Steuerliche Behandlung von Mobilitätsbudgets verbessern
Klimaschutz und emissionsarme Mobilität durch zeitgemäße und digitalisierbare Besteuerungsvorschriften stärken
Mobilitätsbudgets sachgerecht besteuern – emissionsarme Mobilität fördern
Zahlreiche Unternehmen möchten ihren Beschäftigten auf freiwilliger Basis Mobilitätsbudgets zur Verfügung stellen. Die Beschäftigten können im Rahmen eines solchen Budgets verschiedene Mobilitätsangebote und Verkehrsmittel nutzen, z. B. den öffentlichen Personen(nah)verkehr, Bahn, Fahrräder, E-Scooter, Bike- und Carsharing Auf diese Weise können sich die Beschäftigten passgenau Lösungen für ihre individuellen Mobilitätsbedarfe zusammenstellen. Dies ist zugleich ein Beitrag zum Klimaschutz, da Mitarbeitende einen deutlichen Anreiz erhalten, ihre persönliche sowie betriebliche Mobilität stärker auf emissionsarme Mobilitätsangebote auszurichten Mobilitätsbudgets und Firmenwagen schließen sich nicht aus. Sie ergänzen das Portfolio an Zusatzleistungen des Arbeitgebers, die Mitarbeitenden als Motivation und positiver Anreiz dienen können
Bestehende steuerliche Regelungen verursachen hohen Verwaltungsaufwand
Die komplizierte lohnsteuerrechtliche Behandlung von Mobilitätsbudgets steht jedoch einer breiten Anwendung im Wege. Arbeitgeber müssen den geldwerten Vorteil eines Mobilitätsbudgets, der aufgrund der privaten Nutzung einschließlich der Nutzung für die Wege zwischen Wohnung und Arbeit entsteht, aufwendig erfassen. Dies liegt daran, dass der geldwerte Vorteil bei den einzelnen Komponenten eines Mobilitätsbudgets unterschiedlich ermittelt wird. Zudem greifen ggf. Steuerbefreiungsvorschriften für einzelne Komponenten eines Mobilitätsbudgets. Dies macht die Anwendung in der Praxis schwierig und für Arbeitgeber wie Beschäftigte unattraktiv.
Konkrete Vereinfachungen sind Beitrag zum Klimaschutz und zur Steuervereinfachung
Ziel muss es daher sein, die lohnsteuerrechtliche Behandlung von Mobilitätsbudgets deutlich zu vereinfachen. Dazu sind eine praxisgerechte Definition und eine digitalisierbare Bewertungsvorschrift zur Ermittlung des geldwerten Vorteils erforderlich. Zudem sollte eine Lohnsteuer-Pauschalierung ermöglicht werden, um eine bürokratiearme Besteuerung des geldwerten Vorteils sicherzustellen. Von zeitgemäßen Besteuerungsregeln für Mobilitätsbudgets profitieren alle: Arbeitgeber können attraktive Mobilitätslösungen zur Mitarbeitergewinnung und -bindung einsetzen. Beschäftigte können verschiedene emissionsarme Verkehrsmittel nach ihren persönlichen Bedürfnissen nutzen Aufseiten der Finanzverwaltung wird der Kontroll- und Prüfungsaufwand spürbar reduziert. Gesamtgesellschaftlich wird ein zusätzlicher Beitrag zum Klimaschutz und zur Einsparung von Treibhausgasemissionen erbracht.
