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Hostettler, Peter
from A&W 09/2022
«WIR LIEFERN DEM GARAGISTEN DEN RICHTIGEN REIFEN ZUM RICHTIGEN ZEITPUNKT»
Ukraine-Krieg, Lieferkettenprobleme, Klimawandel, Fachkräftemangel: Das Reifenbusiness war auch schon einfacher. Die Hostettler Autotechnik AG ist mit dem Geschäftsverlauf zufrieden und blickt zuversichtlich auf die anstehende Wintersaison. Patrik Spirig, Leiter Reifen, im Gespräch.
Saison gekommen. Heutzutage ist das unmöglich. Wenn er vielleicht VW- oder Audi-affin ist, kann er von den entsprechenden Grössen einige ans Lager nehmen. Aber wenn plötzlich ein Kunde mit einem Hyundai oder einem Opel oder einem Ford kommt, kann er das gar nicht vorher einkalkulieren. Für das sind wir als Grosshändler da.
Interview/Bild: Mario Borri
Patrik Spirig, Leiter Reifen bei der Hostettler Autotechnik AG, mit den beiden Katalogen von 2004/05 und 2021/22.
AUTO&Wirtschaft: Wie lief das Reifengeschäft für Hostettler in den vergangenen zwölf Monaten?
Patrik Spirig: Was unsere Hausmarke Nexen betrifft, konnten wir das Optimum aus der Situation herausholen. Weil wir früher bestellt hatten, haben wir ausreichend Sommerreifen erhalten. Das Gleiche gilt für die Winterreifen. Diese haben wir bereits im November 2021 bestellt, anstatt im Februar 2022. Unsere Lager sind bereits gut mit Nexen-Winterreifen gefüllt. Ausserdem ist die Disposition für das Sommergeschäft 2023 auch bereits abgeschlossen.
Und wie sieht es mit den anderen Marken aus, die Hostettler vertreibt?
Auch von Bridgestone, Continental, Cooper, Michelin und Pirelli wurden wir im Sommer gut versorgt. Und der Winter 2022/23 sieht nicht schlecht aus – weil wir ebenfalls früher bestellt haben, Anfang März statt Mai 2022.
Stichwort Bestellung: Wie geht die Hostettler Autotechnik das an?
Das ist Aufgabe des Reifen-Disponenten. Am Anfang schaut er sich die Bestell-History an, was in der Vergangenheit verkauft wurde. Dann verschafft er sich eine Übersicht, welche Automodelle neu auf den Markt kommen, analysiert die Zulassungsstatistik der Neuwagen und findet heraus, welche Reifen diese Modelle benötigen.
Reifen-Disponent ist demnach ein sehr schwieriger Job …
… definitiv. Fingerspitzengefühl und Erfahrung sind dabei sehr wichtig. Beim Disponieren müssen viele Faktoren berücksichtigt werden – zum Beispiel einen Reifentyp bestellt, der ein Renner zu werden schien, weil er im letzten Jahr super gelaufen ist, aus dem nun aber ein Ladenhüter geworden ist. Denn vielleicht hat gerade diese Dimension ein anderer Hersteller in grossen Mengen produziert, so dass der Markt gesättigt war. Das alles ist sehr diffizil.
Die richtige Menge wäre ideal, klar. Wenn es nicht klappt, was ist besser, zu viele oder zu wenige Reifen an Lager zu haben?
Meiner Ansicht nach: lieber ein bisschen mehr. Unser Credo – und sicher auch das der anderen Reifengrosshändler – ist, dass wir jeden Kunden zufriedenstellen wollen. Hauptsache der Reifen ist am Lager, wenn man ihn braucht. Natürlich, das Kapital ist gebunden. Aber wir gehen lieber auf Nummer sicher, denn für die Hostettler Autotechnik AG gilt: Wenn man die Ware nicht am Lager hat, kann man sie auch nicht verkaufen. Mit unserem Inhaber Peter Hostettler haben wir einen guten Patron, der uns dabei voll und ganz unterstützt.
Apropos Lager – wie viele Reifen fasst das Hauptlager in Buttisholz?
Die Kapazität des Lagers beträgt insgesamt 250’000 Reifen. Aktuell (Stand Juli, Anmerkung der Redaktion) ist es aber noch nicht ganz voll. Die wichtigsten Dimensionen sind jedoch an Lager.
Was sind neben Ukraine-Krieg und Lieferkettenproblemen die grössten Herausforderungen im Reifengeschäft?
