EDITORIAL
Liebe mcbw Entdecker:innen und Design-Begeisterte,
dass sich unsere Welt in einem Zustand der Disruption befindet, dürfte für niemanden mehr eine Neuigkeit sein. Altbewährtes wird auf den Kopf gestellt, muss neu hinterfragt werden. Doch die stärksten Umbrüche haben auch immer schon großartige Chancen geboten, dass etwas Neues entsteht. Wir müssen die Bausteine der Gegenwart und vor allem unserer Zukunft anders denken, neu arrangieren. Um dies zu tun, braucht es Mut und Menschen, die sich trauen, ihren Blickwinkel zu ändern und die Situation nicht als Überforderung, sondern als Chance begreifen. Design als disruptive und zugleich bewahrende Kraft nimmt bei der Auseinandersetzung mit den großen Transformationsthemen unserer Zeit eine bedeutende Rolle ein. Insofern passt unser Jahresmotto „Why disruption unleashes creativity“ perfekt; es stellt das Verhältnis von Umbruch und Kreativität ins Zentrum der munich creative business week 2023.
Unsere mcbw ist eine Plattform für alle, die der Wandel umtreibt. Sie bietet Gestalter:innen aus Design und Architektur, Unternehmen und der interessierten Öffentlichkeit dabei vielfältige Möglichkeiten, sich zu diesen Themen auszutauschen und Impulse zu sammeln. Mit Veranstaltungen, Ausstellungen, Vorträgen und Initiativen in ganz München ermöglichen wir Begegnungen und inspirieren gemeinsam unter dem Motto „Why disruption unleashes creativity“.
Hierunter ordnen sich auch die Fokusthemen des vorliegenden Magazins mcbw mag, die spielerisch unsere neu entwickelte Gestaltungssprache aufgreifen. Die geometrischen Grundformen Kreis, Quadrat und Dreieck symbolisieren in ihren vielfältigen Anordnungen das Neu-Zusammensetzen fragmentierter Wissensbestandteile.
Neben den Beiträgen unserer Partner:innen zeigen auch Interviews mit inspirierenden Persönlichkeiten Potenziale für Design, Architektur, Wirtschaft und Gesellschaft auf. Wir freuen uns sehr, dass Leyla Acaroglu die neu geschaffene Rolle des „Creative Explorers“ übernimmt und damit aktiv unser Jahresmotto repräsentiert. Als international anerkannte Expertin auf dem Gebiet disruptiver Designmethoden setzt sie Denkimpulse und unterstreicht die Relevanz von Design und Kreativität.
Entdecken Sie, wie unsere Partner:innen das Zusammenspiel von Umbruch und Kreativität nutzen und die mcbw zu dem machen, was sie ist – Deutschlands größter Designevent!
Viel Inspiration und neue Perspektiven mit unserem mcbw mag 2023 wünscht Ihnen im Namen des gesamten bayern design Teams
Nadine Vicentini Managing Director bayern design GmbHVERÄNDERUNG GESTALTEN
HUBERT AIWANGER
Bayerischer Wirtschaftsminister
Die mcbw hat sich längst als große internationale Designwoche etabliert. Gerade in sich verändernden Zeiten, wie wir sie derzeit erleben, braucht es erfahrene Lotsen, die Kurs auf neue, bisher vielleicht unbekannte Ufer halten können. Designerinnen und Designer sind hierfür prädestiniert, denn ihre Entwürfe mussten schon immer zukunfts sicher sein. Gut, dass wir eine solche Plattform in Bayern haben!
DIETER REITER
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München
Es freut mich sehr, dass die munich creative business week auch 2023 wieder an den Start geht. Unter dem Motto „Why disruption unleashes creativity“ können Designer:innen, Architekt:innen, Wirtschaftsvertre ter:innen und alle Interessierten der spannenden Frage nachgehen, wie Veränderungsprozesse Kreativität freisetzen können und Neues entstehen lassen. Dabei wünsche ich viele inspirierende Erkenntnisse.
CHARLES GRAF
VON FABER-CASTELL
Vorstand bayern design forum e. V.
Aufsichtsrat Faber-Castell AG
Bitte nehmen Sie Platz und machen Sie es sich unbequem! Die eigene Komfortzone zu verlas sen, erfordert Antriebskraft, aber es lohnt sich mitunter. Mit Routinen zu brechen macht kreativ, agil und innovativ – nur so können wegweisende Veränder ungen entstehen. Wenn Krisen zur Lebensrealität werden, müssen wir das als Kata lysator für das persönliche Wachstum be greifen. Ich bin sicher: Selten standen die Chancen besser als heute für die Geburt inspirierender Konzepte, mitreißender Entwürfe und geistreicher Projekte. Die mcbw 2023 ist aus dieser Perspek tive spannender denn je.
FR ME — WO R A K
Disruption mag für viele als Hype und Modewort gelten, aber die „Zeitenwende“ ist real. Von Anbeginn war uns bei hw.design klar: Eine mcbw muss sich noch intensiver in diese Realität einklinken. Unser Jahresmotto „Why disruption unleashes creativity“ verbindet daher zwei brandaktuelle Themen: den beständigen (und gerade beschleunigten) Wandel sowie die wichtigste Ressource von Gestalter:innen: ihre Kreativität, die sie befähigt, dem Umbruch Gestalt zu geben und seine Energie in positive Bahnen zu lenken. Ein Magazin, das sich der Frage „Why disruption unleashes creativity“ stellt (und ein Design, das genau dem Gestalt geben will), muss offensiv mit Unsicherheiten umgehen. Vor allem aber muss es die Dimensionen dieser Leitfrage ausloten und ihnen den richtigen Rahmen geben.
why … Welche sind die Gründe, die Impulse, die so substanziell und gravierend Bestehendes auf den Kopf stellen, dass Unternehmen, Organisationsformen oder Personen gezwungen sind, mit ihren Strukturen, Prozessen und Geschäftsmodellen zurück auf „Los“ zu gehen?
… disruption … Worin besteht das zwingende Moment dieser Veränderungen, das die (Un)Wucht freisetzt, die echten Wandel mit weitreichenden Implikationen antreibt?
… unleashes … Welche Freiheit des Anders-Sehens und Anders-Denkens kann erst durch die Zertrümmerung von stabil geglaubten Gewissheiten entstehen?
… creativity Welche spezifische Qualität braucht ein „kreatives Denken“, das zu wirklich neuartigen Verknüpfungen von Wissensbestandteilen befähigt und so zu ungekannten Erkenntnissen führen kann? Wie entsteht genuin Neues?
Das mcbw mag will genau das: Dimensionen ausloten. Verschiedene Menschen verschiedener Bereiche, Disziplinen und Professionen zusammenbringen. Perspektiven eröffnen und Rahmen sein: für unsere Partner:innen. Sie zeigen in einer Reihe von Interviews, Features und Meinungsbeiträgen, wie sie sich positionieren, welche Chancen sie erkennen und wie sie Wandel aktiv gestalten. Das umfasst Materialien ebenso wie Software, Produktionsverfahren wie Formen agiler Zusammenarbeit. Nicht selten werden dabei Erwartungshaltungen gebrochen oder gegen den Strich gekämmt. Nachhaltigkeit ist etwa bei Gmund Papier nichts Neues, sondern Teil der Tradition. Insofern spiegelt die Publikation selbst einen Moment des Umbruchs, der Gewissheiten neu beleuchtet und überraschende Antworten liefert.
In der Mitte des mcbw mags erweitern wir nochmals die Perspektive und fragen nach Antworten mit einem globalen Ansatz. Vier internationale Beiträger:innen berichten von ihrer Forschung und ihrem
Engagement für eine Welt, die im Wandel weniger Bedrohung sieht als vielmehr Bereicherung für uns alle, Chance für neue Geschäftsmodelle und nachhaltiges Leben. Professorin Annette Diefenthaler zeigt, wie Design, das sich für die Anliegen der Menschen öffnet, selbst Lehrpläne zu verbessern hilft. Anders denken beginnt in der Schule. Künstlerin und Designerin Catherine Sarah Young forscht an der Schnittstelle von Nachhaltigkeit und spekulativem Design. Die Globetrotterin zeigt mit Projekten in Spanien, China und Mexiko, wie sich Menschen für Nachhaltigkeit engagieren: Brüche beleben. Rama Gheerawo, Director am Londoner Helen Hamlyn Centre for Design, führt vor Augen, wie Diversität Mehrwert schafft und offene Gesellschaften dank Design punkten: Crossover wirkt. Annabelle von Reutern schließlich arbeitet als Head of Business Development von Concular an der Kreislaufwirtschaft beim Bauen. Kein Industriezweig verursacht so viel Emissionen. Ihre Materialdatenbank verwandelt Häuser zu Rohstoffminen und zeigt, dass Unternehmen durch Umbrüche erfolgreich werden können: Disruption nutzen, lautet die Devise.
Unsere Creative Explorerin der mcbw, Leyla Acaroglu, unterstreicht die positive Kraft des Wandels: Disruption bietet für sie eine Chance, dass wir überleben. Dazu muss sich einiges ändern: „Doch realistisch betrachtet geht es bei Disruption in der Welt des Designs darum, unser Wissen und unsere Fähigkeiten zu nutzen, um Waren und Dienstleistungen, Geschäftsstrategien und völlig neue Konzepte zu entwickeln, die uns voranbringen.“ Das ist mehr als ein Perspektivenwechsel, das ist eine Aufforderung an uns alle, den Wandel mitzugestalten. Das ist die zentrale Botschaft des mcbw mags: Veränderung nicht passiv zu erdulden, sondern selbst aktiv zu
„Warum“ ist die Urquelle jeden Antriebs. Warum ist etwas so – und warum nicht anders?
Kreativität ist das Neu-Zusammen setzen frag mentierter Wissensbestandteile. So entsteht Neues.
werden. Die Voraussetzungen waren nie besser. Wie meinte doch Stefan Diez in seinem Interview: „Es gab immer wieder Phasen großer Verschiebungen, richtige Kontinentalplatten-Verschiebungen. Genau das passiert gerade. Diese Momente sind ein guter Nährboden für Kreativität.“ Seine Prognose: „Während unsere Generation die Generation der Digitalisierung war, wird die jetzige Generation die der Kreislaufwirtschaft.“ Dieser Schritt wird nur zusammen gelingen. Verschiedenheit und Diversität sind künftige Ressourcen, wenn wir Wandel gestalten.
Evolutionär, reproduktiv und optimierend kommen wir nicht mehr weiter, als wir schon sind.
Destruktion setzt frei: Energie, Blickwinkel, Freiraum.
Doch welches Kleid entwirft man für jemanden, der mit einem neuen Selbstverständnis um die Ecke kommt? Reicht eine neue Frisur, um jemand Neues zu sein? Wie sieht Disruption aus? Welche Form hat Innovation? Welche Farbe Kreativität? Längst ist Design mehr als eine Gestaltungsdisziplin, ist kreative Denkweise und gesamtreflektorische Grundhaltung. Längst ist die mcbw mehr als Deutschlands größter Designevent, ist Austauschplattform für kritische Denker:innen und kreatives Spannungs/spiel/feld. Unser Motto „Why disruption unleashes creativity“ bringt genau das auf den Punkt. Also: Wie sieht Disruption aus, welche Form hat Innovation, welche Farbe Kreativität? Welches Designsystem entspricht jemandem, dessen Konstante Wandel heißt?
Allein der Begriff „Designsystem“ erscheint schon ambivalent. Erstens, weil er in unterschiedlichen Kontexten mit unterschiedlichen Bedeutungsdimensionen verwendet wird. So hat er beispielsweise in Organisationen, die in verschiedenen Bereichen diverse digitale Assets oder auch Produkte erzeugen, eine spezifische Bedeutung und wird definiert als Baukasten bestehend aus Style Guides, Component Libraries und allgemeinen Richtlinien. Er dient im Idealfall als „single source of truth“, um die Erstellung von Plattformen, Channels etc. zentral zu steuern. Zweitens erhält der Teilbegriff „-system“
im allgemeinen Sprachgebrauch grundsätzlich eine stark ordnende Konnotation: funktional, präzise, eindeutig.
„Single source of truth“ und „eindeutig“ passen aber definitiv nicht zu einer mcbw, die sich eben gerade der Uneindeutigkeit stellt und verschiedenste Perspektiven nicht nur zulässt, sondern geradezu einfordert. Sprechen wir im Hinblick auf eine adäquate Gestaltung also lieber von einem Framework als von einem System. Ein Framework aus Grundbausteinen, um die Fragmente unserer Gegenwart neu zu „arrangieren“, die versprengten Teile un -
Das modulare Keyvisual setzt sich aus den geometrischen Grundformen Kreis (inkl. Halb- und Viertelkreis), Quadrat sowie gleichschenkligem Dreieck zusammen. Diese lassen sich dem Leitmotiv „arrange“ folgend zu verschiedenen Konstellationen kombinieren und können auch die Buchstaben des Begriffs „arrange“ bilden.
serer zersplitterten Welt neu zu verknüpfen – auch und vor allem jene, die zunächst vielleicht gar nicht einander zugehörig scheinen. Es geht darum, zu zeigen, was entstehen kann, wenn man anders denkt.
Das Design spiegelt genau das wider. Geometrische Grundformen (Kreis, Quadrat, gleichschenkliges Dreieck) in mannigfaltigen Kombinationsmöglichkeiten sowie Versatzstücke des englischen Wortes „arrange“, typografisch geformt aus ebenjenen geometrischen Grundformen, spielerisch „arrangiert“ zu Layout-Anordnungen, die stets Momentaufnahmen die -
ses fortlaufenden Prozesses kreativen Neu-Ordnens sind. Während das Jahresmotto „Why disruption unleashes creativity“ also inhaltlich auf den Punkt bringt, worum es bei allen Veranstaltungen rund um die mcbw 2023 geht, prägt das Leitmotiv „arrange“ visuell das gestalterische Framework der mcbw 2023.
Wie sieht Disruption aus? (Un)vertraut. Welche Form hat Innovation? Amöboid. Und welche Farbe Kreativität? Alles zwischen Tiefweiß und Schneeschwarz. Stürzen wir uns also ins Unvorhersehbare. Es könnte ja Spaß machen.
FRANK WAGNER — HW DESIGN
Gründer und Geschäftsführer von hw.design sowie Herausgeber und Chefredakteur des nomad Magazins
Wandlungsdruck
der mcbw
Die mcbw ist der größte Designevent in Deutschland. Das aber reicht nicht. Alle, die bei der mcbw engagiert sind, möchten die maßgebende Veranstaltung dafür sein. Dabei geht es nicht um Superlative. Es geht darum, dass wir als Teil der Creative Business Community unsere Talente und Kompetenzen so einbringen, dass daraus positive Impulse für den Wandel unserer Gesellschaft ausgehen.
Zentrale
Veränderungen
Es ist weniger das Ziel, einfach alles neu zu machen, in der Annahme, dass neu grundsätzlich besser ist. Vielmehr geht es darum, eine neue Sicht auf die Dinge einzunehmen: auf die Rolle der mcbw, die als kreative und offene Plattform eine Vielzahl von Stakeholdern erreichen und sich mit den internationalen Veranstaltungen messen möchte; auf die Partner, die wir mit ihrem Beitrag im partizipativen Sinne zu Beteiligten eines gemeinsamen Wandels machen; und auf die Besucher:innen, denen wir nicht nur die Erneuerungs- und Visionskraft der Creative Community vor Augen führen möchten, sondern vor allem auch die Relevanz ihrer eigenen Rolle.
S. 1 Editorial
S. 2 Grußwort
S. 4 Introstrecke Jahresmotto
S. 12 GRENZE ROT BMW Group
S. 18 NICHT WEIL WIR ES MÜSSEN, SONDERN WEIL WIR ES WOLLEN KISKA
S. 24 NATÜRLICH EIN BISSCHEN CRAZY MUCBOOK
S. 30 Drei Fragen an: OH WOMAN
S. 32 DIE WELT MITGESTALTEN KMS TEAM
S. 38 Fünf Fragen an: icon incar
S. 40 LASST UNS ZU DISRUPTOREN WERDEN Doug Powell
S. 46 Drei Fragen an: Hochschule München
S. 48 Drei Fragen an: rpc The Retail Performance Company
S. 50 WIR RETTEN NICHT DEN PLANETEN. WIR VERÄNDERN DIE GESELLSCHAFT. Leyla Acaroglu
S. 54 FITNESSRAUM FÜR ELASTISCHE FANTASIE
Catherine Sarah Young
S. 58 WIR KÖNNEN UNS PROZESSE VORSTELLEN, DIE NOCH NICHT EXISTIEREN
Annabelle von Reutern
S. 62 DIE KULTUR DES WIR
Rama Gheerawo
S. 66 GRUNDSÄTZLICH UNZU FRIEDEN MIT DER WELT
Annette Diefenthaler
S. 70 PRODUKTE SCHNELLER AUF DIE STRASSE BRINGEN BatchOne
S. 76 ALLE AN EINEN TISCH Designit
S. 82 Drei Fragen an: Designworks A BMW Group Company
S. 84 FÜR MICH SIND ÜBERRASCHUNGEN TOTAL POSITIV HAY
S. 90 UNTER DRUCK? EHER UNTER DAMPF. Gmund
S. 96 WENN ALLE TÜREN OFFEN STEHEN KUK
S. 102 RAUS AUF DIE STRASSE PwC
S. 108 Drei Fragen an: Goethe-Institut
S. 110 Drei Fragen an: CreativeNL
S. 112 DER INSPIRIERENDSTE ARBEITSPLATZ DER WELT KREATIVITÄT IST EINE DER WERTVOLLSTEN RESSOURCEN INNOVATIVER UNTERNEHMEN Steelcase
S. 118 Drei Fragen an: BLACKSPACE
S. 120 DER WISSENSKATALYSATOR FraunhoferGesellschaft
S. 126 bayern design
S. 140 Contributors
S. 142 Impressum
GRENZE ROT
Ohne Nachhaltigkeit geht nichts mehr. Besuch bei Annette Baumeister, Leiterin des Bereichs Farb- & Materialdesign bei BMW.
Strukturen, Reflexionen, Farbnuancen, Material – inspirierende Details für Annette
BaumeisterTIEFE OBERFLÄCHEN
Besprechungsraum 008. Steingrauer Fußboden, funktionale Tische. Im Hintergrund surrt ein Getränkeautomat. Und plötzlich schießt Annette Baumeister einen Halbsatz in den Raum, der alles verändert, leichter macht, menschlicher: „Grenze Rot.“ Seit 2019 leitet die Textildesignerin den Bereich Farb- & Materialdesign bei BMW. „Wenn wir ,Grenze Rot‘ sagen, heißt es, dass der Farbton nicht über dieses Rotlevel hinaus darf, es kann vielleicht sogar ein bisschen heller sein oder ein bisschen gelber. So beschreiben wir unsere Urmuster.“ Die gebürtige Münsteranerin steht hinter jedem Farbton und jeder Oberfläche. Qualität sei das Wichtigste, jene feine Linie, auf der nachhaltige
Werkstoffe, Muster und Farben balancieren, um ihre maximale Wirkung zu entfalten. Oder vielmehr: ihre minimale. Denn drei Dinge prägen das Innenleben der Zukunft: „Reduktion, Beruhigung und Fokussierung auf das Wesentliche.“ Nichts soll ablenken. Zugleich sollen sich Stoffe und Oberflächen zu einem Ganzen fügen, in dem sich alle wohlfühlen. Dazu kommen all die kleinen Anforderungen wie Verschleiß oder Lichtechtheit, technische Vorschriften, Standards und Kulturen, die es unter einen Hut oder vielmehr unter eine übergreifende Idee zu bringen gilt. Daher Reduktion. Sie hilft, ein Fahrzeug für eine komplexe Welt zu schaffen, sagt die Designerin.
Wo bleibt aber die Disruption, von der die ganze Branche erfasst ist, jener Wandel, der kein Bauteil auf dem anderen lässt, getrieben durch neue Motoren, neue Vertriebsmodelle oder teilautonomes Fahren? Da muss Annette Baumeister lachen: „Wir Designer:innen sehen natürlich immer Potenziale und wollen die Welt verändern. Gerade beim Material und Farbdesign wollen wir einen Raum kreieren, in dem sich Menschen wohlfühlen.“ Disruption finde im Material statt: Annette Baumeister möchte es „neu denken“. Und dabei ist Nachhaltigkeit so elementar. Einige visionäre Stoffe sind am Start, von Pilz-Schäumen bis zur Kolorierung durch Bakterien und 3D-Direktdruck auf Textil. Die Balance ist entscheidend, nicht nur mit Blick auf den Geschmack des Publikums. Ästhetik und Nachhaltigkeit müssten sich verbinden. „Und das muss ich gut zusammenkriegen.“
Materialien, Muster und Oberflächen bilden einen Dschungel, in dem sich Unkundige verlaufen würden. Jedes Ambiente braucht einen Mittelpunkt, ein Schwergewicht. Annette Baumeister beginnt bei einer Farbgebung, um die sie alles gruppiert. Gleiches gilt für Oberflächen und Materialien. „Eins muss vorgehen und sagen: ‚Ich bin’s. Das innovativste Material.‘ Wenn ich das hinkriege, kriege ich auch den Rest hin.“ So wächst ein dreidimensionales Puzzle aus Farben und Formen. Dafür braucht es eine
ruhige Hand, aber echte Ruhe gibt es nicht. „Wir werden ja ständig aufs Neue herausgefordert“, sagt die Materialexpertin, „es ist wirklich so, dass wir manchmal wenig Zeit haben, kreativ zu sein und alles genau auszutarieren und strategisch zu denken. Dafür braucht es eine ganz andere Art von Ruhe und Intensität. Aber die Herausforderung macht auch hier erfinderisch.“ Sie und ihr Team hätten in den vergangenen Jahren stark auf Kreativität gesetzt und diese setze wiederum andere Kreativität frei. Wie eine Kettenreaktion quer durch neue Materialien und Herstellungsverfahren. Braucht es dafür eigentlich eine besondere Umgebung, einen hippen, coolen Stadtteil? „Vielleicht einen Hinterhof mit einem lichtdurchfluteten Studio, knarzenden Holzdielen und einem Studio-Hund. Davon habe ich immer geträumt. Und trotzdem sind wir auch hier kreativ.“ Im Designstudio gibt es dafür normiertes Licht, bei dem noch die feinsten Farbnuancen sichtbar werden, ein Schwarz beispielsweise, das noch ein bisschen blauer ausfällt als das andere Schwarz. „Beim ersten Mal habe ich wirklich gedacht: Worüber reden die Kolleg:innen? Da war ich noch ganz frisch im Unternehmen, und dann sagte der eine, das sei ja viel zu grün, und der andere, das sei viel zu rot. Kurzzeitig hatte ich Panik. Dann fängt man an zu sehen, was andere sehen.“ Ob sie denn einen absoluten Farbsinn besitze wie das absolute Gehör? „Ich glaube, er ist schon ganz gut“, antwortet sie. Die Zeit ist fast um. Annette Baumeister blickt sich im Besprechungsraum um, schüttelt unmerklich den Kopf. Fast schon im Gehen sagt sie: „Wir wissen ja auch nicht immer alle Antworten“, und fügt hinzu: „Vielleicht ist das die endgültige Disruption.“
Blauer Kristall – Erinnerungsstück aus Annette Baumeisters Zeit als Studiodirektorin bei Designworks
Shanghai
NICHT WEIL WIR ES MÜSSEN, SONDERN WEIL WIR ES WOLLEN.
