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Bye-bye Benziner

Nebst Volvo kippt auch Ford ab 2030 den Verbrennungsmotor aus dem Programm. Ford will sogar bereits ab 2026 nur noch PHEV- und EV-Modelle anbieten.

BYE-BYE BENZINER: AUTOHERSTELLER TREIBEN ELEKTROWANDEL VORAN

Die Zeiten von Benzin- und Dieselmotoren neigen sich dem Ende zu – das ist nichts Neues. Doch jetzt treiben die Automobilhersteller den Elektrowandel noch schneller voran.

Nach und nach scheinen für konventionelle Verbrennungsmotoren die letzten (Zünd-)Kerzen auszugehen. Der Untergang von

Benziner und Diesel wird in die

Geschichte eingehen, zumal auch gerade jetzt, wo die Verbrennungsmotoren so sauber, effizient und kraftvoll sind, wie nie zuvor. Doch es nützt nichts, die Automobilhersteller setzen alles auf die Karte

Elektromobilität – gewollt oder nicht.

In der Vergangenheit war dies noch anders. Die meisten Autobauer zögerten lange mit dem Einstieg in die Grossserienfertigung von E-

Modellen. Das Risiko, zu früh und zu isoliert auf ein neue Ökosystem zu setzen, war zu gross. Umso grösser ist die Elektrooffensive der Automobilhersteller jetzt. Die strategische Landkarte hat sich komplett verändert. Die Gründe sind bekannt: strenge Emissionsvorgaben, hohe staatliche Förderung, globale Klimadiskussion, sinkende Batteriepreise, besser ausgebaute Ladeinfrastruktur und nicht zuletzt ein wachsendes Angebot attraktiver E-Autos.

Die Corona-Pandemie versetzte dem Verbrenner den endgültigen Todesstoss. Experten der Strategieberatung BloombergNEF sind sich sicher, erst ab 2025 wird der globale Neuwagenabsatz wieder das Niveau vor der Krise erreichen. In solchen Zeiten wird jeder Rappen zweimal umgedreht und jede Entwicklung doppelt überdacht. Insbesondere doppel- oder mehrgleisige Entwicklungen und Investitionen haben es da schwierig. Die logische Konsequenz: Einer fliegt! Und da die Zukunft batterieelektrisch ist, hat für den Benziner und den Diesel das letzte Stündlein geschlagen.

Volvo macht den ersten Schritt

Als einer der ersten traditionellen Autobauer kündigte Volvo Cars Anfang März den radikalen Schnitt an: Die Schweden bieten ab 2030 nur noch reine E-Modelle an. Und kassieren nebenbei das Vertriebsmodell Händlerverkauf. Künftig werden die Fahrzeuge nur noch online vom Hersteller direkt verkauft. Vorstandschef Håkan Samuelsson argumentiert: «Anstatt in ein schrumpfendes Geschäft zu investieren, investieren wir lieber in die Zukunft – elektrisch und online.»

Ford profitiert von Volkswagen

Auch Ford kippt ab 2030 seine Verbrennungsmotoren aus dem Programm. Künftig sollen in Europa alle Fahrzeugmodelle rein elektrisch unterwegs sein. Bereits ab 2026 will Ford jedes Fahrzeug in Europa nur noch als Plug-in-Version oder rein elektrisch anbieten. Auch die Nutzfahrzeugpalette soll von 2023 an elektrifiziert werden. Möglich macht den schnellen Schwenk die Anfang 2019 vereinbarte umfangreiche Kooperation mit Volkswagen. Ford hielt sich bisher in Sachen Elektrifizierung eher zurück. Sein erstes rein elektrisches Modell, der Mustang Mach-E, wird erst seit wenigen Wochen ausgeliefert. Bislang gehörte Ford zu den Schlafmützen in der Elektrowelt. Der Mach-E wird aber bald Gesellschaft bekommen. Bereits in zwei Jahren will Ford ein rein elektrisches Volumenmodell auf den Markt bringen – auf der Basis der MEB-Plattform von Volkswagen, auf der auch schon der ID.3 und der ID.4 auf hiesigen Strassen umhersurren.

Dass Ford nun so schnell den Schalter umgelegt hat, hat sicher auch mit der Entscheidung des britischen Premiers Boris Johnson im November zu tun. So dürfen ab 2030 in Grossbritannien keine neuen Autos mit Verbrennungsmotoren mehr verkauft werden. Plug-in-Hybride sind auf der Insel noch bis 2035 erlaubt.

Ursprünglich sollte dieser Schnitt erst 2040 kommen. Grossbritannien ist der viertgrösste Automobilmarkt Europas und vor allem auch für Ford ein wichtiger Abnehmer.

