16 minute read

Im Gedenken an die Lawinenopfer von Galtür und Valzur

Next Article
F. Treidl

F. Treidl

sieht, wird einem bewusst, wie verschwindend klein der besiedelte Raum ist. Das weite Hinterland der Silvretta und des Verwallgebietes sind, bis auf wenige Schutzhütten und Almen, vermutlich durch die alpinen Gefahren immer noch unbebaute Naturlandschaft.

LITERATUR

(1) Markus Barnay, die lawine. Alpinarium Galtür Dokumentation GmbH (2) Galtür Buch, 2. Auflage, Herausgeber, Eigentümer und Verleger: Gemeinde Galtür

Im Gedenken an die Opfer der Lawinenkatastrophen von Galtür und Valzur im Februar 1999

Gernot Brauchle

Akute- und Posttraumatische Belastungsstörungen bei Einsatzkräften.

Acute- and posttraumatic stress disorders in disaster workers

SUMMARY

The aim of this study was to investigate the frequency of acute- and post traumatic stress disorder in rescue and recovery personell following a disaster. In November 2000 a funicular train ferrying skiers from the village of Kaprun to the Kitzsteinhorn Glacier at 10,500-foot caught fire in a tunnel. 12 People survived but 155 lost their life among those a lot of children and adolescents. In the aftermath n=250 rescue und recovery workers, including psychological concelling teams, police officers and medical service personell were assessed 6 weeks, 6 month and 15 month after the catastrophe. Participants were assessed for acute stress disorder (ASD) using the Acute Stress Disorder Scale (ASDS). The prevalence of of acute stress disorder was 22,2 % for psychological concelling teams and 25,7 % for police officers. Posttraumatic stress disorder was assessed with the Posttraumatic Stress Diagnostic Scale (PDS). After six month 4,8 % of psychological concelling teams and 9,4 % of police officers were still suffering of posttraumatic stress disorder symptoms. The study highlights that disaster workers are at increased risk of acute and posttrauatic stress disorder. Keywords: Acute stress disorder, posttraumatic stress disorder, trauma, predictors, rescue workers

ZUSAMMENFASSUNG

Das Ziel der Studie ist das Ausmaß Akuter- und Posttraumatischen Belastungsstörungen bei Einsatzkräften nach einem Großschadensereignis festzustellen. Untersucht wurden dabei Sanitäter, Exekutivbeamte und psychosoziale Helfer nach ihrem Einsatz in Kaprun. Im November 2000 fängt die Standseilbahn auf das Kitzsteinhorn im Tunnel Feuer. 12 Personen überlebten das Inferno, 155 verlieren dabei ihr Leben. Im Anschluss wurden n=250 Einsatzkräfte, darunter Sanitäter, Exekutivbeamte und psychosoziale Helfer, mit Hilfe standardisierter Erhebungsinstrumente – Acute Stress Disorder Scale (ASDS)

sowie der Posttraumatic Stress Diagnostic Scale (PDS) - 6 Wochen, 6 Monate und 15 Monate nach dem Ereignis befragt. Die Prävalenz der Akuten Belastungsstörung beträgt 22,2 % bei den psychosozialen Helfern und 25,7 % bei den Exekutivbeamten. Sechs Monate nach dem Ereignis konnte festgestellt werden, dass 4,8 % der psychosozialen Helfer sowie 9,4 % der Exekutivbeamten immer noch an einer Posttraumatischen Belastungsstörung litten. Die Studie verdeutlicht, dass Einsatzkräfte bei Großschadensereignissen einem hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind. Schlüsselwörter: Akute Stressbelastung, Posttraumatische Stressbelastung, Trauma, Prädiktor, Einsatzkräfte

