Andreas Staier

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Andreas Staier EinfĂźhrungstext von Michael Kube Program Note by Harry Haskell



Andreas Staier Mittwoch

17. Oktober 2018 19.30 Uhr

Andreas Staier Hammerklavier

Wolfgang Amadeus Mozart (1756 –1791) Fantasie c-moll KV 475 (1785) Adagio – Allegro – Andantino – Più allegro – Primo tempo

Joseph Haydn (1732–1809) Klaviersonate Es-Dur Hob. XVI:49 (1789/90) I. Allegro II. Adagio e cantabile III. Finale. Tempo di Menuet Andante mit Variationen f-moll Hob. XVII:6 (1793) Andante

Pause

Ludwig van Beethoven (1770 –1827) Sechs Variationen F-Dur op. 34 (1802) Tema. Adagio cantabile – Variationen I–VI – Coda Klaviersonate d-moll op. 31 Nr. 2 „Der Sturm“ (1801/02) I. Largo – Allegro II. Adagio III. Allegretto



Ein klassisches Dreigestirn Klavierwerke von Haydn, Mozart und Beethoven

Michael Kube

Jede künstlerische Epoche – ob in der bildenden Kunst, der Literatur oder der Musik – wird von wenigen Meistern und herausragenden Werken geprägt. Stehen für die (literarische) Weimarer Klassik die Namen von Goethe und Schiller, so nennt man für die Wiener Klassik Haydn, Mozart und Beethoven – eine Trias, die sich in ihren Werken vielfach aufeinander bezieht, aber auch in unterschiedlichen Gattungen verschieden starke Impulse setzte. Haydn war es, der die Klaviersonate, das Streichquartett und schließlich auch die Symphonie entscheidend weiterentwickelte. Bei Mozart ­bilden vor allem die drei Da-Ponte-Opern und das deutsche Singspiel, die Klavierkonzerte und die auf Haydn reagierenden Streichquartette die Marksteine, bei Beethoven sind es ­abermals die großen instrumentalen Gattungen von Klaviersonate, Streichquartett und Symphonie, die prägend auf die Nachwelt wirkten. Hinzu kommen die persönlichen Beziehungen der Komponisten untereinander: So ist dokumentiert, dass Haydn und Mozart im privaten Zirkel gelegentlich gemeinsam Streichquartette spielten, und als Beethoven, noch als jugendlicher Musicus, erstmals in Wien zu Gast war, soll Mozart über dessen Spiel und Improvisationstalent geäußert haben: „Auf den gebt acht, der wird einmal in der Welt von sich reden machen.“ Haydn und Beethoven wiederum stehen wenige Jahre später in einem nicht einfachen, doch für beide Seiten durchaus fruchtbaren Lehrer-Schüler-Verhältnis. Darüber hinaus erscheinen einzelne Partituren geradezu als schöpferische Auseinandersetzung mit dem Werk des jeweils anderen, so dass man von einem viele Aspekte umfassenden Geflecht äußerer wie innerer Beziehungen sprechen kann, das an der Wende zum 19. Jahrhundert in dieser Form und auf diesem künstlerischen Niveau singulär blieb. 5


