibt es neue Meldungen: ­S chaulustige ­b ehindern die Arbeit von Sanitätern und Polizei. ­P rügel- und Messerattacken, Amokläufe, Nachbarschafts- und Familienstreitigkeiten mit ­d ramatischen Ausgängen füllen die Zeitungen. Seine Installation wirft daher Fragen auf: Wie gehen wir miteinander um? Gehen wichtige Werte verloren? Steht das Prinzip der Menschlichkeit auf dem Spiel? Wohin bewegt sich die Welt? Und was bedeutet dies in letzter Konsequenz? ☞ Kunsthalle Schweinfurt Mo–So 10–17 Uhr, Do 10–21 Uhr Rüfferstraße 4, 97421 Schweinfurt T +49 (0) 9721 514721 www.kunsthalle-schweinfurt.de

JEDER GEGEN JEDEN (Tonmodell) © Ottmar Hörl, VG Bild-Kunst, Bonn 2019

ART ALARM GALERIEN RUNDGANG STUTTGART

Galerie ABTART Galerie Klaus Braun Galerie von Braunbehrens Dengler und Dengler – Galerie für Schöne Künste Galerie Thomas Fuchs – GmbH & Co. KG Galerie Reinhard Hauff Andreas Henn – Kunsthandel Galerie Galerie Keim Galerie Kernweine Brigitte March – International Contemporary Art Schacher – Raum für Kunst Galerie Schlichtenmaier GmbH Strzelski Galerie Galerie Michael Sturm Uno Art Space – Ute Noll Galerie Valentien Galerie Z

21.–22.09 2019

art-alarm.de

Weissenhof City – Von Geschichte und Gegenwart der Zukunft einer Stadt Bis 20.10.2019 Staatsgalerie Stuttgart Vor 100 Jahren wurde in Weimar das Bauhaus ­g egründet. Die Entwicklung der Avantgarde-Schule ging, wie die Entwicklung der Moderne insgesamt, mit vielen Veränderungen an unterschiedlichen Orten einher. Kartiert man das Bauhaus und sein globales Netzwerk, so gehört Stuttgart zu den Städten, die für viele Bauhäuslerinnen und Bauhäusler ­m itprägend waren und im Gegenzug von ihnen ­b eeinflusst wurden. Als Ort der aktiven Produktion von Wissen hat die Staatsgalerie Stuttgart Dani Gal, Michaela Melián, Martin Schmidl und Boris Sieverts eingeladen, ortsspezifisch konkret und darin exemplarisch Personen, Ideen sowie Wirkungs- und Rezeptionsstränge des Bauhauses und der Moderne in und von Stuttgart aus zu untersuchen. Wie können wir die Ambitionen des Bauhauses und den Universalismus der Moderne ­w eiterdenken und berechtigte Kritik daran produktiv machen? Das Spektrum der Beiträge reicht von Videos über Installationen bis zu „Reisen“ durch den Stuttgarter Stadtraum. ☞ Staatsgalerie Stuttgart Di–So 10–17 Uhr, Do 10–20 Uhr Konrad-Adenauer-Straße 30-32, 70173 Stuttgart T +49 (0) 711 47040-0 www.staatsgalerie.de

TERMINE FÜR ENTDECKER

JEDER GEGEN JEDEN Skulpturen-Installation von Ottmar Hörl 25.7. – 27.10.2019 Kunsthalle Schweinfurt

Stuttgart

Axel Foli, Collage unter Verwendung von Fotografien von Sailko, nach Lizenz CC-BY-3.0 © Axel Foli

A R T M A P P   S O M M E R 2 019

Schweinfurt


OCTOBER

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Wal d enb u ch

Aufgeblüht und abgelichtet: Blumen in der Fotografie Bis 25.8.2019 Galerie Stihl Waiblingen

1919 – 2019: Werke aus der Sammlung Marli Hoppe-Ritter Bis 15.9.2019 Museum Ritter Sammlung Marli Hoppe-Ritter

Anlässlich der Remstal Gartenschau rückt die Galerie Stihl Waiblingen Blumen in den Fokus. Mit 35 herausragenden Künstlerpositionen aus zehn Nationen, ­d arunter so namhafte Fotografinnen und Fotografen wie Imogen Cunningham, Robert Mapplethorpe, ­N obuyoshi Araki oder Luzia Simons, vermittelt die Ausstellung einen Überblick über Blumen im Medium der Fotografie. Inspiriert von der jahrhundertealten Tradition des Blumenbilds, gewinnen Künstlerinnen und Künstler dem Sujet vielfältige neue Seiten ab. Dabei trifft bunte Blütenpracht auf sachliche Schwarz-Weiß-Aufnahmen oder Wildwuchs auf strenge Inszenierung. Mittels unterschiedlicher gestalterischer Ansätze und verschiedenster Techniken eröffnen rund 100 Arbeiten überraschende Sichtweisen auf die scheinbar ­v ertraute Pflanzenwelt. Eigens zur Ausstellung ­k reierte die britische Künstlerin Rebecca Louise Law eine ­e indrucksvolle Installation aus echten Blumen für das Foyer der Galerie. ☞ Galerie Stihl Waiblingen Di–So 11–18 Uhr, Do 11–20 Uhr Weingärtner Vorstadt 12, 71332 Waiblingen T +49 (0) 7151 50011686 www.galerie-stihl-waiblingen.de

