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Wasserfußabdruck
Wir kaufen Wasser
Wo es was bringt, Wasser zu sparen.
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Wo ist das Wasser? 2,5 % der weltweiten Wasservorkommen ist Süßwasser.
Text
Irina Zelewitz D er Aufruf zum individuellen Wassersparen klingt immer ein bisschen nach einer pädagogischen Übung. Möglichst wenig zur Mikroplastikbelastung in den Gewässern beizutragen scheint das neue Wassersparen zu sein. Zumindest in Mitteleuropa, wo Wasser für den Haushaltsgebrauch fast überall immer ausreichend verfügbar ist. Solange es regnet und schneit, ist ausreichend Grundund Oberflächenwasser vorhanden, wenn ich es »verbrauche«, wird es soweit möglich gereinigt, fließt ab, verdunstet und kehrt wieder über Niederschläge zurück. Der Wasserkreislauf – in stark vereinfachter Form. Wasser ist eine erneuerbare Ressource. Nun ist längst bekannt, dass die Niederschläge in manchen Gegenden weniger werden, doch wird dadurch das Leitungswasser knapp? Und ändert es etwas, wenn ich den Wasserhahn nicht so lange laufen lasse? »Ja, Wasser ist erneuerbar, aber gleichzeitig auch eine endliche Ressource, wenn man bedenkt, dass seine Verfügbarkeit an Zeit und Ort gebunden ist«, erklärt Joep Schyns, der an der Universität Twente zu Multidisziplinärem Wassermanagement arbeitet. Die Verfügbarkeit
Eis 68%
quelle: UNESCO
Grundwasser 30%
von Wasser ist nicht nur global betrachtet sehr unterschiedlich, sondern auch in Europa sehr ungleich verteilt. »Wenn die Verfügbarkeit von Wasser limitiert ist, spielt es eine Rolle, wie es genützt wird«, betont Schyns, der die Bereiche »WaterStat & WaterPub« beim Water Footprint Network verantwortet. Zugespitzt: Erst wenn
wir wissen, wie viel Wasser wir verbrauchen und wann und wo wir es verbrauchen, sehen wir, ob das ein Problem ist.
Dort, im Water Footprint Network, hat genau dazu 2002 Arjen Hoekstra, aufbauend auf dem damals schon existierenden Konzept des virtuellen Wassers, den Wasserfußabdruck entwickelt. Der virtuelle Wasserverbrauch ist der, von dem wir nichts merken, weil er indirekt stattfindet – wir konsumieren etwas, für dessen Herstellung Wasser verbraucht wurde.
Oberflächenwasser (Permafrost, Flüsse, Bodenfeuchtigkeit, Seen)
1%
Der Wasserfußabdruck berücksichtigt diesen indirekten wie auch den direkten Wasserverbrauch und drückt aus, wie viel und eben auch wie Süßwasser verbraucht wird. Bei einzelnen Aktivitäten, von und für Produkte, Einzelpersonen, Unternehmen oder Staaten. Ziel ist die Vermeidung jeden Wasserverbrauchs, der stattfindet, wo und wann Wasser knapp ist – oder gar schon Flüsse oder Grundwasser austrocknen.
Was flieSS t mit ein? Die Berechnung des Wasserfußabdrucks einer Person beruht auf ihrem Konsumverhalten, den Aktivitäten der Person – also dem Lebensstil. Von der Ernährung bis zur Frage, ob und welches Auto sie fährt. Denn auch Energieerzeugung – ob Erdöl oder Strom – braucht Wasser.
Die kleinste Bezugsgröße ist dabei die einzelne Aktivität. Zur Ermittlung des Fußabdrucks für ein Produkt oder Unternehmen wird eine Summe von Aktivitäten berücksichtigt – inklusive der Zulieferketten. Wobei als konsumiertes Wasser nur gilt, was in der Region der Nutzung nicht mehr verfügbar ist, weil es verschmutzt oder verdunstet ist.
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Der weltweite durchschnittliche Wasserfußabdruck der Ernährung eines Menschen liegt bei 4000 Litern pro Tag. In Italien liegt er bei 4800, in den USA bei über 5500 Litern.
Joep Schyns unterrichtet und forscht als Assistant Professor an der Universität Twente zu Multidisziplinärem Wassermanagement und verantwortet die Bereiche »WaterStat & WaterPub« beim Netzwerk »Water Footprint Network«.
Das Water Footprint Network ist eine Non-Profit-Organisation mit Sitz in den Niederlanden. Wasser ist Energie und Energie ist Wasser Was ist nun vom alten Ratschlag zu halten, Wasser durch weniger Entnahme aus der Wasserleitung zu sparen? »Wenn wir alle unsere Duschzeiten verkürzen oder gar nicht mehr duschen, werden wir das globale Wasserproblem nicht lösen«, fasst Schyns zusammen. Wesentlich mehr Wasser als durch kürzeres Duschen spare man durch eine Reduktion der Duschtemperatur, durch den geringeren Energieverbrauch. »Ich denke, viele Leute sind sich schon dessen nicht bewusst, dass in Feldfrüchten Wasser steckt, das sie zum Wachsen brauchten. Aber dass zur Produktion von Energie auch Wasser notwendig ist, ist wesentlich abstrakter.«
Wir ka ufen Wasser, wir essen Wasser Den größten Hebel haben wir über unser Konsumverhalten. Denn nur ein Prozent unseres Wasserfußabdrucks entsteht durch Haushaltsverbrauch von Leitungswasser. Der durchschnittliche Haushaltswasserverbrauch einer Europäerin bzw. eines Europäers beträgt 23 Liter pro Person und Tag. Wir entnehmen natürlich wesentlich mehr aus der Leitung als die 23 Liter – aber alles, was gereinigt und aufbereitet in das Wasserversorgungsnetz zurückgeführt wird, zählt nicht zum Wasserfußabdruck.
Beim Konsumverhalten beträgt, so Schyns, »schon allein der Bereich Lebensmittel 3500 Liter pro Tag und Kopf. In Österreich liegt der tägliche Durchschnittsabdruck für Lebensmittel bei 3655 Litern, in Indien liegt er unter 2400 – der Unterschied ergibt sich vor allem aus der Zusammensetzung des Speiseplans, wie viel Milch und Fleischprodukte konsumiert werden.«
Ein Wasserabd ruck vo n null »Wir haben uns auch angesehen, was Ernährungsumstellungen bringen: WissenschaftlerInnen haben europäische Ernährungsempfehlungen als Ausgangsbasis genommen – und den Wasserfußabdruck berechnet. Und für Österreich kann man sagen, dass, wenn man von der derzeitig durchschnittlichen zu einer den Gesundheitsempfehlungen entsprechenden Ernährung wechseln würde, sich der Wasserfußabdruck um 25% reduzieren würde.« Ein kompletter Verzicht auf Fleisch würde ihn durchschnittlich sogar um 37% verringern – und aus den 3655 Litern pro Kopf würden 2300 werden. Durch kürzeres Duschen kann man also zig bis hundert Liter Wasser sparen. Durch eine Ernährungsumstellung aber gleich ein Viertel oder ein Drittel des gesamten Wasserfußabdruckes.
Etwas Ähnliches gilt für Energie. 1300 Liter Wasser werden pro Kopf und Tag verbraucht, damit wir EuropäerInnen unseren Energieverbrauch decken können. Der Energieverbrauch und unsere Ernährung bestimmen also maßgeblich unseren Wasserfußabdruck. Und das bedeutet – wie Schyns betont – eben auch, dass schon eine Reduktion des Fleischkonsums und des Energieverbrauchs einen starken Effekt hat.
Im GroSS en betrachtet Aus Produktionsperspektive ergibt sich ein ähnliches Bild wie aus KonsumentInnenperspektive. Schyns fasst es weltweit grob wie folgt zusammen: Etwa 80% des Wasserfußabdrucks gehen auf die Landwirtschaft zurück, 15% auf die Industrie und 5% auf den Haushaltsverbrauch. Die Lösungsansätze können aber nicht dieselben sein wie auf KonsumentInnenebene: Weil zwar die Potenziale auch dort groß sind, wo der Verbrauch am größten ist, man gleichzeitig aber Landwirtschaft nicht ohne Wasser betreiben kann.
Wo steht Bio? Wasserfußabdrücke für den Biolandbau bzw. für Bioprodukte gibt es nicht. Schyns kann nur von Zukunftsabsichten berichten: »Wir nehmen uns vor, hier künftig zu differenzieren. Wir haben hier in sehr vielen Fällen die Daten dazu nicht, wo bio produziert wird und wo nicht. Grundsätzlich rechnen wir damit, dass die Bilanz der Biolandwirtschaft in Sachen Wasserverbrauch gemischt ausfällt« – denn Bio bedeute einerseits meistens extensivere Landwirtschaft, also eine geringere Ernte und insofern auch mehr Wasserverbrauch pro Produkteinheit. Gleichzeitig erfolgt im Biolandbau eine geringere Wasserverschmutzung.
Der Industriesektor kann laut Schyns in vielen Fällen quasi wasserneutral werden, »durch Reinigung und Rückführung, dann gibt es weder Wasserkonsum noch Verschmutzung«.