„Mozart’s Geist aus ­Haydens ­Händen“

Dabei dürften sich die Komponisten der „Wiener Klassik“ – gemeinhin verstanden als die Zeit zwischen Mozarts Ankunft in der Hauptstadt 1781 und Beethovens Tod im Jahr 1827 – kaum als solche gesehen haben, wohnt doch diesem Begriff ein Geschichtsbewusstsein inne, das zu dieser Zeit noch lange nicht verbreitet war. Umso erstaunlicher, was ausgerechnet im entfernten Bonn der in Fragen der Kunst offenbar sehr hellsichtige Graf von Waldstein dem jungen Beethoven bei dessen endgültigem Abschied 1792 ins Tagebuch notierte: „Lieber Beethoven! Sie reisen itzt nach Wien zur Erfüllung ihrer so lange bestrittenen Wünsche. Mozart’s Genius trauert noch und beweinet den Tod seines Zöglings. Bei dem unerschöpflichen Hayden fand er Zuflucht, aber keine Beschäftigung; durch ihn wünscht er noch einmal mit jemanden vereinigt zu werden. Durch ununterbrochenen Fleiß erhalten Sie: Mozart’s Geist aus Haydens Händen.“ Ganz allgemein galt die österreichische Metropole (neben Paris und London) als eines der prägenden musikalischen Zentren der Zeit. Mozart bezeichnete Wien nach seiner Entlassung aus fürsterzbischöflichen Salzburger Diensten im Sommer 1781 als „Klavierland“ – hier hatte sich eine eigenständige bautechnische und klangliche Entwicklung des frühen Hammerflügels vollzogen, aber auch das Musikverlagswesen entfaltete sich in den folgenden Jahrzehnten entsprechend der von den Komponisten kaum zu bewältigenden Nachfrage seitens des Publikums. In diesem größeren Zusammen­ hang sind auch die drei damals bedeutendsten Formen ­ der Klaviermusik zu sehen: die der freien Fantasie, die der Variation über ein zumeist bekanntes Thema und die der mehrsätzigen Sonate. Improvisieren und Fantasieren Heute kaum mehr vorstellbar, gehörte noch im frühen 19. Jahrhundert für jeden profilierten Musiker die freie Improvisation, das Fantasieren auf dem Klavier zum selbstverständlichen Handwerkszeug. Improvisation war nicht ­allein auf die durch eine Fermate angezeigte Solokadenz ­innerhalb eines Konzerts mit Orchesterbegleitung beschränkt, sondern beim Musizieren im privaten Kreis ebenso üblich wie bei öffentlichen Darbietungen in den so genannten Akademien. Der Unterscheid zur komponierten Fantasie ist dabei nur ein geringer, wenn auch entscheidender: Während Notentext, Tempo, Ausdruck und Artikulation wie bei jedem anderen Werk festgelegt oder durch die gängige Aufführungs­

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praxis bestimmt sind, besteht eine grundsätzliche Ungebundenheit gegenüber den üblichen Takt-, Form- und Satzmodellen. Für Carl Philipp Emanuel Bach hat diese Art der Fantasie (ob improvisiert oder notiert) „nicht in auswendig gelernten Passagien oder gestohlnen Gedanken“ zu bestehen, sondern muss „aus einer guten musikalischen Seele herkommen.“ Sie zeichnet sich „durch das Sprechende, das hurtig Ueberraschende von einem Affeckte zum andern“ aus. Außerdem würde der Takt „offt bloß der Schreib-Art wegen vorgezeichnet, ohne daß man hieran gebunden ist.“ Das so in ­seinem Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen von 1753 beschriebene Prinzip findet sich auch später noch bei Beethoven – für den (so hat es noch Carl Czerny berichtet) im Klavierunterricht Bachs Traktat eine unabdingbare Grundlage war. Wie ein Spiegel all dieser an das freie Spiel gerichteten Anforderungen mutet die von Wolfgang Amadeus Mozart am 20. Mai 1785 niedergeschriebene Fantasie c-moll ­ KV 475 an. Sie stellt nicht nur technisch bemerkenswerte Anforderungen, sondern mehr noch in der Art der Gestaltung: Mit jedem Tempowechsel des insgesamt fünfteiligen Werks geht auch eine radikale Veränderung der Faktur und des musikalischen Ausdrucks einher. Schrittweise entfaltet sich das einleitende Adagio, gefolgt von einem Abschnitt in D-Dur. Dramatisch gestimmt ist das kontrastierende Allegro, in dem Mozart über a-moll, g-moll und F-Dur endlich nach f-moll sequenziert. Auch der nächste, mit Andantino (B-Dur) überschriebene und kantabel angelegte Abschnitt bleibt Episode; rasch geht er in ein weiteres Allegro in ­g-moll über. Zyklisch kehrt am Ende der Gedanke des A­nfangs zurück. Variieren und Verändern Insbesondere in den Jahrzehnten um 1800 erfreute sich die Variation beim Publikum anhaltender Beliebtheit. Als Folge von zumeist sechs oder zwölf Variationen über beliebte Gassenhauer und Opernmelodien bietet das Genre den Reiz, ein wohlbekanntes „Objekt“ aus verschiedenen klingenden Perspektiven zu betrachten und dies durch ­Verwendung von wiederkehrenden Figuren auch mit einer Fingerübung zu verbinden. Wie groß einst der Markt für solche Kompositionen war, zeigt das Œuvre des in Wien ansässigen Josef Gelinek, von dem mehr als 120 Variationsfolgen im Angebot waren – eine Massenproduktion, die 7


