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Die Aare lebt

Die Aare lebt! BIBER UND FISCHOTTER EROBERN IHR REVIER

Wer heute aufmerksam der Aare entlang spaziert, entdeckt da und dort seltsam zugespitzte Baumstümpfe oder gar angenagte Bäume mit Holzspänen drum herum. Ein untrügliches Zeichen für die nächtliche Anwesenheit des Bibers, unseres grössten einheimischen Nagetiers. Das war nicht immer so.

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Text Nicolas Dussex, Foto Biber Gallus Tannheimer, Otter zvg

Die letzten Biber verschwanden in der Schweiz um 1820. Dank der Initiative lokaler Naturfreunde wurden in der Schweiz zwischen 1956 und 1977 141 Tiere ausgesetzt. Bis in die 90er-Jahre blieb der Bestand mit 350 Individuen eher bescheiden, doch danach ging es plötzlich rasant vorwärts. Heute zählt man in der Schweiz wieder über 3500 Biber, die sich auf praktisch alle grösseren und mittleren Gewässer der Schweiz verteilen. In Bern wurde unfreiwillig bei der Ausbreitung der Biber mitgeholfen. Beim JahrhundertHochwasser 1999 gelang dem Biberpaar im Dählhölzli die Flucht und dieses sorgte nun in der Freiheit an der Aare regelmässig für neuen Nachwuchs. Zusammen mit den vom Seeland eingewanderten Tieren gibt es nun in Bern so viele Biber, dass alle guten Plätze besetzt sind. Dies macht es für die Jungen schwierig, einen neuen Lebensraum zu finden, denn sie werden nach zwei Jahren von den Eltern verjagt.

Auf dem Gebiet der Stadt Bern gibt es aktuell acht Reviere, wobei jenes im Marzili wohl am bekanntesten ist. Hier hat sich 2012 eine Familie im ehemaligen Bueberseeli im Männerabteil des Marzilibades eingerichtet, mit grossartiger Aussicht auf das Bundeshaus. Allerdings interessierten sich die Biber wohl kaum für die hohe Politik, sondern profitierten von der Möglichkeit, das abgesperrte Marzilibad in der Nacht ganz ungestört für sich zu beanspruchen.

Mit dem Bau des Schwimmkanals im Bad mussten die Biber ausziehen. Im Rahmen des Bauprojektes wurde der Biberfamilie ein Kunstbau oberhalb des Marzili gebaut, den die Familie dank Obst- und Maisködern schon rasch nach Fertigstellung angenommen hat. Dass sich die Tiere im etwas nüchternen Betonbau doch ziemlich wohl fühlen, beweisen beeindruckende Filmaufnahmen, die auf Youtube unter «Biber Bern» zu sehen sind.

Das Revier dieser Familie ist sehr gross, da das Nahrungsangebot für eine aktuell sechsköpfige Familie an den verbauten Ufern der

Aare knapp ist. So führen nächtliche Ausflüge der Familie an den Dalmazibach, wo es einen Biberdamm zu bestaunen gibt, und Aare aufwärts bis ins Naturreservat Eichholz, wo eine ausgedehnte Teichlandschaft den Bibern viel Nahrung bietet. Dank voraussehenden Naturfreunden in den Sechzigerjahren gehören Biber heute wieder zu Bern und erfreuen uns mitunter sogar beim abendlichen Aareschwumm.

Auch der seltene Fischotter, einst mit staatlicher Hilfe gnadenlos verfolgt und ausgerottet, ist wieder in der Aare anzutreffen. Eine Fotofalle lieferte 2015 den Beweis, dass eine Familie rund um Bern lebt. Auch hier hat ein Hochwasser 2005 massgeblich mitgeholfen. Das trächtige Weibchen aus dem Tierpark brachte den Nachwuchs in der freien Natur zur Welt. Eines der Jungtiere fand offensichtlich später einen zugewanderten Partner.

Mit den Aufwertungsmassnahmen an der Aare, die nach den verheerenden Hochwasser von 1999 und 2005 angestossen wurden, wird die Aare wieder mehr Raum erhalten. Wo es langsam fliessende Seitenarme, Kiesbänke und Totholz im Wasser gibt, tauchen bald wieder weitere verschwundene Arten auf und nutzen den neuen Lebensraum in einer faszinierenden Auenlandschaft. Freuen wir uns darauf!

PRO NATURA ZENTRUM EICHHOLZ

Wer Natur pur hautnah erleben will, dem sei das Pro Natura Zentrum Eichholz empfohlen. Das Naturreservat Eichholz umfasst zwei Hektaren Auenlandschaft mit einer ausserordentlichen Biodiversität für ein Gebiet in Stadtnähe. Die Naturoase mit Beobachtungsturm und die Ausstellung bieten spannende Erlebnisse. Das Zentrum organisiert Führungen für Gruppen und Schulklassen – beispielsweise zum Biber – und bietet ein umfangreiches Programm mit Anlässen für Gross und Klein.

Das Programm kann bei eichholz@pronatura.ch bestellt werden.

Offen jeweils Mittwoch, Samstag und Sonntag von 13.30 – 17.30 Uhr. Weitere Infos: www.pronatura-eichholz.ch

Aktuelle Ausstellung: Rabenvögel – schlaue Biester www.kraehennest.ch

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