Managing Director Alexander Thusbass erklärt, warum sich KISKA ständig verändert und warum Kreativität heutzutage nicht nur Designer:innen gepachtet haben.
Disruption setzt Kreativität frei? „Nein“, sagt Alexander Thusbass, das sei doch andersherum: „Kreativität setzt Disruption frei und steht so am Beginn von allem.“ Der Produktdesigner und BikeSpezialist ist Managing Partner der KISKA Munich GmbH: ein Macher, der gerne selbst anpackt und zugleich Freude hat an digitalen Welten. „Disruption ist der Kern. Aber in den vergangenen Jahren hat die Softwareentwicklung gezeigt, dass Bahnbrechen -
des aus Feldern kommt, die mit Design erst mal nichts am Hut haben.“ Und was heißt das jetzt für die eigene Arbeit? Da lacht Thusbass: „Das Spinnertum, das Designer: innen oft nachgesagt wurde, ist über Design Thinking mittlerweile zur hohen Kunst des Business aufgestiegen.“ Klingt nach vertauschten Rollen, zeigt aber, wo wir heute stehen: Kreativität ist nicht von Menschen gepachtet, die gut mit dem Zeichenstift umgehen können, sie
ist eine Grundvoraussetzung für moderne Unternehmen und zukünftige Gesellschaften. Genau dafür steht die Marke KISKA, die Gründer und CEO Gerald Kiska 1990 in Salzburg gründete. Das internationale Studio verbindet Transportation- und Produktdesign mit strategischer Markenberatung und übernimmt so Aufgaben, die man früher nur Unternehmensberatungen zugetraut hätte. Auch das ist Zeichen des Umbruchs. Von der ersten Recherche bis zur Kommunikation, vom Produkt über den Service bis zur Markenidentität kommt alles aus einer Hand –oder besser: aus einem großen Team von Spezialist:innen, die erst auf den Markt schauen, auf Trends und Technologien, bevor die erste Skizze entsteht.
Ein solches Unternehmen kennt keinen Stillstand. Ständig kommen neue Aufgaben hinzu, neue Felder, neue Mitarbeiter:innen. „Wir sind seit 30 Jahren ein ‚lebender Prototyp‘“, sagt Thusbass: „KISKA wird ständig umgebaut: nicht weil wir es müssen, sondern weil wir es wollen.“ Auf einen fragenden Blick erklärt Thusbass, das sei wie bei unserem Gehirn: Der Verstand liebe Routinen. So bekämen wir „unser Leben in den Griff“, würden aber blind für den Wandel. Auch KISKA habe gewisse Komfortzonen neben „extremer Neugier“. „Das zieht Menschen an, die einfach ein Stück weit neugieriger sind.“ Die Jagd nach dem Neuen zeigt sich im T-Profil der Mannschaft: breites Interesse an vielen Dingen mit einem ganz persönlichen Schwerpunkt, der in die Tiefe geht: lauter Nerds und Geeks, Spezialist:innen, die sich überraschen lassen können, weil sie wissen, dass sich die Welt laufend verändert. Und sie sich mit ihr.
Wie aber sieht das konkret aus? Beispielsweise beim Schritt vom Auto zum Elektromobil? Da wird der leidenschaftliche
E-Biker sehr emotional: „Reicht es, wenn wir einen Verbrenner gegen einen Elektromotor tauschen? Oder müssten wir uns nicht grundsätzlich die Frage stellen, ob zwei Tonnen Fahrzeug in der Innenstadt die richtige Lösung sind, egal welcher Antrieb unter der Haube steckt? Das also heißt, das eigentliche Problem hinter der Fragestellung zu sehen. Diesen Ansatz finden vielleicht nicht alle Auftraggeber:innen prickelnd. „Ja“, gibt Thusbass zu, das sei schon ein intensiver Prozess, der aber helfe, die Dinge ein Stück weit klarer zu sehen. Für manche sei es schon eine „brutale Challenge“.
Design ist schön, kann aber offenbar ziemlich herausfordernd sein (frei nach Karl Valentin). Denn es steht eben nicht nur ein Produkt im Mittelpunkt, sondern alles wird zugleich hinterfragt: das Marktumfeld ebenso wie die Marke, die Strategie wie das User Interface. „Holistisch“ hätte das früher geheißen. „Wir haben viele Diskussionen, die mit Design überhaupt nichts zu tun haben, weil es eigentlich strategische Business-Diskussionen sind“, sagt Thusbass und schmunzelt: „Das ist das, was KISKA auch anstrengend macht: Markenberatung plus strategische Konzeptentwicklung.“ Daher sei es wichtig, dass Auftraggeber:innen bereit seien, diesen intensiven Prozess mitzugehen. Auf diese Weise entstanden in den vergangenen drei Jahrzehnten Kopfhörer, Motorräder, Motorjachten, Heizungen, die „nicht in den Keller gehören“, Leuchten, Concept Cars in 36 Wochen –und vor allem Geschäftsmodelle und Marken, die international Bestand haben. KISKA lebt von ruhelosen Menschen wie Alexander Thusbass, die hier ein Praktikum absolvierten, selbst Gründer wurden, zurückkamen, wieder rausgingen und nun erneut mit kreativer Energie Disruption befördern.
Inspired by the forward-thinking approaches of creative visionaries including Bjarke Ingels, Sabine Marcelis, Michela Magas, Barber & Osgerby, Formafantasma, Andrés Reisinger, David Chipperfield, Nendo, Junya Ishigami and many others. As a premium print magazine distributed in more than 30 countries, and a digital magazine available globally.
www.the-nomad-magazine.com . @nomad__magazine
C R
NATÜRLICH EIN
BISSCHEN CRAZY
100 Seiten aus und über München: In der aktuellen MUCBOOK Print- Ausgabe dreht sich alles um die Themen „Wohlbefinden“ und „Gesundheit“.
YOLIVER HERWIG
Sie sind Verleger – nach eigenen Worten „Unternehmerjournalist“ – und haben mit dem „Mucbook“ eine zeitgemäße Form der Lokalberichterstattung geschaffen. Wer verlässt schon freiwillig die „Süddeutsche“ und sagt sinngemäß: „Ihr habt die digitale Welt nicht verstanden“?
MARCO
EISENACK
Das ist natürlich ein Lebensentwurf. Ich konnte gar nicht anders. Den Weg, mein eigenes Ding zu machen, habe ich mir vielleicht gar nicht ausgesucht. Der Drang, etwas Neues zu „unter nehmen“, war wohl einfach zu stark.
MEinweihungsparty einer MUCBOOK Zwischennutzung
VERLEGER UND UNTERNEHMERJOURNALIST
MARCO EISENACK HAT MIT MUCBOOK
BEWIESEN, DASS ES GUTEN LOKALJOURNALISMUS
AUCH IM DIGITALEN ZEITALTER GEBEN KANN.
WAS TREIBT IHN AN?
OH
Ein Drang ...?
ME
... sich von Strukturen zu befreien, die man für nicht sinnhaft erachtet. Sondern das umzusetzen, was den Menschen einen echten Mehrwert bietet. Dazu gehört die unbändige Lust daran, einfach mal auszuprobieren, in Netzwerken zu arbeiten und auch bereit zu sein, Fehler zu machen.
OH
Daher „Unternehmerjournalist“?
ME
Ja. Mir hat der Begriff gut gefallen, weil Journalist:innen gelernt haben, immer nur passiv zu beobachten. Sie berichten über das, was andere unternehmen. Aber mit dieser Einstellung retten wir unsere Medienwelt nicht in ein digitales Zeitalter. Um weiterhin gute Berichte bereitzustellen, brauchen wir eine neue Form von Journalismus, den Unternehmerjournalismus.
OH
Können Sie das erklären?
ME
Wir brauchen insbesondere im Lokalen Journalist:innen mit Pioniergeist, die neue Wege finden, ihre Geschichten zu erzählen, und kreative Ideen haben, die Leser:innen dazu zu bringen, dafür Geld zu bezahlen. Seien es Newsletter, Podcasts, TikTokVideos oder Events – ich glaube, es wird eine Mischung aus allem sein. Wir stehen hier auch im Austausch mit einem deutschlandweiten Netzwerk innovativer Lokalmedien und es zeigt sich, dass es gerade im Lokalen einen großen Bedarf an relevanter und umfassender Information gibt. Insbesondere in Zeiten des Wandels und der Unsicherheit. Nur erwarten die Leser:innen heute, dass man sie ihnen anders zubereitet. Der Großteil wird dabei im digitalen Raum passieren,
aber auch das Papier wird seinen Platz haben.
OH
Das Neue baue auf dem Alten auf, sagten Sie in einem Interview, dabei leben Sie Brüche. Sind Sie nun ein Disruptor oder jemand, der Brücken schlägt zwischen Alt (Print) und Neu (Digital)?
ME
Beides. Die Grundidee einer Zeitung ist ja nicht falsch. Nur lässt sich das bisherige Geschäftsmodell nicht in die neue Welt hinüberretten. Mehr als zweihundert Jahre lang kauften Werbetreibende für teures Geld Flächen auf Papier. Mit der Erfindung des Internets erkannten sie, dass man sehr viel smarter an sein Publikum kommen kann. Jetzt brauchen wir ein neues Geschäftsmodell, vor allem im Lokaljournalismus, wo Werbefinanzierung alleine mit Online-Anzeigen wegen der relativ geringen Reichweiten nicht funktionieren kann. So gesehen ist Disruption, der Zusammenbruch und Ersatz eines bestehenden Geschäftsmodells, der passende Begriff. Natürlich bauen wir auf dem Alten auf: Wir wollen Menschen informieren, so wie es Journalismus immer schon wollte. Das bedeutet, wir behalten das Fundament, aber das darauf errichtete Gebäude sieht völlig anders aus. OH
Anfangs waren Sie sogar werbefrei.
ME
Das war natürlich ein bisschen crazy und völlig disruptiv, vier Jahre völlig werbefrei zu sein. Aber statt hässliche Popups zu verkaufen, die alle nur nerven, haben wir bei MUCBOOK anfangs lieber ganz auf Werbung verzichtet. Bis heute findet man keine einzige Bannerwerbung bei uns. Der Trend zum ContentMarketing war dann ein Modell, das zu uns gepasst hat. Aber
auch hier lehnen wir Anfragen ab, wenn sie nicht zu uns passen. Wir erlauben uns eine Haltung nach dem Motto: Wir haben den Anspruch, den Menschen mit unseren Informationen das Leben in München zu verbessern. Ich denke, MUCBOOK hat als Stadtverbesserer:in inzwischen eine Persönlichkeit, die viele sehr gut leiden können.
OH
Dieses Geschäftsmodell für den Bereich Anzeigen ergänzen Sie nun durch Mitgliedsbeiträge.
ME
Genau. Wir müssen völlig neu denken, nämlich Leser:innen abholen, die für guten Journalismus bezahlen wollen. Das kostet 50 Euro im Jahr.
OH
Dann gehören Disruption, Druck, Freiheit und Kreativität zusammen?
ME
Fast eine philosophische Frage. Wo wird mehr Kreativität freigesetzt: durch Druck oder durch
Freiheit? Ich glaube, durch Freiheit entsteht mehr Gutes.
OH
Neben dem MUCBOOK haben Sie den Coworking- und Kreativort MUCBOOK Clubhaus gegründet, der mit rund einem Dutzend Zwischennutzungen in ganz München bezahlbare Flächen für Start-ups und Kreative bietet. Viel Beachtung findet derzeit aber auch die Gründung der Munich Innovation Crew, die unter dem Motto „Make Munich a better place for good people“ den Think-Tank MUNICH NEXT LEVEL, mit TEXTBAU eine Kreativschmiede für Kommunikation und mit BRAND YOUR STORY ein audiovisuelles Creator-Studio unter einem Dach vereint. Alle Ihre Gründungen haben einen Bezug zur Stadtentwicklung. Zieht es Sie immer wieder zu dem Thema, weil wir hier vor so großen Disruptionen stehen?
ME
Unsere Städte werden sich auf dem Weg zur Klimaneutralität radikal verändern müssen. Zugleich stehen große Herausforderungen wie Wohnungsnot, wachsende soziale Ungleichheit und wirtschaftliche Transformation vieler Branchen bevor. Wir möchten versuchen, einen Beitrag zu leisten, die Stadtgesellschaft beisammen zu halten. Kommunikation ist eine Voraussetzung, Menschen mitzunehmen auf dem Weg, der vor uns liegt. Wir können Wissen verteilen und Mut machen, die notwendigen Veränderungen anzugehen.
OH
Eigentlich geht es um ...
ME
… den Aufbruch in eine zukunftsfähige Stadt. Mit MUCBOOK und der Munich Innovation Crew möchten wir die Menschen in den Austausch bringen und Mut machen, zu einer gemeinsamen Reise aufzubrechen – mit Zuversicht und Neugier.
STEPHANIE RENZ
CO-FOUNDER, HEAD OF STRATEGY & COMMUNICATIONS
TANIA HERNÁNDEZ
CO-FOUNDER & HEAD OF DESIGN
Was gefällt Ihnen am Umbruch?
SR&TH
So viel Unsicherheiten und Herausforderungen Umbruch auch mit sich bringen mag, so viele Chancen finden wir in ihm. Umbruch bedeutet für uns vor allem Veränderung, Neues, Abenteuer, Bewegung: das Gegenteil von Stillstand. Und das gefällt uns sogar sehr. Das bringt Aufregung und Schwung in den Alltag. Umbruch triggert also unsere Kreativität: Routinen werden hinterfragt, wir kommen ins Reflektieren und ins Handeln. Durch Umbruch können wir lernen und wachsen.
Wie motivieren Sie Ihre Mannschaft – und wie lassen Sie sich inspirieren?
SR&TH
Wer nicht an eine gleichberechtigte Welt glaubt, wird bei uns wenig Motivation finden. Für uns kommt Motivation vor allem von der gemeinsamen Vision und der Lebenseinstellung, die geprägt ist von Werten. Wir haben das Designstudio OH WOMAN ® gegründet, um eine freie und gleichberechtigte Welt zu schaffen. Wir wollen vor allem Begegnungen auf Augenhöhe schaffen, Stereotype auflö -
sen und uns gesellschaftlichen Herausforderungen stellen. Unsere Expertise ist der Schlüssel, um Themen und Menschen greif- und sichtbarer zu machen. Ein Team hat den Vorteil, dass es immer eine Person gibt, die Bock hat, etwas zu verändern. So ist es ein ständiges Geben und Nehmen, das Wertschätzung zeigt, und zu Wertschätzung motiviert.
Was bedeutet „Disruption“ für Sie konkret? Und wie kreativ gehen Sie mit Veränderungen um?
SR&TH
Disruption ist der Vorgang, Bestehendes oder Gelerntes zu ersetzen. Man wird gezwungen, sich anzupassen und sich neu zu erfinden. Auch wenn Zwang eher negativ klingt, hat das für uns als hundertprozentige Macherinnen auch positive Seiten: Für uns bedeutet Disruption vor allem Chancen und (persönliches) Wachstum. Sie eröffnet die Möglichkeit, aus dem Stillstand in die Bewegung zu kommen. Der Status quo wird infrage gestellt, die Welt hinterfragt und somit Potenzial für neue Ideen geschaffen. Das im Lockdown entstandene Aufklärungsspiel OH WOMAN ® zeigt uns jeden Tag: Zeiten der Veränderungen können ein Katalysator für große Ideen sein.
DIE WELT MIT GESTAL TEN
Wie KMS TEAM Veränderung begleitet und beschleunigt.
Robert Meinolf Börsting und Patrick Märki im Gespräch über Marken, Disruption und Kreativität.
Leidenschaft für die Sache ist der
Die tiefschwarze Schleuse schluckt jeden Laut. An den Wänden kleben Schallabsorber wie in einem Tonstudio. Es ist eine Passage zu etwas Neuem. Dann stehen Besucher:innen vor der großen Empfangstheke. Gläserne Wände auf beiden Seiten signalisieren Offenheit. Zur Rechten liegt der Besprechungsraum, zur Linken öffnet sich ein Großraumbüro, in dem über 90 Kreative aus den Bereichen Strategie, Design, Brand Experience und Brand Management arbeiten, von Praktikant:innen und Senior Designer:innen bis zum
Gründer. Mittendrin Managing Partner Patrick Märki und Head of Design Robert Meinolf Börsting. Es gibt nicht viel Trennendes, wenig Hierarchien. Alle sitzen in einem Boot.
KMS TEAM wurde 1984 gegründet, in einer Zeit vor dem Smartphone, vor Social Media und sogar bevor das Internet so richtig Fahrt aufnahm. Wer sich in vier Jahrzehnten nicht verändert, ja manchmal sogar wandelt, ist in der Regel nicht mehr am Markt. KMS TEAM ist erfolgreich, weil es Menschen und Missionen ver-
bindet und sich immer wieder neu erfindet, ohne seinen Kern aufzugeben. Dieser Kern ist die Leidenschaft für das, was sie tun: Marken entwickeln, stärken und verwandeln. „Ursprünglich gründete Knut Maierhofer KMS als reines Designbüro“, sagt Patrick Märki. „Und diese Gestaltungs-DNA ist nie verloren gegangen und darf auch nicht verloren gehen.“ Doch Gestaltung hat sich verändert; sie ist komplexer geworden, umfassender. Inzwischen gehe es um Strategie, sagt Märki. „Wir überschneiden uns mit Unternehmensberatungen, weil wir nicht nur eine gute Visualisierung entwerfen, sondern Werte und Strategien entwickeln und dabei tief in die Unternehmen gehen. Wir verantworten die ganze Brand Experience einer Marke, teils auch die Produktsegmentierung.“ KMS ist breit aufgestellt, intern wie mit Blick auf künftige Auftraggeber:innen. Im Portfolio finden sich Automobilkonzerne, Banken, Kultureinrichtungen und Technologiefirmen gleichberechtigt nebeneinander. Fortschritt entsteht, indem Wissen aus einem Projekt ins nächste fließt, ohne Ideen einfach zu kopieren. Das wäre auch zu einfach. „Wir nutzen Synergien“, sagt Patrick Märki dazu. Von dieser Fähigkeit habe sicher auch die Automobilindustrie profitiert, weil sie zuvor etwa die Staatsgalerie Stuttgart betreut hätten.
Was aber heißt das konkret? Nichts geht ohne Dialog, ohne ehrlichen Austausch von Standpunkten und Kritik. Haltung nennen das Börsting und Märki. „Aufträge kritisch zu prüfen“, heiße auch, danach zu fragen, welche Parameter tatsächlich gesetzt seien, damit Botschaften sinnvoll, konsumierbar und partizipierbar blieben, meint Head of Design Börsting. „Wir sind gut in dem, was wir tun“, ergänzt Märki. „Und haben den Anspruch, immer besser zu werden. Genau das ist unser Antrieb.
Wir spielen in der Champions League, zusammen mit den Besten.“ Das bedeute, Neues zuzulassen und den Blick über den Tellerrand zu richten. So ist auch der Teamgedanke gewachsen: unterschiedliche Talente, verschiedene Herkünfte und Alter, diverse Blickwinkel und teils verrückte Ideen. „Die Reibung, die dabei entsteht, bringt uns weiter. Wir sind über 90 Mitarbeiter:innen, aber die genaue Größe ist nicht so wichtig, solange alle für die Sache brennen.“ In einer Welt, die sich ständig neu erfindet, kommt Inspiration schließlich von überall. „Wichtig ist, dass wir die Idee aus uns erschaffen und sie dann zur Verfügung stellen“, sagt Börsting. Gestaltung heißt für KMS TEAM Relevanz erlangen, bedeutet: Welt mitgestalten. Das geht natürlich durch große Sprünge. Aber auch durch beharrliches Arbeiten, kleine Verbesserungen und Schritte in die richtige Richtung. „Wir sind überzeugt, dass wir auch inhaltlich Dinge verändern, Disruptionen zulassen und nutzen“, sagt Märki.