Subjektive ­Expressivität

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Carl Maria von Weber 1810 in einem spitzzüngigen Aphorismus kommentierte: „Kein Thema auf der Welt verschonte dein Genie, / Das simpelste allein – dich selbst – varierst du nie.“ Im Werk Joseph Haydns stehen seine Klavierkompositionen noch immer im Schatten von Streichquartett und Symphonie. Das gilt nicht nur für die etwa 40 Sonaten, sondern auch für einige andere Werke, darunter die 1793 entstandenen ­Variationen f-moll Hob. XVII:6.Von Haydn selbst zunächst als „Sonata“ bezeichnet, trägt das Stück in einer zeitgenössischen Abschrift den Titel „un piccolo divertimento“. Mit Blick auf die ungewöhnliche formale Disposition haben indes alles drei Bezeichnungen ihre Berechtigung: Formal handelt es sich um so genannte Doppelvariationen, bei denen nach Art eines Rondos zwei kontrastierende Abschnitte (in f-moll und F-Dur) im Wechsel variiert werden. Entsprechend der weiträumigen Anlage mutet allerdings auch Haydns ­Benennung als Sonate konsequent an, während das Divertimento den scheinbar freien Wechsel der ausdrucksstarken Charaktere in den Vordergrund stellt. Keiner der Bezeichnungen gelingt es jedoch, die für das Werk entscheidende Erweiterung des Verlaufs abzubilden: Denn der stilistisch in die Zukunft vorausgreifende, ausgedehnte letzte freie A-Teil setzt sich durch seine geradezu ungeschützt subjektiv ­wirkende Expressivität vom Vorhergehenden ab. Bedenkt man, dass Ludwig von Beethoven nach seiner Ankunft in Wien 1792 vornehmlich als Pianist reüssierte und erst allmählich auch als Komponist wahrgenommen wurde, so verwundert es nicht, dass er sich in seinen eigenen Werken zunächst ganz auf das Klavier bezog – mit Sonaten, Kammermusikwerken, aber auch Variationen. Insgesamt finden sich in seinem Œuvre nicht weniger als 20 Variationszyklen, von der ersten Schülerarbeit, den Dressler-Variationen (1782), über zahlreiche Gelegenheitswerke bis hin zu den epochalen Diabelli-Variationen, entstanden zwischen 1819 und 1823. Als Beethoven in den Jahren 1802/03 begann, sich kompositorisch neu und selb selbstständig auszurichten, spielten deshalb nicht allein Sonate und ­Symphonie, sondern auch Variationen eine wichtige Rolle. Auffällig ist in dieser Hinsicht nicht nur die Vergabe von Opuszahlen (op. 34 und 35). Im Oktober 1802 bemerkte Beethoven in einem Brief an den Verlag Breitkopf & Härtel: „ich höre es sonst nur von anders sagen, wenn ich neue I­ deen habe, indem ich es selbst niemals weiß, aber diesmal – muß ich sie


