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Tier

Der Mensch und das Zootier: gemeinsam für Tiere in der Wildnis

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Text und Foto Kaiserschnurrbarttamarin Doris Slezak, Foto Wölfe Prof. Dr. med. vet. Bernd Schildger schauen, während man sein Pausenbrötli verdrückt, und interpretieren vermag.

Zoos sind für Menschen da. Der moderne Zoo lässt den Menschen wilde Tiere naturnah erleben, in Zeiten der Entfremdung vom Tier. Je besser der Zoo als Tierhalter ist, desto beeindruckender ist das Tiererlebnis für die Gäste, und das dient schliessendlich den Tieren in der Wildnis.

Ein Zoo sorgt für seine Tiere, und je besser er das macht, desto nachhaltiger ist das Tiererlebnis für die Gäste. Dazu gehört neben richtigem Futter, adäquatem Lebensraum und einer guten Gesundheit, dass Tiere ihr natürliches Verhalten so gut wie möglich ausleben können. Einen Bären in einem kleinen Gehege zu sehen, gelangweilt, weil seine tägliche Hauptbeschäftigung, die Futtersuche, in wenigen Minuten abgehandelt ist, und daher sterotypiert, ist kein positives Erlebnis.

Der betrachtende Mensch empfindet Mitleid mit dem Tier und Wut gegenüber dem Zoo. Wird sich dieser Mensch durch dieses Erlebnis mehr für Tiere in der Wildnis einsetzen? Eher nicht, sondern er wird möglicherweise ein Anti-Zoo-Aktivist. Erlebt aber ein Mensch einen Bären in einer guten Anlage, die einen Ausschnitt seines Lebensraumes darstellt, und sieht er Bären, der den Hang, zum Beispiel den Aarehang im BärenPark, kraftvoll und behände hinaufgaloppieren, wird ihn dieses Erlebnis mit einem weitgehend wilden Tier nachhaltig beeindrucken.

Auch im Zoo kann ein Tier würdevoll leben, wenn es sich so natürlich wie möglich fortbewegen und sein Verhaltensrepertoire weitestgehend ausleben kann. Dafür arbeitet ein guter Zoo tagtäglich, und er sorgt auch mit Verhaltensanreicherungen dafür.

Eine Variante davon beispielsweise die Gemeinschaftshaltungen. Im Dählhölzli leben Wolf und Bär zusammen. Diese Gemeinschaftshaltung hat das Verhalten von Bär und Wolf verändert, bereichert und die handaufgezogenen ussurischen Bären ein Stück weit wilder werden lassen.

Waren sie am Anfang verängstigt vor den Wölfen, haben sie ihnen in der Natur durchaus begegnen könnten, wieder erlernt. Die Wölfe haben hingegen ihre Jungen in Anwesenheit von Bären aufgezogen und somit ein weiteres natürliches Verhalten ausleben können.

Eine weitere Verhaltensanreicherung für die Zootiere sind die Zoogäste. Welcher Berner Tierparkgast kennt nicht die Situation, vor der Anlage der Totenkopfaffen, der Urwaldlodge im Vivarium, zu sitzen, den herumtollenden Affen zuzugleichzeitig das Gefühl zu haben, genau beobachtet zu werden? Bei den Fischen, wie Pacu, Gabelbart oder Augenfleckkammbarsch, oder in der Amazonasanlage, tun wir uns schwerer damit, einzuschätzen, ob die Anwesenheit der Gäste für sie eine Anreicherung ist oder ob es ihnen schnurzegal ist. Zu entfernt ist der Fisch vom Menschen, als dass dieser das gemächliche Hin- und Herschwimmen und das gelegentliche, für uns ausdruckslose Anstarren der Fische zu den natürlichen Umgang mit anderen Grossraubtieren, die

Wie wichtig die Menschen im Tierpark für die Tiere sind, konnte man während des Lockdown infolge der Coronapandemie gut beobachten. Ohne die Besucher im Zoo ist einigen Tierarten schlichtweg «langweilig» gewesen – aus menschlicher Sicht. Allen voran den verschiedenen Affenarten oder den Seehunden. Aber auch die Fische benahmen sich anders: Sie starrten die Mitarbeitenden des Tierparks an, schwammen den Vorübergehenden nach und schienen Unterhaltung zu suchen.

Ist es gerechtfertigt, Tiere in Gefangenschaft zu halten, um Menschen ein besonderes Erlebnis zu ermöglichen? Es ist eine Frage der Qualität des Tiererlebnisses. Ist ein emotionales Erlebnis mit einem weitgehend wilden Tier mit allen Sinnen möglich, macht es den Zoobesucher zu einem besseren Menschen und veranlasst ihn vielleicht, eine Petition zum Schutz von Wildtieren zu unterzeichnen oder sich anders für Naturschutz einzusetzen – für die Tiere in der Wildnis und ihrem Lebensraum. Denn die Begegnung mit einem wilden Tier – auch wenn es ein Zootier ist – bringt ihm die Tiere in der Wildnis emotional und nachhaltig nahe. Je besser der Zoo, desto würdevoller die Zootiere – zum Wohl der wilden Tiere.

www.tierpark-bern.ch

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