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Logistik

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EINE MARKTANALYSE

Das Ziel ist eine lernende Logistik

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Was die SSI Schäfer Gruppe als führender Lösungsanbieter von modularen Lager- und Logistiksystemen und der VDMA-Fachverband Fördertechnik und Intralogistik zur Dynamik in den Märkten raten.

In Zeiten des E-Commerce, der Globalisierung und der anhaltenden Coronapandemie stehen viele Unternehmen vor komplexen logistischen Herausforderungen. Wie stellt sich die Situation dar?

Steffen Bersch (CEO SSI Schäfer): Die Logistik – und damit auch die Intralogistik – hat durch die Coronapandemie in den Kundenbranchen noch einmal erheblich an Relevanz gewonnen. Entsprechend ist die Nachfrage nach Intralogistiklösungen gestiegen. Seit dem sprunghaften Anstieg des E- Commerce sind Fulfillment-Prozesse einem anhaltenden Stresstest ausgesetzt. Viele Unternehmen, darunter Fashion-, Pharma- und Kosmetikanbieter

bzw. Retailer, stehen vor der Aufgabe, ihre heterogenen Sortimente im Rahmen einer integrierten Omnichannel-Logistik effizient abzuwickeln.

Gleichzeitig herrscht eine sehr hohe Dynamik in den Märkten. Unternehmen stehen unter Druck, die Kundenanforderungen von permanenter Warenverfügbarkeit, kleinteiligen Bestellungen, hohen Retourenquoten wie im Bereich Fashion und höchstem Servicelevel zu bedienen. Dabei ist das Nachfrageverhalten der Kunden nicht stabil, sondern wechselhaft. Dies verlangt den Unternehmen eine enorme Flexibilität im Umgang mit ihren Kunden sowie im Bereich der Fertigung und Logistik ab.

Ist Automatisierung nach wie vor der Schlüssel, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern?

Eine Automation nach Maß ist nach wie vor der entscheidende Schlüssel, um wettbewerbsfähig zu agieren und Kundenanforderungen zu erfüllen. Jedes Unternehmen benötigt die jeweils individuelle Lösung, die gleichzeitig eine hochleistungsfähige Intralogistik, aber auch flexible Systeme für wechselnde Anforderungen bietet. Gefragt ist eine rasche Auftragsabwicklung bei gleichzeitig höchstem Servicelevel. Dabei wird verstärkt mit künstlicher Intelligenz gearbeitet, um zum Beispiel das Bestellverhalten der Kunden besser zu prognostizieren und die Warenbestände und Abläufe zu optimieren.

„Jedes Unternehmen benötigt die jeweils individuelle Lösung, die gleichzeitig eine hochleistungsfähige Intralogistik, aber auch flexible Systeme für wechselnde Anforderungen bietet.“

Auch die Tatsache, dass es immer schwieriger wird, Lagerfachkräfte zu finden, begünstigt die Entscheidung für automatisierte Prozesse. So können beispielsweise Portalroboter die Kommissionierung von schweren und sperrigen Artikeln übernehmen, sodass sich das Personal auf das Handling von leichteren und kleineren Artikeln fokussieren kann.

Roboter sind demnach ein fester Bestandteil in der Intralogistik?

Roboter sind seit vielen Jahren ein wichtiger Baustein moderner Logistik-4.0-Anwendungen. Als Teil einer wirtschaftlichen Gesamtlösung sind Roboter u. a. zuständig für das Lagern, das automatische Palettieren und Depalettieren und für die hochdynamische Einzelstückkommissionierung. Unternehmen profitieren branchenübergreifend von der hohen Funktionssicherheit und Wirtschaftlichkeit der Robotertechnologie, dem

produktschonenden Handling und der sehr geringen Fehlerquote. Zudem werden die Lagerfachkräfte entlastet von ergonomisch ungünstigen Arbeitsschritten, dem Handling schwerer Güter und repetitiven, ermüdenden Aufgaben.

Stichwort Digitalisierung – wie weit ist die Intralogistikbranche hier vorangekommen?

Auch in der Intralogistik vereinfacht die Digitalisierung die Prozesse, da sie durch den ständigen Abgleich von Daten, Angebot und Nachfrage in perfekten Einklang bringt. Lagerkapazität ist zum Beispiel per se Verschwendung, denn Ware, die lagert, kostet Geld. Zustellwege sind immer zu lang: Je kürzer sie werden, desto weniger Ressourcen erfordern sie und desto schneller bekommt der Kunde sein Produkt. Digitalisierung hilft dabei, in Realtime genau diese Missverhältnisse zu optimieren.

Das Ziel ist eine lernende Logistik, die sowohl automatisiert als auch agil ist, und die in der Lage ist, sich an die Bedingungen anzupassen und zu lernen, wenn sich Angebot und Nachfrage ändern. Erst eine vollständige Vernetzung sorgt dafür, dass Digitalisierung und Daten ihren geballten Vorteil für denjenigen entfalten, der sie richtig nutzt. Neue Anwendungsmöglichkeiten wie Predictive Maintenance, Erzeugung eines digitalen Zwillings für die virtuelle Inbetriebnahme und Order Forecasts sind nur einige Beispiele, die sich in diesem vielfältigen Bereich ergeben werden.

