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S. Platzer, R. Bratschko
from Jahrbuch 2007
by bigdetail
Susanne Platzer, Rudolf Bratschko
Barodontalgia among high mountain climbers
SUMMARY
The negative change in pressure in great altitudes (4,000 to 8,000 m) leads to an increasing volume of gas in closed systems, such as the sinus maxillaris or the pulpchamber which results sometimes in pain. The origin of pain is the sinus maxillaris if there is no way of decompensation or teeth if there are deep fillings, chronic inflammated pulp, or insufficient crowns or inlays. In most cases pain appears suddenly, with great intensity and well located at the region of the
1st
molars. But not only decreased airpressure, but also deep temperatures and the effort of climbing lead to stress for the body. Those factors encourage formation of Barodontalgia. Further hypersensitivity of teeth and decreased possibilitys for hygenic treatment are problems, too. This article offers advices for behavioral management to avoid dental problems during high mountain climbing. Keywords: dental pain, barodontalgia, aerodontalgia.
ZUSAMMENFASSUNG
Der geringere Luftdruck in Höhen zwischen 4.000 und 8.000 m bedingt eine Gasexpansion in geschlossenen Systemen, wie etwa dem Sinus Maxillaris, dem Pulpenkavum, oder auch unter Zahnkronen und Füllungen. Der damit einhergehende Druckanstieg kann zu Schmerzen in der Kieferhöhle und den Zähnen führen, sofern eine direkte anatomische Nahbeziehung durch tiefe Füllungen, Inlays oder Kronen zur Pulpa besteht. Die Schmerzen werden am häufigsten als plötzlich auftretend, stechend, sehr stark und gut lokalisierbar im Bereich der Zähne, insbesondere der 1. Molaren beschrieben. Der geringe Luftdruck in großen Höhen, die tiefen Temperaturen, die großen Anstrengungen und der damit verbundene Stress führen zu einer Verminderung der Immunabwehrlage, welche das Entstehen einer Barodontalgie begünstigt.
Aber nicht nur Barodontalgie zählt zu den Problemen beim Höhenbergsteigen. Auch Hypersensibilitäten der Zahnhälse, bedingt durch Kälte, verstärkte Mundatmung, sowie eingeschränkte Möglichkeiten der Mundhygiene führen zu Zahnschmerzen beim Bergsteigen. Der Artikel beschreibt Verhaltensmaßnahmen, welche helfen können, Zahnprobleme beim Höhenbergsteigen zu verhindern. Schlüsselwörter: Zahnschmerzen, Höhenbergsteigen, Barodontalgie, Aerodontalgie.
EINLEITUNG
Nahm man noch vor einigen Jahren an Expeditionen in hochalpinen Gegenden zwischen 4.000 und 8.000 m teil, so wurde auf einen bestens sanierten Gebisszustand größter Wert gelegt. Der Grund für diese Forderung war, dass durch den geringen Luftdruck in großen Höhen oft luftdruckbedingte Zahnprobleme auftraten. Gemäß dem Boyle-Mariotte’schen Gasgesetz verändert sich bei einer gegebenen Temperatur das Volumen eines Gases indirekt proportional zum Umgebungsdruck (Luft oder Wasser); das bedeutet, dass bei sinkendem Luftdruck in großen Höhen ein Anstieg des Gasdrucks in geschlossenen Systemen erfolgt. Im Sinus Maxillaris ist physiologischerweise eine Möglichkeit des Druckausgleiches vorgesehen. Sind diese Wege jedoch aufgrund enger anatomischer Verhältnisse, diverser pathologischer Befunde oder schon bei einer leichten Verkühlung verlegt, so entsteht ein geschlossenes System, ähnlich wie im Pulpenkavum, und der Druckausgleich wird unmöglich. Der Druckanstieg in diesen Systemen führt zu Schmerzen sowohl in der Kieferhöhle als auch der Zähne, sofern eine Nahbeziehung zur Kieferhöhle oder durch Füllungen, Kronen, Inlays eine gereizte Pulpa vorhanden ist. So werden in Expeditionsberichten teilweise abenteuerliche Methoden der Zahnbehandlung geschildert. Während des Zweiten Weltkrieges wurden diese Symptome vor allem bei Piloten beobachtet und als Aerodontalgie bezeichnet. Da diese Probleme jedoch auch bei Tauchern zu sehen waren, wurde daraus der Begriff Barodontalgie. Die Definition von Barodontalgie lautet: Zahnschmerz, der in direktem Zusammenhang mit einer Änderung des Umgebungsdruckes auftritt.
