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Toyota Yaris 1,0 VVT Active
Basisautokratie
Basisausstattung im Testwagen, wo kommen wir denn da hin? Ziemlich überall und das sogar äußerst bequem, wie wir seit der Ankunft des Toyota Yaris 1,0 VVT Active in unserem Testfuhrpark wissen. Wir freuen uns auf viele Kilometer!
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Dass der neue Toyota Yaris ein äußerst gelungenes Automobil ist, wissen wir ja bereits. Der sympathische Kleinwagen hat Historie, ist aber voll und ganz im Heute angekommen. Seine Hybridantriebe sind sparsam und praktikabel, als Rennsemmel namens „GR“ fährt er die Konkurrenz in Grund und Boden – und sogar der japanische Mitbewerb übernimmt den Yaris dankend, indem er einfach „Mazda 2“ draufschreibt.
Der Toyota Yaris ist aber vor allem ein Auto für all jene die sich nicht besonders viel aus selbstfahrenden Wunderwerken zum Preis einer Kleinwohnung machen. Er ist ein ehrliches Auto mit Bodenhaftung für alle, die darauf achten – müssen oder wollen –, was sie für Ankauf und Unterhalt ihres Vehikels ausgeben.
Basis ohne Verzicht
Drei Zylinder, 999 Kubikzentimeter Hubraum, 72 PS, manuelles FünfgangGetriebe, € 16.990,- Einstiegspreis, vor allem aber gerade einmal € 173,- Versicherungssteuer pro Jahr – damit spielt der Toyota Yaris 1,0 VVT Active dort, wo die Kleinwagenwelt früher verortet war. Die Betonung liegt auf „war“, denn preislich sind viele Mitbewerber diesem Rahmen entrückt. Aber ist der Yaris deshalb schlechter? Die klare Antwort lautet nein. Der Innenraum beispielsweise ist wirklich
gelungen: feine Sitze mit ausgesprochen feschen Bezügen, gefälliges Softplastik im Sichtbereich, man setzt sich rein und fühlt sich wohl.
Überraschung bei der Serienausstattung: verstellbares Lederlenkrad, höhenverstellbarer Fahrersitz, manuelle Klimaanlage, elektrische, beheizbare Außenspiegel, 60:40 geteilt umlegbare Rücksitzbank, der Kofferraum mit 286 Litern groß und dank niedriger Ladekante leicht zu beladen. Besonders erfreulich ist, dass sogar ein 7-Zoll-Touchscreen (der mit Apple Carplay oder Android Auto zum Navi wird), eine Rückfahrkamera und sogar DAB-Digitalradio serienmäßig zur Verfügung stehen! „Touch“ bleibt übrigens nur im Zusammenhang mit dem Zentraldisplay „Touch“, alle anderen Funktionen werden per Drehregler oder Knöpfen gesteuert – dank weniger Ablenkung auch ein Beitrag zur Sicherheit. Da lässt Toyota aber sowieso nix anbrennen: Pre-Collision System, Spurwechselwarner mit aktivem Lenkeingriff, adaptiver Tempomat inklusive Geschwindigkeitsbegrenzer, Verkehrszeichen-Assistent, Spurverfolgungs-Assistent und sogar ein Centerairbag sind immer an Bord.
Orgeln ohne Reue
Wo ist der Haken, fragen Sie? Es gibt keinen. Fahren tut der Yaris souverän, sauber abgestimmt, ohne Fehl und Tadel, fast ein wenig auf der soften Seite. Das Mini-Motörchen mit 72 PS kommt ohne Aufladung oder Hybridkomponenten aus, daher der günstige Preis. Im Fahrbetrieb rächt sich dieses Konzept kaum, vor allem im Stadtverkehr ist der Vortrieb völlig ausreichend. Auf der Autobahn, oder wenn Überland Eile herrscht, braucht der Dreizylinder allerdings Drehzahl, um den Yaris merklich zu beschleunigen. Das ist Gewohnheitssache, vor allem aber, ganz wichtig, kein Nachteil an der Zapfsäule: Auch wer’s ständig eilig hat, verbraucht nicht über sechs Liter Normalbenzin auf 100 Kilometern.
Einen Makel haben wir dann doch noch gefunden: das Fünfgang-Schaltgetriebe, grundsätzlich tadellos, ist an eine extrem empfindliche Kupplung angeschlossen – da kann es schon einmal passieren, dass der Yaris beim eiligen Ein- oder Ausparken abstirbt. Vielleicht müssen wir uns aber einfach noch ein wenig an diese Art „Basisautokratie“ gewöhnen. Zeit dazu haben wir ja ausreichend, der Toyota Yaris 1,0 VVT Active begleitet uns das ganze Jahr über.