Welche Rolle spielen Partnerschaften, um Kompetenzen auszubauen und Erfahrungen auszutauschen?

Partnerschaften und Austausch sind wichtig, insbesondere – aber nicht nur – für mittelständische Unternehmen. Kräfte zu bündeln und neue Wege zu bestreiten, ist entscheidend, wenn es um Innovationsführerschaft geht. Bei SSI Schäfer engagieren wir uns vielfältig, unterstützen Start-ups und haben gerade ein Spin-off gegründet.

Vor diesem Hintergrund freue ich mich, dass ich zum 1. Februar den Vorsitz des VDMA-Fachverbands Fördertechnik und Intralogistik übernehmen konnte, dem über 240 Mitgliedsunternehmen angehören. Schwerpunkt meiner Arbeit im Fachverband wird es sein, die Zukunftsthemen Digitalisierung, Konnektivität und Automatisierung innerhalb der Branche weiter voranzutreiben. Wir möchten alle Unternehmen mit branchenrelevanten Informationen unterstützen und Netzwerkplattformen schaffen, um gemeinsam die Zukunft der Intralogistik zu gestalten.

In welchen Bereichen der Intralogistik erwarten Sie in den nächsten Jahren die größten Innovationsschübe?

Um Prozesse zu flexibilisieren, avancieren flexible Systeme wie z. B. Automated Guided Vehicles (AGVs) vermehrt zum Gamechanger. Dieser erhöhten Nachfrage begegnen wir bei SSI Schäfer z. B. mit unserer breiten Produktlinie „Driverless Solutions“.

Das Schlüsselwort ist „Connectivity“. Moderne Softwarelösungen sind als offenes System bereits heute in der Lage, nahtlos vor- und nachgelagerte Systeme sowie bestehende Softwarearchitektur von Unternehmen zu integrieren. Die Anbindung vom

Warenwirtschaftssystem bis hin zur Automatisierungsebene erfolgt über modernste und innovative Technologien. Gleichzeitig gewinnt auch das Thema Cybersecurity immer mehr an Bedeutung, welches wir sowohl auf Verbandsebene als auch bei SSI Schäfer angehen.

Auch die Urbanisierung stellt neue Herausforderungen, für die innerhalb der Branche verschiedene Lösungsansätze erarbeitet werden. So haben wir beispielsweise mit dem Berliner Startup-Unternehmen Infarm eine Lösung für Vertical Farming entwickelt, um die rasch wachsende Bevölkerung in den Ballungszentren effizient und nachhaltig mit Lebensmitteln zu versorgen.

Die Notwendigkeit einer nachhaltigen Intralogistik bringt ebenfalls Innovationen hervor. Ein Beispiel ist die Nutzung von Power Caps als autonome Energiequelle, wie wir sie bei SSI Schäfer Shuttles in Automatiklagern einsetzen.

„Kräfte zu bündeln und neue Wege zu bestreiten, ist entscheidend, wenn es um Innovationsführerschaft geht.“

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Sicher, transparent, effizient

Die Blockchain-Technologie wird die Logistik und das Supply-Chain-Management in Zukunft stark verändern. Ihre Vorteile liegen auf der Hand.

Die Logistiker haben es derzeit angesichts von Pandemie, Lieferkettenschwierigkeiten, Ukraine-Krieg und Russland-Sanktionen nicht einfach. Doch das könnte sich in Zukunft mithilfe einer neuen Technologie radikal ändern: Blockchain. Denn sie ermöglicht mehr Transparenz, mehr Sicherheit und eine leichtere Abwicklung. Damit scheint sie wie geschaffen, um der immer komplizierter

werdenden Logistik auf die Sprünge zu helfen. Blockchain bezeichnet ein Netz verschiedener Computer, die über ein gemeinsames Protokoll miteinander verbunden sind und dieselben Informationen in einem Peer-to- Peer-Netz validieren und speichern. Alle von einem angeschlossenen Computer, auch Knoten genannt, genutzten Daten werden von allen anderen Computern gemeinsam genutzt. Das bedeutet, dass bei jeder neuen Eingabe von Daten durch ein

Gerät alle anderen automatisch und verschlüsselt ebenfalls damit versorgt werden. Eine externe Quelle zur Authentifizierung ist nicht erforderlich. Das macht das System sicherer, denn ein Hackerangriff von außen ist praktisch unmöglich. Da alle Informationen und Daten in jedem Computer oder Knoten gespeichert werden, ist das System für alle Mitglieder transparent und arbeitet effizienter als die herkömmliche Logistik, denn eine Validierung der Daten durch Dritte

ist nicht mehr nötig. In der Praxis bedeutet das beispielsweise, dass jeder Anwender in Echtzeit den aktuellen Standort der Ware überprüfen kann. Ebenso, ob das Paket tatsächlich das angegebene Gewicht hat oder ob vielleicht die Kühlkette unterbrochen wurde. Auch die Bezahlung wird mittels sogenannter Smart Contracts, also digitalen Verträgen, einfacher. Die Logistik scheint also prädestiniert für die Blockchain-Technologie zu sein.

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