Wie man gesehen hat, ist es wichtig, dass das Reifenlager frühzeitig voll ist. Wenn der Garagist den Reifen will, soll er ihn auch bekommen. Ich glaube, es wäre das Schlimmste, man müsste sagen: «Sorry, wir können nicht liefern.» Das Wichtigste ist, den richtigen Reifen zum richtigen Zeitpunkt für den Kunden bereit zu haben. Wichtig ist auch, dass man den Garagisten im Reifengeschäft unterstützt. Die Reifenvielfalt hat so enorm zugenommen, dass man schnell den Überblick verliert. Vor 15, 20 Jahren konnte der Garagist noch ein paar Grössen an Lager nehmen und ist damit durch die
Wie viele Dimensionen haben Sie denn am Lager oder im Sortiment? Und im Vergleich zu früher?
Eine genaue Zahl zu nennen, ist schwierig. Aber lassen Sie uns mal die General-Kataloge vergleichen. Jener aus dem Jahr 2004/2005 ist 94 Seiten dick, davon 25 mit Reifen. Der aktuelle 2022er-Katalog ist mit gut 200 Seiten, davon 94 Seiten mit Reifen, mehr als doppelt so umfassend.
Wie haben denn die Garagisten diese Umstellung aufgenommen? Das ist ja wie ein Kontrollverlust, wenn sie nicht mehr alles selber an Lager haben …
… ja, das war am Anfang für den einen oder anderen schwierig, doch sie sind langsam in die neue Situation reingewachsen. Die Rolle von uns Grosshändlern war schon immer wichtig, doch bei dieser enormen Vielfalt sind die Garagisten wirklich froh, dass es uns gibt.
www.autotechnik.ch
Für den kommenden Winter hat die SAG zusammen mit Derendinger und Technomag den brandneuen Kumho «WinterCraft» WP52 im Sortiment.
«EINE GUTE VORBEREITUNG UND VORRAT SIND AKTUELL VON VORTEIL»
Die nationale und die internationale Reifenbranche ächzen unter der aktuellen Situation und befürchten eine Knappheit an Winterreifen in der Hochsaison. Dank des neuen Reifenlagers in Niederbipp verfügen die SAG und ihre Tochtermarken Derendinger und Technomag über eine Kapazität von insgesamt 170’000 Reifen. Dennoch rät Kevin Jung, Head of Category Management Wheels bei der SAG, sich gut zu bevorraten. Interview: Isabelle Riederer
AUTO&Wirtschaft: Herr Jung, wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf des Sommerreifengeschäfts?
Kevin Jung: Mit dem bisherigen Reifengeschäft sind wir zufrieden.
Wie lauten die Prognosen für das bevorstehende Winterreifengeschäft?
Wir gehen davon aus, dass es Engpässe bei Winterreifen geben könnte. Ob dem so ist, werden wir sehen. Wir sind für alle Eventualitäten gut vorbereitet.
Gibt es neue Reifenprofile oder Produkte für den Winter bei der SAG?
Für den kommenden Winter haben wir von unserer exklusiven Hausmarke Kumho den brandneuen Kumho «WinterCraft» WP52 im Sortiment, der den bisherigen Winterreifen «WinterCraft» WP51 sukzessive ablöst und sich insbesondere für Kleinwagen und Fahrzeuge der Kompakt- und Mittelklasse eignet. Neueste Mischungstechnologien und eine dreidimensionale Lamellentechnologie sorgen in Verbindung mit dem laufrichtungsgebundenen Profil für ausgezeichnete Fahreigenschaften im Trockenen, bei Nässe und auf Schnee. Das neue Profil ist zum Marktstart in 43 Grössen von 13 bis 18 Zoll lieferbar, im nächsten Jahr folgen weitere 36 Grössen. Der Kumho «WinterCraft» WP71 und der Kumho «WinterCraft» WP72 sind für Fahrzeuge der Mittel- und Oberklasse gedacht und überzeugen ebenfalls durch sichere Fahreigenschaften bei jedem Wetter. Der Kumho «WinterCraft» WS71 ist der passende Winterreifen für alle SUV
sowie moderne Offroad-Fahrzeuge. Zusätzlich gibt es auch aus dem Hause Hankook neue Winterreifen: den «Winter i*cept RS3» (W462) und den «Winter i*cept iON» (IW01), der speziell für Elektrofahrzeuge konzipiert wurde. Aus dem Hause Pirelli gibt es neu den Scorpion Winter 2 für SUV-Fahrzeuge. Das Wichtigste ist aber, dass all diese Reifen bei uns verfügbar sein werden.
Durch die aktuelle politische Situation befürchten viele, dass im Winter Reifen knapp werden. Wie sehen Sie das?
