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Kaffeeröster im Bregenzerwald
Andrea Trevisan hat Elektronik studiert, ist Triathlet und weiß, wie man riesige Snowparks baut. Mit 19 Jahren war er Mähdrescherfahrer in der Poebene, mit 21 ist er nach London gezogen, seit 2019 betreibt er eine Kaffeerösterei in Au
Wenig lässt in Andrea Trevisans ereignisreicher Lebensgeschichte auf seinen eigentlichen Beruf schließen: Der 32-jährige Italiener besitzt nämlich seit Sommer 2019 in Au im Bregenzerwald seine eigene Kaffeerösterei, die Trevo Coffee Roastery. Er ist zertifizierter und mehrfach ausgezeichneter Barista- und Roasting-Trainer und einer von nur 5.000 Menschen weltweit, die die international renommierteste Kaffee-Sensorik-Ausbildung, das Arabica-QGrader-Programm, erfolgreich absolviert haben.
Allen Umwegen zum Trotz: Schon in Andreas Wiege lagen Kaffeebohnen. Sein Vater Roberto betreibt in den 1980er Jahren eine kleine Kaffeerösterei bei Bologna, Sohn Andrea wächst mit dem markanten Aroma in der Nase auf. 1991 zieht Roberto nach Prag und eröffnet dort eine Kaffeerösterei: „Ich habe meinen Vater oft auf diesen Fahrten in unserem kleinen, mit Kaffee vollgepackten Transporter begleitet. Er hat mich mit den Geheimnissen vertraut gemacht, die hinter einer Tasse Kaffee stecken.“
Den Kaffee ebenfalls zu seinem Beruf zu machen, kommt Andrea zunächst nicht in den Sinn. „Ich war Computer-Servicetechniker, und als mir mein Chef eines Tages meinen Karriereweg bis ins Detail beschrieben hat, bin ich sehr erschrocken.“ 2009 zieht er nach London und landet mitten in der „Third Wave“ der Kaffeezubereitung: einer Bewegung, die Kaffee nicht als Alltagsgetränk, sondern als hochqualitatives Genussmittel betrachtet. In London nimmt Andreas Ausbildung zum Barista und
„Mein Vater, ein Kaffeeröster, hat mich mit den Geheimnissen vertraut gemacht, die in einem Kaffee stecken.“ Andrea Trevisan, Barista
Kaffeeröster ihren Anfang: „In Italien ist Kaffee ein industriell hergestellter Gebrauchsartikel. An Orten wie London, Berlin oder Australien hingegen schätzt man sein Aroma und weiß um Sorten, Röstungs- und Zubereitungsarten: Eine Tasse Kaffee ist so viel mehr als nur Koffein.“
Aber es ist nicht der Kaffee, sondern der Schnee, der den begeisterten Snowboarder in den Bregenzerwald geführt hat: „Ich liebe die Berge, die Natur. Beides hat mir in London sehr gefehlt. Also habe ich einen Saisonjob bei einer Firma angenommen, die Snowparks baut.“ Seinen ersten baut Andrea im Winter 2010/11 am Diedamskopf und macht nicht nur Bekanntschaft mit den Vorarlberger Bergen und dem Bregenzerwälder Dialekt, sondern auch mit Corinna aus Au.
