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from A&W 06/2023
am häufigsten gefahren wird, sei es bei einer Zyklusfahrt oder im realen Betrieb. Der Referent betonte dazu, dass durch die Lasttransformation (Betriebspunktverschiebung) der aktuelle Betriebspunkt im Kennfeld dorthin verschoben werden könne, wo der Wirkungsgrad am besten sei. Da werde die vom Verbrennungsmotor (zu viel) gelieferte Energie im Generator in elektrische Energie umgewandelt und in der Batterie zwischengespeichert. Anschliessend müsse sie wieder abgerufen und in einem Motor in mechanische Energie zurückverwandelt werden. Das führe grundsätzlich zu einer langen Wirkungsgradkette und dadurch werde der Gesamtwirkungsgrad bedeutend verschlechtert.
Als Resultat zeigte sich die SerieParallel-Hybridvariante am effektivsten, spielte ihren Vorteil aber vor allem in hochlastigen Zyklen aus, und die geringsten Verbräuche wurden mit einem Motor mit Magerbrennverfahren erreicht.
Verbrennungsmotor mit höchstem Wirkungsgrad
Der österreichische Entwicklungsdienstleister AVL beschäftigt sich schon seit einiger Zeit mit der Steigerung des Wirkungsgrades von Verbrennungsmotoren. Durch ausgeklügelte Massnahmen weist sein Vierzylindermotor mit 2.5 l Hubraum dieses Jahr einen Wirkungsgrad von 45 % aus. Dr. Paul Kapus hatte schon verschiedentlich über diesen Motor berichtet. Er schliesst seine Vorträge in der Regel mit einer Vorausschau und meint dann dazu, dass sie bei der AVL noch einige Ideen hätten und der Wirkungsgrad wohl noch etwas besser werden könnte. So darf man gespannt sein, wann die 50-%-Grenze geknackt wird.
Auf der Basis eines Mitsubishi Outlander wurde ein Serie-ParallelHybrid aufgebaut. Der aufgeladene 4-Zylinder-Reihenmotor wird mit Benzin (95 ROZ) betrieben, hat 2.5 l Hubraum, ist 16.5 : 1 verdichtet und wird im Atkinsonzyklus (spätes Einlass schliesst) bis zur Volllast mit λ = 1 betrieben. Dabei weist er eine Literleistung von bis zu 70 kW auf. Es ist sehr wichtig, dass auf diesem Niveau wirkungsgradoptimierte Motoren sehr reibungsarm laufen. Der Vierventilmotor ist mit je drei Zündkerzen ausgestattet (Bild 6). Die M8-Zündkerzen stellen eine Eigenentwicklung dar. Mit einiger Genugtuung erklärte der Referent, dass die M8-Zündkerzen volllastfest seien und eine Durchbruchspannung von 42 kV aufweisen würden. Durch die drei Zündkerzen wird ein kürzerer Zündverzug von 4° KW bis 5° KW erreicht, wodurch der Verbrennungsschwerpunkt vorverlagert werden kann und auch die Brenngeschwindigkeit etwas vergrössert wird. Es ist nicht ganz selbstverständlich, dass das Gemisch in einem 16.5 : 1 verdichteten Motor bei Volllast mit
30 % Abgasrückführung überhaupt noch entflammt werden kann.
Durch diese Massnahmen gelingt es, den Verbrauch bei niedriger Last und kleinen Drehzahlen um etwa 3 % zu verringern. Die Abgasanlage ist auf Euro 7 ausgelegt, und mit dem elektrisch unterstützten Turbolader kann einerseits die Ladedruckregelung realisiert werden, aber der Turbo kann in der Kat-Heizphase auch Luft über einen Bypass um den Verbrennungsmotor herum direkt ins Auslasssystem fördern. Dort strömt die Luft durch den elektrisch betriebenen Heizflansch (Heizkat) und verteilt die Wärmeenergie im gesamten Auslasssystem und bringt die Katalysatoren dadurch rasch auf die Anspringtemperatur.
Technologieoffenheit
Man mag sich fragen, weshalb sich so grosse Zulieferer und Entwicklungsdienstleister wie Bosch oder die AVL immer noch mit dem Verbrennungsmotor beschäftigen. Eine mögliche Antwort dazu lieferte Dr.-Ing. Ulrich Kramer von der Ford-Werke GmbH in Köln. Er hat zusammen mit seinen Mitautoren riesige Datenmengen gesammelt und analysiert. So schlussfolgert er, dass «ein günstiger Mix aus THG-neutralen Mobilitätspfaden den Übergang zur THG-neutralen Mobilität erheblich beschleunigen könne». THG bedeutet die Sammlung aller treibhausrelevanten Gase, und unter den THG-neutralen Mobilitätspfaden muss die Sammlung der verschiedenen alternativen Antriebe verstanden werden, welche als treibhausgasneutral gelten. Wenn die Politik einen derartigen Mix an Technologien gutheissen und optimal regulieren würde, so ist sich der Referent sicher, könnte die europäische Mobilität bereits vor 2040 THG-neutral sein.
Wenn sich Europa aber weiterhin ausschliesslich auf die batterieelektrische Mobilität fokussiert, werde die THG-Neutralität auch im Jahr 2050 nicht erreicht sein. Dies nicht nur aufgrund der Altfahrzeuge, welche noch im Betrieb sind, sondern auch wegen technischer Engpässe (Kobalt- oder Lithium-Lieferung, Energieinfrastruktur usw.). So würden bis ins Jahr 2050 mit der reinen Förderung der E-Mobilität gegenüber der optimalen Technologievielfalt mehr als 8700 Mio. t CO2 mehr emittiert, was ungefähr dem 13-fachen Wert der Emissionen des europäischen Strassenverkehrs im Jahr 2020 entspräche – rechnete Kramer den Anwesenden vor.
