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Radland Niederösterreich
PLÖTZLICH RADLAND
Das Land Niederösterreich will mit einer neuen Mobilitätsstrategie zum Vorzeigeland beim Radfahren werden. Kann es das schaffen?
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Als Kristin Harrich im Jahr 2014 nach Gmünd im Waldviertel zog, fühlte sie sich bald als Exotin. Mit dem Rad zum Einkaufen fahren, zu Bekannten, zum Schwimmen – »das macht man hier nicht«, stellte sie fest. »Man steigt ins Auto, und wenn es nur für die zwei Kilometer zum Billa sind.« Dass sich die Situation in der Kleinstadt von der in Graz und Wien, wo sie zuvor gelebt hatte, unterscheidet, damit habe sie natürlich gerechnet, sagt Harrich – »aber nicht in diesem Ausmaß«.
Radfahren von etwas Exotischem zur Normalität zu machen, das ist das Ziel der neuen Mobilitätsstrategie des Landes Niederösterreich. »Niederösterreich will zum Vorzeigeland bei der aktiven Mobilität, speziell beim Radfahren, werden«, hieß es im Frühling in einer Presseaussendung des Landes. Was Amsterdam und Kopenhagen im urbanen Raum vormachten, nehme man sich als Flächenbundesland vor, wird Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (övp) darin zitiert, und: »Unsere Landsleute schaffen es bereits heute, über 22 Prozent aller Wege mit ihrer eigenen Muskelkraft zurückzulegen. Diesen Wert wollen wir auf 44 Prozent steigern.«
Erreicht werden soll das mit einer neuen, ebenfalls im Frühling veröffentlichten »Strategie für mehr Aktive Mobilität«, für deren Umsetzung die neu gegründete Radland GmbH – mit vollem Namen »Radland Niederösterreich – Agentur für Aktive Mobilität « – zuständig ist. Auf der Website radland.at wird das 44-Prozent-Ziel der Landeshauptfrau konkretisiert: Noch »in den 20er-Jahren« wolle man den Anteil der zu Fuß und auf dem Fahrrad zurückgelegten Wege auf 44 Prozent verdoppeln.
ZU WENIGE DATEN
Können diese Ziele durch die Initiativen des Landes erreicht werden? Aktuell werden in Niederösterreich sieben Prozent aller Wege mit dem Fahrrad und 15 Prozent hauptsächlich zu Fuß zurückgelegt. Ein Bundesländervergleich ist schwierig, weil die letzte österreich-
TEXT
Ruth Eisenreich
In Niederösterreich nutzten 2019/2020 31,9 % der Bevölkerung ab 16 Jahren an, das Fahrrad täglich oder mehrmals in der Woche als Verkehrsmittel zu nutzen. 69,7 % nutzen es zumindest gelegentlich. In den Bundesländern Wien, Oberösterreich Kärnten und Tirol sind eist der Anteil geringer gewesen. (Daten: Statistik Austria, VCÖ 2021). Diese Regionen sollen Rad-Basisnetze (früher “Grundnetze”) bekommen. Quelle »Strategie für mehr aktive Mobilität in NÖ – Fit in die Zukunft«, Schriftenreihe Heft 40, 2021.
weite Erhebung zu dem Thema aus dem Jahr 2013/14 stammt. Einer aktuellen vcö-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zufolge nutzen 70 Prozent aller NiederösterreicherInnen »zumindest gelegentlich« das Fahrrad als Verkehrsmittel, 31 Prozent tun das täglich oder mehrmals pro Woche. Damit liegt Niederösterreich im Bundesländervergleich im Mittelfeld – Spitzenreiter ist Vorarlberg mit 77 beziehungsweise 49 Prozent.
In seiner Mobilitätsstrategie nennt Niederösterreich nun fünf Handlungsfelder, die es seinem Ziel näherbringen sollen: Erstens die Infrastruktur; zweitens die Multimodalität, also die möglichst reibungslose Verknüpfung von Rad-, Fuß- und öffentlichem Verkehr; drittens sollen neue Möglichkeiten etwa durch E-Mobilität und Sharing-Angebote bestmöglich genutzt werden; der vierte Punkt sind Bewusstseinsbildung und Information; der fünfte die Förderung und Beratung der Gemeinden.
Die neue Radland GmbH wird auf ihrer
Website als »zentrale Anlauf- und Servicestelle für alle Fragen und Belange zur Förderung des Alltagsradverkehrs und Fußgängerverkehrs« beschrieben. »Sie vernetzt, informiert und unterstützt alle Partnerorganisationen, Gemeinden, Betriebe, Bildungseinrichtungen und Dienststellen des Landes NÖ, die gemeinsam an der Förderung der aktiven Mobilität zusammenarbeiten«, heißt es da.
Unterhält man sich mit Radland-Geschäftsführerin Susanna Hauptmann, schrumpft die Agenda der Agentur allerdings stark zusammen: Die Radland GmbH sei dezidiert für die Bewusstseinsbildung da, sagt sie – es gehe darum, das Radfahren als eine selbstverständliche Möglichkeit der Fortbewegung in den Köpfen zu etablieren. Die Agentur organisiere unter anderem Kurse und Workshops für Kinder und SeniorInnen, Infostände sowie Gewinnspiele und Wettbewerbe, bei denen besonders radfreundliche Städte und Gemeinden ausgezeichnet werden, und betreibe das Leihradservice Nextbike.
Dass Bewusstseinsbildung vielerorts sinnvoll und nötig ist, zeigen Erfahrungen wie die von Kristin Harrich, der Radlobby Niederösterreich und ExpertInnen der Mobilitätsorganisation vcö. Sie sagen allerdings auch: Der Kultur-
wandel allein reicht nicht aus, solange es an der Infrastruktur hapert. Und die sei in Niederösterreich auf touristischen Routen wie dem Donauradweg oft sehr gut – wenn es um den Weg in die Arbeit oder gar um einen sicheren Schulweg für Kinder gehe, aber nicht.
Gerade zwischen den Gemeinden hätten Radfahrende oft keine Alternativen zum Radeln auf Landesstraßen, auf denen lkw mit 100 km/h vorbeirasen. Kristin Harrich erzählt von einem vor einigen Jahren gebauten Strandbad drei Kilometer außerhalb von Gmünd, wo sofort für viel Geld ein großer Parkplatz für pkw geschaffen worden sei – einen sicheren, für Jugendliche oder Familien geeigneten Radweg dorthin gebe es hingegen bis heute nicht, ebenso wenig einen Bus.
Natürlich sei die Infrastruktur wichtig, sagt Radland-Geschäftsführerin Susanna Hauptmann, zugleich Radbeauftragte des Landes. »Aber ich lasse das nicht als Ausrede gelten. Es kann, überspitzt formuliert, nicht für jeden seinen persönlichen Radweg geben.« Die Infrastruktur sei besonders für die Menschen
— Elisabeth Füssl,
Radlobby NÖ
wichtig, die bereits Rad fahren – für jene, die das noch nicht tun, sei die Bewusstseinsbildung wesentlicher.
Elisabeth Füssl, Soziologin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am auf Mobilität spezialisierten privaten Forschungsinstitut Factum und stellvertretende Vorsitzende der Radlobby Niederösterreich, sieht das anders: »Wenn Leute das Radfahren einmal ausprobieren und dann endet plötzlich der Radweg im Nichts und sie werden auf einer Landesstraße von lkw mit 100 km/h überholt, dann ist das frustrierend und sie lassen es wieder.« Wolle man das Radfahren als ernst zu nehmende Alternative zum Auto etablieren, »dann braucht es auch eine ernst zu nehmende Infrastruktur, die genauso durchdacht und lückenlos ist wie die für pkw«.
Tatsächlich plant das Land Niederösterreich auch neue Infrastrukturprojekte. Auf ausgewählten Strecken will es bis 2030 insgesamt 200 Kilometer an neuen Radschnellwegen bauen, breit, baulich getrennt, möglichst direkt, mit gutem Belag und Schneeräumung im Winter. Und innerhalb regionaler Zentren hat es in den vergangenen Jahren die Planung sogenannter Rad-Basisnetze finanziert, die sowohl an die Schnellwege als auch an den öffentlichen Verkehr angebunden werden sollen. Es sind Projekte, die ExpertInnen und Alltagsradfahrende durchwegs für sinnvoll halten und die Niederösterreich seinen Zielen deutlich näher bringen könnten.
Wie so oft wird es hier allerdings darauf ankommen, ob und wie gut die schönen Pläne umgesetzt werden. Die Region Gmünd-Schrems etwa, wo Kristin Harrich wohnt, soll sowohl ein Rad-Basisnetz als auch einen Radschnellweg bekommen. Doch das Projekt Basisnetz liege derzeit auf Eis, sagt Harrich, die sich bei der örtlichen Radlobby engagiert. Sie befürchtet, dass jetzt alle Energie ins langfristige Prestigeprojekt Radschnellweg fließt und in den Jahren bis zu seiner Fertigstellung beim Basisnetz nichts weitergeht.
IN DEN KÖPFEN BEWEGT SICH WAS
Für alles, was innerhalb von Gemeinden geschieht und keine Landesstraßen betrifft, sind die Gemeinden zuständig. Auch dort, bei vielen BürgermeisterInnen und GemeinderätInnen, sei in den vergangenen Jahren das Bewusstsein für die Klimakrise und für nötige Veränderungen bei der Mobilität gewachsen, sagt Elisabeth Füssl von der Radlobby: »Da tut sich schon einiges, was bis vor Kurzem undenkbar war.«
Aber mit gutem Willen allein ist es nicht getan. Mitunter scheitern Radverkehrsprojekte an örtlichen Gegebenheiten oder Widerständen von Einzelnen, etwa von GrundbesitzerInnen. Manchmal an der Angst davor, dem Autoverkehr etwas wegzunehmen, Parkplätze, einen
Oft ist für RadfahrerInnen die einzige Alternative zur Landesstraße ein geschotterter Güterweg.
Teil der Fahrbahn oder auch ein bisschen Geschwindigkeit durch die Senkung eines Tempolimits.
Manchmal scheitere es am Geld, sagt Elisabeth Füssl: »Das Land fördert zwar bauliche Maßnahmen, die Formalitäten erscheinen manchen GemeindevertreterInnen aber langwierig und kompliziert, das macht es für einige Gemeinden unattraktiv.« In seiner neuen Mobilitätsstrategie hat das Land ein erhöhtes Budget für den Radverkehr angekündigt, allerdings ohne das zu beziffern. Auf Nachfrage schreibt die Sprecherin der Radland GmbH, man habe in den Jahren 2015 bis 2020 durchschnittlich rund zwei Millionen Euro pro Jahr für Radwege investiert (gut die Hälfte davon für touristische); 2021 seien es drei Millionen für Infrastruktur, eine Million für die Bewusstseinsbildung und zwei Millionen für touristische Radwege gewesen, und für 2022 und 2023 stünden jeweils vier Millionen zur Verfügung. Aus Sicht der Grünen ist das immer noch zu wenig: »Das entspricht der Errichtung von nicht einmal 10 Kilometern eines gut ausgebauten Rad-Schnellweges pro Jahr«, sagt der Landtagsabgeordnete Georg Ecker. Außerdem seien im entsprechenden Budgetposten auch »Dotierungen von Rückstellungen« in der Höhe von 4,25 Millionen Euro enthalten, sodass unklar sei, wie viel von dem Geld tatsächlich in die Radinfrastruktur fließe. Das Budget für den Straßenbau wurde wegen der Coronakrise gekürzt – es beträgt jetzt für die kommenden beiden Jahre 175 Millionen Euro.
Und manchmal scheitert es an der Kompetenz: »Die Menschen, die in den Gemeinden die Verkehrsplanung machen, sind es seit Jahrzehnten gewöhnt, alles autooptimiert zu gestalten«, sagt Christian Gratzer vom vcö. »Aber wenn man darauf hinweist, dass man nur eine Kleinigkeit verändern muss, ist der Wille bei vielen vorhanden.« Dass das Land den Gemeinden laut Mobilitätsstrategie in Zukunft verstärkt Beratung anbieten will, sieht er daher besonders positiv.
Gratzer hält das 44-Prozent-Ziel des Landes für sehr ambitioniert, aber für machbar – wenn Niederösterreich wirklich alles bestmöglich umsetzt, was es angekündigt hat. Wichtig sei dabei aber nicht nur, was gemacht wird, sondern auch, was in Zukunft nicht mehr gemacht wird: neue Supermärkte auf der grünen Wiese etwa oder der Bau neuer Straßen. Man kann dabei zum Beispiel an große Projekte wie die Ost-Umfahrung Wiener Neustadt denken. Die kostet nicht nur viel Geld – sie wird, sagt etwa die Initiative »Vernunft statt Ost-Umfahrung« oder die Klubobfrau der Wiener Neustädter Grünen, Selina Prünster, auch mehrere schon bestehende Radwege kappen.
Offenlegung: Die Autorin ist freie Journalistin und Chefredakteurin des Fahrradmagazins Drahtesel, das von der Radlobby Österreich herausgegeben wird.
BILD: © LEITNER
Freier Fluss. Wilder Wald.
Wir feiern 25 Jahre Nationalpark Donau-Auen.
Die einzigartige Flusslandschaft zwischen Wien und Bratislava wird seit 1996 durch den Nationalpark Donau-Auen geschützt. Eine Fülle an Leben ist hier beheimatet, darunter 800 höhere Pflanzenarten, 33 Säugetier-, 100 Brutvogel-, 8 Reptilien-, 13 Amphibien-, 67 Fisch- und tausende Insektenarten. Renaturierungsprojekte geben der Donau seit der Gründung des Schutzgebiets wieder Raum, ihre Auen und Ufer zu gestalten. Die Umwandlung von einst forstwirtschaftlichen Flächen zurück zu Naturwäldern schreitet voran. Denn das Nationalparkmotto lautet: Freier Fluss. Wilder Wald. Zugleich dient der Nationalpark Donau-Auen als Naherholungsgebiet und kompetenter Ort der Umweltbildung. Geführte Wanderungen, Bootstouren, Familienfeste und Camps bieten eine Vielfalt an Naturerlebnissen. Mit dem schlossORTH Nationalpark-Zentrum und dem Nationalparkhaus wien-lobAU wurden zwei Besucherzentren errichtet, die als Infostelle und Ausflugsziel rege genutzt werden. Willkommen in der grünen Wildnis am großen Strom.
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DES NATIONALPARK DONAU-AUEN
Gegen Jahresende hin scheint die Welt im Hochmoor still zu stehen. Der Naturpark Heidenreichsteiner Moor bietet Ruhe, schärft die Sinne und entschleunigt.
Gut zu Fuß
Schrittgeschwindigkeit ist das ideale Tempo, um sich die Kulturlandschaft eines Naturparks zu erschließen. Wandern ermöglicht echten Genuss.
Die Ruhe, die Stille, der Dunst über dem Teich. »Wer bei uns unterwegs ist, findet keine schroffen Felsen«, sagt Horst Dolak. »Alles hier ist nicht sehr actiongeladen und eher besinnlich.« Gerade gegen Jahresende hin ist es im Hochmoor als würde die Zeit stillstehen. Die vielen Farben des Herbsts, Moospolster auf Pappeln und Birken, eine reife Landschaft; das strahlende Weiß des zugeschneiten Moores oder das Funkeln und Knirschen, wenn die Landschaft nach Tauwetter wieder gefriert und man sich fest angezogen hinauswagt. Dolak hört nicht auf zu schwärmen, wenn er von seiner Heimat spricht. Seit 2015 führt der Forstwirt die Geschäfte des Naturparks Heidenreichsteiner Moor. 2021 wurde dieser unter allen 47 österreichischen Naturparken als »Naturpark des Jahres« auserkoren. »Eine schöne Auszeichnung für unser Team«, sagt Dolak, »vor allem weil wir es als zweitkleinster Naturpark von allen binnen weniger Jahre gleich zweimal geworden sind«. Schon 2005 hatte die Jury sich für die engagierten WaldviertlerInnen aus der urtümlichen Moorlandschaft entschieden. Wer sich für diese Auszeichnung bewirbt, muss mit jeder der vier Säulen, die einen Naturpark ausmachen (also: Naturschutz, Erholung, Bildung und Regionalentwicklung), überzeugen. Als herausragend wurde neben der Renaturierung des Moores – ein wichtiger Beitrag zum Natur- und Klimaschutz – die grenzüberschreitende, konsequent zweisprachige Naturschutzarbeit empfunden. Und nicht zuletzt die Möglichkeit, das Moor sinnlich zu erleben. Am besten gehe das, wenn man sich etwas Zeit nimmt, beim Wandern, so Dolak. Begeistert ist er, dass das Angebot auch von tschechischen Gästen immer besser angenommen wird. Das weiß er anhand der Downloadzahlen des in beiden Sprachen verfügbaren Audioguides für den Moorlehrpfad. Sonst unterscheiden sich die Gäste aus Österreich kaum von jenen aus Tschechien: Familien, naturbegeisterte Genussmenschen, die sich für eine Frischkäseverkostung bei Käsemacher oder eine Biergustation in der Schremser Brauerei begeistern können. Wobei es einen kleinen Unterschied dann doch gebe. Vielleicht ein Klischee, »aber ja, die TschechInnen sind wirklich extrem outdooraffin und sehr interessiert an richtiger Information.«
WEITWANDERN IN DER WACHAU
Angebote für jeden Aktivitätsanspruch gibt es auch weiter südlich, im Naturpark Jauerling-Wachau, wie Mathilde Stallegger erzählt. Die dortige Geschäftsführerin hat lange beim Umweltdachverband »an der Schnittstelle von Biodiversität und ländlicher Entwicklung gearbeitet«, und widmet sich nun im Kleinen dem, was sie davor konzeptuell im Großen beschäftigt hat. Höhepunkt ist - im Wortsinn - das
»Dach der Donau«, eine seit einigen Saisonen ausgewiesene Gipfelrunde um den 960 Meter hohen Jauerling. Er führt in 10 Stationen in eineinhalb Stunden zum ausschließlich zu Fuß erreichbaren Naturparkgasthaus. Deutlich mehr Zeit kann man sich für die sogenannte »Jauerling-Runde« nehmen: einen Weitwanderweg, insgesamt 90 Kilometer, die in sieben Tagesetappen, aber auch in wesentlich kürzeren Abschnitten gegangen werden können. Etwas zu schaffen macht der Region noch die öffentliche Anbindung, wobei neben der ab Krems verkehrenden Wachaubahn an Wochenenden auch ein VOR-Bus (die Linie 722) zwei Mal täglich alle Naturparkgemeinden anfährt. Um aufgegabelt zu werden, reicht es, sich eine Stunde davor telefonisch anzumelden. Weiter oben im Norden, in Heidenreichstein, hofft man auf einen Ausbau des Bus- und Bahnnetzes. »Der öffentliche Nahverkehr bei uns ist eine Katastrophe«, sagt Horst Dolak. Es bestehe »extremer Handlungsbedarf, auch weil viele Jugendliche aus Klimaschutzgründen keinen Führerschein mehr machen möchten«. Die kleinräumige Regionalentwicklung gerate da an ihre Grenzen. »Da können wir als kleiner Naturpark nur an die Politik appellieren, sonst liegen wir touristisch irgendwann im Abseits.«und Bahnnetzes. »Der öffentliche Nahverkehr bei uns ist eine Katastrophe«, sagt Horst Dolak. Es bestehe »extremer Handlungsbedarf, auch weil viele Jugendliche aus Klimaschutzgründen keinen Führerschein mehr machen möchten«. Die kleinräumige Regionalentwicklung gerate da an ihre Grenzen. »Da können wir als kleiner Naturpark nur an die Politik appellieren, sonst liegen wir touristisch irgendwann im Abseits.«
naturparke-niederoesterreich.at
»Dach der Donau«: Die Gipfelrunde um den Jauerling belohnt mit einem Ausblick über die zu jeder Jahreszeit reizvolle Wachau. Mathilde Stallegger, Naturwark Jauerling-Wachau.
GUT UND GÜNSTIG: HECKEN FÜR BIENEN
Wie eine Hecke mit regionalen Gehölzen zum summenden Hort der Biodiversität wird.
Wenn in den Naturparken von Bienen die Rede ist, dann sind damit Wildbienen und andere Insekten ebenso mitgemeint wie Singvögel. Sie alle profitieren von naturnahen Geländestrukturen, abwechslungsreicher Landschaft und Gehölzen, die an den jeweiligen Standort angepasst sind. Um sie zu fördern sind die Naturparke Niederösterreich eine Kooperation mit der vom Land und der Landwirtschaftskammer ins Leben gerufenen Initiative »Wir für Bienen« eingegangen. Für all jene, die sich ohne viel Aufwand im eigenen Wirkungsbereich für Wildtiere und ganz besonders für Nützlinge einzusetzen wollen, wurde ein eigenes Pflanzenpaket geschnürt: die »Wir für Bienen-Hecke«. Es wird um günstige 39 Euro gegen Vorbestellung abgegeben und enthält 10 Gehölzarten, die für Vielfalt sorgen: Schlehdorn, Sal- und Purpurweide, Hunds-Rose, Himbeere und Holz-Apfel, Gewöhnliche Traubenkirsche und Gewöhnliche Berberitze, Roter Hartriegel und Faulbaum. Sie alle blühen - und bieten Bestäubern Nektar, Pollen und teilweise auch Lebensraum. Nicht zuletzt lassen sich die Früchte einiger dieser Bäume und Sträucher auch vom Menschen nutzen: als reife Wildfrüchte, in Fruchtgelees oder zum Schnaps veredelt. Die »Wir für Bienen-Hecke« kann online bestellt werden und wird entweder zugestellt oder kann bei einem lokalen Abgabestandort abgeholt werden.
www.heckentag.at www.wir-fuer-bienen.at
Wiesenleben lässt sich im Naturpark Sierningtal-Flatzer Wand nicht nur bei geführten Ziegenwanderungen erleben. Die Herde von Hirte Stefan Knöpfer ist die Vegetationszeit über landschaftspflegend im Einsatz. Beliebt sind auch die Sensen-Workshops.
GPS statt Glockenläuten
Stefan Knöpfer, Ziegenhirte und Ranger im Naturpark Sierningtal-Flatzer Wand, über Mosaike, Bulgarenziegen und Beweidungsarbeit.
Sie leiten den Verein Hirtenkultur. Warum brauchen Landschafts- und Naturschutz Schafe, Ziegen und vor allem HirtInnen?
Stefan Knöpfer: Beweidung garantiert eine seit Jahrtausenden existierende Kulturlandschaftspflege, an die sich viele Vogel- und Insektenarten angepasst haben. Braunkehlchen und Neuntöter z. B. folgen den Herden, weil sie wissen, dort wo die Weidetiere sind, gibt es Nahrung. Auch viele Blühpflanzen verschwinden, wenn die Weidetiere verschwinden. Mähen ist nie das gleiche, weil selbst eine schonende Mahd auf großer Fläche die Struktur komplett binnen einer Stunde verändert. Beweidung hingegen ist nicht radikal, sondern lässt Mosaike der Biodiversität stehen und entstehen. Davon haben viele Arten profitiert, die durch die Modernisierung der Landwirtschaft nun bedroht sind. Als Verein wollen wir zur Koexistenz von Mensch, Weidetieren und Kulturlandschaften zurückkehren.
In Österreich gibt es 35 alte Weidetierrassen. Welche Bedeutung kommt ihnen heute zu?
Alte Rassen sind viel robuster. Ganzjährig im Stall zu sein, wie heute oft, das gab es früher ja nie. Sonne, Regen, Wind, Schnee, Eis, Parasiten - all das halten alte Rassen aus. Es ist wichtig, dass sie nicht verloren gehen. Wir probieren gerade, welche Ziegen für den durch die Klimakrise oder Klimaveränderung heißer werdenden Osten Österreichs geeignet wären. Angepasste alten Rassen sind bereits verschwunden. Erhalten gebliebene alpine Rassen stehen im Sommer in den heißen Niederungen apathisch im Schatten. Deshalb versuche ich gerade die Bulgarenziege zu etablieren, weil sie Hitze, Fliegen und Insekten gut aushält.
Wie sieht denn der/die typische HirtIn heute aus?
Wir nutzen viel Technologie und statten z.B. die Leitziege einer Herde mit GPS aus, um verloren gegangene Tiere schnell zu finden. Glocken sind laut und nicht mehr zeitgemäß, weil unangenehm für die Tiere. Hunde nutzen wir mittlerweile alle wieder – allerdings nicht die altösterreichischen Rassen, sondern meist Border Collies. Die sind einfach perfekt. Finanziert sind HirtInnen heute meist über groß angelegte Naturschutzprojekte. Ab nächstem Jahr versuchen wir Beweidungsarbeit niederösterreichweit fair zu entlohnen. Es wäre wichtig, dass jeder engagierte landwirtschaftliche Betrieb diese Leistung honoriert bekommt. Theoretisch gibt es dafür EU-Geld, wir müssen es nur abholen. Der Wolf als Rückkehrer in unsere Kulturlandschaft wird das möglich machen, davon sind wir überzeugt. Er hat deutlich gezeigt hat, dass wir ihm nicht aktiv geführte und bewachte Herden am Tablett servieren.