Nach unzähligen Funslopes und Halfpipes im ganzen Alpenraum rückt 2014 der Kaffee wieder in den Mittelpunkt: In der Kaffeerösterei Molinari in Modena sammelt Andrea drei Jahre lang Kaffeeerfahrung – von Produktentwicklung und Qualitätskontrolle bis hin zu Marketing und Verkauf: „Es war eine lehrreiche Zeit, aber restlos glücklich war ich nie: Meine
„Ghörig“, also ordentlich – dieser Bregenzerwälder Tugend eifert Trevisan nach
eigenen Vorstellungen von Kaffee passten nie ganz zur Firmenstrategie.“
Da er inzwischen außerdem eine Fernbeziehung mit Corinna und dem Bregenzerwald führt, liegt es nahe, ein weiteres Mal auszuwandern. Eine kleine Kaffeerösterei in Innsbruck ist zunächst sein Ziel. 2019 wagt Andrea den Sprung in die Selbstständigkeit – und in den Bregenzerwald. Er gründet die Trevo Coffee Roastery und beginnt, in der Garage seines Wohnhauses in Au sortenreinen Kaffee zu rösten: in kleinen Mengen und ganz nach seinen eigenen Vorstellungen. „Die Kaffeebohnen stammen von Kooperativen oder Bauern, zu
denen ich direkten Kontakt habe. Ich will wissen, wo der Kaffee wächst, wann er geerntet und wie er gereinigt wird.“ Zahlreiche Hotels im Bregenzerwald gehören inzwischen zu seinen Kunden, man kann Trevo-Kaffee unter anderem in allen Alpenkäse-Sennereiläden kaufen und ihn in Andreas eigenem
„Die Kaffeebohnen stammen von Kooperativen oder Bauern, zu denen ich direkten Kontakt habe“
Laden (Trevo Coffee Roastery, Platz 30, 6870 Bezau) verkosten.
Es gebe ein Wort im Bregenzerwälder Dialekt, sagt Andrea dann, das seine Lebensphilosophie treffend beschreibe: „Ghörig! Alles, was ich mache, mache ich so gut wie möglich. Eben ghörig!“ Babette Karner
Wälder, weit, weit weg
Der Musiker Bartholomäus Natter berichtet von Menschen aus dem Bregenzerwald, die in der Fremde wirken
Kochkünstler in Amsterdam
Von Schwarzenberg aus zog es den jungen Wolf, Michael mit Vornamen, hinaus in die Welt, um sich seinen Traum zu erfüllen. Er wollte Spitzenkoch werden. Nach Stationen in Deutschland, Italien, Spanien und Portugal und nach einem Sieg beim renommierten Nachwuchswettbewerb „Junge Wilde“ führte ihn die Liebe schließlich nach Amsterdam. Dort arbeitete er unter anderem bei Starkoch Sergio Herman im „Oud Sluis“ und einige Jahre als Küchenchef im Trendrestaurant „Envy“, bevor er sich selbstständig machte. Mittlerweile ist sein 2015 eröffnetes „WOLFatelier“ mehr als nur ein Geheimtipp. Mit kreativer Küche und fairen Preisen hat sich Michael Wolf in der niederländischen Food-Metropole einen Namen gemacht. Seine Vision ist es, Gutes noch zu verfeinern. „Raffinierte Gerichte voll Leidenschaft, Details und Geschmack. Individuell für jeden Gast – aber immer mit der WOLF-Experience“, so sein Versprechen. Weil er vor kurzem zum zweiten Mal Vater geworden ist, musste der Kochvirtuose seiner Frau versprechen, es „momentan beim WOLFatelier zu belassen“. Sein Tag beginnt morgens um sieben und endet zwischen zwei und drei Uhr früh. „Leider geht es in der Gastronomie abends eben etwas länger“, muss er zugeben. Selbstverständlich steht der Chef jeden Tag selbst im Restaurant. Lange möchte er aber nicht mehr im „Schongang“ unterwegs sein, denn ihn treibt Neues an: „Ich habe eine sehr gute Idee für das große Problem Mitarbeitermangel in der Gastronomie“, erklärt er geheimnisvoll. „Längerfristig schwebt mir ein neues Konzept vor. Und ein Traum wäre, vielleicht irgendwann ein Hotel aufzumachen.“ Seine Bregenzerwälder Wurzeln hat er übrigens nicht vergessen. Das soll sich auch in seinem Restaurant bald widerspiegeln: „Ich möchte das WOLFatelier noch mehr personalisieren mit Produkten aus dem Bregenzerwald. Ein guter Schnaps oder Gin wird in näherer Zukunft sicher auf der Karte stehen.“ Der Autor dieser Zeilen ist schon gespannt und wird dem Wolf und seinem Atelier beim nächsten Amsterdam-Aufenthalt auf jeden Fall einen Besuch abstatten.