Diese Transformation ist in vollem Gange. Gerade wird die Grundlage der Profession erschüttert. Künstliche Intelligenz schreibt Texte und schafft Bilder nach einfachen Vorgaben. Was bedeutet KI für KMS TEAM? „Ein spannendes Thema“, entgegnet Märki. „Wir sind fest davon überzeugt, dass wir in Zukunft Parameter bestimmen werden, wie KI funktioniert. Dann wird der Entwurf die Gestaltung von Parametern.“ Die digitale Welt bringt Disruptionen mit sich, bei denen es nicht mehr um Visualisierung allein geht. Sondern um Haptik, um Geruch, um Bewegung oder Zeit. Die großen Fragen für KMS TEAM: „Sind wir diejenigen, die Impulse geben oder aufnehmen? Sind wir die, die etwas auf Social Media drauflegen oder nur etwas runterholen?“ Die Antwort: „Wir wollen die Entwicklung mitbestimmen!“
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FÜNF FRAGEN AN
FLORIAN GULDEN
MANAGING DIRECTORWie kreativ reagieren Sie auf Umbrüche?
FG
In unserem Umfeld durchleben wir gerade mehrere gleichzeitige Disruptionen: Elektrifizierung, autonomes Fahren und ein generell sehr viel diverseres Verständnis von Mobilität. Die große Macht der Designer ist es, diese neue und bessere Zukunft erlebbar zu machen, zu testen und Angst zu nehmen. Wir haben vor einiger Zeit zusammen mit unserem Partner ideenion ein komplett fahrbares Fahrzeug mit einem innovativen Antriebskonzept gebaut: RG Nathalie. In neun Monaten vom weißen Blatt Papier auf die Straße! Ist es nicht irre, was mittlerweile geht und wie privilegiert wir als Designer sind?
Wann sperren Sie sich gegen Wandel?
FG
Wandel geht in zwei Richtungen: vorwärts und rückwärts. Wir haben nur Vorwärtsgänge bei icon incar – mit Ge lände untersetzung für schwieriges Terrain.
Wie motivieren Sie Ihre Mannschaft – und wie lassen Sie sich inspirieren?
gegen. Wer mal bei einem unserer internen Project-Reviews dabei war, den haut es aus den Socken. Das ist absolute Weltspitze. Leider müsste ich die Zuschauer danach „blitzdingsen“ (Anmerkung der Redaktion: Gedächtnislöschung, bekannt aus der Comicverfilmung „MIB“).
Wer ist bei Ihnen wann kreativ –und wie zeigt sich das?
FG
Das ist ein Kreislauf. Ich finde es total motivierend, was das Team leistet, und bringe dem sehr viel Anerkennung ent-
FG
Bei icon incar treibt uns der Wunsch nach Veränderung und Verbesserung. Das passiert auf allen Ebenen und in allen Bereichen, etwa im Design, Development, Office Management oder Shared Service. Wenn man die Ergebnisse sieht und echte Wertschätzung zeigt, wird es zum Selbstläufer. Das Ziel zu erreichen, ist das Entscheidende. Und wenn die Regeln dabei gedehnt werden müssen, ist es okay.
Wann wurde Ihr Geschäftsmodell so richtig infrage gestellt? Und wie gingen Sie damit um?
FG
Beim ersten Anruf eines Einkäufers. Da hat man besser einen Beißring in der Nähe, weil es in dem Moment nicht um Inhalte, sondern nur um Macht geht. Wie man damit umgeht? Mehr Macht haben. An seine Fähigkeiten glauben und entspannt sein. Sich nicht für jeden Preis hergeben.
LASST UNS ZU DISRUPTOREN WERDEN
DOUG POWELL, EHEMALIGER VICE PRESIDENTOF DESIGN BEI IBM, ÜBER LEADERSHIP DURCH
DESIGN UND DIE SUPERKRÄFTE VON DESIGNERN, UM
IN
KRISENZEITEN BRÜCKEN ZU BAUEN.
INTERVIEW
OLIVER HERWIG
In Ihrer Erfahrung als IBM Vice President of Design: Wie kreativ sind Großunternehmen, wenn es um rapide Veränderungen geht?
DOUG POWELL
Große Unternehmen tun sich schwer mit schnellem Wandel. Vor allem alte Großunternehmen. Aber das Stichwort bleibt schneller Wandel. Ein globales Riesen-Unternehmen mit Hunderttausenden von Mitarbeitern ist nicht dafür ausgelegt, flexibel auf sich verändernde Bedingungen zu reagieren.
OH
Doch bei IBM haben Sie einiges dagegen getan ...?
DP
OH
Eines Ihrer Hauptthemen ist „Leadership durch Design“. Wie kann Design in Zeiten der Disruption helfen?
DP
Unsere wichtigste Superkraft als Designer besteht darin, die Bedürfnisse der Menschen ins Visier zu nehmen. Das ist in einem großen Unternehmen eine einzigartige Qualität. Die Marketingleute werden dafür bezahlt, über den Markt, die Wettbewerbslandschaft und die Chancen für das Unternehmen nachzudenken. Die Ingenieure werden dafür bezahlt, darüber nachzudenken, wie man diese Dinge entwickelt. Und die Informatiker denken über die Daten nach. Das sind viele sehr kluge Leute mit enorm wichtigen Aufgaben.
OH Und Designer ...
DP
... denken darüber nach, wer die Menschen sind, die dieses Ding, das wir bauen wollen, benutzen werden. Was sind ihre Bedürfnisse? Wo sind ihre Schmerzpunkte? Was macht ihnen Freude? Was frustriert sie zutiefst? Und wie können wir diesen Designer-Fokus auf die Bedürfnisse echter Menschen mit einer besseren Erfahrung verbinden? Das macht einen ganz entscheidenden Unterschied und ist ein wichtiger wesentlicher Grund, weshalb designorientierte Unternehmen auf dem Markt die Nase vorn haben. Designer sind Agenten des Wandels.
OH
Sie haben gerade große Unternehmen als dysfunktionale Familien beschrieben, in denen die Mitglieder nicht miteinander reden und die unterschiedlichen
Als wir 2013 das Programm ins Leben riefen, verfügte IBM noch nicht über das menschliche Kapital innerhalb des Unternehmens mit den Fähigkeiten, um diese Art von Ressourcen aufzubauen. Das war ein wesentlicher Teil der Aufgabe, die ich dort mit meinem Amt übernommen habe.
Bedürfnisse der anderen nicht verstehen.
DP
Das ist die Wahrheit, und das Thema ist chronisch. Schauen Sie sich an, wie große Unternehmen organisiert sind: Sie bestehen in aller Regel aus unterschiedlichen Geschäftsbereichen, und diese werden mit der Zeit von den anderen Teilen des Unternehmens isoliert, die für andere Dinge verantwortlich sind. So funktioniert die Welt, in der wir leben.
OH
Und die Designer? Wozu sind sie da?
DP Designer sind Vermittler. Das ist noch so eine Superkraft. Im Idealfall sind wir in der Lage, zu sagen: „Leute, ich sehe et -
was total Interessantes in einer anderen Abteilung. Ich glaube, das könnte uns helfen, oder ich glaube, wir könnten dieser Abteilung helfen.“ Bringen wir also die richtigen Leute zusammen und tauschen uns aus. Das passiert in großen Unternehmen äußerst selten, doch genau das sollten Designer meiner Meinung nach tun können. Und durch unsere Methodik des Design Thinking oder des menschenzentrierten Designs stehen uns eine Reihe von Tools und Praktiken zur Verfügung, die diese Art von crossdisziplinärer Vernetzung wirklich fördern können.
OH
Es geht also um Soft Power.
DP
Das haben Sie sehr gut ausgedrückt. Und ja: So zu arbeiten ist für uns unglaublich wichtig.
OH
Sie bringen Designern bei, Führungsrollen zu übernehmen. Würden Sie sagen, dass diese in Krisenzeiten kreativer sein können?
DP
Ja, das können sie. Meine Hoffnung ist, dass Design-Leader unter Druck mithilfe ihrer kreativen Fähigkeiten das Feld anführen werden. Das ist jedoch nicht immer der Fall. Stattdessen erlebe ich immer wieder, dass Designer in eine Krise geraten, wenn sie eine Leitungsrolle bekommen. Dann passiert etwas Unerwartetes: Anstatt sich auf ihr Design-Talent zu verlassen, versuchen sie, einen Führungsstil zu verkörpern, der ihnen überhaupt nicht entspricht.
OH
Wie kommt das?
DP
Sie erkennen, dass ihre Soft Skills weniger wertgeschätzt werden, wenn es eng wird. Die meisten Design-Leader finden sich in einer Rolle wieder, für die sie nicht ausgebildet wurden. Und dennoch sind wir hier, ich eingeschlossen, in diesen riesigen Unternehmen mit riesigen Erwartungen und einer riesigen Verantwortung. Wir müssen Learning by Doing betreiben, was extrem herausfordernd ist. Und genau an diesem Punkt befinden wir uns jetzt in unserer Branche.
OH
Was ist Ihre Vorstellung von Innovation in Krisenzeiten?
DP
Das ist natürlich extrem schwierig. Eine Krise ist nicht der Zeitpunkt, um innovativ zu sein. Wenn Sie das trotzdem versuchen, haben Sie schon verloren und sind wahrscheinlich schon von einem Außenseiter überholt worden. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, große
Unternehmen dazu zu bringen, ihre Innovationskraft in Zeiten zu stärken, in denen keine Krise herrscht, in diese Ressource zu investieren und sie über die Jahre zu fördern, damit Innovation immer mehr eine natürliche Lebens- und Verhaltensweise werden kann.
OH
Sie haben Menschen im Unternehmen beigebracht, zu verstehen, dass ...
DP
... innovatives, kreatives Denken ganz natürlich und nicht nur auf eine spezielle Art entstehen kann. Bei IBM mussten wir dies in der DNA des Unternehmens verankern. Letztendlich konnten wir über die Hälfte der Belegschaft in dieser Praxis schulen.
OH
Welche Methoden haben Sie in Ihrem Programm eingesetzt?
DP
Der Schlüssel sind Verhaltensweisen. Die Schlüsselaktivität ist die bereichsübergreifende Zusammenarbeit und Co-Kreation: Teams von Mitarbeitenden, die unterschiedliche Dinge tun, Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten, unterschiedlichem Hintergrund, unterschiedlichen Prioritäten, unterschiedlichen Denkweisen. Die Design-Thinking-Methode bringt all diese Menschen, Standpunkte und Erfahrungen zusammen und gibt ihnen eine Reihe von Aufgaben an die Hand, die sie alle gleichberechtigt bearbeiten können. Im Mittelpunkt steht dabei der Mensch, für den sie alle gemeinsam etwas erschaffen.
OH
Hätte ich an Ihrem Programm teilgenommen, ...
DP
... hätten Sie eine Reihe von Fähigkeiten mitgenommen, die Ihnen helfen, die Bedürfnisse der
Menschen besser zu erkennen. Wir haben nur wenig über Disruption gesprochen. Denn wenn Teams auf diese Weise zusammenarbeiten, kommen sie der Disruption vielleicht zuvor. Wir hoffen, dass sie intern zu Disruptoren werden.
OH
Das diesjährige Motto der mcbw lautet „Why disruption unlea shes creativity“. Sie haben es umgedreht: „Kreativität entfesselt Disruption.“
DP
Stimmt! Interessanter Gedanke. Es funktioniert in beide Richtungen. Ich denke, wir können nur gewinnen, wenn wir selbst aktiv zu Disruptoren werden, anstatt einfach nur auf Disruption zu reagieren.
Hochschule München
PROF. BEN SANTO
DEKAN DER FAKULTÄT FÜR DESIGN, PROFESSOR FÜR GESTALTUNGSGRUNDLAGEN UND PROJEKTARBEIT
PROF. MARKUS FRENZL
PRODEKAN DER FAKULTÄT FÜR DESIGN, PROFESSOR FÜR DESIGNUND MEDIENTHEORIE, DESIGN- UND INNOVATIONSKULTUREN
Reden wir zu viel über Disruption?
BS&MF
Wir befinden uns in einer tiefgreifenden Umbruchszeit. Vertraute Systeme werden durch gesellschaftliche, kulturelle, technologische und ökologische Veränderungen umfassend transformiert. Dies erfordert den Zusammenhalt von Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Disruption erscheint im Kontext globaler Herausforderungen immer weniger als Bedrohung des Bestehenden, sondern als Notwendigkeit bei den anstehenden Transformationsaufgaben.
Was bedeutet „Disruption“ für Sie konkret?
BS&MF
Design ist zugleich disruptiv und bewahrend: Es entwickelt, verbessert und inszeniert Innovationen. Gleichzeitig werden vorhandene Identitäten und Traditionen gepflegt und gestärkt. Die Chancen des aktuellen Umbruchs müssen mit Offenheit und Vernetzungskompetenz genutzt werden. Design ist mit seinen Arbeitsweisen und Kommunikationsfähigkeiten essenziell daran beteiligt, Wandel zu gestalten: als Motor auf dem Weg zu einer leistungsstarken, forschenden, sozialen und zukunftsorientierten Gesellschaft.
Wie kreativ reagieren
Sie auf Umbrüche?
BS&MF
Die Stärken des Designs liegen im Umgang mit Nicht-Wissen, Nicht-Können und Scheitern. Der Umgang mit Unsicherheit und Unschärfe ist immanenter Bestandteil des Gestaltungsprozesses. Wir üben damit eine Haltung, die viel tiefgehender ist als so mancher Design-Thinking-Workshop.
Design wird in Deutschland oft noch als reine Verhübschungsdisziplin gesehen, die durch ästhetische Inszenierung Innovationen attraktiv und sozial akzeptabel macht. Integriert man Design schon von Anfang an in den Innovationsprozess, kann es aber als Schnittstellendisziplin und als wirkmächtiges Kreativwerkzeug Innovationen schaffen, Umbrüche einleiten oder darauf reagieren. Daher ist es wichtig, Designforschung in Bayern intensiver zu fördern und als Wissenskultur anschlussfähiger an andere Disziplinen zu machen. Das Spezielle an unserer Wissenskultur ist, Denken, Fühlen und Machen aufeinander zu beziehen, sowohl visionär als auch partizipativ zu arbeiten sowie Grenzen zu setzen und zu überschreiten. Daher setzen sich auf der diesjährigen mcbw erstmals alle Designfakultäten Bayerns im Zusammenschluss mit dem Thema der Designforschung in Bayern auseinander – im Rahmen eines Events an der Fakultät für Design der Hochschule München. Mehr unter designimzeughaus.hm.edu.
STEPHAN PAULI
HEAD OF BUSINESS DEVELOPMENT
UND MARKETING VON RPC
SP
Wie nennen Sie es eigentlich: Herausforderung, Aufgabe, Change Management, Problem, Umbruch oder doch lieber Disruption?
Als Beratungsunternehmung begegnet rpc – The Retail Performance Company –in erster Linie Herausforderungen, die sich aus Problem- oder Aufgabenstellungen seiner Kunden ableiten. Wenn man auf Corona zurückblickt, sind diese Aufgaben durchaus disruptiv und können als Umbruch verstanden werden – etwa, wenn im stationären Einzelhandel auf einen Schlag die Kunden wegbleiben und Shop-Betreiber keine Online-Services anbieten.
Wie gehen Sie als Firma mit Umbrüchen um?
SP
Umbrüche sind für eine moderne Unternehmensberatung das Salz in der Suppe. Um sie vorhersehen zu können, muss man sich mit langfristigen Trends auseinandersetzen und ein Gespür für Technologieentwicklungen und gesellschaftliche Strömungen haben. Der coronabedingte Lockdown hat traditionelle Geschäfts -
modelle des Einzel handels infrage gestellt. Die Verbraucher haben sich sehr schnell auf digitale Geschäftsmodelle umgestellt, für viele Anbieter hingegen war der Paradigmenwechsel zu groß und sie hatten eine zu lange Reaktionszeit. Für rpc war bereits 2021 klar, dass das viel zitierte Ende von Einkaufsmeilen und physischem Retail keine Option war. Wir entwickelten eine Vision vom Retail-Multiversum, in dem sich digitale Geschäftsprozesse und physisches Erleben ergänzen und bedingen. Wir sprechen vom seamless Omnichannel Retail, dem nahtlosen Ineinandergreifen der Geschäftsund Prozessfelder.
Welche Rolle spielt
Kreativität in Ihrem Unternehmen?
SP
Kreativität ist eine Schlüsselqualifikation für rpc. Zukunftsfähige Lösungen verlangen agiles Herangehen, bei dem über Perspektivenwechsel und Instrumente wie Design Thinking neue Denk- und Handlungsräume eröffnet werden. rpc hat eine eigene Designabteilung, die spezifische Lösungen kreiert, sowohl bei der Customer Journey als auch im physischen Erlebnis eines Showrooms.
LEYLA ACAROGLU
WIR RETTEN NICHT DEN PLANETEN. WIR VERÄNDERN
DIE GESELLSCHAFT.
Leyla Acaroglu, Creative Explorer 2023, über die Kraft von Design und Disruption in einer Welt im Wandel.
OLIVER HERWIG
Das diesjährige mcbw Thema lautet „Why disruption unleashes creativity“. Würden Sie sich selbst als disruptive Kraft bezeichnen?
LEYLA ACAROGLU
Ja, absolut. In meinem Designstudium ging es mir vor allem um Kreativität. Ich hielt das für viel spannender, als in einem Büro zu sitzen und langweilige Dinge zu tun. Dann wurde mir klar, dass auch ich mit meinen Entscheidungen großen Einfluss auf den Planeten haben würde. Und das machte mir erstmal Angst. Mir wurde klar, dass ich diesen ja
schon etwas anmaßenden zukünftigen Beruf liebe, mich jedoch nicht ausreichend gerüstet fühlte, um zu wissen, wie ich ihn richtig ausüben kann.
OH
Also folgte dem ein Soziologiestudium ...
LA ... und dann wurde ich Sozialwissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit, weil ich glaubte, dass die Verknüpfung dieser beiden Welten mir viel mehr Möglichkeiten bieten würde, schöne Dinge zu entwerfen, die die Welt besser machen. Meine Designpraxis besteht im Wesentlichen in der Gestaltung von
Aktivitäten wie Vorträgen, Spielen oder Lernprogrammen für Finnland und Thailand. Die Dinge, die ich entwerfe, sind bewusst disruptiv. Sie sollen spielerisch sein, Freude machen, anregen und belohnen.
OH Woher kommt das?
LA Ich mag es einfach, Dinge zu kreieren, die mich glücklich machen, weil ich davon ausgehe, dass sie auch andere Menschen glücklich machen werden. Und wenn wir glücklich sind, sind wir offener, aufnahmebereiter, kreativer und eher bereit, mit anderen zu kooperieren. Das sind die
geheimen Ressourcen, die wir brauchen, um die Probleme dieser Welt zu lösen.
OH
Sind Designer in Bezug auf Kreativität irgendwie speziell?
LA
Ich weiß jetzt nicht, was Sie unter „speziell“ verstehen. Vielleicht ...
OH ... außergewöhnlich.
LA
Oh ja. Das ist unsere wahre Superpower. Ich glaube, das Besondere an Design und an Menschen, die einen Designberuf gelernt haben, ist, dass ihnen beigebracht wurde, Dinge auseinanderzunehmen, zu zerstören, um sie dann zu verbessern. Im Designberuf geht es also nicht nur darum, etwas Bestehendes zu reproduzieren, sondern herauszufinden, wie man die Grenzen der Funktionalität verschieben und den Wert, den das Produkt oder die Dienstleistung für die Wirtschaft und die Menschen haben soll, garantieren kann.
OH
Es gibt eine ganze Reihe von Parametern, die Designer erfüllen müssen.
LA
Sie müssen in der Lage sein, ein Produkt funktional, sicher, verfügbar und attraktiv zu gestalten. Und meiner Meinung nach ist jedes gute Design zu 100 % nachhaltig und zirkulär. Das ist auf eine Art also eine ganz spezielle Fähigkeit. Doch ich glaube, Design ist eine universelle Kom -
petenz. Design ist die Fähigkeit, die Dinge, die uns zur Verfügung stehen, in Dinge zu verwandeln, mit denen wir unser Leben leichter bewältigen und die Welt verbessern können. Das meiste Design, mit dem Sie in Ihrem Alltag zu tun haben, ist so gut gestaltet, dass es einwandfrei funktioniert. Man nimmt es also nur dann wahr, wenn es schlecht gemacht, langweilig oder kaputt ist. OH
Würden Sie diese Erfahrung als disruptiv bezeichnen? Wenn etwas nicht funktioniert, wenn es unsere Routine stört und uns verunsichert ...
LA
Das wäre wohl eine Möglichkeit, den Begriff „disruptiv“ zu verwenden. Ich denke nicht, dass Design von Natur aus disruptiv ist. Ich meine, es gibt wirklich viel Design, das tatsächlich nur der Industrie und der Wirtschaft dient. Disruptive Innovation ist eine Theorie von Clayton M. Christensen, die 1997 durch sein Buch „The Innovator’s Dilemma“ bekannt wurde. Er vertrat die Idee, dass statische oder unflexible Unternehmen leicht zu erschüttern sind, wenn andere Akteure, Start-ups oder auch andere Firmen in anderen Sektoren auf den Plan treten, eine Chance erkennen, herausfinden, wie man es besser machen kann und dann das andere Unternehmen buchstäblich zu Fall bringen.
OH
Und Ihr Konzept von Disruption?
LA
Wenn ich für disruptives Design werbe, geht es mir darum, das
INTERVIEW
gesamte System zu verstehen, in dem wir uns bewegen: alle beteiligten Akteure, Elemente und Teile wie ein Ökosystem zu verstehen, um dann die Bereiche zu identifizieren, in denen die Designintervention – sei es ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein System – eine positive Veränderung innerhalb dieses größeren Systems beeinflussen oder stören kann.
