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Interview mit Anton Gäumann

«Zäme geits» passt gut zur Migros

INTERVIEW MIT ANTON GÄUMANN, GESCHÄFTSLEITER MIGROS AARE

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Für die Migros ist Anton Gäumann (59) seit 30 Jahren tätig. Er begann seine Laufbahn 1986 als Product Manager Unterhaltungselektronik/Foto in der damaligen Migros Bern. Von 2005 bis 2014 war er als Chef der Neue Brünnen AG und Gesamtprojektleiter des Shopping- und Erlebniscenters Westside für die Leitung des grössten Investitionsprojekts der Migros Aare der letzten 15 Jahre verantwortlich. Gäumann leitete anschliessend den Direktionsbereich Einkaufscenter und Immobilien. Seit 2016 ist er, als Nachfolger von Beat Zahnd, Geschäftsleiter der Migros Aare.

Interview Michèle Freiburghaus, Foto Remo Eisner

Wie bist du aufgewachsen? Meine Eltern führten eine Käserei mit Milchhandlung in Steffisburg. Natürlich wurde ich schon als Jugendlicher eingespannt, um mitzuarbeiten, das hat mich bestimmt geprägt.

Du hast ursprünglich eine Lehre als Detailhandelsfachmann gemacht, dich anschliessend gezielt weitergebildet und bist heute Chef von rund 12000 Mitarbeitenden. Du hast dein Handwerk also von der Pike auf gelernt. Welche Vorteile bringt dieser Einstieg? Diese Erfahrung ist enorm hilfreich, denn ich weiss dadurch, was es heisst, im Detailhandel an vorderster Front zu stehen. Ich kenne die ganzen Strukturen von Grund auf – was doch viel zum Verständnis für alle Abläufe beiträgt.

Du musstest 2019 einige unpopuläre Entscheidungen treffen. Wie gehst du persönlich jeweils damit um? Es müssen bei einem Unternehmen immer wieder Entscheidungen getroffen werden, die schmerzhaft sein können. Einschneidende Vorkommnisse wie die Fusion Aargau Solothurn und Bern, als etliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz nach Schönbühl verlegen mussten. In solchen Momenten ist Transparenz enorm wichtig, man muss den Leuten anschaulich erklären, weshalb ein solcher Schritt nötig ist, damit sie die Gründe nachvollziehen können. Man muss sich in einer solchen Situation bewusst sein, was sie für die Betroffenen bedeutet, soziale Verantwortung übernehmen, aber auch mit sich selbst im Reinen sein. Schlaflose Nächte hatte ich in meiner Karriere selten, ich kann mich nur an eine erinnern, nach dem Deckeneinsturz im Bernaqua.

2018 gab die Migros Aare ihre Pläne bekannt, die Filiale an der Marktgasse für 75 Millionen Franken umzubauen. 2019 dann die Mitteilung, dass das Projekt vorläufig aufs Eis gelegt werde. Gibt es hierzu Neues zu berichten? Mit der Migros Marktgasse haben wir verschiedene Phasen durchlebt. In der Coronazeit kam eine weitere Komponente dazu. Wir werden nach Corona die ganze Situation in der Stadt Bern erneut prüfen und versuchen, dieses Projekt so aufzusetzen, dass es zukunftsfähig ist und bleibt.

Die Mitarbeitenden in den Supermärkten haben in der Coronakrise Grosses geleistet und sich auch erheblichen Risiken ausgesetzt. Wurde das vom Unternehmen in irgendeiner Form honoriert? Wir sind uns sehr wohl bewusst, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten. Nicht nur die Leute an der Front machten und machen tagtäglich einen Superjob, zu erwähnen sind auch all die Menschen im Hintergrund. Sie alle sorgen dafür, dass die Waren für unsere Kundinnen und Kunden unter den erschwerten Bedingungen rechtzeitig verfügbar sind. Wir werden diesen Einsatz bestimmt entsprechend honorieren, momentan ist aber noch nicht definiert, in welcher Form. Corona wird uns leider noch länger beschäftigen.

Welche Herausforderungen galt es während dieser Zeit zu bewältigen? Die hauptsächliche Aufgabe bestand darin, die Verkaufsbereitschaft trotz abgesperrten Sortimenten, Eingangskontrolle usw. zu jeder Zeit sicherzustellen. Ausserdem galt es, dem Personal an der Front den Schutz und mit einer tragfähigen Organisation im Hintergrund die Sicherheit zu geben, dass es nicht allein gelassen wird.