EINLEITUNG

Europa hat in den letzten Jahren einige Großschadensereignisse –Naturkatastrophen, technische Katastrophen und Terroranschläge – erlebt. Auch Österreich ist von schweren Schicksalsschlägen, durch die Lawinenunglücke in Galtür und Valzur 1999 oder die Seilbahnkatastrophe in Kaprun 2000, nicht verschont geblieben. Die Hilfe, die dabei selbstverständlich von Einsatzkräften (Ärzten, Sanitätern, Feuerwehr- und Polizeieinheiten, Kriseninterventionsteams …) geleistet wird, kann auch bei den Helfern die Belastungsgrenze übersteigen und zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Seit Anfang der 90-iger Jahre ist eine beträchtliche Anzahl von Untersuchungen verfügbar, die über die gesundheitlichen Veränderungen von Helfern nach Einsätzen berichten. Das Phänomen wird dabei als „secondary traumatic stress (STS) (1)“ beschrieben. Die Ergebnisse der Untersuchungen machen deutlich, dass belastende Einsätze weitreichende Folgen im emotionalen, kognitiven, physischen und sozialen Bereich nach sich ziehen.

EMOTIONALE REAKTIONEN

Niemanden, der anderen Menschen in Katastrophen Hilfe anbietet, lässt das Erlebte unberührt. Das Ausmaß der Zerstörung, der Tod von Kindern, die Ausweglosigkeit in der sich die Opfer befanden, das Leid der Hinterbliebenen, verursachen während und nach dem Einsatze intensive und belastende Gefühle. Untersuchungen von Bartone et. al. (2) und Gibbs et. al (3) zeigen, dass Helfer nach Katastropheneinsätzen signifikant häufiger unter Depressionen und pathologischem "Kummer" ("grief"), und Gefühlen der Hilflosigkeit leiden. Sie berichten häufiger von Zorn (4) oder klagen über eine allgemeine Reizbarkeit (5). Raphael et. al (6) und Duckworth et. al (7) fanden in ihren Untersuchun-

gen eine Zunahme von Angst und Beklemmung sowie höhere Werte von innerer Anspannung und Niedergeschlagenheit sowie Gefühle von Unsicherheit.

HILFLOSIGKEIT UND SCHULDGEFÜHLE

Belastend an Katastropheneinsätzen ist nicht nur das erlebte Leid und die erschreckende Zerstörung. Belastend ist auch, dass demgegenüber manchmal nur wenig Hilfe angeboten werden kann. Die Hilflosigkeit der Opfer kann ihre Entsprechung in der Hilflosigkeit der Einsatzkräfte finden. Weiters können wesentliche Transportmittel in den ersten Stunden fehlen, Kommunikationssysteme versagen, zu wenig Helfer an Ort und Stelle sein, auf Grund von Übermüdung und den hohen psychischen Belastungen Fehler gemacht werden. Aus der mangelnden Effizienz bzw. der erfahrenen Hilflosigkeit der Einsatzkräfte erwachsen Gefühle des Versagens. Diese Schuldgefühle führen oft nach dem Einsatz zu lang anhaltenden Belastungen und Ablehnung von Hilfe von Außen. Wer glaubt zu wenig oder gar falsch gehandelt zu haben, neigt dazu sich zu, sich zu isolieren (8) und eine Bearbeitung der Belastung im sozialen Umfeld oder mit Kollegen abzulehnen.

KOGNITIVE REAKTIONEN

Neben emotionalen Reaktionen sind auch kognitive Veränderungen, wie Konzentrationsstörungen (9) und Werteverschiebungen (10) feststellbar. Helfer berichten nach belastenden Einsätzen über Schwierigkeiten, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren und sich im Alltag zu recht zu finden, bzw. klagen über den Verlust an Motivation und Empathie (11). Einsatzkräfte berichten aber auch von Intrusionen (12) bzw. Vermeidungsverhalten (13). Unerwartet tauchen Bilder des Einsatzes auf und lösen heftige emotionale Reaktionen aus. Situationen, Geräusche oder Gegenstände, die an den Einsatz erinnern, werden deshalb gemieden. Es lassen sich deutlich mehr Krankenstandstage verzeichnen (14) bzw. es kommt zu einem Ausscheiden aus dem Beruf.