Nicht er allein, vielmehr die meisten der Anwesenden sind der Meinung, dass die Technologievielfalt eher zum Ergebnis des Eingangsredners von Bosch, Dr.-Ing. Stefan Hartung, führen würde: rechtzeitig verfügbar, bezahlbar und wirkungs- voll bezüglich der Minderung der THG in der Atmosphäre.
Syn-Fuels
Dipl.-Ing. Thorsten Herdan, CEO der HIF EMEA GmbH, berichtete grundsätzlich über Syn-Fuels und im Speziellen über das Projekt in Haru Oni in Chile. Dort sind neben Porsche und Siemens eben auch die HIF dabei. HIF steht für Highly Innovative Fuels und setzt sich für die Defossilisierung unseres Planeten ein. Der Referent zeigte die Vorteile von Syn-Fuels und auch deren weitgestreute Anwendungsmöglichkeiten auf. Dann erklärt er, dass die Produktion in Patagonien angelaufen sei. Die einzelnen Prozessschritte an sich würden keine grossen Probleme darstellen, aber die einzelnen Stufen zusammenzuhängen, das sei eine echte Herausforderung.
Die geografische Auswahl der Anlage im Süden von Chile (Patagonien) war dem Wind geschuldet, welcher dort an fast 300 Tagen pro Jahr so stark bläst, dass mit einem Windrad günstiger Strom hergestellt werden könne (Herdan spricht von 1 Cent/ kWh – vor 30 Jahren waren es noch etwa 30 Cent/kWh). Weil die elektrische Energie in solchen Regionen viel günstiger herzustellen sei und weil wir die Energie, welche wir in unseren Breitengraden herstellen, in den Haushalten und der Industrie benötigen und verbrauchen, sei es nicht sinnvoll, Syn-Fuel-Anlagen in Westeuropa zu erstellen. Auch heute werden die Mineralöle mit grossen Tankern über die Weltmeere transportiert. So befindet sich Haru Oni in der Nähe des Hafens Cabo Negro und damit im Einzugsgebiet der Magellanstrasse.
Die 130’000 LiterTreibstoff, welche die Anlage im Moment liefert, werden hauptsächlich im Porsche Mobil 1 Supercup und in den Experience Centern des Sportwagenherstellers eingesetzt. In einigen Jahren soll die Menge auf 550 Millionen Liter pro Jahr erhöht werden. Was damit geschehen wird, lässt sich noch nicht voraussagen.
Elektromobilität
Toyota hat einen dedizierten Antriebsstrang für ein BEV vorgestellt. Interessant ist, dass sich die Fortschritte auch bei den E-Antrieben nur mehr in kleinen Schritten ausbreiten. So lassen die Toyota-Ingenieure die Drähte der Statorwicklungen nun rechteckig und nicht mehr rund fertigen, was einen besseren Füllungsgrad und damit einen grösseren Wirkungsgrad des Stators mit sich bringt. Der Rotor erhält ein neues Design mit einer vergrösserten Anzahl eingelegter Permanentmagnete. Dass die Magnete auch anders im Rotor vergraben sind, bewirkt andere magnetische Eigenschaften zum einen, aber zum anderen auch andere Reluktanzeigenschaften. Auf diese Art können die Betriebskennfelder der E-Maschinen den Bedürfnissen angepasst werden.
Daneben erfahren auch die Lithium-Ionen-Batterien gewisse Anpassungen. Sowohl im erwähnten Toyota-Vortrag wie auch in einem Audi/Porsche-Vortrag wurden wesentlich vergrösserte Zellen vorgestellt. Toyota verminderte die Zellenanzahl von 200 auf 90, behielt die Spannung von 355 Volt bei und vergrösserte die Kapazität von 54 kWh auf 71 kWh. Die Masse vergrösserte sich dabei nur von 415 auf 481 kg. Bei Audi und Porsche, welche den Vortrag gemeinsam gehalten haben, liegt die Batteriespannung bei 800 Volt. Die Zellenergie vergrösserte sich auf 150 %, und dabei konnte auch die Energiedichte um 15 % angehoben werden. Das Endprodukt ist eine um 30 % kleinere Batterie mit 5 % höherem Energieinhalt.
Das Wiener-Motorensymposium hat erneut gezeigt, dass die Automobiltechnik sowohl im herkömmlichen wie auch im neuen, nachhaltigen oder alternativen Teil sehr interessant bleibt. Bei der nachhaltigen Energieerzeugung müsste aber grundsätzlich noch genauer hingeschaut werden. Zu diesem Thema würde sich ein Vortrag im nächsten Jahr sicher gut machen.
1. Um welchen Faktor ist der Motor der AVL auf dem WLTP-Zyklus besser als ein herkömmlicher Motor?
2. Welche E-Maschinenart ist im Bild 8 gezeichnet?
3. Warum wurde die vorgestellte Syn-FuelAnlage in Südamerika gebaut und nicht in Mitteleuropa?
1. Typ-2-Combo-Stecker
2. Combo bedeutet, dass das Fahrzeug auch mit Gleichstrom geladen werden kann (Schnellladung).
3. Bei der tieferen Spannung ergibt sich der grössere Spannungsverlust, weil mehr Strom fliesst und der Spannungsabfall stromabhängig ist.