William Youn

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Über Spiegel und andere Phänomene Klavierwerke aus drei Jahrhunderten

Meike Pf ister

„Konzerte sind heutzutage eine ernste Sache.“ So schreibt der Pianist Alfred Brendel in seinem Essay Gibt es eigentlich lustige Musik? und diagnostiziert weiterhin: „Musik hat, bei den meisten Inter­ preten und dem überwiegenden Teil des Publikums, nichts zu lachen.“ Dass Künstler ebenso wie Hörende auf diese Weise etwas verpassen und es in der Musikgeschichte genügend Werke gibt, bei denen ­gelacht werden darf und soll, führt er im Anschluss aus. Robert Schumanns Humoreske, die das Programm des heutigen Abends ­beschließt, hält diesbezüglich allerdings nicht, was der Titel verspricht. Der romantische Humorbegriff des Komponisten überträgt sich in diesem Werk laut Brendel „nicht als etwas Komisches, sondern als Sprunghaftigkeit, Laune, Caprice.“ Was Schumann innerhalb der Humoreske im Kleinen durch ein freies und phantasievolles Reihen unterschiedlichster Episoden verwirklicht, reflektiert William Youn in der Gesamtkonzeption seines vom Bild des Spiegels inspirierten Konzertprogrammes: Neben Mozarts berühmte A-Dur-Sonate stellt er nicht nur Rebecca Saunders’ 200 Jahre später entstandenes Mirror, Mirror on the Wall, sondern auch Ravels Miroirs und Miniaturen aus Griegs Lyrischen Stücken, um schließlich bei einem der umfangreichsten einsätzigen Klavierwerke des frühen 19. Jahrhunderts, der Humoreske, anzukommen.

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