Der Titel „1919 – 2019: Werke aus der Sammlung Marli Hoppe-Ritter“ verrät es bereits: Ein ganzes Jahrhundert geometrisch-abstrakte Kunst umspannt die neue Sammlungspräsentation. Die Ausstellung zeigt mit rund 70 Werken einen Überblick über die Entwicklung der Geometrischen Abstraktion von 1919 bis heute. Zu sehen sind vorrangig Gemälde, ergänzt um Beispiele der Bildhauerei und Objektkunst. Josef Albers, Max Bill, Geneviève Claisse, Henrik Eiben, Hannah Höch, Johannes Itten, Günther C. Kirchberger und viele weitere sind mit ihren Werken vertreten. Parallel dazu widmet das Museum Ritter Hans Jörg Glattfelder anlässlich seines 80. Geburtstags eine repräsentative Werkschau. Der Schweizer ist einer der wichtigsten konkreten Künstler der Gegenwart. Zahlreiche Gemälde und Reliefs sowie Collagen und Zeichnungen geben Einblick in verschiedene ­S chaffensphasen. Eine großformatige kinetische ­W andinstallation aus tropfenförmigen Elementen, die kontinuierlich wechselnde Eindrücke generiert, fällt dabei besonders ins Auge. ☞ Museum Ritter Sammlung Marli Hoppe-Ritter Di–So 11–18 Uhr Alfred-Ritter-Straße 27, 71111 Waldenbuch T +49 (0) 7157 53511-0 www.museum-ritter.de

Martin Klimas, Ohne Titel (Dahlia II), 2018, Courtesy Galerie Cosar HMT © Martin Klimas Henrik Eiben, „Lush Life“, 2015 © Hans Jörg Glatt felder, Foto: Ulrich Ghezzi

A R T M A P P   S O M M E R 2 019

Waib ling en

TERMINE FÜR ENTDECKER

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War t h

Weikersh eim

Wien

Till Velten - La condition humaine Bis 27.10.2019 Kunstmuseum Thurgau, Kartause Ittingen

12. SKULPTUREN.SCHAU! Bis 22.9.2019

Sean Scully Eleuthera Bis 8.9.2019 Albertina

Was ist der Mensch? Und: Welches Bild machen wir von ihm? Um diese Fragen kreist die Installation „La condition humaine“ von Till Velten, die im Kunst­ museum Thurgau bis zum 27. Oktober 2019 gezeigt wird. Der Basler Konzeptkünstler schafft eine Serie von Videoporträts von außergewöhnlichen Menschen und stellt diese einer Auswahl von Werken des Autodidakten Erich Bödeker (1904–1971) gegenüber. Die Werke von Velten und Bödeker könnten unterschiedlicher nicht sein: Bödeker schafft Monumente, Velten flüchtige Erscheinungen. Beide aber lassen eine Vorstellung von Personen entstehen, denen ­B etrachterin oder Betrachter bestimmte Eigenschaften zuschreiben. Mit dieser Gegenüberstellung schafft er Erfahrungsfelder, auf denen sich das ­P ublikum grundsätzlichen Fragen über die mensch­ liche Existenz stellen muss. Der Ausstellungsort, der große Museumskeller des ehemaligen Klosters, bietet dafür den idealen Raum. ☞ Kunstmuseum Thurgau Kartause Ittingen Mai–September Mo–So 11–18 Uhr Oktober–April Mo–Fr 14–17 Uhr, Sa/So 11–17 Uhr CH-8532 Warth www.kunstmuseum.ch

