WINGbusiness Heft 01 2020

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TOP-THEMA

Foto:AVL List GmbH

Johannes Fritz, Markus Schwarz

Gelebtes Systems Engineering in der Testsystem-Entwicklung Das Zusammenwirken mechanischer, elektronischer, informations- und datentechnischer Elemente ermöglicht es heute, maßgeschneiderte und kosteneffiziente Systeme mit den dazugehörigen Diensten zu realisieren. Dies erhöht allerdings auch die Komplexität der technischen Lösung und somit die Komplexität der Leistungserbringung. Mit dieser Herausforderung sind die Automobilindustrie, die Luft- und Raumfahrt, der Anlagenbau und viele andere Branchen konfrontiert. Bei der Entwicklung komplexer Systeme ist die enge Kollaboration unterschiedlicher Fachdomänen unumgänglich, auch wenn die zusammenarbeitenden Entwicklungsteams und Entwicklungsstätten oftmals weltweit verteilt sind. Dies hat nicht nur Einfluss auf den Entwicklungsprozess und die Organisation. Hier müssen geeignete Methoden und Werkzeuge gefunden werden, die es in Folge im Unternehmen zu etablieren gilt. Entwicklung von Antriebs- und Testsystemen AVL ist das weltweit größte, unabhängige Unternehmen für Entwicklung, Simulation und Testen von Antriebssystemen (Hybrid, Verbrennungsmotor, Getriebe, Elektroantrieb, Batterien, Brennstoffzelle und Regelungstechnik) für Pkw, Nutzfahrzeuge, stationäre Motoren, Großmotoren sowie deren Integration in das Fahrzeug. Das Unternehmen verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung und Optimierung von Antriebssystemen. Dazu stellt AVL als weltweiter Technologieführer komplette und durchgängige Entwicklungsumgebungen, Mess- und Testsysteme sowie modernste Simulationsmethoden zur Verfügung. Die Produktentstehung wird in der Automobilindustrie gerne anhand des

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V-Modells dargestellt, welches sich aus den wesentlichen Phasen Systementwurf, domänenspezifischer Entwurf und Systemintegration inklusive Verifikation und Validierung zusammensetzt, siehe Abbildung 1. Ausgehend von der Festlegung der Anforderungen für das Gesamtfahrzeug erfolgt die Festlegung der Ziele zuerst für die einzelnen Systeme und in Folge für Subsysteme und Komponenten. Testsysteme sind hier traditionell am rechten Ast des V-Modells angesiedelt. Für verschiedene Entwicklungsaufgaben kommen spezifische Testumgebungen in unterschiedlichen Ausprägungen zum Einsatz, u.a. Komponenten-, Motoren-, Antriebsstrang, Fahrzeugtestsysteme und der Fahrversuch. Stand in der Vergangenheit die Forderung nach kürzeren Entwicklungszyklen im Vordergrund, tritt derzeit

der Innovationsdruck als starker Treiber auf. Dies liegt in den sich ändernden gesetzlichen Anforderungen und damit einhergehend im Schwenk zu neuen Antriebssystemen begründet. Mit den neuen Antriebssystemen ändert sich die bisher vorherrschende Architektur des Antriebsstrangs und somit die des Fahrzeugs. Elektrifizierte Antriebsstränge, ob als Hybrid (HEV, PHEV), mit Traktionsbatterie (BEV) oder mit Brennstoffzelle (FCEV), ermöglichen neue Fahrzeugarchitekturen (z.B. SkateboardArchitektur). Aufgrund der sich nun verändernden Architektur fehlt es an belastbaren Erfahrungswerten und industrialisierten Abläufen, wie es die Automobilindustrie in den letzten Jahren gewohnt war. Die dafür notwendigen Investitionen erzeugen einen enormen Druck auf Simula-

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