Abteilung
T:
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Steuern und Finanzpolitik – Abteilung Mobilität und Logistik |
+49 30 2028-1584 |
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März 2023
POSITION | STEUERN UND FINANZPOLITIK | NACHHALTIGKEIT
Vorschlag für eine neue steuerliche Behandlung von Mobilitätsbudgets
1. Einführung einer rechtssicheren Definition und digitalisierbaren Bewertungsvorschrift
Um einen bürokratiearmen Einsatz von Mobilitätsbudgets in der betrieblichen Praxis zu ermöglichen, ist eine gesetzliche Neuregelung erforderlich. Die bestehenden lohnsteuerrechtlichen Vorschriften sind nicht geeignet, um eine zeitgemäße und digitale Abrechnung durchzuführen. Bislang muss der geldwerte Vorteil, der aus der Nutzung eines Mobilitätsbudgets erwächst, bei dessen einzelnen Komponenten unterschiedlich ermittelt werden Dies ist für Arbeitgeber sehr aufwendig und kaum digitalisierbar, da verschiedene steuerliche Vorschriften zu beachten sind. So können z. B. Fahrkarten für den öffentlichen Personennahverkehr gem. § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei sein. Bei einer BahnCard muss dagegen im Vorfeld eine Prognose getroffen werden, ob die Kosten der BahnCard durch die Ersparnis bei dienstlichen Fahrten amortisiert werden – in diesem Fall unterbleibt der Ansatz eines geldwerten Vorteils. Für Car- und Bikesharing gelten wiederum eigene Regeln. Eine praxisgerechte steuerliche Behandlung von Mobilitätsbudgets erfordert daher als ersten Schritt eine rechtssichere Definition und eine digitalisierbare Bewertungsvorschrift für Mobilitätsbudgets
Formulierungsvorschlag für eine gesetzliche Neuregelung
Bewertung des Mobilitätsbudgets als Sachbezug (§ 8 Abs. 2 Sätze 6 bis 8 EStG neu): „Die private Verwendung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Mobilitätsbudgets ist für jeden angefangenen Kalendermonat mit x vom Hundert des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Budgets anzusetzen (Bemessungsgrundlage). Wird das Budget auf eine Jahressumme festgesetzt, ist das Budget mit 1/12 pro Kalendermonat als Bemessungsgrundlage anzusetzen. Anstelle des zur Verfügung gestellten Budgets, kann das vom Arbeitnehmer im Bezugszeitraum verbrauchte Budget angesetzt werden, wenn der Verbrauch nachgewiesen wird.“
Definition des Mobilitätsbudgets (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG neu): „Mobilitätsbudget im Sinne des Satzes 6 ist ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Betrag auf monatlicher oder jährlicher Basis, den der Arbeitnehmer für Zwecke der privaten Mobilität nutzen kann.“
Die vorgeschlagene Bewertungsvorschrift ist praxisgerecht, da sie den Arbeitgebern zwei bürokratiearme Bewertungsansätze ermöglicht (vgl. auch Punkt 2):
▪ Arbeitgeber können das Mobilitätsbudget in der zur Verfügung gestellten Höhe als Bemessungsgrundlage heranziehen. Einzelnachweise über die Mobilitätsarten und Verkehrsmittel, die durch die Beschäftigten genutzten wurden, sind gegenüber dem Arbeitgeber nicht erforderlich.
▪ Alternativ kann auch das tatsächlich verbrauchte Mobilitätsbudget als Bemessungsgrundlage herangezogen werden, wenn die Nutzungsnachweise erbracht werden. Dies ist auf der Basis von Applikationen der Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen digital und bürokratiearm möglich
Die Definition des Mobilitätsbudgets zielt auf emissionsarme Mobilität, insbesondere auf öffentlichen Verkehr und Sharing-Angebote In der Gesetzesbegründung empfiehlt sich eine beispielhafte Aufzählung (z. B. öffentlicher Personen(nah)verkehr, Bahn, Fahrräder, E-Scooter, Bike- und Carsharing). Ein abschließender gesetzlicher Katalog ist dagegen nicht sinnvoll, da ein solcher Katalog die Vielzahl möglicher Mobilitätsformen und auch neue Angebote kaum praxisgerecht abbilden kann.
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Steuerliche Behandlung von Mobilitätsbudgets verbessern
Beispiel: Ein Arbeitgeber stellt seinen Beschäftigten im Bezugszeitraum (Mai 2023) ein Mobilitätsbudget von 100 Euro zur Verfügung. Eine Arbeitnehmerin verbraucht davon im Bezugszeitraum 60 Euro des Budgets im Rahmen einer privaten Verwendung.
Steuerliche Behandlung ohne Aufzeichnung und Nachweis des verbrauchten Budgets:
Bemessungsgrundlage ist x (z. B. 50) vom Hundert des zur Verfügung gestellten Budgets: 50 Euro. Der Pauschalbesteuerung wird ein Betrag von 50 Euro unterworfen.