OH
Wir reden also von einem ganz anderen Mindset.
LA
Bei Disruption geht es nicht darum, Chaos zu stiften. Es geht nicht darum, jemanden vom Hocker zu schubsen. Natürlich könnte dadurch der Status quo etwas erschüttert werden, wenn man zum Beispiel daran gewöhnt ist, bestimmte Abläufe auf eine bestimmte Art auszuführen. Doch realistisch betrachtet geht es bei Disruption in der Welt des Designs darum, unser Wissen und unsere Fähigkeiten zu nutzen, um Waren und Dienstleistungen, Geschäftsstrategien und völlig neue Konzepte zu entwickeln, die uns voranbringen.
OH
Um das zu erreichen, müssen wir ...
LA
... den Status quo einer linearen und nicht-nachhaltigen Wirtschaft aufbrechen – die, wie wir wissen, für die Zerstörung des Klimas, die Plastikmüllkrise und viel anderes Unheil verantwortlich ist. Wir nehmen uns dieser Probleme an und verwandeln sie in Chancen,
indem wir das gesamte System erfassen und unsere Designkompetenz nutzen, um schöne, funktionale und effektive Lösungen zu schaffen, die auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet sind. Und das tun wir, ohne uns dabei destruktiv zu verhalten.
OH
Positive Disruption hieße also, die destruktive Natur unserer derzeitigen Wirtschaft zu überwinden.
LA
Ein sehr guter Punkt. Der Unterschied zwischen Innovation, Iteration des bestehenden Paradigmas und Disruption besteht also darin, dass man die Branche komplett neu ausrichtet.
OH
Sie haben Design einmal als „das stille gesellschaftliche Drehbuch, das alles beeinflusst“ bezeichnet. Müssen wir unsere Gewohnheiten verlernen, um den Planeten zu retten?
LA
Wir retten nicht den Planeten. Wir verändern die Gesellschaft, um im Einklang mit den Ressourcen des Planeten zu leben. Dem Planeten geht es gut und er wäre ohne Eingreifen des Menschen viel besser dran. Die Vorstellung, dass der Mensch den Planeten rettet, zeugt von dem alten Glauben, dass der Mensch über der Natur steht, dass wir für unser tägliches Leben und Überleben nicht auf sie angewiesen sind. Daher gefällt mir der Gedanke, dass wir alle jeden Tag die Welt durch unser Handeln oder die Art und Weise, wie wir mit anderen interagieren, und durch die Werte, die wir vertreten, tatsächlich verändern. Wir alle können unsere Gesellschaft verändern, indem wir mit den Ressourcen dieses wunderschönen, lebensspendenden Planeten sorgsam umgehen.
SCIENTIA-DOKTO -
RANDIN AN DER UNSW SYDNEY ART & DESIGN
CATHERINE SARAH YOUNG
FITNESSRAUM FÜR ELASTISCHE FANTASIE:
CATHERINE
SARAH YOUNG DENKT LIEBER AN SUBVERSION STATT AN DISRUPTION.
OLIVER
HERWIG
Sie sind ausgebildete Wissenschaftlerin, Künstlerin und Designerin.
CATHERINE SARAH YOUNG
Ursprünglich war ich Molekularbiologin und habe Antikörper gegen Brustkrebs geklont. Doch ich wollte nicht den ganzen Tag in einem Labor eingesperrt sein. Also studierte ich Kunst in Barcelona, Naturwissenschaften in Manila und Design an der School of Visual Arts in New York. Von Design habe ich gelernt, Ideen anderen Menschen wirksam zu vermitteln.
OH
Doch Sie konzentrieren sich auf Ihre künstlerische Arbeit ...
CSY
... Ja, denn als Künstlerin bin ich wirklich frei. Ich achte darauf, offen zu bleiben und die Spaltung der Gesellschaft nicht weiter zu verschärfen. Ich versuche, in meiner Kunst möglichst inklusive Räume zu schaffen, etwa durch Düfte. Wir alle verbinden mit ein und demselben Duft ganz unterschiedliche Erinnerungen. Das gefällt mir, denn es macht deutlich, wie schwer es ist, die verschiedenen Geschichten dazu zu erzählen. Vielleicht gerade bei einem so schwierigen Thema wie dem Klimawandel. Viele Bil -
Die Karte der Arktis dient als Schachbrett mit schmelzenden Eisfiguren. In ihnen stecken Spielzeugsoldaten mit den Nationalflaggen der für die Klimakrise verantwortlichen Länder.
ARCTIC ICE CHESS (2021)
THE WEIGHING OF THE HEART (2021)
der, die uns in der Kunst begegnen, sterbende Eisbären oder der Planet in Flammen, können wir einfach nicht mehr sehen. Wir müssen die Geschichte aufbrechen, die wir uns selbst erzählen: dass die Lage hoffnungslos ist.
Der Begriff der Nachhaltigkeit wird allmählich bedeutungslos, da er so inflationär gebraucht wird, ohne dass entsprechende Taten folgen ...
CSY
Wir alle haben ganz unterschiedliche Vorstellungen davon, wie unser Planet nachhaltig werden
Aus Asche und anderen organischen Überresten der verheerenden australischen Buschbrände entstehen kleine Skulpturen wie diese eines anatomisch korrekt dargestellten menschlichen Herzens.
kann. Deshalb sind Worte wie diese nicht völlig bedeutungslos. Gleichzeitig sollten wir kritisieren, warum wir den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Damit fing doch das ganze Problem erst an. Wir dachten, wir seien die Krone der Schöpfung und größer als alles andere. Wenn ich über meine Arbeit nachdenke, verwende ich gern den Begriff Subversion statt Disruption. Ich spreche viel darüber, welche subversiven Fantasien in der Kunst möglich sind.
OH
Disruption fördere die Kreativität, sagten Sie einmal. Müssen wir unsere Komfortzone verlassen und uns mit anderen Meinungen konfrontieren?
CSY
Ja. Ich komme aus dem Kampfsport, deshalb sehe ich das Ganze als eine Art Kampf. Wenn man einen Bereich im Design oder in der Wirtschaft aufbricht, bringt man einen jeweils anderen Werkzeugkasten dafür mit. Wenn man sein Vokabular erweitert, kann man bessere und interessantere Geschichten erzählen. Und wenn es um die Rettung des Planeten geht, hat man wieder andere Werkzeuge zur Verfügung. Disruption ist ein ziemlich kniffliges Wort. Ein Modewort.
OH
Deshalb sprechen Sie auch von Subversion.
CSY
Ja. Geschult durch verschiedene Disziplinen, bin ich gewohnt, am Rand zu stehen. Grenzüberschreitungen sind in Ordnung, doch man darf nie vergessen, dass man von jedem Menschen etwas lernen kann. Es geht ums Ganze: Wir müssen zusammenkommen, wirklich kooperieren und voneinander lernen. Besonders wichtig ist diese Zusammenarbeit in Design und Wirtschaft. Wir brauchen Menschen,
die dafür da sind über den Tellerrand hinauszuschauen, denn die Teller sind wirklich winzig.
OH
Sie haben sogar eine Liste mit subversiven Ideen erstellt. Zum Beispiel: „Eine andere Sprache lernen.“
CSY
Ich versuche, mir vorzustellen, was meine Kunst mit Durchschnittsmenschen macht. Wir müssen nicht alle Künstler:innen sein, aber Künstler:innen haben die Fähigkeit, neue Kontexte zu schaffen, sei es zu einem Unglück in der Vergangenheit oder gegenüber der Zukunft. Wir sollten alle gemeinsam an unserer Zukunft schreiben. Viel Gutes auf unserem Planeten ist inzwischen weggebrochen, auch unsere Beziehungen zueinander. Das hat viel mit Materialismus zu tun. Wir haben den Blick auf die wirklich wichtigen Dinge verloren. Doch da draußen gibt es noch andere Geschichten und andere Sichtweisen auf die Welt.
OH
Spekulatives Design kann Gestaltung für die reale Welt sein. Das haben Sie in Peking gezeigt, als Sie eine Maske trugen, die Sie Jahre zuvor entworfen hatten.
CSY
Ich war an so vielen Orten, an denen ich Schutzmasken tragen musste. Also habe ich mir überlegt, wie das wohl in 10, 20, 30 oder 50 Jahren aussehen könnte. Dafür habe ich Gegenstände der Gegenwart mit futuristischen Elementen ergänzt. Spekulieren ist eine Fähigkeit, die wir in unseren kritischen Diskurs aufnehmen können: eine elastische Vorstellungskraft, die wir trainieren können. In gewisser Weise kann man Kunst als eine Art Fitnessraum für elastische Fantasie betrachten. Künstler:innen sind Teil einer langfristigen Lösung.
ANNABELLE
HEAD OF BUSINESS
DEVELOPMENT
BEIM START-UP
CONCULAR
VON REUTERN
WIR KÖNNEN UNS PROZESSE
VORSTELLEN, DIE
NOCH NICHT EXISTIEREN.
ANNABELLE VON REUTERN
ENTWIRFT EINE NEUE
KREISLAUFWIRTSCHAFT
BEIM BAUEN.
Was wäre, wenn zirkuläres Bauen Wirklichkeit würde?
Wenn Gebäude ganzheitlich gedacht und gebaut wür den: von der Entstehung bis zur Demontage und Wiederverwertung? Concular geht diesen Weg. Das Start-up denkt in Kreisläufen und lässt lineares Bauen hinter sich.
OLIVER HERWIG
Concular ist erfolgreich, weil die Bauwelt in einem massiven Umbruch steckt. Wie nennen Sie diesen Wandel eigentlich: Rückbesinnung, Zeitenwende ...?
ANNABELLE VON REUTERN
Rückbesinnung klingt gar nicht schlecht, denn sowohl in der Art des Konstruierens als auch bei der Frage, mit welchen Materialien wir konstruieren, wurde schon mal gute Arbeit geleistet. Das ist länger her und dazwischen ist viel passiert: Kapitalismus, Wirtschaftswachstum und Industrialisierung. Einfach bauen bedeutet zurückzukehren zu dem, was uns eigentlich dient.
OH
Können Sie das Wort Disruption noch hören?
AVR
Das höre ich gar nicht so oft. Also ja, wir sind ein disruptives Start-up. Das stimmt. Im Vergleich zu vielen anderen, die bestehende Prozesse optimieren, sind wir dabei, vergangene Prozesse wiederherzustellen. Aber ist es wirklich eine Disruption, wenn das Wissen schon mal da war? Vielleicht insofern, als uns die Digitalisierung dabei unterstützt, neue Wertschöpfungsketten aufzubauen und zu optimieren.
OH
Befördert diese Disruption besonders kreative Lösungen?
AVR
Auf jeden Fall. Da passiert ganz viel, was mich motiviert weiterzumachen, weil wir nicht alleine sind. Die Frage ist immer: Wo kommt das her? Und warum?
Ist es vielleicht die Not? Ist es die Wut? Ist es die Unzufriedenheit? Mit Sicherheit ist es die Klimakatastrophe, die dazu führt, dass wir keine Seitwärtsbewegung mehr akzeptieren, sondern in die Vorwärtsbewegung kommen müssen.
OH
Aber was ist das Kreative daran?
AVR
Das kreative Einkaufen von Materialien, die schon mal in Gebäuden steckten. Das ist eine andere Art des Planens und Bauens. Die Form folgt der Verfügbarkeit und da entsteht natürlich eine Menge Kreativität, ähnlich einer Collage. Was uns kreativ macht, ist, dass wir uns Prozesse vorstellen können, die noch nicht existieren, dass wir uns eine Baukultur vorstellen können, die noch nicht existiert,
dass wir uns ein Miteinander im Planen und Bauen vorstellen können, das noch nicht existiert.
OH
Was machen Sie denn anders?
AVR
Dass wir uns unsere Vorstellungskraft nicht nehmen lassen. Wir begeben uns auf eine Flughöhe, bei der Dinge entstehen können, und lassen uns nicht runterziehen von Umständen, Normen und Gesetzen. Die sind nicht vom Himmel gefallen, die hat sich mal jemand ausgedacht, also kann man sie auch wieder ändern, hin zu einer dienlichen Art und Weise.
OH
Und wie soll das gehen?
AVR
Wir sind Pioniere der Ressourcen- und Bauwende. Das geht, indem wir viele Akteur:innen begeistern, sich diesem Weg anzuschließen. Alleine kommen wir da nicht voran.
OH Klingt anstrengend.
AVR
Klar! Aber es macht auch eine Menge Spaß. Kreativität und Energie funktionieren in der Gruppe besser. Planen und Bauen ist immer komplex und anstrengend. Dieses neue Ziel, die Bauwende, ist aber ein enormer Motivator.
OH
Die größten Herausforderungen?
AVR
Themen wie Gewährleistung, Logistik, Lagerung ... Aber wir wollen über Lösungen sprechen. Es geht darum, den nächsten Schritt zu tun, um letztlich in Frieden zusammen sein zu können innerhalb der planetaren Grenzen. Das ist das Ziel: Wir wollen eine bessere Welt, die lebenswert für alle ist.
OH
Dazu braucht es ...
AVR
... Energie und Mut, Dinge anders zu machen.
OH
Wie weit sind wir eigentlich weg vom echten Kreislauf in der Bauwelt? Sie lachen!
AVR
Ja. Weil wir davon aktuell sehr weit weg sind. Das sind alles Pilotprojekte, kleine Sachen im Vergleich zu den ganzen Projekten, die konventionell geplant werden. Was uns wirklich daran hindert, ist das Mindset vieler. Ich bin keine Freundin von Schuldzuweisungen, es müssen sich einfach alle bewegen. Das gilt auch für regulatorische Punkte, um den Einsatz von Sekundärbaustoffen zum neuen Standard zu machen.
OH
Was sind die nächsten notwendigen Schritte zum zirkulären Bauen?
AVR
Das, was im Koalitionsvertrag steht, auch umzusetzen. Sprich: Material- und Gebäudepässe einzuführen. Und dabei Bestandsobjekte einzubeziehen, damit bei jedem Rück- und Umbau ein „pre-demolition audit“ gemacht werden muss und nicht einfach nur ein Abbruchantrag gestellt wird. Außerdem die vereinfachte Zulassung von Sekundärbaustoffen.
OH
Wie kreativ müssen wir also werden, damit wir die Zukunft gewinnen?
AVR
Wir sind ja schon kreativ, wir müssen nur den Hebel umlegen und aufhören, uns selbst zu blockieren. Und das wünsche ich mir von allen Menschen, denn kreativ sind wir alle.
DIREKTOR DES HELEN HAMLYN CENTRE FOR DESIGN, RCA, UND SPEZIALISIERT AUF INKLUSIVES UND UNIVERSELLES DESIGN
RAMA GHEERAWO
DIE KULTUR DES WIR:
RAMA GHEERAWO KÄMPFT
FÜR EINE FÜHRUNGSKULTUR, DIE DIVERSITÄT ALS STÄRKE VERSTEHT.
OLIVER HERWIG
Schon der Titel Ihres aktuellen
Buches „Creative Leadership: Born from Design“ zeigt den Wert der Kreativität.
RAMA
GHEERAWO
Kreativität ist der Ursprung vieler Dinge, auch der unserer Vorhaben. Deshalb verwende ich die Begriffe Design und Kreativität häufig synonym. Design ist der Beruf, Kreativität aber menschliches Handeln beziehungsweise ein menschlicher Wert. Sie findet also auf einer universellen Ebene statt. Kreativität jedoch fehlt oftmals. Man kann alle Empathie und alle Klarheit der Welt besitzen. Was aber machen wir damit? Wie setzen wir sie ein? Wohin führt sie?
OH
Aus Sicht eines Designers: Funktionieren diverse Teams tatsächlich besser als andere?
RG
Definitiv: Das ist Vielfalt in Vollendung. Inzwischen führen sogar Unternehmensberatungen Analysen durch, wie den McKinsey Diversity Report 2021. Dieser zeigt, dass allein die binäre Vielfalt eine Produktivitätssteigerung von über 25 % brachte. Bei der ethnischen Diversität waren es 35 % im Jahr 2018, jetzt sind es fast 40 %. All diese Diversitätsmerkmale können wir erfassen. Für mich sind Alter, Fähigkeit, Geschlecht und Ethnie zentrale Aspekte, wenn wir über Diversität nachdenken: Wenn wir diese Aspekte richtig bewerten, gelingt uns das auch mit den übrigen.
OH
Wie zum Beispiel …
RG
Soziale Herkunft, geografische Lage, wirtschaftliche Situation –alles eng miteinander verwoben. Aber wenn man diese vier As -
pekte richtig betrachtet, entsteht eine umfassendere Sicht auf Diversität.
OH
Sie sprechen viel über Veränderungen, doch in Ihrem Buch kommt der Begriff „Disruption“ überhaupt nicht vor.
RG
Das ist richtig.
OH Warum nicht?
RG
Es wird so viel über Disruption geschrieben. Dabei wünschen sich die Menschen doch gerade heute eine Welt im Gleichgewicht, in Frieden. Veränderung ist disruptiv, wie so viele Dinge. Wie geht man damit um? Es liegt doch auf der Hand, dass wir einem Ungleichgewicht nicht mit noch mehr Ungleichgewicht begegnen. Für mich ist Gleichgewicht eine dynamische Erscheinung: ein galoppierendes Pferd, ein Mensch in Bewegung, eine Biene im Flug. Alles ist Gleichgewicht. Ein Flugzeug muss beispielsweise Tausende winziger Anpassungen vornehmen, um im Gleichgewicht zu bleiben. Es fliegt nur deshalb mit rund 800 km/h, weil es im Gleichgewicht ist. Es gibt genug Disruption um uns herum. Wir selbst sollten nicht noch dazu beitragen, sondern lieber eine ausgleichende Kraft in dieser Welt sein.
OH
Sie haben auch den Fokus vom „Ich“ auf das „Wir“ verlagert.
RG Korrekt. Wissen Sie, es ist schon interessant: Wer sich nur auf das Ich konzentriert, auf das Ego, steht allein auf weiter Flur. Aber wer an das Kollektiv denkt, an das Wir, muss von der Ich-Kultur auf eine Wir-Kultur umsteigen. Und wer diese Wir-Kultur verinnerlicht hat, ist nie mehr allein.
Rama Gheerawo ist Experte für inklusives Design. Er und sein Team entwickeln diskriminierungsfreie Produkte und Services und gestalten Orte, die Menschen auf natürliche Weise integrieren. Sein aktueller Fokus liegt auf einer Führungskultur, die Diversität als Stärke versteht.
OH
Gilt das auch für die Manager:innen an der Spitze, für die sogenannten Führungskräfte?
RG
Wenn diese in ihrem Elfenbeinturm sitzen und sagen, es sei dort oben so einsam, läuft etwas gewaltig schief. Führungskräfte sollten nicht allein an der Spitze sein. Wenn man im Kollektiv geht, geht man gemeinsam. Und das ist wirklich wichtig. Oft läuft man hinter den anderen, hinter seinem Team, weil man einem Weg, einer Information oder einem Rat folgt. Tim Brown hat das sehr schön ausgedrückt. Er sagte: „Führungskräfte müssen heute multiperspektivisch und multidimensional sein“.
OH
Und deshalb haben Sie dieses Dreieck aus Empathie, Klarheit und Kreativität formuliert. Steht nun Kreativität an letzter Stelle, oder ist sie nicht eher die Grundlage für alles?
RG Kreativität war Ausgangspunkt aller drei Werte. Sie wird oft ganz am Schluss eingesetzt, obwohl sie sich durch alle Bereiche zieht. Wenn Sie also Empathie, Klarheit und Kreativität als dreigliedriges Modell betrachten, wirken sie zusammen. Sie arbeiten zusammen: Klarheit ist der Kopf, Empathie ist das Herz, Kreativität ist die Hand.
ANNETTE DIEFEN -
PROFESSORIN FÜR DESIGN UND TRANSDISZIPLINARITÄT AN DER TUM
THALER
GRUNDSÄTZLICH UNZU FRIEDEN MIT DER WELT
FÜR ANNETTE DIEFENTHALER
MUSS
VERÄNDERUNG SO GESTALTET WERDEN, DASS SIE UMSETZBAR IST.
OLIVER
HERWIG
Alle sprechen von Disruption. Aber wie gelingt Wandel durch Design?
ANNETTE
DIEFENTHALER
Die besten Ergebnisse gelingen, wenn Organisationen nicht nur Designer:innen für einen Gestaltungsprozess anheuern, sondern selbst aktiv an einem Transformationsprozess teilnehmen, um sich als kreative, lernende Organisation aufzustellen.
OH
Und wie sieht das konkret aus?
AD
Bei IDEO habe ich Design viele Jahre im Bereich Bildung und Schule angewendet. Mit den In -
nova Schools in Peru haben wir ein privates Schulsystem gestaltet, das eine qualitativ hochwertige und kostengünstige Alternative zu den oft miserablen öffentlichen Schulen bietet. Mit Erfolg: Aus fünf Schulen sind innerhalb von zehn Jahren dreiundsechzig geworden.
OH
Wie war das möglich?
AD
Dadurch, dass sich das InnovaTeam von Anfang an als Mitgestalter:in verstanden hat. Und dadurch, dass wir die Herausforderungen des peruanischen Kontexts in die Gestaltung miteinbezogen haben.
OH
Wie würden Sie diese Schulen charakterisieren?
INNOVA SCHOOLS
Wir waren mit dem InnovaSchool-System in Peru erfolgreich, weil das Innova-Team am Gestaltungsprozess aktiv mitwirkte. Heute haben über 50.000 Schüler:innen Zugang zu hochqualitativem Unterricht.
GEMEINSAM!