Robert Metzkes ist 1954 in Pirna geboren. Sein Studium absolvierte er an der Hochschule für Bildende Künste von 1972–1977 in Dresden. Seit 1977 arbeitet er als freier Bildhauer in Berlin. Sein Werk ist der figürlichen Bildhauerei zuzuordnen. Seine Plastiken sind vorwiegend realistisch und ­w irken überaus lebendig. Kennzeichen der Figuren sind ruhige Gesichtszüge von klassischer Schönheit. Er verzichtet auf schmückendes Beiwerk und ­e xpressive Gesten. Dem Betrachter begegnen Figuren, die zur intensiven Auseinandersetzung und zum ­g enauen Hinsehen veranlassen. Er selbst sagt: „Mein Thema ist die lebensgroße Figur, das Porträt, in Ton oder Gips modelliert und in Bronze gegossen. Bei den Terrakotten reizt mich, sie farbig bemalen zu können.“ Sein Werk wurde mit Preisen ausgezeichnet: 1983 wurde ihm der Gustav-Weidanz-Preis der Burg ­G iebichenstein Halle zuerkannt. Im Januar 1988 ­e rhielt er den Will-Lammert-Preis der Akademie der Künste der DDR. Seit 1988 Einzel- und Gruppenausstellungen. ☞ Stadt Weikersheim Die „Skulpturen.SCHAU!“ wird im öffentlichen Raum gezeigt Marktplatz 7, 97990 Weikersheim T +49 (0) 7934 10255 www.weikersheim.de

Mit der neuen Werkserie Sean Scullys präsentiert die ALBERTINA eine Weltpremiere. Scully (*1945) zählt zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart, ­b ekannt ist er vor allem für seine ausdrucksstarken abstrakten Gemälde aus einfachen vertikalen und horizontalen farbigen Streifen und Blöcken, deren Balance sich allein der Intuition, nicht der rationalen Konstruktion verdankt. Die figurative Serie „Eleuthera“ aus den Jahren 2016/17 zeigt Scully von einer völlig neuen Seite und hat ein sehr privates Sujet zum Hauptthema: sie besteht aus 23 großformatigen Ölgemälden, ergänzt um Pastelle, Zeichnungen und Fotos, die Oisín, den Sohn des Künstlers, beim Spielen am Strand von Eleuthera, einer Insel der Bahamas, zeigen. ☞ Albertina Mo–So 10–18 Uhr, Mi/Fr 10–21 Uhr Albertinaplatz 1, A-1010 Wien T +43 (0) 1 534830 www.albertina.at

Sean Scully, „Eleuthera“, 2017, Öl auf Aluminium © Sean Scully, 2019

Till Velten, „Petra“, Filmstill aus der Installation „Till Velten – La condition humaine“ im Kunstmuseum Thurgau, 2019

Robert Metzkes, „Jenny, übermütig“, 2015, Bronze


Winterthur

Würzburg

Zug

Ernst Gamperl – Dialog mit dem Holz Bis 3.11.2019 Gewerbemuseum Winterthur

Sieben Kisten mit jüdischem Material. Von Raub und Wiederentdeckung 1938 bis heute Bis 20.10.2019 Museum für Franken Staatliches Museum für Kunst- und Kulturgeschichte in Würzburg

Projekt Sammlung (5) ROMAN SIGNER Neue Skulpturen, Videos und Installationen Bis 15.9.2019 Kunsthaus Zug

Holz ist die große Leidenschaft des international renommierten deutschen Holzkünstlers Ernst Gamperl. Mit einer faszinierenden Methode gestaltet er aus grünem Holz Objekte, bei denen er auf raffinierte Art den natürlichen Trocknungsprozess in die Form­g ebung einbezieht. Gamperl hat die Technik des Drechselns revolutioniert und damit zu völlig neuen Maßstäben in diesem Handwerk beigetragen. Er interessiert sich vor allem für den Dialog mit dem lebendigen Material, für die kraftvolle Form und die Qualität des Unvorhersehbaren. So werden auch Risse, Bruchstellen, Äste und Unregelmäßigkeiten bewusst in die Gestaltung integriert. Technisch oft an der Grenze des Mach­ baren, schafft er raumfüllende Skulpturen in einer einmaligen gestalterischen Qualität. Nach weltweit vielbeachteten Ausstellungen stellt Gamperl nun erstmals sein „Lebensbaum-Projekt“ vor, in dem er eine 230 Jahre alte, von einem Orkan entwurzelte, riesige Eiche in ein einzigartiges Ensemble aus Gefäßen und Objekten verwandelt. ☞ Gewerbemuseum Winterthur Di–So 10–17 Uhr, Do 10–20 Uhr Kirchplatz 14, CH-8400 Winterthur T +41 (0) 52 2675136 www.gewerbemuseum.ch