selbst versichern, daß die Manier in beiden Werken ganz neu von mir ist.“ Neu und ungewöhnlich sind beide Werke nicht zuletzt aufgrund der Wahl eines e­igenen, originalen Themas. In Opus 34 ist dies ein dreiteilig angelegter Gedanke in F-Dur und 2/4-Takt, der im folgenden nicht bloß figurativ abgewandelt wird, sondern durch die konsequente Veränderung von Tonart,Taktart und Tempo seinen Charakter chamäleongleich wechselt: von D-Dur (2/4) nach B-Dur (6/8, Allegro), G-Dur (4/4, Allegretto), Es-Dur (3/4, Tempo di Menuetto), c-moll (2/4, Marcia. ­Allegretto) und schließlich wieder nach F-Dur (6/8, ­Allegretto), mit einer umfangreichen, eigenständigen Coda. Form und Gedankenwelt: Die Sonate Nicht erst im Rückblick kann man von einer regelrechten Sonaten-Mode sprechen, die zur Zeit der Wiener Klassik herrschte. Bereits Heinrich Christoph Koch konstatierte in seinem Musikalischen Lexikon aus dem Jahre 1802: „Unter allen Tonstücken für bloße Instrumentalmusik ist die Sonate von den Tonsetzern am fleißigsten bearbeitet worden.“ Belegt ist dies zur Jahrhundertwende durch die zahlreichen Werke von Haydn, Mozart, Clementi und Pleyel, später auch von Koželuh und Beethoven, aber auch durch solche vieler Komponisten, deren Namen heute vergessen sind. Denn überhaupt eine Sonate im Druck zu veröffentlichen bedeutete auch ein Stück Reputation. In diesem ­Sinne ­notierte der Musikkritiker Friedrich Rochlitz 1799 schon mit retrospektiven Unterton, dass „jeder Musiker, welcher in den Orden der für das Publikum a­ rbeitenden Komponisten auf­genommen werden wollte, ­gewöhnlich mit Klavier­ kompositionen, namentlich mit Solo­sonaten, in die Laufbahn trat.“ Dies gilt sogar für Beethoven und die ersten seiner Klavier­sonaten, das Joseph Haydn g­ ewidmete Opus 2. Doch wie jede Mode gelangte auch die der Sonate an ihr Ende: Um 1810 geriet die Gattung in eine Krise; die etablierte Form schien ausgereizt zu sein, und man wandte sich nun kleineren oder freieren Formen zu. Dass dies Phänomen nicht allein auf Wien beschränkt blieb, zeigt ein 1818 in ­Paris erschienener Artikel – der allerdings auch das Genre der Fantasie neu bewertet: „Seit man keine Sonaten mehr zu schreiben versteht, hat man sie durch die Fantasie und durch die Variationen ersetzt. Wird man mit solchen ­Bagatellen, die den Geschmack verderben, in die Nachwelt gelangen?“ 9


Neue, freie Formen

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Obgleich sich Joseph Haydn ganz zu Beginn seiner musikalischen Laufbahn zunächst „in unterrichtung der Jugend ganzer 8 Jahr kumerhaft herumschleppen“ musste und sich wohl nur nach harter Arbeit zu später Stunde autodidaktisch zum Komponisten fortbilden konnte, so dürfte er schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts für den eigenen pädagogischen Gebrauch Sonaten und Stücke für Klavier (zu jener Zeit noch Cembalo oder Clavichord) geschrieben haben. Erhalten hat sich davon nichts, erst aus den 1760er Jahren sind einige Divertimenti handschriftlich überliefert; zwischen 1774 und 1784 erschienen mehrere Sonaten-Sammlungen mit jeweils drei oder sechs Werken im Druck. Der zeitliche Abstand zu den fünf einzeln stehenden letzten Sonaten (entstanden zwischen 1789 und 1795) ist vor allem durch die Verlagerung seiner Aktivität auf das Streichquartett, das Klaviertrio und die Symphonie zu erklären. Auch wenn Haydn nie solistisch als virtuoser Pianist auftrat (dies verbat schon seine Stellung als Hofkapellmeister), hatte er in den späten Jahren doch eine klare Vorstellung von den klanglichen Varianten des sich gerade erst entwickelnden Hammer­ klaviers. So bevorzugte er (anders als etwa Mozart) nicht die Instrumente von Anton Walter, sondern die von Wenzel Schanz, die seiner Meinung nach „eine ganz besondere leichtigkeit und ein angenehmes Tractament“ haben. Mehr noch entwickelte er die musikalische Sprache seiner Sonate Es-Dur Hob. XVI:49 ganz aus diesem Instrument heraus, wie er der Widmungsträgerin Marianne von Genzinger in einem Brief vom 27. Juni 1790 erläuterte: „nur schade, daß Euer gnaden kein Forte piano von Schatz besitzen, in dem sich alles besser ausdrücken läst […] ich weis, daß ich diese Sonaten hätte auf die arth Ihres Claviers einrichten sollen, allein es war mir nicht möglich, weil ich es ganz aus aller gewohnheit habe.“ Dieser aufführungspraktische ­Hinweis ist umso bedeutender, als sich die Sonate doch durch eine höchst differenzierte Faktur auszeichnet; das Adagio e cantabile hat nach Haydns Worten zudem „viel Empfindung“. Die nach der Jahrhundertwende veränderte Situation der zusehends in Aufbau und Thematik formalisierten Sonate kam Beethovens Suche nach neuen Wegen und Ausdrucksmöglichkeiten geradezu entgegen.Vergleichbar den Variationen op. 34 setzte er auch bei den 1801/02 entstandenen Klaviersonaten op. 31 auf andere Verfahren bei der Gestaltung des Verlaufs, ohne sich dabei jedoch radikal vom Tradierten