AD
Drei Dinge sind entscheidend: erstens die Kombination aus eigenständigem Lernen und Gruppenarbeit. Schüler und Schülerinnen lernen zum Teil online, wodurch sie Zugang zu hochqualitativem Material haben, und vertiefen dann in der Gruppe ihr Wissen. Durch eine Vielzahl von vorgefertigten Lehrplänen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten lernen Lehrkräfte mit, was ein hohes Niveau sichert. Und alles basiert auf einem genau kalkulierten Businessplan, sodass die Kosten niedrig gehalten werden.
OH
Das klingt nach viel Veränderung. Manche Menschen verlassen aber ungern ihre Komfortzone.
AD
Das stimmt. Deswegen holen wir die Leute mit einem gemeinsam gestalteten Ziel ab. Das beginnt mit Zuhören. Es ist nämlich nicht so, dass sich Menschen nicht verändern wollen. Veränderung ist aber oft beängstigend, und das muss man im Gestaltungsprozess berücksichtigen.
OH
Gelingt es, alle mitzunehmen?
AD
Nicht alle, aber die Mehrheit. Und manchmal müssen wir eben einige Schritte zurückgehen von dem, was wir als Gestalter:innen gerne sehen würden. Stattdessen schauen wir erst mal, wie die Resonanz ausfällt. Dann kann Veränderung so gestaltet werden, dass sie sich nicht als Verlust anfühlt. Wenn man die Menschen mitnimmt, ist es gar nicht so schwer.
OH
Ist das schon Transformationsdesign?
AD
Mein Anspruch ist ein sehr weiter Designbegriff. Schon eine einfache Zahnbürste umfasst nicht nur medizinische Aspekte der Zahnhygiene. Was passiert, wenn das Ding nicht mehr verwendet wird? Welche Arbeitsbedingungen haben Menschen im Herstellungsprozess? Es geht immer um größere Systeme, um Umwelt und Menschen. Entscheidend ist, dass Leute, die spezialisiertes Wissen haben, an Gestaltungsprozessen teilnehmen können. Dann ist Transformation möglich. Das können Designer:innen nie alleine machen. Mit Menschen zusammenzuarbeiten, das ist der Schlüssel. Die Umformulierung einer Beschwerde in einen Wunsch: Das ist eine hilfreiche Form von Kreativität, mit der wir gesellschaftlich weiterkommen.
OH
Was erwarten Sie von Unternehmer:innen, die sich auf einen solchen Prozess einlassen wollen? Oder geht es genau darum: Lasst euch darauf ein!
AD
Genau das: In erster Linie erwarte ich ein Bewusstsein, sich gemeinsam auf den Weg zu machen. Design wird häufig als Dienstleistung verstanden. Das ist nicht ganz falsch, funktioniert aber nicht in Isolation. Wenn sich Unternehmer:innen mit verschränkten Armen zurücklehnen, kommt man häufig nicht weit. Offenheit, Veränderungswille und Neugierde sind essenziell.
OH Können Designer:innen denn Veränderung besonders gut?
AD
Was ich über mich selbst gelernt habe, ist, dass ich nicht zufrieden bin mit dem, wie die Welt jetzt ist. Und ich habe festgestellt, dass das viele andere Gestalter:innen auch antreibt: eine grundsätzliche Unzufriedenheit mit dem, was wir jetzt haben, gekoppelt mit einem fast übertriebenen Optimismus, dass es möglich ist, das zu ändern. Es braucht beides. Wir haben schließlich selbst erfunden, wie die Welt funktioniert: jedes Gesetz, System und Ritual. Das heißt, wir können sie auch verändern.
OH
Muss Design eigentlich immer die Welt retten? Geht es nicht auch eine Nummer kleiner?
AD
Die Welt retten wir Designer:innen nicht alleine. Also bitte ein bisschen Bescheidenheit. Aber wir sollten uns bei jeder Gestaltungsaufgabe fragen: Wie beeinflusst das andere Menschen, und welche Verantwortung haben wir für den Planeten?
PRODUKTE SCHNELLER
AUF DIE STRASSE BRINGEN
BatchOne hilft Start-ups und Unternehmen von der ersten
Idee
bis
zur
Produktion.
Wie fühlt es sich an, für andere kreativ zu sein? Ein Gespräch mit Gründer Niclas Fritz.
OLIVER
HERWIG
Sind Sie unter Druck kreativer?
NICLAS
FRITZ
Unter Zeitdruck lässt sich überhaupt kein Produkt entwickeln.
OH Wie das?
NF
Weil vom ersten Prototyp bis zur Serie gewisse Limitierungen auftreten. Allein Werkzeuge zu fertigen, dauert Monate. Auch wir können nicht zaubern, sind aber sehr schnell.
OH
Kreativität bedeutet dann ...
NF ... ein gutes Produkt zu entwickeln, das intuitiv zu nutzen ist.
OH Wie genau macht das BatchOne?
NF Wir helfen Start-ups und Unternehmen von der Idee oder den ersten Prototypen über das Produktdesign bis zur Produktion. Im Gegensatz zu anderen haben wir alle Kernkompetenzen im Haus. Wir schauen nicht nur auf Design und Engineering, sondern übernehmen alle Businessthemen, beantworten selbst Fragen zur Lieferkette. Wir wollen Start-ups helfen, den ersten Batch in der Fabrik zu entwickeln. Daher unser Name. In -
Entwicklung SuitePad
Prototyping SuitePad
zwischen kommen immer mehr Mittelständler zu uns, beispielsweise Lamy oder Playmobil.
OH
Sie decken ein gutes Spektrum ab ...
NF
... und achten schon beim Prototyping-Prozess darauf, dass das Produkt möglichst günstig hergestellt werden kann. Weil Start-ups und Unternehmen später die Entwicklungskosten wieder reinholen müssen. Da kommen leicht 500.000 Euro zusammen.
OH
Warum entwickeln Sie nicht gleich eigene Produkte?
NF
Weil wir mit Anfragen überrannt werden. Wir haben unser Unternehmen über sieben Jahre organisch aufgebaut, ohne Investoren. Und ich hoffe, dass wir eines Tages selbst in Start-ups investieren können oder eigene Produkte rausbringen. Aktuell liegt der Fokus darauf, die Firma weiter aufzubauen und die Prozesse weiter zu verbessern. OH
Eine typische Anfrage besteht aus ...
NF
... einer Idee oder einem Prototyp. Dieser ist oft zusammengestückelt. Das meine ich jetzt gar nicht negativ, aber da sind viele Features eingebaut, bis eine eierlegende Wollmilchsau entsteht.
OH
Und dann heißt es abspecken?
NF
Wir wollen schließlich daraus ein Produkt machen. Deshalb setzen wir uns zusammen. In der Explorationsphase hinterfragen wir jedes Feature: Wir wollen nicht nur Usability, sondern denken auch an das richtige Chipset und die passende Softwarearchitektur.
OH
Was unterschätzen Start-ups oder Unternehmen?
NF
Der größte Fehler ist, Produktdesign und Usability zu unterschätzen. Für die meisten steht das Thema Design immer noch am Ende der Entwicklung.
OH Woran zeigt sich das?
NF
Das beginnt bei profanen Dingen und einfachen Fragen: Bediene ich das Produkt über die App? Gibt es LEDs oder Knöpfe? Und wie steht es mit dem Aufladen? Wenn man das klug angeht, lassen sich viele Kosten sparen, weil das Produkt weniger Einzelteile hat oder bestimmte Baugruppen kombiniert.
OH
Cleveres Design spart Kosten?
NF
Auf jeden Fall. Design ist holistisch. Wir sorgen für zeitsparende Herstellung und denken an das Servicekonzept, denn jedes Produkt geht irgendwann mal kaputt. Wie lässt es sich dann reparieren? Und brauchen Kunden eine Servicestruktur? Wer sich darüber Gedanken macht, spart bares Geld.
OH
Sie fertigen ...
NF
... viel in Europa. Das haben wir schon immer gemacht und sind dafür belächelt worden. Aber
wenn ein Start-up 5.000 oder 10.000 Stück in Asien produziert, muss man dorthin fliegen. Das bedeutet viele Kosten und Kommunikationsprobleme, dass es am Ende oft preiswerter ist, das Produkt um die Ecke zu fertigen.
OH
Anfangs sprachen wir über Zeitdruck. Wie lange dauert eine Entwicklung von der ersten Idee bis zum Produkt?
NF
Rund 12 bis 18 Monate. Manchmal kriegen wir acht Prototypen auf den Tisch. Dazu die Ansage, es sei zu 90 Prozent geschafft. Aber eigentlich sind es nur 10 oder 20 Prozent. Oft müssen wir komplett neu anfangen. Dafür haben wir ein Team von 40 Leuten mit Expertise in Industriedesign, Mechanik, Engineering, Elektronikentwicklung und Software. Darunter sind allein fünf Personen, die Produktionspartner finden, sich mit Zertifizierung auskennen und ganze Logistikketten aufbauen.
OH
Worauf müssen wir uns in Zukunft einstellen? Was ist die nächste große Disruption?
NF
Schwer zu sagen. Alle Lebensbereiche werden smarter: Es gibt mehr Elektronik, mehr Sensoren. Das scheint unaufhaltsam. Trendreports behaupten immer: „Morgen steht das Neue überall“, aber dann dauert es länger, bis es plötzlich doch da ist und man sich fragt, wie es passiert ist. Unser Job ist es, sinnvolle Produkte zu entwickeln. Auf Messen sehe ich aber oft das Gegenteil und gebe ehrliches Feedback. Schließlich sind es Gründer und Familienunternehmen. Die ziehen sich nicht einfach zurück. Die kommen garantiert in einem halben Jahr mit einer besseren Idee wieder.
ALLE AN EINEN TISCH
Danusch Mahmoudi, Managing Director von Designit GermanySKANDINAVI -
SCHE
DESIGNKULTUR MIT EINEM SCHUSS
ANECKEN.
DAS MÜNCHNER STUDIO VON DESIGNIT.
Anecken ist gut. Sehr gut sogar. „Schließlich werden wir fürs Anecken bezahlt“, sagt Danusch Mahmoudi, der seit drei Jahren das Münchner Studio von Designit leitet. „Unsere Auftraggeber:innen wollen keine Ja-Sager, sondern Partner, mit denen sie den Herausforderungen der Zukunft begegnen können.“ Und diese sind zahlreich. Transformation ist in der deutschen Wirtschaft angekommen. Digitale und organisatorische Veränderungen betreffen alle Geschäftsfelder, mitunter ganze Geschäftsmodelle. Design spielt bei dieser Transformation eine Schlüsselrolle. Das geht weit über funktionale Objekte hinaus.
„Früher sind wir beauftragt worden, etwa ein medizinisches Gerät zu gestalten“, sagt Mahmoudi, während er durch das Studio führt. „Heute geht es um die Vernetzung von Produkten und Services in einem Ecosystem.“
Das Münchner Studio zeigt den Wandel der Arbeitswelt: LoungeAreas wechseln sich mit schallisolierten Rückzugsorten ab, ein langer Tisch lädt zum gemeinsamen Essen ein. Zusammenarbeit und Flexibilität prägen auch das Arbeitsmodell von Designit. Auf einem Spielfeld, das geprägt sei von technologischen Weiterentwicklungen, weltumspannenden Krisen und gesellschaftlichem Wandel, müssten sich Firmen kontinuierlich anpassen. Mahmoudi beschreibt das so: „Unternehmen und viele Stakeholder haben das Gefühl, da müsse etwas Neues her.“ Was genau, könne aber niemand sagen. Ihre Aufgabe sei es, herauszufinden, was die echten Bedürfnisse der Menschen seien. Dazu binden sie Designit von Anfang an in den Gestaltungsprozess ein und bringt alle Interessensgruppen an einen Tisch, etwa Nutzer:innen, Mitarbeitende verschiedener Abteilungen und viele andere Expert:innen. „Hierarchiefrei. Vorurteilsfrei. Design ist daher eher die Gestaltung eines Prozesses als die eines Artefakts. Für uns Gestaltende geht es dabei vor allem ums Zuhören, um anschließend die gemeinschaftlich entwickelten Ideen umzusetzen. Dieser partizipative Ansatz ist in unserer skandinavischen Unternehmens-DNA verankert, die den Menschen schon immer ins Zentrum ihrer Gestaltung gestellt hat.“ Einfach designen, das gebe es fast nicht mehr. „Wir leben in einer Zeit, in der so komplexe Themen auf uns zukommen, dass sie Designer:innen nicht mehr alleine gestalten können“, sagt der Studio-Leiter. „Die Kreativität der heutigen Zeit heißt Partizipation.“
Die strategische Innovationsberatung Designit wurde 1991 in Aarhus, Dänemark, gegründet und ist seit 2015 eine eigenständige Marke von Wipro Limited.
Wie aber muss man sich das Miteinander vorstellen? Stifte und Sticker, Post-its und Knete wie bei einem Design-ThinkingWorkshop? „Nicht ganz, aber auch nicht ganz verkehrt“, sagt Mahmoudi. Im Gesundheitswesen etwa gehe es um den direkten Austausch mit Ärztinnen und Ärzten, Patient:innen und dem Pflegepersonal. So entstünden Lösungen, die einen Mehrwert für alle versprächen. „Hier bei uns heißt es: Form follows humanity.“ Im Austausch entstehen Ideen und werden wieder verworfen, weil gerade eine bessere entsteht. Design wächst mit den jeweiligen Expert:innen. Und weil Design in der heutigen Zeit permanenter Wandel heißt, liegt der Fokus oft auf Innovation und Innovationsbegleitung.
Inzwischen stehen wir vor einem Kaffeevollautomaten, ebenfalls gestaltet von Designit, und gönnen uns zwei Espressi. Auch hier ist die Kaffeemaschine Bestandteil eines ganzen Geschäftsmodells und nicht nur bloßes Designobjekt. Wichtig sei vor allem die Interaktion mit Nutzer:innen, erklärt Mahmoudi. Diese sollten die Marke ganzheitlich erleben und sich dafür begeistern. Von den rund 700 „Designits“ arbeiten 34 in Deutschland. Mitunter schließen sie sich mit anderen Studios zusammen, im Gesundheitsbereich aktuell mit Kolleg:innen aus Oslo und Madrid. „Wir betrachten uns als Community“, sagt Mahmoudi, „wir mit Designit Germany sind wie ein gallisches Dorf. Jedes Designit-Dorf hat seine ganz besondere Kultur und agiert weitgehend unabhängig. Doch wenn die Römer kommen, tun wir uns zusammen.“ Die Römer? Das seien die großen Projekte, für die sie beste Expertise aus allen Studios zusammenholten. Und seine Rolle dabei: Etwa Majestix? „Nein“, lacht der studierte Grafik-Designer. „Eher Miraculix, jemand, der die Schachzüge entwickelt und den Fokus immer wieder neu ausrichtet.“
VeloHUB
Mobilität für alle: VeloHUB, Prototyp eines modularen Mobilitätsknotenpunkts für Großstädte, entstand zusammen mit Bürger:innen und Interessengruppen.
MARTINA STARKE
LEITERIN DES MÜNCHNER STUDIOS VON DESIGNWORKS
Welche Rolle spielt Kreativität in Ihrem Unternehmen?
MS Designworks ist das Innovationsstudio der BMW Group, das auch für Kunden aus anderen Mobilitätsbranchen tätig ist. Kreativität spielt eine große Rolle, denn unser Anspruch ist es, dass wir „Outside-in“-Perspektiven und damit verbunden innovative Lösungen liefern. Wir sind überzeugt: In einer komplexen Welt entstehen im Kreativprozess aus gegensätzlichen Auffassungen und positiven Spannungen bessere und sinnvollere Lösungen für die Zukunft. Wir verstehen uns daher als „Agents of Change“: Wir lieben den Wandel und sehen Veränderungen als Chance für bessere kreative Lösungen an.
Wie kreativ reagieren Sie auf Umbrüche?
MS Mobilität beinhaltet mehr als das Auto. Daher durchdringen wir Infrastrukturen und beobachten Städte. Seit 2020 untersuchen wir mit der Architekturfirma Gensler das Zusammenspiel von Architektur und Mobilität. Dabei fragen wir, wie die Stadtplanung der Zukunft fle -
xibler werden kann: Wie können wir darauf reagieren, dass das alte binäre Modell, das zwischen drinnen und draußen, zwischen Arbeit und Zuhause und zwischen öffentlichem und privatem Raum unterschied, einem organischeren, komplex eren und gemischteren Paradigma weicht?
Wie gehen Sie mit Disruption um?
MS
Design kann Disruption managen, indem es Komplexität durchdringt und nur relevante Aspekte in Lösungsansätzen verbindet, die Potenzial für Innovation versprechen. Durch kreative Weitsprünge (Visionen) und die Entwicklung von Szenarien kann Design Disruption in Ordnung verwandeln und deren Potenziale sichtbar machen. Vor allem ist Design jedoch „human centered“.
Wir suchen immer den persönlichen Kontakt und Austausch mit Nutzer:innen, Kund:innen oder Influencer:innen, möchten nicht nur zuhören und beobachten. Sondern gemeinsam entwickeln und zusammen kreativ sein, um noch bessere, zielgenauere Lösungen zu gestalten.
DESIGNWORKS,
FÜR MICH SIND ÜBERRASCHUNGEN TOTAL POSITIV
New-Order-Regalsystem: modular aufgebaut für immer neue Anwendungen.
Stardesigner Stefan Diez über den Reiz des Unerwarteten, seine langjährige Zusammenarbeit mit HAY und den Umbruch zur Kreislaufwirtschaft.
Preview des BOA Tables auf der Orgatec Messe 2022 in Köln. Der offizielle Launch-Termin ist der 15. August 2023.
OLIVER HERWIG
Welche Werte verbinden Sie mit HAY?
STEFAN
DIEZ
Ein moderner Möbelhersteller, der mit viel Fantasie, Zuversicht und Freude in Projekte reingeht und bereit ist, auch wirklich verrücktes Zeug zu entwickeln. Und das ist es, was uns interessiert.
OH
2012 begann die Zusammenarbeit mit „New Order“, einem Regalsystem aus pulverbeschichtetem Aluminium: funktional und klar, als System gedacht.
SD
Mit „New Order“ wollten wir einen Baukasten schaffen, der Räume strukturiert. Wir haben es so konstruiert, dass es jeder selbst aufbauen kann. Das System ist ein guter Standard, mit dem man sich sowohl zu Hause als auch im Büro einrichten kann.
OH
Wie kam es eigentlich zur Zusammenarbeit?
SD
Zufall. Rolf Hay und ich waren irgendwie in Singapur gestrandet und trafen uns auf ein Bier. Da hat er gefragt, ob ich nicht Lust hätte, einen Stuhl zu entwerfen. Dieser ist zwar nie fertig geworden, aber zwischendrin starteten wir „New Order“, und als Rolf Skizzen bei uns sah, erkannte er sofort das Potenzial: ein leises System, das HAY näher an die Architektur bringt.
OH
Rolf Hay sagte einmal, dass er das Unerwartete an der Kunst liebe. Wie steht das fürs Design?
SD
Das Unerwartete ist einfach toll. Überraschungen sind für mich total positiv besetzt. Diese Qualität versuche ich ganz bewusst herbeizuführen, ja zu provozieren.
OH
Warum das?
SD
Weil es der Überraschung gelingt, Aufmerksamkeit beim Publikum zu schaffen. Dann können wir eine Geschichte erzählen.
OH
Insofern stimmte es bei „New Order“ von Anfang an.
SD
Es war total überraschend, aber auch kein einfaches Projekt. Für
HAY öffnete „New Order“ den Weg ins Projektgeschäft.
OH
Zurück zum Zufall und zur Disruption. Lässt sich das bei Möbeln planen?
SD
Das Erwartbare ist relativ leicht. Weiß man, wo die Erwartung liegt, kann man das Unerwartete durchaus provozieren. Wir
alle wägen doch laufend Aufwand und Nutzen gegeneinander ab: Nehme ich jetzt die S-Bahn oder lieber das Rad? Es geht immer um die Frage: Lohnt sich der Aufwand? Und was bekomme ich dafür? Das löst Fantasien aus. Wenn wir etwas begehrenswert finden, machen wir uns auf den Weg. Bei Möbeln ist es nicht anders. Also müssen wir etwas bieten, das wirklich überrascht.
OH
Trotzdem sind Klassiker in den letzten 20 Jahren sehr beliebt geworden.
SD
Da geht es einfach um Sicherheit. In allererster Linie um Geschmackssicherheit und in zweiter Linie um Investitionssicherheit. Mit Klassikern kann man nichts falsch machen. Zugleich sieht man ihnen an, dass sie mit viel Liebe gefertigt wurden. Und das kann man nicht von allen heutigen Produkten behaupten.
OH
Stehen denn Klassiker bei Ihnen zu Hause?
SD
Ich habe keinen einzigen Klassiker zu Hause, weil man die schon genug sieht.
OH Und Gegenwartsmöbel?
SD
Persönlich halte ich die vergangenen 30 Jahre im Design nicht für ausgesprochen glanzvolle Zeiten. Es gibt zwar immer wieder tolle Produkte, aber die große Weiterentwicklung steht aus. Dafür ist Design zu stark von der Globalisierung geprägt, durch Outsourcing und Produktion in Billiglohnländern.
OH
Andererseits: Gibt es denn Revolutionäres im Möbeldesign? Vielleicht die Hinwendung zur Nachhaltigkeit?
SD Design ist wirklich an einem Punkt, an dem es sich neu erfinden muss. Dafür braucht es herausragende Firmen. Und einen Paradigmenwechsel, eine klare Aufforderung des Gesetzgebers, endlich kreislauffähige Produkte auf den Markt zu bringen. Alles andere wird über kurz oder lang vom Markt verschwinden. Insofern können wir von
Design sehr viel erwarten. Ich glaube, das ist die wohl spannendste Zeit gerade.
