Stimmen Vokal- und Instrumentalwerke von Bartók, Crumb und Schönberg
Ker stin Schüssler-Bach
Aufbruch und Rückschau Béla Bartók: Kontraste „Und ich werde sehr weit fortgehen, / weiter als diese Berge, / weiter als die Meere, / nahe den Sternen, / um Christus, den Herrn zu bitten, / mir meine alte Kinderseele zurückzugeben.“ Die Schlusszeilen von George Crumbs Ancient Voices of Children könnten geradezu bildhaft für die Situation Béla Bartóks stehen, der im Oktober 1940 aus Abscheu vor den Nazis aus Ungarn flieht und nach New York übersiedelt. Die neuen Lebensumstände, die lärmende Metropole, die Sorge um seine finanzielle Existenz – all das lässt ihn für zwei Jahre als Komponist verstummen. „In einem Wassertropfen suchte das Kind seine Stimme“, heißt es in einem weiteren Lorca- Gedicht, das George Crumb vertonte. Diese Stimme der Kindheit – der Vitalität und des Erinnerns – bricht sich schließlich Bahn in Bartóks Konzert für Orchester: Es enthält nicht nur zahlreiche formale und instrumentale Neuerungen, sondern zitiert auch eine wehmütige Klage um die verlorene Heimat. Bereits 1928 hatte Bartók einmal kurz in New York Station gemacht. Die Verdüsterung über Europa, zumal nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938, sollte ihm den Gedanken eines Aufenthalts in der Neuen Welt wieder näherbringen. Wenige Monate später, im August 1938, erreichte ihn ein Brief des befreundeten ungarischen Geigers Joseph Szigeti, der für sich und den berühmten amerikanischen Jazz-Klarinettisten Benny Goodman ein kurzes, mit „brillanten
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