Stichwort «Zäme geits» – was fällt dir dazu ein? Dieses Motto passt sehr gut zur Migros, denn immer wenn es darauf ankommt, sind ein grosser Zusammenhalt und eine beachtliche Solidarität spürbar. In den Coronawochen sassen beispielsweise Leute aus den Fachmärkten und Clubschulen an den Supermarktkassen oder Gastronomieangestellte haben geholfen, Regale aufzufüllen. Hier zeigt es sich, dass wir gemeinsam auch schwierige Situationen meistern können.

Was würdest du als deine grössten Stärken, was als deine grössten Schwächen bezeichnen? Ich bin belastbar und entscheidungsfreudig, trotzdem sensibel, nehme manchmal Dinge zu persönlich – was auch als Schwäche definiert werden könnte.

Du giltst als führungsstark – hinter vorgehaltener Hand wird sogar von einem autoritären Führungsstil gemunkelt. Was sagst du selbst dazu? Das ist immer eine Interpretationsfrage. In der Unternehmensführung müssen immer wieder unpopuläre Entscheidungen getroffen werden, um vorwärtszukommen. Ich bin ein direkter Mensch, der keine Umschweife macht und von seinen Leuten viel fordert, was manche eventuell als autoritär bezeichnen könnten.

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Wie entspannst du dich am besten? Primär indem ich gut schlafe. Was meine Aktivitäten anbelangt, leider alles zu wenig: ein bisschen joggen, ein bisschen das Rudergerät traktieren. Ausserdem amte ich als Basecamp-Manager, Koch, Sherpa und Driver für meine Frau, die klettert. Während sie auf einer Klettertour ist, mache ich jeweils gerne eine Wanderung.

Wie stark ist dein Bezug zu Bern, und was magst du an unserer Stadt und ihren Menschen am liebsten? Bern ist seit 20 Jahren meine Heimat – der für mich wohl schönste Ort ist der Egelsee. Auch, weil er so nah und der perfekte Ort für eine Joggingrunde ist.

Welche deiner Eigenschaften würdest du als typisch bernerisch bezeichnen? Natürlich mein Berndeutsch, das von Zürcher Geschäftspartnern manchmal schlicht nicht verstanden wird (lacht). Von anderen Klischees halte ich nicht viel.

Bist du ein Aareschwimmer? Ja, oft und gerne. Ich war bereits Aareschwimmer, bevor ich nach Bern gekommen bin. In Thun, dort, wo früher das Tea-Room Luxor war und wo jetzt gesurft wird.

Welchen Ort in Bern zeigst du auswärtigen Besuchenden? Ich finde den Blick vom Rosengarten auf die Stadt Bern einfach fantastisch. Ein Must für die indischen Austauschstudenten, die wir jedes Jahr beherbergen und die in der Kanzlei meiner Frau tätig sind. Wir zeigen ihnen aber auch alle anderen Sehenswürdigkeiten Berns und der näheren Umgebung – bis hin zum Besuch einer Käseproduktionsstätte.

Hast du Lieblingsrestaurants in Bern? In Bern gibt es so viele Möglichkeiten, wo man es sich in schönster Umgebung gut gehen lassen kann, was ich sehr geniesse. Ich mag beispielsweise das Restaurant Büner sehr – Julio Da Silva ist ein toller Gastgeber, bei ihm fühle ich mich rundum wohl.

Kochst du auch selbst? Wenn ich nicht kochen würde, gäbe es zu Hause kaum jemals etwas zu essen (lacht schallend). Meine Frau findet, da ich in der Migros arbeite, könne ich auch einkaufen und kochen.

Welche neuen Herausforderungen stehen zurzeit an? Ich denke, das werden in etwa dieselben bleiben wie bis jetzt. Wir befinden uns mit der Migros bereits in einem herausfordernden Markt –, der Onlineverkauf, die Digitalisierung, unsere Mitbewerber – hinzu kommen jetzt die ganzen Coronaeinflüsse. Es ist darum wichtig, dass wir die kurzfristigen Aufgaben nicht aus den Augen verlieren, beispielsweise die, unseren tagtäglichen Versorgungsauftrag sicherzustellen. Andererseits gilt es aber, unsere Zukunftsstrategien, Strukturen und Prozesse unter den jetzigen Gegebenheiten neu zu überprüfen und zu überdenken. Ich bin der festen Überzeugung, dass «nach Corona» nichts mehr sein wird, wie es vorher war.

Wenn dir eine gute Fee einen Wunsch erfüllen würde – welcher wäre es? Ich würde mir wünschen, dass die Migros-Gemeinschaft gestärkt und zukunftsfähig aus dieser Coronakrise hervorgeht.

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