2016 wurden sie im Museumsdepot wiederentdeckt und durch Bernhard Purin, Direktor am Jüdischen ­M useum München, gesichtet und erforscht: Gegenstände, die während des November-Pogroms 1938 geraubt und während der Bombardierung Würzburgs 1945 stark beschädigt wurden. Doch nicht nur ­w ertvoller Tora-Schmuck, Chanukka- Leuchter und Seder-Teller sind Gegenstand der Ausstellung, auch die Geschichten hinter den Exponaten und die ­B iographien der jüdischen Stifterfamilien, welche die Objekte ihren damaligen Synagogen schenkten, ­w erden erzählt. Die Ausstellung wurde in Kooperation mit dem Jüdischen Museum München konzipiert. ­G efördert wird das Projekt vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste und unterstützt von der Landes­ stelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern. ☞ Museum für Franken Staatliches Museum für Kunst- und Kulturgeschichte in Würzburg Di–So 10–17 Uhr Festung Marienberg, 97082 Würzburg T +49 (0) 931 20594-0 www.museum-franken.de

Wo ein Rasenmäher ist, aber kein Rasen, da kann Roman Signer nicht weit sein. Ihm ist in den Räumen des Kunsthaus Zug und darüber hinaus eine große Einzelausstellung gewidmet. Signers Werke erklären sich gerade so weit, dass es die Fantasie anzuregen vermag. Seine Skulpturen sind seine Worte, wie er sagt: Ein Fass, ein Stiefel, ein Quadrokopter und ein Kajak. In immer neuen Kombinationen entwickelt er prozesshaft Bausätze weiter zu neuen Werken. Damit diese funktionieren, braucht es bisweilen ­W asser, Wind, Feuer oder Sand; immer braucht es die Gedankenwelt der Betrachtenden, die den Blick des Künstlers auf das Absurde am menschlichen Dasein freilegt. Es werden neue und in der Schweiz noch nie präsentierte Arbeiten gezeigt. Wer den Sprengstoff-­ Signer mag, wird in diesen neuen Arbeiten seinen Humor wiederfinden, selbst wenn der leise daherkommt. Das Spektakel nämlich ist nur ein Aspekt, der ­k onzeptionelle Überbau ist ein weiterer. Hinzu kommt eine zarte Poesie, die an die Grundfeste des Menschseins rührt. ☞ Kunsthaus Zug Di–Fr 12–18 Uhr, Sa/So 10–17 Uhr Dorfstrasse 27, CH-6301 Zug T +41 (0) 41 7253344 www.kunsthauszug.ch

TERMINE FÜR ENTDECKER

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Museum für Franken, Foto: Klaus Bauer, Hahn Media Roman Signer, Skulptur, 2018, Video, Foto: Roman Signer

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Foto: Bernhard Spöttel


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2/18 – Sommer 2018

1/18 – Frühjahr 2018

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3/16 – Winter 2016/17

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21. Ausgabe – 8. Jahrgang – Juli 2019

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Michael Lauterjung, app@artmapp.net REDAKTION Bettina Götz, b.goetz@artmapp.net

ISSN 2195-1594 DESIGNKONZEPT

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Design – Chris Steurer, csteurer.com

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Der ARTMAPP- Gesamtauflage liegt ein Beikleber „Dein Stadterlebnis“ der KTG Karlsruhe Tourismus GmbH auf Seite 17 bei. Der Gesamtauflage liegt ebenso eine Beilage der KTG Karlsruhe GmbH „Landesausstellungen im Badischen Landesmuseum & Kunsthalle Karlsruhe bei. Des Weiteren liegt eine Beilage der Tourismus Marketing GmbH ­B aden-Württemberg, Stuttgart, bei. Sollte eine dieser Beilagen nicht vorhanden sein oder Sie weitere Exemplare wünschen, senden Sie uns bitte eine E- Mail: mail@artmapp.net.

A R T M A P P   S O M M E R 2 019 — I M P R E S S U M

M +49 (0) 171 170 69 23



1.9. 2019 — 2. 2. 2020 Kulturhistorisches Museum Magdeburg

Große Sonderausstellung unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Die Urbanisierung Europas im Mittelalter und das Magdeburger Recht

Täglich 10 –18 Uhr Otto-von-Guericke-Str. 68–73 39104 Magdeburg Tel 0391 540 35 88 info@faszination-stadt2019.de www.faszination-stadt2019.de Träger und Partner

Förderer Kloster Bergesche Stiftung


Entdecken Sie das Bundesland Sachsen-Anhalt, in dem es so viele Original-Bauhausbauten wie nirgendwo sonst gibt und in dem die Ikone der Moderne am intensivsten wirkte. Erleben Sie Orte wie das Bauhaus Dessau und die dortigen Meisterhäuser, die Werke Lyonel Feiningers in Halle (Saale) oder die „bunte Stadt“ Magdeburg. #moderndenken

Hier macht das Bauhaus Schule.

Bildnachweiss: Christoph Rokitta

www.bauhaus-entdecken.de


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