QIV-2020 QUARTALSBERICHT DEUTSCHLAND
Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 Tempo der Erholung nimmt ab
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Dank der starken Erholung im dritten Quartal wird der Konjunktureinbruch im Jahr 2020 wahrscheinlich schwächer ausfallen. Wir rechnen für das gesamte Jahr mit einem Rückgang der realen Wirtschaftsleistung um fünf Prozent.
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In der Industrie scheint ein Ende der seit mehr als zwei Jahre anhaltenden Rezession möglich zu sein. Im Oktober lag der Auftragseingang in der Industrie erstmals seit Februar 2020 über Vorjahresniveau.
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Der Außenhandel hat über die Sommermonate etwas Fahrt aufgenommen. Vor allem das China-Geschäft hat sich nach dem CoronaSchock erholt. Wir rechnen mit einem Rückgang der deutschen Exporte um elf Prozent und der Importe um neun Prozent.
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Die deutsche Wirtschaft erlebt nach dem tiefen Einbruch im Frühjahr eine kräftige Erholung. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im dritten Quartal 2020 preis-, kalender- und saisonbereinigt um 8,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Der Rückstand zum Vorjahresniveau schrumpfte im dritten Quartal auf 3,9 Prozent.
Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
Inhaltsverzeichnis Konjunktur in Deutschland ................................................................................................................ 3 Außenhandel: China-Geschäft läuft besser als von einem Jahr ........................................................... 4 Arbeitsmarkt: Corona-bedingter Beschäftigungsabbau scheint beendet .............................................. 6 Auftragseingang in der Industrie steigt zu Beginn des vierten Quartals kräftig .................................... 7 Industrieproduktion: Erholung setzt sich am aktuellen Rand fort .......................................................... 9 Kapazitätsauslastung normalisiert sich langsam ................................................................................ 10 Weiterhin Umsatzeinbußen im Verarbeitenden Gewerbe ................................................................... 11 Ifo-Geschäftsklima: Teil-Lockdown drückt auf die Stimmung ............................................................. 12 Perspektiven ...................................................................................................................................... 13 Jo-Jo Konjunktur in Deutschland? ...................................................................................................... 13 Quellenverzeichnis ............................................................................................................................ 15 Impressum ......................................................................................................................................... 15 Grunddaten zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen .................................................. 16
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
Konjunktur in Deutschland Krise trotz Rekordwachstum im dritten Quartal noch nicht überwunden Nach dem Rekordeinbruch im Frühjahr setzte im dritten Quartal eine kräftige wirtschaftlich Erholung ein. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg gegenüber dem Vorquartal kalender- und saisonbereinigt um 8,5 Prozent. Damit konnte die deutsche Wirtschaft einen großen Teil des durch die CoronaPandemie bedingten massiven BIP-Rückgangs von 9,8 Prozent aus dem zweiten Quartal wieder aufholen. Das preis- und kalenderbereinigte BIP fiel allerdings vier Prozent geringer aus als im Vorjahr, nach minus 11,3 Prozent im zweiten Quartal.
Entwicklung des realen BIP in Prozent 10 8 6 4
2,6
2,2
1,3
2
0,6
0 -2 -4 -6 -8 -10 -12 I
II
III
IV
I
2016
II
III
2017
IV
I
II
III
IV
I
2018
II
III
2019
IV
I
II
III
IV
2020
Veränderung ggü.Vorjahresquartal Veränderung ggü. Vorquartal, saison- und kalenderbereinigt Veränderung ggü. Vorjahr Quelle: Statistisches Bundesamt
Die Wirtschaftsleistung wurde im dritten Quartal von 44,72 Millionen Erwerbstätigen erbracht. Die Zahl der Erwerbstätigen sank damit gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 654.000 oder 1,4 Prozent. Das an der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden gemessene Arbeitsvolumen verminderte sich im gleichen Zeitraum mit vier Prozent deutlich stärker. Im Dienstleistungssektor sank die Zahl der Beschäftigten um 419.000 oder 1,2 Prozent. Den größten, in absoluten Zahlen gemessenen Rückgang gab es im Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe mit 260.000 bzw. 2,5 Prozent. Bei den Unternehmensdienstleistern, zu denen auch die Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften gehört, waren 190.000 Personen bzw. 3,1 Prozent weniger beschäftigt als vor einem Jahr. Die Finanz- und Versicherungsdienstleistern setzten den seit dem Jahr 2010 anhaltenden Beschäftigungsabbau weiter fort (minus 14.000 Personen bzw. minus 1,3 Prozent). Deutliche Zuwächse gab es im Bereich öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg um 129.000 bzw. 1,1 Prozent. Im Bereich Information und Kommunikation nahm die Beschäftigung leicht zu (plus 18.000 Personen
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
bzw. 0,7 Prozent). Im Verarbeitenden Gewerbe sank die Zahl der Beschäftigten um 263.000 oder 3,4 Prozent. Im Baugewerbe nahm die Beschäftigung um 21.000 Personen oder 0,7 Prozent leicht zu. Auf der Entstehungsseite des BIP ist die preisbereinigte Bruttowertschöpfung im dritten Quartal im Vergleich zum Vorquartal mit Ausnahme von Bau- und Landwirtschaft in allen Wirtschaftsbereichen gestiegen. Das Vorjahresniveau konnte jedoch in keinem Wirtschaftsbereich wieder erreicht werden. Mit minus 10,8 Prozent verzeichnete das Verarbeitenden Gewerbe die stärksten Produktionsverluste. Starke Rückgänge gab es zudem bei den Unternehmensdienstleistern mit minus 8,4 Prozent. Allein diese beiden Bereiche waren für drei Viertel der Wachstumsverluste im dritten Quartal verantwortlich. Deutlich schwächer entwickelte sich die Bruttowertschöpfung auch in den Bereichen Handel, Verkehr, Gastgewerbe (minus 3,4 Prozent) und im Baugewerbe mit minus 2,6 Prozent. Über alle Branchen hinweg sank die Bruttowertschöpfung um 4,5 Prozent. In der verwendungsseitigen Betrachtung sind die Konsumausgaben im dritten Quartal im Vergleich zum Vorquartal mit plus 10,8 Prozent kräftig gestiegen. Das Niveau aus dem dritten Quartal des Vorjahres wurde aber um 1,7 Prozent verfehlt. Die Konsumausgaben des Staates stiegen zwar mit plus 4,3 Prozent im Vorjahresvergleich kräftig. Dies reichte aber nicht, die Einbußen bei den Privaten Konsumausgaben zu kompensieren, die um insgesamt 3,7 Prozent nachgaben. Die Ausgaben für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen sowie für Freizeit, Unterhaltung und Kultur, die zusammen ein Sechstel der privaten Konsumausgaben ausmachen, lagen jeweils knapp 15 Prozent unter Vorjahresniveau. Für Bekleidung und Schuhe gaben die Verbraucher vier Prozent weniger aus als vor einem Jahr. Nur leicht sanken die Ausgaben für Verkehr und Nachrichtenübermittlung, Gesundheitsund Körperpflege, Dienstleistungen sozialer Einrichtungen, Versicherungs- und Finanzdienstleistungen, die in der Summe etwas mehr als ein Drittel der Ausgaben ausmachen. Um 7,7 Prozent stiegen die Ausgaben für Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände. Die Ausgaben für Nahrungs- und Genussmittel erhöhten sich um immerhin 2,6 Prozent. In der Summe bremste der Konsum das Wirtschaftswachstum um 1,1 Prozentpunkte aus. Die Investitionstätigkeit hat sich im dritten Quartal noch nicht wieder erholt. Die Bruttoanlageinvestitionen verminderten sich preisbereinigt im Vorjahresvergleich um 3,4 Prozent. Bei den Ausrüstungsinvestitionen war der Rückgang mit minus 9,8 Prozent am stärksten. Darüber hinaus sanken erstmals seit dem Jahr 2017 die Bauinvestitionen. Auch bei den Investitionen in sonstige Anlagen (Software; Patente; Lizenzen) war ein Rückgang um 0,7 Prozent zu verzeichnen. In der Summe bremsten die Bruttoinvestitionen das BIP-Wachstum um 0,8 Prozent aus. Der Export von Waren und Dienstleistungen ging im dritten Quartal im Vorjahresvergleich um 9,1 Prozent zurück. Die Ausfuhr von Waren verminderten sich um 7,2 Prozent, die von Dienstleistungen um 17,3 Prozent. Die Importe verminderten sich um 9,8 Prozent. Der Bezug von Waren aus dem Ausland sank mit minus 5,6 Prozent deutlich schwächer als der von Dienstleistungen (minus 22,8 Prozent). Im Ergebnis ging vom Außenbeitrag ein Wachstumsbeitrag von minus 0,2 Prozentpunkten aus. Außenhandel: China-Geschäft läuft besser als von einem Jahr Die deutschen Exporte haben sich im dritten Quartal 2020 deutlich erholt. Sie stiegen in der saisonbereinigten Betrachtung gegenüber dem zweiten Quartal um 51,8 Milliarden Euro bzw. um 20,5 Prozent. Der Vorjahrsvergleich weist aber noch einen Rückgang um 26,7 Milliarden oder 8,4 Prozent aus. Die in absoluten Zahlen gemessenen stärksten Einbußen entstanden im Handel mit den Niederlanden (minus 1,98 Milliarden Euro bzw. 8,6 Prozent). Hohe Einbußen gab es auch im Japan-Geschäft mit minus 1,43 Milliarden Euro bzw. 26,1 Prozent. Die Ausfuhren in die EU-Partnerländer Spanien und
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Tschechien sanken jeweils um etwas über eine Milliarde, die nach Österreich und Italien jeweils etwas unter eine Milliarde Euro. Unter den Ländern außerhalb der EU gingen die Exporte nach Russland um 13,6 Prozent zurück, die nach Südafrika um knapp ein Drittel und die nach Mexiko um 18,5 Prozent. Spürbare Zuwächse waren bei den Ausfuhren in die Türkei (plus 755 Millionen Euro oder 15,8 Prozent) zu beobachten. Im China-Geschäft war ein Anstieg um 692 Millionen Euro oder 2,9 Prozent gegenüber Vorjahr zu verzeichnen.
Deutsche Ex- und Importe im dritten Quartal 2020 nach ausgewählten Ländern Veränderung gegenüber Vorjahresquartal Exporte Zu- (+) bzw. Abnahme (-)
Importe Zu- (+) bzw. Abnahme (-)
in Million Euro
in %
in Million Euro
in %
USA
26 366
- 4 546
-
14,7
Niederlande
21 293
- 2 751
-
11,4
Frankreich
22 673
- 3 017
-
11,7
Frankreich
13 338
- 2 686
-
16,8
Großbritannien
17 492
- 2 077
-
10,6
Russland
4 472
- 2 525
-
36,1
Niederlande
20 895
- 1 975
-
8,6
Großbritannien
7 697
- 1 923
-
20,0
Japan
4 055
- 1 435
-
26,1
Belgien
8 843
- 1 446
-
14,1
Spanien
9 337
- 1 064
-
10,2
Japan
4 909
- 1 130
-
18,7
Tschechien
9 927
- 1 043
-
9,5
Libyen
4
- 1 010
-
99,6
Österreich
15 166
-
990
-
6,1
Tschechien
10 674
-
988
-
8,5
Italien
15 104
-
944
-
5,9
Norwegen
1 782
-
900
-
33,5
Russland
5 994
-
940
-
13,6
USA
16 978
-
882
-
4,9
Südafrika
1 763
-
808
-
31,4
Österreich
10 078
-
802
-
7,4
Mexiko
3 057
-
692
-
18,5
Singapur
744
-
719
-
49,1
Belgien
10 641
-
639
-
5,7
Südkorea
2 447
-
653
-
21,1
2 136
-
598
-
21,9 Polen
14 724
+
559
+
3,9
+
3,2
Brasilien
China
24 473
+
692
+
2,9
China
29 365
+
914
Türkei
5 543
+
755
+
15,8
Irland
5 609
+
1 757
- 26 738
-
8,4
Insgesamt
292 722
Insgesamt
242 804
- 18 656
+ 45,6 -
7,1
Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
Die deutschen Importe haben sich im dritten Quartal gegenüber dem Vorzeitraum mit plus 25,8 Milliarden Euro bzw. um 11,3 Prozent deutlich langsamer erholt als die Exporte. Im Vergleich zum Vorjahresquartal sind sie sogar um 18,7 Milliarden Euro oder 7,1 Prozent gesunken. Die absolut stärksten Rückgänge stammten aus dem Handel mit dem Vereinigten Königreich. Die Einfuhren gaben im Vergleich zum dritten Quartal 2019 um 1,92 Milliarden Euro bzw. um ein Fünftel nach. Vermutlich dürften Teile des Geschäftes über Irland gelaufen sein. Die Einfuhren von der grünen Insel legten zeitgleich um 1,76 Milliarden Euro oder 45,6 Prozent zu. Importseitig lief das Japan-Geschäft mit minus 18,7 Prozent deutlich schlechter als vor einem Jahr. Auch aus Singapur (minus 49 Prozent) und Südkorea (minus 21 Prozent) wurden deutlich weniger Waren importiert. Das Libyen-Geschäft kam zum Stillstand (minus eine Milliarde Euro bzw. 99,6 Prozent). Mit Blick auf die EU-Partnerländer verminderten sich die Einfuhren aus Belgien (minus 1,45 Milliarden Euro bzw. 14,1 Prozent), Tschechien (minus 988 Millionen Euro bzw. 8,5 Prozent) und Österreich (minus 802 Millionen Euro bzw. 7,4 Prozent) am stärksten. Der Bezug von Waren und Dienstleistungen aus den USA ging mit minus 4,9 Prozent unterdurchschnittlich zurück. Gegen den Trend stiegen die Einfuhren aus China (plus 914 Millionen Euro bzw. 3,2 Prozent) und aus Polen (plus 559 Millionen Euro bzw. 3,9 Prozent). Am aktuellen Rand sanken die Exporte im Oktober 2020 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 6,5 Prozent. Die Einfuhren gingen mit minus 5,9 Prozent nicht ganz so kräftig zurück. In den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres wurden insgesamt 11,2 Prozent weniger Waren und Dienstleistungen ausgeführt als im Vorjahreszeitraum. Mit minus 12,5 Prozent sanken die Ausfuhren in die Eurozone deutlich stärker als in die EU-Länder, die nicht der Eurozone angehören (minus 7,7 Prozent). Die Ausfuhren in Drittländer sanken um 11,3 Prozent. Die Importe gingen im gleichen Zeitraum um insgesamt 8,9 Prozent zurück. Aus den EU-Ländern wurden zehn Prozent weniger Waren und Dienstleistungen eingeführt als vor einem Jahr. Dabei sanken die Einfuhren aus den Ländern, die nicht zum Euroraum gehören um minus 7,6 Prozent und die aus der Eurozone mit minus 11,1 Prozent. Aus Drittländern kamen im gleichen Zeitraum 7,6 Prozent weniger Waren und Dienstleistungen nach Deutschland. Arbeitsmarkt: Corona-bedingter Beschäftigungsabbau scheint beendet Der seit dem Sommer anhaltende Beschäftigungsaufbau setzte sich im Herbst weiter fort. Nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Erwerbstätigen im Oktober 2020 saisonbereinigt um 20.000 Personen gestiegen, nach einem Zuwachs um 25.000 im September. Im Vergleich zu Oktober 2019 sank die Zahl der Erwerbstätigen allerdings um 645.000 oder 1,4 Prozent auf nunmehr 44,93 Millionen Personen. Auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat am aktuellen Rand zugenommen. Nach Hochrechnungen der Bundesagentur waren im September 2020 (letzter verfügbarer Wert) insgesamt 33,79 Millionen Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren in saisonbereinigter Betrachtung 31.000 Personen mehr als im August, allerdings 0,4 Prozent als vor einem Jahr. Die sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung nahm dabei im Vorjahresvergleich um 182.000 oder 0,7 Prozent ab, während die sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung um 39.000 oder 0,4 Prozent zulegen konnte. Die sonstigen Formen der Erwerbstätigkeit haben gegenüber dem Vorjahr deutlich stärker abgenommen als die der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger sank im dritten Quartal 2020 um 168.000 oder 4,1 Prozent auf 3,98 Millionen. Die Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten hat sich
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
nach ersten Hochrechnungen der Bundesagentur im September um 287.000 oder 6,4 Prozent auf 4,23 Millionen verringert. Die Zahl der Arbeitslosen stieg zwar im November um 519.000 oder 23,8 Prozent auf 2,67 Millionen (Vorjahresvergleich). In der saisonbereinigten Betrachtung sinken die Arbeitslosenzahlen bereits seit Juli wieder, zuletzt im November um 39.000. Die Arbeitslosenquote lag im August 2020 nach Systematik der Bundesagentur bei 6,1 Prozent und nach ILO-Systematik bei einem Wert von 4,4 Prozent. Arbeitsmarkt in Deutschland* 34
4 Arbeitslose (rechte Achse) 3
32 2 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (linke Achse) 1 30 0
2
28 2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
-1
2020
Veränderung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zum Vorjahresmonat (rechte Achse) *saisonbereinigt in Million Quelle: Bundesagentur für Arbeit
Auftragseingang in der Industrie steigt zu Beginn des vierten Quartals kräftig Der Verlauf des Auftragseingangs in der Industrie gleicht einer Achterbahnfahrt. Nach dem kräftigen Einbruch im zweiten Quartal mit über 22 Prozent stieg der Auftragseingang im dritten Quartal 2020 saison- und kalenderbereinigt gegenüber dem Vorquartal um 29,3 Prozent. Zum Vergleich: das bis dahin stärkste Auftragsplus aus dem Jahr 2009 betrug 9,9 Prozent. Dank des Rückprall-Effektes wurde das Ergebnis aus dem dritten Quartal des Vorjahres nur um 3,2 Prozent verfehlt. Mit Blick auf die Herkunft ist der Auftragseingang aus dem Inland gegenüber dem zweiten Quartal um 15,6 Prozent gestiegen. Aus dem Ausland gingen 40,7 Prozent mehr Aufträge ein als im Vorquartal. Die Nachfrage aus Drittländern und aus der Eurozone stieg dabei etwa gleich stark an. Unter den industriellen Hauptgruppen sammelten die Konsumgüterhersteller im dritten Quartal 2020 saison- und kalenderbereinigt 6,2 Prozent mehr Aufträge ein als im zweiten Quartal. Dies waren nur 1,7 Prozent weniger als vor einem Jahr. Bei den Herstellern von Investitionsgütern betrug das Auftragsplus gegenüber dem Vorquartal stattliche 38,7 Prozent. Das Vorjahrsniveau wurde aber um 3,9 Prozent verfehlt. Die Investitionsgüternachfrage aus dem Ausland stieg dabei um 58,6 Prozent, die aus dem Inland mit 13 Prozent deutlich schwächer. Die Hersteller von Vorleistungsgütern erhielten im dritten Quartal 21,7 Prozent mehr Aufträge, verfehlten damit aber ihr Vorjahresergebnis um 2,4 Prozent. Die Nachfrage aus In- und Ausland entwickelte sich synchron.
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
Im Oktober sind die Auftragseingänge in der deutschen Industrie nach vorläufigen Berechnungen preis-, kalender- und saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 2,9 Prozent gestiegen. Um Großaufträge bereinigt lag das Auftragsplus bei 1,7 Prozent. Erstmals seit Februar 2020 liegt der Vorjahresvergleich mit 1,8 Prozent im Plus. Die Nachfrage aus dem Inland stieg im Monatsvergleich um 2,4 Prozent, die aus dem Ausland mit 3,2 Prozent noch etwas stärker. Vor allem aus Ländern außerhalb des Eurogebietes wurden mehr Waren Made in Germany nachgefragt, während die Ordertätigkeit aus der Eurozone nur leicht zulegte.
Auftragseingang, Verarbeitendes Gewerbe 29,3
115
25
110 105
15
100
5,3 5
95 90
-5
-2,4
85
-15
80 75 -22,4
-25
70 65
-35 2016
2017
2018
2019
2020
Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich, in Prozent (rechte Achse) Index des Verabeitenden Gewerbes, 2-Monats-Durchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse) Veränderung im Vergleich zum Vorquartal (q-o-q), in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt
Das kräftige Auftragsplus zu Beginn des vierten Quartals hat die Auftragsbücher in der Industrie spürbar aufgefüllt. So erhöhte sich nach Angaben des ifo Instituts die Reichweite des Auftragsbestands im Verarbeitenden Gewerbe um 0,3 auf 3,2 Produktionsmonate. Dies war gleichzeitig der höchste Wert seit Juli 2019. Am stärksten füllten sich die Orderbücher bei den Investitionsgüterherstellern. Mit 4,1 Produktionsmonaten war dies der höchst Wert seit April 2019, der zudem noch 0,5 Monate über dem zehnjährigen Durchschnitt lag. Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern gab es keine Veränderung. Diese Unternehmen haben Aufträge im Umfang von 2,7 Produktionsmonaten in ihren Büchern stehen und damit 0,1 Produktionsmonate weniger als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Bei den Konsumgüterproduzenten verkürzte sich ist die Reichweite der Auftragsbestände auf 1,7 Monate. Das war der niedrigste Wert seit 15 Jahren. Bei den vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Daten, die erst seit dem Jahr 2015 wieder erhoben werden, fließen Daten über mögliche Stornierungen mit ein. Laut amtlicher Statistik war der preisbereinigte Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe im September 2020 saison- und kalenderbereinigt um ein Prozent höher als im Vormonat. Dabei stiegen die unbearbeiteten Aufträge aus dem Inland im Vergleich zu August 2020 um 1,3 Prozent. Der Bestand an Auslandsaufträgen stieg im
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
gleichen Zeitraum um ein Prozent. Im Vergleich zu Februar 2020 – also vor dem Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in Deutschland – war der Auftragsbestand im September 2020 saison- und kalenderbereinigt 0,9 Prozent höher. Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern lag der Auftragsbestand im September 2020 um 2,1 Prozent höher als im August 2020. Bei den Herstellern von Investitionsgütern stieg er um 0,7 Prozent und bei den Konsumgüterherstellern um 4,1 Prozent. Industrieproduktion: Erholung setzt sich am aktuellen Rand fort Zu Beginn des vierten Quartals setzte sich die Erholung weiter fort. Im Oktober 2020 stieg die Produktion des Verarbeitenden Gewerbes im Vergleich zum Vormonat saison- und kalenderbereinigt um 3,1 Prozent, nach plus 2,3 Prozent im September. Im Baugewerbe erhöhte sich die Produktion um 1,6 Prozent und die Energieerzeuger stieg im Monatsvergleich um vier Prozent. In der Summe stieg die Produktion des Produzierenden Gewerbes im Oktober 2020 gegenüber September um 3,2 Prozent. Der Vorjahresvergleich weist noch ein Minus von drei Prozent aus.
Produktion, Verarbeitendes Gewerbe 110
20
14,8
15 4,8
100
10 5 0
90
-5
-1,9
-10 -15
80
-20 -18,8
70 2016
2017
2018
2019
-25 -30
2020
Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich in Prozent (rechte Achse) Index des Verarbeitenden Gewerbes, 2-Monatsdurchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse) Veränderung im Vergleich zum Vorquartal (q-o-q), in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt
Neben der Veröffentlichung der Oktober-Daten hat das Statistische Bundesamt auch eine Aufwärtsrevision der September-Werte von bisher plus 1,6 Prozent auf nunmehr plus 2,3 Prozent vorgenommen. Somit stieg im dritten Quartal 2020 die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe gegenüber dem zweiten Quartal saison- und kalenderbereinigt um 14,8 Prozent. Damit wurde zwar die Negativserie mit acht Quartals-Rückgängen in Folge beendet. Im Vorjahresvergleich sank die Produktion bereits das neunte Quartal in Folge und mit minus 10,1 Prozent erneut recht deutlich. Die Energieerzeugung stieg saison- und kalenderbereinigt gegenüber dem zweiten Quartal um 5,8 Prozent an. Der Vergleich zum Vorjahreszeitraum weist ein Minus von 4,9 Prozent aus. Erstmals seit dem Jahr 2018 verzeichnete das Baugewerbe Produktionseinbußen (minus zwei Prozent im Vorquartalsvergleich) und verfehlte gleichzeitig das Vorjahresergebnis um 0,4 Prozent. Am Bau bremste nicht das Corona-Virus, sondern Personalknappheit im Ausbaugewerbe die Aktivitäten aus. In den einzelnen industriellen Hauptgruppen erhöhten die Hersteller von Vorleistungsgütern im dritten Quartal ihre Produktion gegenüber dem Vorquartal um 10,3 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
verminderte sich der Ausstoß jedoch um 7,5 Prozent. Die Investitionsgüterproduktion legte im Vergleich zum Vorquartal um 21,9 Prozent deutlich zu. Die bisher höchste Zuwachsrate von knapp acht Prozent wurde im Jahr 2010 erzielt. Der Vorjahresvergleich weist allerdings noch ein deutliches Minus von 15,4 Prozent aus. Die Konsumgüterproduktion stieg im Vergleich zum Vorquartal um 8,3 Prozent und verfehlte das Vorjahresergebnis mit minus 1,5 Prozent nur knapp. Das Verarbeitenden Gewerbe hat in den Sommermonaten weiteren Boden gutgemacht. Am aktuellen Rand hat das Wachstumstempo sogar zugenommen. Dennoch wurde in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres das Produktionsniveau des Vorjahreszeitraums um 11,6 Prozent verfehlt. Der Start ins vierte Quartal ist kräftig ausfallen. Laut ifo-Institut sind sowohl die Kapazitätsauslastung als auch Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbe weiter gestiegen. Die Produktionslücke könnte sich zum Jahresende noch etwas vermindern. Produktionsentwicklung im Produzierenden Gewerbe Vergleich zum Vorjahr in Prozent 2018 2019 2020 Jahr Q1 Q2 Q3 Ursprungswerte kalenderbereinigt
Vergleich zum Vorzeitraum in Prozent 2020 Q1 Q2 Q3 Aug Sep Okt saison- und kalenderbereinigt
Produzierendes Gewerbe
0,9
-3,3
-5,0
-18,1
-8,3
-1,0
-15,7
11,0
0,5
2,3
3,2
Industrie
1,1
-4,2
-6,6
-22,2
-10,1
-1,9
-18,8
14,8
0,1
2,3
3,1
Vorleistungsgüter
0,6
-3,6
-3,5
-17,2
-7,5
1,0
-16,3
10,3
3,4
1,7
4,0
Investitionsgüter
0,9
-4,5
-10,8
-30,6
-15,4
-5,0
-24,6
21,9
-2,3
2,6
5,2
Konsumgüter
2,9
-4,7
-2,3
-10,1
-1,5
-0,4
-9,0
8,3
-1,0
2,9
-2,4
Energie
-1,5
-7,2
-8,2
-13,0
-4,9
-2,2
-10,8
5,8
2,2
2,7
4,0
Baugewerbe
0,2
3,3
6,8
1,7
-0,4
4,9
-3,2
-2,0
2,0
2,1
1,6
Bauhauptgewerbe
7,7
5,9
9,0
3,8
2,9
4,6
-1,9
-0,4
-0,4
1,6
-0,8
Ausbaugewerbe
-5,5
1,0
4,8
-0,4
-3,5
5,1
-4,4
3,5
4,4
2,7
3,7
Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
Kapazitätsauslastung normalisiert sich langsam Die seit Frühsommer steigende Industrieproduktion ging einher mit einer höheren Kapazitätsauslastung. Nach Angaben des ifo Institutes stieg im Verarbeitenden Gewerbe zu Beginn des vierten Quartals der Auslastungsgrad der Maschinen um 4,5 Prozentpunkte auf 79,8 Prozent. Trotz des kräftigen Anstiegs sind die Kapazitäten noch immer um 4,4 Prozentpunkte geringer ausgelastet als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Der Auslastungsgrad im Verarbeitenden Gewerbe ohne Ernährungsindustrie stieg um 5,2 Prozentpunkte auf 79,9 Prozent, liegt damit noch 4,6 Prozentpunkte unter dem Zehnjahresdurchschnitt. Blickt man auf einzelne Branchen verbuchte der Fahrzeugbau eine deutliche Erholung. Mit 86,3 Prozent liegt die Auslastung nur noch knapp unter dem Zehnjahresmittel. Bei
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
den Herstellern von Datenverarbeitungsgeräten, chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen stieg der Auslastungsgrad der Maschinen jeweils auf über 80 Prozent. Noch immer deutlich unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre ist der Auslastungsgrad im Textilgewerbe (73 Prozent), im Maschinenbau (77,2 Prozent) und in der metallverarbeitenden Industrie (75,2 Prozent). Gut ausgelastet sind die Kapazitäten in der Möbelindustrie. Trotz leichtem Rückgang lag die Auslastung der Maschinen im vierten Quartal oberhalb des Zehnjahresdurchschnitts. Weiterhin Umsatzeinbußen im Verarbeitenden Gewerbe Im dritten Quartal haben sich die Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe zwar etwas erholt. Der Vorjahresvergleich weist aber immer noch einen Rückgang von 8,3 Prozent aus, nach minus 23,8 Prozent im zweiten Quartal. Der Inlandsumsatz ging dabei mit minus 7,3 Prozent nicht ganz so stark zurück wie der aus dem Auslandsgeschäft mit minus 9,3 Prozent. Während in den Monaten Juli (minus 10,1 Prozent) und August (minus 11,7 Prozent) die Umsatzeinbußen noch zweistellig waren, verminderte sich der Abstand zum Vorjahresniveau im September auf nur noch 3,6 Prozent. Für die ersten neun Monate des Jahres 2020 ergibt sich daraus im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Umsatzrückgang von 12,1 Prozent (Inland: minus 9,9 Prozent; Ausland: minus 14,2 Prozent). Unter den einzelnen Branchen verbuchten die Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen per September Umsatzrückgänge von 20,8 Prozent. Im sonstigen Fahrzeugbau waren es minus 13 Prozent. Die Hersteller von Textilien, Bekleidung und Lederwaren hatten in der Summe Umsatzeinbußen von 13,7 Prozent zu verkraften. Im Maschinenbau und in der Metallerzeugung und -bearbeitung betrug das Umsatzminus jeweils 13 Prozent. Rückgänge im einstelligen Bereich verzeichneten die Elektroindustrie (minus 9,6 Prozent), die Pharmaindustrie (minus 9,8 Prozent) und die Chemieindustrie (minus 5,8 Prozent). Die Hersteller von Nahrungs- und Futtermitteln konnten inklusive der Herstellung von Getränken und Tabakwaren ihre Umsätze laut Statistischem Bundesamt in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres sogar leicht steigern (plus 1,6 Prozent). Umsatz* im Verarbeitenden Gewerbe von Januar bis September 2020 Nahrung, Getränke, Tabak
1,6
Glas, Keramik, Steine, Erden
-1,1
Chemie
-5,8
Papier u. Pappe
-9,2
Elektroindustrie
-9,6
Pharmazie
-9,8
Verarbeitendes Gewerbe
-12,1
Metallherstellung und Verarbeitung
-12,8
Maschienenbau
-12,8
sonstiger Fahrzeugbau
-13,0
Textil Bekleidung Leder Fahrzeugbau
-13,7 -20,8
*Veränderung in Prozent zum Vorjahreszeitraum Quelle: Statistisches Bundesamt
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
Ifo-Geschäftsklima: Teil-Lockdown drückt auf die Stimmung Der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland sank im November das zweite Mal in Folge. Im Oktober war die Stimmungseintrübung allein auf die pessimistischen Erwartungen der Unternehmen zurückzuführen. Im November schätzten sie auch ihre aktuelle Lage weniger gut ein. Jetzt drückt die zweite Corona-Welle in weiten Teilen der gewerblichen Wirtschaft auf die Stimmung. Unter den einzelnen Sektoren sank das Geschäftsklima im Dienstleistungssektor das dritte Mal in Folge. Im November sogar so stark, dass der Index erstmals seit Juni wieder im negativen Bereich liegt. Auch im Handel hat sich das Geschäftsklima erheblich verschlechtert. Lage und Stimmung trübten sich merklich ein, insbesondere im Einzelhandel. Auch das Bauhauptgewerbe konnte sich nicht dem Negativtrend entziehen. Das Geschäftsklima gab erstmals seit zwei Monaten etwas nach. Zwar waren wieder mehr Bauunternehmen mit ihrer aktuellen Lage zufrieden, dafür haben sich aber die Erwartungen für die kommenden sechs Monate weiter eingetrübt. Einziger Lichtblick im November war das Verarbeitende Gewerbe, wo sich das Geschäftsklima sogar noch einmal leicht verbesserte. Verantwortlich dafür war die Lagekomponente, die nicht nur einen deutlichen Satz nach oben machte. Erstmals seit Februar 2020 beurteilte auch die Mehrheit der befragten Unternehmen ihre aktuelle Lage als gut. Leider herrscht auch in der Industrie nicht eitel Sonnenschein. Die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate haben sich weiter eingetrübt. Auch die Exporterwartungen gaben erneut nach und werden erstmals seit Juni von der Mehrheit der Unternehmen nicht mehr positiv eingeschätzt.
ifo Konjunktur-Uhr Deutschland ifo Geschäftsklima-Index im Verarbeitenden Gewerbe*
30
Erwartungen für die nächsten 6 Monate
20
Jan 2011
Aufschwung
Boom
Jan 2014
10
Jan 2018
November Jan 2020 2017 Jan 2016 Jan Jan 2015 Jan 2012 2020 Jan Jan 2019 2013
Jan 2010
0 -10 -20 -30 -40 -50
Jan 2009 Abschwung
Rezession
-60 -60
-50
-40
* Salden, saisonbereinigt
-30
-20
-10
0
10
20
30
40
50
60
Beurteilung der Geschäftslage
Quelle: ifo Institut
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
Perspektiven Jo-Jo Konjunktur in Deutschland? Im Jahr 2020 erlebt die deutsche Wirtschaft eine Jo-Jo-Konjunktur. Nach dem stärksten Konjunktureinbruch seit Beginn der Vierteljahresrechnung vor 50 Jahren erfolgte im dritten Quartal ein kräftiger Rückpralleffekt, der deutlich stärker ausfiel als von uns erwartet. Wir nehmen daher an einigen Stellen eine Korrektur unserer Wachstumsprognose vom September dieses Jahres vor (BDI 2020). Beim Privaten Konsum hat es in den Sommermonaten eine deutliche Erholung gegeben. Die zeitliche befristete Senkung der Mehrwertsteuersätze, aber auch die Bonuszahlungen für kindergeldberechtigte Haushalte dürften hier stützend gewirkt haben. Außerdem hat sich für die Verbraucher die Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter entspannt. Die Zahl der Kurzarbeiter ist bis einschließlich September sogar kontinuierlich gesunken. Der Anstieg der Konsumausgaben fiel im dritten Quartal mit plus 10,8 Prozent im Vorquartalsvergleich entsprechend kräftig aus. Der Erholungsprozess wird allerdings durch den seit November bestehenden Teil- Lockdown jäh beendet. Dies dürfte vor allem den Konsum im Hotel- und Gaststättenbereich sowie von kultur- und freizeitbezogenen Dienstleistungen massiv beinträchtigen. Wir senken daher unsere Prognose für die Konsumausgaben der privaten Haushalte für das laufende Jahr auf minus sechs Prozent. Der öffentliche Konsum ist bis dato weniger stark gestiegen als von uns prognostiziert. Da bis zum Jahresende mit keinen wesentlichen Änderungen bei den Ausgabeaktivitäten der öffentlichen Hand zu erwarten sind, rechnen wir jetzt nur noch mit einem realen Anstieg des Staatsverbrauchs um vier Prozent. In der Summe dürften die Konsumausgaben in diesem Jahr um real 2,4 Prozent sinken. Die Ausrüstungsinvestitionen sind im zweiten Quartal um nahezu ein Viertel geschrumpft. Im dritten Quartal fand jedoch eine deutliche Gegenbewegung statt, in der mehr als 90 Prozent des Rückgangs aus dem Vorquartal wieder aufgeholt wurde. Diesen starken Rückpralleffekt zu Beginn der zweiten Jahreshälfte war so nicht vorhersehbar. Mit dem Anziehen der Produktion hat sich auch die Kapazitätsauslastung in der Industrie deutlich erhöht und liegt nur geringfügig unterhalb des langjährigen Durchschnitts. Die aus dem Inland stammende Nachfrage nach Investitionsgütern lag zu Beginn des vierten Quartals nur noch leicht unter dem Niveau des Vorjahres. Wir rechnen daher bei den Ausrüstungsinvestitionen im Jahresergebnis nur noch mit einem Rückgang um 13 Prozent. Die Bauinvestitionen sind zwar im dritten Quartal im Vorjahresvergleich gesunken. Der Anstieg im ersten Halbjahr war aber so kräftig, dass diese Wachstumspause ein positives Jahresergebnis nicht gefährden dürfte. Zudem ist im Oktober und November die Auslastung der Maschinen wieder gestiegen und liegt deutlich über dem langjährigen Durchschnitt. Wir halten daher an unserer Wachstumsprognose fest und rechnen weiterhin mit einem Anstieg der Bauinvestitionen um zwei Prozent in diesem Jahr nunmehr. Die Investitionen in sonstige Anlagen (Software, Forschung und Entwicklung) haben im Gegensatz zu unseren Einschätzungen im zweiten und dritten Quartal wieder zugenommen. Wir revidieren unsere Prognose daher nach und rechnen nur noch mit einem Rückgang um 1,5 Prozent. In der Summe ergibt sich für die Bruttoanlageinvestitionen ein Rückgang um 3,6 Prozent. In den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres sanken die Exporte im Vorjahrsvergleich um 11,5 Prozent und damit geringer als noch im Herbst von uns erwartet. Verantwortlich hierfür war vor allem die wider Erwarten starke Erholung bei unseren Handelspartnern in der EU. Gleichzeitig hat auch das Chinageschäft kräftig angezogen. Im Juni lagen die deutschen Exporte dorthin wieder über Vorjahresniveau. Diese Entwicklungen haben uns veranlasst unsere Wachstumsprognose für die realen Exporte auf nunmehr nur noch minus elf Prozent zu korrigieren. Bei den Importen rechnen wir
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
gleichzeitig nur noch mit einem Rückgang um neun Prozent. Vom Außenbeitrag geht nunmehr ein negativer Wachstumsimpuls von 1,6 Prozentpunkten aus. Alles in allem rechnen wir für das Jahr 2020 nur noch mit einem Rückgang der realen Wirtschaftsleistung um fünf Prozent gegenüber Vorjahr. BDI-Prognose für 2020: Veränderung der realen Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorjahr in Prozent IST
BDI
Bundesregierung
2019
2020
2020
Europäische Kommission 2020
Bruttoinlandsprodukt
0,6
-5,0
-6,3
-5,6
Konsumausgaben
1,9
-3,4
-
-
- Private Konsumausgaben
1,6
-6,0
-7,4
-7,2
- Staatsverbrauch
2,7
4,0
3,7
3,5
2,5
-3,6
-5,0
-3,8
- Ausrüstungsinvestitionen
0,5
-13,0
-15,1
-15,7
- Bauinvestitionen
3,8
2,0
-1,0
-
- Sonstige Anlagen
2,7
-1,5
2,0
-
Exporte
1,0
-11,0
-11,0
-9,7
Importe
2,6
-9,0
-8,2
-6,8
Außenbeitrag, Wachstumsleistung
-0,6
-1,6
-2,1
-1,7
Bruttoanlageinvestitionen
Quellen: Statistisches Bundesamt, Bundesregierung (Mai 2020) Europäische Kommission (November 2020), eigene Berechnungen
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
Quellenverzeichnis BDI (2020). Quartalsbericht Deutschland III / 2020. Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten. 17. September 2020. Berlin
Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29 10178 Berlin T: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Autoren Dr. Klaus Günter Deutsch T: +49 30 2028-1591 k.deutsch@bdi.eu Thomas Hüne T: +49 30 2028-1592 t.huene@bdi.eu Redaktion/Grafiken Marta Gancarek T: +49 30 2028-1588 m.gancarek@bdi.eu
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Nach Rekordanstieg des BIP im dritten Quartal 2020 | Tempo der Erholung nimmt ab 09/12/2020
Grunddaten zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen Verwendung des Bruttoinlandsproduktes (preis-, saison- und kalenderbereinigt) Veränderung zum Vorzeitraum in Prozent 2019 2018
2020
2019
Q3
Q4
Q1
Q2
Q3
1,3
1,9
0,6
0,1
-1,4
-7,3
7,6
-Private Konsumausgaben
1,3
1,6
0,3
0,1
-2,3
-11,1
10,8
-Konsumausgaben des Staates
1,4
2,7
1,4
0,3
0,8
2,2
0,8
3,5
2,5
-0,1
-0,2
-0,4
-6,6
3,6
-Ausrüstungsinvestitionen
4,4
0,4
-1,4
-2,0
-7,0
-15,1
16,0
-Bauinvestitionen
2,5
3,8
0,3
0,4
5,1
-4,3
-2,0
-sonstige Anlagen
4,3
2,7
1,2
1,1
-4,1
0,6
1,9
Inländische Verwendung
2,1
1,2
-0,3
0,3
-1,2
-7,2
4,7
Exporte
2,1
1,0
1,3
-0,3
-3,3
-20,5
18,1
Importe
3,6
2,5
0,0
0,3
-1,9
-15,9
9,1
Insgesamt
1,3
0,6
0,3
0,0
-1,9
-9,8
8,5
Konsumausgaben
Bruttoanlageinvestitionen
Wachstumsbeiträge zum preisbereinigten BIP (in Prozentpunkten) Konsumausgaben
1,0
1,3
0,4
0,1
-1,0
-5,4
5,8
-Private Konsumausgaben
0,7
0,8
0,1
0,0
-1,2
-5,8
5,6
-Konsumausgaben des Staates
0,3
0,5
0,3
0,1
0,2
0,5
0,2
0,7
0,5
0,0
-0,1
-0,1
-1,5
0,8
-Ausrüstungsinvestitionen
0,3
0,0
-0,1
-0,1
-0,5
-1,0
1,0
-Bauinvestitionen
0,3
0,4
0,0
0,1
0,6
-0,5
-0,2
-sonstige Anlagen
0,2
0,1
0,1
0,0
-0,2
0,0
0,1
Vorratsveränderungen u. Ä.
0,3
-0,9
-0,7
0,2
0,0
-0,1
-2,0
Inländische Verwendung
2,0
1,0
-0,3
0,2
-1,1
-6,9
4,6
-0,4
-0,4
0,6
-0,3
-0,8
-2,9
3,9
Bruttoanlageinvestitionen
Außenbeitrag Quelle: Destatis
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