Kunst+Material
Das Magazin von boesner
November/Dezember 2024
Schutzgebühr 7, – EUR/CHF | ISSN 1868-7946
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Liebe Leserin, lieber Leser, was macht das Leben reich? Wer über diese Frage nachdenkt, kommt rasch zum Wesentlichen: Gesundheit ist sicherlich das größte Geschenk, Frieden und Liebe sind fraglos wünschenswert. Dazu kommen auf jeden Fall Familie und Freunde und ein Umfeld, in dem man sich entfalten kann, ohne sich verbiegen zu müssen. In heutigen Zeiten durchaus nicht selbstverständlich: ein beständiges Dach über dem Kopf und ausreichende Möglichkeiten, das Leben selbst zu gestalten. All diese Faktoren gelten als Fundamente gelingenden Daseins, und natürlich ergänzt jeder Einzelne noch ganz individuelle Facetten.
Für Sie und für uns gehört die Kunst unbedingt dazu – im eigenen Schaffen, in der Betrachtung, im Nachdenken darüber und immer mit Genuss. Achtsamkeit und ein wacher Blick für das Besondere, für das Große und Erhabene im Kleinen lassen die Schönheiten des Alltags erkennen. Kunst+Material will auch mit dieser Ausgabe dazu beitragen, in die Welt der Kunst einzutauchen – und dies mit vielfältigen Themen: Das Porträt stellt mit Tenki Hiramatsu einen Künstler vor, dessen Figuren sich erst zum Ende des Malprozesses manifestieren. Für ihn sind die tiefgreifende Auseinandersetzung mit den künstlerischen Mitteln und die Experimente mit Malgründen und Farbkonsistenzen essenziell. Julia Behrens hat den jungen Maler für Kunst+Material in seinem Atelier in Karlsruhe besucht.
München galt zu Beginn des 20. Jahrhunderts als führende Kunststadt mit einer lebendigen Kunstszene. Dort lebten und arbeiteten zahlreiche Künstlerinnen – dies auch, weil die Stadt eine exponierte Stellung in der Frauenbewegung einnahm und die Damenakademie die Möglichkeit zu einem professionellen Kunststudium bot. Durch die dramatischen Zeitläufte blieb es jedoch vielen von ihnen verwehrt, glänzend begonnene Karrieren fortzusetzen, ihre Bilder und Skulpturen gerieten leider zu schnell in Vergessenheit. Nun werden Elisabeth Springer, Maria Luiko, Käte Hoch, Anna Klein und viele andere allmählich wiederentdeckt – Susanna Partsch stellt sie in ihrem Sonderthema vor.
Haben Sie schon einmal versucht, mit Draht zu zeichnen? Unser Inspirationsthema zeigt, wie Draht und Metallbleche zu ungeahnten skulpturalen Formen finden. Das Hintergrund-Thema beschäftigt sich mit der Geschichte der Enkaustik, deren Wurzeln in der Antike liegen. Ebenfalls mit einer altbekannten Technik in neuem Gewand beschäftigt sich das Technikthema, das sich dem Textildruck widmet – Sie werden überrascht sein, welche Möglichkeiten sich bieten!
Natürlich möchten wir Ihnen mit dieser Ausgabe auch die wunderbaren Ausstellungen dieses Winters ans Herz legen – wenn es draußen ungemütlich wird, können Sie in ihnen schwelgen: Folgen Sie Henri Matisse ins Licht seiner Reisen, erleben Sie den Rausch der Farben von Maurice de Vlaminck oder lassen sich von zuvor selten öffentlich gezeigten Werken Gerhard Richters begeistern! Wer jedoch gern zu Hause bleibt, dem seien unsere Tipps für schöne Bücher empfohlen.
Einen heiteren Jahresausklang wünscht
Dr. Sabine Burbaum-Machert
6–19 Vom Suchen und Finden der Linie Tenki Hiramatsu legt Figuratives zwischen abstrakten Farbflächen frei
20–31 München leuchtete –einst auch für Künstlerinnen
62–63 Es ist nicht alles Gold …
66–69 Reisen ins Licht
Henri Matisse in der Fondation Beyeler
70–75 Verborgene Schätze
Gerhard Richter im Kunstpalast Düsseldorf
32–39 Mit Fantasie und dem richtigen Dreh Draht und Metall in neuen Formen
40–41 Im Fluss
Barbara Wrede arbeitet mit Tusche
42–45 „Jene Kunst, eine Wachsseife zum Bindemittel der Farben anzuwenden …“ Die Enkaustik in der Antike und ihre Wiederentdeckung im 18. Jahrhundert
46–51 Alte Technik neu belebt Textilfarben sind Multitalente
76–79 Der Rausch reiner Farben
Maurice de Vlaminck in Potsdam
80–83 Das Schwarz-Weiß der Wahrheit
Robert Longo in der Albertina Wien
84–89 Termine
90–91 Kurz notiert
92–93 Tribut mit frischem Blick
Sarah Pickstone interpretiert
Angelika Kauffmann in Lascaux Aquacryl
94–95 Marcel fragt Tenki
Rätsel, Cartoon
96 Vorschau, Impressum
52–61 Bücher, Buchtipps Kunst+Material im Abonnement
Titel: Tenki Hiramatsu, Student (Ausschnitt), 2024, Öl und Halbkreidegrundierung auf Holz.
Tenki Hiramatsu legt Figuratives zwischen abstrakten Farbfächen frei
Eigentlich ist es pure Malerei, das Bild Zorn von Tenki Hiramatsu: Blaue, duftig gesetzte Farbwolken halten sich bescheiden im Hintergrund, während ockertonige Pinselschwaden im oberen linken Bereich durch sie hindurch zu schweben scheinen. Letztere verbünden sich optisch mit den Ockerhieben, die in der linken Bildmitte alles dominieren. Hier hat das Blau keine Chance mehr, lugt nur noch am unteren Rand in Form einiger wellenbewegter Schwünge hervor.
Im rechten Bilddrittel regieren dagegen ein dunkles, festes Grün und ein lockeres, nach oben strebendes Braun, in dem – mit etwas Fantasie – die Züge eines Gesichts zu erkennen sind. Dazwischen befindet sich eine eindeutig konturierte, im Profil gezeigte Figur, die aus ähnlich dynamischen Flächen besteht wie ihre Umgebung. Der geisterhaften Gestalt gelingt es kaum, sich aus der Abstraktion zu schälen – trotz einer starken Schattenlinie und einer roten, räumlichen Zäsur an Rücken und Hinterkopf. Ist das auf der Bildfläche sichtbare, synchrone Auftreten von Gestischem und Linearem, von bedeutungsungebundenem Farbauftrag und Gegenständlichkeit vielleicht verantwortlich für ihren grimmigen Gesichtsausdruck? Schon möglich. Dabei verdankt sie ihre Existenz allein der unter ihr befindlichen Farbgeologie. [2]
Tenki Hiramatsu „findet die Figuren“ in seinen Bildern erst ganz zum Schluss. In einem oft Monate andauernden Prozess bereitet er sich auf diesen Moment vor. Das heißt, dass sich seine figurative Malerei in und durch sich selbst entwickelt. Dass die bildimmanenten Vorgänge und die mit dem Malen verbundenen Materialien und Techniken elementar sind.
Mit diesem Ansatz ist der japanische Künstler nicht allein. Ungeachtet aller kunsttheoretischen Diskurse der letzten 30 Jahre, in der sich die Bedeutung der Malerei angeblich nur noch jenseits des Bildgevierts, sprich kontextuell festschreiben lässt, erproben gerade viele junge Kunstschaffende neue, ausgesprochen spannende, selbstreflexive Ansätze innerhalb des Mediums. So als halte die Malerei, allen voran das Tafelbild, in der Konzentration auf das Wesentliche große Räume der Ausdruckskraft und ungeahnte Möglichkeiten künstlerischer Forschung bereit – und das sogar auf kleinem Format.
Wie kompromisslos sich Tenki Hiramatsu mit den grundlegenden Fragen der Malerei befasst, wird sofort sichtbar, wenn man den 1986 in Wakayama geborenen Künstler im Atelier besucht. Die erste Gelegenheit ergibt sich für die Autorin im Sommer 2023, als sich der Japaner noch einen hellen, hohen Arbeitsraum in einem
[1]
Hinterhof der Karlsruher Innenstadt mit einer Kollegin teilt. [1] Die Nutzung scheint schon längere Zeit bildkünstlerischer Art zu sein, der alte Dielenboden ist von Farbspritzern übersät. Einige Grünpflanzen und ein Sofa ergänzen die ansonsten zweckmäßige Einrichtung. Hier zeigt der Maler neben einigen fertigen Werken das, was seine Arbeitsrealität ausmacht: eine Wand von unvollendeten Bildern unterschiedlichsten Formats. Eine Komposition ist komplett gestisch angelegt, weiße Farbschwünge wirbeln wie ein Schneegestöber über rötliche und schwarze Felder. Eine andere erinnert mit ruhigen, erdfarbenen, harmonisch geordneten Segmenten an Farbfeldmalerei. In einer dritten sind bereits Figuren zu erkennen. Ergänzt werden die Arbeiten durch Leinwände in ähnlich offenen kompositorischen Zuständen, die vom Fußboden aus an der Wand lehnen. „Diese Bilder sind jung“, erklärt der Maler, „einige habe ich erst vor sechs Monaten angefangen. Ich arbeite gerade parallel an allen Leinwänden, die hier hängen. Daher befinden sie sich in einem Prozess ständiger Veränderung.“
Doch nur wenige werden es noch in die Einzelausstellung in der Städtischen Galerie Karlsruhe schaffen, die der erfrischend freundliche Japaner zu diesem Zeitpunkt vorbereitet. Sie ist Teil des von der Werner-Stober-Stiftung ausgelobten Förderpreises für Absolventinnen und Absolventen der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, den er im Jahr 2022 erhalten hat.
Dass Tenki Hiramatsu die Malerei einmal so faszinieren würde, war tatsächlich nicht vorgezeichnet. Seine Heimatstadt, die immerhin mehr als 300.000 Einwohner zählende Küstenstadt Wakayama im Südwesten Japans, wird ihm irgendwann zu klein. Er verlässt sie nach der Schule, um in Tokio am Nihon University College of Art Kommunikationsdesign zu studieren. Dort entscheidet er sich unter anderem für die Fächer Drucktechnik und analoge Fotografie und schließt mit einem Bachelor ab. Schon in der Kindheit wird sein Interesse durch Museumsbesuche mit der Mutter und das Musikfaible des Vaters in zwei Richtungen
mente so lebendig, dass man sich kaum darüber wundert, hier wieder Augen, Münder oder Schnäbel zu entdecken. „Ich hatte Interesse an der Farbe per se, aber ich kann kein abstraktes Bild malen, daher müssen immer Objekte im Bild sein“ erklärt der Künstler. An anderer Stelle betont er, dass die Natur in der fernöstlichen Philosophie als durch und durch beseelt gilt und sich diese Sichtweise inhaltlich auf seine Malweise auswirkt. [5] Jetzt wird Tenki Hiramatsu auch überregional wahrgenommen und zu Gruppenausstellungen in Karlsruhe, Zürich und Amsterdam eingeladen. In den darauffolgenden Jahren schließen sich Einzel- und Gemeinschaftsschauen in Deutschland, der Schweiz,in den Niederlanden, Frankreich, England, den USA, Japan und Neuseeland an.
Eine weitere stilistische Zäsur setzt der Künstler 2019 mit dem Einzug in ein eigenes kleines Atelier nach Abschluss der Akademie. In diesem Raum fertigt er seine Bilder zum ersten Mal an der Wand an, während er vorher ausschließlich Tische dafür nutzte.
Während er darin mal zeichnerisch und mal flächig vorgeht, aber nur selten das Blatt ausfüllt, kommt er ein Jahr später zu der Entscheidung, sich ganz auf die Malerei einzulassen. Er bleibt auf Anraten von Daniel Roth zunächst beim Papier, wählt nun aber das Querformat und erprobt sich in Landschaften, die er in kräftigen Rot-, Gelb- und Grüntönen sowie einem neuen, selbstbewussten All-Over gestaltet. Dabei gerät die Darstellung ordentlich in Bewegung: Ein zentraler Dreiecks-Aufbau hält die Komposition von Untitled aus dem Jahr 2018 zusammen, während sich kleinteilige, aus wenigen, groben Pinselstrichen bestehende, oft leicht durchscheinende Farbflächen in Lila, Pink, Ocker, Rostrot oder Senf gegeneinander zu behaupten und abzugrenzen versuchen. Und das sowohl in Richtung ihrer Ränder als auch in Bezug auf das, was unter ihnen liegt. Noch dazu driftet dunkelgrüner Farbdunst im oberen Bilddrittel über sie hinweg. Es ist ein nur von wenigen, zum Teil übermalten Linien durchzogenes Gefüge, das jetzt unterschiedliche Ansätze in sich vereint. Gleichzeitig sind die Ele[6] Louder than everything else, faster than everything else, 2020, Öl und Acryl auf Papier auf Holzgrund, 70 x 85 cm.
setzung mit neuen Mitteln doch die Möglichkeit, jeweils anders darauf zu reagieren. Neben Holzträgern verwendet er heute Leinwand auf Holz und grundiert oft mit einem Kreide-Acryl-Gemisch. Seine Ölfarben versetzt er seit ein paar Monaten mit einer Wachspaste, was dazu führt, dass er den Glanz besser kontrollieren kann, weil die Konsistenz dicker und matter wird. Durch den Rückgriff auf Kreidegrundierung und Wachszusatz als alte traditionelle Techniken wirken die Übergänge in einigen Werken sanfter, der Farbauftrag trockener und homogener. [9] Doch das birgt auch Gefahren, denn wenn die Schichten zu gleichmäßig geraten, [8] Breather, 2023, Öl und Acryl auf Holz, 40 x 50 cm.
ergibt sich daraus keine Überraschung, keine Form. Im Atelier zeigt Hiramatsu auf ein dunkles Gemälde, in dem zwei große orangefarbene Kerzen den Bildvordergrund dominieren: Weil er – was sonst selten der Fall ist – aus seiner Komposition keine Schlüsse ziehen kann, setzt der Künstler ohne Verbindung zu den bereits bestehenden Flächen zwei dicke farbige Balken und ergänzt sie später mit einer Andeutung von Flammen.
Tatsächlich nimmt jede Arbeit einen gestischen Anfang, oft flirren dabei helle, schnelle Pinselstriche als abstrakt-expressive
Bewegung über dunklen Grund. In den darauffolgenden Schichten verwandeln sich Duktus und Farbe, vieles wird flächiger, während sich das Bild langsam zu einer Art Colourfield Painting in unterschiedlichen Festigkeitsgraden entwickelt. Diese Stadien, in denen sich gewisse Stile spiegeln, liefern die Basis dafür, dass der Künstler in seiner Malerei assoziative Anhaltspunkte findet, die er zu etwas Sichtbarem verbindet. Dass sich ihm die Linie und damit die Figuration in einem Vorgang monatelangen Auftragens und konzentrierten Beobachtens Stück für Stück offenbaren. [10]
Mit diesem Ansatz verkehrt der Maler das klassische Konzept der Linie als Ursprung des „disegno“, also der Zeichnung oder des Entwurfs, mit der eine formgewordene „idea“ zu Papier gebracht wird, ins Gegenteil. Der Japaner geht nicht von der Wirklichkeit aus, sondern macht sich auf der Grundlage reiner Farbkonstellationen auf Entdeckungsreise, bei der sich die Idee erst sukzessiv materialisiert.
„Ich bin immer auf der Suche nach einer guten Linie“, bemerkt Tenki Hiramatsu, der von sich selbst behauptet, kaum zeichnen
zu können. „An ihr fasziniert mich eine bestimmte Form der Präzision, die nichts damit zu tun hat, besonders sauber ausgeführt zu sein. Es geht vielmehr darum, dass eine gute Linie etwas Ausschließliches hat, wie beispielsweise bei Baselitz. Seine Linien sind wild, aber sie könnten einfach nicht anders sein.“ Dabei gibt es bei Hiramatsu ganz unterschiedliche Arten von Linien: solche, die sich direkt aus den darunterliegenden Farbzonen ergeben und entweder gar nicht oder zart sowie neuerdings auch stärker konturiert sein können, und andere, mit denen der Künstler einzelne Punkte zu Formen verbindet, die er nur in einigen Berei-
chen ausarbeitet, sodass viele Figuren aus zeichnerischen und malerischen Elementen bestehen.
Dadurch erscheinen sie ephemer und rätselhaft, wie der Student in dem gleichnamigen Bild von 2024. [11] Mit strengem Profil und hoch aufragendem Hut wirkt er entrückt und fremd. Trotz einiger formaler Anklänge an die Porträtmalerei der Renaissance bleibt hier eine außerbildliche Zuordnung des Gemalten in der Schwebe. Auch bei den comic-haft aufgefassten Menschen und Tieren gibt es wenig Identifikationspotenzial. Allerdings ist in
ihrem Fall die schon angesprochene Kombination von melancholischen oder unheimlichen Zügen mit komischen Momenten ausgeprägter. Diese Ambivalenz bedeutet dem Künstler viel, wobei er sich nie explizit auf Vorbilder aus dem Radius von Comic und Graphic Novel bezieht. Seiner Meinung nach ist es eher die Reduktion auf einige wenige Anknüpfungspunkte, die in seiner Malerei zu verknappten Gesichts- und Körperformen führen. [12]
Generell bewirkt der Mangel an Vertrautem in seinen Werken, dass man genauer hinsieht und den unzweifelhaften Ursprung
der Figur als gemalte Materie schärfer wahrnimmt als in anderen gegenständlichen Gemälden. Durch seine interessante Arbeitsweise hebt der Künstler das Mittel der Illusion, die Dialektik von einem zweidimensionalen, mit Farbe behafteten Bildgeviert und einer scheinbar darin abgebildeten „Realität“ ein Stück weit auf. In einem Statement von 2021 schreibt er: „In order to function, paintings depend on the observer’s imagination. After all, a painting in some way is entirely a lie and viewed with this implicit understanding. (…) I believe that paintings are a medium of trust, and it seems to me that in the act of viewing them, frequently a
[11] Student, 2024, Öl und Halbkreidegrundierung auf Holz, 40 x 50 cm.
lie little by little becomes a truth. I suspect that what ultimately enables this process is you, in the act of viewing a painting.“ Hier scheint es sich weniger um die zuerst angesprochene Fantasiebegabung der Rezipienten zu drehen als vielmehr um die Erkenntnis, was die Malerei im Kern ausmacht. Wie bei der Linie geht es Hiramatsu bei der zunächst als „Lüge“ verstandenen „Wahrheit“ um die Ausschließlichkeit, von der ein Werk durchdrungen sein kann, um ein „So-und-nicht-anders“, eine erkennbare bildimmanente Totalität, die sich dem Publikum bei eingehender Betrachtung erschließt.
„Lügen haben Beine“ heißt dann auch 2020 eine Schau des erfolgreichen Malers in Berlin. Wie schon bei der „Unendliche(n) Zigarettenpause“ macht Hiramatsu in seinen Werks- und Ausstellungstiteln oft seine künstlerische Vorgehensweise zum Thema. Mal in schrägen Metaphern, mal in deutlicher Benennung lässt er Handlungen oder Haltungen aufscheinen, die ihn beim Malen beglei-
ten. So fließen in den Titel der anfangs beschriebenen Arbeit Zorn tatsächlich Erinnerungen an einen schwierigen, oft frustrierenden Schaffensprozess mit ein. Wie viel Zeit das in sicherer Entfernung zum Bild vollzogene Nachdenken – auf dem Weg zur Wahrheit – beansprucht, zeigt sich auch noch einmal an Werkstiteln wie Ewigkeit oder Slow Living.
Angesichts der Risikofreude, der Offenheit und Intensität, die Tenki Hiramatsu in seine Arbeit einbringt, muss man sich um den Fortbestand der Malerei keine Sorgen machen. Das Medium ist unerschöpflich und wird von Kunstschaffenden wie ihm bemerkenswert neu interpretiert. Der Maler, der mit seinen Werken in diesem Jahr in Karlsruhe, Ettlingen, New York, Los Angeles und Tokio zu sehen war und im November bei Barbara Seiler in Zürich ausstellt, lebt und arbeitet mittlerweile auch in Berlin.#
Julia Behrens
Tenki Hiramatsu
Geboren 1986 in Wakayama, Japan, lebt und arbeitet in Berlin und Karlsruhe.
Ausstellungen (Auswahl)
2016–2019 Gast- und Aufbaustudium an der Staatlichen Akademie für Bildende Künste Karlsruhe, Prof. Marcel van Eeden, Prof. Daniel Roth
2005–2009 BA Nihon University College of Art, Tokyo
2024 Hecht im Karpfenteich (mit Danae Hoffmann), ßpace Karlsruhe
Slow Living, Half Gallery, New York
Breather, Sebastian Gladstone, Los Angeles
Moon River (with Lukas Ruster), Cage Gallery, Tokyo / Karlsruhe
... und mir ist, als öffnet ein verwandter Geist mir die Arme …* (mit Peco Kawashima), Kunstverein Wilhelmshöhe, Ettlingen
2023 Unendliche Zigarettenpause, Städtische Galerie Karlsruhe, Karlsruhe Tenki and Jerry (mit Jerry the Marble Faun), Castle, Los Angeles
Es Steht kein Zebra vor der Tür (mit Max Benedikt Werner), galerie brötzinger art e.v., Pforzheim
2022 皆が起きるのを待つべきか、私が先に目覚めるべきか。
(Should I Wait For Everyone To Get Up, Or Should I Get Up First?)