abzuwenden. Dies zeigt rein äußerlich das (letztmalige) ­Zusammenfassen von drei individuell ganz unterschiedlich ausgerichteten Werken unter einer Opusnummer, ebenso die Anlage in drei bzw. vier Sätzen. Die ersten beiden Sonaten erschienen im April 1803 im Verlag des Zürcher Musik­ ästhetiker Hans Georg Nägeli als erste Hefte des neu auf­ gelegten Répertoire des Clavecinistes im Druck und dürften zugleich auch Nägeli selbst zu einer öffentlichen Aus­ schreibung für „Klaviersolos in grossem Styl, von grossem Umfang, in mannichfaltigen Abweichungen von der ­gewöhnlichen Sonaten-Form“ bewogen haben. „Ausführlichkeit, Reichhaltigkeit,Vollstimmigkeit soll diese Produkte auszeichnen. Contrapunktische Sätze müssen mit künstlichen Klavierspieler-Touren verwebt seyn.“ Tatsächlich ist es das d-moll-Werk op. 31 Nr. 2, das in genau dieser Weise den Begriff der Sonate erweiterte und das Hammerklavier jener Zeit vor allem im ersten Satz in faszinierender Weise an seine klanglichen Grenzen führte: vom eröffnenden Arpeggio über das neuartige instrumentale Rezitativ (zumal durch das Haltepedal räumlich entgrenzt) bis hin zu kantigen, fast ­perkussiv gedachten Akzenten. Die Umrisse von Exposition, Durchführung und Reprise sind zwar noch klar erkennbar, der Verlauf aber gleicht mit seinen zahlreichen Tempowechseln eher dem einer Fantasie. Das dicht gearbeitete Adagio ­bildet dazu einen Kontrast, der durch das in einem Fluss fort­strömende Finale wieder aufgehoben wird.  Auf die nahe­liegende Frage, wie dieses ungewöhnliche Werk zu greifen sei, entgegnete Beethoven seinem späteren Biographen Anton Schindler: „Lesen Sie nur Shakespeares Sturm.“ Eine lakonische Antwort, die alles offen lässt.

PD Dr. Michael Kube ist Mitglied der Editionsleitung der Neuen Schubert-Ausgabe, Herausgeber zahlreicher Urtext-Ausgaben und Mitarbeiter des Berliner Streaming-­ Dienstes Idagio. Darüber hinaus konzipiert er die Familienkonzerte „phil zu entdecken“ der Dresdner Philharmoniker. Er ist Juror beim Preis der deutschen Schallplattenkritik und lehrt an der Musikhochschule Stuttgart und an der Universität Würzburg.

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Keyboard Classicists Haydn—Mozart—Beethoven

Har r y Haskell

The world in which Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, and Ludwig van Beethoven lived was the world of the Enlightenment, an era of burgeoning individual freedom that found expression in the egalitarian, humanistic ideal of freemasonry. (All three composers had strong masonic ties.) This revolutionary spirit gave rise to the musical lingua franca known as the “Classical style,” whose emergence ran parallel to innovations in the design of keyboard and other instruments. The fortepiano was invented at the turn of the 18th century, but it wasn’t until the 1770s that it came into its own in the hands of such master craftsmen as Anton Walter and Andreas Stein in Vienna and John Broadwood in ­London. Although Haydn’s early keyboard sonatas were designated for either piano or harpsichord, the dynamic and expressive features of his later works suggest that he had long been writing with the more modern instrument in mind. Unlike Mozart and Beethoven, Haydn was not a pianist of virtuoso caliber, but he habitually composed at the keyboard and often conducted his own works from the fortepiano. In 1788 he acquired a fine five-octave instrument by the Viennese maker Wenzel Schanz. Haydn was partial to Schanz’s fortepianos, finding them “particularly light in touch and the mechanism very agreeable.” Mozart’s piano of choice, now preserved at the Mozarteum in Salzburg, was made by Walter around 1782. Having discovered that the Viennese were willing to pay handsomely for the privilege of attending his subscription concerts, Mozart worked day and night to keep the programs stocked with a fresh supply of music. His boundless energy impressed his father when the latter visited Vienna in 1785. “It is impossible to describe the trouble and the