mw
Datencheck
Motor, Antrieb
R3-Benziner, 998 ccm, 53/72 kW/PS bei 6.000 U/min, 93 Nm bei 4.400 5-Gang-Schaltgetriebe, Frontantrieb
Maße, Gewichte, Ladevolumen
LxBxH (mm) 3.940/1.745/1.500 Radstand (mm) 2.560 Leer Gew./Zul. Ges. Gew. (kg) 960-1.040/1.470 Anhängelast ungebr./gebr. (kg) 750/520 Ladevolumen (l) 286-947 Tankinhalt (l) 42
Beschleunigung, Spitze, Elastizität
0-100 km/h (s) Spitze (km/h) 60-100 km/h (s) 80-120 km/h (s) 14,6 160 6,5 7,4
Verbrauch (l/100 km)
Normverbrauch WLTP Testverbrauch CO2 Emission (g/km) 5,6 6,0 127 (WLTP)
Preis (Testfahrzeug):
€ 17.684,-
Plus: Erwachsener Kleinwagen, gute Qualität, gute Ausstattung Minus: - Vortrieb braucht Drehzahl, Kupplung zu empfindlich
Porsche 718 Caman GT4 RS Der wahre Porsche
Ja, der Porsche 911 galt und gilt als die „reine Lehre“, als der einzig wahre Porsche. Ein 911er ist ein 911er ist ein 911er, sagte mal jemand. Doch ein gewisser Bob Dylan sang schon vor langer Zeit „The Times They Are a-Changin’“. Wie recht er hatte.
Seit es den Porsche Cayman gibt, wird diskutiert: Ist der 911 noch der wahre Porsche oder entwickelt sich der kleinere, zweisitzige Cayman zum Fackelträger? Lange Zeit hat man in Zuffenhausen peinlich darauf geachtet, die Modelle voneinander abzugrenzen. Inzwischen wird aber gebaut, was der Kunde verlangt. Und das sind bei beiden Baureihen puristische Versionen der oberen Leistungsklasse. Der jüngste von ihnen ist der 718 Cayman GT4 RS,
konzipiert für Autobahnen, für Pässe – und für die Rennstrecke. Damit könnte aber auch eine Wachablöse stattfinden.
Schnell. Brutal schnell.
Der 718 GT4 RS ist brutal schnell, deutlich schneller als der etablierte 718 GT4. Das beweist schon ein Blick auf die Zahlen: Der GT4 RS wird von dem direkt aus dem 911 GT3 übernommenen, aber um 180 Grad gedrehten 4,0-Liter-Boxermotor angetrieben, einem Aluminium-
Im Cockpit des Cayman 718 GT4 RS steht der Drehzahlmesser im Mittelpunkt.
Das optionale Weissach-Paket bringt noch mehr Sportlichkeit.
Porsche „ On Ice“
„Bevor der Porsche 718 Cayman GT4 RS auf der Rennstrecke in Estoril seinen ersten großen Auftritt hatte, nahm das eine oder andere Vorserienmodell österreichisches Eis unter die Räder. Im Rahmen des GP Ice Race zirkelte der 911er-Rivale dank Spikebereifung spektakulär und mit betörendem Sound durch die Winterlandschaft.“
Aggregat, freisaugend und mit Direkteinspritzung ausgerüstet. Er leistet 500 PS bei 8.400 Umdrehungen pro Minute, während der reguläre GT4 „nure“ 420 PS bei 7600 U/min liefert. Die Maximaldrehzahl der RS-Variante liegt bei fast unglaublichen 9000 U/min – eine echte „Drehorgel“, die den Insassen ordentlich was auf die Ohren gibt.
Einen dicken Wermutstropfen müssen Puristen aber doch verschmerzen: Im Gegensatz zum 718 GT4 ist das Modell 718 GT4 RS nicht mit Schaltgetriebe erhältlich, die Siebengang-Doppelkupplungsautomatik ist unverrückbarer Standard. Porsche begründet das mit der Auslegung für die Rennstrecke, wo es auch noch auf die letzte Zehntelsekunde ankomme. Aber es gibt noch eine andere Erklärung: Es gibt im Porsche-Regal einfach kein passendes manuelles Getriebe, das die 450 Newtonmeter MaximalDrehmoment verkraftet. Schon beim regulären 718 GT4 wird dieses bei der handgeschalteten Version von 430 auf 420 Newtonmeter abgesenkt.
Schalten, walten, ziehen und drücken
Schade einerseits, aber andererseits gefällt uns der Automat dann doch sehr gut: Es gibt nicht nur Schaltwippen am Lenkrad, mit denen man durch die Gänge wandelt. Das geht auch mit dem Hebel auf der Mittelkonsole. Und zwar so, wie es korrekt ist. Ziehen zum Hochschalten, vordrücken zum Herunterschalten, ganz dem Bewegungsablauf bei engagierter Fahrweise entsprechend. Porsche sagt, dass der 718 GT4 RS den 718 GT4 auf der Nürburgring-Nordschleife um volle 24 Sekunden schlägt. Das ist ein beinahe unglaublicher Abstand. Erreicht wird das nicht nur durch das Plus an Längsdynamik, sondern vor
allem durch die rennstreckenoptimierte Fahrwerksabstimmung und die Aero-Effekte: So ist die Karosserie tiefergelegt, Unterboden und Heckdiffusor modifiziert, eine neue Frontlippe mit seitlichen Aero-Elementen verbaut. In einer spezifischen Einstellung, die der Rennstrecke vorbehalten ist, verbessert sich der Abtrieb im Vergleich zum regulären 718 GT4 um satte 25 Prozent!
