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Ist E eh fix?
Langsam werden die negativen Stimmen leiser, weil auch die kritischsten Geister erkennen: Die Zukunft fährt elektrisch. Sämtliche Weichen wurden seitens der Politik und der Hersteller in Richtung emissionsfreie Antriebe gestellt. Und vom Weg abzweigen will und kann aus wirtschaftlichen Gründen eigentlich niemand mehr.
Jaguar tuts 2025. Kia 2027. Und Opel 2028. 2030 folgen Mercedes, Mini, Ford, Volvo und Fiat. All diese Hersteller werden dann die komplette Modellpalette auf Elektroantrieb umgestellt haben. Hyundai, Honda und ein paar andere Marken lassen sich noch ein paar Jahre mehr Zeit, bis sie der Verbrennungskraftmaschine das letzte Geleit einläuten. Aber Fakt ist: Seitens der Hersteller ist klar, die Zukunft des Antriebs ist elektrisch. Und ein Umkehrschwung oder eine 180-Grad-Wende ist de facto ausgeschlossen.
Erstens, weil die Transformation der Antriebspalette die Hersteller massiv viel Geld kostet. Zweitens, weil für die Milliarden-Investitionen, die die Transformation überhaupt erst Realität werden lassen, eine Planungssicherheit seitens der Politik hergestellt wurde. Und drittens eine erneute Trendwende politisch und gesellschaftlich nicht erwünscht ist. Nicht auf EU-Ebene, nicht auf Nationalstaaten-Basis.
Ein neues Zeitalter
Einerseits hat nämlich die Europäische Union mit dem „Green Deal“ und dem „Fit for 55“-Programm die Richtung in Sachen Dekarbonisie- rung des Gesamtsystems bereits vorgegeben und das Verbrenner-Aus mit 2035 besiegelt. Andererseits wollen einzelne Mitgliedsstaaten in Eigenregie teilweise noch schneller aus dem Zeitalter der fossilen Treibstoffe aussteigen, weil den Menschen, sprich den Wählern, Themen wie saubere Luft, intakte Ökosysteme und Energieautarkie immer wichtiger werden.
Vor allem die jüngsten Zerwürfnisse am Energiemarkt und die Abhängigkeit von Kriegstreibern in Sachen Versorgung haben die Umsetzungsgeschwindigkeit massiv erhöht. In Schweden etwa sollen ab 2030 keine
Benzin- oder Dieselfahrzeuge mehr verkauft werden. Gleiches gilt für Island, die Niederlande, Irland, Slowenien, Schweden und Dänemark. Norwegen, Teil Europas, aber nicht EU-Mitglied, und Vorreiter in Sachen Elektroautomassentauglichkeit, will sogar schon ab 2025 alle Pkw mit konventionellen Antrieben verbannen. Auch Österreich hat sich für einen ambitionierten Plan entschieden und will ab 2035 keine Neuwagen mit Ottooder Selbstzünder-Motoren mehr zur Neuzulassung freigeben – und ab 2040 gänzlich klimaneutral sein
Die anderen Seiten der Medaille Angesichts der politischen Vorgaben kann da freilich der Eindruck entstehen, man setze derzeit alles auf eine Karte, die Elektrifizierung. Dabei ist gleichzeitig völlig klar: Gänzlich ohne E-Fuels und die Wasserstoff-Brennstoffzelle wird es nicht gehen, vor allem in der Nische, also im Schwerlastbereich und in Gegenden, in denen sich ein Ausbau der Ladeinfrastruktur einfach nicht lohnt. Und ebenso sollen die vorhandenen Verbrenner noch weiterfahren dürfen – wohl bis 2050 –, aber eben zugleich klimaneutral mit E-Fuels und Biokraftstoffen. Alles auf eine Karte wird also doch nicht gesetzt. Wahr ist aber: Das Gros der PkwFahrzeuge wird in absehbarer Zeit dem BEV-Segment zuzuordnen sein und das hat gute Gründe: Strom lässt sich leicht über weite Strecken transportieren, selbst zu Hause mittels PV-Anlage „herstellen“ und E-Autos verfügen über den besten Wirkungsgrad, verbrauchen von A nach B also in Summe am wenigsten Energie. Ganz abgesehen davon, dass bald Tausende E-Autos mittel bidirektionaler Ladefähigkeit als Pufferspeicher überschüs- sigen Strom aus dem Netz bunkern und ihn in mageren Zeiten wieder einspeisen können. Denn was auch gerne vergessen wird: Wir müssen künftig nicht nur weniger Energie „verbrauchen“, sondern auch
Darüber hinaus beinhalten das „Fit for 55“-Programm und der „Green Deal“ aber weit mehr als nur Maßnahmen im Verkehrsbereich und decken sämtliche Lebens- und Industriebereiche ab. So muss ab 2023 etwa jedes Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern im Jahresabschluss sogenannte ESG-Informationen über Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung veröffentlichen. Und es ist davon auszugehen, dass in ein paar Jahren jeder Würstelstand mit drei Mitarbeitern diese Reportings vorlegen wird müssen.
Das neue Dreamteam sorgfältiger mit ihr umgehen, sie also effizienter nutzen, damit die Gesamtrechnung aufgeht. Langer
Rede kurzer Sinn: Ohne E-Autos ist die von der EU vorgegebene Netto-Emissionsreduzierung von 55 Prozent bis 2030 nicht zu erreichen, weil der Verkehrsbereich das große Sorgenkind in Sachen CO2-Ausstoß ist. E-Fuels und Wasserstoff sind dafür in Summe einfach zu ineffizient.
Zu guter Letzt: Auch die Kunden greifen allen Kritikern zum Trotz immer häufiger zum E-Auto und stellen ganze Fuhrparks auf den E-Antrieb um. Allein im vergangenen Jahr haben Tesla (1,3 Mio.), BYD (0,91 Mio.) und VW (0,57 Mio.) gemeinsam 2,78 Millionen E-Autos weltweit verkauft. Doch es geht, sie ahnen es schon, nicht um eine bloße Verkehrswende, sondern um eine echte Transformation des Energiesektors. Und E-Autos sind integraler Bestandteil beider Welten und das Bindeglied zwischen Verkehrs- und Energiewende. Eine Abkehr vom eingeschlagenen Weg in Richtung vollständiger Elektrifizierung ist deshalb überaus unrealistisch, mag man persönlich auch noch so dagegen sein. •
Fakten zur transformation
– Werden E-Autos mit 100 Prozent Ökostrom betrieben, verursachen sie über das gesamte Fahrzeugleben bis zu 79 Prozent weniger treibhausgas-Emissionen als vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.
– Der „Fit für 55“-Plan heißt deshalb so, weil er sich auf das Ziel der EU bezieht, die Nettotreibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken.
– Auch die Hersteller machen Ernst in Sachen E-Mobilität. Müssen sie ja, weil sonst drohen aufgrund der Flottenemissionsziele Strafzahlungen in Milliardenhöhe.
– Ab 2035 können Pkw mit Verbrennungsmotor in Europa nicht mehr neu zugelassen werden. In anderen ländern teilweise schon zehn Jahre früher.
– Mit der rechtlichen und technischen Klärung für die V2GAnwendung (Vehicle-2-Grid) werden E-Autos zu Stromspeichern, die so das Netz entlasten und überschüssigen Öko-Strom zwischenspeichern können.