commotion,” Leopold Mozart reported to his daughter. “Since my arrival your brother’s fortepiano has been taken at least a dozen times to the theater or to some other house.” The Beethoven who took the Austrian capital by storm seven years later, a few months after Mozart’s untimely death, was a cocky young tyro bursting with talent, confidence, and ambition. He dazzled audiences with his no-holds-­ barred approach to the keyboard, which wreaked havoc on the light-framed Viennese instruments of the day.Yet there was a tender, poetic side to Beethoven’s pianism as well. Comparing him to another celebrated pyrotechnician, the amateur composer Carl Ludwig Junker wrote that Beethoven had “greater eloquence, weightier ideas, and is more expressive—in short, he is more for the heart.” Mozart’s Fantasy Upon resigning his post at the ecclesiastical court in Salzburg in 1781, Mozart moved to Vienna, where he spent the remaining decade of his life as a highly successful freelance pianist and composer. In addition to writing no fewer than 17 piano concertos, he produced a wide variety of solo keyboard music, ranging from multi-movement sonatas to ­rondos, fantasies, fugues, and other stand-alone pieces. This diverse body of work illustrates Mozart’s determination to expand the range of piano technique and expression, even as he breathed new life into forms and genres associated with his 18th-century predecessors. In October 1784, Mozart presented the dedication copy of his Sonata in C minor K. 457 to his favorite piano pupil, Maria Theresia von Trattner, the socially prominent wife of a ­Viennese music publisher. (­Mozart and his wife had lodged in the Trattners’ house for a few months earlier that year; speculation that Mozart was secretly in love with Frau Trattner has never been substantiated.) A few months later, he wrote a multisection Fantasy in the same key, and although the two pieces can be performed separately—hence the different numbers in the Köchel catalogue of Mozart’s works—they were published together in 1785 as Opus 11. The agitated, passionate, and o ­ ften tragic atmosphere of these sublime works is traditionally associated with the key of C minor. The Fantasy begins and ends with a slithering chromatic theme that is repeated s­equentially at different tonal levels. This ominous preamble gives way to a luminous aria in D major, followed by a ­torrid Allegro, a tender An14


dantino, and a second, even more brilliant Più allegro characterized by broken chords and ­intense chromaticism.

Blending ­lyricism and drama

Haydn’s Classicism Haydn occupies a pivotal place in music history. In 1732, the year he was born, Bach and Vivaldi were still in their primes. By the time he died 77 years later, Beethoven was busily ushering in the Romantic era. Haydn’s lifetime thus neatly encompassed the Classical era, and his music ­reflects the “classical” virtues of clarity, equilibrium, and ­seriousness of purpose. His influence was felt throughout Europe, although he spent virtually his entire career either in Vienna or in the idyllic isolation of Prince Nikolaus ­Esterházy’s country estate, where he served as resident ­Kapellmeister. After that sinecure, so conducive to leisurely creativity, came to an end in 1790, Haydn embarked on two extended trips to London, from which he returned to end his days in the imperial capital. Many of Haydn’s 60-odd keyboard sonatas were inspired by women, whose friendship he cultivated in part to ­compensate for his own unhappy marriage. Dating from 1789–90, the Sonata in E-flat major is the fruit of his intense, but apparently platonic, friendship with Maria Anna von Genzinger, the wife of his employer’s personal physician. “I strongly recommend [the slow movement] to your attention,” Haydn wrote to her; “it has a deep significance which I will analyze for you when opportunity offers. It is rather difficult, but full of feeling.” The Adagio’s blend of lyricism and drama is indeed hard to bring off. (Frau von Genzinger asked that one passage involving a particularly tricky crossing of the hands be altered, a request that Haydn seems to have politely ignored.) No less challenging is the opening Allegro, with its playful starts and stops and contrasts between conjunct motion and wide leaps. The Finale, a rondo in relaxed triple time, is all guileless innocence. The eminent Haydn scholar H. C. Robbins Landon called the Andante con Variazioni “the finest set of keyboard variations between Bach and Beethoven.” Haydn wrote this masterly set of double variations in 1793, between his visits to London, no doubt with the robust sound of the Broadwood pianos he heard there ringing in his ears. Although the manuscript title “sonata” suggests that it was originally intended as one movement of a larger work, the composer apparently decided that it could stand on its own. There are 15