Göttliche Klangwelten
Das Ergebnis ist, auch vom Beifahrersitz aus, außergewöhnlich. Der Boxermotor, mit Saugmotor und Einzeldrosselklappen, reagiert auf die Eingaben des Fahrers mit einer Unmittelbarkeit, die mit dem Aufkommen der Turboaufladung in fast allen Sportwagen verlorengegangen ist. Der Klang ist dominant moduliert, perfekt über den gesamten, weit ausgreifenden Drehzahlbereich, einfach göttlich. Zudem sitzt der Motor ja direkt hinter der Kabine, man kann ihn förmlich spüren.
Das Hinauf- und Herunterschalten wird mit entsprechendem Auspuffklang zelebriert, und die Werte – die wir noch nicht unabhängig verifizieren konnten – dürften jeden Enthusiasten zufriedenstellen: Der Sprint von 0 auf 100 km/h dauert nur 3,4 Sekunden, die inzwischen deutlich aussagekräftigere 160er-Marke fällt nach nur 7,1 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei nicht abgeregelten 315 km/h. Alle Werte liegen deutlich oberhalb des regulären GT4 – und verdammt nahe an seinem großen Bruder, dem GT3 RS.
Lenken mit dem rechten Fuß
Obwohl der Motor unglaublich reaktionsschnell und kraftvoll ist, wird das Fahrwerk keinesfalls überfordert.
Der Porsche 718 lässt sich spielend leicht positionieren, mit dem Gaspedal lenken, und locker wieder einfangen. Wir glauben dem Versprechen, dass der GT4 RS der bisher beste und sportlichste 718 sein wird.
Die umfangreiche Nutzung von Kohlefaser-Verbundwerkstoffen trägt dazu bei, das Gewicht zu senken. Der 718 GT4 RS ist mit einer entsprechenden Fronthaube, vorderen Kotflügeln, Sitzen und einem speziellen Heckflügel ausgestattet. Noch deutlicher sichtbar wird das Materialkonzept mit dem aufpreispflichtigen Weissach-Paket, für das sich laut Porsche die meisten Kunden entscheiden. Es ist Voraussetzung dafür, die serienmäßigen 20-Zoll-Aluminium-Schmiederäder auf 245/35 ZR 20 vorn und 295/30 ZR 20 hinten durch (ebenso aufpreispflichtige) Magnesiumräder der gleichen Dimension zu ersetzen.
Unser Porsche-Insider meint, der 718 GT4 RS sei „direkt aus dem Motorsport in die Serie konstruiert worden, mit ein bisschen Controlling dazwischen“. Wir haben wenig Zweifel daran, dass diese Darstellung der Realität entspricht. Tatsächlich dient eine weitere Variante, der 718 GT4 RS Clubsport, als Einstieg in den Rennsport. Bei ihm wird Kohlefaser übrigens durch Naturfaser-Verbundwerkstoffe substituiert, die praktisch genauso leicht wie Kohlefaser sind, aber weitaus umweltfreundlicher. „Wir erwägen, Nachhaltigkeitspakete für unsere Sportwagen anzubieten“, so Porsche. Naturfasern wären Teil dieser Angebote. Doch nicht nur Naturfasern spielen eine Rolle, wie bei diesem Test deutlich wurde: Der GT4 RS wurde mit E-Fuel betrieben – und damit völlig CO2-neutral.
Knackpunkt Gewicht
Der neue Porsche 718 Cayman GT4 RS kostet im Einstieg € 193.608,-, was angesichts seiner Leistung und seines potentiellen zukünftigen Sammlerwerts beinahe ein Schnäppchen ist. In der Tat glauben wir, dass dieses Auto, abgesehen vom Carrera GT, der puristischste und leistungsstärkste Mittelmotor-Porsche aller Zeiten sein könnte. Vor allem dank seines geringen Gewichts – der GT4 RS wiegt nur 1.415 Kilogramm – überzeugt er mit unvergleichlicher Agilität und echter Sportlichkeit. Es könnte also durchaus sein, dass er den Titel „der wahre Porsche“ tatsächlich verdient. Doch selbst wenn dem so ist, dürfte diese unglaublich große Ehre nicht von langem Bestand sein. In wenigen Jahren wird der Cayman elektrisch – und dann dürfte es sich mit dem Leichtbau (leider) erledigt haben.
„Der Cayman GT4 RS ist noch ein puristischer Sportwagen mit Ansauggeräusch, typischem Porschesound und idealer Gewichtsverteilung.“
Walter Röhrl, Ex-Rallyeweltmeister
jm