Programmheft: Akademiekonzert mit Kirill Petrenko

Page 1

BAYERISCHES STAATSORCHESTER BEETHOVEN SCHOSTAKOWITSCH KIRILL PETRENKO 20. 2. 2021 LIVE AUS DEM NATIONALTHEATER gefördert durch

www.staatsoper.tv

Gestaltung Bureau Borsche


Bayerisches Staatsorchester AKADEMIEKONZERT Nationaltheater Samstag, 20. Februar 2021, 19:00 Uhr Musikalische Leitung Kirill Petrenko

Musikalische Akademie seit 1811

Vorstand Florian Gmelin, Daniela Huber, Ruth Elena Schindel


Ludwig van Beethoven (1770–1827) Symphonie Nr. 1 C-Dur op. 21 1. Adagio molto – Allegro con brio 2. Andante cantabile con moto 3. Menuetto. Allegro molto e vivace – Trio 4. Adagio – Allegro molto e vivace Komponiert 1799/1800 Widmung: Gottfried Freiherr van Swieten Uraufführung: Wien, Hofburgtheater, 2. April 1800, in der von Ludwig van Beethoven veranstaltete Akademie Orchesterbesetzung: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte – 2 Hörner, 2 Trompeten – Pauken – Streicher Zum ersten Mal im Rahmen der Musikalischen Akademie im 7. Abonnementkonzert 1811/12 am 16. März 1812, zuletzt im 8. Akademiekonzert 1989/90 am 11. Juni 1990 (Dirigent: Wolfgang Sawallisch); vom Bayerischen Staatsorchester zuletzt im Rahmen einer Konzertreise gespielt in der Beethovenhalle Bonn am 12. September, im Festspielhaus Baden-Baden am 17. September und im Kursaal Meran am 20. September 2010 (Dirigent: Kent Nagano) Dmitri D. Schostakowitsch (1906–1975) Symphonie Nr. 1 f-Moll op. 10 1. Allegretto – Allegro non troppo 2. Allegro 3. Lento – Largo 4. Allegro molto – Lento – Allegro molto – Largo – Presto Komponiert 1923–25 Widmung: Michail Wladimirowitsch Kwadri Uraufführung: Leningrad, Großer Philharmonischer Saal, 12. Mai 1926; Staatliche Akademische Philharmonie, Dirigent: Nikolai Malko Orchesterbesetzung: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte – 2 Hörner, 2 Trompeten – Pauken – Streicher Zum ersten Mal im Rahmen der Musikalischen Akademie im 7. Abonnementkonzert 1954/55 am 16. Mai 1955 (Dirigent: Lovro von Matačić), zuletzt im 2. Abonnementkonzert 1972/73 am 13. November 1972 (Dirigent: Wolfgang Sawallisch)

PROGRAMM


Das Programm wurde, den in Bayern geltenden Abstandsregeln folgend, geändert, und tritt nun mit etwas reduzierter Besetzung an: Nicht Gustav Mahlers letzte vollendete Symphonie mit ihrem groß aufgefächerten Orchesterapparat, sondern zwei Erstlingswerke sollen erklingen, die jeweils ersten Symphonien von Ludwig van Beethoven und Dmitri Schostakowitsch. Als Beethoven von Bonn 1792 nach Wien reiste, um dort bei Haydn zu lernen, schrieb Graf Waldstein ihm in sein Stammbuch, er würde „Mozarts Geist aus Haydns Händen“ erhalten. Natürlich musste sich der junge Beethoven an den beiden großen Vorgängern (und Vorbildern) messen – seine erste Symphonie will es nicht verbergen. Doch Beethoven löckte immer gern wider den Stachel. Das beweist schon der erste Takt seines Opus 21. Höchst irritierend für seine Zeitgenossen beginnt er das Werk mit einer Dissonanz, einem Dominantseptakkord, harmonisch biegt er sozusagen in eine Kurve ab, statt erst einmal einer geraden Linie zu folgen, und gelangt zum C-DurHauptthema erst über Umwege. In der Entstehungszeit hat Beethoven sich mit dem PrometheusThema beschäftigt, und aus der Musik klingt etwas heraus von einem Helden, der sich die Welt „nach seinem Bilde“ erschafft: Er verwendet das Material, das die Tradition vor ihm ausbreitete, und bricht immer wieder aus den gewohnten Bahnen aus, zieht das Tempo an, findet reizvolle Abweichungen, überrascht mit unerwarteten Wendungen, lässt andererseits tiefe Gefühle zu und bricht krachend aus ihnen wieder aus. „Stürme der Empfindung und aller Affekte“ hörte ein Rezensent in diesem Werk, die auch heute noch zu erleben sind.