PHYSISCHE REAKTIONEN

Auf Grund der enormen Belastung sind physische Reaktionen feststellbar. Hier zeigen Untersuchungen eine Vielfalt von körperlichen Beschwerden und Erkrankungen im Anschluss an Großschadenseinsätze: Erkältungen (15), Schlafstörungen (16), Appetitverlust (17), ein reduziertes Sexualleben, Erschöpfungszuständen, Kopf- und Bauchschmerzen, Nacken- und Rückenbe-

schwerden, Kurzatmigkeit sowie Hautirritationen und Ausschläge (18). Berath et. al (19) Weisen nach, dass es bei psychosozialen Helfern zu einer gesteigerten Unfallhäufigkeit im Verkehr sowie im häuslichen Bereich kommt.

GESUNDHEITSSCHÄDIGENDE COPINGSTRATEGIEN

Körperliche Beeinträchtigungen bzw. Schädigungen werden aber nicht nur durch „erlittenen“ Stress verursacht. Aktives gesundheitsschädigendes Verhalten – zum Beispiel übermäßiger Gebrauch von Sucht- und Beruhigungsmitteln (20) ist eine vielfach beschriebene Copingstrategie. Das in den Untersuchungen berichtete Steigerungsausmaß, belegt dabei die Brisanz des Themas.

SOZIALE AUSWIRKUNGEN BEI HELFERN

Die oben beschriebenen Folgen bleiben auch nicht ohne Folgen für das soziale Umfeld. Helfer berichten über gesteigerte Probleme in ihren sozialen und

intimen Beziehungen (21). Dabei berichten vor allem Frauen, die im Einsatz waren, über Streit mit ihren Partnern und Kinder. Auf Grund ihrer Rolle sind Männer weniger dazu bereit, den erschöpften Frauen nach dem Einsatz eine „Ruhezeit“ zu verschaffen und Haushalt und Kinder zu versorgen. Frauen sehen sich in der Situation, nach dem Einsatz wieder alle Aufgaben und Pflichten wie vor dem Einsatz zu erfüllen – Liegengebliebenes noch zusätzlich aufzuarbeiten. Gelingt ihnen das nicht, kommt es zu Konflikten.

LANGZEITFOLGEN

Klare Aufgabenstellungen bzw. eine laufende Beschäftigung helfen eigene Gefühle für die Dauer des Einsatzes beiseite zu schieben und damit effizient zu bleiben (22). Erinnerungen tauchen aber nach dem Einsatz auf und können in bestimmten Fällen als Belastungen im kognitiven und emotionalen Bereich lange anhalten. Taylor and Frazer (23) finden in einer Untersuchung von so genannten „body handlers“ – Personen, die Tote bzw. Teile von Toten bergen –, nach einem Flugzeugabsturz einer DC10 in der Antarktis 1979, bei 23 % der Befragten Symptome, die als Posttraumatische Belastungsstörung interpretiert werden. McFarlane (24) stellt bei 21 % der Feuerwehrleute nach einem Buschfeuer in Australien 1983, noch nach 29 Monaten Intrusionen fest. Hodgkinson P.E. et al (25) zeigen in ihrer Untersuchung, dass 60 % der psychosozialen Hilfskräfte während des ersten Jahres nach der Explosion auf der Ölbohrinsel Alpha Piper 1988 über kognitive Schwierigkeiten, Symptome von Depression und Gefühle wie Unsicherheit und Unzulänglichkeit berichten und stellt fest, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit die berichteten Symptome noch für längere Zeit andauern werden.

AKUTE- UND POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNGEN

Akute Belastungsstörung (ABS): Nach dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders – Fourth Edition) (DSM IV) besteht eine Akute Belastungsstörung dann, wenn die Person mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert war, während dem sie intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen empfand und dissoziative Symptome (z. B. „sich an wichtige Teile der Situation nicht mehr erinnern können“, „sich wie betäubt fühlen“ …) erlebte. Im Nachhinein müssen Symptome des Wiedererlebens, des Vermeidungsverhaltens und des erhöhten Erregungsniveaus mindestens 2 Tage höchstens jedoch 4 Wochen lang innerhalb von vier Wochen nach dem Ereignis auftreten. Halten die Symptome länger an, sind wahrscheinlich die Kriterien für eine Posttraumatische Belastungsstörung gegeben.

Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD): Unter diesen Begriffen wird eine verzögerte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine außergewöhnliche Bedrohung gesehen, die bei fast jedem Menschen eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Die Reaktionen treten in der Regel 4 Wochen nach dem Ereignis auf, können sich aber auch verzögert bemerkbar machen. Als Symptome sind feststellbar: Wiederholte, zwanghafte Erinnerungen an das Ereignis oder an bestimmte Teile in Form von plötzlichem Empfinden oder Verhalten, als ob das traumatische Ereignis sich wiederholen würde; Vermeidung von Situationen, die eine Erinnerung an das Trauma mit sich bringen könnten, sowie ein erhöhtes Erregungsniveau, das sich in Überwachsamkeit, Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten, Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit oder Wutausbrüchen zeigt.

UNTERSUCHUNG

Um festzustellen, wie viele Einsatzkräfte nach einem belastenden Einsatz an einer Akuten- bzw. Posttraumatischen Belastungsstörung leiden wurde nach dem Gletscherbahnunglück von Kaprun (2000) eine Längsschnittstudie über drei verschiedenen Zeitpunkte (t=6 Wochen, t2=6 Monate, t3=15 Monate) durchgeführt. Befragt wurden 250 Einsatzkräfte (Exekutivbeamte n=75, Sanitäter n=40, psychosoziale Helfer n=135) mittels standardisierten Fragebogen; Acute Stress Disorder Scale (ASDS; Bryant, Moulds, & Guthrie, 2000) (26) sowie der Posttraumatic Stress Diagnostic Scale (PDS; Foa et. al,1997) (27).

Die Ergebnisse zeigen, dass 25,7 % der Exekutivbeamten, 22,2 % der psychosozialen Helfer sowie 7,3 % der Sanitäter unter einer Akuten Belastungsstörung litten. Unter die Kategorie „Psychosozialen Helfer“ fallen: Psychiater, Psychologen, Psychotherapeuten, Seelsorger, SbE-Teams, Peers und KIT-Teams. Sechs Monate nach dem Ereignis zeigt sich dass 9,4 % der Exekutivbeamten, 4,8 % der psychosozialen Helfer sowie 5,7 % der Sanitäter eine posttraumatische Belastungsstörung aufweisen. Beachtenswert ist, dass besonders jene Sanitäter betroffen sind, die ihren Dienst an der Telefonhotline versahen. Zum dritten Zeitpunkt haben die die Belastung deutlich reduziert. Hier kann noch bei 2 % der Exekutivbeamten sowie der psychosozialen Helfer und bei 3,2 % der Sanitäter eine PTSD festgestellt werden.

REDUKTION DER BELASTUNGEN

Zur Vermeidung von gesundheitsschädigenden Effekten bei belastenden Einsätzen ist nur wenig Literatur zu finden. Primäre Prävention scheint in der Forschung einen deutlich geringeren Stellenwert zu haben. Primäre Prävention umfasst aber nicht nur die Verhinderung von Folgeerscheinungen bzw. die Verringerung von deren Intensität. Primäre Prävention bedeutet auch die Stärkung der Widerstandskraft durch Wissen, Erfahrung, Mastery und soziale Netzwerke (28).

ZENTRALE BEREICHE DER PRIMÄREN PRÄVENTION I.Information

Primäre Prävention setzt ein hohes Maß an subjektiver Sicherheit und Gewissheit der Unterstützung voraus. Information ist ein wesentliches Mittel und dient beispielsweise dazu, Katastrophenmythen (29) d. h. unrealistische, angstbesetzte Phantasien, wie z. B. die Vorstellung einer Massenpanik etc. zu verhindern (30), einen „kühlen Kopf zu bewahren“ und zu wissen „was man als nächstes tun muss.“

II.Einsatzerfahrung und Training

Kontinuierliche Einsatzerfahrung hilft Einsatzkräften mit Stressbelastungen besser fertig zu werden. Dies betrifft Belastungen im Vorfeld, aber auch Belastungen, die während des Einsatzes auftauchen. Einsatzerfahrung vermindert bzw. verhindert gleichzeitig Symptome nach einem Einsatz. In ihrer Untersuchung über antizipierten Stress zeigt beispielsweise McCarroll (31) an so genannte „body handlers“ auf, dass die Intensität von antizipiertem Stress unter jenen deutlich geringer war, die über Vorerfahrungen verfügten.

Auch Stressbelastungen während einer Katastrophe lassen sich verringern, wenn die Betroffenen selbst über Vorerfahrungen verfügen. Weisaeth (32) untersuchte dazu die Auswirkungen eines Brandes einer Farben-Fabrik auf die Arbeiter. Dabei fand sie heraus, dass in jener Gruppe, die in der Katastrophe extremen Stress ausgesetzt waren 34 % der Personen angaben, die kognitive Kontrolle fast völlig verloren zu haben. Bei weiteren 20 % der Untersuchten traten Verhaltensveränderungen auf, die das eigene Leben oder das von Anderen gefährdeten. Jene Arbeiter hingegen, die über ein Katastrophen-Training verfügten, zeigten in der Katastrophe deutlich angepasstere Reaktionen und im Nachhinein signifikant weniger Symptome.

Gleiches fand Hytten (33) in einer Studie von Überlebenden nach einem Helikopterabsturz. Dabei wurden aus den gewonnen Daten jene Elemente analysierte, die für das Überleben eine zentrale Rolle spielten. Training erwies sich dabei als der wesentlichste Faktor. Die Erfahrungen aus simulierten ähnlichen Situationen erlaubten den Eingeschlossenen ruhig zu bleiben, die Situation trotz extremer Bedrohung abzuschätzen und sich alternative Ausstiegsrouten zu überlegen.

Es finden sich auch empirische Belege über die Auswirkungen von Training und Einsatzerfahrungen bei psychosozialen Helfern. Dyregrov und Solomon (34) befragten professionelle psychosoziale Einsatzkräfte nach dem Loma Prieta Erdbeben, wie adäquat ihre Ausbildung für den Einsatz war. Sie fanden dabei heraus, dass je höher die Angaben über eine adäquate Ausbildung und Erfahrungen waren, desto geringer waren die Angaben über Stresssymptome nach dem Einsatz. Inadäquates Training hingegen verringert die Effizienz der Helfer und gleichzeitig den Grad der Kontrolle über die Situation. Ein Mangel an Vorhersehbarkeit und Kontrolle sowie die Erfahrung der eigenen Unwirksamkeit erhöht die Wahrscheinlichkeit von psychischen Problemen (35). Adäquate Schulungen, Training und kontinuierliche Einsatzerfahrungen sind somit zentrale Voraussetzungen dafür, dass die Auswirkungen der erfahrenen Belastungen im Einsatzfall – wenn nicht vermieden – zumindest in ihrer Intensität verringert werden können.

III.Mastery

Ein wichtiger Aspekt zur Bewältigung von traumatischen Erfahrungen ist Einsatzkräften das Gefühl der Kontrolle im Einsatz. Nach Taylor (36) zeigen jene Personen mit größerer Wahrscheinlichkeit intensivere Symptome, deren Kontrolle über ihre Umwelt am stärksten beeinträchtigt wurde. Die Illusion der Kontrolle über die Umwelt („mastery“) ist ein zentraler Aspekt für geistige Gesund-

heit und damit ein wesentlicher Aspekt für Widerstandskraft bzw. für Erholung.

Mastery bei Helfern wird erreicht, indem beispielsweise routinierte Handlungsabläufe geübt werden, um im Notfall ein Stück weit „automatisiert“ handeln zu können. Automatisierte Handlungen geben dabei Sicherheit und ermöglichen gleichzeitig über kognitive Ressourcen zu verfügen, die verhindern, bereits von den ersten Anforderungen überwältigt zu werden. So berichten Notfallsanitäter nach dem Unglück am Bergisel, dass während den Reanimationen ein subjektives Gefühl von Sicherheit verspürt wurde, da die Handlungen „von selbst, ohne nachzudenken, von der Hand gingen“.

