QII-2021 QUARTALSBERICHT DEUTSCHLAND
Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten
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Die reale Wirtschaftsleistung ist im ersten Quartal 2021 im Vergleich zum Vorzeitraum um 1,8 Prozent gesunken. Mit zunehmenden Lockerungen dürfte die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal aber wieder auf Wachstumskurs einschwenken.
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Die Konsumausgaben der Privaten Haushalte sind im ersten Quartal um mehr als neun Prozent eingebrochen. Nur im zweiten Quartal des vergangenen Jahres war der Einbruch mit mehr als dreizehn Prozent noch stärker.
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Außenhandel hat zu Jahresbeginn langsam Fahrt aufgenommen. Der Handel mit China und den EU-Partnerländern entwickelt sich robust.
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Industrie zeigte sich von dritter Pandemiewelle unbeeindruckt. Der Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe liegt das zweite Quartal in Folge über Vorjahresniveau. Kapazitäten in der Industrie bereits höher ausgelastet als vor der Krise.
Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
Inhaltsverzeichnis Konjunktur in Deutschland ................................................................................................................ 3 Dritte Pandemie-Welle bremst wirtschaftliche Erholung zu Jahresbeginn aus ..................................... 3 Außenhandel nach Ländern: ................................................................................................................. 4 Arbeitsmarkt: Folgen der Corona-Krise nehmen weiter ab ................................................................... 6 Auftragseingang in der Industrie weiter aufwärtsgerichtet .................................................................... 7 Industrieproduktion ab Mitte März im Sinkflug ...................................................................................... 9 Kapazitätsauslastung in großen Teilen der Industrie wieder höher als vor der Krise ......................... 10 Umsatz noch nicht wieder auf Vorkrisenniveau .................................................................................. 11 Geschäftsklima: Stimmung könnte kaum besser sein ........................................................................ 12 Perspektiven ...................................................................................................................................... 13 Impressum ......................................................................................................................................... 15 Grunddaten zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen .................................................. 16
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Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
Konjunktur in Deutschland Dritte Pandemie-Welle bremst wirtschaftliche Erholung zu Jahresbeginn aus Durch die dritte Corona-Welle ist die wirtschaftliche Erholung zu Beginn des laufenden Jahres ins Stocken geraten. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im ersten Quartal 2021 gegenüber dem vierten Quartal 2020 saison- und kalenderbereinigt um 1,8 Prozent, nachdem sich die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte des Vorjahres zunächst wieder erholt hatte. Auch im Vorjahresvergleich ist die Wirtschaftsleistung zurückgegangen. Das reale BIP sank gegenüber dem ersten Quartal 2020 kalenderbereinigt um 3,1 Prozent. Verglichen mit dem vierten Quartal 2019, dem Quartal vor Ausbruch der Pandemie, war die Wirtschaftsleistung fünf Prozent geringer. Im europäischen Vergleich hatte Spanien zu Jahresbeginn mit minus 4,3 Prozent noch einen stärkeren BIP-Rückgang im Vorjahresvergleich zu verzeichnen. In Italien war der Rückgang mit minus 1,4 Prozent etwas geringer als der EU-Durchschnitt (minus 1,7 Prozent). Frankreich befindet sich nach dem zweiten BIP-Rückgang in Folge sogar in einer Rezession.
Entwicklung des realen BIP in Prozent 10 8 6 4
2,6 1,3
2
0,6
0 -2 -4 -6
-4,8
-8 -10 -12 I
II
III
IV
I
2017
II
III
IV
2018
I
II
III
IV
I
2019
II
III
2020
IV
I
II
III
IV
2021
Veränderung ggü.Vorjahresquartal Veränderung ggü. Vorquartal, saison- und kalenderbereinigt Veränderung ggü. Vorjahr Quelle: Statistisches Bundesamt
Mit Blick auf die Entstehungsseite des BIP wurde die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal von rund 44,4 Millionen Erwerbstätigen erbracht. Das waren 707.000 Personen oder 1,6 Prozent weniger als vor einem Jahr. Das in Stunden gemessene Arbeitsvolumen sank im Vorjahresvergleich um 4,5 Prozent und war 5,2 Prozent niedriger als im vierten Quartal 2019. In nahezu allen Wirtschaftsbereichen war die Bruttowertschöpfung im ersten Quartal 2021 geringer als im Vorjahr. Die stärksten Rückgänge verzeichneten die sonstigen Dienstleister (minus 13,9 Prozent) und der Bereich Handel, Verkehr und