Volkswagen hält sich gekonnt zurück

Etwas zögerlicherl schreitet Volkswagen voran. Zwar hat Konzern-Chef Herbert Diess auf der Jahrespressekonferenz angekündigt, die Elektrifizierung voranzutreiben und die ID-Familie rasch auszubauen. Doch noch will sich Europas grösster Autobauer nicht ganz von Benziner und Diesel verabschieden, zumindest nicht mit einer konkreten Jahreszahl. Volkswagen will immerhin bis 2030 den Stromer-Anteil auf 70 Prozent erhöhen. Beim Konzerngeschwisterchen Audi hingegen schliesst man sich ganz klar der Exit-Strategie von Volvo und Ford an. Audi-Chef Markus Duesmann gab vor wenigen Tagen bekannt, dass sich die Marke mit den vier Ringen künftig nur noch um die Entwicklung im Bereich Elektromobilität kümmern werde. «Wir werden keine neuen Verbrennungsmotoren mehr entwickeln, sondern unsere bestehenden Verbrennungsmotoren an neue Emissionsrichtlinien anpassen», erklärte Duesmann.

Electric First bei Mercedes-Benz

Bei Mercedes-Benz hiess es bisher stets, man werde 2039 den letzten Verbrennungsmotor zünden, dann gehen bei den Stuttgartern die Lichter für Benzin und Diesel aus. Doch möglicherweise zieht DaimlerKonzernchef Ola Källenius diesen Zeitpunkt vor. Es gebe produktseitig in der nahen Zukunft keinen rationalen Grund mehr, sich für einen Verbrenner zu entscheiden», sagt Entwicklungschef Markus Schäfer. Fest steht: Bis 2025 will Daimler alle Plattformen auf einen möglichen E-Antrieb umstellen, dabei aber möglichst lange flexibel bleiben. «Wir sind mit unserer Strategie Electric First darauf vorbereitet, aber am Ende entscheidet dies der Markt», sagt Frank Deiss, Leiter der Antriebseinheit bei Mercedes-Benz. Die Motorenpalette werde derzeit auf die Abgasnorm Euro 7 vorbereitet, aber es werde nicht mehr in grundlegende Neuentwicklungen investiert.

Ebenfalls im Jahr 2025 will die BMW-Tochtermarke Mini keine Verbrennungsmotoren mehr verbauen. Und als hätte BMW-Chef Oliver Zipse bei der Konkurrenz abgekupfert, nennt sich die hoffnungsvolle Zukunftsstrategie der Bayern ab 2025 «E-Mobility first». In diesem Volvo hat als erster Autohersteller angekündigt, keine Verbrenner mehr anzubieten.

Jahr soll dann auch das erste Modell der «Neuen Klasse» auf den Markt kommen, und bis 2030 will BMW zehn Millionen Elektroautos auf die Strassen bringen.

Porsche macht eine Ausnahme

Im gleichen Jahr will auch Jaguar Land Rover dem Verbrennungsmotor bye-bye sagen. Porsche schickt den Verbrennungsmotor bis 2030 in den Ruhestand, allerdings mit einer prominenten Ausnahme. Stand heute soll der legendäre Porsche 911 dereinst mit E-Fuels fahren, während die anderen Modelle elektrifiziert sind. Konkret will Porsche bis 2030 80 Prozent seiner Fahrzeuge als Stromer oder Hybrid verkaufen. Für die Premium-Marke im VolkswagenKonzern zahlt sich der Umstieg auf die Elektromobilität schon heute aus. Der vollelektrische Porsche Taycan war 2020 der Bestseller des Unternehmens.

Im Vergleich zum grosen Rivalen Volkswagen hält sich Toyota in Sachen Elektroautos auffallend zurück. Der japanische Weltmarktführer hatte zwar bereits 2018 von einem möglichen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bis 2050 gesprochen. Toyota-Chef Akio Toyoda warnte allerdings kürzlich vor einem überhasteten Ausstieg. Die Befürchtung sei gross, dass es zu Stromengpässe kommen könnte, wenn nur noch Elektroautos auf den Strassen fahren würden.

Auch Volkswagen will die ElektroTransformation vorantreiben. Ganz auf Verbrenner verzichten möchte der Konzern aber doch noch nicht.

Schwieriger Wandel

Kein festes Ausstiegsdatum hat bisher auch Stellantis bekanntgegeben. Carlos Tavares sagte zwar, dass die Plug-in-Hybride schon bald verschwinden könnten und man bei den Batteriefahrzeugen Vollgas geben werde. Auch Renault wollte sich bis dato auf kein Ausstiegsdatum festlegen. Konzernchef Luca de Meo ist zwar überzeugt, dass zwischen 2030 und 2035 der letzte Verbrenner von Renault vom Band rollt. Doch gerade in ärmeren Regionen der Welt dürfte der Elektrowandel noch Jahre dauern. Fest steht: Bis 2025 sollen 30 Prozent der verkauften Autos von Renault rein elektrisch fahren, weitere 35 Prozent mit Hybridantrieb. (ir)

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