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TRANSFORMATION
from A&W 06/2023
Das Wiener Motorensymposium ist ein Treffpunkt von Motorenbauern aus der ganzen Welt. Dieses Jahr zeigte es, dass neben Verbrennungsmotoren auch über andere Mobilitätsthemen berichtet werden kann und dass diese ebenfalls aktuell, interessant und sehr technisch sein können.
Text: Andreas Lerch | Bilder: IWM, AVL, Bosch, Porsche, Toyota, Lerch
Das Wiener Motorensymposium fand dieses Jahr am 27. und 28. April in der Wiener Hofburg statt. Mehr als 1000Teilnehmer aus Wissenschaft und Industrie haben mit ihrer Anwesenheit die ausverkaufte Veranstaltung bereichert. In seiner Begrüssung erinnerte Prof. Dr. Bernhard Geringer als Hauptorganisator der Veranstaltung an deren Gründer Prof. Dr. H. P. Lenz, der im vergangenen Dezember verstorben ist. Dann kam er zur Sache und stellte gleich die provokante Aussage in den Raum, dass im Jahr 2021 die CO2-Emissionen gegenüber dem Vorjahr um 5 % gestiegen seien. In diesem Zusammenhang wies er auf die intensiven Diskussionen um die Syn-Fuels in der EU und das entsprechende Presseecho hin.
Transformation
Die meisten der referierenden Vorstandsmitglieder von OEMs betonten, wie sich ihre Betriebe in der grössten Transformation der Geschichte befinden würden und dass diese Transformation hin zur reinen E-Mobilität in den nächsten zehn Jahren abgeschlossen werden müsse. Das bedeutet wohl, dass der Verbrennungsmotor in einigen Vorstandsetagen endgültig abgeschrieben wird, während andere (z. B. Toyota) auf die ganze Technologievielfalt setzen und in jedem Bereich am Ball sind (Bild 3). Toyota will auch in Zukunft verbrennungsmotorisch betriebene Fahrzeuge entwickeln und herstellen, welche mit CO2-neutralem Treibstoff (Wasserstoff, Syn-Fuels, Biofuel etc.) betrieben werden können. Daneben bleiben die Japaner den Hy- bridantrieben (HEV und PHEV) treu. Natürlich bauen sie auch BEV, und sie sind in der Schweiz sogar mit einem Brennstoffzellenfahrzeug präsent. Das zeigt deutlich, wie unterschiedlich sich die Autohersteller die mobile Zukunft vorstellen und dass sie wohl alle etwas anderes unter dem Modewort Transformation verstehen.
Immerhin hat das Motorensymposium diesbezüglich die Hausaufgaben schon fast erledigt, es hat sich von einem Motorensymposium zu einem veritablen Mobilitätssymposium mit zum Teil sehr weit gefassten Themen entwickelt. So gab es dieses Jahr nur noch wenige konsequent verbrennungsmotorische Vorträge.
Die Zulieferer
Dr.-Ing. Stefan Hartung ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH. Er hat in seinem Vortrag die Herausforderungen vor allem des Klimawandels und der Politik an die Industrie deutlich beschrieben. Für ihn ist klar: «Es steht eine Vielzahl von Lösungen zur Verfügung, aber alle diese Lösungen werden gebraucht, um die Ziele erreichen.» Er erklärte diese Aussage anhand der aktuellen und zukünftig zu erwartenden gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Emissionen von Strassenfahrzeugen in sechs ausgewählten Weltregionen: Europa, USA, Brasilien, Indien, China und Japan.
Bild 4 zeigt dazu gesetzliche Regulierungen und mögliche Auswirkungen auf den Individualverkehr in Europa. Es werde damit gerechnet, dass 2030 bereits jedes zweite Neufahrzeug elektrisch betrieben werde – vorausgesetzt, dass sich die Fahrzeugpreise kundenfreundlich entwickeln und die Infrastruktur entsprechend ausgebaut wird. Auch der Verbrennungsmotor wird uns weiterhin begleiten, aber durch Euro 7 müssen seine Weiterentwicklung und vor allem jene der Abgasnachbehandlungsanlagen vorangetrieben werden. Bei den Nutzfahrzeugen wird der Wasserstoffverbrennungsmotor eine Alternative zu BEV und Brennstoffzellenantrieben darstellen. Da der Wasserstoffverbrennungsmotor gemäss EU-Richtlinien auch zu den ZEV gehört, können damit die Flottengrenzwerte positiv beeinflusst werden. Bosch ginge es vor allem darum, dass es möglichst bald eine spürbare Verbesserung der Luftqualität gebe und dass die erforderliche Technik rechtzeitig verfügbar, bezahlbar und auch wirkungsvoll sei. Damit traf Dr. Hartung wohl die Meinung aller Anwesenden im Raum.
Hybridantriebe
In einem weiteren Vortrag stellte Bosch eine Grundlagenuntersuchung zu verschiedenen Hybridtopologien vor. In diesem Projekt wurde untersucht, ob es möglich ist, ein D-Segment-Fahrzeug mit einer Masse von 1500 kg mit einem Benzinverbrauch von 4 l/100 km, was ca. 95 g CO2/km entspricht, zu betreiben. Dazu sind verschiedene Leistungsvorgaben definiert worden (Bild 5 unten links) und die Prüffahrten wurden durch die Tester auf unterschiedlichen, offiziellen Zyklen gefahren.
Im Bild 5 sind die drei Hybridvarianten dargestellt. Als Vergleich diente das Fahrzeug mit verbrennungsmotorischem Antrieb und 7-GangDoppelkupplungsgetriebe. Der Parallelhybrid P2 mit einer E-Maschine stellte die erste Hybridversion dar. Als zweite Variante wurde ein serieller Hybrid mit zwei E-Maschinen untersucht. Zu guter Letzt wurden die beiden E-Maschinen über eine Kupplung miteinander verbunden. Die Hybridtopologie stellte so eine Serie-Parallel-Variante dar.
Die Betriebskennfelder zeigen, dass es sich bei allen Varianten um den gleichen Verbrennungsmotor handelt, wobei aber mit zunehmender Elektrifizierung dieser nur noch in sehr eingeschränkten Betriebspunkten betrieben wird. Im seriellen Hybrid läuft er erwartungsgemäss nur im besten Kreis mit dem geringsten Verbrauch. Der seriell-parallele Hybrid hat nicht nur zwei Grundschaltungen im Namen – bei ihm liegt auch das benutzte Betriebsfeld zwischen diesen beiden Varianten.
Der Abschnitt unten rechts in Bild
5 zeigt, was die konsequente Hybridisierung für den Verbrennungsmotor bedeuten kann: Der Kennfeldbereich
1 (low end torque) kann elektrisch abgebildet werden, da E-Maschinen bei kleinen Drehzahlen immer hohe Drehmomente abgeben. Der Bereich
2 bildet hohe Drehzahlen bei allen Lasten ab. Dieser Bereich kommt in den offiziellen Zyklen relativ selten vor und im normalen Fahrbetrieb stellt er vor allem kurze Beschleunigungsphasen dar, welche auch wieder elektrisch abgebildet werden können – ebenso die Niedriglastbereiche (3). So geht es noch um den Punkt 4: Natürlich muss versucht werden, den besten Wirkungsgradpunkt im Betriebskennfeld dorthin zu verlegen, wo auch