SYMPTOMATIK
In der Literatur werden vor allem plötzlich auftretende, heftige, gut lokalisierbare Schmerzen der 1. Molaren genannt, welche nach Normalisierung des Umgebungsdrucks persistieren und erst nach adäquater Behandlung Besserung
eintritt (1). Seltener sind die Schmerzen auch dumpfer Natur und betreffen andere Zähne, welche mit Füllungen, Kronen oder Inlays versorgt sind. Die Intensität der Beschwerden kann mitunter so groß sein, dass sie zu psychischer und physischer Beeinträchtigung, in extremen Fällen sogar zur Bewusstlosigkeit führen und die Unfallgefahr rapide ansteigen lassen (2, 3, 4).
HYPOTHESEN ZUR BARODONTALGIE
Kollmann erhebt 3 Hypothesen über die pathophysiologische Entstehung von Barodontalgie (5): * Expansion von Gasblasen unter einer Wurzelbehandlung * Stimulation von Nocizeptoren des Sinus Maxillaris * Stimulation der Nervenendigungen einer chronisch inflammierten Pulpa unter Kronen, Inlays und Zahnfüllungen
Studien an extrahierten Zähnen, welche zyklischen Druckveränderungen ausgesetzt waren, zeigen, dass nur vorgeschädigte Zähne strukturelle Defizite aufweisen (6). Zu diesen Vorschädigungen werden Karies, Restaurationen und Füllungen gezählt. Eine Barodontalgie tritt bevorzugt an prädisponierten Zähnen auf (7). Durch die anatomische Nähe der Zahnwurzeln im oberen Seitenzahnbereich zum Sinus Maxillaris können Schmerzen, welche durch Druckanstieg induziert wurden, als odontogene Beschwerden imponieren, auch wenn die Zähne keinerlei pathologische Veränderungen aufweisen. Interessanterweise wurde kein direkter Zusammenhang zwischen Barodontalgie und Parodontitis gefunden (1). Jedoch sollte man beim Höhenbergsteigen die verminderten Möglichkeiten einer adäquaten Mundhygiene und die damit in Zusammenhang stehende drohende Gingivitis bzw. Parodontitis infolge verminderter Abwehrlage in Betracht ziehen. Ein weiteres Problem beim Höhenbergsteigen sind die tiefen Temperaturen und große körperliche Belastungen, welche für das Immunsystem Stress bedeuten. Dadurch geschwächt können bereits bestehende Läsionen nicht mehr in Schach gehalten werden. Diese Tatsache kann zum Auftreten einer Barodontalgie führen. Eine etwaige verstärkte Mundatmung durch die Anstrengung und die damit verbundene erhöhte Austrocknung der Mundhöhle sowie die tiefen Temperaturen führen ebenfalls zu Schmerzen durch Hypersensibilitäten der Zahnhälse.
EMPFEHLUNGEN
Folgende Verhaltensmaßnahmen können helfen, dentale Probleme beim Höhenbergsteigen zu verhindern:
* Vor Expeditionen ist auf einen sanierten Gebisszustand zu achten. * Keine Zahnbehandlungen 24 Stunden vorher * Keine HNO- und kieferchirurgischen Eingriffe 7 Tage vorher * Auf entsprechende Mundhygiene auch unter erschwerten Bedingungen achten.
Zu empfehlen sind in diesem Zusammenhang tägliche Spülungen mit 0,2 % Chlorhexidindigluconatlösung oder eine Zahnreinigung mit 1 % Chlorhexidindigluconatgel. Durch entsprechende Vorbereitung und Akklimatisation kann Überanstrengung und damit verstärkte Mundatmung vermieden werden.
LITERATUR
(1) González Santiago M., Martinez-Sahuquillo Marquez, A., Bullón-
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(5) Kollmann, W.: Incidence and possible causes of dental pain during simulated high altitude flights. J. Endod. 19(3), 154–159 (1993)
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J. Can. Dent. Assoc. 62(7), 578–584 (1996)
Robb Waanders, Franz Pleh
System <DARIX 4000> in der Praxis – Teil 1
<DARIX 4000> applied – Part 1: Gran Paradiso, Jbel Toubkal, Mt. Ararat
SUMMARY
During exposure to high and extreme altitude a major question in the context of risk and health management concerns the acclimatization state. The Damgiri-Index or DARIX allows for a quick evaluation of this state at altitude ranging from fully acclimatized to severely deficient. For easy application System <DARIX 4000> was developed running on a Pocket PC or Smart Phone. So far this new system has been tested on three moderately high mountains: Gran Paradiso (4061 m), Jbel Toubkal (4167 m) and Mt. Ararat (5165 m). The results will be presented here. System <DARIX 4000> proves to be a reliable aid for addressing the individual acclimatization state. Based on its outcome guidelines for managing the next step in acclimatization at high and extreme altitude are now being developed and tested. These guidelines will make an integral part of System <DARIX 4000>. Keywords: acclimatization state, risk management, prevention, DARIX-Scoring-System, Pocket PC.
ZUSAMMENFASSUNG
In der Höhe stellt sich im Sinne des Risiko- bzw. Sicherheitsmanagements zu jedem Zeitpunkt die Frage, wie gut jemand akklimatisiert ist. Der DamgiriIndex bzw. kurz DARIX ermöglicht eine relativ einfache Evaluation der Situation in der Höhe sowie eine zuverlässige Beurteilung der Höhenanpassung bzw. im Falle einer Störung der Höhenanpassung die Einteilung nach Schweregraden. Zu diesem Zweck wurde System <DARIX 4000> für Anwendungen am Pocket PC oder Smart Phone entwickelt. Diese neue Anwendung wurde bislang an drei mäßig hohen Bergen auf ihre Funktionstauglichkeit hin überprüft: Gran Paradiso (4061 m), Jbel Toubkal (4167 m) und Großer Ararat (5165 m). Die Resultate zeigen, dass das System <DARIX 4000> eine einfache und zuver-
lässige Hilfestellung zur Beurteilung des individuellen Akklimatisationszustandes in großen Höhen darstellt. Der nächste Schritt besteht darin, Richtlinien für die Akklimatisation im System <DARIX 4000> zu integrieren. Schlüsselwörter: Risiko- & Sicherheitsmanagement, Höhenanpassung, Prävention, System DARIX 4000, Automatisierung, Pocket PC.
EINFÜHRUNG
In der Höhe stellt sich zu jedem Zeitpunkt die Frage, wie gut jemand akklimatisiert ist. Mit zunehmender Höhe wird die Atemluft bekanntlich „dünner“, was zu individuell unterschiedlichen körperlichen Reaktionen führt. Zusätzlich zur Höhenexposition und zur begleitenden Hypoxie gesellt sich das Ausmaß an subjektiv empfundener physischer Anstrengung, mit der die Tagesetappe einhergeht. Auch spielen psychologische Faktoren wie „Stressverarbeitungsstrategien“ und „emotionale Belastbarkeit“ eine wichtige Rolle bei der Höhenanpassung (1, 2). Der DAMGIRI-Index (DARIX) ermöglicht eine relativ einfache Beurteilung der Höhenanpassung und im Falle einer Störung der Höhenanpassung die Einstufung nach Schweregrad (3). System <DARIX 4000> wurde für die Anwendung auf Pocket PC oder Smart Phone am Berg entwickelt und (vorläufig) an drei mäßig hohen Gipfeln erprobt: Am Gran Paradiso (4061 m), Jbel Toubkal (4167 m) und Großen Ararat (5165 m). Die kontinuierliche Energieversorgung am Berg war mittels Solar Charger (Abbildung 1) und Mobile Charger B.200 von PowerGuy ausreichend gewährleistet.