OH Worauf müssen wir uns einstellen?
SD
Dass Produkte sehr viel länger halten werden. Dass sie teurer werden. Und dass wir höchstens noch Bauteile wegwerfen und nicht mehr das ganze Produkt.
OH Inspiriert Sie das?
SD
Ja, absolut. Wir sind seit mindestens zehn Jahren dabei, Produkte nach diesen Vorgaben zu entwerfen und freuen uns, dass das nun wertgeschätzt wird. „New Order“ beispielsweise ist für die Kreislaufwirtschaft gedacht. Man kann das Möbel recyceln wie ein Aluminiumfenster. Recycling ist eine enorme Herausforderung und wird unglaublich viel Kreatives freisetzen.
OH
Dazu kommt die Rücknahme von Möbeln.
SD
Dadurch wird lokale Produktion wieder mehr Relevanz bekommen, weil es unterm Strich wahrscheinlich günstiger ist, Teile nicht mehr hin und her zu schicken. Da habe ich lieber ein Netzwerk von Handwerksbetrieben, die meine Ideen umsetzen. Ich versende die Baupläne und einen Beschlag oder ein besonderes Detail. Der Rest wird vor Ort hergestellt. Zum Beispiel machen wir gerade Tische für HAY. Die wird es auch ohne Tischplatten geben, weil man diese Tischplatten vielleicht besser vor Ort herstellen lässt.
OH
Der Tisch heißt BOA und wird ab Mitte August erhältlich sein. Woraus besteht er?
SD
Weitgehend aus post-consumer-recycled Aluminium, das heißt aus Verbraucherabfällen, Produkten, die bereits ein Leben hatten und durch Recycling in den Kreislauf zurückgeführt wurden, wie zum Beispiel eine Dose.
OH Warum der Aufwand?
SD Das Recycling von Aluminium erfordert nur fünf Prozent der Energie, die für Primäraluminium benötigt wird. Außerdem wird es in Skandinavien mit Wasserkraft recycelt und dort extrudiert. Dadurch ist der CO 2 -Fußabdruck etwa siebenmal geringer als im globalen Durchschnitt und fast zehnmal kleiner als das in China produzierte Primäraluminium. Wir arbeiten derzeit daran, „New Order“ ebenfalls aus recycelten Materialien herzustellen. BOA ist praktisch komplett recycelbar.
OH
Praktisch – was heißt das?
SD
Bis auf kleine Verbinder aus Kunststoff, die mit Glasfaser verstärkt sind, aber die machen nur einen Bruchteil des Gewichts aus.
OH Eine echte Disruption.
SD
Ja, klar. Es gab immer wieder Phasen großer Verschiebungen, richtige Kontinentalplatten-Verschiebungen. Genau das passiert gerade. Diese Momente sind natürlich ein guter Nährboden für Kreativität. Während unsere Generation die Generation der Digitalisierung war, wird die jetzige Generation die der Kreislaufwirtschaft. Dieser Umbau wird an Komplexität selbst die industrielle Revolution in den Schatten stellen.
UN
T E R D R
UCK?
E H E R U N T RE AD M P F .
Fühlen Sie es? Hören Sie es? Riechen Sie es?
Dieses Papier stammt von Gmund. Seit fast 200 Jahren steht die Papierfabrik für kompromisslose Qualität.
Print steht unter Druck. Seit Jahren sinken die gedruckten Auflagen von Tageszeitungen und Magazinen. Zugleich steigen die Anforderungen an die Papierproduktion, weniger Wasser zu verbrauchen und Abwasser zu reduzieren. Dazu kommen auch noch explodierende Energiekosten. Da wird ein eingefahrenes Geschäftsmodell schnell zur Belastung. Nicht so am Tegernsee. Gmund Papier hat sich auf hochwertige Papiere spezialisiert und punktet durch nachhaltige Herstellung und Innovationen, wie etwa ein Papier aus Hanffasern. Hanf bietet mehr Biomasse als jede andere heimische Nutz -
pflanze, wird dreimal im Jahr geerntet und bringt auf gleicher Fläche vier- bis fünfmal so viel Papier wie ein Wald.
„Wir sind immer auf der Suche nach Neuem – über das ganze Unternehmen hinweg“, sagt Geschäftsführer Florian Kohler. Die se „außergewöhnlichen Schritte“ heißen beispielsweise, dass Gmund das einzige Unternehmen ist, das Brauchwasser mithilfe von Ozon chemikalienfrei aufbereitet. Umweltschutz bietet die Garantie, dass hochqualifizierte Arbeitsplätze im Bayerischen Oberland nicht verloren gehen. 1829 wurde die heutige Büttenpapierfabrik Gmund GmbH & Co. KG an der Mangfall errichtet und hat sich seither immer wieder den Zeitläufen angepasst. „Innovation aus Tradition“, sagt dazu Unternehmenssprecherin Sabine Huber: Ideen würden gefordert, besprochen, geprüft und dann auch umgesetzt. Das sei eben Teil der Firmenkultur. So entstünden neue Papiere oder ungewöhnliche Kombinationen. Wie etwa das öffentliche Restaurant „Mangfallblau“; Gmund sei damit wahrscheinlich die einzige Papierfabrik mit eigenem Lokal, mutmaßt Huber. Zum „Mangfallblau“ heißt es auf Tripadvisor übrigens: „ausgezeichnetes Essen, sehr aromatischer Cappuccino von einem ausgezeichneten Barista.“
GEFÜ H L
E V E R M
ITTEL
: D A S K A N N REIPAP .
Während klassische papierene Medien auf dem Rückzug sind, hat Gmund schon hochwertige Papiere im Programm. Daraus entstehen edle Broschüren oder Kataloge, vor allem aber Verpackungen. Das eröffne einen „immensen Wachstumsbereich“, sagt Kohler, da aufgrund der Nachfrage nach nachhaltigen Verpackungslösungen Papier zunehmend Plastik ablöse. Gedruckt wird zunehmend auf haptisch hochwertigem Papier. Das ist spürbar. Die Fingerspitzen streichen darüber, das Papier knistert, raschelt und zirpt. „Emotionen kann man nur über Haptik vermitteln“, ist
Kohler überzeugt. Daher setzten Unternehmen „zunehmend auf hochwertige Designpapiere“. Ein Papier wird zum Markenbotschafter. Gmund bietet in den „Gmund Compendien“ ab einem Bogen hunderte unterschiedlicher Papiercharaktere. Im „Gmund Creative System“ liefern die Oberbayern ab tausend Bogen sagenhafte dreißigtausend Varianten. Ab drei Tonnen entwickelt Gmund sogar ein ganz besonderes Markenpapier, ein Unikat mit individueller Farbe, Struktur und Haptik.
Daneben treibt der Papierhersteller Innovationen im Umweltschutz voran. Wer glaubt, bei Papier lasse sich kaum mehr etwas verbessern, geschweige denn verändern, sollte das Hanfpapier in die Finger bekommen: 100 Prozent aus europäischer Produktion. „Die langen Fasern machen das neuartige Material fest im Gefüge, weich in der Haptik und wild in der Erscheinung“, erklärt Kohler und fügt hinzu: „Gmund Hanf wird ohne Farbstoffe produziert – ein echter Gamechanger.“
Papierherstellung ist ein energieintensives Geschäft. Daher liegen Papiermühlen am Wasser. Auch in Gmund wurde die gleichnamige Papierfabrik direkt an der Mangfall errichtet, die sich aus dem beliebten Feriensee herausschlängelt. Am Ortsausgang liegt die Büttenpapierfabrik. Fast 200 Jahre Industriegeschichte zeigen sich hier, verändert, modernisiert – und stets auf der Höhe der Zeit. Seit 2006 ist Gmund FSC ® -zertifiziert. „Natürliche Ressourcen zu schonen und umweltbewusst zu handeln ist Alltag“, sagt Kohler. Dass überhaupt noch in Bayern produziert wird, hat Gründe. Ohne ständige Investitionen in den Umweltschutz wäre auch Gmund im Strukturwandel untergegangen. Wir beziehen mittlerweile als wahrscheinlich einzige Papierfabrik unseren Strom zu
100 % aus Wasserkraft. Das Unternehmen nutzt nachhaltige Rohstoffe, trennt Abfälle und senkt laufend seinen Wasserverbrauch.
Es gibt keinen Stillstand in Zeiten des Umbruchs: Auf dem Gmund Campus berät mit den „Greenfibra Labs“ ein Team von Expert:innen aus den Bereichen Fasertechnologie, Materialanalyse, Papierproduktion, Ökologie, Druck- und Verpackungstechnologie, Sensorik und grüne Kommunikation neue und alte Kund:innen. Auf Wunsch verwandelt das Team aus Verpackungsspezialist:innen, Designer:innen und Produktionsmanager:innen das gemeinsam entwickelte Papier in eine regalfertige Verpackung oder ein maßgeschneidertes Direktmailing. Offenbar ist die Gmund-Firmengeschichte auch nach bald 200 Jahren nicht zu Ende erzählt.
AEWENN ALLE TÜREN
OFFEN STEHEN
Zum Abschluss bespielte die RuffinihausCommunity der ersten Generation den kreativmuenchen-Laden am Rindermarkt als Gemeinschaftsprojekt.
MDAS RUFFINIHAUS IST EIN LEUCHTTURMPROJEKT DES KOMPETENZTEAMS KULTUR- UND KREATIVWIRTSCHAFT. MITTEN IN MÜNCHEN ARBEITEN DREI DUTZEND KREATIVE TÜR AN TÜR.
UAmélie Graef hat eine Wand sofort gestrichen. In Lidschattenlila, der Farbe ihrer Netzpräsenz. Die Grafikdesignerin und Illustratorin teilt sich das Büro mit einer Kollegin. Ihre Tische haben sie in der Mitte des Raums zusammengeschoben, darauf stehen Bücherstapel, Rechner, Bildschirme und eine Thermosflasche Tee. Die meiste Zeit werde die Tür ohnehin offen stehen, verspricht Graef. Denn sie freut sich auf den Austausch mit drei Dutzend Kreativen, die im ersten Stock des renovierten Ruffinihauses (zusammen)arbeiten. Offene Türen seien eine Einladung an all die Architekt:innen, Künst-
ler:innen, Filmschaffenden, Designer:innen, Fotograf:innen und Musikproduzent:innen, die sich im Herzen der Stadt zwei Jahre lang inspirieren, herausfordern und helfen werden, sagt Britta Buck, die das Projekt seit Anfang des Jahres innerhalb des Kompetenzteams Kultur- und Kreativwirtschaft leitet (kurz: #kreativmuenchen).
Das Ruffinihaus – eine städtische Liegenschaft – ist ein ganz besonderer Ort, ein Creative Hub für die Münchner Kultur- und Kreativwirtschaft. Gerade zieht die zweite Generation von Unternehmen der unterschied -
CDas Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft der Landeshauptstadt München für alle Kultur- und Kreativschaffenden in München und der Metropolregion.
Seit Dezember 2020 ist die erste Etage des Ruffinihauses ein Ort des gemeinsamen kultur- und kreativwirtschaftlichen Arbeitens. Für zwei Jahre können hier Selbstständige und Unternehmer: innen ihre Projekte weiterentwickeln und nächste unternehmerische Schritte gehen, fachlich begleitet vom Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft.
lichsten Kreativbranchen ein, sorgfältig kuratiert in einem zweistufigen Auswahlverfahren. Nun sollen sich diese Unternehmen unter günstigen co-kreativen Bedingungen weiterentwickeln und im besten Fall zu einer sich wechselseitig inspirierenden Gemeinschaft zusammenwachsen. Dabei hilft die Magie des Ortes mit historischen Treppenhäusern, Parkettfußböden, dicken Mauern, den beiden Besprechungszonen namens „Collaboration“ und „Conspiration“ und die Unterstützung durch das Kompetenzteam sowie einer Community-Managerin. Bei der ersten Generation hat es schon funktioniert: Unternehmen haben ihre Geschäftsmodelle weiterentwickelt und sind gewachsen. Neue Produkte und Dienstleistungen wurden auf den Markt gebracht. Und jede Menge neue Bürogemeinschaften und Freundschaften sind entstanden.
Noch laufe das „Onboarding“, sagt Buck. Auf der Übersichtstafel kleben die neuen Namen. Für 20 Euro pro Quadratmeter mieten sich ganz unterschiedliche Menschen mit verschiedensten Fähigkeiten ein: Newcomer und alte Hasen, Digital Natives und weniger technikaffine Akteur:innen. Synergie sagen Organisationsexpert:innen dazu. Durch den hauseigenen Slack-Channel schwirren die ersten Posts und Anfragen wie „Brauche Hammer, biete Kuchen“, aber auch „Stecke gerade mitten im Gründungsprozess, noch jemand?“. 36 Menschen wollen zusammen etwas erreichen.
Das Ruffinihaus ist ein Projekt des Kompetenzteams, das Experimentierräume für Kreativschaffende in München eröffnet. Darüber hinaus bietet es persönliche, kostenlose Beratungen in allen Belangen des kreativen Arbeitsalltags, unterstützt bei unternehmerischen Herausfor-
derungen, vernetzt und hilft, wirtschaftliche Perspektiven weiterzuentwickeln.
Um Experimentierräume geht es auch beim Projekt „Munich Creative Heart Beat“ (MCHB), das bezahlbare Ateliers, preiswerte Büroflächen und attraktive Begegnungsflächen in Kooperation mit der privaten Immobilienwirtschaft entwickelt und vermittelt. Anne Gericke ist im Kompetenzteam zuständig für solche Immobilien, die oft als Zwischennutzungen vergeben werden: „Das Problem ist, dass viele, auch etablierte Kreative, aus der City verdrängt werden.“ Entsprechend groß sei der Andrang bei Besichtigungsterminen. 1000 Akteur:innen sind beim Kompetenzteam angemeldet. „Die Vielfalt und spannenden Konzepte der Akteur:innen beeindrucken mich stets aufs Neue“, sagt Anne Gericke.
Seit acht Jahren setzen sich elf Spezialist:innen des Kompetenzteams Kultur- und Kreativwirtschaft für „Wertschätzung, Sichtbarkeit und finanzielle Stärkung der Branche“ ein, damit diese von ihrer Arbeit leben können.
Olaf Kranz leitet das Kompetenzteam. „Das Ruffinihaus ist für uns ein Pilot, um herauszufinden, was ein Start-up Accelerator im Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft benötigt. Denn solche Acceleratoren funktionieren im Kunst- und Kulturbereich anders als in der Techbranche. Diese wiederum prägt aber die Erwartungen an Start-ups wie schnelles Wachstum, Skalierbarkeit und Exit mit Return on Investment“, sagt der promovierte Soziologe. „Auch für andere Erfolgsmetriken und Funktionsbedingungen möchten wir im Interesse der Branche mit dem RUFFINIHAUS Creative Hub ein Bewusstsein schaffen.“
Offenbar macht das Pilotprojekt einiges richtig. Das Ruffinihaus
brummt. Einziehen und die Tür zumachen gilt hier nicht. Daher war eine der wichtigsten Fragen bei der Eingangsprüfung: Kennen Sie den Unterschied zwischen Coworking und Community? Die renovierten Büros sind wohnlich, das Licht warm, und die Gänge strahlen in einem milden Mint. Dem Zauber des Hauses kann sich niemand entziehen. Eigentlich wollte er nur eine ruhige Ecke für sich und seine Gedanken, sagt Dominic Ahn. Dann war der Architekt „total glücklich“, mit anderen Kreativen die Räume im Ruffinihaus zu teilen. Mit Matthew Dueck und Lukas Prestele hat er hier das Büro „adpa“ gegründet. Ein großes Modell zeigt ein erstes Projekt. Auf dem Land. Die drei lachen über den Zufall, dass sie draußen bauen, denn sie selbst können sich nur Stadt vorstellen, am besten mittendrin – wie das Ruffinihaus eben.
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RAUS AUF DIE STRAS SE
Transformation sei ein Prozess, sagt Dominik Ueblacker. „Da kann man nicht einfach einen Schalter umlegen.“ Der 37-Jährige ist Senior Manager im „Experience Consulting Team“ bei PwC Deutschland, gewissermaßen der Produktinnovationsabteilung des Branchenriesen, der sonst nur Wirtschaftsprüfer:innen, Steuerberater:innen und Unternehmensberater:innen beschäftigt. Nachhaltigkeit ist die Achse, um die sich alles bei den weltweit 850 Designer:innen und Technolog:innen der PwC Experience Consulting Teams dreht. In München arbeiten zwei Dutzend Teammitglieder. „Wir wollen nicht nur neue Produkte und Services gestalten, sondern mit deren Hilfe die Situation auf unserem Planeten verbessern.“ Dazu hat sich das Team verstärkt, beispielsweise mit einer Circular- Economy-Expertin, die ein eigenes Start-up zur Plastikvermeidung gegründet hat. Neben Konzepten und digitalen Prozessen entsteht durchaus auch Handgreifliches. Im Keller gibt es ein eigenes Prototyping-
Lab. „Wir sind hands on und bringen auch gerne physische Ideen auf den Weg.“
Wandel ist das Thema. Mobility, Health und Retail heißen die Industrie-Schwerpunkte. Mit einem deutschen Automobilhersteller arbeitet das Team an neuen Vertriebsmodellen, was einem Kulturwandel für die Firma und ihre Händler gleichkommt. Was bieten sie an, wenn die Kund:innen gleich direkt online kaufen? Welche Services, welche Möglichkeiten ergeben sich? Alle Touchpoints werden digitalisiert. Wie sich das anfühlt, testet gerade das Team von Experience Consulting. „Wir führen Interviews, bauen Prototypen und wenn das gut funktioniert, setzen wir große Entwicklerteams daran.“ Davor steht noch viel Recherche. Für ein Projekt testen sie autobahnnahe Services, gehen direkt zu den Nutzer:innen auf die Straße. Mit Lastwagenfahrer:innen haben sie Dutzende Interviews geführt, auf Polnisch, Rumänisch und Ukrainisch. Sie wollten verstehen, wie es draußen zugeht, und erfuhren, dass für die Fahrer:innen teure Toilettengebühren und ungesundes Essen an Rasthöfen große Herausforderungen sind. Ein Zufallsfund? Ganz im Gegenteil, sagt Ueblacker. „Wir gehen immer zu denjenigen, die es betrifft, und fragen: Wer genau ist denn unsere Zielgruppe und was hat sie für Herausforderungen? Und was wollen sie mitten im Wandel?“
Was Wandel bedeutet, hat die Innovations- und Designagentur 2020 selbst erfahren. Das frühere IXDS war laut eigener Aussage „Deutschlands führendes Innovationsstudio“ und auf einmal ein Übernahmekandidat. IXDS ging in der Unternehmensberatung PwC auf. Ein Kulturschock für viele Kreative. „Du musst dir vorstellen: eine Designagentur, die in ein Unternehmen mit über 13.000 Angestell -
Mehr als die kreative Spielwiese einer großen Unternehmensberatung: Hier erhalten Ideen Gestalt.
ten reinkommt, das war schon nicht ganz einfach“, erinnert sich Dominik Uebla cker. Einige gingen, weil die Transformation nichts für sie war. Andere wollten sich ohnehin verändern. Prozesse, Routinen, Abläufe – alles wurde angepasst. „Heute, nach fast drei Jahren, sind wir angekommen“, sagt Uebla cker, „als eigenes Team namens Experience Consulting.“ Die Mitarbeiter:innen im Münchner Experience Center, eines von weltweit 40, wollen an großen Rädern drehen. Der Riese PwC wirkt wie ein „Türöffner zu spannenden Themen und Projekten“, erklärt Ueblacker: „PwC ist mittendrin. Gerade Seniors finden diese Kombi aus Agenturumfeld und Beratern spannend.“
Gleich ob Verkehrswende, Public Transport oder Gesundheit: Deutschland ist im Wandel. Daher die Feldforschung. Sein Team wolle nicht nur auf eine Person schauen, sondern gleich auf das ganze Ökosystem, erklärt der studierte Politikwissenschaftler. Das Ziel: eingefahrenes Denken zu erkennen und Gewohnheiten aufzubrechen. Das beginnt im Studio selbst: „Ich habe angefangen, morgens das Teamgespräch beim Spazierengehen zu führen. Einfach telefonieren, während ich meiner mentalen Gesundheit etwas Gutes tue.“ Ueblacker lebt auf dem Land mit seinen zwei Hunden und hat sich 2022 ein halbes Jahr Auszeit gegönnt. Dazu zitiert er den amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler und Organisationsexperten Warren Bennis: „Es gibt zwei Möglichkeiten, kreativ zu sein. Man kann singen und tanzen. Oder man kann ein Umfeld schaffen, in dem Sänger und Tänzer aufblühen.“ Ueblacker fühlte sich sein ganzes Berufsleben als der zweite Typ und beschloss, „aufzutanken und neu zu starten“. Ein ziemlich gutes Bild für die große Transformation, in der wir gerade stecken.
Alle Informationen und Anmeldung: www.stoff-fruehling.de
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NICO DEGENKOLB
REFERENT KULTUR- UND
KREATIVWIRTSCHAFT IN DER ZENTRALE
DES GOETHE-INSTITUTS
INTERIM PROGRAM DIRECTOR
EIT CULTURE & CREATIVITY
Was bedeutet „Disruption“ für Sie konkret?
ND
Wenn Technologie, Wettbewerb und Nutzer:innenverhalten zu einer radikalen Veränderung des Marktes führen, ist Disruption am Werk. Am Goethe-Institut beschäftigt uns dieses Thema sehr. Wie verändern Technologien wie Deep Learning das Angebot und die Nachfrage nach Sprachkursen? Was wird die Rolle der Bibliothek von morgen sein? Welcher CO 2 -Fingerabdruck ist angesichts des Klimawandels für Tourneen, Koproduktionen und Mobilitätsprogramme angemessen? Auf diese und viele weitere Fragen müssen wir als Sprach- und Kulturvermittler Antworten finden, um übermorgen noch relevant zu sein.
