8 minute read

Tagungen: 18. IfGB-Forum diskutiert Herausforderungen und Qualitätssicherung

Dr. Josef Fontaine

Mit Unterstützung von

  IfGB-FORUMTAGUNGEN

18. IfGB-Forum diskutiert Herausforderungen und Qualitätssicherung

Vom 5. bis 8. Oktober 2020 hat das 18. IfGB-Forum Spirituosen und Brennerei in Graz stattgefunden. Rund 100 Experten aus Österreich, Deutschland und Italien diskutierten am ersten Tagungstag rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen der Spirituosenherstellung und -vermarktung in Österreich und Deutschland. Ein weiterer Themenschwerpunkt widmete sich der Qualitätssicherung in Brennereien und bei Spirituosenherstellern.

(WiK) Dr. Michael Prean, ehem. Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), eröffnete den Vortragsblock Rahmenbedingungen. „Dank gilt dem IfGB, dass das Forum als Präsenzveranstaltung durchgeführt wird. „Ich sehe die Veranstaltung gut vorbereitet und die Covid19-Präventionsmaßnahmen ausgezeichnet umgesetzt“, sagte der Vorsitzende der Unterkommission Spirituosen für den Codex Alimentarius Austriacus (das Österreichische Lebensmittelbuch). VLB-Geschäftsführer Dr. Josef Fontaine stellte die aktuellen Entwicklungen am Institut für Gärungsgewerbe und Biotechnologie vor. Das Institut hat einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung unternommen, wobei die Spirituosenveranstaltungen glücklicherweise komplett im Präsenzmodus durchgeführt werden konnten. Der Braumeisterkurs war vor der Pandemie als Hybrid-Angebot gestartet, schließlich verfügte man im Institut über Ausstattung und Erfahrung im Online-Unterricht. „Wir haben im Lockdown unseren Certified Brewmaster Course online abgehalten. Alle Praktika haben wir anschließend unter strengen Corona-Präventionsmaßnahmen durchgeführt“, sagte Dr. Fontaine. Die internationalen Brauerkonferenzen würden erstmalig durch eine Web-Konferenz ergänzt werden. „Das ist eine neue Dimension, ein neues Zeitalter. Aber eine Präsenzveranstaltung bietet ganz andere Möglichkeiten der Netzwerkbildung“, betonte der Geschäftsführer. Abschließend stellte er den neuen Kurs zum Bier- und Spirituosensommelier vor. Christina Lippitsch, Österreichisches Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Wien, erläuterte die österreichischen Regelungen zur neuen EU-Spirituosen-Verordnung. Der Codex Alimentarius Austriacus legt den rechtlichen Rahmen und die Definitionen für unterschiedlichste Nahrungsmittel und Getränke fest. Die Codex-Kommission setzt sich u.a. aus Lebensmittelchemikern und anderen Wissenschaftlern, Experten der Lebensmittelkontrolle und Vertretern verschiedener Bundesministerien zusammen. Hinzu kommen Experten der AGES, Kammern sowie Verbände. Neben der Vortragenden waren mit Dr. Michael Prean, Prof. Manfred Gössinger und Nicole Grob weitere Mitglieder auf dem IfGB-Forum vertreten. Die Kommission verhandelt u.a. die österreichischen Positionen in den internationalen Gremien. Lippitsch ging auf die Zuckerungsvorgaben der EU-Verordnung ein, die von der Codex-Kommission für Österreich wie folgt umgesetzt werden. Die Neufassung des Codexkapitels Spirituosen verbietet die Süßung und den Einsatz sonstiger Abrundungsmittel bei Österreichischen Qualitätsbränden bzw. Österreichischen Qualitätsedelbränden. Bei allen Bränden, ohne die Auslobung „Österreichischer Qualitätsbrand“ bzw. „Österreichischer Qualitätsedelbrand“, übernimmt Österreich die Zuckerungs-Obergrenzen der EU-Verordnung. Der Spirituosen-