not one but two principal themes. The first is a bittersweet melody in F minor based on a dotted upbeat figure, the ­second a perkier tune replete with rolling flourishes. For each theme Haydn provides two variations, alternating ­between minor and major, after which the F-minor theme returns in what appears to be a simple recapitulation. Instead, Haydn embarks on a long, rhapsodic excursion that comes to rest on quiet unison Fs.

“Read ­Shakespeare!”

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Beethoven’s Innovations Beethoven was in an expansive mood in 1802 when he composed two highly original sets of piano variations, Opp. 34 and 35, informing his publisher in Leipzig, Breitkopf and Härtel, that he had written them “in an entirely new manner, each in a different way.” (Op. 35 is the “Eroica” or “Prometheus”Variations, one of Beethoven’s crowning achievements in the form.) At the behest of a Swiss publisher, he interrupted the project to write the three Op. 31 Sonatas. Then he polished the variations off, dedicating Op. 34 to a gifted pupil, Princess Barbara Odescalchi. Casting convention to the winds, Beethoven sets each of the six variations on his unpretentious F-major theme in a different key, the tonal centers neatly descending by thirds—D major, B-flat major, G major, E-flat major, and C minor—before returning home to F major (by way of a passing modulation to C major). He injects variety in the set in other ways as well, through contrasts of meter, tempo, and ornamentation, all cannily designed to showcase the player’s (that is, Beethoven’s own) tastefulness and virtuosity. The Op. 34 Variations and “The Tempest,” the second of the Op. 31 Sonatas, are among the many formally innovative works that Beethoven created in the early years of the ­century, including the opera Fidelio, the “Eroica” and Fifth Symphonies, the D-major Violin Concerto, and the three “Razumovsky” String Quartets. According to his secretary Anton Schindler, Beethoven was indirectly responsible for the D-minor Sonata’s popular nickname. When Schindler, intrigued by the “poetic ideas” that Beethoven expressed in his music, asked him to provide “keys” for listeners, the composer allegedly replied, “Read Shakespeare’s Tempest.” There is no mistaking the stormy, Romantic character of the D-minor Sonata, whose arpeggios, fantasy-like episodes, and moodily atmospheric harmonies make it a natural companion to the earlier “Moonlight” Sonata.


“The Tempest” opens with a slowly unfurling arpeggio, pregnant with possibility, followed by a shower of dancing eighth notes, like raindrops pelting the ground. These two contrasting thematic ideas generate much of the first movement’s dynamic energy. There’s a magical moment in the development section when Beethoven reprises the opening arpeggios, this time with plaintive, recitative-like elaborations, before bolting off into wild and uncharted harmonic regions. Another rolled chord signals the beginning of the Adagio, in B-flat major, an incandescent rainbow emerging from the Allegro’s darkling clouds. Both here and in the finale, ­Beethoven explores wide expanses of register, from gruff, subterranean bass to celestial treble. The Allegretto features syncopated rhythms and rippling arpeggios in interlocking configurations that recall the sonata’s earlier movements.

Harry Haskell is a former music editor for Yale University Press and a program ­annotator for New York’s Carnegie Hall, the Edinburgh Festival, and other venues. His books include The Early Music Revival: A History and Maiden Flight, a novel about his grandfather’s marriage to Katharine Wright, sister of W   ilbur and Orville.

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