Barbara Seiler Galerie, Zürich 火のないところにたつ煙 (Where There Is Smoke, There Is No Fire), Sukima Gallery, Tokyo
2021 Good Con Man, Claas Reiss, London 2020 Lügen haben Beine, Robert Grunenberg, Berlin Beginner’s Improvisation, Furniture Gallery, Auckland
2019 Der Räuber und der Prinz, UNG5, Köln
DUNE (mit Sebastian Stöhrer), Barbara Seiler, Zürich Never Again, Kunstverein Rastatt, Rastatt
2013 Tenki Hiramatsu Solo Exhibition, Hidari Zingaro, Tokyo
Gruppenausstellungen
2024 Entropy, curated by Hugo Alcantara at 4 Princelet Street, E1 6QH, London Splendore – joie, joie, joie..., Fondation Fernet Branca, Saint-Louis FR
2023 Me and My Shadow / My Shadow and I, Europa, New York defenders of faith, Luis Leu, Karlsruhe
a hint of anesthesia, Colony Club, Wien AU Realms, JVDW, Düsseldorf
2022 This Space Exits Without Me, Laube, Karlsruhe Le Sacre du Printemps, Barbara Seiler, Zurich CH
2021 Alte Freunde, neue Freunde, Claas Reiss, London A Couple of, Hive Center for Contemporary Art, Beijing CN Stiff neck, Giulietta, Basel Mandibula, SOA, Krefeld
Tokyo Express, AN+ Art and Design Center, Shenzhen CN Ecosystems of Relations, super dakota, Brüssel
2020 Autumn Leaves, Laube, Karlsruhe DE
SUBJECT SITTING IN A DARKENED ROOM, Barbara Seiler, Zürich
OPEN AIR, Tong Art Advisory, East Hampton
Abstract with Figure, James Fuentes, New York Sincere Intensions, Robert Grunenberg, Berlin
Give me a reason, Villa Gellertstraße, Karlsruhe
2019 When karl met trixie, Trixie, Den Haag Gebiete, ßpace, theartape, Karlsruhe BABES, Luis Leu, Karlsruhe
Tales of the haunted and the body, Casa Cristea Schneider, Berlin der horizontale Berg, Orgelfabrik Durlach, Karlsruhe
2018 P2P, Barbara Seiler, Zürich
Fairy Dust & Wanderlust, Ornis A. Gallery, Amsterdam
I like to dream I like to think, I like to dream that i think that i dream, Luis Leu, Karlsruhe Ohio, Offkultur e.V., Offenburg
2017 Der Turm, Orgelfabrik Durlach, Karlsruhe
the rooftop is not the end the rooftop is not the end, Kinemathek Karlsruhe, Karlsruhe Regionale 18 OOO Object Oriented Ontology, Kunsthalle Basel, Basel UND#9, Karlsruhe
2015 3331 Chiyoda Arts Festival : Scholarship Exhibition vol. 5, Tokyo Chiyoda Art Festival, Tokyo
2013 GEISAI #19, Tokyo
Credit Suisse
Zurich Insurance Awards
2022 Kunstpreis der Werner-Stober-Stiftung 2017 Kunstverein Rastatt Kunstpreis
2014 3331 Chiyoda Art Festival, Judge's Prize / Kotaro Iizawa Prize
2013 GEISAI #19, Judge's Prize / Mika Yositake Prize
Thomas Mann (1875–1955) begann seine Novelle Gladius Dei mit den Worten „München leuchtete.“ Was damals ironisch gemeint war, wird heute ganz anders verstanden. Dem seinerzeit in München lebenden Schriftsteller ging es um die Schattenseiten des Kunstbetriebs. Tatsächlich galt München damals aber als Kunststadt schlechthin und leuchtete in verschiedener Hinsicht. Und so schrieb auch der ab 1895 in München lebende Schriftsteller Max Halbe (1865–1944) in seinen 1935 veröffentlichten Lebenserinnerungen, dass es „kein Oben und Unten wie im klassenund standesbewußten Norden, sondern mehr ein lässiges, gefälliges Nebeneinander, augenzudrückendes Gehen- und Gewährenlassen“ gebe. Und er betonte, „daß es eben nur München gebe, wenn man zur Kunst wolle, dies eine München und keine andere Stadt neben ihm.“1
Doch München war damals nicht nur die führende Kunststadt, sondern nahm auch eine exponierte Stellung bei der Frauenbewegung ein. 1887 eröffneten die beiden Frauenrechtlerinnen Antia Augspurg (1857–1943) und Sophia Goudstikker (1865–1924) das Fotoatelier Elvira, das 1894 zum „Hof-Atelier“ avancierte. Außerdem aber gründeten die beiden Frauen gemeinsam mit anderen ebenfalls 1894 die „Gesellschaft zur Förderung der gei stigen Interessen der Frau“, die 1899 in den kürzeren Namen „Verein für Fraueninteressen“ umbenannt wurde. Dieser Verein existiert bis heute.
Bereits etwas früher, 1882, wurde der Münchner KünstlerinnenVerein gegründet, aus dem dann zwei Jahre später die Münchner Damen-Akademie hervorging. Treibende Kraft war die Kunst-
Die junge Käthe Kollwitz studierte zwei Jahre lang an der Münchner Damenakademie Malerei. Ihr Antikriegsplakat von 1924 besitzt heute ikonischen Charakter.
lehrerin Clementine von Braunmühl (1833–1918), die auch Mitglied des Vereins für Fraueninteressen war. Die Damenakademie gab Frauen die Möglichkeit zu einem professionellen Kunststudium, denn an den Kunst-Akademien wie denjenigen in München waren nur Männer zugelassen. Unterrichtet wurden die Frauen von durchaus bekannten Münchner Künstlern, aber auch von Künstlerinnen.
Es gab nicht viele Orte, die eine akademische Ausbildung für Frauen anboten, und so ist der Ruf „Ab nach München“, den die junge Gabriele Münter (1877–1962) in ihr Tagebuch notierte, durchaus verständlich. Neben ihr kamen zahlreiche andere Frauen nach München, die nach einer künstlerischen Ausbildung verlangten. Unter ihnen befand sich auch eine Käthe Schmidt (1867–1945), die 1888 zwei Jahre in München studierte und dann den Arzt Karl Kollwitz heiratete, um mit ihm in Berlin zu leben. Käthe Kollwitz gehört zu den wenigen Frauen, die schon bald einen großen Bekanntheitsgrad erreichten und bis heute als Grafikerin und Bildhauerin berühmt sind. Ihr Antikriegs-Plakat von 1924 [2] besitzt ikonischen Charakter.
Gabriele Münter begann 1901, an der Damenakademie zu studieren, wechselte dann aber zu der privaten Malschule Phalanx, an der auch Wassily Kandinsky (1866–1944) unterrichtete. Schülerin und Lehrer wurden bald ein Paar, doch blieb Münter nicht die gelehrige Schülerin und dazu Muse des großen Künstlers, wie lange Zeit kolportiert wurde. Es dauerte nicht lange, bis sie sich gegenseitig befruchteten. 1904 kam Maria Franck (1876–1955) aus Berlin nach München. Während ihres Studiums lernte sie Franz Marc (1880–1916) kennen und zog mit ihm wenig später ins oberbayerische Sindelsdorf, beide blieben aber natürlich München verbunden. Die Russin Elisabeth Hefter (1879–1956) heiratete 1898 den in München praktizierenden Arzt Max Epstein und besuchte hier mehrere private Malschulen, darunter auch die Phalanx und die von Alexej Jawlensky (1864–1941) betriebene Malschule in dessen Privaträumen in der Giselastraße in Schwabing. Dort lebte er mit seiner Lebensgefährtin, der Malerin Marianne von Werefkin (1860–1938). Die Gräfin, wie sie allgemein
Im Bild „Die Wäscherinnen“ schilderte Marianne von Werefkin die schwere Arbeit der Frauen, wie sie sie bei einem ihrer Aufenthalte im oberbayerischen Murnau beobachten konnte.
genannt wurde, führte einen Salon, wo sich die Avantgarde der Münchner Künstlerschaft traf. Werefkin und Jawlensky verbrachten die Sommermonate von 1908 und 1909 mit Münter und Kandinsky in dem kleinen Ort Murnau in Oberbayern und malten dort gemeinsam die umgebende Landschaft, den Ort und die Menschen. Dabei beschritten sie in der Art, wie sie die kontrastreichen Farben in Einklang brachten, neue Wege, die dann in der „Blauer Reiter“ genannten Ausstellung im Dezember 1911 in München kulminierte [3].
Es ist hier nicht der Ort, ein weiteres Mal die Geschichte des „Blauen Reiters“ in all seinen Facetten wiederzugeben, allerdings soll betont werden, dass auch viele Frauen an dieser künstlerischen Entwicklung beteiligt waren, neben den genannten beispielsweise noch Erma Bossi (1875–1952) [4]. Doch gab es natürlich noch viele weitere Künstlerinnen, die andere Wege beschritten.
[3] Marianne von Werefkin, Wäscherinnen, um 1909, Tempera auf Papier auf Pappe, 50,5 x 64,6, cm, München, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Gabriele Münter Stiftung 1957. [4] Erma Bossi, Interieur mit drei Figuren im Café, Öl auf Pappe, 56 cm x 41 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, © Rechtsnachfolge.
[5]
Die in Zwiesel geborene Catharina Crescenz Schöller (1873–1933) studierte 1891 bis 1894 an der Münchner Damenakademie und wechselte dann an die Académie Julian in Paris, wo sie unter anderem wohl Henri Toulouse-Lautrec (1864–1901) kennenlernte. In Paris begegnete sie auch ihrem ersten Mann, mit dem sie 1898 nach Karlsruhe zog. Kurz nach der Geburt des dritten Kindes, 1901, ließen sie sich scheiden. Die Kinder wuchsen bei der Familie des Mannes in der Schweiz auf, Käthe, wie sie genannt wurde, kehrte spätestens 1903 nach München zurück und heiratete 1904 den Schauspieler und Grafiker Rudolf Hoch (1880–1936). Den Nachnamen Hoch behielt sie auch nach Trennung und späterer Scheidung bei, spätestens ab 1915 signierte sie ihre Werke mit „Käte Hoch“. In München wurde sie Mitglied im Münchner Künstlerinnen-Verein, bot private Mal- und Zeichenkurse an und hatte Kontakt zu revolutionären Kreisen um Erich Mühsam (1878–1934), später auch zu den Schriftstellern Oskar Maria Graf (1894–1967) und Erich Müller-Kamp (1897–1980) sowie zu dem Maler Georg Schrimpf (1889–1938). Aufgrund ihrer politischen Gesinnung stürmte im März 1933 ein Schlägertrupp der SA Wohnung und Atelier und verwüstete beides. Nur wenig später starb Käte Hoch, ob an Krebs wie in der Sterbeurkunde vermerkt oder ob sie aus Verzweiflung den Freitod wählte, wird sich nicht mehr klären lassen.
Käte Hochs erste Werke können Jugendstil und einem späten Impressionismus zugerechnet werden, in den 1920er-Jahren wandte sie sich der Neuen Sachlichkeit zu. Wenige Ölbilder und zahlreiche Grafiken befinden sich im Münchner Lenbachhaus und im Waldmuseum in Zwiesel. Herausragend ist das Selbstbildnis von 1929 [1], auf dem sie sich als selbstbewusste Malerin präsentiert, Pinsel und Palette in der Hand, den Blick kritisch auf die Betrachtenden gerichtet. Sie trägt über ihrer Kleidung einen Malkittel und auf dem Kopf eine Ballonmütze, wie sie damals vor allem von Arbeitern getragen wurde. Damit
weist sie auf ihre Solidarität mit dem Proletariat hin. Im selben Jahr illustrierte sie die Kalendergeschichten von Oskar Maria Graf mit 50 Federzeichnungen [5].
Anna Klein (1883–1941) wurde in Nürnberg geboren und erhielt 1902/03 eine erste künstlerische Ausbildung an der Malerinnenschule in Karlsruhe. Von dort wechselte sie in das in der Nähe von München gelegene Dachau, das damals vor allem für seine Malerkolonie bekannt war, und blieb dort von 1905 bis 1909. Parallel dazu studierte sie ab 1907 in München an der Damenakademie und besuchte 1908 einen Anatomiekurs, den Franz Marc anbot. Ein Foto zeigt sie mit dem Lehrer und seiner späteren Frau Maria Franck-Marc unter einer Anatomiestudie von Marc, die einen Stier zeigt, der nur aus Haut und Knochen besteht und von einem Panther angefallen wird [6]. Das Foto ist schon lange bekannt, Anna Klein wurde aber immer als unbekannte Schülerin bezeichnet. Ihr Kontakt zu Franz Marc ist auch durch eine Lithografie belegt, die er ihr dezidierte.
Anna Klein blieb bis 1912/13 an der Damenakademie. Parallel dazu besuchte sie ab 1910 auch noch die Kunstgewerbeschule und ließ sich dort vor allem im Bereich der angewandten Grafik ausbilden. 1912 bestand sie die Prüfung zur Zeichenlehrerin und eröffnete zusammen mit einer Freundin eine private Zeichenschule. Außerdem war sie mit ihren Landschaftsbildern an zahlreichen renommierten Ausstellungen beteiligt und hatte großen Erfolg mit ihren Druckgrafiken. Seit die Eltern 1909 nach München gezogen waren, lebte Anna Klein bei ihnen. Der Vater starb 1921, die Mutter 1938. Da hatte Anna Klein schon lange ihre Zeichenschule schließen müssen. In einem evangelischen Haushalt geboren und mit sieben zum katholischen Glauben konvertiert, galt sie für die Nationalsozialisten dennoch als Jüdin, da die Eltern ursprünglich Juden gewesen waren. Der Nachlass von Anna Klein kam zu Teilen in
[5] Käte Hoch, Federzeichnung, in: Oskar Maria Graf, Kalendergeschichten, München/Berlin 1929, Buch 2, S. 175 (Buchmaße 21,5, x 15 cm). [6] Anna Klein, Franz Marc, Maria Franck-Marc unter einer Tieranatomiestudie von Franz Marc, 1908, Fotograf*in unbekannt (aus: Ausstellungskatalog „Ab nach München“, München 2014, S. 89). [7] Anna Klein, Musikanten in Bamberger Altstadt, um 1900–1915, Leinwand, 50 x 70 cm, Privatbesitz, Foto: Wikimedia Commons. [8] Maria Luiko, Auferweckung, Originalscherenschnitt (Schwarzes Papier), auf Karton aufgezogen, 50,5 cm x 35 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München.
[9] [10]
die Dachauer Gemäldegalerie, wo 2008 ihre Werke in einer Ausstellung gezeigt wurden. Außerdem existiert eine Privatsammlung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Bilder von Anna Klein aufzuspüren und zu kaufen. Dort befindet sich auch die Szene in der Bamberger Altstadt [7]
Der Erste Weltkrieg stellte ein Zäsur dar, danach mussten die alten Monarchien abdanken. Die revolutionäre Räterepublik hatte in München zwar nicht lange Bestand, doch vieles ließ sich nicht mehr zurückdrehen. Das Frauenwahlrecht wurde 1918 einge-
führt, die Akademie der Bildenden Künste in München wehrte sich zwar mit Händen und Füßen und fadenscheinigen Argumenten wie fehlenden Toiletten, doch 1920 mussten auch sie sich geschlagen geben und Frauen zum dortigen Studium zulassen.
Und so wurde Marie Luise Kohn (1904–1941) nach Abschluss der höheren Mädchenschule und einer Ausbildung im Kindergärtnerinnenseminar im Winter 1923/24 an der Akademie in die Malklasse von Karl Caspar (1879–1956) aufgenommen. Zuvor hatte
[9][10] Maria Luiko, Münchner Marionettentheater Jüdischer Künstler, Marionetten „Israeliten“ und „Israelitinnen“, 1935, Pappmaché kaschiert, farbig gefasst, Textil, Draht, 38 cm / 42 cm, München, Münchner Stadtmuseum, Sammlung Puppentheater / Schaustellerei, Foto: Münchner Stadtmuseum, Patricia Fliegauf.
sie Kurse an der privaten Malschule von Moritz Heymann (1870–1937) belegt, eine beliebte Vorbereitung, um die Aufnahmeprüfung zu bestehen. Zusätzlich studierte sie an der Kunstgewerbeschule Bühnenbild. Bereits 1924 nannte sie sich Maria Luiko, ein Künstlerinnenname, den sie 1936 auf Befehl der Nationalsozialisten nicht mehr tragen durfte.
1927, nach Beendigung ihres Studiums, wurde sie Mitglied bei der Künstler*innen-Vereinigung „Die Juryfreien“. Diese Juryfreien hatten sich 1909 in München unter dem Namen Deutscher
Künstler-Verband gegründet. Sie hatten den Anspruch, Ausstellungen von Künstler*innen zu zeigen, die sich keinem Auswahlgremium stellen mussten, also auch nicht aussortiert werden konnten. Vorbild war der Pariser Salon der Unabhängigen, den es schon seit den 1880er-Jahren gab. Bereits im Jahr 1913 bei der Ausstellung im Palmenhaus waren „Damen in der Überzahl“ vertreten, wie ein Rezensent im Bayern Kurier vom 25.10.1913 anmerkte und dies keineswegs positiv meinte, denn er sprach auch von der „Mittelmäßigkeit der einige Jahrzehnte zurückgebliebenen Kunst.“
Der Erste Weltkrieg und die anschließende Wirtschaftskrise wirkten sich natürlich auch nicht positiv auf die Situation der Künstler*innen im Allgemeinen und der Juryfreien im Speziellen aus, die immerhin seit 1915 eigene Ausstellungsräume in der Prinzregentenstraße 2 besaßen, wo sie Werke ihrer Künstler*innen ständig ausstellen konnten.
Etliche Jahre später kam 1928 mit einem neuen Vorstand frischer Wind in die Gruppe. Und in diesem Vorstand war auch Maria Luiko als Beisitzerin vertreten – als einzige Frau, aber immerhin. Jetzt schrieb man sich vor allem auf die Fahnen, junge Künstler*innen zu fördern, und es waren erstaunlich viele Frauen darunter. Der Kritiker Wolfgang Petzet schrieb in der Allgemeinen
[12] Elisabeth Springer bei der Arbeit an einer Wandmalerei, undatiert, © Rosenthal-Springer-Archiv (Fotografie im Familienbesitz).
Zeitung vom 27.2.1929 über die Frühjahrsausstellung wohlwollend: „In München ist unter dem alten Namen der ,Juryfreien’ eine Gruppe junger Künstler an die Öffentlichkeit getreten, die als Ganzes wesentliche Richtungen der Zeit umfasst und im einzelnen verschiedene Persönlichkeiten in sich birgt, die selbständig weiterzuführen berufen sind. Neben der ‚Neuen Sezession’ müssen in Zukunft die ‚Juryfreien’ ständig unsere Aufmerksamkeit finden.“
Dass die Juryfreien damals die Avantgarde der Münchner Künstler*innen vertraten, geht auch aus deren Publikation Das Zweijahrbuch von 1929/30 hervor, in dem neben Fotografien der Mitglieder und ihrer Werke Texte von Kunstkritikern zu finden waren. Darin ließ sich auch Oskar Maria Graf über den Münchner Fasching aus, den man vor allem auf den Bällen der Juryfreien kennenlernen könne, denn „dort herrscht jene echte, unabsichtliche, respektlose narretei noch, die das münchnerische ewig macht. […] dort treffen sich diejenigen münchens, die wenig geld, aber viel humor haben. […] und warum sind alle veranstaltungen der ‚juryfreien‘ einzig? weil man dort kamerad im geiste ist, genosse im kampf gegen muckertum und engstirnigkeit, weil man einfach mitkämpft und mitschafft aus lust.“2
Von Maria Luiko hat sich ein Scherenschnitt von 1924 mit dem Titel Auferweckung [8] erhalten. Es handelt sich dabei um eines der wenigen Werke, die vor 1933 entstanden und nicht verloren sind. Hier zeigt sich der Einfluss des Expressionismus, wie er ihr auch vom Lehrer Caspar vermittelt wurde, es ist aber nicht von
der Hand zu weisen, dass Luiko hier auch die Auseinandersetzung mit dem zeitgenössischen Film verarbeitete. Das Thema, die Erweckung des Lazarus, stammt aus dem Neuen Testament. Vor 1933 spielte die Herkunft aus einer jüdischen Familie keine Rolle in der Kunst von Luiko. Erst nachdem sie aus dem Reichsverband Bildender Künstler ausgeschlossen wurde und sich nur noch im Jüdischen Kulturbund künstlerisch betätigen durfte, setzte sie sich damit auseinander. Damals gründete sie zusammen mit anderen das „Münchner Marionettentheater Jüdischer Künstler“. Von den Nationalsozialisten gezwungen, sich auf jüdische Themen zu beschränken, waren natürlich auch die vor allem von Luiko geschaffenen Marionetten jüdische Charaktere, wie Die Israeliten und ihre weiblichen Pendants [9][10]. Eines der wenigen erhaltenen Ölgemälde zeigt auch verschiedene ihrer Marionetten [11]
Im Marionettentheater wirkte auch die Künstlerin und Schauspielerin Elisabeth Springer (1904–1941) mit. Sie hatte eine Luiko in vielen Punkten vergleichbare Vita. Auch sie absolvierte die höhere Mädchenschule, allerdings nicht die in der Luisenstraße, sondern am St.-Anna-Platz. Anschließend besuchte sie vier Jahre lang die offenen Kurse der Malschule der Gewerbeschule an der Westenriederstraße, wo sie Wandmalerei und Keramik lernte [12]
In München gab es damals vier Gewerbeschulen, die für unterschiedliche Handwerke zuständig waren, diejenige in der Westenriederstraße bildete unter anderem Maler und Lackierer aus und nahm außer den (ausschließlich männlichen) Lehrlingen in den
verschollen, abgedruckt im Zweijahrbuch 1928/29.
Von Elisabeth Springer haben sich Fotografen von sechs Plastiken erhalten, die ausnahmslos Frauenfguren zeigen, deren „blockhafte Geschlossenheit“ von der Kritik lobend hervorgehoben wurde.
offenen Kursen auch Frauen auf. Ob sich Springer an der Akademie beworben hatte und nicht angenommen wurde, weiß man nicht. Sie ließ sich aber – ebenso wie Luiko – auch zur Kindergärtnerin ausbilden und nahm zudem Schauspielunterricht. 1931 erhielt sie ihr Diplom. Auch Springer wurde Mitglied bei den Juryfreien. Spätestens zu dieser Zeit dürften sich sie und Luiko kennengelernt haben. Im Zweijahrbuch sind sie beide vertreten, mit (heute verschollenen) Gemälden mit sehr ähnlichen Titeln: Im Kaffee [13] heißt das Bild von Luiko, Kaffee [14] dasjenige von Springer.
Ob Springer beim Marionettentheater nur als Schauspielerin tätig war oder ob sie auch die Marionetten mit geformt hat, ist nicht überliefert. Denkbar wäre es, da sie damals zahlreiche Skulpturen fertigte, die sie 1936 in Berlin bei der großen vom Jüdischen Kulturbund organisierten Ausstellung zeigte. Einzig die Fotografien von Abraham Pisarek (1901–1983) lassen uns ahnen, welch kraftvolle, ausdrucksstarke Frauenfiguren sie schuf, in denen sich der Einfluss der bekannten Bildhauer Aristide Maillol (1861–1944) und Ernst Barlach (1870–1938) manifestiert [15]
Ob das Marionettentheater nach 1937 noch Bestand hatte, ist nicht bekannt. In der Presse wurde es nicht mehr erwähnt. Elisabeth Springer wurde Mitglied im Schauspielensemble des Jüdischen Kulturbunds Hamburg. Nach dessen Schließung kehrte sie im Januar 1939 nach München zurück und wurde dort zur Zwangsarbeit gezwungen. Sie musste in eine sogenannte „Judenwohnung“ ziehen, ebenso wie Maria Luiko gemeinsam mit ihrer Mutter Olga (1878–1941) und der Schwester Elisabeth Kohn (1902–1941), einer der ersten promovierten Rechtsanwältinnen in Bayern. Dasselbe Schicksal ereilte auch Anna Klein. Sie alle wurden mit etwa 1000 Jüdinnen und Juden am 20. November 1941 nach Kaunas deportiert und dort bei ihrer Ankunft am 25. November sofort erschossen. Nur wenige Jahre zuvor hatte Luiko eine solche Deportation dargestellt [16].
Die Bilder und Skulpturen der Künstlerinnen gerieten lange in Vergessenheit und werden erst allmählich wiederentdeckt. Und es gab noch
Elisabeth Springer, Sitzende, vor 1936, Terrakotta, verschollen, © Rosenthal-Springer-Archiv, Foto: Abraham Pisarek.
viele andere, die damals in München dazu beitrugen, dass die lebendige Kunstszene der Jahrhundertwende auch später noch Bestand hatte. Unter ihnen befanden sich unter anderen Daisy Campi-Euler (1893–1979), Erna Dinklage (1895–1991) und Elisabeth Kronseder (1890–1989), die auch Mitglieder bei den Juryfreien waren und insofern Luiko und Springer gekannt haben dürften. Die genannten und viele andere mehr wurden in den letzten Jahren in verschiedenen Ausstellungen präsentiert. In München wurde 2014 mit der Ausstellung „Ab nach München“ die Damenakademie vorgestellt, 2022 folgte mit „Kunst und Leben“ eine Ausstellung, in der sehr viel mehr Frauen Raum gegeben wurde als in früheren vergleichbaren Präsentationen. In Fürstenfeldbruck widmete sich das dortige Museum 2020 mit „Frau darf“ den Künstlerinnen, die seit hundert Jahren die Akademie der Bildenden Künste in München besuchen konnten. Dort fanden bereits davor Ausstellungen statt, bei denen Künstlerinnen aus der Gegend im Mittelpunkt standen, unter ihnen auch die in Theresienstadt ermordete Johanna Oppenheimer (1872–1942), die im nahegelegenen Schöngeising gelebt hatte. Und bis März 2025 zeigt das Jüdische Museum in München die Ausstellung „Münchner Jüdinnen und Juden im Porträt“. Auch hier finden sich etliche Künstlerinnen, die in München wirkten, wie Marylka Bender (1909–2014), Suzanne Carvallo-Schülein (1883–1972) oder Hilda Zadikow (1890–1974), von denen bisher kaum etwas bekannt war. Sie alle werden nun endlich gewürdigt, ihre Werke, ihre Biografien neu entdeckt.#
Susanna Partsch
1 Zitiert nach Ingvild Richardsen, Leidenschaftliche Herzen, feurige Seelen. Wie Frauen die Welt veränderten, Frankfurt am Main 2017, S. 27.