Am Beginn des 20. Jahrhunderts war für angehende Symphoniker längst Beethoven der Maßstab. Für Dmitri Schostakowitsch waren es auch die zwischen Akademismus und Volksnähe changierende Petersburger Komponisten der damaligen Zeit und das Schaffen Peter Tschaikowskys mit seinen schicksalhaften Symphonien; später wurde für ihn auch Gustav Mahler eine Referenz. Darüber hinaus war Schostakowitsch als Stummfilmpianist mit allen Effekten der Unterhaltungsmusik vertraut und verfügte über alle Zwischentöne von Humor, Ironie und Satire. Das hört man seiner ersten Symphonie an. Sie sollte, dem Gattungsanspruch folgend (und darin dem Roman in der Literatur verwandt), ein Spiegel der Welt sein, wie ihr Autor sie erlebte. Die seine war hart wie bunt und widersprüchlich, wie die Zeit es nur hergab. Schostakowitsch betrat mit gerade mal 19 Jahren das symphonische Parkett der jungen Sowjetunion, und er hatte Glück: Seine erste war ein Wurf, für ein Instrumentalwerk mit unerhörtem theatralischen Gestus dargeboten. Er wirbelt in seinen Klängen groteske Gestalten umeinander, lässt Puppen tanzen und Marionetten mit ihren Gliedmaßen klappern, wodurch die ebenso eindringlichen Passagen expressiver und pathetischen Charakters eine schillernde Doppelbödigkeit erhalten. Alle russischen Musikkenner waren sich sofort einig, dass hier die größte Begabung seiner Generation sein Debüt gefeiert hatte, die Presse schrieb von „höchstmöglichem Ausdruck des Talents“, Alban Berg gratulierte persönlich per Brief. Überschüttet mit solchem Lob, wurde der Weg für Schostakowitsch nicht leichter, – aber seine symphonische Visitenkarte ist heute wie damals ein überwältigender Teufelsritt.

ZUM WERK


Kirill Petrenko wurde 1972 in Omsk geboren. 1990 übersiedelte die Familie nach Österreich. Er studierte in Feldkirch Klavier und in Wien Dirigieren. Direkt nach dem Abschluss wurde er an die Wiener Volksoper engagiert. Von 1999 bis 2002 war Kirill Petrenko Generalmusikdirektor am Meininger Theater, 2002 wurde er Generalmusikdirektor an der Komischen Oper Berlin. Parallel entwickelte sich rasch seine internationale Karriere: Er debütierte beim Maggio Musicale Fiorentino, an der Wiener Staatsoper, der Semper-oper Dresden und der Bayerischen Staatsoper, am Gran Teatre del Liceu in Barcelona, an der Opéra National de Paris, am Royal Opera House Covent Garden in London sowie an der Metropolitan Opera in New York. Nach 2007 war Kirill Petrenko als Dirigent freischaffend tätig, unter anderem an der Oper Frankfurt und in Lyon. Zu den wichtigsten Orchestern, die er bisher geleitet hat, gehören die Berliner und die Wiener Philharmoniker, die Staatskapellen Dresden und Berlin, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das Gewandhausorchester Leipzig, das Concertgebouworkest Amsterdam, das Cleveland Orchestra, das Chicago Symphony Orchestra, das London Philharmonic Orchestra, das Orchester der RAI Turin und das Israel Philharmonic Orchestra. Außerdem dirigierte Kirill Petrenko bei den Bayreuther, Salzburger und Bregenzer Festspielen. 2013 trat er sein Amt als Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper an, das er bis Ende der Spielzeit 2019/20 innehatte. Bislang dirigierte er hier die Premieren von Jenůfa, Die Frau ohne Schatten, La clemenza di Tito, Die Soldaten, Lucia di Lammermoor, Lulu, Die Meistersinger von Nürnberg, Lady Macbeth von Mzensk, Tannhäuser, Il trittico, Parsifal, Otello, Salome und Die tote Stadt sowie die Uraufführung von South Pole. Seit August 2019 ist Kirill Petrenko Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Berliner Philharmoniker.

