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Produkte mit Geschichte Ein Stück Italien in Göttingen: Die Viani Importe GmbH hat in der Innenstadt ein italienisches Lebensmittelgeschäft und eine Bäckerei eröffnet. Text: B ELIND A
H ELM
Fotografie: A LC IR O
THEODORO DA SILVA
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als Imbiss angeboten. „Ich selbst habe ute Lebensmittel aus Italien, mich in Ligurien auf die Suche nach dem das ist die Leidenschaft von Originalrezept gemacht und viel experiRemo Viani. „Aber eigentlich mentiert, bis das Ergebnis gestimmt hat.“ ist es noch viel mehr“, findet der GeUnd erst als Vater Antonio Viani, der aus schäftsführer der Viani Importe GmbH Ligurien stammt, sagte: „Das schmeckt aus Göttingen. „Es ist ein Lebensgewie zu Hause“, sei er mit dem Ergebnis fühl.“ zufrieden gewesen, erzählt Remo Viani. Der Großhändler und Importeur von Feinkost aus dem Mittelmeerraum hat Eine weitere Besonderheit der kleinen in der Göttinger Innenstadt ein LadenBäckerei ist ihr gläserner Baustil. „Die geschäft mit angeschlossener Bäckerei Kunden sollen genau verfolgen können, eröffnet, das genau dieses Lebensgefühl wie die Focaccia in der Backstube zubevermitteln will: einen sogenannten Alireitet wird, sie sehen, welches Mehl und mentari und ein Panificio. Während im welches Öl wir verwenden.“ Dabei geht Alimentari auf knapp 70 Quadratmees Viani aber nicht darum, sich als hochtern über 400 Produkte aus Italien, von preisiges Feinkostgeerlesenen Olivenölen schäft zu präsentieüber selbstgemach„Wir möchten zeigen, ren. „Wir möchten te Pesti, Soßen und dass wir unser Konzept zugänglich sein für frische Käse- und leben.“ alle, die unsere LeiFleischwaren bis hin denschaft teilen, und zu italienischen Weiendlich zeigen, dass wir unser Konzept nen von kleinen Winzern, zu finden sind, auch leben.“ Und diese Philosophie setzt wird im Panificio vor allem die ligurische Viani in allen Bereichen konsequent um: Spezialität Focaccia Genovese, eine ita„Bei uns arbeiten zum Beispiel nur Menlienische Brotart aus Hefeteig, in allen schen, die Lebensmittel lieben“, ererdenklichen Varianten hergestellt und
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Remo Viani: Der 42-Jährige achtet auf hochwertige Produkte und kennt die Geschichten dahinter.
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zählt der 42-Jährige. Das sei oberste Qualifikation, Quereinsteiger deshalb herzlich willkommen. Damit die Mitarbeiter aber auch genau wissen, wovon sie in der Kundenberatung sprechen und „wir unser Lebensgefühl ein wenig auf sie übertragen“, organisierte der Unternehmer unter anderem einen Lehrgang bei einem Barista in Berlin, um Einblick in die Kunst des Kaffeebrühens zu erhalten. Im November fuhr Viani außerdem gemeinsam mit den Mitarbeitern zur Olivenernte in Ligurien. „Wir wollen unseren Kunden ja schließlich auch die Geschichten hinter unseren Produkten erzählen können.“ Dabei sollen die Kunden in Ruhe stöbern, Lebensmittel kosten und gern auch ein Gläschen Wein im Laden trinken. „Wir haben uns bemüht, für unsere Kunden vorab eine bestmögliche Auswahl an Produkten zu treffen, aber letztendlich muss jeder für sich entscheiden, wo seine Vorlieben sind, und das geht eben am besten beim Probieren.“ Schon oft habe man die Vianis in den vergangenen Jahren darauf angesprochen, warum es denn noch keinen eigenen Laden gebe. „Und es stimmt ja, eigentlich ist es das Einzige, was noch gefehlt hat.“ Bereits seit 1973 existiert die Viani Importe GmbH, zunächst importierte und handelte der mittlerweile 74-jährige Antonio Viani vorwiegend mit Trüffeln. Im Laufe der Jahre erweiterte er das Sortiment. 1995 übernahm der Sohn Remo die operativen Geschäfte. Und auch die Inneneinrichtung des Ladens, kubisch und minimalistisch gehalten, hat Remo Viani gemeinsam mit einer hannoverschen Architektin entworfen. „Design ist meine zweite Leidenschaft.“ Zusammen mit seinem Bruder und einem Freund gründete er nach dem Abitur die Firma Blackbit zur Herstellung
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Beste Adresse Remo Viani ist „Gründungsmitglied“ des ersten deutschen Olivenöl-Panels und dort seit zehn Jahren ehrenamtlich tätig. Seine Tipps zum Erkennen von hochwertigem Öl: Der Preis: Ein gutes Olivenöl kostet mindestens zehn Euro pro halben Liter. Das spricht für Ernte von Hand und mehr Sorgfalt bei der Auswahl der Oliven.
nur einer von 27 qualitätsbestimmenden Parametern, und man könnte durchaus sagen: Je weniger Ölsäure, desto besser ist die Qualität.
Transparenz: Seien Sie skeptisch, wenn man Ihnen den Zugang zu Olivenhainen oder zur Ölmühle verwehrt. Ein Hersteller, der hochwertiges Olivenöl produziert, ist stolz darauf und hat nichts zu verbergen.
Probieren geht über Studieren: Ähnlich wie beim Wein haben auch die unterschiedlichen Oliven verschiedene Aromen: Schmeckt das Öl fruchtig, bitter oder scharf? Lassen Sie sich von leichter Bitterkeit oder Schärfe nicht abschrecken. Diese Nuancen sind charakteristisch für ein frisches Olivenöl „nativ extra“. Finger weg, wenn ein Öl ranzig schmeckt.
Auch sorgen freiwillige Angaben auf dem Etikett, wie Erntezeitpunkt, Art der Ernte, Abfülldatum, Olivensorte(n) oder Anteil von verschiedenen Sorten und Tipps, für Transparenz und Glaubwürdigkeit beim Verbraucher.
Außerdem: Haben Sie immer zwei verschiedene Öle parat rat – ein hochwertiges für das Zubereiten von Salaten etc. und ein weniger iger teures zum Braten.
Das EU-Siegel DOP (denominazione di origine protetta) steht für kontrollierte Qualität.
Säuregehalt (Gehalt an freien Fettsäuren): Qualitätsolivenöl hat einen Säuregehalt von weniger als 0,8 Prozent. Die Ölsäure ist aber
von Druckvorlagen. Nach sieben Jahren Geschäftsführung und Grafikgestaltung bei Blackbit allerdings wollte Remo Viani die Arbeit seines Vaters kennenlernen. „Und dann wollte ich auch nicht mehr weg.“ Nach wie vor aber legt er großen Wert auf Ästhetik und grafische Details, sowohl bei der Präsentation – der Produktkatalog der Firma Viani gewinnt regelmäßig renommierte Designpreise – als auch bei der Ladengestaltung. Um den baulichen Schwierigkeiten, der Alimentari ist sehr schmal, zu entsprechen, entschied Remo Viani sich für Regale, die bis
unter die Decke denen di die k reichen i h und d iin d Produktpalette so angeordnet wird, dass dennoch ein ruhiges Gesamtbild entsteht. Eine „bedeutende Summe in sechsstelliger Höhe“ wurde laut Viani in das Geschäft investiert. Zukünftig werden hier vier bis fünf Vollzeitkräfte arbeiten, die gastronomische Leitung übernimmt Sven Kretzschmar, der bereits zuvor für Viani gearbeitet hat. „Die anderen sind aber neue Kräfte“, erzählt Remo Viani. „Aber alle mit einem ausgeprägten Sinn für gute Lebensmittel.“