2 Im Zweijahrbuch wurde durchgängig die Kleinschreibung verwendet, begründet durch den dort abgedruckten Artikel von Franz Roh „weshalb man klein schreibt“ (ohne Paginierung).
Einer der letzten Holzschnitte von Maria Luiko zeigt die auswegslose Lage von Menschen kurz vor der Deportation.
Nach 1938 war sie künstlerisch nicht mehr tätig.
Draht und Metall in neuen Formen
„I paint with shapes – ich male mit Formen“, sagte Alexander Calder (1898–1976), der Pionier der kinetischen Kunst. Lange vor seinen Mobiles reüssierte der amerikanische Künstler 1929 in seiner ersten Ausstellung mit Drahtskulpturen, die von der Presse „Zeichnungen im Raum“ genannt wurden. Draht und Metall blieben seine wichtigsten Materialien: So trug Calder stets etwas Draht bei sich, um jederzeit den Dingen künstlerische Form geben zu können, die ihn umgaben – Porträts eingeschlossen.
Geformter Draht verleiht in seinen skulpturalen Formen und Licht- und Schatteneffekten der Zeichnung völlig neue Dimensionen. Filigrane Gold-, Silber- und Kupferdrähte, dünne, weiche Aluminiumdrähte und dickere, feste Eisendrähte mit dauerhaftem Stand bilden einen exzellenten Fundus und eine riesige Auswahl, die allerdings auch eine Herausforderung darstellen kann: Form und Umsetzung müssen von Anfang an klar vor Augen ste-
hen, um die richtige Materialwahl zu treffen. Mit hauchfeinen Messingdrähten lässt sich ebenso wenig eine stabile, standfeste Skulptur aufbauen, wie sich dicker Aluminiumdraht in zierliche Windungen biegen lässt. Daher sind Versuche mit Reststücken im Vorfeld sicherlich sinnvoll, denn das richtige Gefühl für das Material bereitet den Weg zum Erfolg. Hilfreich sind dabei natürlich geeignete Werkzeuge: Handliche Rund- und Flachzangen und Schneidegeräte wie eine robuste Schere oder ein Seitenschneider für die schwereren Drahtqualitäten.
Am Anfang dieses Porträts steht die präzise Vorzeichnung direkt auf der Wand oder auf einer Holzplatte. Der Linie folgen viele kleine, in regelmäßigen Abständen eingeschlagene Nägel, um die ein feiner Draht in kleinen Schlaufen gewunden wird: Diese Schlaufen geben Halt, Stabilität und Struktur, die auch bestehen bleiben, wenn die Nägel abschließend wieder gezogen werden.
Porträts mal anders: Hier übernehmen Vorstellungskraft und Fantasie die Regie, denn mit dünnen Blechen als Bildträger erobern sie die Dreidimensionalität. Kupfer-, Messing-, Silberbleche, Eisenbleche und große Blätter Aluminiumblech lassen sich gut mit einer Blechschere schneiden, in Form biegen und knicken; freie Formen lassen sich standfest setzen oder mit Klebstoff an Skulpturenständern fixieren. Ein vorbereitendes Papiermodell und ein wenig Mut sind hilfreich – der Versuch lohnt sich!
Für diese Beispiele wurden Silberblech, Messingblech und Kupferblech verwendet und mit Acrylfarben bemalt. Für die Werke rechts wurde Kupferblech mit weißer Acrylfarbe grundiert und mit schwarzer Acrylfarbe bezeichnet.
Hat man erst einmal den richtigen Dreh gefunden, so sind der Formgebung von Drähten kaum Grenzen gesetzt. Bei allen gezeigten Beispielen wurde Vierkantdraht aus Aluminium verwendet. Naturgemäß lässt er sich nicht so leicht biegen wie ein feiner Draht (und gerade schmale, enge Windungen benötigen gleichermaßen Kraft und Fingerspitzengefühl), behält dafür aber gut die Form.
Wenige Meter Aluminiumdraht lassen sich nicht nur zu Worten und „Drahtzeichnungen“, sondern ebenso zu einer freien, arabeskenhaften Skulptur formen: Sie steht vollkommen für sich und ist – hier mit Farbsprays – farbig gefasst, um Nähe und Distanz zu betonen.
Feingezogene Drähte aus Silber, Kupfer, Aluminium, Edelstahl oder Messing in unterschiedlichen Stärken und entsprechende Effektdrähte verleihen der Fantasie Flügel. Die Härtegrade sind dabei auf den ersten Blick zu unterscheiden: Weiche Qualitäten werden auf Spulen, härtere zu Ringen gewickelt angeboten.
Drahtgeflechte in verschiedenen Höhen können vielfältig eingesetzt werden – pur zur eigenständigen Skulptur geformt oder aber als Gerüst und Stütze für weitergehende skulpturale Vorhaben, bekleidet mit Ton, Gips oder Beton.#
Künstlerische Realisation und Fotografe: Ina Riepe
Text: Sabine Burbaum-Machert
Barbara Wrede, geboren in Wittingen-Emmen, Niedersachsen, lebt und arbeitet in Berlin. www.olompia.de
Porträtfoto: Peter Illing, boesner GmbH holding + innovations.
Alle anderen Fotos: Barbara Wrede, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Barbara Wrede.
Barbara Wrede arbeitet mit Tusche
Tusche ist ein leichtes, fließendes Medium. Und sie ist ein willkommener, das Handgelenk schonender Gegensatz zu den zum Beispiel kraftaufwendigen Arbeiten, für die ich Schwarzstift poliere. Trotzdem fordert mich dieses Material ähnlich heraus wie ein hart in Papier gedrückter Strich: Einmal mit Tusche gesetzte Flächen oder Linien sind nicht korrigierbar – es sei denn, man klebt was drüber.
Manchmal fertige ich vor dem Tuschen eine Skizze an, die die Anlage klärt. Auf das zu bearbeitende Papier zeichne ich dann allerdings nur sehr umrisshaft und kaum sichtbar mit Bleistift vor. So wird der Raum grob definiert und es bleibt trotzdem die größtmögliche Freiheit der Ausführung erhalten, auch was „Vertuscher“ angeht – auf die ich dann im Prozess reagieren muss.
Flächen müssen dabei schwarz und ohne Absatzspuren oder Flecken sein, auf keinen Fall später noch hineinpinseln oder ausbessern, das stört Tiefe und Fluss. Linien sind entschieden, eindeutig und ohne abzusetzen zu ziehen. Es ist eine sehr konzentrierte Vorgehensweise, mit der ich tief in die Handlung eindringen kann. Dabei habe ich wegen des Trocknungsprozesses immer mehrere Blätter in Arbeit. Ab und an überarbeite ich das fertige Blatt mit einer Harzmischung, meistens aber mit einer Lackmischung, die ich selbst anrühre, manchmal bleibt alles
pure Tusche – das hängt davon ab, welches Papier ich als Träger benutze. Manchmal steht mir meine Ungeduld im Weg, denn die Blätter müssen komplett durchgetrocknet sein, bevor ich sie lackieren kann. Als Malgrund benutze ich sehr gerne handgeschöpftes Silberburg-Bütten, bei dem kein Bogen dem anderen gleicht. Darauf kommt dann die Ausziehtusche schwarz von Roh rer & Klingner zum Einsatz, die mit Schellack gebunden und somit radier- und wasserfest ist.#
Barbara Wrede
Himmelskörper – Versuch der Wiederholung, 2021/22, je ca. 98 x 68 cm, Tusche, Lackmischung auf handgeschöpftem Büttenpapier, Vordergrund: Vitrine mit Künstlerbüchern 2001–2023, Ausstellungsansicht Städtische Galerie Nordhorn, 2024, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Barbara Wrede.
Die Enkaustik in der Antike und ihre Wiederentdeckung im 18. Jahrhundert
Wachs ist ein vielseitiges Material, das ganz unterschiedliche Anwendung findet, sei es, um eine Gussform herzustellen, sei es, um Figuren zu modellieren, die dann nicht im Wachsausschmelzverfahren zerstört werden, sondern erhalten bleiben (siehe Kunst+Material 6/2023, S. 42–45). Daneben wurde Wachs aber auch schon vor Jahrtausenden als Bindemittel in der Malerei verwendet. Dabei spielte Wärme eine große Rolle, weshalb diese Technik als Enkaustik bezeichnet wird, ein Wort, das sich vom griechischen „encauston“ („eingebrannt“) ableitet.
Wann und wo die Enkaustik ursprünglich in Gebrauch kam, lässt sich heute nicht mehr sagen. Sicher ist, dass bereits bei der farbigen Fassung der Büste der Nofretete in Berlin, die um 1351 bis 1334 v.u.Z. in Ägypten entstand, mit Enkaustik gearbeitet wurde.1 Aber auch im antiken Griechenland kannte man die Technik. Überliefert sind nicht nur Berichte von Bildern berühmter Maler, darunter Apelles (um 375/70–um 300 v.u.Z.), sondern auch solche der Malerin Iaia (Laia?) aus Kyzikos (um 100 v.u.Z tätig), die vor allem Frauen porträtiert haben soll.
Erhalten haben sich die Mumienporträts, die in der Zeit der römischen Herrschaft in Ägypten entstanden, also in etwa 300 Jahren ab der Zeitenwende. Die Verbindung von ägyptischem Mumienkult mit dem Wunsch nach einem Porträt Verstorbener in Rom verband sich zu Mumienporträts, die in dieser Technik gemalt wurden, bei der sich das flüssige Wachs mit den Farbpigmenten
auf dem Untergrund verbindet, der meist aus Holz bestand. Es gibt aber auch Enkaustik-Malerei auf Putz oder auf Elfenbein.
Ein Beispiel von vielen ist das Bildnis eines bärtigen Mannes [1] Er blickt mit großen dunklen Augen frontal aus dem Bind heraus, wobei die schwarzen, dicken Augenbrauen und die Schatten am unteren Lidrand den Blick noch intensivieren. Die dunklen Locken gehen nahtlos über in einen ebenso dunklen und lockigen Bart, der die Wangenknochen betont und das schmale Gesicht fast ausgemergelt erscheinen lässt.
Die frühen Christen übernahmen für ihre Ikonen die Art der Darstellung und die Technik der Enkaustik (siehe auch Kunst+ Material 3/2024, S. 44–47), wie durch die vielen erhaltenen Ikonen im Katharinenkloster auf dem Sinai nachvollzogen werden kann. Berühmt ist die Christusikone aus der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts, die den Weltenherrscher mit Segensgestus und einem Buch in der Hand zeigt [2]. Auch er blickt mit großen Augen auf die Betrachtenden, auch hier betont der Bart die hohen Wangenknochen. Nur die Locken fehlen und statt eines neutralen Hintergrundes findet sich himmlisches Gold, das im Heiligenschein kulminiert. Die um 705 datierte Marienikone in der römischen Kirche Santa Maria in Trastevere ist ein spätes Beispiel für eine Malerei in dieser Technik,2 die schon bald in Vergessenheit geriet, da die Tempera-Malerei viel weniger Aufwand bedeutete. Öl als Bindemittel wurde erst viel später verwendet.
[1] Porträt eines Mannes mit schmalem Gesicht und Bart, 160-180, Enkaustik auf Holz, 38,1 x 12,6 cm, New York, Metropolitan Museum of Art.
Die Wiederentdeckung der vom Vesuv-Ausbruch verschütteten antiken Stätten im 18. Jahrhundert führte nicht nur zu einer neuen Welle der Antikenbegeisterung, sondern auch zur Beschäftigung mit der alten Maltechnik, wie sie unter anderen von Plinius d.Ä. (um 23/24–79) in seinem um 77 geschriebenen, Naturalis historia genannten enzyklopädischen Werk beschrieben wurde. Jedoch war die Beschreibung nicht so genau, dass Technik und Arbeitsweisen detailliert erläutert wurden. Vielmehr kam es zu verschiedenen Interpretationen, die wiederum zu Experimenten mit diesem Verfahren führten. Vor allem das sogenannte „punische Wachs“ und seine Rezeptur warfen Fragen auf. In Frank-
reich, Italien und Deutschland fanden daher zeitlich parallel verschiedene Versuche statt, die Technik der Enkaustik neu zu beleben. Daran waren Naturwissenschaftler, Archäologen und Künstler beteiligt.
Einer von ihnen, der Berliner Hofmaler Benjamin Calau (1724–1785), entwickelte ein eigenes punisches Wachsrezept, über das er zwar eine Schrift veröffentlichte, ohne jedoch die genauen Bestandteile preiszugeben – wahrscheinlich auch deshalb, weil er vom preußischen König das Privileg erhielt, dieses Wachs verkaufen zu dürfen. Calau selbst benutzte die von ihm entwickelte
Technik vor allem für Porträts, von denen sich einige erhalten haben, darunter das Bildnis eines bärtigen Mannes, das er nicht nur mit „B. Calau“ signierte, sondern darunter auch vermerkte: „Cera delineavit“ und damit betonte, dass er hier mit Wachs gezeichnet hatte [3]
So wie Calau sein Rezept nicht veröffentlichte, so kündigte auch der Hofrat Johann Friedrich Reiffenstein (1719–1793) sein Werk über die Enkaustik zwar an, publizierte es jedoch nie. Allerdings unterwies er in Rom Künstler und Dilettanten in dieser Technik, was Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) dazu animierte, in seiner Italienischen Reise über die in Italien gemachten Versuche zu berichten: „Jene Kunst, eine Wachsseife zum Bindemittel der Farben anzuwenden, war erst vor Kurzem wieder in Gang gekommen und da es in der Kunstwelt hauptsächlich darum zu tun ist, die Künstler auf irgendeine Weise zu beschäftigen, so gibt eine neue Art, das Gewohnte zu tun immer wieder frische Auf merksamkeit …“3 Goethe scheint von der Enkaustik nicht überzeugt gewesen zu sein, ebenso wie der Maler Jakob Philipp Hackert (1737–1807), der in dieser Technik im Auftrag König Ferdinand IV. von Neapel das Bad des Belvedere in Neapel aus-
malen sollte. Goethe beschreibt in seiner Abhandlung über Hackert einen Disput, den dieser über die Enkaustik mit Reiffenstein gehabt haben soll. Hackert bemängelte, dass die Farben beim Auftrag blass erschienen und man deshalb „erst siehet, was man gemacht hat, wenn das Wachs eingebrannt wird …“4
Noch ein weiterer König begeisterte sich für die Enkaustik: Ludwig I. von Bayern schickte die einen Künstler nach Italien, die Technik zu studieren, während er andere damit beauftragte, eine Möglichkeit herauszufinden, wie man mit dieser Technik gute Resultate erzielen könnte. Schließlich sollte Carl Rottmann (1797–1850) einen Zyklus mit griechischen Landschaften in Enkaustik malen. Rottmann hatte 1830 bis 1833 bereits einen Zyklus mit italienischen Landschaften für die Hofgartenarkaden in München ausgeführt. Nun wurde er erneut auf Reisen geschickt, führte anschließend Skizzen aus, die er ab 1838 in sei nem Atelier auf transportable Wandstücke malte, die dann in die Wände der Arkaden eingelassen werden sollten. Doch bereits 1840 beschloss man, sie nicht auch der Witterung auszusetzen, die den italienischen Landschaften zusetzte. Man dachte über Alternativen nach, die schließlich in den Bau der Neuen
[3] Benjamin Calau, Profilkopf eines bärtigen Mannes nach rechts, um 1770, braune Wachskreide auf geripptem Büttenpapier, 14 x 12,2 cm, Frankfurt am Main, Städel Museum. [4] Carl Rottmann, Sikyon mit Korinth, 1838, Wachs-Harzmalerei auf Putztafel, 159,3 x 203,7 cm, München, Neue Pinakothek.
Pinakothek mündeten, dem ersten Museum für zeitgenössische Kunst überhaupt.
Doch zurück zur Enkaustik: Rottmann wandte die inzwischen entwickelte Technik auf die ersten beiden Bilder an [4], war davon aber nicht überzeugt und wechselte zu einer Wachs-Harz-Technik, die er nach weiteren fünf Bildern zugunsten einer altbewährten Harz-Öl-Technik aufgab.
Es gab natürlich noch andere Künstler, die sich mit der Enkaustik auseinandersetzten, doch blieben es Einzelfälle. Neue technische Geräte, mit denen das Wachs erwärmt beziehungsweise das warme Wachs direkt zum Malen benutzt wird, führten auch nicht dazu, dass die Enkaus tik ein großes Revival erlebte. Wieder wa ren es nur einige wenige Künstler*innen wie Jasper Johns (*1930), die sich für diese Form der Wachsmalerei begeistern konnten.
Es gibt inzwischen natürlich auch ganz andere Formen, mit Wachs und deren Produzenten, den Bienen, umzugehen, doch das ist wieder ein neues Thema. Die Hochzeit der Enkaustik lag vor allem vor unserer Zeitrechnung und währte dann noch ein paar Jahrhunderte. Anschließend zog man weniger aufwendige Techniken vor, bei denen die Farben allerdings nicht den Glanz behielten, den sie bis heute haben – bei den Mumienporträts und den Ikonen.#
Susanna Partsch
1 Büste der Königin Nofretete, Berlin, Ägyptisches Museum (https://www.smb.museum/museeneinrichtungen/aegyptisches-museum-undpapyrussammlung/sammeln-forschen/ bueste-der-nofretete/die-bueste/).
2 Madonna della Clemenza, um 705/07, Enkaustik auf Holz, 164 x 116 cm, Rom, Santa Maria in Trastevere (https://en.wikipedia.org/wiki/File: Madonna_della_Clemenza_Icon_of_the_Virgin_ and_Child_.jpg)
3 Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise, September 1787, München 1977, Band 11, S. 448 f.
4 derselbe, Philipp Hackert, Biographische Skizze, 1811, München 1977, Band 13, S. 576.
Unter dem Motto „Grafische Spezialpräparate seit 1892“ vereint Rohrer & Klingner jahrzehntelange Erfahrung in der Tuscheherstellung mit Rohstoffen höchster Qualität und innovativen Produktionsverfahren. Nach bewährten Rezepturen werden die Produkte in Handarbeit hergestellt, wobei vorwiegend natürliche Bindemittel mit den jeweiligen Farbstofen kombiniert werden.
Textilfarben sind Multitalente
Üppige Blumen, verschlungene Ornamente, grafische Formen und abstrakte Muster und in jedem Fall viel Liebe zum Detail: Die Geschichte des Textildrucks reicht Jahrhunderte zurück und ist bis heute außerordentlich reich an Facetten. Seine frühen Ursprünge verorten sich in Indien, und schon in der frühen Neuzeit waren bedruckte indische (Baumwoll-) Stoffe in Europa außerordentlich beliebt – so sehr, dass die Einfuhr der sogenannten „Indiennes“ im französischen 17. Jahrhundert sogar für einige Jahrzehnte verboten wurde, weil man die heimischen Leinen- und Wollstoffproduktion gefährdet sah. Kurz: Die farbenprächtige Geschichte von Mode und Interieur, von Kleidern, Accessoires und Wohntextilien ist ohne die Entwicklungen des Textildrucks kaum denkbar.
Heutige Textilfarben sind wahre Multitalente und werden höchsten Ansprüchen gerecht: Sie eignen sich für freie Malerei, Siebund Stempeldruck, Airbrush und Schabloniertechniken. Als Malgrund ist dünner, leichter Baumwoll- oder Leinenstoff ideal, doch prinzipiell eignet sich jedes Gewebe (maximaler Kunstfaseranteil 20 %) zum Druck oder zur freien Bearbeitung. Stoffmalfarben auf Wasserbasis haben eine cremige Konsistenz, sind untereinander problemlos mischbar und lassen sich mit Pinsel oder Walze auch großflächig auftragen. Nach der Fixierung mit dem Bügeleisen sind sie lichtecht und waschbeständig. Stoffmalstifte bzw. Textilmarker sind in unterschiedlichen Strichstärken erhältlich.
Zum Textildruck im Atelier eignen sich alte Holzstempel, Holzund Linolschnitte sowie natürlich frei geschnittene Druckstöcke aus speziellen Kunststoffplatten, die für Radierungen angeboten werden, oder aus den neuen Vinyl-Printblöcken, die gummiartig weich und flexibel sind, sich leicht schneiden lassen und nicht bröckeln. Natürlich darf hier auch der oft in die frühkindliche Kunsterziehung verwiesene Kartoffeldruck zu neuen Ehren kommen – mit verblüffenden Ergebnissen!
Stempel und Model können direkt in die auf flachem Untergrund vertriebene Farbe gedrückt oder aber mit Walzen eingefärbt werden. Wer es ausprobiert, begibt sich auf eine kleine Entdeckungsreise, denn die Möglichkeiten sind vielfältig: Verschiedene Stempel und Druckstöcke können kombiniert und Farben übereinander gedruckt werden. Die Beispiele auf der linken Seite sind mit Holzschnitt (obere Reihe), Vinyl-Printblöcken (mittlere Reihe, verschiedene Farben übereinander gedruckt), Holzschnitt (untere Reihe, links) sowie Kunststoff-Druckplatten beidseitig gedruckt. Die obere Reihe auf dieser Seite ist mit einem Holzschnitt-Stempel, die Beispiele auf der Folgeseite mit Kartoffeldruck und alten Holzmodeln realisiert.
Fertige Drucke können zusätzlich mit Farbe und Pinsel koloriert werden. Ganz ohne Stempel und Druckstöcke kommen die freien Arbeiten aus: Moderne Textilfarben können beliebig verdünnt und miteinander gemischt werden, Textilmarker machen sowohl die exakte Vorzeichnung als auch die freie Zeichnung und natürlich die Verbindung mit Textilfarben möglich. Neue Stoffe wie leichte Baumwoll- oder Leinenstoffe sind hier ebenso geeignet wie alte Stoffe, die eine attraktive Ausgangsfarbe mitbringen oder mit Farbe und neuen Mustern aufgefrischt werden sollen.#
Künstlerische Realisation und Fotografe: Ina Riepe
Text: Sabine Burbaum-Machert
prachtvoller
über das faszinierende Ökosystem Meer in lllustrationen aus Wissenschaft und Kunst
Ozeane
Die Welt der Meere
Ein Ausflug in die maritime Welt
Anne-Marie Melster, 352 S., durchg. farb. Abb., 26,1 x 30 cm, geb., dt., Midas Verlag 2024, ISBN 9783038763000, EUR 59,00 (D), EUR 61,00 (A), CHF 78,00 (CH)
Der Ozean ist riesig, tief und facettenreich. Er ist das Herz und die Lunge unseres Planeten. 71 Prozent der Erde sind von Wasser bedeckt, und 96,5 Prozent davon befinden sich in den Ozeanen. Wir gehen davon aus, dass das Leben an Land ohne die Meere nicht möglich, dass es sogar aus ihnen entstanden ist. „Ozeane. Die Welt der Meere“ heißt ein kürzlich im midas Verlag erschienenes Buch. Der faszinierende Überblick über Kunst, Geschichte, Wissenschaft und Kultur würdigt dieses wichtige Ökosystem in spektakulären Bildern und informativen Texten.
Seit Hunderten von Jahren werden die Ozeane befahren und verbinden Kulturen. Viele Geheimnisse des maritimen Lebens sind noch unerschlossen, doch schon längst bringt der Mensch sie in Gefahr. Denn erst seit Kurzem hat man die Gewässer als schützenswert wahrgenommen. Und erst der Klimanotstand hat die Relevanz der Meere für das Leben auf der Erde in unser Bewusstsein gerückt. Und damit auch die Tatsache, dass unsere Ozeane bedroht sind: Menschliche Eingriffe führen zur Überfischung und zur Vermüllung der Meere, der Lärm von Bohrtürmen und riesigen Schiffen irritiert auf akustische Orientierung ausgelegte Meeresbewohner ... – mit der Folge, dass immer mehr Arten aus Flora und Fauna in immer kürzeren Abständen aussterben und das Gleichgewicht der Kräfte im Lebensraum Wasser beeinflusst wird. Die Veränderung der Wassertemperatur und des damit verbundenen Strömungsverhaltens der Meere hat wiederum Einfluss auf das Klima an Land ...
Bei der Frage, wie sich gegensteuern lässt, setzt die Publikation an. Sie versteht sich als „... eine Einladung, über die Schätze und die Macht des Ozeans nachzudenken, (darüber) wie sehr wir von
den Meeren abhängen und wie viel wir dazu beitragen können, sie zukünftig besser zu schützen“, schreibt Anne-Marie Melster in ihrem Vorwort zu dem großformatigen Bildband. Um dem Ozean etwas zurückgeben zu können, ohne ihn ständig auszunutzen, so ihre These, müssen wir ihn zunächst verstehen. Dazu ist es notwendig, die Geschichte des Ozeans kennenzulernen. „Ozean. Die Welt der Meere“ vermittelt kulturelle Fakten über die Regionen, die über die abgebildeten Werke präsentiert werden, es informiert über aktuelle wissenschaftliche Entdeckungen und nimmt die Leserschaft mit in die nostalgische und symbolische Welt des Ozeans.
Das Wissen über die Ozeane basierte über viele Jahrzehnte auf dem, was in der Schule vermittelt wurde: Navigation, Seekriege, Eroberung und Kolonialismus, Walfang und kommerzieller Fischfang. In den 1950er- und 60er-Jahren nutzte der Meeresforscher Jacques Cousteau in seinem Tauchboot die Fortschritte in der (Unterwasser-)Fotografie und im Tiefseetauchen, um den Menschen die Flora und Fauna des Meeres in atemberaubenden Bildern nahezubringen.
Schon seit Jahrtausenden haben die Meere mit ihrer unergründlichen Tiefe und Dunkelheit Kunstschaffende inspiriert. Die Unwissenheit über die Welt unterhalb der Wellen führte sie meist zu furchtbehafteten, aber auch fantasievollen Vorstellungen über die Unterwasserwelt. Mit den neuen Erkenntnissen begannen zeitgenössische Künstlerinnen und Fotografen, an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft zu arbeiten, um der Öffentlichkeit die Schönheit des Ozeans zu vermitteln, aber auch um über ihre Bedrohung durch den Menschen aufzuklären.
Melster hat in Zusammenarbeit mit einem internationalen Expertengremium ein breites Spektrum maritimer Vorstellungen, Themen und Bilder zusammengetragen: von wissenschaftlichen Illustrationen über Unterwasserfotografie und unterschiedlichste Kunstwerke bis hin zu Filmplakaten und Textilien. 300 eindrucksvolle Abbildungen und aufschlussreiche Texte belegen die enorme Vielfalt, mit der die Menschen ihre Faszination für die Ozeane im Laufe von mehr als 3.000 Jahren auf allen Kontinenten und in vielen Kulturen zum Ausdruck gebracht haben.
Der Einstieg in das Thema Ozeane ist an jeder beliebigen Stelle des Buches möglich. In dem sorgfältig kuratierten Band sind die Abbildungen perfekt zueinander in Beziehung gesetzt und substanziell kommentiert. Auf gegenüberliegenden Seiten treten sie aus teilweise unterschiedlichen Jahrhunderten in einen Dialog über ein gemeinsames Sujet.
„Ozeane. Die Welt der Meere“ zeigt die Einzigartigkeit des Ozeans in immer beeindruckenden Abbildungen. Der üppige Bildband gibt Einblick in bemerkenswerte wissenschaftliche und kulturelle Phänomene weltweit, dokumentiert gleichzeitig aber auch die Gedankenlosigkeit, mit der sich die Menschen wie selbstverständlich der Ozeane bedienen. In seiner Vielfalt versucht dieses Buch, der Schönheit der maritimen Welt gerecht zu werden. Das macht es, wie die Meere selbst, zu einer beeindruckenden Inspirationsquelle. Empfehlenswert für Kunstliebhaber und Naturschutzbegeisterte!#
Wo Monet und Renoir malten Reisen zum Impressionismus von Giverny bis Venedig
Museum Barberini (Hrsg.), Miriam Leimer, 176 S., durchg. farb. Abb., 21,6 x 26,7 cm, geb., dt., Prestel Verlag 2024, ISBN 9783791379586, EUR 34,00 (D), EUR 35,00 (A)
Vor 150 Jahren fand die erste Ausstellung mit impressionistischen Arbeiten statt. Bis heute ist die Strahlkraft dieser Gemälde ungebrochen. Geleitet von den Wechselwirkungen des Lichts und der Atmosphäre schufen die Künstler jener Jahre zeitlos schöne Bilder, deren Neuerungsgeist und Energie bis heute nachwirkt. Aus Anlass des 150. Jubiläums bereiste der Fotograf Christoph Irrgang im Auftrag des Potsdamer Museum Barberini nach intensiver Recherche die Gegenden, an denen die namhaften Impressionisten gemalt haben, und fotografierte die Entstehungsorte zahlreicher Werke aus der Perspektive der Maler. In der Publikation „Wo Monet und Renoir malten“ werden diese Fotografien den jeweiligen Gemälden gegenübergestellt. Der visuelle Abgleich zeigt nicht nur die Wiedererkennbarkeit der Orte, sondern macht auch sichtbar, wie die Künstler bei der Arbeit vorgingen.
Claude Monet, Camille Pissarro, Pierre-Auguste Renoir und Alfred Sisley fanden in den 1860er-Jahren als Künstlergruppe zusammen. Sie befreiten sich von den traditionellen Bildthemen ihrer Zeit und revolutionierten die Kunst mit lichtdurchfluteten Landschaften. Mit Vorliebe arbeiteten sie in freier Natur und bannten flüchtige Sinneseindrücke unmittelbar auf die Leinwand. Die Arbeiten von 30 Künstlerinnen und Künstlern, die auf diese Weise entstanden, zeigten sie abseits der offiziellen Akademie-Ausstellungen erstmals 1874, vor 150 Jahren, im Atelier des bekannten Fotografen Félix Nadar in Paris. Damals ein Skandal, der dem Malstil die Bezeichnung „Impressionismus“ einbrachte.
Der Impressionismus ist untrennbar mit Frankreich verbunden. Von hier aus trat er seinen internationalen Siegeszug an und verbreitete die charakteristischen Motive: die Flusslandschaften der Seine und die französischen Küsten waren ein häufiges Motiv der Impressionisten, aber auch Gärten hielten Einzug in die Malerei. Schon bald zeigten sich die Künstler in ganz Europa fasziniert von der neuen, spontanen, vom subjektiven Eindruck geleiteten Malweise und versuchten sich an eigenen Bildfindungen.
Auf der anderen Seite begaben sich viele französische Künstler des Impressionismus auf Reisen. Sie fanden neue Sujets, ein
anderes Licht, das Zusammentreffen mit anderen Künstlern. In London setzten sich Berthe Morisot und André Derain mit den Arbeiten William Turners auseinander. Ebenso wie Claude Monet, den es darüber hinaus nach Holland, Norwegen und Italien zog. Auch Renoir arbeitete in Italien und in Algerien.
Lassen sich diese Orte wiederfinden? Und sind sie wiedererkennbar? Das fragte sich der Fotograf Christoph Irrgang und bereiste nach intensiver Recherche zwischen 2016 und 2019 die Gegenden und Orte, an denen die Impressionisten in Frankreich, Holland, Italien und Großbritannien malten. Hier fotografierte er die Entstehungsorte zahlreicher Werke aus der Perspektive der Maler. Die Gegenüberstellung der Gemälde mit den Bildern heute zeigen Industrialisierung, Modernisierung und Stadtentwicklung der letzten 150 Jahre, aber auch erstaunliche Übereinstimmungen.
„Wo Monet und Renoir malten“ verortet die gemalten Landschaften geografisch auf stilisierten Karten und gibt kurze Zusatzinformationen, bevor Gestern und Heute aufeinandertreffen und die Gemälde mit der Fotografie großformatig abgebildet in einen Dialog treten.
Diese Spurensuche an den Orten des Impressionismus ist ebenso faszinierend wie aufschlussreich und eröffnet ganz neue Blicke auf eine große Epoche der Kunst. In vier inhaltlichen Kapiteln hat die Kunsthistorikerin Miriam Leimer 33 Bildpaare einander gegenübergestellt, sie interpretiert und Christoph Irrgang nach seinen Erfahrungen bei der Recherche befragt. Bildvergleiche und Interview zeigen, wie genau die Impressionisten die jeweiligen Orte erfasst haben. Gleichzeitig fanden sie für ihre Malerei eine neue Freiheit: Jeder Pinselstrich ist eine Information und wirkt zugleich spontan. So fingen sie die Atmosphäre des Augenblicks ein, die sich noch heute vermittelt.
Die Beteiligten
Der Hamburger Fotograf Christoph Irrgang fotografiert normalerweise Kunstwerke, auch für die Hamburger Kunsthalle. Miriam Leimer ist Kunsthistorikerin und freie Autorin. Ortrud Westheider ist Direktorin des Museum Barberini in Potsdam.#
Die Abbildungen aus dem Buch zeigen oben links: Christoph Irrgang, Die Themse/London; oben rechts: Berthe Morisot, Die Themse, 1875, Öl auf Leinwand, 46 x 38 cm, Clairet/Montalant/Rousart 49, Sammlung Hasso Plattner; unten links: Christoph Irrgang, Villen in Bodighera; unten rechts: Claude Monet, Villen in Bodighera, 1884, Öl auf Leinwand, 61 x 74 cm, Wildenstein 857a, Sammlung Hasso Plattner.
Ein Kinderbuch schaut Kunstschafenden unterschiedlicher Epochen über die Schulter
Das Buch erscheint
Ende November 2024
Wo Kunst gemacht wird Künstlern über die Schulter geschaut
Emese Révész, Alexandra Grela, 88 S., durch. farb. illustr., 28 x 34 cm, geb., dt., Midas Verlag 2024, ab 8 Jahre, ISBN 9783038762843, EUR 25,00X (D), EUR 25,70 (A) , CHF 33,00 (CH)
Wo und wie entsteht eigentlich Kunst? Wie war das früher? Und wie interessiert man Kinder für Kunstgeschichte? Diese Frage haben sich auch die Kunsthistorikerin Emese Révész und die Malerin und Illustratorin Alexandra Grela gestellt. Ihre Antwort: Überschaubar und an der Praxis orientiert. In ihrem Buch „Wo Kunst gemacht wird“ erzählen sie mit viel Humor in bunten Illustrationen über die spannende Welt der Kunst.
Ihre Kunstgeschichte ist farbenfroh und lebendig erzählt. Sie spannt den Bogen von den Höhlenmalereien von Altamira bis zu den Graffiti von Banksy. Dafür haben Révész und Grela Arbeiten von 25 Künstlerinnen und Künstlern ausgewählt, anhand derer sie ihre Leserschaft stellvertretend an eine Epoche oder an einen Stil heranführen. Humorvoll und verspielt werden Trends, Techniken, die Visionen einer Epoche,
die sich wandelnden Arbeitsmedien sowie die Art und Weise des Schaffens bildlich dargestellt und visuell greifbar. Gleichzeitig lässt sich beobachten, wie sich die Umgebung der Menschen im Laufe der Zeit verändert hat.
Das Atelier der jeweiligen Kunstschaffenden wird als der Ort, an dem die Kunst geboren wird, zum „Atelier einer Epoche“. Hier spielt sich alles ab, was es zu sagen bzw. zu zeigen gibt. Die Illustrationen sind im Stil der jeweiligen Zeit gehalten und bieten als kleines Extra einige Elemente, die dort nicht hingehören und von den kleinen (und großen) Leserinnen und Lesern gesucht (und gefunden) werden sollen.
„Wo Kunst gemacht wird“ ist eine einzigartig illustrierte Geschichte der Kunst voller AhaErlebnisse und anregender Mitmach-Seiten. Sie weckt das Interesse am Beruf des bzw. der Kunstschaffenden, am Erproben und Wiedererkennen unterschiedlicher Stile und Techniken, fokussiert auf Wesentliches rund um die Kunst einer Zeit und verfestigt das Gelernte durch einen spielerischen Ansatz. Das Buch wurde bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnet und wird empfohlen für Kunstinteressierte ab 8 Jahren.
Alexandra Grela (*1974 in Polen) schloss 1999 ihr Studium der Malerei an der Jan-MatejkoAkademie der Bildenden Künste in Krakau ab. Sie lebt seit 2005 in Ungarn, wo sie Malerei unterrichtet und 2006 mit der Illustration von Märchen und Gedichten begann.
Emese Révész (*1967 in Mukacsevo (UKR)) ist außerordentliche Professorin am Institut für Kunstgeschichte der Eötvös Loránd Universität Budapest und Leiterin der Abteilung für moderne und zeitgenössische Kunst. Seit 2009 lehrt sie an der kunsthistorischen Abteilung der Ungarischen Universität der Bildenden Künste in Budapest.#
Georgia O’Keefe malte Schönheit aus großem Schmerz
Schon zu ihren Lebzeiten war Georgia O’Keeffe (1887–1986) eine Legende. Als sie mit 98 Jahren in New Mexiko starb, hinterließ sie mehr als 2000 Arbeiten und hatte sich unter den Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts einen festen Platz erobert. In Europa wurde die Malerin berühmt über ihre millionenfach reproduzierten Blumenbilder.
Keine Künstlerin wurde so häufig fotografiert wie Georgia O‘Keeffe. Vor allem die Aufnahmen ihres späteren Mannes, Alfred Stieglitz, zeigen sie als eine selbst- und körperbewusste Frau. Seine Aktfotografien von ihr machten O‘Keeffe weit über die Grenzen der USA hinaus bekannt.
Sie selbst wollte vor allem malen. Mit viel Eigensinn setzte sich Georgia O’Keeffe von der kleinen Zeichenlehrerin aus der Provinz durch und wurde zu Amerikas bedeutendster Künstlerin des letzten Jahrhunderts: Ihre frühen Abstraktionen der 1910er-Jahre machten sie zur Pionierin der amerikanischen abstrakten Malerei. Es folgten die ikonischen Blumengemälde, in denen winzigste Blütenblätter zu leinwandfüllenden Formaten vergrößert wurden, die Formen und Linien ihrer Bildsprache protoabstrakt. Den Durchbruch als Malerin erlebte O’Keeffe im New York der 1930er-Jahre mit ihren Wolkenkratzer-Bildern. Die meisten ihrer Bilder entstanden jedoch in der Wüste von New Mexico. Wüstenlandschaften und Knochen zogen motivisch in ihre Malerei ein, scharfe Schatten und gleißendes Licht. Sie verdeutlichen ihre kühne und radikale Art des Sehens, mit der sie ihre Umgebung betrachtet und in neue und bis dato nie gesehene Bilder der Realität übersetzt hat.
Der Roman setzt ein, als die erwachsene Georgia O'Keeffe unter dem flammenden Himmel von New Mexiko auf ihr Leben zurückblickt: Auf die schillernden Jahre in New York, wo sie umgeben von Künstlern und Fotografen wilde Jahre verbringt; ihr politisches Engagement bei der National Woman's Party, nicht zuletzt auf ihre große Liebe zu Alfred Stieglitz. Als sie –bereits in ihren Fünfzigern – in der Ruhe ihrer Ranch in New Mexico endlich die Erdung findet, die sie ihr ganzes Leben gesucht hat, wird klar, dass sie ihrem Förderer Stieglitz längst entwachsen ist: Unbeirrt geht sie ihren steinigen Weg zu einer Kunst, die dem Leben in all seiner morbiden Vollkommenheit huldigt, und wird damit unsterblich. „Die Farben der Wüste“ ist ein sinnlicher Roman über eine ungezähmte Frau.
Über die Autorin
Amelia Martin ist das Pseudonym einer Bestsellerautorin. Sie hat jahrelang als Sachverständige für ein weltweit handelndes Auktionshaus gearbeitet, die Provenienz von Möbeln und Kunstgegenständen geprüft und Ausstellungen organisiert. Nach Jahren in England und im europäischen Ausland unternimmt die Autorin heute ausgedehnte Recherchereisen an die Schauplätze ihrer Romane.#
Die Farben der Wüste Georgia O'Keeffe malte, um die Welt neu zu begreifen Amelia Martin, 480 S., 16,3 x 20,5 cm, Klappenbroschur, dt., Ullstein Taschenbuch 2024, ISBN 9783548068886, EUR 14,99 (D), EUR 15,50 (A)
Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht
Das war Kunst, jetzt ist es weg Misslungene Restaurierungen und andere kuriose Kunstunfälle
Cora Wucherer, 112 S., 50 farb. Abb., 17 x 14 cm, geb., dt., DuMont Buchverlag 2024, ISBN 978383216 9404, EUR 18,00 (D), EUR 18,50 (A)
Weggewischt und totrestauriert: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Diese Redewendung stellt die Erkennbarkeit und die Wertschätzung von Werken vor allem der modernen Kunst in Frage. Sie geht zurück auf einige Ereignisse, bei denen Kunst nicht als solche erkannt und einfach weggeputzt wurde. Beispielhaft dafür stehen die Reinigung der Beuys’schen Badewanne 1973 im Museum Morsbroich oder die Beseitigung seiner Fettecke an der Kunstakademie in Düsseldorf 1986. Und erst kürzlich ging es wieder durch die Presse: In der Kölner Innenstadt haben Stadtreiniger ein Kunstwerk des GraffitiKünstlers Naegeli beschädigt. Die Reinigungskräfte hielten es für eine illegale Spray-Arbeit.
Mit ihrem Buchtitel „Das war Kunst, jetzt ist es weg“ bezieht sich Cora Wucherer auf diese Redewendung und erzählt Geschichten von unfreiwillig zerstörter Kunst. In ihrer Publikation geht sie der Frage nach: Wie zerstört man versehentlich ein Kunstwerk? Sie versammelt die spektakulärsten Kunstunfälle unserer Zeit und erzählt die tragikomischen Geschichten dahinter: von dem Milliardär, der mit dem Ellbogen ein Loch
in seinen just versteigerten Picasso rammte, über den Austauschstudenten, der wegen eines Selfies in einer steinernen Vagina stecken blieb, bis hin zu der Sammlerin, die Jeff Koons Balloon Dog in tausend schillernde Scherben zerschellen ließ oder zu Menschen, die in einem unachtsamen Augenblick stolpern und einen millionenschweren Schaden anrichten.
Solche Zeugnisse menschlicher Ungeschicklichkeit sind so absurd, lustig oder einfach unglaublich, dass sie selbst fast schon wieder reif fürs Museum sind. Manchmal sind sie auch traurig, vor allem, wenn die Bilder den VorherNachher-Zustand abbilden, etwa in dem Fall der Coverabbildung des Buches, in dem eine spanische Rentnerin sich für die bessere Künstlerin hielt, ungefragt zum Pinsel griff und ein Jesus-Bild kurzerhand in das Bildnis eines Äffchens verwandelte.
Cora Wucherer hat kuriose Kunstunfälle und misslungene Restaurierungen recherchiert und zu einem in Bild und Text unterhaltsamen Buch zusammengetragen. Doch es geht bei dem unausweichlichen Schmunzeln, das dem Blick auf die tragikomischen Resultate folgt, nicht allein darum, der Schadenfreude ihren Lauf zu lassen. Es geht um mehr. Etwa auch um die Frage, ob in dem Eingreifen und dem Verändern eines Werkes ein kreativer Prozess oder sogar ein künstlerischer Akt steckt. Oder darum, wie man als Künstler*in mit derartigen Eingriffen umgeht. Und genauso geht es auch darum festzustellen, dass die Beschädigung oder Beseitigung von Kunstwerken nichts mit mangelndem Respekt zu tun haben, sondern einfach auf Missgeschikken oder -verständnissen beruhen.
Cora Wucherer (*1994), studierte Anglistik und Kunst, Musik und absolvierte die Deutsche Journalistenschule. Als freie Journalistin arbeitete sie u. a. für das SZ-Magazin und ZEIT ONLINE, seit 2022 ist sie Redakteurin beim ZEITmagazin ONLINE. Sie lebt in Berlin.#
Jeden Tag kreativ sein
Eine Anleitung zum Glück
Marion Deuchars, 192 S., ca. 100 Abb., 17 x 24 cm, kart., dt., Midas 2024, ISBN 9783038762997, EUR 20,00 (D), EUR 20,70 (A), CHF 28,00 (CH)
Künstlerin und Bestseller-Autorin Marion Deuchars stellt über 100 Projekte und Ideen vor, die dazu inspirieren, das eigene künstlerische Potenzial zu entfalten.
Der Goldene Schnitt
Die Schönheit der Mathematik
Gary B. Meisner, 224 S., zahlr. farb. Fotos/Abb., 21,5 x 26,4 cm, geb., dt, Librero 2022, ISBN 9789463596411, EUR 14,95 (D), EUR 14,95 (A), CHF 19,90 (CH)
Dieses Grundlagenwerk umfasst eine detaillierte, vollständige und leicht zu verstehende Darstellung der Eigenschaften des Goldenen Schnittes und seiner Relevanz in unserer Welt. Mit mehr als 250 farbigen Kunstwerken und handgezeichneten Illustrationen von Rafael Araujo.
Materialien, Techniken, Ideen
Collage
Der Weg zum eigenen Stil
Bev Speight, 144 S., zahlr. farb. Abb., 19 x 24,7 cm, kart., dt., boesner holding + innovations 2024, ISBN 9783928003476, EUR 19,95 (D), EUR 2060 (A), CHF 31,50 (CH)
Von fantastischen Werken mit Architekturelementen über verfremdete Menschen-Collagen bis hin zu interessanten Kompositionen mit gemischten Werkstoffen bietet dieses Buch 50 originelle Ansätze und Anleitungen, aus denen viele weitere individuelle Kreationen wachsen.
Die praxisorientierten Leitfäden aus der Reihe „Lust auf Kunst“ richten sich mit leicht verständlichen Anleitungen zu grundlegenden Techniken nicht nur an Einsteiger*innen und fortgeschrittene Künstler*innen. Sie liefern mit zahlreichen Werkbeispielen von zeitgenössischen Kunstschaffenden eine Fülle neuer Anregungen und kreativer Ideen für attraktive und überraschende Umsetzungen.
Bridget Davies, 128 S., durchg. farb. Abb., 17,3 x 22 cm, Pappeinband, dt., boesner GmbH holding + innovations 2020, ISBN 9783928003261, EUR 16,95 (D), EUR 17,50 (A), CHF 19,00 (CH)
Rita Isaac, 128 S., durchg. farb. Abb., 17,3 x 22 cm, Pappeinband, dt., boesner GmbH holding + innovations 2020, ISBN 9783928003278, EUR 16,95 (D), EUR 17,50 (A), CHF 19,00 (CH)
Eve Blackwood, Selwyn Leamy, 128 S., durchg. farb. Abb., 17,3 x 22 cm, Pappeinband, dt., boesner GmbH holding + innovations 2022, ISBN 9783928003407, EUR 16,95 (D), EUR 17,50 (A), CHF 19,00 (CH)
Eine altmeisterliche Technik neu entdeckt
August Lamm, 176 S., durchg. illustriert, 19 x 24,5 cm, kart., dt., boesner GmbH holding + innovations 2023, ISBN 9783928003469, EUR 24,95 (D), EUR 25,60 (A), CHF 29,30 (CH)
Die altmeisterliche Technik der Kreuzschraffur hat in den letzten Jahren ein kreatives Revival erlebt. Durch ihre zeitgemäße Vermittlungsmethode verleiht die renommierte Künstlerin und Illustratorin August Lamm ihrem umfassenden Handbuch Workshop-Charakter. Es führt mit leicht zugänglichen Anleitungen Schritt für Schritt durch jede Phase des Zeichenprozesses, von der Konzeption bis zur Ausführung. Auch jedes Thema lässt sich so angehen: vom einfachen Stillleben bis zu komplexen Porträts und Landschaften. Reichlich Inspiration bieten Beispiele für Kreuzschraffuren aus der Kunstgeschichte und den eigenen Arbeiten der Autorin.
Abenteuer Aquarellmalerei
Gerhard Ruhland, 160 S., zahlr. farb. Fotos/Abb., 20,5 x 25,6 cm, geb., dt., Edition Michael Fischer 2024, ISBN 9783745912982, EUR 26,00 (D) , EUR 26,80 (A), CHF 35,50 (CH)
Gerhard Ruhlands Motto: „Lieber ungenau und richtig als präzise und falsch.“ Er ist mit allen Wassern und Malmitteln gewaschen – was „Kunst“ und Malerei anbetrifft.
Abstract Watercolor
16 kreative und ausdrucksstarke
Aquarellmotive Schritt für Schritt malen
Kate Rebecca Leach, 120 S., zahlr. farb. Abb., 21,2 x 27,5 cm, brosch., dt., Christophorus 2024, ISBN 9783862304691, EUR 22,99 (D), EUR 23,70 (A), CHF 31,50 (CH)
Angeleitete Experimente mit Farbe, Form und Textur führen zu abstrakter Aquarellkunst, die den Rahmen sprengt und auch Anfängern gelingt.
Materialkunde, Techniken, Anwendungsbeispiele
Frank Lohfink, 76 S., durchg. farb. Abb., 19 x 26 cm, geb., dt., boesner GmbH holding + innovations 2020, ISBN 9783928003162, EUR 19,95 (D), EUR 20,60 (A), CHF 24,10 (CH)
Vergolden ist ein traditionsreiches Handwerk. Frank Lohfink gibt sein in vielen Jahren erworbenes Wissen über Vergoldertechniken weiter. In Text und Bild zeigt er anschaulich, wie einfach es ist, unterschiedliche Materialien auch ohne Vorkenntnisse mit hauchdünnen Metallen zu veredeln.
Die Kunst des Zeichnens Techniken
Anschaulich erklärt mit über 150 Farbfotos
240 S., 19,5 x 25 cm, geb., dt., frechverlag 2024, ISBN 9783735881571, EUR 25,00 (D), EUR 25,70 (A), CHF 34,50 (CH)
Alle wichtigen
Grundlagentechniken: verschiedene Zeichenmedien (z.B. Bleistift, Tusche, Kohle, Farbstifte, Pastell) und wichtige Grundlagen (z.B. Komposition, Perspektive), mit vielen Farbfotos, Schritt-für-Schritt-Abbildungen und praktischen Übungen.
Dein Skizzenbuch-Buch
Illustration, Handlettering und Schabernack zum Mitnehmen
Martina Friedli, 138 S. mit über 500 farb. Abb., 12,5 x 20 cm, brosch., dt., Verlag Hermann Schmidt 2024, ISBN 9783874399647, EUR 20,00 (D), EUR 20,60 (A), CHF 25,00 (CH)
Dieses Buch ist der Schlüssel zum Skizzieren und Dokumentieren unterwegs. Mit Tipps, Tricks und Übungen nimmt es die Angst vorm weißen Blatt und ermutigt mit Anregungen zum Seitenaufbau und zum Umgang mit vermeintlichen Fehlern dazu, dranzubleiben.
Papiere schöpfen und gestalten
Projekte aus Altpapieren und Pflanzen
Eva Hauck / Dorina Tessmann, 128 S., durchg. farb. Fotos, 17 x 24 cm, Klappenbr., dt., Haupt Verlag 2024, ISBN 9783258602837, EUR 28,00 (D), EUR 28,80 (A), CHF 30,00 (CH)
Alles Wissenswerte rund um das Schöpfen und die Weiterverar bei tung von Papieren aus Alt papier und Pflanzen. Auch das Färben der Papiere mit natürlichen Farbstoffen, das Einschöpfen von Fremdmaterial und das Prägen werden behandelt.
Die Kunst der Radierung
Susanne Haun, 128 S., durchg. farb. Abb., 23,5 x 23,5 cm, geb., dt., boesner GmbH holding + innovations 2022, ISBN 9783928003032, EUR 24,95 (D), EUR 25,60 (A), CHF 31,20 (CH)
Susanne Haun öffnet mit diesem Buch die Türen zu ihrer farbenreichen Druckwerkstatt. Dabei gibt sie faszinierende und fundierte Einblicke in den Entstehungsprozess ihrer Radierungen. Viele Fotos und Schrittbilder machen die Arbeitsabläufe sichtbar, die zu beeindruckenden Ergebnissen führen.
Kunst+Material erscheint zweimonatlich in einer Auflage von 30.000 Exemplaren und bietet Einblicke in Ateliers und Arbeitsweisen von porträtierten Künstler*innen, stellt interessante Inhalte im Sonderthema vor, präsentiert aktuelle Ausstellungen und gibt neben News aus der Kunstwelt viele spannende Buchempfehlungen an die Hand. Neu und exklusiv gibt es inspirierende Bildstrecken zu Materialien und künstlerischen Techniken. Hintergrundstories aus der Feder von Expert*innen informieren über die unterschiedlichsten Materialien und ihre Geschichte, und auch Künstlerinnen und Künstler selbst kommen zu Wort und stellen ihr Lieblingsmaterial vor.#
Bestellungen
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[ ] Ja, ich bestelle das Kunst+Material-Abonnement mit jährlich sechs Ausgaben zum Abo-Preis inkl. Versand von 49,50 EUR bzw. 49,50 CHF (Schweiz). Das Abonnement verlängert sich automatisch um ein Jahr, wenn es nicht mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende des Bezugsjahres gekündigt wird.
[ ] Ja, ich bestelle das Probe-Abonnement und beziehe die nächsten drei Ausgaben von Kunst+Material zum einmaligen Kennenlern-Preis von 14,50 EUR bzw. 14,50 CHF (Schweiz). Danach bekomme ich Kunst+Material bequem nach Hause – zum Jahresbezugspreis von 49,50 EUR/CHF für sechs Ausgaben. Dazu brauche ich nichts weiter zu veranlassen. Wenn ich Kunst+Material nicht weiterlesen möchte, kündige ich das Probe-Abo schriftlich bis spätestens eine Woche nach Erhalt des 2. Heftes. Dieses Angebot gilt in Deutschland und der Schweiz.
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Datum, rechtsverbindliche Unterschrift
Gold zählt zu den ältesten von Menschen verarbeiteten
Metallen und hat bis heute nichts von seinem Zauber verloren. Um Oberflächen mit Gold, Bronze oder Kupfer zu veredeln, entwickelte man in der Vergangenheit aufwendige Techniken. Eine Alternative dazu sind heute Metallglanzlacke, Künstler-Bronzen oder Vergoldungspaste. Farbstarke Öl-, Aqua- oder Acrylbronzen enthalten als Farbmittel echte Metallpigmente und weisen besonders starke Deckkraft und einen hohen Glanzgrad auf.
Einfach mit dem Finger aufzutragende Kupfer- oder Goldpasten sind besonders leicht zu verarbeiten und sorgen ebenfalls für den gewünschten Schimmer.
Den kleinen Objekten mit ungewöhnlichen Formen und Oberflächenstrukturen wurde auf unterschiedliche
Weise ihr außergewöhnlicher Glanz verliehen … #
[1] Daler Rowney Goldfinger Vergoldungspaste Kupfer
[2] Schmincke Künstler Aqua Bronzen Reichgold
[3] Schmincke Künstler Aqua Bronzen Bleichgold
[4] boesner Bronze Studio Kupfer
[5] boesner Bronze Studio Gold
[6] Schmincke Künstler Bronze Aqua Kupfer
[7] Daler Rowney Goldfinger Vergoldungspaste Grüngold
[8] Daler Rowney Goldfinger Vergoldungspaste Antikgold
[9] Schmincke Künstler Bronze Aqua Kupfer
[10] boesner Bronze Studio Gold und Gelbgold
Linke Seite: boesner Skulpturendraht (Hintergrund): 0,5 m x 25 m Rolle; boesner Rundzange (oben); boesner Kupferdraht (unten links): in 3 Stärken, 10 m Ring, harte Qualität; boesner Messingdraht (unten rechts): Ø 0,25 mm, 150 m Spule, weiche Qualität. Rechte Seite oben v.l.n.r: Kreul Javana Stoffmalfarbe : 27 Farbtöne in 4 Gebindegrößen. ars nova Aluminium-Vierkantdraht : 500 g, ca. 18 m. Rechte Seite unten v.l.n.r.: boesner Messingblech: Stärke 0,2 mm und 0,5 mm, Format 20 cm x 30 cm. Baumwollgewebe Loire: ungrundiert, 1,50 m x 10 m Ballen.
Henri Matisse in der Fondation Beyeler
„Als mir bewusst wurde, dass ich jeden Morgen dieses Licht wiedersehen würde, konnte ich mein Glück nicht fassen.“
Henri Matisse über Nizza
Sein bahnbrechendes Werk hat seine Zeit und viele spätere Künstlergenerationen bis heute geprägt: Henri Matisse (1869–1954) zählt zu den berühmtesten Künstlern der Moderne. In der Befreiung der Farbe vom Motiv und in der Vereinfachung der Formen hat er die Malerei neu definiert und dabei eine bis dahin unbekannte Leichtigkeit in die Kunst gebracht. Auch in der Bild hauerei war Matisse ein Erneuerer, und in seinen späten Scherenschnitten entfaltete er ein unverwechselbares Zusammenspiel von Malerei, Zeichnung und Skulptur. Die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel zeigt bis zum 26. Januar 2025 die
[1] Grand Nu Couché (nu rose) / Großer liegender Akt (Rosafarbener Akt), 1935, Öl auf Leinwand, 66,4 x 93,3 cm, The Baltimore Museum of Art, The Cone Collection, gegründet von Dr. Claribel Cone und Etta Cone, Baltimore, Maryland, 1950, © Succession H. Matisse, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Henri Matisse, Foto: Mitro Hood.
erste Henri-Matisse-Retrospektive in der Schweiz und dem deutschsprachigen Raum seit fast 20 Jahren: Anhand von über 70 bedeutenden Werken aus europäischen und amerikanischen Museen sowie aus Privatsammlungen richtet die Ausstellung den Blick auf die Entwicklung und Vielfalt im wegweisenden Schaffen des Künstlers.
Henri Matisse, geboren am 31. Dezember 1869 in Le Cateau-Cambrésis in Nordfrankreich, tritt im August 1888 eine Stelle als Anwaltsgehilfe an. Als er sich mehrere Monate lang von einer Blinddarmentzündung erholt, entdeckt er jedoch die Malerei für sich. In der Folge nimmt er parallel zu seiner Berufstätigkeit Mal- und Zeichenunterricht, etwa 1891 gibt er seine juristische Karriere zugunsten der Malerei auf. Obwohl 1892 seine Aufnahme in die École des Beaux-Arts scheitert, nimmt ihn Gustave Moreau inoffiziell in sein Atelier auf, bis er 1895 endlich an der École des Beaux-Arts zugelassen wird. Matisse gründet eine Familie: Nach der Hochzeit mit Amélie Parayre werden die beiden Söhne Jean Gérard und Pierre geboren; Tochter Marguerite aus seiner vorherigen Beziehung mit Caroline Joublaud wächst mit ihnen auf. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhundert reist Matisse nach Saint-Tropez und Collioure, nach Algerien und Italien. Bevor er im September 1909 mit seiner Familie ein Haus im Pariser Vorort Issy-les-Moulineaux bezieht und im dortigen Garten ein geräumiges Atelier errichten lässt, bereist er Deutschland. 1910–11 verbringt er zwei Monate in Südspanien, ab 1912 begibt er sich zweimal nach Marokko. Aufgrund seines prekären Gesundheitszustandes wird Matisse nach Frankreichs Eintritt in den Ersten Weltkrieg nicht für den Militärdienst eingezogen. Ab 1921 lässt sich Matisse nach längeren Einzelaufenthalten schließlich mit Wohnung und Atelier in Nizza nieder. 1930 reist er über die USA nach Tahiti, wo er drei Monate verbringt und über Panama, Martinique und Guadeloupe zurückkehrt. Ein von Matisse illustrierter Band mit Gedichten von Stéphane Mallarmé erscheint – es ist der Auftakt für weitere Illustrationsprojekte. Im Mai
[2] Luxe, Calmet et Volupté, 1904, Öl auf Leinwand, 98,5 x 118,5 cm, Musée national d’art moderne, Centre Pompidou, Paris, Dation, 1982, Depositum im Musée d‘Orsay, 1985, © Succession H. Matisse, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Henri Matisse, Foto: © RMN-Grand Palais (musée d‘Orsay) / Hervé Lewandowski. [3] La Fenêtre ouverte, Collioure / Das offene Fenster, 1905, Öl auf Leinwand, 55.3 x 46 cm, National Gallery of Art, Washington, D. C., Sammlung von Mr. und Mrs. John Hay Whitney, 1998, © Succession H. Matisse, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Henri Matisse, Foto: Courtesy
of
Washington.
„Ich
war begeistert, einerseits von den hohen Bäumen und dann vom Akanthus, der so üppig wuchs, dass er dadurch ebenso interessant wurde.“
Henri
Matisse über Marokko
1936 richtet die Galerie Paul Rosenberg in Paris eine Ausstellung mit aktuellen Werken aus und bietet Matisse im Anschluss einen Dreijahresvertrag an.
Im September 1939, nach Eintritt Frankreichs in den Zweiten Weltkrieg, bringt Matisse seine Werke in der Banque de France in Paris in Sicherheit und kehrt nach Nizza zurück. Im Januar 1941 muss er sich in Lyon einer Notoperation unterziehen, um einen Darmtumor entfernen zu lassen. Die folgende Rekonvaleszenz und Komplikationen fesseln ihn viele Monate ans Bett. Ab 1943 schneidet Matisse vermehrt Formen aus mit Gouache bemalten Papierbögen und arrangiert sie zu seinen ersten Scherenschnitt-Kompositionen. Angesichts der drohenden Bombardierung Nizzas zieht Matisse im Juni 1943 in die Villa le Rêve in Vence, wo er bis Ende 1948 leben und arbeiten wird, bevor er im Januar 1949 in seine Wohnung in Cimiez zurückkehrt. 1950 wird sein Lebenswerk auf der
Biennale in Venedig mit den Großen Preis für Malerei geehrt. Das Jahr 1952 gilt als das Jahr mit einer der intensivsten Schaffensperioden: Der Künstler gestaltet mehr als 50 Scherenschnitte, darunter die Serie der Nus Bleus. Am 3. November verstirbt Henri Matisse in Cimiez. Sein allerletztes Werk, ein Kirchenfenster im Bundesstaat New York, mit dem ihn Nelson A. Rockefeller beauftragt hat, wird erst nach seinem Tod realisiert.
Die in ihrer Fülle großartige Schau in der Fondation Beyeler umspannt sämtliche Schaffensphasen von Henri Matisse. Sie setzt mit den um 1900 entstandenen Bildern der Frühzeit ein, führt über die revolutionären Gemälde des Fauvismus und die experimentellen Werke der 1910er-Jahre hin zu den sinnlichen Gemälden der Nizza-Periode und der 1930er-Jahre, um schließlich in den legendären Scherenschnitten des Spätwerks der 1940er- und 1950er-Jahre zu gipfeln. Die von Raphaël Bouvier kuratierte Ausstellung versammelt ikonische Werke sowie selten gezeigte Bilder aus renommierten Museen und Privatsammlungen. Gezeigt werden Meisterwerke wie La Desserte (Der servierte Tisch, 1897), Luxe, calme et volupté, (Überfluss, Ruhe und Genuss, 1904); La fenêtre ouverte, Collioure (Das offene Fenster, Collioure, 1905), Le Luxe I (Luxus I, 1907); Baigneuses à la tortue (Badende mit Schildkröte, 1907/08); Poissons rouges et sculpture (Goldfische und Skulptur, 1912); Figure décorative sur fond ornemental (Dekorative Figur auf ornamentalem Grund, 1925/26); Grand nu couché (Großer liegender Akt, 1935); L’Asie (Asien, 1946); Intérieur au rideau égyptien (Interieur mit ägyptischem Vorhang, 1948) und Nu bleu I (Blauer Frauenakt I, 1952). So erschließen sich in der Fondation Beyeler die Entwicklung und der Reichtum von Matisses einzigartigem Œuvre.
Die Ausstellung nimmt ihren Ausgang bei Charles Baudelaires (1821–1867) Gedicht „Einladung zur Reise“, auf das sich Matisse wiederholt bezogen hat. Die darin als poetische Leitmotive vorkommenden Begriffe Überfluss, Ruhe und Genuss („luxe, calme et volupté“) finden sich gleichsam als Leitgedanken bei Matisse und fassen die Quintessenz seiner Kunst zusammen. Baudelaires Gedicht folgend, lädt die Ausstellung in
[4] Les Acanthes / Akanthus, 1953, Mit Gouache bemalte und ausgeschnittene Papiere auf Papier auf Leinwand, 311,7 x 351,8 cm, Fondation Beyeler, Riehen / Basel, Sammlung Beyeler, © Succession
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Henri Matisse, Foto: Robert Bayer.
der Fondation Beyeler so auch zu einer Reise durch das Schaffen von Matisse ein, in dem seinerseits dem Reisen eine wichtige Rolle zukam.
Es war die künstlerische Suche nach dem idealen Licht, die Henri Matisse zu immer neuen Reisen veranlasste: Im Norden Frankreichs aufgewachsen, fand er es zunächst im mediterranen Süden des Landes, erkundete es danach weiter in Italien, Spanien und Nordafrika, dann auf einer in New York begonnenen Fahrt quer durch die USA und schließlich in der Südsee. Auf seinen zahlreichen Reisen innerhalb und außerhalb Europas machte er Bekanntschaft mit für ihn neuen Naturräumen, Kulturen und Bildtraditionen, die er seinem eigenen Schaffen anverwandelte.
Reisen und das damit verbundene Erlebnis des Lichts waren entscheidende Aspekte, die Matisse’ künstlerische Entwicklung vom revolutionären fauvistischen Frühwerk bis hin zu den späten ikonischen Scherenschnitten prägten. So bildeten das Reisen und das Atelier als Arbeitsort die beiden Pole, zwischen denen sich Matisses künstlerisches Schaffen entfaltete. Sein Leben und Œuvre waren von den ständigen Wechselwirkungen zwischen dem Reisen im Inund Ausland und dem Sich-Niederlassen an unterschiedlichen Arbeitsstätten bestimmt. Auch sind Erfahrungen, Erinnerungen und Objekte des Reisens ebenso zentrale Themen seiner Werke, wie es das Atelier als Ort der künstlerischen Produktion ist. Im Schaffen von Matisse ist das offene Fenster ein immer wiederkehrendes Motiv. Als Ort des Übergangs zwischen Innen und Außen, zwischen dem nahen Hier und dem fernen Dort, bringt es das Nebeneinander von Zu-Hause-Sein und Reisen zum Ausdruck. In seiner symbolischen Bedeutung erweist sich insbesondere das offene Fenster als „Einladung zur Reise“.
In einem eigens für die Ausstellung konzipierten Multimedia-Raum in der Fondation Beyeler werden Matisse’ Reisen durch animierte historische Fotografien und Wandbilder erlebbar gemacht. Zudem ermöglichen Fotos und Filme Einblicke in seine Ateliers und den Entstehungsprozess seiner Werke.#
„Wenn man lange in der gleichen Umgebung gearbeitet hat, kommt einem der Moment, wo es gut tut, den gewohnten Gang der Gedanken durch eine Reise zu unterbrechen; eine Reise beruhigt gewisse Gedanken und lässt andere sonst vom Willen unterdrückte aufkommen.
Zudem ermöglicht diese Pause einen Rückzug und damit eine kritische Sichtung der Vergangenheit.“
Henri Matisse über das Reisen
Bis 26. Januar 2025 Matisse. Einladung zur Reise
Matisse. Einladung zur Reise
Raphaël Bouvier (Hrsg.), mit Beiträgen von Larissa Dätwyler, Robert Kopp, Griselda Pollock sowie Alix Agret, Dita Amory, Patrice Deparpe, John Elderfield, Claudine Grammont, Jodi Hauptman, Ellen McBreen und Anne Théry, dt., Broschur, 216 S. mit 114 Abb., 26,3 x 31 cm, Hatje Cantz, ISBN 9783775757799
Kontakt
Fondation Beyeler Beyeler Museum AG Baselstrasse 101, 4125 Riehen, Schweiz Tel.+41-61-6459700 www.fondationbeyeler.ch
Gerhard Richter (*1932) zählt weltweit zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart: Seit über 60 Jahren lotet er die Möglichkeiten der Malerei und ihre Grenzen aus. Momentan sind mehr als 120 seiner Arbeiten aus allen Schaffensphasen und Werkgruppen unter einem Dach zu sehen: Die große Herbstausstellung des Düsseldorfer Kunstpalast hält, was ihr Titel „Verborgene Schätze“ verspricht: Bei vielen der ausgewählten Arbeiten handelt es sich um Werke aus Privatsammlungen, die zuvor selten oder sogar noch nie öffentlich gezeigt wurden. In der umfassendsten Gerhard-Richter-Ausstellung in Deutschland seit über zehn Jahren geben diese Arbeiten Einblick in das gesamte Spektrum seiner Kunst – von den Anfängen in den frühen 1960er-Jahren bis in die jüngste Vergangenheit.
Im Rheinland, seiner Wahlheimat, fand Richters Werk ein ideales Umfeld, um sich zu entfalten. Nach seiner Übersiedlung aus Dresden traf er hier auf Gleichgesinnte wie Sigmar Polke und Günther Uecker, Vorbilder und Reizfiguren wie Joseph Beuys und schließlich auch auf eine so neugierige wie umtriebige Sammler*innenschaft, die sich rund um die jungen Galerien in Düsseldorf und Köln gebildet hatte. Für die aktuelle Ausstellung im Kunstpalast holt diese nun ihre Schätze aus dem Verborgenen hervor. „Ich bin sehr dankbar für die Bereitschaft der Sammlerinnen und Sammler, uns ihre Werke Richters vorübergehend anzuvertrauen: Gemälde, die aus den privaten Wohnzimmern oder Büros der Leihgebenden stammen und hier zum Teil erstmalig öffentlich gezeigt werden können. Selbst für diejenigen, die Richters Œuvre bereits gut kennen, wird es unter den normalerweise verborgenen Schätzen aus rheinischen Privatsammlungen Neues zu entdecken geben!“, so Felix Krämer, Generaldirektor Kunstpalast.
Gerhard Richter nahm wenige Monate nach seiner Flucht in den Westen 1961 ein Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf bei Ferdinand Macketanz auf und wechselte später zu Karl Otto Götz. Die Stadt „war ungeheuer aufregend mit all den Ausstellungen und Veranstaltungen, den vielen Künstlern“, erinnerte sich Richter im Jahr 2004. „Und dann kam der große Glücksfall, dass ich dort an der Akademie die richtigen Freunde fand, also Sigmar Polke, Konrad Fischer und Palermo, wir erlebten alles gemeinsam, die ersten Happenings, die Fluxus-Auftritte, die schon eine ungeheure Wirkung hatten.“
Im Rheinland begegnete Gerhard Richter nicht nur Künstlerkollegen, sondern auch einer neuen Generation von Sammler*innen, die nicht mehr ausschließlich für private Haushalte sammelten, sondern ab den 1970er-Jahren deutlich expansivere Maßstäbe anlegten. Der Düsseldorfer Galerist Alfred Schmela lud Richter 1964 zu seiner ersten Einzelausstellung ein und verschaffte ihm in den folgenden Jahren, um das Geschäft anzukurbeln, zahlreiche Porträtaufträge von Sammler*innen des Rheinlandes. 1968 stellte Rudolf Zwirner ihn erstmals in seiner Kölner Galerie aus, wo der Sammler Peter Ludwig sich zum Kauf von Ema (Akt auf einer Treppe, 1966) und dem monumentalen Gemälde Fünf Türen (1967), entschloss. 1972 erwarb Ludwig schließlich alle 48 Porträts, Richters Beitrag zur Biennale di Venezia, noch während diese im Deutschen Pavillon in Venedig ausgestellt waren.