Steuerliche Behandlung mit Aufzeichnung und Nachweis des verbrauchten Budgets:
Die – beispielsweise mittels Applikation der Anbieter – nachgewiesene private Verwendung wird mit x (z. B. 50) vom Hundert zum Ansatz gebracht: 30 Euro Der Pauschalbesteuerung wird ein Betrag von 30 Euro unterworfen.
2. Einführung eines praxisgerechten und einfach handhabbaren Verwendungsnachweises
Die vorgeschlagene Bewertungsvorschrift muss in einem zweiten Schritt mit einer korrespondieren Regelung für den Verwendungsnachweis versehen werden. Dabei dürfen keine überbordenden Anforderungen an die Arbeitgeber gestellt werden.
Formulierungsvorschlag für eine gesetzliche Neuregelung
Verwendungsnachweis (§ 8 Abs. 2 Satz 10 und 11 EStG neu): „Der Arbeitgeber hat die vorstehende Verwendung der Art nach nachzuweisen und sicherzustellen, dass das Budget nicht überschritten werden kann. Dem Arbeitgeber bleibt es unbenommen, entweder die ihm vom Arbeitnehmer vorgelegten Einzelbelegnachweise manuell zu überprüfen oder sich elektronischer Verfahren zu bedienen, die sicherstellen, dass nur die Übernahme der Ausgaben erfolgt, die dem erklärten Verwendungszweck entsprechen (z. B. wenn ein Anbieter die Belege vollautomatisch digitalisiert, prüft und eine monatliche Abrechnung der zu übernehmenden Aufwendungen an den Arbeitgeber übermittelt).“
3. Einführung einer Vorschrift zur Lohnsteuerpauschalierung
Um eine möglichst unbürokratische Besteuerung des geldwerten Vorteils sicherzustellen, sollte eine Möglichkeit zur Lohnsteuerpauschalierung geschaffen werden. Diese optionale Pauschalbesteuerung muss dazu führen, dass aufseiten der Arbeitgeber keine weitere Bescheinigungspflicht entsteht.
Formulierungsvorschlag für eine gesetzliche Neuregelung
Pauschalbesteuerung (§ 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 EStG): „Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer mit folgenden Pauschsteuersätzen erheben:
mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent für alle Zuwendungen des Arbeitgebers im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 9; für diese pauschal besteuerten Bezüge unterbleibt eine Minderung der nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 und Absatz 2 abziehbaren Werbungskosten.“
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4. Ergänzende steuerliche Vorschriften und Erläuterungen
Die Lohnsteuerpauschalierung für Mobilitätsbudgets tritt ergänzend zu den bestehenden steuerlichen Regelungen. Insbesondere bleibt die Steuerfreiheit für Arbeitgeberleistungen für öffentliche Verkehrsmittel („Jobticket“) gem. § 3 Nr. 15 EStG davon unberührt.
Aus Gründen der Rechtsklarheit sollten Arbeitgeberleistungen im Rahmen eines Mobilitätsbudgets aus der gesetzlichen Abgrenzung von Bar- und Sachlohn ausgenommen werden Hierzu sollte in einem neuen § 8 Abs. 1 Satz 4 EStG wie folgt klargestellt werden: „Satz 2 gilt nicht bei Leistungen eines Arbeitgebers, die im Rahmen eines Mobilitätsbudgets im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 9 erbracht werden.“ Alternativ ist auch eine untergesetzliche Regelung denkbar.
Umsatzsteuerlich sollte es aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet werden, wenn der lohnsteuerrechtliche Wert als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer (entgeltliche sonstige Leistung) zu Grunde gelegt wird. Eine unterschiedliche Bemessungsgrundlage – wie sie derzeit z. B. bei Elektrofahrzeugen gilt – ist nicht sachgerecht und verursacht erheblichen Aufwand Außerdem sollte der Vorsteuerabzug zugelassen werden, da – trotz der privaten Nutzung durch die Beschäftigten – eine betriebliche Veranlassung gegeben ist Diese ergibt sich insbesondere aus der Tatsache, dass Mobilitätsbudgets von Unternehmen gezielt als Maßnahme zur Mitarbeitergewinnung und -bindung sowie zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität genutzt werden.
Weiterhin sollten die Aufwendungen des Arbeitgebers für gewährte Mobilitätsbudgets vollständig als Betriebsausgaben abzugsfähig sein.
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