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Wie Patienten und Therapeuten von der
WIE PATIENTEN UND THERAPEUTEN VON DER DIGITALISIERUNG PROFITIEREN
Text Jonathan Schneidemesser
Bisher gibt es wenig richtig gute Beispiele für digitalisierte Physiopraxen. Eine, die zeigt, dass Physiotherapie und Digitalisierung sehr gut zusammenpassen, ist die LANDphysioPraxis in Lauchdorf. Mit ihrer umfangreichen Digitalisierung schafft sie einen Mehrwert für Patienten und ermöglicht ihren Mitarbeitern, sich auf die therapeutische Arbeit zu konzentrieren.
In BODYMEDIA-Physio-Ausgabe 2-2021 berichteten wir bereits über das professionelle Konzept der LANDphysioPraxis. Ein Fokus unseres Praxisberichts lag auf der umfangreichen Einbindung digitaler Tools und Konzepte. Im Artikel kündigten wir bereits an, dass die Praxis aufgrund von Kapazitätsengpässen von knapp 270 m² auf 1.000 m² erweitert wird. Der Anbau wurde fertiggestellt und mit ihm wurden die digitalen Möglichkeiten weiter ausgebaut. Welche digitalen Möglichkeiten eine moderne Physiopraxis bieten kann, schauen wir uns an ihrem Beispiel jetzt genauer an. In einem weiteren Schritt betrachten wir dann, welche Gründe es geben könnte, warum die Digitalisierung in vielen Praxen noch nicht flächendeckend Einzug gefunden hat.
Digitaler Physio-Hotspot mitten auf dem Land
Noch einmal ganz kurz zur Einordnung: Die LANDphysio-Praxis befindet sich, wie der Name bereits sagt, in einer ländlichen Region, genauer gesagt im 390-Einwohner-Örtchen Lauchdorf. Neben der Physiotherapie liegt der Fokus stark auf dem großen Trainingsbereich, in dem aktuell etwas über 640 Mitglieder trainieren. Neben der Digitalisierung liegt das Hauptaugenmerk von Praxisinhaber Andreas Bucher und seiner Frau Judith auf einer wertschätzenden Patientenkommunikation, die u. a. die Eigenverantwortung der Patienten betont.
Auch wenn die LANDphysio-Praxis bereits viele Prozesse digitalisiert hatte, wurde das durch den Anbau weiter
verstärkt. Wer zum Training kommt, kann den Bereich mit der Trainingsfläche nur mithilfe eines RFID-Chips betreten – sonst bleiben die Türen geschlossen. Für die Mitarbeiter gibt es einen eigenen Zugang, der ebenfalls via Chip geöffnet werden kann. Ein paar Meter weiter befindet sich an der Wand ein weiteres Chiplesegerät, an dem sich die Mitarbeiter „einstempeln“ können. Die Arbeitszeiterfassung funktioniert ebenfalls komplett digital.
Patienten, die zum ersten Mal in die Praxis kommen, führen mit dem zuständigen Therapeuten ein ausführliches Anamnesegespräch, in dem je nach Bedarf Foto- oder Videoaufnahmen gemacht werden. Diese werden gemeinsam mit dem Patienten gesichtet, was den Therapeuten hilft, evtl. Haltungsdefizite besser veranschaulichen zu können. Noch vor Kurzem wurde die Dokumentation komplett mithilfe von Tablets durchgeführt. In der Praxis hat sich das für Andreas Bucher eher nachteilig herausgestellt, daher befindet sich nun in jedem Behandlungsraum ein großer Touchbildschirm, auf dem die Behandlung dokumentiert wird. Das passiert gemeinsam mit dem Patienten, um diesen in die Anamnese und Therapie einzubeziehen. Deshalb wird in Umgangssprache dokumentiert, so wird es für den Patienten besser verständlich und er fühlt sich in die Behandlung integriert. Nach Abschluss der Dokumentation steht diese in der Patientenakte im kompletten System zur Verfügung, z. B. auch den Mitarbeitenden an der Rezeption.
Die Trainingsfläche im LANDphysio ist komplett digitalisiert
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Auch die älteren Patienten kommen gut in der digitalisierten Praxis klar
Kaum noch Papier im Einsatz
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thema Leitfäden. Selbst wenn eine Person einen Ablauf seit mehreren Monaten durchführt, kann es sich immer wieder lohnen, sich den Ablauf anzuschauen, um nicht zu stark von ihm abzuweichen. So gibt es, um nur zwei Beispiele zu nennen, einen Leitfaden für die Servicemitarbeiter, die Neupatienten eine spezielle Abfolge von Fragen stellen. Des Weiteren finden Leitfäden bei Beratungsgesprächen zur Trainingstherapie Anwendung. In diesem Fall wird der Leitfaden auf
einem großen Bildschirm dargestellt und Therapeut und Interessent gehen ihn gemeinsam durch. Bei einem Abschluss wird digital unterschrieben und gleichzeitig eine Mail mit der frohen Kunde an Andreas Buchers Handy geschickt. Dieser sieht dabei mehr als nur einen Vorteil: „Der digitale Beratungsprozess reduziert nicht nur den Papieraufwand, sondern macht den Beratungsprozess für den Therapeuten deutlich einfacher.“ So konnte der Papieraufwand in der Praxis auf ein Minimum reduziert werden. Neben dem Rezept ist das ein Willkommensschreiben für die Patienten.
Hier gibt es ausführlichere Infos über die LANDphysio-Praxis auf unserer Website Die Trainingsfläche wurde ebenfalls umfassend digitalisiert. An den eGym- und fle-xx-Geräten loggt man sich mit dem RFID-Armband ein, die Spinde lassen sich damit öffnen, genauso wie der Zugang zum Kaffee digital beschränkt wird. Wer warm duschen möchte, hält sein Armband an ein Lesegerät und kann dann 5 Minuten warm duschen. Die dafür fälligen 99 Cent werden gemeinsam mit dem Monatsbeitrag abgebucht.
Digitalisierung regelt viel im Hintergrund
Hinter den Kulissen hielt die Digitalisierung genauso Einzug wie davor. So wurde die Buchhaltung weitestgehend digitalisiert. Fehlende Rechnungen von Dienstleistern bspw. werden automatisiert über eine Software angefordert. Licht, Lüftung und Heizung lassen sich komplett digital steuern, genauso wie die Musik auf der Trainingsfläche, die Jalousien und die Staubsauger sowie Mähroboter.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Digitalisierung in der LANDphysioPraxis kein Selbstzweck ist, sondern Therapeuten sowie Patienten eine möglichst hohe Flexibilität bei gleichzeitig niedriger Einstiegshürde ermöglichen soll. Viele der Mitglieder sind über 60, einige über 80. Manche von ihnen kauften sich ein Smarthphone, um in der EGYM-App ihr biologisches Alter und die muskulären Dysbalancen einsehen zu können.
Bleibt die Physiotherapie digitales Ödland?
Stellt sich nun die Frage, warum nicht mehr Praxen digital unterwegs sind, um sich professionell aufzustellen. Judith und Andreas Bucher haben keinen spezifischen digitalen Hintergrund, sondern sich vieles selbst erarbeitet. Den Startpunkt für diese Entwicklung setzten sie bei einem Treffen mit EGYM. Dort wurden ihnen erste Möglichkeiten vorgestellt, die dann später in der Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung KWS verfeinert wurden. Viele Ideen entstanden als logische Konsequenz aus dem Arbeitsalltag der Therapeuten heraus und erleichtern den Therapeuten die Arbeit. Daher sollten Praxisinhaber mit einem „digitalen Auge“ auf die eigene Praxis blicken. So wird es immer wieder Gelegenheiten geben, Digitalisierungsprozesse umzusetzen.
Der Vorteil, den die LANDphysio-Praxis hatte, ist sicherlich, dass sie komplett neu und nach eigenen Wünschen und Vorgaben gebaut hat. So lassen sich manche Digitalisierungsprozesse, insbesondere für das Gebäude, leichter umsetzen. Die Entscheidung, die Behandlungen und Abläufe in der Praxis zu digitalisieren, ist davon unabhängig. Letztlich braucht es eine digitale Offenheit, aus der sich mögliche Wege ergeben.
Fazit
Die Gründe zu digitalisieren waren für Andreas und Judith Bucher, den Aufenthalt in der Praxis für die Patienten und Mitarbeiter so angenehm und reibungslos wie möglich zu gestalten. Dazu gehört die Einfachheit der Bedienung genauso wie die Automatisierung von Routineaufgaben, damit sich die Therapeuten auf ihre Kernaufgaben fokussieren können. Die nachkommende jüngere Generation wird digitaleres Arbeiten aber mit Sicherheit mehr und mehr einfordern. Praxen, die diesen Bedürfnissen nicht nachkommen, werden es zukünftig noch schwerer haben, Mitarbeiter zu finden. Dass Digitalisierung auch in der Physiotherapie funktioniert, zeigt die LANDphysio-Praxis.