Wie motivieren Sie Ihre Mannschaft – und wie lassen Sie sich inspirieren?
ND Ich habe eine dreijährige Tochter, und an ihr sehe ich jeden Tag, was sie motiviert. Sie will Autonomie spüren. Sie will Kompetenz erleben, sie will Sinn erfahren, und sie hat das Verlangen nach sozialer Einbindung. Wenn wir als Team und Organisation auf diese Punkte achten, können
wir sicher sein, hoch motivierte Menschen versammelt zu haben, die gemeinsam viel erreichen können.
Was gefällt Ihnen am Umbruch?
ND
Ich mag Umbrüche, denn sie fordern heraus und führen zu einer neuen professionellen oder persönlichen Entwicklungsstufe. Die Schattenseiten eines permanenten Wandels darf man aber nicht leugnen. Die Generationen Z und A stellen immer mehr die Frage, wie es uns als Gesellschaft gelingen kann, dass Wachstum, Beschleunigung und permanente Veränderung nicht zwangsläu fi g in Entfremdung und Klimakatastrophe münden.
Hartmut Rosa hat den Resonanzbegriff eingeführt: Umbrüche sind dann mit einem guten Leben vereinbar, wenn sie uns erlauben, durch sie mit der Welt in Beziehung zu treten, statt von ihnen getrieben zu sein. Musik, Literatur, Bildende und Darstellende Kunst sind in diesem Sinn „Resonanzmaschinen“ und vielleicht die besten Umbruchsbegleiter. Kulturinstitutionen wie das Goethe-Institut und Design-Plattformen wie die mcbw haben deshalb gesellschaftliche Verantwortung.
Goethe-Institut
CreativeNL
CARINA WEIJMA
EXPERTIN BEI CREATIVENL FÜR DIE
NIEDERLÄNDISCHE KREATIVBRANCHE IM TOP-SEKTOR, MIT FOKUS AUF DEUTSCHLAND
Reden wir zu viel über Disruption?
CW
Ich werde nie müde, über Disruption zu sprechen oder nachzudenken! In einem Land, das unter dem Meeresspiegel liegt, müssen wir ständig auf plötzliche Veränderungen gefasst sein. Unsere niederländische Kreativität, unser Pragmatismus, unser Unternehmergeist, unsere Offenheit und Kooperationsbereitschaft könnten zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen. Die niederländische Kreativwirtschaft zeichnet sich aus durch Qualität, Funktionalität und den Wunsch nach Innovation für einen sozialen Impact.
Wie kreativ gehen Sie mit Veränderung um?
CW
In den Niederlanden sagen wir: Wir haben alle eine Verantwortung, und wir müssen sie gemeinsam wahrnehmen. Wir wollen mit Deutschland zusammenarbeiten, um Lösungen zu finden. Niederländisches Design trägt zur Lösung von Problemen bei, vor denen alle Länder heute stehen: in den Bereichen erneuerbare Energien, Klima, Gesundheit, Mobilität und Sicherheit, zum Beispiel sicher leben in der Stadt. Wir haben unseren Fokus auf Circular Design und nachhaltige Lösungen im Sinne der UNZiele für nachhaltige Entwicklung gelegt.
CreativeNL beschäftigt sich mit einer tiefergehenden Betrachtung dieses Themas. Es geht um die Suche nach zukunftsorientierten und nachhaltigen Lösungen für globale Fragen und die Entwicklung von Prozessen und Produkten, die keinen negativen Fußabdruck für Mensch und Natur hinterlassen.
Was mögen Sie an Transformation?
CW Transformation ist ständig im Gange. Unsere Eltern haben die Entstehung des Internets miterlebt. Die neuesten Transformationen für die nächste Generation –durch künstliche Intelligenz und andere Technologien – werden immer schneller kommen und unser gesellschaftliches Leben stärker beeinflussen als je zuvor. Wir müssen uns fragen: Welche Art von Gesellschaft wollen wir sein? Sind wir in der Lage, unser soziales Wohlergehen zu bewahren? Werden wir uns zu „Sklaven“ der Profite machen, die ein Land erzielen kann? Oder werden wir uns daran erinnern, dass der Schutz und Erhalt der Gesellschaft, wie wir sie heute haben und die auf Vertrauen und Zusammenhalt aufgebaut ist, wichtiger ist als Geld? Dieses Dilemma wird uns vor Herausforderungen stellen. Ich und wir als Niederländer:innen glauben fest an den menschenzentrierten Ansatz. Bei jeder Transformation.
WELT
KREATIVITÄT
IST EINE DER WERTVOLLSTEN RESSOURCEN INNOVATIVER UNTERNEHMEN.
DR. DEWI SCHÖNBECK UND FABIAN MOTTL
VON
STEELCASE ERKLÄREN,
WIE DIE RICHTIGE
ATMOSPHÄRE ENTSTEHT.
INTERVIEW
OLIVER HERWIG
Alle schwärmen von agilen Strukturen, flachen Hierarchien und gemischten Teams. Lange galt die Lounge dafür als ideal. Wird sich daran noch etwas ändern?
FABIAN MOTTL
Die Lounge repräsentiert für viele ein modernes agiles Unternehmen. Als Idealbild würde ich die Lounge jedoch nicht bezeichnen. In viel zu vielen Fällen werden flauschige Sofas oder bunt zusammengewürfelte Stühle hauptsächlich eingesetzt, um in der Außenwirkung zu punkten. Ohne ein durchdachtes Arbeitsraumdesign werden diese Bereiche jedoch nicht genutzt und verfehlen ihren Zweck.
OH Wie das?
FM
Gerade Zwischenräume spielen bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen eine immer wichtigere Rolle. Gestaltung erleichtert die Zusammenarbeit, fördert Motivation und Engagement und erfüllt Bedürfnisse einer Mehrgenerationen-Belegschaft. Dabei hilft bereits eine Stromquelle in unmittelbarer Nähe. Sofas mit veränderbarer Sitztiefe und mehr Unterstützung im Rücken sowie mit Laptop-Tisch in greifbarer Nähe werden so multifunktional: ideal für ein schnelles Team-Update, informellen Austausch, Kreativ-Workshop oder um in einem anderen Arbeits-Setting zu arbeiten.
OH
Lässt sich Kreativität überhaupt durch Gestaltung fördern?
DEWI SCHÖNBECKDie Gestaltung hilft, kreatives Potenzial freizusetzen und zu fördern. Die Ergebnisse unserer
Forschung zeigen, dass sich –neben starren Unternehmensprozessen, akuter Arbeitsbelastung und fehlenden Technologien –auch uninspirierende Arbeitsumgebungen negativ auf kreative Arbeit auswirken.
OH
Und wie wird ein Büro ideal für kreative Prozesse?
DS
Kreativität ist eine der wertvollsten Ressourcen innovativer Unternehmen. Eine effiziente Arbeitsumgebung ist ausgelegt auf die Bedürfnisse der Nutzenden. Sie wirkt unterstützend und nicht störend – weil vielleicht gerade am Nachbartisch zu laut telefoniert wird und ich keine Wahl habe, einen anderen Platz für meine Fokusarbeit aufzusuchen. Der reale Arbeitsalltag erfordert heute hybride Gestaltungskonzepte. Das Büro muss für die hybride Kollaboration sowie für die Zusammenarbeit vor Ort gleichermaßen funktionieren. Gefragt sind Whiteboards und großflächige Bildschirme zur Zusammenarbeit, sodass auch Kolleginnen und Kollegen, die von einem anderen Ort aus arbeiten, integriert werden können.
OH
Es geht um Wahlmöglichkeiten?
DS
Genau. Angestellte brauchen für ihre verschiedenen Tätigkeiten eine Auswahl an Umgebungen und die Kontrolle darüber, sie nach ihren Bedürfnissen zu wählen.
OH
Setzen Umbrüche und Veränderungen Kreativität frei?
FM
Absolut. Wir Menschen sind Gewohnheitstiere und es ist bequem, am Status quo festzuhalten. Wirklich Neues entsteht dadurch aber nicht, egal ob im persönli -
chen oder beruflichen Kontext. Wenn wir aber mit der Routine brechen und unsere Komfortzone verlassen, müssen wir handeln und kreativ werden. Wir können alle Gestalterinnen und Gestalter der eigenen und gesellschaftlichen Zukunft werden. Auch der aktuelle Trend zu „hybrid work“ wurde ja erst durch eine Disruption, nämlich die Corona-Pandemie, so richtig ausgelöst.
OH
Inzwischen verwischen die Grenzen zwischen Homeoffice und „Officehome“. Wie sieht der nächste große Umbruch aus?
DS
Blicken wir in die Zukunft, sehen wir den wachsenden Bedarf an Flexibilität und Auswahlmöglichkeiten von Mitarbeitenden – sei es im Bürodesign, dem Arbeitsort oder dem Arbeitsmodell. Für Unternehmen bedeutet das, sich überlegen zu müssen, wie das Büro attraktiver gestaltet werden kann, sodass Personen den Weg zur Arbeit gerne auf sich nehmen. Wie beispielsweise unsere letzten Forschungsergebnisse zeigen, wünschen sich Mitarbeitende im Büro mehr Privatsphäre und Rückzugsorte, teilweise sogar einen eigenen Arbeitsbereich.
OH
Bedeutet das, dass Unternehmen, die auf Offenheit und Transparenz gesetzt haben, alles rückgängig machen müssen?
DS
Keinesfalls. Es bedeutet vielmehr, dass wir vielfältige Arbeitsumgebungen schaffen müssen, in denen Menschen sich wohlfühlen und den für sich passenden Arbeitsort fi nden. Identifikation, Diversität und Variabilität zu gestalten ist und bleibt eine der großen Zukunftsaufgaben, zu denen sich Unternehmen Gedanken machen müssen.
MARC ZIEGLER
MANAGING PARTNER CREATIVE
Welche Rolle spielt Kreativität in Ihrem Unternehmen?
MZ
Wir glauben an die Kraft der Kreativität. Durch sie machen wir Zukunft sichtbar, besser und lebenswerter. Fortschritt entsteht aus kreativer Energie: Es geht darum, nach etwas Besserem, Einfacherem oder Nachhaltigerem zu streben. Unsere Kreativität ist nicht nur unsere Haltung: Sie ist unsere Profession. Sie treibt uns an als spezifische Ausdrucksweise, durch die wir uns unterscheiden: Mit ihr machen wir Themen, die man durch Sprache oft nur auf einer konzeptionellen Ebene beschreibt, begreifbar: Themen wie Gesundheit, Nachhaltigkeit oder Mobilität.
Wie gehen Sie als Unternehmen mit Umbrüchen um?
MZ
Wenn man unser Logo anschaut, sieht man sofort, dass wir Umbrüche neu definieren wollen: Umbrüche bedeuten für uns immer Veränderung, aus der etwas Neues entsteht. Das Alte hat dann keine Gültigkeit mehr. Einen Umbruch früh kommen zu sehen und in einen Aufbruch zu verwandeln, um das Neue zu formen
und zu etablieren – das ist unsere wahre Herausforderung und Aufgabe als Gestalter:innen. Umbrüche bringen immer neue Sichtweisen, fordern einen Perspektivwechsel und definieren einen neuen Kontext. Diesen können wir erst beschreiben, wenn wir uns auf ihn einlassen. Das ist die spannendste Phase für uns Kreative. Wir beraten genau deshalb viele Unternehmen, die sich in Transformationsphasen befinden, und begleiten sie bei ihrer Ausrichtung, bis diese abgeschlossen ist.
Mit was wurden Sie zuletzt richtig überrascht?
Und was geschah dann?
MZ
Von der Pandemie wurden wir natürlich überrascht. Für uns war es ein Umbruch, den wir als Fortschritt verstanden haben: Wir haben in dieser Zeit begonnen, uns intensiv mit unserer Organisation zu befassen und zu definieren, wo diese in der Zukunft stehen soll. Wir haben unterschiedliche Führungsmodelle getestet und Teams neu aufgestellt. Heute haben wir Strukturen, die Zusammenhalt und Freiraum gleichermaßen ermöglichen und allen die Position geben, die sie für ihr kreatives Arbeiten brauchen.
BLACKSPACE
DER WIS SENS KATA LYSA TOR
Mit Design Wissenschaft anschaulich machen.
Das zeigt die weltweit vernetzte Fraunhofer-Gesellschaft.
In Zeiten von Krisen, Fake News und alternativen Fakten kommt Wissenschaft eine besondere Rolle zu. Ihre Expertise hilft Politiker:innen, Disruption nicht aus dem Bauch, sondern objektiv zu beurteilen und dann Entscheidungen zu treffen. „Wir sind den Fakten verpflichtet“, sagt Welf Zöller, Bereichsleiter Dialogkommunikation der Fraunhofer-Gesellschaft. „Diese gilt es verständlich aufzubereiten. Wir sind hier schon auf einem guten Weg, wollen unsere Ergebnisse und Erkenntnisse aber in Zukunft noch besser kommunizieren.“ Deshalb macht die gemeinnützige Fraunhofer-Gesellschaft Abstraktes anschaulich: zum Beispiel durch interaktive Workshops, Podiumsdiskussionen oder eine Ausstellung von Prototypen und Visionen aus dem Fraunhofer-Netzwerk „Wissenschaft, Kunst und Design“. Dessen Sprecher Professor Jens Krzywinski sieht viele „positive Reibungselemente“ zwischen dem großen Wissenschaftsraum, der noch interdisziplinärer werden muss, und dem, was Design mitbringt: „Das ist eine sehr
fruchtbare Beziehung.“ Design helfe beim Wissenstransfer in die Gesellschaft. Kunst, Design und Wissenschaft ergänzen einander, auch wenn sie auf den ersten Blick sehr verschieden wirken. Der Industriedesigner und promovierte Diplom-Ingenieur möchte Wissen schaft anders erzählen als bisher: niedrigschwelliger. Und so Menschen für die kreative Gestaltung ihrer Welt begeistern. Doch wie soll das gehen? Ist es nur eine Frage der richtigen Formate? Jens Krzywinski sieht auch hier eine Disruption: „Wir müssen uns vielleicht daran gewöhnen, mehrere Perspektiven zugleich zu vermitteln.“ Schließlich ist es nicht die Technologie als solche, die unsere Probleme löst, sondern ihre verantwortungsvolle und spezifische Anwendung zum Nutzen unserer Gesellschaft. Design kann hier als Katalysator und Brückenbauer wirken.
Designexperte Krzywinski und Kommunikationsexperte Zöller arbeiten an neuen Formaten, wie sich auch komplexe Fragen und schwierige wissenschaftliche Positionen der breiten Öffentlichkeit vermitteln lassen. Offenbar mit Erfolg. Zum Fraunhofer „Technology Roof“ während der European Championships 2022 kamen an fünf Tagen 11.250 Besucher:innen. Technologie betrifft schließlich alle. Die heutige Wissensgesellschaft ist abhängig von Wissenschaft und Forschung. Ihre Technik sorgt dafür, dass Handynetze laufen und Solarzellen Strom produzieren. „Erfindergeist ist der bedeutendste Rohstoff unseres Landes“, lautet eine Maxime der Fraunhofer-Gesellschaft. „Er macht effizienten und nachhaltigen Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Wirtschaft erst möglich.“ Umso mehr in einer Welt voller Umbrüche – von Corona über KI zu Cybersicherheit und bildgebenden Verfahren der Medizin. Mit ihrem Fokus auf Schlüsseltechnologien ist die Fraunhofer-
Interdisziplinäre Kooperationsformate als Impulsgeber der Forschung – das jährliche Fraunhofer-Summercamp „Wissenschaft, Kunst und Design“
Weltweit führend in anwendungsorientierter Forschung.
Gesellschaft selbst ein Treiber der Veränderung. Sie macht Disruption produktiv. Die Fraunhofer-Gesellschaft ein großer internationaler Wissensgenerator. Mit 76 Instituten und Forschungseinrichtungen sowie 30.000 Mitarbeiter:innen erwirtschaftet sie ein jährliches Forschungsvolumen von fast 2,9 Milliarden Euro. Rund 70 Prozent davon stammen aus dem Bereich der Vertragsforschung, also aus Aufträgen der Industrie sowie aus öffentlich finanzierten Projekten. Da Fraunhofer gemeinnützig arbeitet, werden Überschüsse direkt wieder zur Förderung der Wissenschaft eingesetzt.
PrototypenEntwicklung im DesignLab for Applied Research
Auf der Münchner mcbw ist die Fraunhofer-Gesellschaft mit einem eigenen Showroom und Reallabor vertreten. „Wir haben schließlich den Anspruch, mit unserer Arbeit nicht nur die Wissenschaft voranzubringen“, sagt Welf Zöller, „sondern einen Beitrag für die Gesellschaft im Wandel zu leisten.“ Er hofft nicht nur auf neue Kontakte innerhalb der Design-Community, er möchte unter anderem mit mehr künstlerischen Interventionen Menschen begeistern und mittels wachsender Designkompetenz innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft den Nutzen der Wissenschaft vermitteln. Das könnten beispielsweise Dämmstoffe aus Pilzen sein, ebenso innovative wie nachhaltige Baustoffe. Oder Hochleistungssolarzellen. Oder Quantencomputing. Oder völlig neue Netzwerke. Oder Musikstreaming, denn auch der MP3Code wurde bei Fraunhofer entwickelt. Auch für Jens Krzywinski gibt es eine Antwort auf die Herausforderungen der Transformation: mehr Vernetzung und Austausch zwischen Künstler:innen, Designer:innen, Forscher:innen und der Gesellschaft. Interdisziplinäre Forschungscluster bieten einen Vorgeschmack auf unsere Zukunft, in der vielfältige Teams die Regel werden.
HINTER DEN KULISSEN
DREI FRAGEN AN LISA BRAUN, LEITERIN DER MUNICH CREATIVE BUSINESS WEEKDie von bayern design veranstaltete munich creative business week (mcbw) ist Deutschlands größter Designevent. Sie findet vom 6. bis 14. Mai 2023 zum zwölften Mal in München statt und richtet sich mit einem hochkarätigen und vielfältigen Programm sowohl an die designinteressierte Öffentlichkeit als auch an ein Fachpublikum. Denn die Herausforderungen der letzten Zeit haben gezeigt, wie wichtig Impulse und interdisziplinärer Austausch für Kreative, für die Wirtschaft und die Gesellschaft im Allgemeinen sind. Mit vielfältigen Veranstaltungen, Ausstellungen, Vorträgen und Initiativen in ganz München ermöglicht die mcbw 2023 Begegnungen, fördert den interdisziplinären Austausch und inspiriert unter dem Motto „Why disruption unleashes creativity“.
Warum heißt sie nicht einfach Munich Design Week? LB
Diese Frage wurde uns tatsächlich schon sehr oft gestellt. Und auch wir bei bayern design stellen uns diese Frage jedes
Jahr aufs Neue. Genau dann, wenn wir überlegen, wo es mit der mcbw hingehen kann und wie wir sie weiterentwickeln können. Und doch kommen wir jedes Mal ganz bewusst zu dem Schluss, dass sie genau so heißen muss, wie sie heißt, nämlich munich creative business week. Denn in dem Begriff „business“ steckt genau der Aspekt, der uns von den anderen Designwochen unterscheidet. Uns geht es nicht nur um die Präsentation und Zurschaustellung von Design, es geht um Design in all seinen Facetten, Tiefen, aber auch Bedürfnissen.
Der Begriff „business“ mag teilweise negativ aufgeladen sein. Hiermit verbindet man rein wirtschaftliche und finanzielle Aspekte. Doch hinter dem Begriff steckt so viel mehr: Business steht für tiefen Wissensaustausch, Netzwerken unter Expert:innen, Fachwissen teilen, Innovationen sichtbar machen, damit konkrete Formate, Projekte oder auch ein klassisches Business oder ein Geschäftsmodell entstehen kann. Business ist somit fundamental wichtig für Designer:innen und Gestalter:innen.
Wenn die mcbw ein Kuchen wäre, dann ...
LB
... eine bunte, glasierte Torte mit mehreren Schichten.
Denn man muss erst die Oberfläche und die Verzierung durchbrechen, um dann an die vielen verschiedenen Schichten und Füllungen zu gelangen. Die dann alle auf ihre Art mal süß, mal fruchtig oder auch mal bitter sein können, aber rundum einen köstlichen Geschmack abgeben. Man kann von dieser aufregenden Torte nicht zu viel essen, aber freut sich jedes Mal aufs Neue, wenn es sie mal wieder gibt.
Das Gleiche gilt für die mcbw. Man muss sie erst in ihrer Tiefe entdecken. Auf den ersten Blick sieht man nur die Oberfläche und die Hülle. Erst durch das genaue Hinsehen, Hineinschnuppern und Ausprobieren entdeckt man die komplette Fülle und Freude der mcbw. Das kostet manchmal Zeit und Mühe, zahlt sich am Ende aber aus. Es lohnt sich, auch mal die kleinen und eher unbekannteren Formate oder Namen anzuschauen, um Neues zu entdecken, was eine nachhaltige Wirkung entfaltet. Denn nicht immer sieht alles so aus, wie es im Abgang auch schmeckt.
Was motiviert Sie jedes Jahr für die mcbw?
LB
Mich motivieren die unterschiedlichen Beispiele an Design, Gestaltung und Kreativität. Und dabei beeindrucken mich oft die kleinen Projekte, die es oft schwerer haben, sichtbar zu sein.