Das Bayerische Staatsorchester ist eines der ältesten und traditionsreichsten Orchester der Welt. Aus der Münchner Hofkapelle hervorgegangen, lassen sich seine Ursprünge bis in das Jahr 1523 zurückverfolgen; der erste berühmte Leiter des Ensembles war von 1563 an Orlando di Lasso. Stand zunächst die Kirchenmusik im Zentrum, kamen im Laufe des 17. Jahrhunderts mehr und mehr weltliche Konzerte und Opernaufführungen hinzu. In der Mitte des 18. Jahrhunderts begann der regelmäßige Operndienst, der bis heute die Hauptaufgabe des Orchesters ausmacht. Im Jahre 1811 wurde von den Musikern des Hofopernorchesters der Verein der Musikalischen Akademie gegründet, der die erste öffentliche Konzertreihe in München, die „Akademiekonzerte“, ins Leben rief. Die Musikalische Akademie mit ihren symphonischen, kammermusikalischen und musikpädagogischen Aktivitäten ist seither ein prägender Bestandteil des Münchner und des bayerischen Musiklebens. Unter den vielen großen Komponisten, mit denen das Orchester verbunden war, ragt Richard Wagner heraus. 1865 dirigierte Hans von Bülow die Uraufführung von Wagners Tristan und Isolde. Auch dessen Opern Die Meistersinger von Nürnberg, Das Rheingold und Die Walküre wurden in München uraufgeführt. Viele der bedeutendsten Dirigenten ihrer Zeit, von Richard Strauss über Bruno Walter und Hans Knappertsbusch bis zu Georg Solti, Joseph Keilberth, Wolfgang Sawallisch und Zubin Mehta, haben dem Orchester als Chef vorgestanden. Auch mit Carlos Kleiber verband das Orchester eine enge Beziehung. Auf Kent Nagano folgte als Bayerischer Generalmusikdirektor mit der Spielzeit 2013/14 Kirill Petrenko. Mit ihm war das Orchester 2016 auf Europatournee und gab Konzerte unter anderem in Mailand, Paris, Berlin und Wien. 2017 fand neben dem Japan-Gesamtgastspiel der Bayerischen Staatsoper eine AsienTournee statt, im Jahr darauf standen Konzerte in Hamburg (Elbphilharmonie), New York (Carnegie Hall) und London (Barbican Centre) auf dem Spielplan. 2019 gastierte das Orchester im neuen Konzertsaal von Lugano und im Wiener Konzerthaus; mit dem Programm des 1. Akademiekonzerts 2020/21 war es – erstmals unter seinem künftigen Chefdirigenten Vladimir Jurowski – zu Gast im KKL Luzern.

BIOGRAPHIEN


Besetzung Akademiekonzert 1. Violine Markus Wolf (Erster Konzertmeister), Arben Spahiu (stellv. Konzertmeister), Dorothea Ebert, Alexander Kostin, Corinna Desch, Michele Torresetti, Dania Lemp, Matthias Ulrich König 2. Violine Michael Arlt (Stimmführer), Daniela Huber, Traudi Pauer, Sylvia Eisermann, Anna Maria Heichele-Paatz, Julia Pfister, Anna Maija Hirvonen, Johnny van Gend** Viola Clemens Gordon (stv. Solobratsche), Florian Ruf, Christiane Arnold, Johannes Zahlten, David Ott, Juliane Clara Holdenried** Violoncello Yves Savary (Solovioloncello), Christoph Hellmann, Oliver Göske, Udo Hendrichs, Roswitha Timm, Anja Fabricius Kontrabass Blai Gumí Roca (Solokontrabass), Thomas Jauch, Andreas Riepl, Wieland Bachmann Flöte Olivier Tardy (Soloflöte), Christoph Bachhuber, Katharina Kutnewsky Oboe Giorgi Gvantseladze (Solooboe), Simone Preuin (stellv. Solooboe) Klarinette Markus Schön (Soloklarinette), Martina Beck-Stegemann (Bassklarinette) Fagott Holger Schinköthe (Solofagott), Kathrin Kittlaus Horn Pascal Deuber (Solohorn), Franz Draxinger, Christian Loferer, Casey Rippon Trompete Johannes Moritz (Solotrompete), Frank Bloedhorn, Thomas Oberleitner** Posaune Sven Strunkeit (Soloposaune), Thomas Klotz, Uwe Füssel (Bassposaune) Tuba Steffen Schmid Pauke Pieter Roijen Schlagzeug Dieter Pöll, Thomas März, Carlos Vera Larrucea, Maxime Pidoux Klavier Jean-Pierre Collot* * Gast ** Orchesterakademie

BESETZUNG


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.