Abbildung 1: Solar Charger SP1000
RESULTATE
Gran Paradiso [Aus Wikipedia (4):] „Der Gran Paradiso (fr: Grand-Paradis) ist mit 4.061 Metern der höchste Berg in den Grajischen Alpen, gelegen im Aostatal im Nordwesten Italiens. Der Gebirgsstock des Gran Paradiso erhebt sich südlich der beiden höchsten Alpenmassive, des Montblanc und des Monte Rosa. Nach Südosten geht er ohne vorgelagerte Hügellandschaft unmittelbar in die Ebene des Piemont über. Charakteristisch für das Massiv sind tiefe Taleinschnitte mit steilen Felshängen, spitze Berggipfel und schmale Grate. Zum Teil ist es mit mäch-
tigen Gletschern bedeckt. Es liegt im Gran-Paradiso-Nationalpark, der aus einem 1856 zum Schutz des Alpensteinbocks geschaffenen königlichen Jagdreservat hervorgegangen ist. Die Erstbesteigung erfolgte am 4. September 1860 durch J. J. Cowell, W. Dundas, J. Payot und J. Tairraz. Die Besteigung gilt bis auf die letzten 60 Meter zum Gipfel als relativ einfach. Ausgangspunkt ist normalerweise das Rifugio Chabod oder das Rifugio Vittorio Emanuele.“
Im Rahmen einer kommerziell geführten Besteigung des Gran Paradiso sowie des Montblanc wurde die Höhenanpassung bei n = 12 Teilnehmern protokolliert. Nach Überschreiten der Schwellenhöhe (2500 m) fand die erste Bestimmung des Höhenanpassungsindexes DARIX nach dem Abendessen auf dem Rifugio Vittorio Emanuele (2732 m) statt. Hieraus ergab sich ein Schwellenwert von 2,73 für diese Evaluation (Abbildung 2).
Abbildung 2: Schwellenwerte sind rot markiert; sechs Teilnehmer (A bis F)
Im Allgemeinen gilt: Ist der DARIX über dem Schwellenwert gelegen, deutet dies auf eine verfehlte Höhenanpassung hin. Je mehr der DARIX über dem Schwellenwert liegt, desto stärker ist die aktuelle Höhenanpassungsstörung bzw. umso dringlicher wird eine Anpassung der Strategie, die wieder zu einer erfolgreichen Höhenanpassung führt. Anschließend wurde der DARIX an weiteren neun Messpunkten eruiert. Abbildung 2 zeigt das Verlaufsprofil für sechs der zwölf Bergsteiger, die Schwellenwerte sind rot markiert. Mit einer Ausnahme (Messpunkt 7) wurden die Schwel-
lenwerte generell unterschritten. Ein einzelner Teilnehmer (C, gelbe Linie) erzielte aufgrund mäßiger Müdigkeit und erhöhter physikalischer Anstrengung (Borg von 15) an diesem Messpunkt einen DARIX von 6. Der Schwellenwert wurde um 3 Punkte überschritten und von System <DARIX 4000> mit „VORSICHT, der aktuelle Schwellenwert wurde überschritten: geringe Höhenanpassungsstörung“ bewertet. Die nachfolgende Messung - nach der Nacht in einer Höhe von 3165 m – zeigte bei Messpunkt 8 eine Normalisierung der Höhenanpassung. Der Damgiri-Index DARIX betrug (nur mehr) 1 bei einem Schwellenwert von 3,165.
Jbel Toubkal [Aus Wikipedia (5):] „Der Toubkal (auch Djebel Toubkal, Jebel Toubkal oder Jbel Toubkal) ist der höchste Berg des Atlasgebirges im Nordwesten Afrikas. Mit 4165 Metern ist er auch der höchste Berg Marokkos. Er befindet sich 63 Kilometer südlich von der Stadt Marrakesch in dem gleichnamigen Nationalpark Toubkal. Der Berg liegt in einer zerklüfteten, felsigen Landschaft inmitten anderer, sehr ähnlicher Gipfel. Im Winter fällt Schnee, der auch für Wintersport genutzt werden kann, aber regelmäßig spätestens in den Sommermonaten abschmilzt. Er ist im Verhältnis zu seiner Höhe zumindest in den Sommermonaten recht einfach zu besteigen und gilt daher unter Bergsteigern als ein Gipfel, an dem man besonders gut die dünne Luft hoher Höhen erfahren kann. Vom Gipfel hat man einen schönen Panoramablick über Marokko und kann bei günstigen Wetterbedingungen sogar auf die südlich vom Berg liegende Sahara schauen. Ausgangspunkt für eine Besteigung ist meist das Berberdorf Imlil, an dem eine Straße aus Marrakesch endet. Die Erstbesteigung erfolgte 1923 von Marquis de Segonzac, V. Berger und H. Dolbeau.“
Im Rahmen eines kommerziell geführten Marokko-Atlastrekkings wurde die Höhenanpassung bei n = 6 Teilnehmern protokolliert. Abbildung 3 zeigt das Verlaufsprofil, die Schwellenwerte sind rot markiert. Die Ausgangsschlafhöhe für die Besteigung des Jbel Toubkal betrug ca. 3200 m (Camp nahe der Neltner Hütte). Der Aufstieg nimmt ca. drei bis dreieinhalb Stunden in Anspruch. Während beim Erreichen des 4165 Meter hohen Gipfels bei keinem der Bergsteiger Höhenbeschwerden auftraten (entspricht Messpunkt 3), wurde eine Stunde später (Messpunkt 4) von Teilnehmer A (orange Linie) der Schwellenwert von 4,2 leicht überschritten (DARIX = 6,17). Die Person klagte über mäßig starke Kopfschmerzen bei einem Borg von 14. System <DARIX 4000> bewertete die Evaluation am Gipfel des Toubkal mit „VORSICHT, der aktuelle Schwellenwert wurde überschritten: geringe Höhenanpassungsstörung“. Wenige Stunden nach
dem Abstieg ins Lager in 3200 m war der DARIX mit einem Wert von 1,82 deutlich unter den Schwellenwert von 3,2 gerutscht, das Kopfweh war spürbar weniger geworden. Die übrigen Teilnehmer zeigten generell keine Höhenbeschwerden, ihre DARIX-Werte lagen durchwegs bei NULL. Von System <DARIX 4000> wurden sämtliche Evaluationen mit „Der aktuelle Schwellenwert wurde nicht überschritten: keine Höhenanpassungsstörung“ bewertet.
Abbildung 3: Schwellenwerte sind rot markiert; sechs Teilnehmer (A bis F)
Ararat [Aus Wikipedia (6):] „Der Berg Ararat, auch Großer Ararat (entstanden aus assyrisch Urartu; türkisch Büyük Aˇgrı Daˇgı, armenisch Masis oder Ararat) genannt, ist ein ruhender Vulkan im Ararathochland in der östlichen Türkei nahe der Grenze zu Armenien und dem Iran. Er ist mit 5.165 Meter über dem Meeresspiegel der höchste Berg der Türkei. Der kurdische Name, Çiyayê Agirî, bedeutet „der feurige Berg“ (agir = Feuer, çiya = Berg). Der kleinere Nachbarberg, der Kleine Ararat (türk. Küçük Aˇgrı Daˇgı), ist 3.896 m hoch. Der Große Ararat wurde im Jahre 1829 erstmals von J. J. Friedrich Parrot jun., dem damaligen Rektor der Universität Dorpat (Estland), und seinem armenischen Führer und Studenten, dem späteren bekannten Romancier Chatschatur Abowjan, sowie einigen seiner Studenten bestiegen.“
Im Rahmen einer kommerziell geführten Besteigung des Großen Ararat unter Führung von Ismet Öztürk, dem bekanntesten Bergführer der Türkei, wurde die
Höhenanpassung bei n = 4 Teilnehmern protokolliert. Nach Überschreiten der Schwellenhöhe (2500 m) fand die erste Bestimmung des Höhenanpassungsindexes DARIX vor dem Abendessen im so genannten „Green Camp“ (ca. 3200 m) statt. Bereits hier zeigte einer der Teilnehmer („si“) aufgrund von schwerer Übelkeit einen erhöhten DARIX. In den nächsten Tagen, die zur Akklimatisation genutzt wurden, normalisierten sich die Indexwerte annähernd. Abbildung 4
Abbildung 4: Schwellenwerte sind rot markiert; vier Teilnehmer (be – jo)
zeigt das Verlaufsprofil, die Schwellenwerte sind rot markiert. In der Nacht vor dem „Gipfelsturm“ wurde in ca. 4000 m übernachtet, der Aufbruch war kurz nach 2:00 Uhr. Während für die beiden Teilnehmer „ek“ und „jo“ gilt, dass ihr DARIX an Messpunkt 7 im Normbereich gelegen war, müssen die Werte von „be“ und „si“ zu diesem Zeitpunkt als bereits grenzwertig eingestuft werden. Nach viereinhalb Stunden Aufstieg wurde der 5165 Meter hohe Gipfel um ca. 6:30 Uhr unter erhöhter Anstrengung erreicht. Alle DARIX-Werte sind – wie Abb. 4 eindrücklich zeigt – mehr oder weniger deutlich angehoben, die von „be“, „si“ und „ek“ deuten laut System <DARIX 4000> auf eine mäßig schwere Höhenanpassungsstörung (9 < DARIX < 25) während sich bei Teilnehmer „jo“ (blaue Linie) mit einem DARIX über 25 eine schwere Höhenanpassungsstörung andeutet! In diesem Zusammenhang ist vermeldenswert, dass „jo“ eine frühere Expedition (am Cho Oyu) aufgrund eines HAPE abbrechen musste. Aufgrund der Gesamtumstände wurde nach ca. zehn Minuten mit dem Abstieg begonnen. Camp 4000 wurde kurz vor 10:00 Uhr erreicht. Hier wurde geruht.
Nach einigen Stunden ging es weiter hinunter bis ins „Green Camp“, ein Abstieg von insgesamt zweitausend Höhenmetern! Im „Green Camp“ hatten sich die Werte von allen vier Teilnehmern am nächsten Morgen erholt (Messpunkt 10).
DISKUSSION
In der Höhe stellt sich im Sinne des Risiko- bzw. Sicherheitsmanagements zu jedem Zeitpunkt die Frage, wie gut jemand akklimatisiert ist. Diese Frage lässt sich meistens nicht präzise bzw. nur „annähernd“ von Bergsteigern, Höhentouristen oder Ärzten beantworten. System <DARIX 4000> beruht auf der Bestimmung eines Höhenanpassungsindexes DARIX (3) und ermöglicht eine systematische, noninvasive Evaluation der Situation in der Höhe. System <DARIX 4000> wurde für den Einsatz auf einem Pocket PC oder Smart Phone entwickelt und bisher an drei mäßig hohen Bergen auf seine Funktionstauglichkeit hin überprüft. Der Index für die Höhenanpassung DARIX ist in erster Instanz als praktikable Erweiterung des Lake-Louise-Acute-Mountain-Sickness-Scoring-System (LLAMS-Score; 7) zu sehen und soll Höhentouristen im Sinne eines erweiterten Risikomanagements zu einer besseren Einschätzung ihrer Sicherheitslage verhelfen. Die Praxis der letzten zehn Jahre hat gezeigt, dass der LL-AMS-Score bei individuellen Bergsteigern und Trekkingtouristen nur wenig Beachtung und Anwendung findet, d. h. primär im Rahmen von Höhenstudien verwendet wird. Auf dieser eher wissenschaftlich orientierten Basis kann der LL-AMS-Score kaum zu einer Verbesserung des Risikomanagements von Individuen beitragen. Dazu braucht es eine gezielte, standardisierte Evaluation der subjektiven und objektiven Gegebenheiten bzw. Parameter einer Höhentour/Tagesetappe. Die tägliche Bestimmung des Index für die Höhenanpassung DARIX führt zu einer größeren Transparenz der momentanen Situation in der Höhe und hilft somit, (verborgene) Faktoren, die das Risikomanagement beeinflussen, leichter zu erkennen. Idealerweise wird DARIX nach dem Überschreiten der Schwellenhöhe (2500 m) täglich in der Früh und am frühen Abend bestimmt. Längerfristig können so auffallende Veränderungen im Höhenanpassungsprofil registriert und protokolliert werden. Bei Bedarf können auch Zwischenbestimmungen, z. B. am Gipfel, oder im Rahmen von takAbbildung 5: Darix 4000 tischen In-situ-Überlegungen durchgeführt werden.
Tabelle 1: Bewertungsschema System <DARIX 4000>
Die bisherigen Ergebnisse haben gezeigt, dass System <DARIX 4000> (Abbildung 5) eine praktikable Anwendung zur einfachen Bestimmung der Höhenanpassung darstellt. Eine Evaluation mittels Pocket PC ist technisch einfach durchzuführen und nimmt kaum eine Minute in Anspruch. Die Benutzeroberfläche ist laut Rückmeldung von (unabhängigen) Anwendern übersichtlich und informativ gestaltet. Als so genannte Schwachstellen von System <DARIX 4000> gelten derzeit einerseits die Energieversorgung, die – um keinen Datenverlust zur Folge zu haben – kontinuierlich gewährleistet sein muss. Dieses „Problem“ lässt sich jedoch durch eine kombinierte Anwendung von mobilen Solar- und Batteriechargern (z. B. von PowerGuy; 8) entschärfen. Auch empfiehlt sich die Verwendung eines Pocket-PCs mit ausreichender Akkuleistung. Zum anderen kann aufgrund der Outdoor-Lichtverhältnisse das Ablesen des Displays teilweise erschwert sein. Hier können wir nur auf die Verwendung in Situationen ohne direkte Sonneneinstrahlung hinweisen. Es empfiehlt sich auch, die Herstelleranweisungen zur Optimierung der Kontrastwerte am Display genau zu befolgen.
Die drei Tests am Gran Paradiso, Toubkal und Ararat belegen, dass bei konsequenter Anwendung von System <DARIX 4000> oberhalb der Schwellenhöhe dieses neue System eine zuverlässige Hilfe zur Beurteilung der Akklimatisation darstellt. Zur Interpretation der Ergebnisse von System <DARIX 4000> empfehlen wir Tabelle 1.
Das Bestreben eines jeden Höhentouristen muss somit sein, DARIX, den persönlichen Index für die Höhenanpassung, niedrig, am besten unter 9 zu halten. Er sollte seine Taktik der intelligenten Akklimatisation auf dieses Ziel ausrichten. System <DARIX 4000> stellt einen wichtigen und neuen Beitrag dar, das Risiko- und Sicherheitsmanagement in großen und extremen Höhen zu verbessern. Mit dem Ziel, System <DARIX 4000> einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen, wird nach einem geeigneten, international operierenden Partner in der Industrie gesucht.
LITERATUR
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(7) Roach, R. C., Bärtsch, P., Hackett, P. H., Oelz, O.: The Lake Louise Acute Mountain Sickness Scoring System. In: Sutton, J. R., Houston, Ch.,
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(8) www.powerguy.de