Mich inspirieren die Gespräche mit den Menschen, die hinter den Produkten, Geschäftsmodellen und Geschichten stehen. Und vor allem steckt mich ihre Leidenschaft für ihre Arbeit und ihr Wirken an. Mir gefällt die Überzeugung, mit der Designer:innen an ihre Arbeit herangehen, sich durch nichts beirren lassen und ihren Weg konsequent gehen, mit sämtlichen Höhen und Tiefen oder auch Umwegen. Und wenn ich diese Motivation bei anderen spüre, dann wird mir bewusst: Das ist genau das, wofür wir die mcbw machen. Diese Leidenschaft und Motivation spürbar machen, indem wir die vielen Ideen und Projekte auf der mcbw sichtbar werden lassen.
DIE DISRUPTION DER DISRUPTION
Was denkt der mcbw Beirat über den großen Umbruch? Wie kreativ gehen Designer:innen mit Veränderung um? Und: In einer Welt des Wandels kann schon etwas Beständigkeit disruptiv wirken.
Ist das noch Wandel oder bereits der große Umbruch, der digitale Wendepunkt, von dem viele fabulieren? Es fühlt sich jedenfalls nach mehr an als nach einem einfachen Übergang von der analogen zur vernetzten Digitalwelt: Künstliche Intelligenz malt Bilder nach Worten und schreibt Essays zu allen möglichen Themen. Und das gar nicht mal schlecht. Zugleich brechen Gewissheiten weg: Wir tragen Masken beim Arzt und haben Krieg in Europa. Disruption mag ein Modewort sein, eines, das bei jeder Gele -
genheit aufpoppt. Aber es beschreibt ziemlich gut den Übergang von einem geordneten System in ein zunehmend chaotisches, das Flexibilität erfordert und fluides Denken, um auf die Fülle der Veränderungen angemessen zu reagieren. Wie viel Neues soll es sein? Wie viele Störungen, Unterbrechungen und Erschütterungen können wir verkraften? Anders gefragt: Wie groß ist unsere Komfortzone gemäß dem Motto: Wir wollen zwar immer etwas Neues, aber so richtig verändern möchten wir nichts, vor allem nicht
uns selbst. Werfen wir einen Blick auf die Kreativwirtschaft: Wie gehen eigentlich Designer:innen mit Veränderung um?
Cut!
Zeit zum Umdenken. Wir brauchen Disruption, Entwicklungssprünge und kleine Anstöße. Sie bringen uns weiter. Evolution finde nur durch permanente Störung statt, erklärte Zukunftsforscher Matthias Horx, und auch wir brauchen ab und an Stolpersteine. Wenn etwas nicht ganz so glattläuft wie geplant, wenn wir gestört werden in unserem geregelten Tagesablauf, ist das nicht das Ende der Welt, sondern oft nur der Anfang eines neuen Gedankens. Denn eines macht die Gegenwart klar: Kontrolle ist Illusion. In Zukunft geht es vielmehr darum, mit Ungewissheit und Unschärfe umzugehen. Disruption ist folglich nur Ausdruck dafür, dass wir uns mit einem Wandel auseinandersetzen sollten, den wir selbst weder kontrollieren noch ablehnen können. Wir müssen uns positionieren zum permanenten Wandel. Disruption wird so zum Nährboden und Katalysator kreativer Prozesse. Sie führt zu Innovationen. Und hoffentlich zu Verbesserungen. Disruption eröffnet eine Chance für eine Gesellschaft, die sich gerne auf Bewährtes verlässt. „Das haben wir schon immer so gemacht“ reicht nicht mehr. Wenn schon alles zerfällt und auch wir dekonstruiert werden, lässt sich Bestehendes auch neu denken und die Welt anders aufbauen. Damit wandelt sich Disruption zu einer Verwandten von Kreativität und Innovation.
Cut.
Design entwickelt immer wieder Kreativinnovationen, die kleine oder große Umbrüche hervorrufen oder auf solche reagieren. Seine Stärken liegen im Umgang mit Nichtwissen, Nichtkönnen und sogar Scheitern. Gerade die Auseinandersetzung mit Unsicherheit ist ein wesentli -
cher Bestandteil des Gestaltungsprozesses. Damit entsteht eine Haltung, die viel tiefer geht, als ein Design-ThinkingWorkshop vermuten ließe. Zugespitzt lässt sich sagen: Design ist selbst ein destruktives Arbeitsfeld. Weil es immer dann, wenn es etwas erschafft, zugleich Teile des Vorherigen und Bestehenden zerstört. Insofern ist Design disruptiv und bewahrend zugleich. Das betrifft Innovationen wie Identitäten, Traditionen wie Transformationen. Aus diesem Grund ist Design die zentrale Disziplin bei der Bewältigung der großen Transformationsaufgaben für Unternehmen, Politik und Gesellschaft. Sie steht im Zentrum der Innovationsprozesse und vernetzt verschiedene Stakeholder. Mit einem Satz: Design ist der eigentliche Motor für Veränderung und Wandel. Das Neue erschöpft sich nicht mehr darin, technische Produkte zu gestalten, sondern es geht um neue Prozesse, veränderte kulturelle Muster und um neue Formen der Kommunikation und des Zusammenlebens.
Cut.
Was heißt das nun für unseren Umgang mit Veränderung in einer Welt des beschleunigten Wandels? Mit einem Mal kann schon etwas Beständigkeit disruptiv wirken, als Disruption der Disruption. Sie hinterfragt kulturelle Muster der Moderne, die ständige Beschleunigung und Ausweitung propagierte und so nicht unerheblich zu den Problemen beitrug, die uns heute umtreiben, zuvorderst der Klimawandel. So ambivalent Disruption augenblicklich auch scheint, kann sie Kreativität befördern, genauso wie Design umgekehrt Disruption auslöst. Damit werden wir leben müssen in einer Zeit beschleunigter Veränderung. Cut.
Gesprächsrunde des mcbw Beirats mit Professor Markus Frenzl, Boris Kochan, Professorin Dr. Angelika Nollert, Dr. Dewi Schönbeck und Hannes Ziesler
DESIGN CONNECTS! DIE BAYERN DESIGN WEBSITE IST EINE PLATTFORM FÜR DIE COMMUNITY
Mit dem Relaunch ihrer Internetpräsenz öffnete bayern design sich noch mehr für die Design-Community. Auf der Website bayern-design.de finden sich aktuelle thematische Beiträge, Events und Cases von bayern design oder aus der Community.
Damit wurde nicht nur die Marke bayern design mit den Markenwerten Offenheit, Optimismus und Verantwortung neu positioniert, sondern auch das Leitmotiv „design connects“ erleb- und begreifbar gemacht.
Leitmotiv und Markenwerte ziehen sich wie ein roter Faden durch die Elemente des Gestaltungssystems, das von der Nürnberger Agentur Die Krieger des Lichts (DKdL) stammt. Der neue Look ist geprägt von einer leichten, spielerischen und klaren grafischen Sprache, die vor allem prägnante Überlagerungseffekte mit den strahlenden Farben Rot und Blau immer wieder anders interpretieren.
Designaffine Kreativdienstleistende (Büros, Agenturen und Freelancer:innen), Unternehmen und Institutionen aus Bay -
ern und darüber hinaus können aktiv mit eigenen Artikeln zur bayern design Website beitragen und sich relevanten Zielgruppen präsentieren. Die mcbw Programmpartner:innen und Mitglieder im Trägerverein bayern design forum e. V. können ein ausführliches Profil mit Bild und Logo anlegen und eigene Fachartikel veröffentlichen. Mitglieder profitieren darüber hinaus von kostenfreien Stellenangeboten und Eventhinweisen.
Mit dem Communitybereich erhalten die User:innen außerdem ein Werkzeug an
die Hand, mit dem sich Kreativdienstleistungen ebenso finden lassen wie Projektpartner:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Handwerk. Damit ist die bayern design Website nicht nur eine informative Anlaufstelle rund um die Themen Gestaltung und Designförderung in Bayern, sondern auch eine ideale Plattform zur Vernetzung einer wachsenden Design-Community.
Registrieren Sie sich auf https://bayern-design.de/community/ und werden Sie Teil der bayern design Community!
MATERIALUND ZUKUNFTSFRAGEN IM DESIGN
Welche neuen Materialien werden heute und zukünftig benötigt und wie können sie besonders nachhaltig hergestellt und eingesetzt werden? Diese Fragen thematisiert die Designausstellung „Material+“ im Neuen Museum Nürnberg vom 21. April bis zum 3. September 2023 anhand von Forschungsprojekten, Anwendungen und spekulativen Entwürfen.
Neue Materialien hatten schon immer eine große Bedeutung für die Designdisziplin. Die Konfrontation mit Ressourcenknappheit, Klima- und Biodiversitäts krisen
führt jedoch auch bei Designer:innen zu einer verstärkten Reflexion und einer neuen Dringlichkeit beim Einsatz von Werkstoffen. Ökologische Anforderungen und ihre sozialen und ökonomischen Bedingungen stehen im Fokus.
In drei Kapiteln zeigt die Ausstellung dazu ausgewählte Exponate, bei denen neue Materialien als nachhaltige Werkstoffe und Gestaltungselemente erforscht und angewendet worden sind. Die Ausstellung blickt dabei auf unterschiedliche Themen des Materialkreis -
laufs, von der Ressourcengewinnung und Verarbeitung über die Anwendung und Nutzung bis hin zur Wiederverwertung oder Rückführung in die Umwelt. Hierbei wird deutlich, dass nachhaltiges Design sich nicht nur auf die Auswahl neuer Materialien fokussiert, sondern immer auch den gesamten Kreislauf der Werkstoffe mitdenkt.
In den sechs Fassadenräumen des Museums werden Anwendungen und Forschungsprojekte mit innovativen Werkstoffen aus Pilzmycel, Zellulose oder recyceltem Kunststoff gezeigt. Die Exponate reichen von Möbeln von Stefan Diez oder Tom Dixon, Gefäßen von Studio Klarenbeek & Dros oder crafting plastics! bis hin zu Autositzen von BMW.
Die Ausstellung wird von bayern design kuratiert. Eine gemeinsame Ausstellung des Neuen Museums mit bayern design.
InnoCell. Von Lebensmittelabfällen zu biologisch abbaubaren Produkten – Erforschung des innovativen Potenzials mikrobieller Zellulose, Design Friction Lab, Freie Universität Bozen, 2018–2022.
SOCIAL DESIGN, WICKED PROBLEMS UND DISRUPTION
Social Design ist die Auseinandersetzung sozialer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Herausforderungen durch Gestaltung. Diese Herausforderungen beschrieb Designtheoretiker Horst Rittel ab Mitte der 60er Jahre mit dem Begriff der „wicked problems“; Probleme, deren Lösungen immer neue Probleme erzeugen. Beziehungsweise Probleme, die so komplex sind, dass es nicht eine Lösung für sie geben kann, sondern für die es einen andauernden Prozess von Lösungen und Anpassungen braucht. Wie in einer Welt voller Disruption für diese „wicked problems“ immer wieder kreative Lösungen gefunden werden, zeigt bayern design auf der mcbw 2023 und darüber hinaus im Jahresprogramm in ganz Bayern. Im Mittelpunkt steht dabei die Rolle von Gestaltung und die Verantwortung von Designer:innen.
Da diese „verzwickten“ Probleme immer in einem gesellschaftlichen Kontext stehen, erfordern sie Lösungsansätze, die multiperspektivisch gestaltet sind und
von einer Vielzahl von Akteur:innen erforscht werden. Im Mittelpunkt dieser Social-Design-Prozesse stehen soziale Innovationen, die partizipativ und demokratisch von unten nach oben zu gestalten sind.
Welchen Beitrag Social Design im Entstehen einer lebenswerteren Welt leistet, das wollen wir in den kommenden Monaten gemeinsam mit Expertinnen und Experten beleuchten.
EXPERTENWISSEN FÜR DIE WIRTSCHAFT
Hinter der mcbw steht bayern design. Das internationale Kompetenzzentrum für Wissenstransfer und Kollaborationen rund um Design in Bayern richtet sich als Wirtschaftsförderungseinrichtung in erster Linie an die Wirtschaft und die beauftragten Gestalter:innen. Dies ist jedoch ohne eine enge Kooperation mit den Hochschulen und Universitäten kaum möglich. Deshalb kooperiert bayern design eng mit diesen und weiteren an Designforschung interessierten Akteur:innen. Seit Jahren fördert bayern design daher mithilfe des Staatsministeriums für Wirtschaft die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Design, denn die Forschungsergebnisse kommen auch der bayerischen Wirtschaft zugute und können bei der Bewältigung der anstehenden Transformationsaufgaben unterstützen.
So entstanden u. a. 2013 die Studie „Do you speak Design?“ über Designkommunikation in und von Unternehmen, 2017 die Studie „Make – Design – Innovate“
über das Potenzial des Maker-Movements für Wirtschaft und Gesellschaft sowie 2018 die Web-App „Design-Pilot“. Das Tool hilft Designer:innen, Manager:innen und Ingenieur:innen bei der interdisziplinären Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen und deckt auch die Prozesse nach der Ideenfindung ab. Im Jahr 2022 beauftragte bayern design eine „Studie zur wirtschaftlichen Relevanz von Design“. Außerdem bereiten externe Autor:innen auf der neuen bayern design Website aktuelles Designwissen kompakt in sogenannten Wissensbeiträgen auf.
Zusammen mit den Hochschulen und der Politik wird nach Wegen gesucht, den wissenschaftlichen Nachwuchs in Bayern zu fördern. Auf der mcbw wird der enge Schulterschluss besonders deutlich: Hier können sich Akteurinnen und Akteure wie die Hochschulen öffentlichkeitswirksam einbringen und den notwendigen Dialog mit Wirtschaft und Politik führen. Zum Wohle einer zukunftsorientierten Gesellschaft!
CHEERS MCBW! WIE SCHMECKT EIGENTLICH EINE DESIGNVERANSTALTUNG?
BARBARA DE LA JARA
Partnermanagement mcbw
Die persönliche Empfehlung der Barkeeperin, jedes Mal anders und doch immer eine positive Überraschung.
KARINA IGLHAUT
Projektmanagement mcbw
Überraschende Nuancen, smooth im Abgang, belebende Wirkung – der mcbw frizzante: 2 cl Orga, 2 cl Fun, 6 cl inspirierende Menschen, 1 tolle Stadt, Eiswürfel.
LISA BRAUN
Leitung mcbw
Ein Drink mit Tiefgang, der erst zwei- oder dreimal probiert werden muss, bis man ihn in all seinen Facetten entdecken und vollständig schmecken kann.
KILIAN STEINER
Leitung Öffentlichkeitsarbeit
Bitterstoffe sind das „Salz in der Suppe“ bei Drinks. Gin, Campari oder Tonic Water dürfen da ebenso nicht fehlen wie ernste Themen bei der mcbw. Sie kommt daher dem Negroni mit seinem bitter-süßen Geschmack für mich ziemlich nahe.
MIRIAM WOLF
Öffentlichkeitsarbeit
Ein kräftiger, würzig-süßer Chai –mit großer Sorgfalt aus hand verlesenen Zutaten bereitet und in einem bunt schillernden Glas serviert.
MAREK GORNOWICZ
Leitung Finanzen und Office Management
Ein guter Cognac, ein Blend aus verschiedenen Bränden, der in der Gesamtheit das Erlebnis abrundet.
CHRISTIAN FAYEK
Leitung Projekte
Voller Wissensdurst, manchmal taumelnd, (beinahe) trunken durch die mcbw.
NADINE VICENTINI
Geschäftsführerin
Ein leichter Gin Tonic mit Ingwer, Blutorange und Kardamom – erfrischend, leicht bitter, nicht zu süß. Ein Energiekick mit zartem Rausch voller Inspiration … wie am Ende der Designwoche.
YVONNE ECKERT
Projektmanagement mcbw
Ein Negroni. Lässig elegant mit eher wenig Spielraum für Veränderungen im klassischen Sinne. Kommt dafür mit Experimentierfeldern zu ganz neuen Twists.
NATALIE BECK
Finanzmanagement
Ein Mojito. Erfrischend und leicht berauschend durch all die Eindrücke und Inspirationen.
NADINE KUSSINGER
Projektmanagement
Ein erfrischender Signature-Cocktail, der in großer Runde mit guter Laune an einem warmen Frühlingsabend genossen wird. Mit dabei: viele gute kreative Gespräche.
KILIAN FABICH
Konzeption und Programmentwicklung
Ein Superfood-Smoothie – die mcbw ist eine wunderbare Mischung aus frischen und kreativen Perspektiven!
VERENA WESTERNACHER
Projektmanagement
Eine hausgemachte Limonade vorbereiten, serviert an einem sonnigen Frühlingstag an der Isar und natürlich ein paar Schnitz Zitrone on top – prickelnd, erfrischend, mit Spritz!
CONTRIBUTORS
Sponsoren
Partner:innen
mcbw mag Partner:innen
Partner:innen
Creative Explorer
Medienpartner:innen
Service Partner:innen
Anzeigenpartner:innen
IMPRESSUM
Veranstalter
Veranstalter der munich creative business week (mcbw) ist die bayern design GmbH. Die bayern design GmbH ist das Kompetenzzentrum für Wissenstransfer und Kollaborationen rund um das Thema Design in Bayern. Mit einer Vielzahl unterschiedlicher Projekte unterstreicht sie die Bed eutung von Design und die Schlüsselrolle, die es bei der Bewältigung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und nachhaltiger Veränderungen spielt. Sie unterstützt bei der Umsetzung der Designförderung des Freistaats Bayern und fördert die Vernetzung von Designer:innen und Interessensgruppen aus allen Disziplinen, Unternehmen, Hochschulen, Institutionen und Verbänden. Gefördert werden die Programme der bayern design GmbH vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Die mcbw wird zusätzlich durch die Landeshauptstadt München gefördert. Die BMW Group, Steelcase, Ströer sowie Gmund unterstützen die mcbw maßgeblich.
Herausgeber
Nadine Vicentini
Geschäftsführung von bayern design GmbH
Autoren
Oliver Herwig, www.oliver-herwig.de bayern design hw.design, Frank Wagner und Sigmund Perner
Konzept, Redaktion, Gestaltung hw.design
Türkenstraße 55–57 80799 München www.hwdesign.de
Artwork und Lithografie
Oliver F. Meier
Produktion
Katja Knahn, www.paperkate.de
Papier
Umschlag: Gmund Bio Cycle, 300g/m² Innenteil: 120g/m²
Druck und Bindung: Gotteswinter und FIBO Druck- und Verlags GmbH München
Lektorat
Mirko Partschefeld, www.lectorare.de
Übersetzung
Katrin Engelmann
Pressekontakt
Patricia Biebrich
NICKL PR Goethestraße 25 A 80336 München
Tel. +49 89 4807103
E-Mail pressoffice@mcbw.de
Wir bitten bei Verwendung von Bild- und Textdaten um Zusendung eines Links bzw. Belegexemplars per Post/PDF.
Info mcbw Website: www.mcbw.de
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Bildnachweis
Alle Bildrechte verbleiben bei den entsprechenden Partnern, außer: S. 13 – 17 BMW / Sascha Tassilo Hoechstetter; S. 26 MUCBOOK / Ramon Brussog; S. 30 Diana Weidmann; S. 46 Jana Schwerdtfeger; S. 54 Rache Go; S. 56 SixtyEight Art Institute Copenhagen; S. 56 Studio Catherine Sarah Young; S. 58 Kristina Grommes; S. 62 – 65 The Helen Hamlyn Centre for Design / Ezzidin Alwan; S. 68 IDEO; S. 80 BECKER LACOUR; S. 85 Matthias Ziegler; S. 86 Ingmar Kurth www.ingmarkurth.com; S. 90 – 93 Gmund Papier; S. 97 LHM Michael Schinharl; S. 93 LHM Dominik Parzinger, Marie Julie Lörch; S. 103 PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft; S. 105 – 106 PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft / Verena Kathrein; S. 106 PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft / Savannah van der Niet; S. 109 GoetheInstitut / Sonja Tobias; S. 110 Sheltersuit Foundation www.sheltersuit.com; S. 113 – 116 Chris Mueller, www.eyeamchris.com; S. 121 – 123 Fraunhofer IVI; S. 124 DesignLab for Applied Research; S. 133 Robert Brembeck, Design Friction Lab
Wir bitten um Verständnis, wenn trotz sorgfältiger Recherche nicht alle Bildquellen vollständig genannt werden konnten.
WHY
DESIGN IST MEHR ALS FORMGEBUNG
Design verleiht Identität und strategische Klarheit. Design entwickelt Marken und Geschä smodelle. Design prägt Corporate Culture und Kommunikation. Design treibt Innovation und Wandel.
HOW
DESIGN BUSINESS DAYS:
WHERE BRANDS × CREATIVES MEET
Die Konferenz bringt CEOs, CMOs, Markenverantwortliche und Kreative in Design, Strategie, Kommunikation und Technologie zusammen.
WHAT
BEST PRACTICES, KEYNOTES UND DEBATTEN ZU THEMEN WIE:
• Strategisches Design × Business Design
• Brandmanagement × Designsysteme
• Co-Creation × Designmethoden
• Society-Centered Design × Sustainability
• Data × AI-driven Design
13 / 09 / 2023 in Hamburg / Hybrid
PARTNER
MCBW 2024
11–19 MAY
Alle Rechte vorbehalten. Alle hier genannten Marken sind das Eigentum von Steelcase oder dem jeweiligen Inhaber.
© 2022 Steelcase Inc.
Die Zukunft der Arbeit ist hybrid
Wir helfen Menschen, bestmöglich zu arbeiten - ganz unabhängig davon, wo die Arbeit stattfindet. Lernen Sie unsere Erkenntnisse, Möbel und Lösungen für optimale hybride Arbeit kennen.
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