Für das kommende Winterreifengeschäft zeigen viele Indikatoren auf eine mögliche Reifenknappheit in der Hochsaison. Wir haben uns entsprechend vorbereitet, um unseren Kunden jederzeit eine gute Verfügbarkeit zu bieten.
Wie hat sich die Nachfrage bzw. das Interesse an Ganzjahresreifen entwickelt?
Wir spüren ein Nachfragewachstum, aber auf bedeutungslosem Niveau.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Marktlage? Gibt es bestimmte Trends, die spürbar sind?
Wir erkennen den Trend, dass viele Garagen und Pneuhäuser just in time Reifen bestellen. Durch die Vielfalt der Reifendimensionen und verschiedenen Technologien weiss bald kein Betrieb mehr, was er ins Lager nehmen soll. Das macht es schwierig und benötigt einen verlässlichen Reifenlieferanten, welcher auch liefern kann, wenn es andere nicht mehr können.
Wie sieht die aktuelle Situation bei Ihren Garagisten und Händlern aus? Es besteht eine gewisse Unsicherheit wegen der Verfügbarkeit im Winter, was ich nachvollziehen kann.
Die SAG sowie ihre Tochtermarken Derendinger und Technomag beliefern ihre Kunden mehrmals täglich. Hat sich daran etwas verändert?
Unser Lieferservice ist essenziell für unsere Kunden. Sie müssen sich darauf verlassen können, deshalb hat er für uns eine sehr hohe Priorität. Wir bieten unsere Reifen im B2B-Geschäft Garagisten, Pneuhäusern, Tuningspezialisten und Flottenkunden an, und unser starkes Aussendienstteam ist tagtäglich für Kunden und Partner da.
Was empfehlen Sie Ihren Garagisten, wie sie Kunden zum Thema Reifen beraten sollen?
Die meisten Garagisten kennen ihre Kunden bestens und können so auf individuelle Bedürfnisse und Situationen eingehen. Mit einer sauberen Bedarfsermittlung finden die Reifenhändler das optimale Produkt für das spezifische Fahrzeug.
Wo besteht im Reifenhandel noch Luft nach oben?
Die Digitalisierung im Reifengeschäft ist bei vielen schon ein Thema, was auch neue Herausforderungen mit sich bringt. Es gibt auch Kunden, die uns gerne kontaktieren. Wir schätzen den persönlichen Kontakt sehr und bieten diesen Service gerne auch weiterhin an. Alternativen ausprobieren. Wir haben für jedes Portemonnaie die passenden Reifen an Lager.
Apropos Digitalisierung, welche Online-Dienstleistungen bieten Sie Ihren Kunden an?
Mit einem Login für unseren Shop hat der Kunde Zugriff auf all unsere Produkte – vom Reifen bis zur Bremsscheibe, vom Ölfilter bis zur Schneekette. Für jedes einzelne Produkt zeigen wir das Auslieferzeitfenster an. Der Kunde weiss dann genau, um welche Uhrzeit das bestellte Produkt eintrifft, und kann entsprechend seine Liftbesetzung und Kundentermine planen. Hin und wieder stellen wir gezielt ein Reifenschnäppchen in den Shop. Reinschauen lohnt sich also!
Wie sind Sie bezüglich des Reifenhandels online aufgestellt?
Wir haben einen separaten Onlineshop für Reifen auf unserer Plattform Connect. Ergänzend haben wir eine Smartphone-Lösung namens «RapidBox».
Herr und Frau Schweizer lieben Premiumreifen, ist das immer noch so?
Die Schweiz ist grundsätzlich ein Premiumland und die Autofahrerinnen und Autofahrer investierten bisher gerne ein paar Franken mehr in Sicherheit und Komfort. Die starken Preissteigerungen der letzten Monate könnten aber unter Umständen dazu führen, dass einzelne Autofahrerinnen und Autofahrer das Budget nicht erhöhen und günstigere
Durch die Zunahme der Elektromobilität wird das Reifengeschäft für Garagisten immer wichtiger. Aber kann man heute mit Reifen noch eine attraktive Marge generieren?
Natürlich kann man das! Es sind insbesondere Reifenmarken mit Tradition, aber da gibt es auch Unterschiede bezüglich Marge. Wir unterstützen unsere Kunden mit einer unverbindlichen Preisempfehlung für jeden Reifen. Mit dieser Orientierung lässt sich auch eine gute Marge erzielen. www.sag-ag.ch www.technomag.ch www.derendinger.ch
Die südkoreanische Reifenmarke Kumho Tyre wurde 1960 gegründet und ist heute mit knapp 60 Millionen verkauften Reifen einer der führenden Reifenhersteller weltweit.