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Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
Gastgewerbe mit minus 8,2 Prozent. Bei den Unternehmensdienstleistern sank die Wertschöpfung mit minus 5,7 Prozent etwa doppelt so stark wie bei den öffentlichen Dienstleistern (minus drei Prozent). Im Gegensatz zum Beginn der Pandemie ging die Bruttowertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe mit minus 1,2 Prozent nur leicht zurück. Nur im Informations- und Kommunikationssektor und im Grundstück- und Wohnungswesen konnte die Wirtschaftsleistung im Vorjahresvergleich leicht zulegen, so dass im Ergebnis die Bruttowertschöpfung im ersten Quartal 2021 um 3,5 Prozent sank. In der verwendungsseitigen Betrachtung bremsten vor allem die Konsumausgaben das Wirtschaftswachstum aus. Die privaten Konsumausgaben gingen im ersten Quartal 2021 preisbereinigt um 9,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück. Nur im zweiten Quartal 2020 war der Einbruch mit minus 13,3 Prozent noch stärker. Die Konsumenten schränkten vor allem ihre Ausgaben für Beherbergungsund Gaststättendienstleistungen ein, die sich mit minus 56,2 Prozent mehr als halbierten. Ebenfalls deutlich reduziert haben sich die Ausgaben für Bekleidung und Schuhe (minus 23,7 Prozent), für Freizeit, Unterhaltung und Kultur (minus 17,6 Prozent) sowie für Verkehr und Nachrichtenübermittlung (minus 10,8 Prozent). Während die Ausgaben für Wohnen, Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände trotz Pandemie im vergangenen Jahr noch gestiegen waren, sanken sie zu Jahresbeginn mit minus 7,1 Prozent deutlich. Leicht gestiegen sind die Ausgaben für Nahrungs- und Genussmittel sowie für Wohnung, Wasser, Strom und Heizung. Entgegen dem Trend stiegen die staatlichen Konsumausgaben um 2,5 Prozent, so dass in der Summe der Konsum das Wirtschaftswachstum nur um 4,1 Prozentpunkte ausbremste. Nach dem leichten Anstieg am Jahresende 2020 sind die Bruttoanlageinvestitionen im ersten Quartal 2021 im Vorjahresvergleich in realer Rechnung um 1,1 Prozent gesunken. Bei den Bauinvestitionen war bei Wohn- und Nichtwohnbauten ein Rückgang um 1,6 Prozent zu verzeichnen. Die Investitionen in sonstige Anlagen (Patente; Lizenzen) verminderten sich um 0,7 Prozent. Die Ausrüstungsinvestitionen gingen im Vorjahresvergleich das sechste Quartal in Folge zurück, wobei der Rückgang mit minus 0,7 Prozent zuletzt moderat ausfiel. In der Summe bremsten die Investitionen das BIP-Wachstum mit 0,2 Prozentpunkten nur leicht aus. Der Export von Waren und Dienstleistungen ging im ersten Quartal preisbereinigt mit minus 0,6 Prozent leicht zurück. Während Warenausfuhren im Vorjahresvergleich um 2,6 Prozent zulegten, sanken die Dienstleistungsexporte mit minus 14,6 Prozent deutlich. Spiegelbildlich war die Entwicklung bei den Importen, die sich um insgesamt drei Prozent verminderten. Zwar nahm der Bezug von Waren um zwei Prozent zu. Dafür brachen die Dienstleistungsimporte im gleichen Zeitraum um etwas mehr als ein Fünftel ein. Da sich die Importe stärker verminderten als die Exporte wirkte sich der hieraus resultierende Außenbeitrag mit 0,9 Prozentpunkten positiv auf das BIP-Wachstum aus. Außenhandel nach Ländern Im ersten Quartal 2021 sind die Exporte von Waren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nach vorläufigen Berechnungen (saisonbereinigte Werte mit Länderdifferenzierungen sind nicht verfügbar) um insgesamt 8,09 Milliarden Euro oder 2,5 Prozent gestiegen. Zur Erholung hat vor allem das Ausfuhrgeschäft nach China beigetragen. Die Exporte dorthin stiegen um 4,80 Milliarden Euro oder 22,3 Prozent und konnten damit den Rückgang aus dem Vorjahr mehr als kompensieren. Ebenfalls überdurchschnittlich gestiegen sind die Ausfuhren in die Niederlande (plus 1,97 Milliarden Euro bzw. 8,8 Prozent), nach Italien (plus 1,75 Milliarden Euro bzw. 10,7 Prozent) und nach Polen (plus 1,75 Milliarden Euro bzw. 10,7 Prozent). Die Ausfuhren in die USA legten mit plus 1,1 Prozent nur unterdurchschnittlich zu. Der mit Abstand stärkste Rückgang betraf den Handel mit Großbritannien. Die Exporte auf die
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Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
Insel gingen um 3,4 Milliarden Euro bzw. 17,4 Prozent zurück. Um knapp ein Fünftel sanken auch die Ausfuhren nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate.
Deutsche Ex- und Importe im ersten Quartal 2021 nach ausgewählten Ländern Veränderung gegenüber Vorjahresquartal Exporte Ab- (-) bzw. Zunahme (+)
Importe Ab- (-) bzw. Zunahme (+)
in Million Euro
in %
in Million Euro
in %
China
21 516
+ 4 800
+
22,3
China
25 818
+ 6 340
+ 24,6
Niederlande
22 332
+ 1 967
+
8,8
Polen
14 485
+ 2 151
+ 14,9
Italien
16 416
+ 1 749
+
10,7
Italien
14 095
+ 1 380
+
Polen
17 094
+ 1 617
+
9,5
Tschechien
11 253
+ 1 171
+ 10,4
Österreich
15 994
+
761
+
4,8
Slowakei
3 708
+
868
+ 23,4
Belgien
11 552
+
588
+
5,1
Österreich
10 518
+
803
+
0
+
416
+
Norwegen
2 636
+
711
+ 27,0
3 595
+
334
+
9,3
Südafrika
2 393
+
642
+ 26,8
Tschechien
10 962
+
331
+
3,0
Ungarn
7 041
+
500
+
7,1
USA
28 772
+
308
+
1,1
Spanien
8 263
+
472
+
5,7
Japan
4 884
-
316
-
6,4
Schweiz
12 466
-
609
-
4,9
Saudi-Arabien
1 699
-
327
-
19,3
Singapur
1 472
-
634
- 43,1
V.A. Emirate
1 723
-
349
-
20,3
Frankreich
16 069
-
729
-
Kanada
2 873
-
510
-
17,7
Japan
6 068
-
731
- 12,1
Südkorea
5 217
-
574
-
11,0
USA
18 573
- 2 020
- 10,9
19 677
- 3 430
-
17,4
Großbritannien
10 428
- 2 885
- 27,7
324 725
+ 8 093
+
2,5
273 507
+ 7 124
+
VGB* Slowakei
Großbritannien Insgesamt
Insgesamt
9,8
7,6
4,5
2,6
* Britische Jungferninseln Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
Die deutschen Importe sind im ersten Quartal 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um insgesamt 7,12 Milliarden Euro oder 2,6 Prozent gestiegen. Der nominal stärkste Zuwachs (plus 6,34 Milliarden Euro bzw. plus 24,6 Prozent) stammte dabei aus dem Chinageschäft. Mit plus 4,69 Milliarden
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Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
Euro oder 12,9 Prozent sind auch die Einfuhren aus den Visegrád-Staaten deutlich gestiegen. Überdurchschnittlich entwickelten sich auch die Importe aus den Euro-Mitgliedstaaten Italien (plus 9,8 Prozent), Österreich (plus 7,6 Prozent) und Spanien mit plus 5,7 Prozent sowie aus den Drittstaaten Norwegen und Südafrika. Die Einfuhren aus Großbritannien sind mit minus 27,7 Prozent bzw. 2,88 Milliarden Euro um mehr als ein Viertel eingebrochen. Die Importe aus den USA verminderten sich mit minus 2,02 Milliarden Euro um etwas mehr als ein Zehntel. Arbeitsmarkt: Folgen der Corona-Krise nehmen weiter ab Mit Beginn des Frühjahres sind erste Anzeichen einer Belebung auf dem Arbeitsmarkt zu erkennen. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Erwerbstätigen im April dieses Jahres saisonbereinigt um 10.000 gestiegen, nach einem Zuwachs um 18.000 im März. Im Vergleich zu April 2020 sank die Zahl der Erwerbstätigen allerdings um 231.000 oder 0,5 Prozent auf nunmehr 44,5 Millionen. Auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat am aktuellen Rand zugenommen. Nach Hochrechnungen der Bundesagentur waren im März 2021 (letzter verfügbarer Wert) insgesamt 33,62 Millionen Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren in saisonbereinigter Betrachtung 38.000 Personen mehr als im Februar, jedoch 15.700 Personen weniger als vor einem Jahr. Die sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung nahm dabei im Vorjahresvergleich um 73.000 oder 0,3 Prozent ab, während die sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung um 57.000 oder 0,6 Prozent zulegen konnte. Arbeitsmarkt in Deutschland* 34
4 Arbeitslose (rechte Achse) 3
32 2 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (linke Achse) 1 30 0
28
2013 2012
2014 2013
2015 2014
2016 2015
2017 2016
2018 2017
2019
2020
2 2021
-1
Veränderung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zum Vorjahresmonat (rechte Achse) *saisonbereinigt in Million Quelle: Bundesagentur für Arbeit
Die sonstigen Formen der Erwerbstätigkeit haben im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich stärker abgenommen als die der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger sank im ersten Quartal 2021 um 179.000 oder 4,4 Prozent auf 3,90 Millionen. Die Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten hat sich nach ersten Hochrechnungen der Bundesagentur im März um 325.000 oder 7,5 Prozent auf
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Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
4,02 Millionen verringert. Die Zahl der Arbeitslosen sank im Mai um 125.800 oder 4,5 Prozent auf 2,69 Millionen (Vorjahresvergleich). In der saisonbereinigten Betrachtung gingen die Arbeitslosenzahlen um 15.000 zurück, nachdem im April ein Anstieg um 8.000 zu verzeichnen war. Die Arbeitslosenquote lag im Mai 2021 nach Systematik der Bundesagentur bei sechs Prozent und nach ILO-Systematik bei einem Wert von 4,4 Prozent. Das Instrument der Kurzarbeit wurde im März 2021 für 2,61 Millionen Arbeitnehmer in Anspruch genommen. Damit befanden sich nach vorläufigen Angaben 7,7 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im März in Kurzarbeit. Der durchschnittliche Arbeitsausfall belief sich in diesem Monat auf 56 Prozent, so dass mit dem Einsatz von Kurzarbeit rechnerisch Arbeitsplätze für 1,46 Millionen Beschäftigte gesichert wurden. Auftragseingang in der Industrie weiter aufwärtsgerichtet Der Ausbruch der Corona-Pandemie zu Beginn des vergangenen Jahres hatte sich erstmals im März 2020 in den Auftragsbüchern niedergeschlagen, bevor es im April zu einem regelrechten Einbruch kam. Im März und April dieses Jahres setzte ein entsprechender Rückpralleffekt ein. Zwar sind die Auftragseingänge in der Industrie im April 2021 im Vergleich zum Vormonat saison- und kalenderbereinigt um 0,2 Prozent gesunken. Bereinigt um Großaufträge gingen jedoch 1,5 Prozent mehr Bestellungen ein als im Vormonat. Zudem erfolgte eine kräftige Aufwärtsrevision der vorläufigen Ergebnisse für den Monat März. Im Vergleich zum Tiefpunkt im April 2020 gingen am aktuellen Rand 78,9 Prozent mehr Aufträge ein als vor einem Jahr. Der Auftragseinbruch des vergangenen Jahres wurde damit mehr als wettgemacht. Zum Vergleich: Vor einem Jahr sank der Auftragseingang in der Industrie im April im Vorjahresvergleich „nur“ um 38,4 Prozent.
Auftragseingang, Verarbeitendes Gewerbe 115
35
32,1
110
25
105 15
100
7,5 2,8
95
2,9
5
90 -5
85 80
-15
75 -25
70 65
-35 2017
2018
2019
2020
2021
Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich, in Prozent (rechte Achse) Index des Verabeitenden Gewerbes, 2-Monats-Durchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse) Veränderung im Vergleich zum Vorquartal (q-o-q), in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt
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Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
Das Ergebnis für das erste Quartal 2021 weist kalender- und saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal ein Plus von 2,8 Prozent aus. Die Auslandsnachfrage stieg dabei mit plus 3,3 Prozent etwas stärker an als die aus dem Inland mit plus 2,1 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Nachfrage um 11,7 Prozent, wobei sich Inlands- und Auslandsnachfrage ähnlich stark entwickelten. Unter den einzelnen Hauptgütergruppen gingen bei den Herstellern von Vorleistungsgütern im ersten Quartal 2021 im Vergleich zum Vorquartal 4,9 Prozent mehr Aufträge ein. Der Vorjahresvergleich weist ein kräftiges Plus von zwölf Prozent aus. Die Nachfrage aus dem Inland stieg mit plus 12,9 Prozent deutlich stärker als die aus dem Ausland mit plus 11,2 Prozent. Die Nachfrage nach Investitionsgütern legte im ersten Quartal 2021 nur noch leicht zu. Im Vergleich zum vierten Quartal 2020 betrug das Plus 1,8 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr gingen mit plus dreizehn Prozent deutlich mehr Aufträge ein. Dabei erhöhten die inländischen Unternehmen ihre Ordertätigkeit mit plus 11,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr nicht ganz so stark wie die ausländischen (plus 13,8 Prozent). Bei den Konsumgüterproduzenten stiegen die Bestellungen im ersten Quartal 2021 im Vergleich zum Vorquartal mit 0,3 Prozent kaum. Im Vergleich zum Vorjahr betrug das Auftragsplus nur 1,7 Prozent. Während die Nachfrage aus dem Inland um 3,23 Prozent zurückging, gingen aus dem Ausland fünf Prozent mehr Aufträge ein als vor einem Jahr. Der zuletzt stark gestiegene Ordereingang hat die Auftragsbücher kräftig gefüllt. Nach Angaben des ifo Instituts erhöhte sich die Reichweite des Auftragsbestands im Verarbeitenden Gewerbe zu Beginn des zweiten Quartals 2021 auf 3,5 Produktionsmonate und stellte damit den Rekord aus der ersten Jahreshälfte 2018 ein. Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern stieg das Auftragspolster um 0,6 auf 3,1 Produktionsmonate an. Investitionsgüterherstellern benötigen nunmehr 4,4 Produktionsmonate. Bei den Konsumgüterproduzenten blieb der Auftragsbestand unverändert bei zwei Monaten. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg der Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe im März 2021 den zehnten Monat in Folge. Die offenen Aufträge aus dem Inland erhöhten sich um 1,9 Prozent, die aus dem Ausland um 1,2 Prozent. Damit war Auftragsbestand nach mehr als einem Jahr Pandemie saison- und kalenderbereinigt 8,3 Prozent höher als vor dem Beginn der Einschränkungen im Februar 2020.
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Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
Industrieproduktion gerät im April ins Stocken Im April sank nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe saison- und kalenderbereinigt um 0,6 Prozent. Der Vorjahresvergleich weist aufgrund des Basiseffektes (im April 2020 erreichte der pandemiebedingte Konjunkturein bruch seinen Tiefpunkt) einen Anstieg um 34,2 Prozent aus. Die Energieerzeugung stieg im April gegenüber März um sechs Prozent und im Vergleich zum Vorjahr um 19,5 Prozent. Im Baugewerbe nahmen die Aktivitäten im Vergleich zum Vormonat um 4,3 Prozent ab. Da die pandemiebedingten Einschränkungen am Bau im letzten Jahr sehr gering waren, stieg die Produktion im Vorjahresvergleich mit plus 1,3 Prozent nur leicht an. Für das Produzierende Gewerbe ergab sich im April 2021 ein Rückgang der Produktion um minus ein Prozent. Der Vorjahresvergleich lag mit 26,4 Prozent deutlich im Plus. Das Ergebnis für den Monat März wurde leicht nach unten revidiert und weist nur noch ein Anstieg von 2,2 Prozent (bisher 2,5 Prozent) aus. Für das erste Quartal 2021 errechnet sich hieraus ein saison- und kalenderbereinigter Rückgang der Industrieproduktion um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Im Vorjahresvergleich betrug das Minus 1,5 Prozent nach zuvor minus drei Prozent im vierten Quartal 2020. Der Vorjahresvergleich weist damit seit nunmehr elf Quartalen einen Produktionsrückgang aus. Im April kam es zwar zu einem kleinen Dämpfer bei der Industrieproduktion. Die Grundtendenz ist aber weiter aufwärts gerichtet. Die Auftragsbücher in der Industrie sind voll. Weiche Indikatoren, wie der Geschäftsklima- und der Einkaufsmanagerindex signalisieren für die kommenden Monate wieder eine Ausweitung der Produktion.
Produktion, Verarbeitendes Gewerbe 110
20
13,9
15 10
6,4
100
5 0 -0,2
90
-5 -10 -15
80
-20 -25
70
-30 2017
2018
2019
2020
2021
Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich in Prozent (rechte Achse) Index des Verarbeitenden Gewerbes, 2-Monatsdurchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse) Veränderung im Vergleich zum Vorquartal (q-o-q), in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt
Da es im März vor einem Jahr kräftig bergab ging, stellte sich jetzt die Frage, wie stark der Rückpralleffekt ausfallen würde. Das Produktionsplus von zuletzt über fünf Prozent war beachtlich, zumal die pandemiebedingten Einschränkungen im vergangenen Jahr erst in der zweiten Märzhälfte eingesetzt hatten. Die Quartalsdaten legen aber offen, dass es in der Industrie trotz guter Auftragslage und guter Stimmung noch nicht ganz rund läuft. Ein genauerer Blick auf die einzelnen Branchen dürfte mögliche
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Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
Erklärungen liefern. Da sind zum einen die Automobilindustrie und zum Teil auch der sonstige Fahrzeugbau, deren Produktion durch Lieferengpässe beeinträchtigt sind. In der Bekleidungsindustrie und bei den Herstellern von Glas und Keramik dürften eher verstopfte Absatzmärkte die Ursache für die Produktionseinschränkung sein. Im Fahrzeugbau standen im März die Zeichen eindeutig auf Erholung, so dass mit Blick auf das zweite Quartal mit einem kräftigen Anstieg der Produktion in der Industrie zu rechnen ist. Produktionsentwicklung im Produzierenden Gewerbe Vergleich zum Vorjahr in Prozent 2019 2020 2020 2021 Jahr Q3 Q4 Q1 Ursprungswerte kalenderbereinigt
Vergleich zum Vorzeitraum in Prozent 2020 2021 Q3 Q4 Q1 Feb Mrz Apr saison- und kalenderbereinigt
Produzierendes Gewerbe
-3,3
- 7,3
- 8,4
- 1,7
-1,9
10,6
6,0
-1,0
-1,9
2,2
- 1,0
Industrie
-4,2
- 9,6
-10,4
- 3,0
-1,5
13,9
6,4
-0,2
-2,0
0,7
- 0,6
Vorleistungsgüter
-3,6
- 6,1
- 7,5
1,1
2,4
10,1
7,8
2,2
-0,9
0,7
- 0,2
Investitionsgüter
-4,5
-14,6
-15,3
- 6,0
-3,7
21,6
7,7
-2,2
-3,6
0,1
- 0,1
Konsumgüter
-4,7
- 3,7
- 3,6
- 3,4
-4,4
5,4
0,5
-0,9
0,2
2,7
- 3,3
Energie
-7,2
- 7,2
- 2,9
- 2,7
-2,1
8,0
3,0
-1,6
-2,8
0,5
6,0
Baugewerbe
3,3
3,3
- 0,5
5,0
-4,7
- 1,5
5,3
-4,3
-1,4
9,8
- 4,3
Bauhauptgewerbe
5,9
5,9
2,8
2,9
-3,0
- 0,4
0,4
-0,3
-2,3
16,6
-11,6
Ausbaugewerbe
1,0
0,0
- 3,7
6,6
-6,3
- 2,7
10,1
-7,8
-0,4
3,5
3,1
Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
Kapazitätsauslastung in großen Teilen der Industrie wieder höher als vor der Krise Das Hochfahren der Aktivitäten ging einher mit einer deutlich gestiegenen Kapazitätsauslastung. Im Verarbeitenden Gewerbe stieg diese im zweiten Quartal 2021 um 4,2 Prozentpunkte auf nunmehr 86,2 Prozent. Damit sind die Kapazitäten erstmals seit zwei Jahren wieder höher ausgelastet als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Der Auslastungsgrad im Verarbeitenden Gewerbe ohne Ernährungsindustrie stieg im gleichen Zeitraum mit 4,4 Prozentpunkte noch etwas stärker und erreichte damit einem um 2,2 Prozentpunkte höheren Auslastungsgrad als im Zehnjahresdurchschnitt. Unter den einzelnen Branchen zeigte sich ein differenziertes Bild. Im Fahrzeugbau ist der Auslastungsgrad der Maschinen inzwischen 8,1 Prozentpunkte hoher als vor Beginn der Pandemie. In der Chemischen Industrie und bei den Herstellern von Metallerzeugnissen sind es sieben Prozentpunkte. Auch im Maschinenbau und in der Elektroindustrie ist die Auslastung inzwischen höher als vor der Krise. Unter Vorkrisenniveau ist die Kapazitätsauslastung noch bei den Herstellern von Nahrungs- und Genussmitteln (minus 2,6 Prozentpunkte), in der Möbelindustrie (minus 2,1 Prozentpunkte) und in der pharmazeutischen Industrie (minus 1,4 Prozentpunkte). Im Textilgewerbe wurde das Vorkrisenniveau nur knapp verfehlt.
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Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
Umsatz noch nicht wieder auf Vorkrisenniveau Ein Jahr nach dem Beginn der Corona-Pandemie zeigt sich bei der Umsatzentwicklung ein zweigeteiltes Bild. Zwar ist der Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres gegenüber dem Vorjahresquartal um 1,2 Prozent gestiegen. Der Vergleich zum vierten Quartal 2019, dem letzten Quartal vor Ausbruch der Pandemie, weist jedoch noch einen um 3,4 Prozent niedrigeren Umsatz aus. Während im Inlandsgeschäft das Ergebnis aus dem Vorjahr verfehlt wurde, stiegen erstmals seit sieben Quartalen im Auslandsgeschäft die Umsätze wieder an.
Umsatz* im ersten Quartal 2021
Holzverarbeitung
9,7
Elektroindustrie
7,8
Metallherstellung und Verarbeitung
6,4
Fahrzeugbau
5,5
Pharmazie
5,1
Chemie
3,2
Verarbeitendes Gewerbe
1,2
Glas, Keramik, Steine, Erden
1,0
Maschinenbau
-1,4
Papier u. Pappe
-2,5
sonstiger Fahrzeugbau
-5,5
Nahrung, Getränke, Tabak
-7,2
Textil Bekleidung Leder
-7,3
*Veränderung in Prozent zum Vorjahreszeitraum Quelle: Statistisches Bundesamt
Unter den einzelnen Branchen stiegen die Umsätze in der Holzverarbeitenden Industrie mit 9,7 Prozent am stärksten. Mit plus 7,8 Prozent im Vorjahresvergleich erzielte die Elektroindustrie bereits das zweite Quartal in Folge mehr Umsätze als vor Ausbruch der Pandemie. Ebenso die Metall- erzeugenden und -verarbeitenden Betriebe, die ihre Umsätze mit plus 6,4 Prozent ähnlich stark steigern konnten. Im Fahrzeugbau stiegen die Umsätze mit plus 5,5 Prozent zwar ebenfalls deutlich. Das Vorkrisenniveau wurde aber um mehr als sechs Prozent verfehlt. Der Umsatz in der Chemischen Industrie stieg im ersten Quartal um 3,2 Prozent. Dies war mit etwas mehr als 39 Milliarden Euro das beste Quartalsergebnis. Im Maschinenbau sanken die Umsätze mit minus 1,4 Prozent und in der Papierindustrie mit minus 2,5 Prozent nur leicht, dafür aber jeweils das achte Mal in Folge. Der sonstige Fahrzeugbau und die Textilindustrie verzeichneten mit minus 5,5 Prozent bzw. minus 7,3 Prozent deutlich kräftiger Umsatzeinbußen.
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Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
Geschäftsklima: Stimmung könnte kaum besser sein Das ifo-Geschäftsklima Deutschland ist im Mai auf ein neues Zweijahreshoch gestiegen. Die Unternehmen schätzten das vierte Mal in Folge ihre aktuelle Lage besser ein als im Vormonat. Gleichzeitig sind die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate stark gestiegen. Unter den einzelnen Sektoren verzeichneten die Dienstleister den drittstärksten Anstieg des Stimmungsindikators. Neben der verbesserten Einschätzung der aktuellen Lage konnte die Erwartungskomponente Boden gut machen. Vor allem in Gastgewerbe und Tourismus sehen die befragten Unternehmen Licht am Ende des Tunnels. Auch im Handel konnte der Index deutlich zulegen. Die Händler waren zufriedener mit ihrer aktuellen Geschäftslage. Zudem kehrte ein vorsichtiger Optimismus bei den Erwartungen zurück. Während der Großhandel von der guten Industriekonjunktur profitiert, sind es bei den Einzelhändlern die Aussichten auf weitere Lockerungen, die zur Stimmungsaufhellung beitragen. Im Bauhauptgewerbe ist der Geschäftsklimaindex nach dem Rückgang im April wieder gestiegen. Sowohl Lage- als auch Erwartungskomponente des Index legten zu. Während die Mehrheit der befragten Unternehmen die aktuelle Lage positiv einschätzt, sind mit Blick auf die Zukunft die Pessimisten in der Überzahl. Zudem drückt das Problem der Materialknappheit auf die Stimmung. Im Verarbeitenden Gewerbe ist der Geschäftsklimaindex den vierten Monat in Folge gestiegen. Im Einzelnen schätzten die Industrieunternehmen ihre aktuelle Lage bereits das zwölfte Mal in Folge besser ein als im Monat zuvor. Die Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate haben sich allerdings etwas eingetrübt. Die Exporterwartungen in der Industrie erhielten zwar erstmals seit November 2020 einen kleinen Dämpfer, werden aber mehrheitlich weiter positiv eingeschätzt.
ifo Konjunktur-Uhr Deutschland ifo Geschäftsklima-Index im Verarbeitenden Gewerbe*
30
Erwartungen für die nächsten 6 Monate
20
Jan 2011
Aufschwung
Boom
10
Mai 2021
Jan 2021
Jan 2010
0 Jan 2019
Jan 2020
-10 -20 -30 -40 -50
Jan 2009 Abschwung
Rezession
-60 -60
-50
-40
* Salden, saisonbereinigt
-30
-20
-10
0
10
20
30
40
50
60
Beurteilung der Geschäftslage
Quelle: ifo Institut
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Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
Perspektiven Die deutsche Konjunktur hat aufgrund der bis weit in das Frühjahr geltenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie im ersten Quartal einen deutlichen Dämpfer erhalten. Auch das Wachstum im zweiten Quartal dürfte hierdurch noch beeinträchtigt werden, da die Lockerungsmaßnahmen erst gegen Ende dieses Zeitraums in Kraft traten. Anders als beim Ausbruch der Pandemie sind die Aktivitäten im Verarbeitenden Gewerbe seit Jahresbeginn kaum beeinträchtigt worden. Dafür sank erneut die Bruttowertschöpfung vor allem in kontaktintensiven Bereichen des Dienstleistungssektors, wie im Handel und im Gastgewerbe erheblich. Dies hat nicht nur die Konsummöglichkeiten, und damit die Nachfrage der Verbraucher in der ersten Jahreshälfte gedämpft, sondern auch zu einem starken Anstieg der Sparquote geführt. Auch der Außenhandel hat sich entgegen unseren Erwartungen zu Jahresbeginn etwas schwächer entwickelt. Das China-Geschäft weist zwar hohe Wachstumsraten aus, die aber, bedingt durch den Ausbruch der Pandemie zu Beginn des vergangenen Jahres, dem niedrigem Ausgangsniveau geschuldet sind. Der Handel mit den EU-Partnerländern hat überdurchschnittlich zugelegt. Das Geschäft mit den Visegrád-Staaten verzeichnete dabei die höchsten Zuwachsraten. Noch nicht Tritt fassen konnte der Handel mit den USA und dem Vereinigten Königreich. Im weiteren Jahresverlauf rechnen wir zumindest beim US-Handel mit einer deutlichen Belebung, zumal dann die beschlossenen Konjunkturpakete ihre Wirkung entfalten. Importseitig wird dies einen höheren Bezug von Vorleistungsgütern nach sich ziehen. Der Importsog wird noch verstärkt, weil die im Zuge der Pandemie abgebauten Läger jetzt wieder aufgefüllt werden. Zudem dürfte die Sommersaison mit einem kräftigen Anstieg von Auslandsreisen und damit von Dienstleistungsimporten einhergehen. Die Binnenwirtschaft dürfte langsam wieder Tritt fassen. Auf dem Arbeitsmarkt nehmen die Beschäftigtenzahlen wieder zu. Gleichzeitig wird das Instrument der Kurzarbeit von den Unternehmen immer weniger in Anspruch genommen. Mit abnehmenden Fallzahlen dürften in den nächsten Wochen weitere Öffnungen im Handel und im Gastgewerbe zu erwarten sein. Mit etwas Verspätung dürfte dann der Private Konsum wieder anspringen. Wie stark der bis dato aufgestaute Sparüberhang in Konsumausgaben fließen wird, ist allerdings schwer vorhersehbar. Nicht auszuschließen ist, dass Teile des Ersparten auch zur Tilgung von Krediten oder für Investments genutzt wurden. Die Stimmung unter den Verbrauchern war im Mai nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen. Sowohl Anschaffungsneigung als auch Einkommenserwartungen waren deutlich höher als vor einem Jahr. Der Indikator Konjunkturerwartung der Verbraucher stieg sogar auf den höchsten Wert seit mehr als drei Jahren. Die Investitionstätigkeit dürfte im Jahr 2021 wieder anziehen. Die Kapazitätsauslastung war in vielen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes zu Beginn des zweiten Quartals bereits deutlich höher als vor der Krise, so dass nicht nur Ersatz- sondern auch Erweiterungsinvestitionen notwendig werden. Die Bauindustrie verzeichnete im März zwar den höchsten Auftragsbestand aller Zeiten, was rechnerisch die Produktion bis in den November sicherstellt. Allerdings dürfte sich die zunehmende Materialknappheit immer mehr als limitierender Faktor erweisen, was das Wachstumspotenzial für die Bauinvestitionen begrenzt. Die Investitionen in sonstige Anlagen (Software, Forschung und Entwicklung) sind zwar zu Jahresbeginn nochmals leicht gesunken, dürften sich aber im Jahresverlauf erholen.
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Erholung zu Jahresbeginn ins Stocken geraten | Kräftiges Wachstum im zweiten Halbjahr zu erwarten 08/06/2021
BIP-Prognose für 2021: Veränderung der realen Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorjahr in Prozent IST 2020
Frühjahrsdiagnose 2021
2021
Europäische Kommission 2021
Bundesregierung
Bruttoinlandsprodukt
- 4,8
3,7
3,5
3,4
Konsumausgaben
- 3,3
0,8
-
-
- 6,0
0,2
0,8
0,1
3,7
2,0
5,2
3,6
- 2,7
2,9
3,5
3,2
-11,6
8,7
7,5
9,0
2,3
-0,4
1,4
-
- 1,1
3,2
3,3
-
Exporte
- 9,4
11,7
9,2
10,4
Importe
- 8,4
7,7
7,8
7,9
Außenbeitrag, Wachstumsleistung
- 0,9
-
1,1
1,5
- Private Konsumausgaben - Staatsverbrauch Bruttoanlageinvestitionen - Ausrüstungsinvestitionen - Bauinvestitionen - Sonstige Anlagen
Quellen: Statistisches Bundesamt, Frühjahrsdiagnose (April 2021), Bundesregierung (April 2021), Europäische Kommission (Mai 2021)
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Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29 10178 Berlin T: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Autoren Dr. Klaus Günter Deutsch T: +49 30 2028-1591 k.deutsch@bdi.eu Thomas Hüne T: +49 30 2028-1592 t.huene@bdi.eu Redaktion/Grafiken Marta Gancarek T: +49 30 2028-1588 m.gancarek@bdi.eu
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Grunddaten zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen Verwendung des Bruttoinlandsproduktes (preis-, saison- und kalenderbereinigt) Veränderung zum Vorzeitraum in Prozent 2020 2019
2020
Q1
1,9
-3,3
-1,3
-Private Konsumausgaben
1,6
-6,0
-Konsumausgaben des Staates
2,7
Q3
Q4
Q1
-7,8
8,0
-1,5
-3,6
-2,2
-11,5
11,2
-2,3
-5,4
3,7
1,1
1,3
1,0
0,1
0,2
2,5
-2,7
-0,4
-6,7
3,7
2,5
0,3
-Ausrüstungsinvestitionen
0,5
-11,6
-6,8
-15,1
15,9
1,9
-0,2
-Bauinvestitionen
3,8
2,3
4,3
-4,3
- 1,3
3,7
1,1
-sonstige Anlagen
2,7
-1,1
-2,5
0,2
0,9
0,1
-1,6
Inländische Verwendung
1,2
-4,1
-1,0
-7,6
5,1
-0,2
-1,3
Exporte
1,0
-9,4
-3,3
-20,4
17,9
4,4
1,8
Importe
2,6
-8,4
-1,1
-16,9
9,2
3,3
3,8
Insgesamt
0,6
-4,8
-2,0
-9,7
8,7
0,5
-1,8
Konsumausgaben
Bruttoanlageinvestitionen
Q2
2021
Wachstumsbeiträge zum preisbereinigten BIP (in Prozentpunkten) Konsumausgaben
1,4
-2,5
-0,9
-5,7
6,0
-1,2
-2,7
-Private Konsumausgaben
0,8
-3,2
-1,2
-6,0
5,8
-1,2
-2,7
-Konsumausgaben des Staates
0,5
0,7
0,2
0,3
0,2
0,0
0,0
0,5
-0,8
-0,1
-1,5
0,9
0,5
0,1
-Ausrüstungsinvestitionen
0,0
-0,9
-0,5
-1,0
1,0
0,1
0,0
-Bauinvestitionen
0,4
0,2
0,5
-0,5
-0,2
0,2
0,4
-sonstige Anlagen
0,1
0,0
-0,1
0,0
0,0
0,0
-0,1
-0,7
-0,7
0,1
-0,1
-1,9
0,5
1,4
1,2
-3,9
-0,9
-7,3
4,9
-0,2
-1,2
-0,6
-1,1
-1,1
-2,4
3,8
0,7
-0,6
Bruttoanlageinvestitionen
Vorratsveränderungen u. Ä. Inländische Verwendung Außenbeitrag
Quelle: Destatis
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