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Fischzucht

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Elternalltag

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GESCHLECHTERPARITÄT IM FORELLENTEICH

Am Traunsee konzentriert sich ein Fischzampano auf die Zucht in Bioqualität.

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Auf Google Maps ist es ein Teich, der Angelteich Salmos. Das stimmt in zweifacher Hinsicht nicht. Erstens ist es kein Angelteich (mehr), zweitens sind es eher viele kleine, sehr unterschiedliche Teiche, die hier in einer Waldlichtung auf halbem Weg zwischen Attersee und Traunsee in Oberösterreich, nahe der Grenze zum Land Salzburg, liegen.

Das Areal, auf dem sich die Teiche von Biofisch Großalm befinden, gehört den Österreichischen Bundesforsten. Was in Österreich üblich und auch einfach zu erkennen ist. Viel Wald, ein altes Forsthaus. Neben den Eigenfischereien am Grundl-, am Toplitz- und am Hallstätter See verpachten die Bundesforste österreichweit etwa 400 kleinere Fischereien. Dabei unterstützen sie PächterInnen auch bei Projekten und Vorhaben in Sachen Ökologie, Naturschutz oder Wiederansiedlungsprojekte.

Bei Biofisch Großalm kümmert sich Markus Moser als Pächter um die Fische und die Teiche am Traunsee. Moser hat (fast) Fisch-DNA. Er ist Spross einer alten und eingesessenen Dynastie von Fischern (war und scheint hier noch Männersache zu sein). Aber er ist nicht nur Züchter. Bis 2016 hatte er auch ein Café im Stadtkern von Gmunden. Außerdem ist er ausgebildeter Gastrosoph. Ein Mann, dem Lebensmittel und ihre Qualität am Herzen liegen. Bei seiner Fischzucht hat er sich für biologische Bewirtschaftung entschieden. Das bedeutet konkret vor allem, dass es beim Futter grundsätzlich verboten ist, Hormone, Antibiotika und Anabolika einzusetzen. Mit Hormonen oder Anabolika wie etwa Methyltestosteron wird in der konventionellen Fischzucht versucht, bei den Fischen eine Geschlechtsumwandlung herbeizuführen. Dadurch entstehen im Teich überwiegend männliche Populationen, bei denen sich die Fische durch schnelleres Wachstum auszeichnen. Wodurch sich wiederum schnellere Produktionszyklen und mehr Umsatz ergeben. In der biologischen Fischwirtschaft wird auf dieses Hilfsmittel verzichtet und beim Wachstum auf Zeit gesetzt. Der Einsatz von synthetischen Herbiziden, Pestiziden und Insektiziden ist ebenfalls untersagt. Letzteres würde auch wenig bringen, denn die Insekten, die auf den üppig bewachsenen Flecken rund um die Teiche leben, sind für Moser Teil des Futters. Der Hauptteil besteht jedoch aus biozertifiziertem Fischfutter, das nach strengen Richtlinien, im Fall des Produkts AquaEco der Firma Garant auch frei von Zutaten aus dem Meer, hergestellt wird. Dabei wird bei der Produktion auf Restematerial der Fischverarbeitung zurückgegriffen. Bei der Zucht von Salmoniden, wie sie bei Biofisch Großalm heranwachsen, kann auf tierisches Protein (noch) nicht verzichtet werden.

Zurück ins Salzkammergut. Ein Besuch bei Moser zahlt sich aus, weil man bei ihm ausgesprochen gute Forellen und Saiblinge bekommt. Früher kamen öfter BesucherInnen. Früher, damit ist vor der Pandemie gemeint. Da war Biofisch Großalm noch ein Angelteich. Väter kamen mit ihren Kindern, hielten Angel-

TEXT UND BILD

Jürgen Schmücking

ruten ins Wasser und holten sich die Forellen und Saiblinge für den Grillabend. Oder fürs Familienessen am Sonntag. Im Laufe der Covidkrise hat sich das aufgehört. Es kamen immer weniger BesucherInnen und irgendwann hat Markus Moser entschieden, es sein zu lassen – das mit dem Angelteich. Drei Mal in der Woche steht Markus Moser oder einer seiner Freunde oder Partner an einem der Märkte in der Region. Hin und wieder kommen auch BesucherInnen und kaufen direkt »ab Teich«.

DIE UNGEBETENEN GÄSTE

Zwei Besucher kommen allerdings immer noch regelmäßig. Oder versuchen es zumindest. Der Fischotter und der Fischreiher. Dass beide massive Schäden im Fischbesatz anrichten, ist bekannt. Beim Fischotter ist es ähnlich wie beim Wolf oder beim Fuchs. Der Hunger ist schnell gestillt, aber dann setzt der Blutrausch ein, und der Otter wird erst verschwinden, wenn sich nichts mehr bewegt. Und in einem kleinen Fischteich (die »Teiche« ähneln teils kleinen Bachläufen der Aurach) bewegt sich lange was. Der Otter ist sowohl in Deutschland als auch in Österreich streng geschützt. Aus jagdrechtlicher Sicht genießt er meist einen Schutz, der über das Konzept der »Schonzeit« weit hinausgeht. Das ist einerseits gut so, denn der Fischotter galt lange als bedrohte Art. Der Schutz hat auch zu einer soliden Bestandsvermehrung der Otter geführt. Natürliche Feinde gibt es so gut wie keine. FischzüchterInnen und TeichwirtInnen verweisen auf massive Bestandsschäden bei ihren Arten, den Fischen, und versuchen, die Behörden davon zu überzeugen, dass

für Fischotter ähnliche Argumente gelten wie für die Bejagung von Raubwild (wie Fuchs, Marder und Dachs) als Schutz- und Hegemaßnahme von Feder- und Niederwild (etwa bodenbrütende Vögel und Feldhasen). In vielen deutschen und österreichischen Bundesländern gibt es allerdings Ausnahmebestimmungen zur »Entnahme«. Jenseits dieser bleibt nur der Selbstschutz. Im Fall von Biofisch Großalm sieht dieser Schutz so aus: ein tief in die Erde gegrabener Zaun von etwa anderthalb Metern Höhe, verstärkt durch ein enges Mäusegitter und an der oberen Zaunseite mit einem Elektrodraht gesichert. Für den Otter ist das wie Fort Knox. Nur, dass er eigentlich nicht raus-, sondern eher reinwill. Diesmal er: keine Chance. Beim Fischreiher sieht die Sache anders aus. Um die Fische gegen ihn zu schützen, müsste eine Drahtkuppel über die Teiche gespannt werden. Das ist illusorisch und wäre vor allem auch unpraktisch. Hin und wieder sieht man in einem von Markus Mosers Teichen eine Forelle oder einen Saibling vorbeischwimmen, der oder dem ein Stück vom Rücken herausgepeckt wurde. Das war dann mit großer Wahrscheinlichkeit der Reiher. Am Teichrand stehend warten sie einfach, bis ein Fisch vorbeischwimmt, und versuchen, sich den Leckerbissen zu holen.

FÜR JEDE GENERATION EIN EIGENER TEICH

Moser hat für Forellen und Saiblinge mehrere Teiche in unterschiedlichen Größen. Für jede Generation einen. »Geerntet«, also abgefischt, werden sie mit einem Alter von zwei oder drei Jahren. Die dreijährigen Fische sind dann jedenfalls richtige Brocken und auch geschmacklich stellen sie die Jugend in den Schatten. Ähnlich wie beim Abfischen eines Karpfenteichs gehen Moser und einer seiner Mitarbeiter watend durch den schmalen Teich und ziehen die Fische mit einem Netz an einer Stelle zusammen. Danach werden sie mit Keschern, also kleineren Fangnetzen, aus dem großen Fangnetz gefischt und in großen Kübeln zur Schlachtbank gebracht. Ein kurzer, heftiger Schlag auf den Kopf, ein schneller Schnitt den Bauch entlang, ausspülen, fertig für den Markt. Die Innereien, vor allem Leber und Rogen, bekommen KundInnen, die danach fragen.

Apropos KundInnen. Die Biofische von Biofisch Großalm gibt es an Markttagen an verschiedenen Märkten im Salzkammergut. Oder in der Gastronomie. Mittlerweile liefert Moser auch an Lukas Nagl, Österreichs Fischzampano, der im Bootshaus am Traunsee am Herd steht und gerade dabei ist, die Fischküche neu zu erfinden. Als eine seiner Vorspeisen serviert er Eis aus Kren und Gurken mit Forellenkaviar, Karpfen (Wildfang aus dem Mondsee) serviert er mit roten Rüben, von der Aalrutte (die Markus Moser zwar auch gerne hätte, der empfindsame Fisch aber mit den Bedingungen im Teich nicht zurechtkommt) gibt es die Leber – und was nicht verarbeitet wird, kommt in Nagls Werkstatt und fermentiert dort zu Garum, einer intensiven Fischsauce, die als Umamibombe seine (und viele andere) Küche bereichert.

Markus Moser hat mit Angela Hirmann, ebenfalls Gastrosophin und Köchin, das wunderbare Buch »Fisch echt einfach« (Löwenzahn, 2018 zweitaufgelegt) geschrieben.

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