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Umfrage: Agenturmodelle – Fluch oder Segen?
HANDEL IM WANDEL
FOKUS
Es gibt auch Vorteile
„Grundsätzlich sehe ich Agenturmodelle nicht negativ, ausschlaggebend sind vor allem die Rahmenbedingungen“, so Josef Frischmuth, Geschäftsführer des Autohauses Danner in Schlüsslberg. „Ein Agenturvertrag kann Josef für den Handel gerade in Zeiten wie dieFrischmuth sen mit dem Risiko der Lagerhaltung und dem schnellen Wechsel der Technologie von Vorteil sein.“ Wichtig sei auch die Frage, wie sich darstellen lasse, dass der Händler noch Geld verdienen dürfe und könne. Auch die Vergütung von Leistungen sei ein Thema, denn „wir müssen irgendwo unsere Kosten, die uns für die Inanspruchnahme unserer Infrastruktur entstehen, verdienen“.
Leistungen des Händlers vergüten
„Ich bin ein Fan von unserem Agenturmodell, das derzeit bei der Vermarktung der Modelle ID.3 und ID.4 zur Anwendung kommt“, meint Dipl.oec. Anton Reiser, Geschäftsführer Autohaus Reiser (Straßwalchen und Mondsee). Der Vorteil sei, Anton Reiser dass der Händler weder Lager- noch Abverkaufsrisiko habe. Allerdings brauche man noch einige Schrauben, an denen man drehen müsse, „weil es wichtig ist, dass der Händler nicht ausgebootet wird“. Sobald die Hersteller sich dafür entscheiden, den Vertrieb selber zu machen, müssten Leistungen des Händlers vergütet werden. Wichtig sei eine Grundspanne, die zumindest die Kosten abdecke.
„Rahmenbedingungen sind entscheidend!“
Josef Frischmuth
Agenturmodelle: Bringen sie Fluch oder Segen?
Die Automobilbranche befindet sich (nicht zuletzt wegen fortschreitender Digitalisierung) im Wandel. Sie H ANDEL IM WANDEL
bringt auch Vertriebsformen neuer Aktualität wie etwa Agenturmodelle, die den klassischen Fahrzeughandel gravierend verändern könnten. Was meinen die Händler?
Von Dieter Scheuch
Überprüfen, ob es sich rechnet
„Wenn die Agentur beim Haupthändler angeschlossen ist, hat das Vorteile, weil man eine flächendeckende Abdeckung hat, was den Vertrieb anbelangt und somit auch die Servicestationen“, stellt Mag. Michael Mayr, Geschäftsführer Autopark/Innsbruck, fest. „Der Riesenvorteil von den Agentursystemen ist, dass die Agentur die ganze Stärke von Vielfalt von der Produktwahl bis zum Vorführwagen des Haupthändlers auch nutzen kann. Ein Vertriebsmodell zwischen dem Hersteller und dem Händler, bei dem wir keine Spanne mehr haben, sondern nur Dienstleistungen abgegolten werden, ist ein neues Geschäftsmodell, bei dem man schauen müsste, wie sich dieses für unsere Strukturen rechnet.“
Michael Mayr
Kann durchaus Vorteile bringen
„Grundsätzlich stehe ich dem Thema Agenturmodell positiv gegenüber – wenn es richtig und gut gemacht ist“, sagt Mag. Peter Jagersberger, Geschäftsführer Kaposi Hofmeester Holding/Klagenfurt. Wenn der Hersteller sage, er wolle einen Direktvertrieb etablieren und gleichzeitig die Speerspitzen der Handelsorganisation als Agenturpartner an der Front haben, „kann das durchaus Vorteile bringen, wenn es einerseits so ausgestaltet ist, dass der On- und Offlinepreis der gleiche ist, und wenn die Verprovisionierung des Handelsbetriebes – oder dann Vermittlungsbetriebes – andererseits ausreichend und angemessen ist“.
Peter Jagersberger Kunden erwarten Service
„Bei neuen Vertriebsmodellen wie Agenturmodellen ist meiner Meinung das Hauptthema die Spanne“, meint Komm.-Rat Manfred Ellensohn, Seniorchef des Autohauses Ellensohn/Rankweil. „Es stellt sich die Frage, ob Spannen kostendeckend sind, um die Infrastruktur aufrechterhalten zu können.“ Gerade bei Mittel- und Oberklasse-Fahrzeugen erwarte der Kunde eine Top-Betreuung. Das reiche von der Übernahme und Aufbereitung bis hin zur Erklärung des Fahrzeugs. „Gerade die mittel- und hochpreisigen Fahrzeuge werden hauptsächlich von der älteren Generation gekauft, diese wünscht entsprechenden Service.“ Jedes neue Vertriebsmodell stehe und falle mit der Höhe des Kostenersatzes.
Manfred Ellensohn
Nicht ohne Händlerzuordnung
Generell könne es nicht das Ziel sein, Agenturmodelle, in deren Rahmen Fahrzeuge nur direkt beim Hersteller bestellt werden, zu etablieren, meint Komm.-Rat Mag. Werner Blum, Geschäftsführer Autohaus Blum/St. Pölten und Krems und Präsident des Verbands Österreichischer Ford-Vertragshändler. „Dann sind unsere Schauräume dazu da, um Fahrzeuge herzuzeigen, die der Kunde irgendwo kauft, die aber nichts mit der Händlerzuordnung zu tun haben. Der Händler wäre dann der Investor für das E-Commerce-Geschäft für irgendjemanden.“ Grundsätzlich sei das aus Händlersicht abzulehnen, „da Händler ja weiter die Aufwendungen – sei es Probefahrt, sei es Fahrzeugerklärungen oder Kundengespräche haben.“
Werner Blum
Josef Harb
„Agenturmodelle sind eine uralte Geschichte.“
Burkhard Ernst
Ein altes Modell
„Im Prinzip tun alle so, als wären Agenturmodelle etwas Neues, das ist aber eine uralte Geschichte, denn das gab es schon 1974, als ich zu arbeiten begann“, sagt Komm.-Rat Prof. Burkhard Ernst, Landesgremialobmann des Burkhard Wiener Fahrzeughandels und GeschäftsErnst führer Rainer Kraftfahrzeughandels GmbH/Wien. „Es ist für einen Händler ein wenig schwieriger, weil er überhaupt kein Lager hat, auf der anderen Seite hat er aber auch keine finanzielle Belastung. Wie das rechtlich aussieht, also ob unser KraSchG bei einem Agenturvertrag Platz greift, wäre juristisch zu klären.“ Gleichzeitig würden bei einem Agenturmodell die Umsätze wohl drastisch zurückgehen, das habe möglicherweise Konsequenzen bei den Banken.
„Bei neuen Vertriebsmodellen ist das Hauptthema die Spanne.“ „Händler haben Aufwendungen, sei es Probefahrt, sei es Fahrzeugerklärungen oder Kundengespräche.“
Werner Blum
Chance für kleinere Händler
„Wenn das neue Vertriebsmodell von Mercedes-Benz in Österreich so funktioniert, wie es geplant wurde, dann sehe ich das persönlich sehr positiv“, so Komm.-Rat Josef Harb, Geschäftsführer Autohaus Harb/ Josef Harb Voitsberg und Bundesinnungsmeister der Fahrzeugtechnik. Das betreffe etwa die Preise, die in ganz Österreich gleich sein sollten. Damit würden Rabattschlachten hintangehalten. Das betreffe auch Online-Bestellungen und damit hätten sowohl kleine als auch größere Betriebe die Chance, mit gutem Service beim Kunden zu punkten. Aber auch Kosten könnten reduziert werden, etwas durch die Zurverfügungstellung von Vorführwagen. „Die Praxis wird zeigen, wie es läuft, vielleicht werden auch noch weitere Adaptierungen notwendig sein.“
Josef Kamper
Beratung ist das Wichtigste
„Aus meiner Sicht gibt es für einen Händler nichts Besseres als ein Agenturmodell“, meint Josef Kamper, Geschäftsführer Autohaus Josef Kamper/Neusiedl am See. Der Vorteil sei Preisstabilität, weil es entsprechende Verkaufsbarometer gebe und die Preise vom Hersteller festgelegt würden. „Darüber braucht der Händler auch kein Lager und muss die Ware nicht vorfinanzieren. Dadurch entfällt auch viel Druck und das Lagerrisiko.“ Ein Vorteil sei auch eine vorauskalkulierbare Marge. „Das Wichtigste bei einem Agenturvertrag wird meiner Meinung nach die Beratung sein. Dort, wo der Kunde diese findet und zufriedengestellt werden kann, wird er auch sein Fahrzeug kaufen.“
Josef Kamper
„Bisher keine Anzeichen, dass das für Deutschland geplante Abo-Modell auch in Österreich eingeführt wird.“
Ing. Werner Schirak, Jaguar Land Rover Händlerverbandsobmann
Hersteller winkt bei Abos ab
Im Gegensatz zu Deutschland, wo der dortige Importeur ein geplantes Abo-Modell nach einer gerichtlichen Entscheidung abblasen muss, ist Derartiges in Österreich nicht in Aussicht: „Ein Abo-Modell im Sinne eines Direktvertriebs ist bei Jaguar und Land Rover in Österreich nicht geplant“, sagt Dieter Platzer, Sprecher von Jaguar Land Rover Austria. Laut der Importeurs-Sales-Abteilung bieten die Handelspartner auf Kundenwunsch Auto-Abos über ViveLaCar an. „Dann macht ViveLaCar das Geschäft mit dem Händler, nicht mit dem Importeur.“ Auch seitens des Händlerverbands sieht man durch das deutsche Urteil keine Bewandtnis für Österreich. „Es gibt bisher keine Anzeichen dafür, dass ein solches Abo-Modell, wie es von Jaguar Land Rover in Deutschland geplant war, auch in Österreich eingeführt wird“, bestätigt Ing. Werner Schirak, Obmann des Vereins Österreichischer Jaguar Land Rover Händlerbetriebe.
Hörburger: kein Ende
Nachdem Dietmar Hörburger seine Liegenschaft am Standort in Wolfurt verkauft hat, bietet er ab Mitte Juli Service für Jaguar und Land Rover am RohrerStandort in Rankweil (Churer Straße 30) an.
Umfrage: Das erste Auto
Ein gebrauchter VW, Opel, Ford oder Fiat - das ist laut willhaben-Umfrage das wahrscheinlichste Vehikel, mit dem Führerscheinneulinge in Österreich ihre ersten Kilometer zurücklegen. „Unabhängigkeit, mobil sein, aber auch weite Strecken schneller zurückzulegen“, sind laut Michael Gawanda, Head of Auto & Motor bei willhaben, die wichtigsten Motive zur Prüfung anzutreten. 88,3% der Befragten setzen beim ersten Auto auf einen Gebrauchtwagen, 53% kaufen privat, 39% beim Händler. Während ganz allgemein das Thema E-Auto auf willhaben gerade floriert, sind nur ungefähr 4 Prozent der Meinung, dass sich E-Autos auch als erstes Fahrzeug eignen. Hängt vielleicht damit zusammen, dass der Preis für 78% ein wichtiges Kriterium ist. Michael Gawanda