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Bessere Personalentscheidungen treffen

Text Jonathan Schneidemesser

Von allen Seiten aus der Physiobranche kommt der Ruf nach Mitarbeitern. Wer jemanden findet, hat trotzdem wenig Einfluss darauf, ob die Personalentscheidung eine wirkliche Entscheidung für eine Person ist oder vielmehr eine Notbesetzung. Wer Letzteres vermeiden will, sollte diesen Artikel lesen.

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Dem ein oder anderen verzweifelt nach Mitarbeitern suchenden Praxisinhaber wird dieser Artikel wie Blasphemie vorkommen, denn auch für falsche Personalentscheidungen muss man erst mal Mitarbeiter finden, zwischen denen man sich entscheiden kann. Unabhängig davon, wie stark die Mitarbeiternot ist, kann die Einstellung einer Person, die nicht zum Team passt, allerdings schwerwiegende Folgen haben. Man darf nicht unterschätzen, wie sehr Mitarbeiter das Unternehmen in seiner Ausrichtung, aber auch seiner Leistungsfähigkeit beeinflussen. Daher sollte man hier gute Entscheidungen treffen – tut man es nicht, kann es mitunter sehr teuer werden. Zwischen 5 und 25 % der Personalentscheidungen werden im ersten Jahr „korrigiert“, weil sie sich als nicht geeignete Mitarbeiter herausgestellt haben. Dagegen stehen mittlere fünfstellige Kosten für fehlerhafte Personalentscheidungen. Diese Punkte machen deutlich, dass es auf mehreren Ebenen wichtig ist, die richtigen Leute einzustellen. Aber wie geht das? Und worauf sollte man achten?

Nicht auf das Bauchgefühl verlassen

Wer darüber entscheidet, ob er eine Person einstellt, sollte sich nicht alleine auf sein Bauchgefühl verlassen. Etwas objektiver wird das anhand von einigen Punkten, die man im Auswahlprozess beachten sollte und mit denen sich herausfinden lässt, wie gut Bewerber und Unternehmen zusammenpassen. Jeder Mensch verfügt über Stärken, die im Unternehmen sinnvoll eingesetzt werden können. Die Frage, die man sich bei der Personalauswahl also stellen sollte, lautet nicht: „Ist das ein guter Mitarbeiter?“, sondern vielmehr: „Wofür ist dieser Mitarbeiter gut?“ Also, was sind die Stärken des Mitarbeiters und wie kann er eingesetzt werden, um mit

diesen im Unternehmen aufzugehen? Nehmen wir an, ein neuer Mitarbeiter hat das rare Talent, Menschen dazu motivieren zu können, sich selbst aktiv um ihre Gesundheit zu kümmern. Dann sollte er eine Möglichkeit bekommen, das zu tun. Dinge, die ihn davon abhalten, sollten im Optimalfall keine oder nur sehr wenige Berührungspunkte in seinem täglichen Arbeiten haben. Dazu gilt es erst einmal herauszufinden, welche Stärken eine Person überhaupt hat – das hingegen ist nicht ganz so einfach. Hierfür gilt es im Auswahlprozess diese Stärken ganz gezielt aufzufinden.

Passen Mitarbeiter und Aufgabe zusammen?

Im nächsten Schritt gilt es dann abzugleichen, ob die Stärken einer Person mit der zukünftigen Aufgabe zusammenpassen. Nichts ist für einen Mitarbeiter frustrierender, als das Gefühl, sein Potenzial nicht ausschöpfen zu können. Bleiben wir beim Thema Motivation aus Schritt 1 – solche Mitarbeiter sollten mit ihren Patienten aktiv arbeiten dürfen und nicht nur passiv behandeln. Eigentlich können wir hier schon aufhören, denn das ist das große Geheimnis von guten Personalentscheidungen. Die Stärken einer Person müssen zur Tätigkeit passen. Trotzdem gibt es noch das ein oder andere, was zusätzlich zu beachten ist.

Es heißt nicht umsonst Personalentscheidung. Im Physiobereich kann es durchaus passieren, dass man nur eine Person bestätigt, nicht aber wählen kann. Sollte es irgendwie möglich sein, ist eine Wahl zwischen mehreren Personen immer besser.

Dass falsche Personalentscheidungen teuer werden können, zeigen mittlerweile viele Studien. Sie kosten allerdings noch etwas anderes: Nerven. Wer zu schnell einem Bewerber, der sich als unpassend herausstellt, zusagt, nur um ihn dann wieder zu entlassen, halst sich jede Menge zusätzliche Arbeit auf. Man darf sich also bei der Personalentscheidung etwas Zeit lassen. Das heißt nicht, dass man diese zwei Wochen lang liegen lassen soll. Vielmehr geht es darum, qualitative Zeit mit dieser Entscheidung zu verbringen, sie sorgfältig abzuwägen und zu entscheiden, an welchen Stellen der zukünftige Mitarbeiter optimalerweise eingesetzt werden könnte.

Sei schlau, umgib dich mit Schlaueren

Eine wichtige Tugend, die viele Unternehmer aus vielerlei Gründen nicht beherzigen können oder wollen, ist, sich mit Menschen zu umgeben, die schlauer und besser sind als man selbst – auch wenn es vielleicht nur in einem Teilbereich ist. Man sollte sich also Mitarbeiter ins Haus holen, die wirkliche Experten sind und auf deren Rat man vertrauen kann. Warum das so wichtig ist, zeigen vor allem Krisensituationen, bei denen die Kompetenz des Inhabers alleine nicht mehr ausreicht. Dann kann er eine Art „Expertenstab“ aus seinen kompetentesten Leuten bilden, die ganz offen ihre Meinung und Ideen vortragen können. Liegt die Problemlösung alleine beim Inhaber, kann es zu einer schlechten Entscheidung aufgrund einer defizitären Informationslage kommen. Was man dann allerdings aushalten können muss, ist, dass die eigene Meinung sich aufgrund der hohen Kompetenz im Raum nicht durchsetzen wird und es ganz schön kontrovers zugehen kann. Aber nur so findet man letztlich die bestmögliche Lösung. Denn wer recht hat, ist in diesem Fall nicht wichtig. Es geht darum, was gut für das Unternehmen ist.

Kontroversen mit Mitarbeitern aushalten

Zu kontroversen Diskussionen wird es allerdings nicht nur in Krisensituationen kommen. Wer Kompetenz im Haus hat, wird auf viel Widerstand bei Entscheidungen stoßen und muss das aushalten. Letztlich ist das positiv, denn es fördert das Unternehmen und zeigt ein wertschätzendes Verhalten gegenüber den Mitarbeitern, die sich damit aktiv einbringen können.

Diese Punkte sind wichtig, wenn es um die Personalauswahl geht – wer die richtigen Mitarbeiter gefunden hat, sollte darüber hinaus zwei wichtige Grundvoraussetzungen schaffen, damit sich diese gut entfalten können. Die erste sind Freiräume. Kompetente Mitarbeiter brauchen Freiräume, damit sie sich und ihr Potenzial entfalten können. Das heißt nicht, dass sie alles tun und lassen können, was sie wollen – ihre Handlungen sollten die Unternehmensziele unterstützen und fördern. Die zweite Voraussetzung ist Vertrauen. Zwar ist es kein alleiniger Garant für gute Leistungen, fehlt es jedoch, kann das Verhältnis zum Mitarbeiter schnell bröckeln, und insbesondere junge, motivierte Kräfte halten diesen Zustand nicht lange aus.

Fazit

Auch wenn es für den ein oder anderen kritisch klingen mag, so kann es doch besser sein, lieber niemanden einzustellen als den oder die Falsche. Mit der richtigen Herangehensweise im Auswahlprozess kann man aber recht schnell herausfinden, wo ein neuer Mitarbeiter gut passen könnte. Man sollte allerdings bereit sein, sich selbst als Inhaber hinterfragen zu lassen, damit gute Mitarbeiter wirklich ihr volles Potenzial entfalten können.

Optimalerweise holt man sich zum Gespräch einen Mitarbeiter, der sich im zukünftigen Bereich des neuen Kollegen gut auskennt dazu, da er häufig besser einschätzen kann, wo dieser eingesetzt werden kann

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