IV.Teamwork

Grundsätzlich und ohne Ausnahme ist die Arbeit bei Großschadensereignissen Teamwork. Teams geben mehr Sicherheit, reduzieren Belastungen im Vorfeld sowie im Einsatz vor Ort und ermöglichen eine erste Besprechung nach Beendigung des Einsatzes (37). Über kontinuierliche Einsatzerfahrungen kann zudem garantiert werden, dass im Fall eines Katastropheneinsatzes bereits eingespielte Teams in den Einsatz gehen. Die soziale Ressource ist eine nicht zu unterschätzende Voraussetzung für die psychische Gesundheit von Helfern.

LITERATUR

(1) Stamm, B.H. (Ed.) (1995) Secondary traumatic stress: Self-care issues for clinicians, researchers, and educators. Lutherville, MD, USA: Sidran

Press.

(2) Bartone, P. T.; Ursano, R. J.; Wright, K. M.; Ingraham, L. H. (1989) Impact of a military air disaster on the health of assitence workers. Journal of Nervous and Mental Disorders. 177, 317-328

(3) Gibbs, M.; Lachenmeyer, J. R.; Broska, A. (1996) Effects of the AVI-

ANC Aircrash on Disaster Workers. International Journal of Mass Emergecies and Disasters. 14,1. 23-32 (4) Jenkins, S. R. (1998) Emergency Medical Workers’ Mass Shooting Incident. Stress and Psychological Recovery. 16,2. 181-197 (5) Wilkison C. B. (1983) Aftermath of a disaster. The collaps of the Hyatt

Regecy Hotel skywalks. American Journal of Psychiatry. 140, 1134-1139 (6) Raphael, B.; Singh, B.; Bradbury, B.; Lampert, F. (1984) Who helps the helpers. The effects of a dister on the rescue workers. Omega. 14, 9-20

(7) Duckworth, D. H. (1986) Psychological problems arising from diaster work. Stress Medicine. 2, 315-323

(8) Talbot, A.; Manton, M.; Dunn, P. J. (1992) Debriefing the debriefer: An intervention strategy to assist psychologists after a crises. Journal of Traumatic Stress. 5(1), 45-62

(9) Berah, E.; Jones, H.; Valent, P. (1984) The experience of a mental health team involved in die early phase of a disaster. Australia and New Zealand

Journal of Psychiatry. 18, 334-358

( 0) Sheperd, M.; Hodgkinson, P. E. (1990) The hidden victims of disaster:

Helper stress. Stress Medizine, 6, 29-35

(1 ) Dyregrov, A.; Kristofferes, J. I.; Gjstad, R. (1996) Voluntary and Professional Disaster-Workers: Simlarities and Differences in Reaction. Journal of Traumatic Stress 9,3. 541-555

( 2) Morgan, J. L. (1990) Psychological impacts on law enforcement officers and health care providers. In. R. Bolin (Ed.) The Loma Prieta Earthquake: Studies of short term impacts. Boulder, CO: University of Colorado

( 3) Laube, J. (1985) Health care providers as disaster victims. In. J. Laube &

S. Murphy (Eds,) Perspectives on disaster recovery. Norwalk CT: Appelton-Centry-Crofts

( 4) Marmar, C. R.; Weiss, D. S.; Metzler, T. J.; Ronfeldt, H. M.; Foreman,

C. (1996) Stress Response of Emergency Services Personell to the Loma

Prieta Earthquake Interstate 880 Freeway Collapse and Control Traumatic Incidents. Journal of Traumatic Stress. 9,1. 63-85

( 5) Bartone, P. T.; Ursano, R. J.; Wright, K. M.; Ingraham, L. H. (1989) Impact of a military air disaster on the health of assitence workers. Journal of Nervous and Mental Disorders. 177, 317-328