Experte vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Bonn, widmete sich dem neuen, ab 25. Mai 2021 gültigen Spirituosenrecht. „Werner Albrecht verfügt über so breit gefächerte Kompetenzen im Spirituosenbereich wie niemand sonst“, sagte Dr. Prean. Der Referent stellte die generellen Änderungen der Verordnung (EU) 2019/787 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 vor, die in Teilen bereits seit dem 8. Juni 2019 gelten. Im Anschluss ging Albrecht auf mögliche Etikettierungsänderungen ein. „Es gibt im Spirituosenbereich keine Produktionsverbote, aber es muss korrekt deklariert werden“, betonte er. Zu den fakultativen Änderungen auf Etiketten gehört u. a., dass in der Kategorie „Getreidespirituose / Getreidebrand“ das Wort „Getreide“ durch eine einzige Getreideart ersetzt werden darf, z.B. Weizenbrand. Die Angabe „trocken“ oder „dry“ ist nun zulässig bei Destillaten ohne jeglichen Zuckerzusatz. Gin ist eine Ausnahme, da hier 0,1 g Zucker/Lr Fertigware erlaubt ist. „Einige Etiketten müssen zum 25. Mai 2021 geändert werden, insbesondere Etiketten von zusammengesetzten Begriffen, Anspielungen und Mischungen“, führte Werner Albrecht aus. Die Europäische Kommission werde dazu eine Leitlinie herausgeben. „Spirituosen, die bis 24. Mai 2021 hergestellt, verpackt und etikettiert sind, dürfen bis zur Erschöpfung der Bestände vermarktet werden“, beruhigte er. Brände und Spirituosen mit höherem Zuckergehalt als in der EU-VO zugelassen, dürfen in Abhängigkeit vom tatsächlichen Zuckergehalt nur noch als „Spirituose“ oder „Likör“ deklariert werden. Dies bedeutet: „Entweder gehen Sie bei der Zuckerung auf 20 g runter oder Sie müssen Rum u.ä. als Spirituose deklarieren.“ Obstbrände, die mindestens ein Jahr lang im Kontakt mit Holz gereift sind und denen Zuckerkulör zur Farbstandardisierung zugegeben wurde, dürfen künftig als „Obstbrand“ (nicht mehr „Spirituose“) deklariert werden. Damit ist das bisherige komplette Verbot des Zusatzes von Farbstoffen zu Obstbränden aufgehoben. Die Liste der für Brände bzw. Geiste zugelassenen Rohstoffe ist um Aronia, Kornelkirsche und Traubenkirsche erweitert. Auch ein „Speisepilzgeist“ ist nun zulässig. Eierlikör darf seit 8. Juni 2019 u.a. Milch und Sahneerzeugnisse enthalten. Albrecht veranschaulichte seine Ausführungen mit unterschiedlichsten Beispielen bisheriger und künftiger Etiketten und beantwortete zahlreiche Detailfragen aus dem Publikum.

Nicole Grob, Referentin für Lebensmittelrecht des Fachverbands Nahrungs- und Genussmittel, Wien, und Vertreterin des Verbands der Österreichischen Spirituosenindustrie, skizzierte die aktuellen Herausforderungen für die österreichische Spirituosenbranche. Der Verband vertritt eine von 33 Branchen im Fachverband der Lebensmittelindustrie in der Wirtschaftskammer Österreich. Der Spirituosenverband hat 19 Mitglieder, der Schutzverband der österreichischen Spirituosen- und Sektwirtschaft 29. Die Spirituosen-Produktion in Österreich umfasste 2019 125 Mio.€ (+0,3 % zu 2018), davon machten Likör und andere Spirituosen (inkl. z. B. Jagatee und Inländerrum) 101 Mio. € Umsatz (+3,8 %). Im Jahr 2019 wurden Spirituosen im Wert von 155 Mio.€ (+1,2 % zu 2018) importiert, davon Whisky im Wert von 36 Mio.€ (–6,5% ) und Liköre im Wert von 29 Mio.€ (+4%). Der Exportwert betrug für 2019 123 Mio.€ (+8,9% zu 2018), davon Ethylalkohol 49 Mio.€ (+14,7%) und Likör 20 Mio.€ (+8,1%). Der durchschnittliche ProKopf-Verbrauch lag für Österreich 2018 bei 1,6 L Reinalkohol aus Spirituosen, stabil seit 2015. „Die Coronakrise hat deutliche Spuren in der österreichischen Spirituosenbranche hinterlassen“, so die Referentin. Umsatzeinbußen gab es vor allem bei gastronomie- und tourismusnahen Unternehmen (–31% Lebensmittelgroßhandel, –50 % Gastronomie bzw. Hotellerie). Der Wegfall des Veranstaltungssektors machte sich ebenso bemerkbar. Die Arbeit des Spirituosenverbands umfasst die juristische Interessenvertretung, u.a. in der Diskussion der EU-Spirituosenverordnung, in der Codex-Unterkommission Spirituosen, Geografische Angaben wie Inländerrum und Jagatee. Hinzu kommen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnen zur Alkoholprävention. Zum Service gehören außerdem die Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen z.B. zur EU-Spirituosenverordnung sowie die Beratung der Mitglieder. Als künftige Herausforderungen benannte Grob u.a. die Bewältigung der Corona-Krise, die Kategorie „Alkoholfreie Spirituosen“ sowie zunehmende Kennzeichnungspflichten. Angelika Wiesgen-Pick, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Spirituosenindustrie Christina Lippitsch