Richters erste institutionelle Ausstellung 1969 im Aachener Kunstverein „Gegenverkehr“ etablierte einen besonders aktiven Aachener Sammlerkreis. Im Jahr 1970 richtete ihm Konrad Fischer, der unterdessen in Düsseldorf eine erfolgreiche Galerie eröffnet hatte, die erste Einzelausstellung aus. 1973 erwarb der Sammler Hans Grothe einen Block von zwölf Gemälden, die Gerhard Richter selbst für ihn zusammenstellte, darunter das dreiteilige, 450 cm breite Landschaftsgemälde Alpen II (1968) und Ausschnitt (Makart) von 1971, die beide nun in der Düsseldorfer Ausstellung zu sehen sind.
Das Rheinland war für Richter aber auch ein Ort, der ihm als Labor für experimentelle Präsenta-
tionsformen diente. Hier stellte er erstmalig be sondere und manchmal auch kontroverse Werkreihen vor und konnte die Reaktion des Publikums und der Sammler*innen beobachten. So präsentierte er 1974 im Museum Abteiberg eine Ausstellung mit ausschließlich grauen Bildern und 1989 den so genannten RAFZyklus 18. Oktober 1977 in Krefeld.
Neben den institutionellen Ausstellungen fanden im Rheinland viele selbst organisierte Formen des Ausstellens statt, die mit den Konventionen der Vorgängergenerationen brachen und Neues erprobten. Für einen Düsseldorfer Auftritt mietete Richter mit seinen Künstlerfreunden 1963 einen leerstehenden Verkaufsraum und zeigte die Ausstellung „Leben mit Pop“ – eine Demonstration fur den kapitalistischen Realismus. Hier präsentierte er das Werk Party, das er später seinem Ateliernachbarn Günther Uecker schenkte. Nicht selten kamen auf diese Weise Werke in Privatsammlungen. Das Kissenbild von 1970 fand seinen Weg zu
Gotthard Graubner: Mit diesem Werk persifliert Richter auf liebevolle Weise die Kissenbilder des Künstlerkollegen. Das kleine Format und die Zugewandtheit weisen darauf hin, dass das Gemälde von vornherein als Geschenk fu r seinen Freund ge dacht war. „Die Ausstellung ermöglicht einen Einblick in die engen Beziehungen Richters zu Künstlerkollegen und Sammlerinnen und Sammlern des Rheinlandes, die ihn seit den frühen 1960er-Jahren begleitet und mit ihren Ankäufen in der internationalen Kunstwelt verankert haben“, so Markus Heinzelmann, Kurator der Ausstellung und Professor für Museale Praxis an der Ruhr-Universität Bochum.
Manchmal verließen Werke im Tausch gegen erbrachte Leistungen das Atelier von Richter. Der Steuerberater und Kunstsammler Willi Kemp erhielt aus Dank für einen kleinen Gefallen, den er dem Künstler getan hatte, eine Arbeit. Als Entlohnung für seine Dienste bekam auch Richters Mitarbeiter Ludger Schäfer ein
[5] Blumen, 1977, Öl auf Leinwand, 40 x 50 cm, Privatsammlung, © Gerhard Richter 2024
Werk. In den 1980er-Jahren treten große Firmen an die Seite der klassischen privaten Sammler*innen. Die Victoria Versicherung (heute ERGO) erteilt Richter den Auftrag über zwei große Gemälde fur den Empfangsbereich ihrer Zentrale: Victoria I und II, jeweils sechs Meter hoch und vier Meter breit. Diese Werke können im Foyer des direkt neben dem Kunstpalast gelegenen Firmengebäudes als Teil der aktuellen Schau von allen Museumsbesucher*innen im Anschluss an den Ausstellungsrundgang kostenfrei besichtigt werden.
Die Sammlung Haniel erwarb drei abstrakte Bilder, mit denen sie ihre Kollektion informeller Werke aus der Nachkriegszeit in die
Gegenwart fortführt. Die Henkel AG, die Hypo Bank Düsseldorf, die Bayer AG und viele andere erwarben repräsentative Arbeiten oder gaben sie in Auftrag. Seit den frühen 1990er-Jahren sammelt Thomas Olbricht Werke von Gerhard Richter, darunter befinden sich herausragende Gemälde von den frühen Fotobildern bis zu den letzten abstrakten Arbeiten aus dem Jahr 2017. Sein „Markenzeichen“, wie er selbst sagt, sind die Editionen. Olbricht ist der einzige Sammler, der sämtliche Editionen von Gerhard Richter besitzt und häufig der einzige nicht-institutionelle Sammler.
Im Rheinland hat das Sammeln von Kunst eine lange Tradition. Schon früh waren damit strategische Absichten verbunden, die
[6] Moritz, 2000, Öl auf Leinwand, 62 x 52 cm, Privatsammlung, © Gerhard Richter 2024.
den Zusammenhalt der eigenen Sammlung im Blick hatten und den eigenen Namen in der Geschichte verankern sollten. Dabei traten in den Jahren, als frühe Sammler*innen sich aus finanziellen Gründen zurückzogen, die großen Konzerne in den Vordergrund, für die Richter bedeutende Auftragsarbeiten plante und realisierte. Die Führung des systematischen Werkverzeichnisses seiner Gemälde hatte dabei für Sammler*innen eine besondere Attraktivität und nimmt einen Status zwischen Dokumentation und Werk ein.
Mit rund 120 Werken ermöglicht die Schau im Düsseldorfer Kunstpalast nun einen Überblick über das gesamte Œuvre Richters von den frühen 1960er-Jahren bis hin zu seinen letzten Gemälden, die das Atelier 2017 verlassen haben. Die gezeigten Werke wurden von engagierten Sammler*innen und seit den 1980er-Jahren auch von großen Unternehmen erworben, zum Teil mit Künstlerkollegen getauscht. Viele der Arbeiten wurden über die Zeit an eine jüngere Generation weitergegeben, welche die Sammeltradition im Rheinland bis heute aktiv weiterführt. Dabei liegt der Schwerpunkt der Ausstellung auf der Gattung Malerei: Mehr als 80 Gemälde führen die Besuchenden von den ersten, schwarz-weißen Fotobildern, den strengen Farbtafeln und grauen Bildern zu den monumentalen Landschaften, den weichen und freien Abstraktionen bis zu den letzten ungegenständlichen Arbeiten. Zeichnungen, Aquarelle, Fotografien und Skulpturen sowie der einzige von Gerhard Richter gedrehte Künstlerfilm belegen den großen Reichtum der rheinischen Sammlungen und verleihen der Ausstellung retrospektiven Charakter.
Der über die Kunstpalast-App angebotene Audioguide zur Ausstellung wurde von dem aus Film und Fernsehen bekannten Schauspieler Christian Friedel (Zone of Interest) eingesprochen. Fu r junge Besucher*innen gibt es außerdem eine maßgeschneiderte Tonie-Tour, die Kids ab drei Jahren mit spannenden Geschichten an die Werke Richters heranfu hrt, und ein kostenloses Entdeckerheft für den Weg durch die Ausstellung für Kinder ab sechs Jahren. #
Bis 2. Februar 2025
Gerhard Richter. Verborgene Schätze. Werke aus rheinischen Privatsammlungen
Gerhard Richter. Verborgene Schätze. Werke aus rheinischen Privatsammlungen
Markus Heinzelmann (Hrsg.), Texte von Dietmar Elger, Markus Heinzelmann, Heike van den Valentyn, Hardcover, 208 S. m. 130 farb. u. s/w-Abb., 27,8 x 36,8 cm, Hatje Cantz Verlag, ISBN 9783775757997
Öffentliche Führungen finden donnerstags um 18.00 Uhr, freitags um 16.45 Uhr und sonntags um 12.00 Uhr statt. Zusätzlich werden Führungen in acht verschiedenen Sprachen sowie eine Führung für blinde und sehbeeinträchtigte Personen angeboten.
Kontakt
Kunstpalast Ehrenhof 4–5, 40479 Düsseldorf www.kunstpalast.de
Maurice de Vlaminck in Potsdam
Ungemischte Farben, ungestümer Pinselstrich, abstrahierte Formensprache: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schockierte eine Künstlergruppe das Publikum mit einer Malerei, die sich auf radikale Weise von bisherigen künstlerischen Konventionen abwandte. Als „fauves“, als „Wilde“ bezeichnet, traten die Künstler den Weg in die Moderne an – allen voran Maurice de Vlaminck (1876–1958). Die Ausstellung „Maurice de Vlaminck. Rebell der Moderne“ im Museum Barberini in Potsdam gibt derzeit erstmals seit 1929 in Deutschland einen Überblick über Vlamincks gesamtes Werk (bis 12. Januar 2025). Dabei liegt der Akzent auf der produktiven Schaffenszeit vor dem Ersten Weltkrieg, ergänzt durch eine Auswahl später Arbeiten.
Ausgangspunkt der Ausstellung mit 73 Werken, die in Kooperation mit dem Von der Heydt-Museum Wuppertal entstand, sind die neun Gemälde Vlamincks in der Sammlung Hasso Plattner. Leihgaben stammen unter anderem aus der Tate Modern in London, dem Museo nacional Thyssen-Bornemisza in Madrid, dem Centre Pompidou und dem Musée d’Orsay in Paris, dem Van Gogh Museum in Amsterdam, dem Museum Folkwang in Essen, der Staatsgalerie Stuttgart sowie dem Metropolitan Museum of Art in New York, dem Dallas Museum of Art und der National
[1] Auf dem Tresen, 1900, Öl auf Leinwand, 41 x 32 cm, Musée Calvet, Avignon, Schenkung von Émile Joseph-Rignault an die Fondation Calvet, 1947, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Maurice de Vlaminck. [2] Bougival, um 1905, Öl auf Leinwand, 82,6 x 100,6 cm, Dallas Museum of Art, The Wendy and Emery Reves Collection, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Maurice de Vlaminck
Gallery of Art in Washington. Im Anschluss wird die Schau vom 16. Februar bis zum 18. Mai 2025 in Wuppertal zu sehen sein.
Maurice de Vlaminck kam nicht auf direktem Wege zur Malerei: Er kam 1876 in Paris als Sohn eines Musikerehepaares zur Welt. Sein Vater stammte aus Flandern. Ersten Malunterricht erhielt Vlaminck von 1888 bis 1891, eine akademische Ausbildung absolvierte er jedoch nicht. Er betätigte sich als berufsmäßiger Radrennfahrer und Mechaniker, als Autor und Geiger, absolvierte den Militärdienst und wurde 1896 Musiker. Im Jahr 1900 lernte Vlaminck den wenige Jahre jüngeren Maler André Derain kennen – eine von Legenden umwobene Begegnung, die Vlaminck zur Malerei führte. Vlaminck bezog mit Derain ein Atelier in Chatou, einem Vorort von Paris.
Seit 1903 bot der Pariser Salon d’Automne französischen und internationalen Künstlern eine Plattform, um ihre Kunst entgegen der konservativen Politik des „Salon de Paris“ zu präsentieren. 1905 traten dort erstmals die jungen, unbekannten Künstler in Erscheinung, die durch den Kritiker Louis Vauxcelles als „fauves“ bezeichnet wurden: Henri Matisse, André Derain, Kees van Dongen und Maurice de Vlaminck. Mit ihren farbgewaltigen,
ganz auf Ausdruck und Emotion ausgerichteten Werken begründeten sie den Fauvismus als erste Avantgarde-Strömung des 20. Jahrhunderts. Obwohl als Kollektiv wahrgenommen, einte die Künstler kein Manifest, dennoch verband sie die Ablehnung aller bisheriger Kunstauffassungen und das Bekenntnis zur völligen Freiheit des Künstlers.
Vlaminck faszinierten die Landschaften entlang der Seine: Er fuhr mit dem Rad dorthin und hielt seine Szenen mit pastosem Farbauftrag und grellen Farbtönen fest. Er richtete seinen Blick auf Brücken und Fabriken; oft beleben Schlepper, Segel- und Ruderboote die Ansichten. Im Unterschied zu den Impressionisten vermied Vlaminck die Darstellung des Seine-Tals als Ziel des großstädtischen Tourismus – keines seiner Landschaftsbilder zeigt bürgerliche Ausflügler.
Mit der Malerei der Fauves entwickelte sich eine ausdrucksstarke Malerei, die formale Parallelen zum deutschen Expressionismus aufweist. Wie kein anderes Mitglied der Gruppe identifizierte Vlaminck sich mit dem Attribut der Wildheit und propagierte früh das Image eines modernen Künstlerrebellen, der den Regeln der akademischen Malerei resolut den Rücken kehrte. Eine zentrale Inspirationsquelle war zunächst das Œuvre Vincent van Goghs. Innerhalb kürzester Zeit steigerte Vlaminck die Intensität seines Kolorits zu einem „Rausch reiner Farben“, wie er rückblickend seine fauvistische Phase der Jahre 1905/06 nannte. In seinen expressiven Naturdarstellungen ging es ihm um die Wirkung leuchtender, unvermischter Farben und vom pastosen Farbauftrag bewegter Oberflächen. Schnell avancierte Vlaminck zu einem führenden Vertreter der französischen Avantgarde und wurde auch in Deutschland als ein Wegbereiter der Moderne gefeiert. Bereits 1905 erwarb der Kunsthändler Ambroise Vollard den Großteil von Vlamincks Atelierbestand und ermöglichte ihm somit die professionelle Künstlerlaufbahn.
Der Pariser Herbstsalon 1907 präsentierte eine Retrospektive Paul Cézannes, der im Vorjahr verstorben war. Wie viele Malerinnen und Maler beeinflusste diese Wiederentdeckung auch Vlaminck und führte zu einer Neuorientierung. Er wandte sich von leuchtenden Reinfarben und expressiver Malweise ab und erprobte die Gestaltungsmittel Cézannes: Konturen, gedämpfte, dunklere Farben und geometrischer Bildaufbau. Daneben finden sich in Vlamincks Arbeiten nach 1910 auch kubistische Bildlösungen.
In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg war Maurice de Vlaminck international stark rezipiert: 1912 nahm er mit sechs Werken an der Ausstellung des Kölner Sonderbunds teil, im selben Jahr zeigte ihn Herwarth Walden in seiner Berliner Galerie „Der Sturm“; im Jahr darauf war er in der New Yorker Armory-Show vertreten. Auch das Von der Heydt-Museum Wuppertal nahm Vlaminck bereits fruh in seine Sammlung auf: „Das Von der Heydt-Museum ist eines der deutschen Häuser, die besonders fruh Arbeiten Maurice de Vlamincks zeigen konnten. Schon 1911 erwarb August Freiherr von der Heydt ein Stillleben auf dem Pariser Herbstsalon, 1912 und 1913 folgten weitere Werke. Ankäufe wie diese begrundeten den Ruf des Museums als einzigartiger Ort fur europäische Avantgarde-Kunst. Gemeinsam mit dem Museum Barberini die erste postume Retrospektive des Kunstlers auszurichten, ist vor dem Hintergrund unserer Sammlungsgeschichte nur schlussig, und wir freuen uns, den Kunstler in seiner stilistischen Vielfalt einem größeren Publikum präsentieren zu können“, so Roland Mönig, Direktor des Von der Heydt-Museums Wuppertal.
Auch in der Sammlung Hasso Plattner, die seit 2020 dauerhaft am Museum Barberini zu sehen ist und wie keine andere Sammlung einen Überblick uber die impressionistische und postimpressionistische Landschaftsdarstellung ermöglicht, spielt Vlaminck eine herausragende Rolle: „Die Sammlung Hasso Plattner beinhaltet neun Werke Vlamincks, darunter vier Schlusselwerke der fauvistischen Phase. Sie bilden das drittstärkste Konvolut unter allen Kunstlern der Sammlung und an keinem anderen Haus in der deutschsprachigen Museumslandschaft ist ein größerer Bestand des Kunstlers zu sehen. Mit der Ausstellung und im Kontext der Sammlung kann man Maurice de Vlaminck in Potsdam als einen Kunstler erleben, der den Impressionismus malerisch wie motivisch ins 20. Jahrhundert weitergefuhrt und mit starken Farben aktualisiert hat“, sagt Ortrud Westheider, Direktorin des Museums Barberini.
[4] Segelboote, vor 1918, Öl auf Leinwand, 64,5 x 80,5 cm, Von der Heydt-Museum, Wuppertal, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Maurice de Vlaminck. [5] Die Getreideschober, 1950, Öl auf Leinwand, 55 x 65 cm, RMN-Grand Palais (Musée d’Orsay), Dauerleihgabe im Musée des Beaux-Arts de Chartres, Vermächtnis der Tochter Maurice de Vlamincks, Solange Prével-Vlaminck, 1978, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Maurice de Vlaminck.
Auch wenn der Erste Weltkrieg fur Vlaminck eine persönliche Desillusionierung und fur sein Schaffen eine Zäsur darstellte, verlor seine Malerei in den Zwischenkriegsjahren nicht an Faszination fur seine Zeitgenossen. 1919 richtete ihm die Pariser Galerie Druet eine Einzelausstellung aus; 1929 veranstaltete die Dusseldorfer Galerie Alfred Flechtheim seine erste und bislang einzige umfassende Einzelausstellung in Deutschland. Daniel Zamani, Kurator der Ausstellung am Museum Barberini, betont: „Maurice de Vlamincks Werk markiert ein bedeutendes Scharnier zwischen Im- und Expressionismus. Wir sind froh, seinem kunstlerischen Werdegang mit einer so opulent bestu ckten Retrospektive nachspuren zu können.“
Im Zuge nationalsozialistischer Kulturpolitik nach 1933 wurde auch das Werk Maurice de Vlamincks als „entartet“ verfemt und aus dem Bestand deutscher Museen entfernt. Dennoch, und trotz deutlicher Distanzierung in jungeren Jahren von Militarismus und Nationalismus, trat er im November 1941 auf Einladung der deutschen Propagandastaffel eine Reise nach Deutschland an. Im Anschluss veröffentlichte er zwei Artikel, in denen er die nationalsozialistische Kunst- und Kulturpolitik unverhohlen anpries. In einem weiteren Text polemisierte er gegen die Avantgarde in Frankreich, wie sie sich in der Malerei Picassos manifestiere. Der fruhere Kunstler-Rebell, der sich als Anarchist und Revolutionär verstand, wurde mehr und mehr zu einem reaktionären Polemiker, einem Ankläger der Moderne. Vermutlich auch bedingt durch seine politischen Verlautbarungen ist das Spätwerk Vlamincks kaum erforscht. Dustere, bedrohliche Landschaften jenseits aller avantgardistischen Strömungen dominieren das späte Schaffen des Kunstlers, der 1955 an der documenta I teilnahm und im selben Jahr durch die Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique als assoziiertes Mitglied aufgenommen wurde. Das Spätwerk bildet das letzte Ausstellungskapitel der Potsdamer Schau. Auch wenn der Fokus auf Vlamincks fauvistischem Fruhwerk liegt, macht die Ausstellung damit auch auf die Widerspruche in der Biografie des Kunstlers aufmerksam.
Ortrud Westheider: „Unsere Ausstellung präsentiert das Werk Vlamincks von den Anfängen bis zu seinen späten Landschaften, in denen er Monets Getreideschober und Van Goghs Weizenfelder neu interpretierte. Diese Bilder zeigen den Ru ckzug des fruheren Rebellen aus der Avantgarde, seine Kritik an der Moderne und seine pessimistische Weltsicht. 1942, nach einer Reise nach Deutschland, hat er die nationalsozialistische Kulturpolitik in Zeitungsartikeln gelobt. Wir finden es wichtig, diese Kollaboration zu benennen. In seiner Kunst gibt es aber keine Nähe zur NS-Ästhetik. Während dort die Bauern als Helden dargestellt werden, ist der Mensch in Vlamincks späten Landschaftsbildern isoliert und existenziell ausgeliefert.“#
Bis 12. Januar 2025
Katalog
Maurice de Vlaminck. Rebell der Moderne Kontakt
Museum Barberini
Alter Markt
Maurice de Vlaminck
Rebell der Moderne
Roland Mönig, Michael Philipp, Anna Storm, Ortrud Westheider, Daniel Zamani (Hrsg.). Mit Beiträgen von Sterre Barentsen, Jacqueline Hartwig, Matthias Krüger, Valentina Plotnikova, Lisa Smit, Anna Storm, Heinz Widauer und Daniel Zamani, Hardcover mit SU, 220 S. m. 200 farb. Abb., 24 x 30 cm, Prestel Verlag, ISBN 9783791377513
Humboldstraße5–6, 14467 Potsdam Tel. +49-(0)331-236014499 www. museum-barberini.de
Vom 16. Februar bis zum 18. Mai 2025 zu sehen im:
Von der Heydt-Museum Wuppertal Turmhof 8, 42103 Wuppertal Tel.+49-(0)202-5636231 www.von-der-heydt-museum.de
Robert Longo in der Albertina Wien
„Als Künstler fühle ich mich moralisch verpfichtet, die Bilder unserer gemeinsamen dystopischen Gegenwart zu bewahren –in der Hofnung, dass sich eines Tages etwas ändern wird.“
Er ist bekannt für seine gewaltigen, hyperrealistischen Bilder: Der US-amerikanische Künstler Robert Longo (*1953) schafft kraftvolle, dynamische Kohlezeichnungen, die den Betrachter durch ihre virtuose Technik und Bildmächtigkeit in ihren Bann ziehen. Longo wählt Motive, die dramatische Situationen im größten Spannungsmoment festhalten. Ihm geht es um das Aufzeigen von Macht in der Natur, in Politik und Geschichte, und seine Inspiration findet er in Pressebildern: Er greift aus der täglichen Flut an Bildern jene heraus, die keinesfalls in Vergessenheit geraten dürfen, das Bild, das ein Ereignis am besten repräsentiert. Longo isoliert und reduziert seine Motive mit dem Ziel, die Wirkung zu potenzieren, und schafft Bilder von Bildern, nicht der Wirklichkeit. Bis aus der dramatischen Momentaufnahme eines Pressefotos eine Kohlezeichnung wird, kann für den Künstler bei der Arbeit ein Jahr vergehen.
Die Albertina in Wien pflegt zu Robert Longo eine besondere Verbindung: „Es ist rund 20 Jahre her, dass wir mit Robert Longos Ausstellung ‚The Freud Drawings‘ die Albertina 2003 wiedereröffnen konnten“, erinnert sich Klaus Albrecht Schröder, Generaldirektor des Wiener Hauses. „In meinem letzten Jahr als Generaldirektor der Albertina blicken wir auf diese Anfänge zurück und widmen dem herausragenden US-amerikanischen Künstler eine umfassende Retrospektive. Mit Robert Longo hat die Neupositionierung der Grafischen Sammlung begonnen. Statt weiterhin konventionell im Kassettenformat zu sammeln und die Zeichnung vor allem als das eigentliche Kunstwerk vorbereitende Skizze oder Studie zu sehen, haben wir seit dieser Longo-Ausstellung 2003 erstmals die Entwicklung der Gegenwartskunst zum monumentalen, gezeichneten ‚Bild‘ zur Leitplanke eines zeitgenössischen Sammlungs- und Museumsauftrags gemacht.“
Die Ausstellung „Robert Longo“, die bis zum 26. Januar 2025 zu sehen ist, legt davon beredtes Zeugnis ab.
Die Schau in der Albertina umfasst wichtige Schlüsselwerke aus allen Schaffensphasen, beginnend mit Men in the Cities, jener Serie, mit der Robert Longo als der fuhrende Vertreter der „Picture Generation“, der „Approbiation Art“ schlagartig bekannt wurde
und die wie nur wenige Werke den Zeitgeist der fruhen 1980erJahre in New York verkörpert. Die Ausstellung zeigt die Bodyhammers, mit denen der Kunstler seiner Besorgnis uber die amerikanische Waffenkultur Ausdruck verlieh, sowie Arbeiten aus dem Freud-Zyklus. Letzterer basiert auf Fotografien, die 1938 in Sigmund Freuds Sprechzimmer und Wohnung zu Dokumentationszwecken heimlich aufgenommen wurden, bevor dieser vor den Nationalsozialisten nach London fluchten konnte. Berucksichtigung finden ebenso die God Machines, mit denen sich Longo den monotheistischen Weltreligionen widmet, oder der The Destroyer Cycle, mit dem er Ereignisse der Weltpolitik aufgreift.
Robert Longo verwendet vielfach publiziertes Bildmaterial, das Teil des kollektiven visuellen Gedächtnisses ist. Die Licht- und Schatteneffekte seiner Kohlezeichnungen betonen die Plastizität der Dinge und die Tiefe des Raumes, lassen das Motiv ebenso real wie unwirklich erscheinen. Das satte Schwarz der in das Papier eingeriebenen Kohle verschlingt jegliches Licht, doch paradoxerweise vermag Robert Longo mit der Schwärze der Kohle schließlich Glanz und strahlendes Licht, Transparenz und differenzierte Stofflichkeit zu suggerieren.
Der Künstler galt bereits in den späten 1970er-Jahren als Vertreter
[2] Untitled (Face), 2001, 180,3 x 304,8 cm, Kohle auf aufgezogenem Papier, Sammlung Siegfried und Jutta Weishaupt, ©
©
Bonn 2024 / Robert Longo, Foto: Robert Longo Studio.
der sogenannten Pictures-Generation, einer freien Gruppe New Yorker Künstler*innen, die sich kritisch mit Massenmedien und Populärkultur auseinandersetzten. Mit der ikonischen großformatigen Zeichnungsserie seiner Men in the Cities (1979–1983) in ihren extremen, dynamischen Posen brachte er in den 1980erJahren den spannungsgeladenen und fragilen Zustand jener Zeit treffend zum Ausdruck. Finanzieller Aufschwung, Immobilienboom und Yuppie-Kultur dominierten New York ebenso wie steigende Kriminalität, Drogenprobleme und soziale Ungleichheit, und polarisierten die Stadt. Longos streng formale Zeichnungen spiegeln dieses Gefühl wider. Die Figuren sind in „städtischen Uniformen und Film-Noir-Kleidung“ dargestellt, vor weißem Hintergrund, im leeren Raum, jede isoliert für sich, eingefroren in einem Moment intensiver Bewegung und körperlicher Verzerrung.
Die Dramaturgie und die Komposition eines Bildes spielen in Longos Werk eine zentrale Rolle. In den God Machines (2008–2011), seinen Darstellungen religiöser Stätten, erzeugte er etwa durch deren überwältigende Größe, durch Licht und Schatten sowie die gewählte Perspektive eine Atmosphäre der Ehrfurcht und Erhabenheit, die gleichzeitig auch Macht zum Ausdruck bringt. Durch beispielsweise die präzise Wiedergabe der Pilzwolke
in Zentralperspektive vermittelt der Künstler nicht nur die ungeheure Gewalt, Brutalität und Zerstörungskraft des katastrophalen Ereignisses der Explosion einer Atombombe, sondern ebenso ein Gefühl der Faszination angesichts der erschreckenden Schönheit dieses Phänomens.
Eines von Robert Longos beeindruckendsten Werken ist wohl Untitled (Raft at Sea) (2017): Es zeigt ein Schlauchboot auf hoher See, das überladen mit seiner Fracht tief im Wasser liegt. Die Menschen, zumeist Männer, die außen auf dem Schlauchring sitzen, befinden sich beunruhigend nahe an der Wasseroberfläche. Unter ihren Schwimmwesten tragen sie warme Jacken sowie Kapuzen und Mützen, was auf unwirtliche Temperaturen schließen lässt. Der Bildausschnitt ist so gewählt, dass sich das Boot auf der Horizontlinie im oberen Bilddrittel befindet, im Bereich des Mittelpanels der monumentalen Kohlezeichnung. Den gesamten Bereich darunter bildet das dunkle Meer mit seinen bewegten Wellen, dem Boot und Passagiere ausgesetzt sind. Darüber erstreckt sich ein wolkenverhangener Himmel, der jedoch – zumindest ein wenig Hoffnung verheißend – nach rechts hin aufklart. Für Raft at Sea zieht Longo ein Motiv heran, das in den letzten Jahren vielfach in den Medien zu sehen war. In der Schnelllebigkeit der
[3] Untitled (Raft at Sea) , 2016–2017, 355,6 x 713,7 cm, Kohle auf aufgezogenem Papier, Sammlung Siegfried und Jutta Weishaupt, © Robert Longo, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Robert Longo, Foto: Robert Longo Studio. [4] Untitled (Herzeleide, Barbara's Eyes), 2012, 243,8 x 177,8 cm, Kohle auf aufgezogenem Papier, Privatsammlung aus Deutschland, © Robert Longo, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Robert Longo, Foto: Robert Longo Studio.
Bis 26. Januar 2025
Robert Longo
Katalog
Robert Longo
Elsy Lahner, Klaus Albrecht Schröder (Hrsg.), Beiträge von I. Graw. E. Lahner, H. Liebs, C. Shermann, geb., 208 S. mit 90 Abb. in Farbe, 26 x 29 cm, Hirmer, ISBN 9783777443829
uns täglich umgebenden Bilder nimmt man dieses jedoch längst nicht mehr in all seiner erschütternden Intensität wahr, weil eine Form der Gewöhnung eingetreten ist. Durch die veränderte Komposition des Künstlers und die enorme Größe des Werks fordert Longo die Betrachter*innen auf, wieder hinzusehen und sich auf das Dargestellte einzulassen.
In seinen Kohlezeichnungen greift Longo Pathos, Ästhetik und Erzählweise des Films, die visuelle Sprache des Kinos auf. Auch aufgrund seiner Erfahrung als Filmregisseur und seiner Arbeit an Musikvideos bringt Longo oft einen filmischen Blick in die Gestaltung seiner Werke ein. Seine Motive erinnern an Standbilder aus Filmen, die einen Moment der Spannung, einen emotionalen Höhepunkt einfangen. Dieses dramatische Element wird beim Betrachten jedes Mal aufs Neue erlebbar und bekommt dadurch eine zeitlose Qualität. „Ich bin im Zeitalter von Schwarz und Weiß aufgewachsen. Das Schwarz-Weiß-Fernsehen war für mich ein visuelles Vokabular“, so Robert Longo. „Und als legasthenisches Kind, das nicht lesen konnte, habe ich durch das Fernsehen gelernt, Bilder zu lesen. Schwarz-Weiß ist für mich eine Möglichkeit, die Wahrheit auszudrücken.“#
Kontakt
Albertina
Albertinaplatz 1, 1010 Wien Tel. +43-(0)1-534830 www.albertina.at
Dramaturgie und Komposition des Bildes spielen eine entscheidende Rolle:
Mit diesen Mitteln fordert Robert Longo die Betrachter*innen auf, genau hinzusehen.
Ausstellungsansicht „Preis der Nationalgalerie 2024. Pan Daijing, Dan Lie, Hanne Lippard, James Richards“, James Richards Happy Fall Triology, 2024, 2-KanalVideo, Ton, 3 Kapitel, jedes circa 12 Minuten, Courtesy James Richards, Isabella Bortolozzi, Rodeo Galerie, © Jacopo La Forgia
Bis 5. Januar 2025
Preis der Nationalgalerie 2024. Pan Daijing, Dan Lie, Hanne Lippard, James Richards.
Hamburger Bahnhof –Nationalgalerie der Gegenwart www.smb.museum
Yoko Ono, Yoko Ono mit Glass Hammer, 1967, bei HALF-A-WIND SHOW, Lisson Gallery, London, 1967, Foto: © Clay Perry.
Bis 16. März 2025
Yoko Ono. Music of the Mind
Kunstsammlung
Nordrhein-Westfalen K 20 www.kunstsammlung.de
Berlin
Gemäldegalerie
Matthäikirchplatz, 10785 Berlin
Tel. +49-(0)30-266424242
www.smb.museum
Bis 24. November 2024: Die Schenkung Leidner. Norditalienische Malerei des 17. Jahrhunderts.
Hamburger Bahnhof –
Nationalgalerie der Gegenwart
Invalidenstraße 50–51, 10557 Berlin
Tel. +49-(0)30-266424242
www.smb.museum
Bis 5. Januar 2025: Preis der Nationalgalerie 2024. Pan Daijing, Dan Lie, Hanne Lippard, James Richards. Bis 10. März 2025: Mark Bradford. Keep walking. 8. November 2024 bis 4. Mai 2025: Andrea Pichl. Wertewirtschaft. 6. Dezember 2024 bis 11. Mai 2025: Semiha Berksoy.
Matthäikirchplatz, 10785 Berlin
Tel. +49-(0)30-266424242
www.smb.museum
Bis 12. Januar 2025: Der andere Impressionismus. Internationale Druckgraphik von Manet bis Whistler. Bis 19. Januar 2025: Träumst Du? Von geschlossenen Augen in der Kunst.
Potsdamer Straße 50, 10785 Berlin
Tel. +49-(0)30-266424242
www.smb.museum
Bis 26. Januar 2025: The Very First Edition. Künstler*innenbücher aus der Sammlung Marzona. 23. November 2024 bis 6. April 2025: Nan Goldin. This Will Not End Well. Bis September 2026: Gerhard Richter. 100 Werke für Berlin.
Bochum
Kunstmuseum Bochum
Kortumstraße 147, 44787 Bochum Tel. +49-(0)234-9104230 www.kunstmuseumbochum.de
Bis 31. Dezember 2024: Sichtbar. Die Eigene Sammlung. Bis 23. Februar 2025: Ree Morton – Natalie Häusler. To Each Concrete Man. 16. November 2024 bis 12. Januar 2025: Javkhlan Ariunbold. Das Lied des PantherDrachen. GWK-Förderpreis 2024. 16. November 2024 bis 2. Februar 2025: Bochumer Künstler*innnen 2024.
Bremen
Kunsthalle Bremen
Am Wall 207, 28195 Bremen Tel. +49-421-32908-0 www.kunsthalle-bremen.de
Bis 5. Januar 2025: Jenseits der Mitte. Skizzen am Rande. Bis 26, Januar 2025: Ars Viva 2025. Wisrah C. V. da R. Celestino, Vincent Scherrs, Helena Uambembe. 9. November 2024 bis 9. März 2025: Kirchner Holzschnitte. Benjamin Badock, Gabriela Jolowicz und Thomas Klipper.
Düsseldorf
Kunstsammlung
Nordrhein-Westfalen K 20
Grabbeplatz 5, 40213 Düsseldorf
Tel. +49-(0)211-8381130 www.kunstsammlung.de
Bis 16. März 2025: Yoko Ono. Music of the Mind. Bis auf Weiteres: Raus ins Museum! Rein in Deine Sammlung. Meisterwerke von Etel Adnan bis Andy Warhol.
Kunstsammlung
Nordrhein-Westfalen K 21
Ständehausstraße 1, 40217 Düsseldorf
Tel. +49-(0)211-8381204
www.kunstsammlung.de
Bis 26. Januar 2025: Lars Eidinger. O Mensch. Fotografen. Bis 23. März 2025: Katharina Sieverding.
Kunstpalast
Ehrenhof 4–5, 40479 Düsseldorf
Tel. +49-(0)211-8996260, www.kunstpalast.de
Bis 5. Januar 2025: Too much Future. Schenkung Florian Peters-Messer. Bis 2. Februar 2025: Gerhard Richter. Verborgene Schätze. Werke aus rheinischen Privatsammlungen. Ab 19. November 2024: Mythos Murano. 27. November 2024 bis 30. März 2025: Farbrausch. Werke aus der Sammlung Kemp.
Duisburg
Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum
Friedrich-Wilhelm-Straße 40 47049 Duisburg, Tel. +49-(0)203-2832630 www.lehmbruckmuseum.de
Bis 19. Januar 2025: Shape! Körper + Form begreifen. 7. November 2024 bis 19. Januar 2025: Henry Moore – For Duisburg. 7. November 2024 bis 19. Januar 2025: Freiheit und Gemeinschaft: Der Expressionismus.
MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst
Duisburg Innenhafen, Philosophenweg 55 47051 Duisburg, Tel. +49-(0)203-30194811 www.museum-kueppersmuehle.de
Bis 19. Januar 2025: Miquel Barceló: Vida y Muerte.
Hagen
Emil Schumacher Museum
Kunstquartier Hagen
Museumsplatz 1, 58095 Hagen
Tel. +49-(0)2331–2073138 www.esmh.de
Bis 5. Januar 2025: Jean Fautrier. Genie und Rebell. Frankfurt
Schirn Kunsthalle Frankfurt
Römerberg, 60311 Frankfurt
Tel. +49-(0)69-299882-0 www.schirn.de
Bis 2. Februar 2025: Carol Rama. 8. November 2024 bis 9. Februar 2025: Hans Haacke.
Städel Museum
Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt Tel. +49-(0)69-6050980 www.staedelmuseum.de
Bis 1. Dezember 2024: Muntean/Rosenblum. Mirror of Thoughts. Bis 12. Januar 2025: Fantasie und Leidenschaft. Zeichnen von Carracci bis Bernini. 27. November 2024 bis 23. März 2025: Rembrandts Amsterdam. Goldene Zeiten? 13. Dezember 2024 bis 18. Mai 2025: Rineke Dijkstra. Beach Portraits.
Hamburg
Deichtorhallen Hamburg
Deichtorstraße 1–2, 20095 Hamburg Tel. +49-(0)40-321030 www.deichtorhallen.de
Bis 26. Januar 2025: Tactics and Mythologies: Andrea Orejarena & Caleb Stein (Phoxxi). 16. November 2024 bis 12. Januar 2025: Arbeitsstipendium für Bildende Kunst (Sammlung Falckenberg). 13. Dezember 2024 bis 4. Mai 2025: High Noon. Nan Goldin, David Armstrong, Moark Morrisroe, Philip-Lorca Dicorcia. 13.Dezember 2024 bis 4. Mai 2025: Franz Gertsch. Blow-up. Eine Retrospektive.
Hamburger Kunsthalle
Glockengießerwall, 20095 Hamburg Tel. +49-(0)40-428131-200 www.hamburger-kunsthalle.de
Bis 31. Dezember 2024: Making History. Hans Makart und die Salonmalerei des 19. Jahrhunderts. Bis 1. Januar 2025: Impressionismus. Deutsch-französische Begegnungen. Bis 19. Januar 2025: Untranquil now: eine Konstellation aus Erzählungen und Resonanzen. Bis 2. März 2025: Albert Oehlen. Computerbilder. Bis 18. Oktober 2026: Isa Mona Lisa. 8. November 2024 bis 23. Februar 2025: Akte, Antike, Anatomie. Zeichnend die Welt erschließen. 22. November 2024 bis 6. April 2025: In.Sight. Die Schenkung Schröder. 29. November 2024 bis 27. April 2025: Hanns Kunitzberger. Abbild 2002–2005. 6. Dezember 2024 bis 6. April 2025: Illusion. Traum – Identität –Wirklichkeit.
Hannover
Sprengel Museum Hannover
Kurt-Schwitters-Platz, 30169 Hannover Tel. +49-(0)511-168-43875 www.sprengel-museum.de
Bis 17. November 2024: Das Bild ist, was es tut. Bilder aus der Sammlung. Bis 24. November 2024: Zbynêk Sekal. Bis 24. November 2024: Thomas Rentmeister. D23. Bis 5. Januar 2025: Joar Nango. Kurt Schwitters Preis 2024 der Niedersächsischen Sparkassenstiftung. Bis 26. Januar 2025: Elsa Burckhardt-Blum. Zeichnungen. 13. November 2025 bis 9. Februar 2025: Skulpturen erfassen. 11. Dezember 2024 bis 9. März 2025: Barbara Probst. Subjective Evidence.
Andrea Orejarena & Caleb Stein, Tactics and Mythologies, Installationsansicht Deichtorhallen Hamburg 2024, © Deichtorhallen Hamburg, Foto: Henning Rogge. Courtesy Palo Gallery, NY.
Bis 26. Januar 2025 Tactics and Mythologies Andrea Orejarena & Caleb Stein (Phoxxi)
Deichtorhallen Hamburg www.deichtorhallen.de
Trisha Brown (1936–2017) Compass, 2007, Weichgrundradierung mit Reliefrolle, 64,77 x 55,88 cm, Veröffentlicht von Graphicstudio, University of South Florida, Tampa, Florida Hamburger Kunsthalle © Foto: Will Lytch
Bis 19. Januar 2025 Untranquil now: eine Konstellation aus Erzählungen und Resonanzen.
Hamburger Kunsthalle www.hamburger-kunsthalle.de
Chargesheimer, ohne Titel, um 1950, Gelatinesilberpapier, Lichtgrafik, Mischtechnik, 59,8 x 49,7 cm, Museum Ludwig, Köln, Reproduktion: Rheinisches Bildarchiv Köln
Bis 10. November 2024 Chargesheimer Museum Ludwig www.museenkoeln.de
Lee Miller, Explosion zollt verdienten Tribut an das Gas Light & Coke Company-Markenzeichen, Mr. Therm, London, England, 1940 © Lee Miller Archives, England 2024, All rights reserved, leemiller.co.uk
Bis 2. März 2025 Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus.
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München www.lenbachhaus.de
Köln
Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz, 50667 Köln
Tel. +49-(0)221-22126165, www.museenkoeln.de
Bis 10. November 2024: Chargesheimer. Bis 9. Februar 2025: Fluxus und darüber hinaus: Ursula Burghardt, Benjamin Patterson. 8. November 2024 bis 30. März 2025: WolfgangHahn-Preis 2024: Anna Boghiguian. 30. November 2024 bis 27. April 2025: Sehstücke. Alfred Ehrhardt und Elfriede Stegemeyer.
Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
Obenmarspforten (am Kölner Rathaus) 50667 Köln, Tel. +49-(0)221-221-21119 www.wallraf.museum
Bis 10. November 2024: Willkommen im Wallraf – Teil II. Neuzugänge der Graphischen Sammlung. Bis 9. Februar 2025: Museum der Museen. Eine Zeitreise durch die Kunst des Ausstellens und Sehens. Bis 21. April 2025: Sammlerträume. Sternstunden niederländischer Barockkunst. Bis 22. August 2027: Schultze Projects #4: Krasiah Mukwazhi. 29. November 2024 bis 23. März 2025: Zwischen Nackenstarre und Kunstgenuss. Daumiers Menschen im Museum.
München
Haus der Kunst
Prinzregentenstraße 1, 80538 München
Tel. +49-(0)89-21127113, www.hausderkunst.de
Bis 15. Dezember 2024: Luisa Baldhuber. Afterglow. Bis 31. Dezember 2024: Tune. Live 2024. Bis 2. Februar 2025: Velvet Terrorism: Pussy Riot’s Russia. Bis 23. Februar 2025: Glamour und Geschichte. 40 Jahre P1.
Alte Pinakothek
Barer Straße 27, 80333 München
Tel. +49-(0)89-23805-216 www.pinakothek.de
Bis 24. November 2024: Von Goya bis Manet. Meisterwerke der Neuen Pinakothek in der Alten Pinakothek. Bis 12. Januar 2025: Rubens, Brueghel und die Blumenkranzmadonna. Bis 29. März 2026: Alte Meister in Bewegung. Neupräsentation der Sammlung. 26. November 2024 bis 16. März 2025: Rachel Ruysch. Nature into Art.
Pinakothek der Moderne
Barer Straße 40, 80333 München
Tel. +49-(0)89-23805-360 www.pinakothek.de
Bis 24. November 2024: Prix Pictet Human. Der renommierte Preis für Fotografe und Nachhaltigkeit kommt nach München. Bis 31. Dezember 2024: Mix & Match. Die Sammlung neu entdecken. 25. Oktober 2024 bis 27. April 2025: Eccentric. Ästhetik der Freiheit.
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München
Luisenstraße 33, 80333 München
Tel. +49-(0)89-23396933, www.lenbachhaus.de
Bis 2. März 2025: Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus. Bis März 2025: Der Blaue Reiter. Eine neue Sprache. 12. November 2024 bis 27. April 2025: Rosemarie Trockel / Thea Djordjadze. Limitation of Life.
Stuttgart
Staatsgalerie Stuttgart
Konrad-Adenauer-Straße 30–32 70173 Stuttgart, Tel. +49-(0)711-47040-0 www.staatsgalerie.de
Bis 31. Dezember 2024: This is Tomorrow. Neupräsentation der Sammlung des 20./21. Jahrhunderts. Bis 26. Januar 2025: Sommer der Künste – Villa Massimo zu Gast in Stuttgart. Bis 16. Februar 2025: Wir wöllen frei sein: Druckgraphik aus der Zeit des Bauernkrieges. Bis 23. Februar 2025: Neues Sehen, Neue Sachlichkeit und Bauhaus. 15. November 2024 bis 2. März 2025: Carpaccio, Bellini und die Frührenaissance in Venedig.
Paris
Centre Pompidou
Le Centre National D’Art et de Culture Georges Pompidou, Musée National d’Art Moderne
Rue Saint-Martin, Place Georges Pompidou F-75004 Paris, Tel. +33-(0)1-44781233 www.centrepompidou.fr
Bis 31. Dezember 2024: Modern and Contemporary Collection. Bis 1. Januar 2025: Antoine d’Agata. Méthode. Bis 6. Januar 2025: Barbara
Crane. Bis 6. Januar 2025: Art contemporain en Lituanie de 1960 à nos jours. Une donation majeure. Kazys Varnelis. Le classiciste op de Lituanie. Bis 6. Januar 2025: Prix Marcel Duchamp 2024. The nominees. Bis 6. Januar 2025: Apichatpong Weerasethakul. Particules de nuit. Bis 6. Januar 2025: Apophenia, interruptions. Artists and artifcial intelligence at work. Bis 13. Januar 2025: Surrealism. Bis 3. Februar 2025: China, a new generation of artists. Bis 27. Januar 2025: Le Concile des Abysses. Alex Cecchetti. Bis 3. Februar 2025: Chaosmose. Jean-Jacques Lebel endowment fund – Musée National d’Art Moderne.
Musée du Louvre
Rue de Rivoli, 75001 Paris
Tel. +33-(0)1-40205050, www.louvre.fr
Bis 6. Januar 2025: Masterpieces from the Torlonia Collection. Bis 6. Januar 2025: Barbara Chase-Riboud. Bis 3. Februar 2025: Figures of the Fool. From the Middle Agest to the Romantics. Bis 3. Februar 2025: A new Look at Watteau. An actor with no lines. Pierrot, know as Gilles.
Italien
Rom
Palazzo delle Esposizioni Roma
Via Nazionale 194, 00184 Roma Tel. +39-06696271 www.palazzoesposizioniroma.it
Bis 1. Dezember 2024: Luigi Billi. Flashback opere 1992–2015. Bis 16. Februar 2025: L’ultimo meraviglioso minuto. Pietro Ruffo. 23. November 2024 bis 30. März 2025: Francesco Clemente. Anima nomade. 27. November 2024 bis 30. März 2025: Elogio della diversità. Viaggio negli ecosistemi italiani.
Galleria d’Arte Moderna
Via Francesco Crispi 24, 00187 Roma www.galleriaartemodernaroma.it
Bis 2. Februar 2025: L’allieva di danza di Venanzo Crocetti. Il ritorno. Bis 2. Februar 2025: StenLex. Rinascita – Intervento artistico site specific e stendardo urbano. Bis 2. Februar 2025: Estetica della deformazione. Protagonisti dell’Espressionismo Italiano. Bis 2. Februar 2025: “La poesia ti guarda”. Omaggio al gruppo 7 (1963–2023).
Tarek Atoui, Waters’ Witness, 2020–2023, Installationsansicht, 2. Obergeschoss Kunsthaus Bregenz, 2024, Foto: Markus Tretter, Courtesy of the artist, © Tarek Atoui, Kunsthaus Bregenz
Bis 12. Januar 2025 Tarek Atoui
Kunsthaus Bregenz www.kunsthaus-bregenz.at
Vincent van Gogh, Le Cyprès et l‘Arbre en fleurs, 1889, Öl auf Leinwand, 51,4 x 64,8 cm Privatbesitz
Bis 26. Januar 2025
Metthew Wong – Vincent van Gogh. Letzte Zuflucht Malerei
Kunsthaus Zürich www.kunsthaus.ch
Venedig
Peggy Guggenheim Collection
Palazzo Venier die Leoni, Dorsoduro 701 30123 Venezia, Tel. +39-041-2405411
www.guggenheim-venice.it
Bis 3. März 2025: Marina Apollonio: Beyond the Circle.
Bregenz
Kunsthaus Bregenz
Karl-Tizian-Platz, 6900 Bregenz
Tel. +43-(0)5574-485-94-0 www.kunsthaus-bregenz.at
Bis 12. Januar 2025: Tarek Atoui.
Wien
Albertina
Albertinaplatz 1, A–1010 Wien
www.albertina.at
Bis 26. Januar 2025: Robert Longo. Bis 9. Februar 2025: Chagall. Bis 23. März 2025: Jim Dine. Bis 25. März 2025: Egon Schiele –Adrian Ghenie. Schattenbilder.
Albertina Modern
Karlsplatz 5, 1010 Wien
Tel. +43-(0)1-534830
www.albertina.at
Bis 6. Januar 2025: Alfred Kubin. Die Ästhetik des Bösen. Bis 23. Februar 2025: Erwin Wurm. Die Retrospektive zum 70. Geburtstag.
Kunsthistorisches Museum Wien
Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien
Tel. +43-(0)1-52524-0, www.khm.at
Bis 12. Januar 2025: Jupiter und Merkur zu Gast bei Philemon und Baucis. Ein Blick in die Rubens-Werkstatt (Ansichtssache #28).
Bis 12. Januar 2025: Rembrandt – Hoogstraten. Farbe und Illusion. Bis 16. Februar 2025: Vitrine Extra #5: Anker lichten. Schifruch in der Antike und Kulturgüterschutz heute.
MUMOK – Museum Moderner Kunst
Stiftung Ludwig Wien, MuseumsQuartier, Museumsplatz 1, A-1070 Wien
Tel. +43-(0)1-525 00, www.mumok.at
Bis 23. Februar 2025: Medardo Rosso. Die Erfndung der modernen Skulptur. Bis 1. Februar 2026: Mapping the 60s. Kunst-Geschichten aus den Sammlungen des mumok. 15. November 2024 bis 4. Mai 2025: Liliane Lijn. Arise Alive.
Schweiz
Basel
Kunsthalle Basel
Steinenberg 7, 4051 Basel
Tel +41-(0)61-2069900 www.kunsthallebasel.ch
Bis 10. November 2024: Sandra Mujinga. Time as a Shield. Bis 19. Januar 2025: Neil Beloufa. Humanities. 30. November 2024 bis 5. Januar 2025: Regionale 25. A Private Smile. Bis 17. August 2025: Marie Matusz. Canons and Continents.
Kunstmuseum Basel
St. Alban-Graben 16, 4010 Basel
Tel. +41-(0)61-2066262 www.kunstmuseumbasel.ch
Bis 24. November 2025: When We See Us. Hundert Jahre panafrikanische fgurative Malerei. Bis 31. Dezember 2024: Louise Lawler. Bis 2. Februar 2025: Paula Rego. Machtspiele. Bis 5. Januar 2025: Zeichnung heute. Bis 27. Juli 2025: Paarlauf.
Zürich
Kunsthaus Zürich
Heimplatz 1, 8001 Zürich
Tel. +41-(0)44-2538484, www.kunsthaus.ch
Bis 26. Januar 2025: Metthew Wong – Vincent van Gogh. Letzte Zuflucht Malerei. Bis 16. Februar 2025: Marina Abramović Retrospektive. 15. November 2024 bis 9. Februar 2025: Albert Welti und die Grafk des Fantastischen. Bis Ende 2025: Eine Zukunft für die Vergangenheit. Sammlung Bührle: Kunst, Kontext, Krieg und Konfikt.
Museum für Gestaltung Zürich
Ausstellungsstrasse 60, 8005 Zürich Tel. +41-43-4466767 www.museum-gestaltung.ch
Bis 24. November 2024: Lucien Hervé: Gebautes Licht. Bis 1. Dezember 2024: Collection Insights – Sieben Perspektiven. Bis 1. Dezember 2024: Collection Highlights. Bis 5. Januar 2025: Oliviero Toscani: Fotografe und Provokation. Bis 12. Januar 2025: Japanische Grafk heute.
Madrid
Museo Nacional del Prado
Calle Ruiz de Alarcón, 23, 28014 Madrid Tel. +34-(0)91-3302800 www.museodelprado.es
Bis 23. Februar 2025: The Lost Caravaggio: The Ecce Homo Unveiled. Bis 16. Februar 2025: Rubens’ Workshop.
Museo Thyssen-Bornemisza
Palacio de Villahermosa, Paseo del Prado 8 28014 Madrid, Tel. +34-(0)91-690151 www.museothyssen.org
Bis 21. Januar 2025: Exceptional picture frames. Bis 12. Januar 2025: Tabita Rezaire. Calabash Nebula. Bis 19. Januar 2025: Peter Halley in Spain. 12. November bis 9. Februar 2025: Gabriele Münter. The Great Expressionist Woman Painter.
Málaga
Museo Jorge Rando
Calle Cruz del Molinillo, 12, 29013 Málaga Tel. +34-(0)95-2210991 www.muesojorgerando.org
Bis 7. Januar 2025: Fluyendo Naturalmente. Exposición de arte contemporáneo chino.
Die Angaben beruhen auf den Informationen der Aussteller. Änderungen nach Redaktionsschluss vorbehalten.
Magnete eignen sich hervorragend für die Wandgestaltung in Atelier, Werkstatt und Büro. Mit ihnen lassen sich auf metallischen Untergründen sowohl wechselnde Präsentationen als auch bewegliche Kunstwerke – veränderliche Collagen aus farbigen Papieren, Leinwandstücken, Fotos und anderen Materialien – realisieren. Haftkräftige NeodymMagnete aus dem boesner-Sortiment tragen Poster und Plakate ebenso zuverlässig wie leichtere Werkzeuge und kleinteiliges Zubehör.
Der Bildhauer Anish Kapoor (geb. 1954 in Mumbai) wird für sein Lebenswerk mit dem renommierten Wilhelm-Lehmbruck-Preis 2025 der Stadt Duisburg und des Landschaftsverbandes Rheinland ausgezeichnet. Anish Kapoor wird für die Exzellenz geehrt, mit der seine oft raumsprengenden Skulpturen neue Dimensionen der menschlichen Wahrnehmung erschließen. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert, wird alle fünf Jahre ausgelobt und ist mit einer Ausstellung und einer begleitenden Publikation verbunden.
Anish Kapoor hat mit Freude auf die Auszeichnung reagiert: „Ich fühle mich geehrt, den renommierten Wilhelm-Lehmbruck-Preis für Bildhauerei zu erhalten. Viele geschätzte Kollegen haben diesen Preis vor mir bekommen und ich bin sehr gerührt, neben ihnen zu stehen.“
Der kurze Weg zur Kunst
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33 x in Deutschland und 1 x Versandservice
3 x in Österreich
4 x in der Schweiz
5 x in Frankreich
Im HfG-Archiv Ulm ist noch bis zum 19. Januar 2025 die Ausstellung „al dente“ zu sehen, in der nicht nur verschiedene Nudelsorten und unterschiedliche Zutaten (mit oder ohne Eier, Weichoder Hartweizen) vorgestellt werden, sondern auch Maschinen für die einzelnen Produkte, Verpackungen, Geschirr, Besteck sowie Kunstwerke. Ideengeber war der Mitbegründer der Hochschule für Gestaltung Ulm (HfG), Otl Aicher (1922–1991), der nicht nur eine (nie produzierte) Nudelmaschine für die Firma Braun entwarf, sondern auch feststellte, dass sich „die Relation von Form und Material […] nirgendwo so gut nachweisen“ lässt „wie […] bei Teigwaren.“ Und er betonte, dass sich mit der Form der Geschmack der Nudeln ändert (Katalog al dente, S. 13).
Atmosphärisch dicht zeichnet der Film „Münter & Kandinsky“ die Lebens- und Liebesgeschichte von Gabriele Münter und Wassily Kandinsky nach: Die junge Malschülerin, die sich in den knapp elf Jahre älteren Lehrer verliebt. Ihr gemeinsames Leben auf Reisen und im Blauen Land führt zu einer künstlerisch produktiven, aber privat eher fatalen Verbindung, die Münter immer mehr verzweifeln und Kandinsky immer missmutiger werden lässt. Der Spielfilm porträtiert die gemeinsamen Jahre der beiden Persönlichkeiten sowie die Entstehung des „Blauen Reiters“ und lässt die Schwabinger Bohème kurz nach der Jahrhundertwende wieder aufleben.
Was lag näher als nach einer weiteren Nudelform zu suchen? Zwischen den 70 Einreichungen des vom Museum Ulm initiierten open call musste sich die Jury für den am besten produzierbaren Entwurf entscheiden, dessen Design ebenso überzeugte wie Saucenverhalten und Esserlebnis. Gewinnerin ist die 22-Jährige Münchner Design-Studentin Josephine Zacher. Ihr Entwurf Das A und O des Otl Aicher bringt für den Co-Kurator der Ausstellung Linus Rapp „eine traditionelle und kulinarisch adäquate Form in die visuelle Sprache der Gegenwart und verbindet diese auf innovative Weise mit der HfG Ulm, ohne dabei symbolisch oder kitschig zu werden.“ Zacher selbst formuliert, dass ihre „typografische Nudel die Quadratur des Kreises versucht und das Eckige mit dem Runden verbindet.“ Und sie fügt hinzu: „Design wird zumeist visuell oder haptisch wahrgenommen. Eine Nudel spricht all unsere Sinne an und ist zugleich etwas sehr Alltägliches. Eine Nudel zu designen war für mich jedoch eher ungewöhnlich.“
Der Preis besteht vor allem aus der Produktion der Nudel, die am 25. Oktober 2024 im HfG-Archiv vorgestellt wurde und spätestens ab Ende November dort und online verkauft wird.#
https://museumulm.de/museum/museumsshop/
Sarah Pickstone interpretiert Angelika Kaufmann in Lascaux Aquacryl
Angelika Kauffmann, geboren 1741 im schweizerischen Chur und gestorben 1807 in Rom, war eine Virtuosin ihrer Zeit. Sie galt als weltoffen, war europaweit bestens vernetzt und durchlief eine beispiellose Karriere. Ihr Zeitgenosse Johann Gottfried Herder beschrieb sie als „vielleicht die kultivierteste Frau in Europa“, und wie er attestierten ihr Auftraggeber und Kolleg*innen großartiges Talent und umfassende Bildung. Nach ihrer künstlerischen Ausbildung erlangte Angelika Kauffmann in London Berühmtheit als Historien- und Porträtmalerin, bevor sie nach 15 Jahren 1782 in Rom ein Atelier eröffnete und einen Salon führte, in dem sich Freunde, Auftraggeber und Förderer trafen. Grundlegend für diesen in ihrer Zeit außergewöhnlichen Erfolg war sicherlich ihre Londoner Zeit: Angelika
Kauffmann gehörte 1768 als eine von nur zwei Frauen zu den Gründungsmitgliedern der traditionsreichen Royal Academy (das zweite weibliche Gründungsmitglied war Mary Moser). Für Somerset House, den damaligen Sitz der Royal Academy, fertige Angelika Kauffmann in den Jahren 1778 bis 1780 vier ovale, allegorische Deckengemälde in Öl auf Leinwand an, die heute im Burlington House zu sehen sind: Kauffmanns „Elemente der Kunst“ zeigen weibliche Allegorien zu den Themen Erfindung, Zeichnung, Komposition und Farbe.
Dieser Ausnahmekünstlerin zollten die Royal Academy und die international renommierte Londoner Künstlerin Sarah Pickstone vor einigen Jahren Tribut: Als Bestandteil der Feierlichkeiten
zum 250. Jahrestag beauftragte die Academy ihre Absolventin Sarah Pickstone mit einer Hommage an Angelika Kauffmann. Sarah Pickstone, die als Gewinnerin des Rompreises 1991 ebenfalls ein Jahr in Rom lebte, schuf mit „The Rainbow“ eine sechs Meter breite Neuinterpretation von Kauffmanns Allegorie der Farbe. Das zweite Gemälde mit dem Titel „Belvedere“ ist gewissermaßen als Antwort auf Kauffmanns „Zeichnung“ konzipiert. Das Zusammenspiel zweier Künstlerinnen über die Jahrhunderte hinweg mag die Betrachter verblüffen: So aktiv Kauffmanns Protagonistinnen sich von seinerzeit traditionellen Rollen und Sichtweisen lösen, so genau nimmt Pickstone weibliches Kunstschaffen heute in den Blick: Sie untersucht in ihren Werken die Geschichte der Royal Academy und die Stellung ihrer Künstlerinnen. Nachdem Sa rah Pickstone Angelika Kauffmanns Werke aus nächster Nähe studiert hatte, interpretierte sie mit kühnen und energischen Pinselstrichen deren erstaunliche Lebendigkeit neu.
neller Aquarellfarben mit den Vorteilen von Acrylfarben verbindet und sich für großformatige Werke eignet“, erläutert Barbara Diethelm, Firmenchefin von Lascaux Colours & Restauro im schweizerischen Brüttisellen. Duktus und Leichtigkeit des Aquarells ließen sich so auch in großen Formaten umsetzen. Diese Lasurfarbe, so Barbara Diethelm, verbinde gewissermaßen das Beste aus zwei Welten: „Transparent und leicht wie eine Aquarellfarbe, jedoch zu verarbeiten wie eine Acrylfarbe: lichtecht, dickflüssig, übermalbar, mit Wasser anlösbar und in jeder Konzentration matt auftrocknend mit matter und atmender Oberfläche.“ Lascaux Aquacryl lässt sich pur oder verdünnt mit Pinsel oder Airbrush auf praktisch allen saugfähigen, festen und flexiblen Unterlagen anwenden. Dünne Aufträge können übermalt werden, ohne die darunterliegenden Schichten zu lösen; schwerere Farbschichten können angelöst und auch verwaschen werden.#
Für die Ausführung nutzte Sarah Pickstone die Farbe Aquacryl von Lascaux: „Eine Aquarellfarbe auf Acrylbasis, die die Eigenschaften traditio- [4]
www.sarahpickstone.co.uk www.lascaux.ch www.royalacademy.og.uk [2]
Valentin Louis Georges Eugène Marcel Proust, (1871–1922), französischer Schriftsteller, Kritiker und Intellektueller
Tenki Hiramatsu (*1986), Künstler aus Berlin und Karlsruhe
Streng genommen fragt hier gar nicht Marcel Proust selbst – vielmehr hat der berühmte Schriftsteller, dessen Werk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ als einer der größten Romane der Weltliteratur gilt, dem berühmt gewordenen Fragebogen seinen Namen gegeben. Proust hat einen solchen Fragebogen wohl mindestens zweimal selbst beantwortet – um die Wende zum 20. Jahrhundert galt das Ausfüllen als beliebtes Gesellschaftsspiel in gehobenen Kreisen. Der erste Bogen, ausgefüllt vom heranwachsenden Proust während eines Festes, wurde posthum 1924 veröffentlicht. Den zweiten Fragebogen betitelte Proust mit „Marcel Proust par lui-même“ („Marcel Proust über sich selbst“). Die ursprünglich 33 Fragen wurden für Kunst+Material auf 29 reduziert – und bieten spannende und nachdenkliche Einblicke in die Gedankenund Gefühlswelt unserer Befragten.
Wo möchten Sie leben? Karlsruhe, Berlin oder New York. Was ist für sie das vollkommene irdische Glück? Schlafen. Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten? Verspätung. Was ist für Sie das größte Unglück? Hunger. Ihre liebsten Romanhelden? John Singer. Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte? Joseph Cornell. Ihr Lieblingsmaler? Paula Modersohn Becker. Ihr Lieblingsautor? Agota Kristof. Ihr Lieb lingskomponist? Mutter. Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Menschen am meisten? Humor. Ihre Lieblingstugend? Geduld. Ihre Lieblingsbeschäftigung? Warten. Wer oder was hätten Sie gern sein mögen? Mond. Ihr Hauptcharakterzug? Optimimus.
Was schätzen Sie bei Ihren Freunden am meisten? Humor. Ihr größter Fehler? Zu viel denken. Ihr Traum vom Glück? Schlafen. Ihre Lieblingsfarbe? Grün. Ihre Lieblingsblume? Rose. Ihr Lieblingsvogel? Ente. Ihre Helden der Wirklichkeit? Vater. Ihre Lieblingsnamen? Marcel. Was verabscheuen Sie am meisten? Sonntag. Welche geschichtlichen Gestalten verabscheuen Sie am meisten? Menschen, die Kriege begonnen haben. Welche Reform bewundern Sie am meisten? Etwas für Kultur. Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? Humor. Wie möchten Sie gern sterben? Beim Film schauen im Kino. Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Friedlich. Ihr Motto? Nicht zu viel denken.
„Malen heißt nicht Formen färben, sondern Farben formen.“
Henri Matisse (1869–1954)
Wer’s weiß, gewinnt!
schaft vom Schönen
Künstlerfamilie
Vertreter einer best. Kunstrichtung amerik. Maler (George Demont)
dt. Bildhauer, Grafiker (Fritz) Schau, Präsentation amerik. Maler (Andrew Jackson)
(Josje)
beim Film (englisch) Kunstrichtung kubist. Ursprungs
Künstler, Handwerker
1. Preis boesner-Einkaufsgutschein im Wert von 250 Euro
2. Preis boesner-Einkaufsgutschein im Wert von 50 Euro
3. Preis
Ein Buch „Das war Kunst, jetzt ist es weg“, siehe S. 58, im Wert von 18 Euro
So nehmen Sie teil: Bitte senden Sie das Lösungswort per E-Mail an: raetsel.zeitung@boesner.com oder per Postkarte an: boesner holding GmbH holding + innovations, Gewerkenstr. 2, 58456 Witten. Einsendeschluss ist der 31. Dezember 2024.
Mitarbeiter von boesner sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Bei mehreren richtigen Einsendungen entscheidet das Los, der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Keine Barauszahlung möglich. Die Lösung finden Sie in der nächsten Ausgabe.
Das Lösungswort des Preisrätsels aus Kunst+Material September/Oktober 2024 ist: SCHIMMERN
Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.
Herausgeber
boesner GmbH holding + innovations Gewerkenstr. 2, 58456 Witten
Tel. +49-(0)2302-97311-10
Fax +49-(0)2302-97311-48 info@boesner.com
V.i.S.d.P.: Jörg Vester
Redaktion
Dr. Sabine Burbaum-Machert redaktion@kunst-und-material.de
Satz und Grafische Gestaltung
Birgit Boesner, Hattingen mail@bboes.de
Anzeigen
Dr. Sabine Burbaum-Machert anzeigen@kunst-und-material.de Anzeigenpreisliste Nr. 16 vom 01.01.2025
Herstellung
Vogel Druck und Medienservice GmbH, Höchberg
Erscheinungsweise
zweimonatlich
© 2024 bei der boesner GmbH holding + innovations. Alle Rechte vorbehalten. Reproduktionen jeglicher Art, Aufnahmen in OnlineDienste und die Vervielfältigung auf Datenträgern wie CD-Rom, DVD-Rom etc. bedürfen der schriftlichen Genehmigung des Herausgebers. Unverlangte Manuskripte, Fotos und Dateien usw. sind nicht honorarfähig. Sie werden nicht zurückgesandt und für sie wird keine Haftung übernommen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Eine Veröffentlichung von Daten, insbesondere Terminen, erfolgt trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Redaktionsund Anzeigenschluss ist immer der 15. des jeweiligen Vormonats.
Titel: Foto: Tenki Hiramatsu. Seiten 3, 45, 64–65, 90 oben, U4: Malerei, Künstlerische Realisation und Fotografie: Ina Riepe. Seite 4–5: (6) Tenki Hiramatsu im Atelier, Foto: Tenki Hiramatsu; (20) Käte Hoch, Selbstbildnis (Ausschnitt), 1929, Öl auf Leinwand, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München; (32), (46) Künstlerische Realisation und Fotografie: Ina Riepe; (76) Ausstellungsansicht „Maurice de Vlaminck. Rebell der Moderne“, Museum Barberini, Potsdam, © David von Becker. Seiten 6–19: Fotos: Tenki Hiramatsu. Seite 94 unten: Foto: Tenki Hiramatsu.
Verlag und Redaktion danken den Rechteinhabern für die Reproduktionsgenehmigungen. Nicht nachgewiesene Abbildungen entstammen dem Archiv des Verlags. Konnten trotz sorgfältigster Recherche Inhaber von Rechten nicht ermittelt werden, wird freundlich um Meldung gebeten.
ISSN 1868-7946
Porträt Jorge Rando „Quiero pintar la vida –Ich will das Leben malen“ Jorge Rando (*1941 in Málaga, Spanien) zählt zu den international renommiertesten spanischen Expressionisten. Der Träger des Ernst Barlach Preises verbrachte viele Jahre seines Schaffens in Köln, wo er als junger Mann Philosophie studierte, und lebt heute in Andalusien und Hamburg. Sein Werk, dessen elementare Bestandteile Farbe und Licht sind, ist inhaltlich getragen vom Prinzip der Hoffnung angesichts vermeidbarer menschlicher Tragödien: Es ruht auf den Grundpfeilern des gelebten Humanismus und der Spiritualität einer glaubensunabhängigen Gedankenwelt – und über allem steht der Begriff von Freiheit in Form, Farbe und Stil. „Yo quiero pintar la vida“ –„Ich will das Leben malen“ betont der spanische Künstler, dessen Heimatstadt Málaga ihm ein eigenes Künstlermuseum gewidmet hat. Jorge Luis Maeso Madroñero hat Jorge Rando dort für Kunst+Material besucht und mit ihm über seine Arbeit, seine Werkzyklen und seine Gedanken über die Kunst gesprochen.
Thema
Kunst und Wissenschaft
Künstlerinnen der Frühen Neuzeit gelten als Ausnahmeerscheinungen, auch wenn inzwischen immer deutlicher wird, wie viele von ihnen es gegeben haben muss. Künstlerinnen und Wissenschaft scheinen in diesem Zusammenhang aber noch exotischer. Dabei finden sich vor allem in der Botanik erstaunliche Bezüge. Denn Maria Sybilla Merian (1647–1717) ist nicht die Einzige, die auf diesem Gebiet Erstaunliches geleistet hat. Auch andere Stilllebenmalerinnen haben sich dieses Themas angenommen, wie die bekannte niederländische Künstlerin Rachel Ruysch (1664–1750), die zu ihren Lebzeiten weit über die Grenzen der Niederlande hinaus bekannt war. Diesen und andere Aspekte ihrer Malerei beleuchtet eine Ausstellung in der Alten Pinakothek in München. Sie bildet für Susanna Partsch in diesem Sonderthema den Ausgangspunkt für den damaligen Austausch von Wissenschaft und Kunst.
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