( 6) Jenkins, S. R. (1998) Emergency Medical Workers’ Mass Shooting Incident. Stress and Psychological Recovery. 16,2. 181-197

( 7) Berah, E.; Jones, H.; Valent, P. (1984) The experience of a mental health team involved in die early phase of a disaster. Australia and New Zealand

Journal of Psychiatry. 18, 334-358

( 8) Clayer, J. R.; Bookless,-Pratz, C.; Harris, R. L. (1985) Some health consequences of a natural disaster. The Medical Journal of Australia. 43. 182184

( 9) Berah, E.; Jones, H.; Valent, P. (1984) The experience of a mental health team involved in die early phase of a disaster. Australia and New Zealand

Journal of Psychiatry. 18, 334-358 (20) Green, B.; Grace, M.; Gleser, G. (1985) Identifying survifors at Risk. Journal of Consulting and Clinical Psychology. 53, 672-678 (2 ) Raphael, B. (1986) When disaster strikes. London: Hutchinson (22) Miles, M.; Demi, A.; Mostyn-Aker (1984) Rescue workers' reactions following the Hyatt Hotel Disaster. Death Education, 8, 315-331 (23) Taylor, A. J. W.; Franzer, A. G. (1982) The stress of post-disaster body handling and victim identification work. Journal of human Stress 8, 4. 412

(24) McFarlane A. C. (1986) Post traumatic morbidity of a disaster. Journal of

Nervous and Mental Disease, 174. 4-17

(25) Hodgkinson, P. E.; Sheperd, M. (1994) The Impact of Disaster Support

Work. Journal of Traumatic Stress. 7,4. 587-600

(26) Bryant, R. A., Moulds, M., Guthrie, R. (2000). Acute Stress Disorder scale: A self-report measure of Acute Stress Disorder. Psychological Assessment, 12, 61-68

(27) Foa, E., Cashman, L., Jaycox, L., & Perry, K. (1997). The validation of a self-report measure of posttraumatic stress disorder: The Posttraumatic

Diagnostic Scale. Psychological Assessment, 9, 445-451. (28) Brauchle, G. (2004) Belastungsfaktoren und Resilienz von Einsatzkräften in Kaprun. 6. Wissenschaftliche Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie. Innsbruck (29) Brauchle G.; Brandstetter K.; Gfader P. (2004) Disastersmyths and decision traps and how to overcome them. SSRR, IEEE International Workshop on Safety, Security, and Rescue Robotics, Bonn, Germany. (30) Brauchle, G.; Hötzendorfer, Ch.; Bänninger-Huber, E.; Juen, B. (2000)

Notfallpsychologie oder Psychotherapie? Aufgaben und Einsatzkriterien psychologischen Handelns in Großschadensereignissen. (31) McCarroll, J. E.; Ursano, R. J.; Ventis, W. L.; Fullerton, C. S.; Oates, G.

L.; Friedman, H.; Shean, G. L.; Wright, K. M. (1993) Anticipation of handling the dead: Effects of gender and experience. British Journal of

Clinical Psychology. 32, 466-468

(32) Weisaeth, L. (1989) Importance of high response rate in traumatic stress research. Acta Psychiatrica Scandinavica. 80(Suppl. 355) 131-137 (33) Hytten, K. (1989) Helikoptercrash in Water. Effects of simulator escape training. Acta Psychiatrica Scandinavica. 80(Suppl. 355) 73-78 (34) Dyregrov, A,; Solomon, R. M. (1991) Mental health professionals in disasters: An exploratory study. Disaster Management. 2(1), 25-30 (35) Paton, D. (1994) Disaster Relief Work: An Assesment of Training Effektivness. Journal of Traumatic Stress. 7,2. 275-288

(36) Taylor, S. E. (1983) Adjustment to treatening events: A theory of cognitive adaptaiton. American Psychologist. 38(11) 1161-1173 (37) Paton, D. (1994) Disaster Relief Work: An Assessment of Training Effektivness. Journal of Traumatic Stress. 7,2. 275-288

This article is from: