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GEHIRNFITNESS
Wie lässt sie sich trainieren?
Was Gehirn- bzw. Neurofitness mit der Gesundheit und Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter zu tun hat und wie sich diese trainieren lässt, erklären Stephan Müller und Christine Späth in diesem Artikel.
Studien zeigen, dass gezieltes körperliches und geistiges Training das Leben verlängern kann und Alltagsbeschwerden gemindert werden. Aber nicht nur körperliche Mobilität und geistige Gesundheit sind von großer Wichtigkeit, son- dern auch eine gute Koordinationsfähigkeit ist im Alter unerlässlich und ermöglicht es, Bewegungsaufgaben situationsgerecht und ökonomisch zu lösen. Neben der Kopplungs-, Differenzierungs-, Orientierungs- und Reaktionsfähigkeit ist in erster Linie die Gleichgewichtsfähigkeit der Schlüssel zu einer guten Sturzprophylaxe. Hierfür ist der Einsatz von Gehirnfitnessübungen ideal. Die Übungen sind in jeder Position (auch auf dem Stuhl sitzend) bis ins hohe Alter durchführbar, leicht zu erlernen und motivieren die Teilnehmer. Auch helfen die Übungen, lang geistig fit zu bleiben.
Das Wachstum
NEUER NEURONEN ANREGEN
Früher hielt man die Möglichkeit der Neurogenese, also das Entstehen neuer Neuronen im zentralen Nervensystem, für völlig absurd. In der Hirnforschung gilt es mittlerweile als sicher, dass Tag für Tag (selbst bis ins hohe Alter) im Hippocampus einige Tausend Nervenzellen neu entstehen. Der Hippocampus ist kaum größer als ein Knopf und dennoch vermag diese Hirnregion Erstaunliches. Denn im Hippocampus werden unsere Erinnerungen aus dem Kurz- ins Langzeitgedächtnis übertragen. Es wird angenommen, dass eine Zu- oder Abnahme der Zellneubildung in dieser Region verantwortlich ist für die Fähigkeit, Neues (auch im fortgeschrittenen Alter) zu lernen.
Dabei scheinen die neuen Nervenzellen nur dann zu funktionstüchtigen Neuronen heranzuwachsen, wenn man Lernreize und körperliche Betätigung regelmäßig und immer wieder miteinander kombiniert. Bleiben Anregungen aus – dies passiert häufig im Seniorenbereich, da dort die Mobilität, je älter Menschen sind, auch immer mehr abnimmt – oder werden diese überhaupt nicht mehr geschult, geht ein Teil der Nervenzellen zugrunde.
Die Voraussetzung für ein leistungsfähiges Gehirn bis ins hohe Alter ist, dass es uns gelingt, Routinen zu ändern und uns die Motivation zur Aktivität und zum Lernen zu erhalten. Nur das Lernen von etwas Neuem hält uns geistig jung und vital.
TRAININGSEQUIPMENT
Für ein Gehirnfitnesstraining mit Senioren eignen sich vor allem weiche Bälle in unterschiedlichen Größen und große leichte Tücher, die nicht so schnell zu Boden sinken. Außerdem ist dieses Equipment auch für den Trainer leicht zu transportieren. Auch beim Gehirnfitnesstraining ist es wichtig, jeden neuen Teilnehmer einer Kurzanamnese zu unterziehen (vor allem im Seniorenbereich), um eine Überlastung zu vermeiden. Besonders gut eignet sich hierfür der PAR-QBogen (Physical Activity Readiness Questionnaire).
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GRUPPENGRÖSE UND PREISSTRUKTUR
Die optimale Gruppengröße beträgt 4–8 Personen. Wichtig ist, dass bei Gehirnfitnessübungen der Coach immer unterstützend einwirken kann. Die Bewerbung von Gehirnfitnesskursen funktioniert sehr gut über Fitnessstudios, in Seniorenheimen, in Rehaeinrichtungen oder in Altersheimen. Hierbei haben sich 10-er-Blöcke bewährt. Die Preisstruktur kann an die Teilnehmerzahl angepasst werden. Tipp: Verlange für jede Kurseinheit einen Festpreis. Je nach Teilnehmerzahl wird dieser dann durch die an diesem Tag anwesenden Senioren geteilt. So kannst du deine Einnahmen stets kalkulieren und die Teilnehmer haben einen Einfluss auf den Preis, den jeder zahlen muss. Bei Senioren führt das häufig dazu, dass sie weitere Personen zum Kurs mitbringen, um Kosten zu sparen. Beispiel: Bei einem Preis von 100 Euro pro Stunde zahlen vier Teilnehmer 25 Euro, fünf Teilnehmer 20 Euro, zehn Teilnehmer dann nur noch 10 Euro und 20 Teilnehmer nur noch 5 Euro. Wenn jetzt kein Festpreis vorliegt, ist die Gefahr groß, dass du bei jedem Teilnehmer das Geld separat einsammeln musst und dass am Ende auch weniger als 100 Euro pro Stunde eingenommen wird, da ja Teilnehmer auch einmal krank sind oder aus anderen Gründen nicht zum Kurs kommen. Auch gibt es die Möglich-
Bungen Im Stand
Ball hochwerfen und ein Bein vom Boden abheben Eine Hand wirft einen Ball in die Luft und gleichzeitig wird ein Bein vom Boden abgehoben. Danach muss der Ball von der anderen Hand wieder gefangen werden.
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Überkreuzbewegung
Rechte Hand auf das linke Knie nehmen. Um die Übung schwieriger zu machen, kann die freie Hand entweder an das Ohrläppchen, auf die Schulter oder auf den Kopf gelegt werden. Danach die Seite wechseln. Bei der Übung wird zwischen links und rechts sowohl mit der Hand als auch mit dem Bein abgewechselt.
ÜBUNGEN IM STAND Überkreuzen
Beide Bälle gerade hochwerfen und während die Bälle in der Luft sind die Arme überkreuzen. Danach die Bälle mit überkreuten Armen fangen. Im Anschluss wieder die Bälle hochwerfen und mit den Armen in die Ausgangsposition zurückkehren. Übungsabfolge gern mehrmals wiederholen. Diese Übung kann auch mit einem Jongliertuch durchgeführt werden.
keit, diese Einheiten von der Einrichtung (Seniorenheim) bezahlen zu lassen; vor allem Seniorenheime, die ihren Bewohnern mehr bieten wollen, sind dafür offen.
Bungen Im Sitzen
Für Senioren, die Schwierigkeiten haben, längere Zeit zu stehen, sollten vor allem Übungen im Sitzen gewählt werden, die motivierend wirken und auch bei eingeschränkter Mobilität für alle umsetzbar sind. Sinnvolle Materialien dafür sind weiche Bälle in unterschiedlichen Größen und Jonglier-/Stofftücher. Geeignet sind u. a. folgende Übungen:
• Übung 1: Die Teilnehmer sitzen in einem Stuhlkreis. Ein Ball oder ein Jonglier- bzw. Stofftuch darf von den Teilnehmern nur mit der rechten Hand angenommen und dann mit der rechten Hand an den linken Nachbar weitergegeben werden.
• Übung 2: Die Teilnehmer sitzen im Kreis und halten sich mit der linken Hand das linke Auge zu. Das Tuch bzw. der Ball darf jeweils nur mit der rechten Hand angenommen und dann mit der rechten Hand an seinen linken Nachbar weitergegeben werden.
Liniensprünge
Stell dich links neben eine Linie und spring oder gehe auf die rechte Seite. Auf der rechten Seite mit dem linken Bein aufkommen. Im Anschluss springe oder gehe mit dem linken Bein auf die linke Seite und lande mit dem rechten Bein.
• Übung 3: Jetzt kommen zwei Tücher (oder Bälle) mit unterschiedlichen Farben zum Einsatz. Das blaue Tuch/Der blaue Ball „läuft“ über die eine Seite und das andere Tuch/der andere Ball über die andere Seite. Ziel ist es, dass sich die beiden nicht treffen.
ÜBUNGEN IM STAND
Für Teilnehmer, die sicher stehen und sich stabilisieren können, können alle Übungen im Stehen gewählt werden. Große Sprünge oder Rückwärtsgehen sollten trotzdem aufgrund der Verletzungsgefahr vermieden werden. ■
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Christine Sp Th
Die Inhaberin der Personal Training Studios „Place 2 b –für Dich und Deinen Körper“ ist Sporttherapeutin, Personal Fitness Trainerin, Rückenschulleiterin und Referentin beim GluckerKolleg für den Bereich Neurofitness.
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www.gluckerkolleg.de
Stephan M Ller
Der Vorstand des BPT e. V. ist als Experte für ARD und SWR Fernsehen tätig, betreut zahlreiche Olympiasieger und Weltmeister und bildet als Inhaber des GluckerKollegs seit über 25 Jahren Trainer und Therapeuten weltweit aus.
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