Werner Albrecht

Nicole Grob

Tim Fuchs

Prof. Manfred Gössinger und -importeure, Bonn, wurde mit ihrem Vortrag aktuelle Themen der Spirituosenbranche online zugeschaltet. Sie setzte die Entwicklungen der deutschen Spirituosenbranche in den Kontext globaler politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen. Der radikale Protektionismus der USA, der seit 2018 mit Zöllen auf Spirituosen der EU-Länder in Höhe von 25% belegt, treffe die Branche besonders hart. Mit rund 704 Mio. Flaschen à 0,7L war der deutsche Spirituosenmarkt auch im Jahr 2019 der größte innerhalb der Europäischen Union. Die Corona-Krise führte zu neuen Herausforderungen. Man rechne mit Umsatzeinbußen von 5%, wobei die Firmen sehr unterschiedlich belastet seien. Das Thema OnlineHandel ist in der Pandemie stärker in den Fokus gerückt. Der BSI hat dazu verschiedene Workshops angeboten. „Auch zur Altersprüfung online haben wir eine Lösung entwickelt“, sagte die Referentin. Mit Prognosen von VINEXPO und IWSR Drinks Market Analysis wagte Wiesgen-Pick einen Blick ins Jahr 2023. Premium- und Superpremium-Spirituosen seien ein Hauptfaktor für das Wachstum des Sektors. Während das Gesamtvolumen von Spirituosen weiterhin von lokalen Produkten angeführt werde, würden importierte und globale Marken den lokal hergestellten Spirituosen Marktanteile stehlen und bis 2023 um 9% wachsen. Für Whisky / Whiskey wird bis 2023 ein Wachstum von 7,9% vorausgesagt. „Es wird erwartet, dass Gin, Rum und Agaven-Spirituosen in diesem Zeitraum ebenfalls wachsen werden“, so Wiesgen-Pick. Als Konsequenz der neuen Spirituosen-Verordnung hat der BSI die Schutzgemeinschaft für Geografische Angaben gegründet, der ab 25. Mai 2021 alle Verantwortlichkeiten zur Beantragung oder Veränderung von geografischen Angaben vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft übernimmt. Als Trend, den man im Auge behalten solle, benannte sie, wie ihre österreichische Kollegin, „alkoholfreie Spirituosen“ und Hard Seltzer. Diese mit Kohlensäure und Geschmacksstoffen versetzten alkoholhaltigen Wässer werden in Deutschland fast komplett wie Alcopops besteuert.

Qualitätssicherung Die Qualitätssicherungssession moderierte Tim Fuchs, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der VLBSpirituosenanalytik am IfGB. Prof. Dr. Manfred Gössinger, stellvertretender Direktor der Höheren Bundeslehranstalt (HBLA) und Bundesamt für Wein- und Obstbau, Klosterneuburg bei Wien, referierte über die Leitfähigkeit als Messgröße der Qualitätskontrolle in der Brennerei. Die elektrische Leitfähigkeit ist die physikalische Größe, die angibt, wie ein Stoff den elektrischen Strom leitet. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. „Die Leitfähigkeit steigt z.B. mit Alkoholgehalt und Temperatur“, sagte Prof. Gössinger. Es wurden mobile Leitfähigkeitsmessgeräte verwendet. Dabei zeigte sich, dass lange Maischelagerung bei Kernobst zu höheren Leitfähigkeitswerten führt. Fehlgärungen und lange Maischelagerung führen oft zu erhöhten Gehalten an flüchtigen Säuren (wie z.B. Essigsäure). „Dies kann zu unterschiedlichen Werten der Leitfähigkeit während der Destillation führen (auch im Mittellauf)“, sagte der Referent. Diese Säuren reagieren außerdem z.T. auch mit Ethanol zu Estern mit unterschiedlichem Destillationsverhalten. So sorgen z.B. Essigsäureethylester für Vorlauf-, Ethyllactat dagegen für Nachlauf-Charakter. In Destillaten sind Carbonsäuren, Fettsäuren, Schwefel und Kupfer für die Leitfähigkeit verantwortlich. „Je höher die Leitfähigkeit im Mittellauf – desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer schlechten Qualität“, sagte Prof. Gössinger. Um den idealen Zeitpunkt zur Nachlaufabtrennung zu bestimmen, glich das Forschungsteam die sensorische Beurteilung von 100-mlFraktionen mit der Leitfähigkeitsmessung von 250-ml-Proben aus der Vorlage ab. Relevant seien nicht die Absolutwerte, sondern der Verlauf der Leitfähigkeit. „Das Niveau der Werte spielt dadurch keine Rolle“, erläuterte er, „sondern die Veränderung pro Zeiteinheit“. Die Leitfähigkeitsmessungen an der Vorlage zeigten deutlich früher den Abtrennzeitpunkt an als die sensorische Überprüfung der Fraktionen. „Wir empfehlen die kontinuierliche Messung der Leitfähigkeit in der Vorlage (z.B.: alle 10sec)“, resümierte Prof. Gössinger. „Die Messung der Leitfähigkeit während der Destillation erlaubt die automatische Bestimmung des Nachlaufabtrennzeitpunktes ohne sensorische Kontrolle.“ Bei einer automatisierten Anlage könne man so den Nachlauf automatisch abtrennen. Den Vortrag Qualitätssicherung und -management im Spirituosenbetrieb mit dem Schwerpunkt Risikoma-

This article is from: