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Umgang in Andelsbuchbeim

Wieder einmal Sonntag, wieder einmal die Frage, was wir denn machen sollen. Wie fast immer fällt die Entscheidung für einen Ausflug in den Winter auf den Bregenzerwald. „Wir könnten“, so sage ich zu meiner Frau, „einen wunderbaren Spaziergang von Bezau nach Andelsbuch machen. Über die Bezegg, dort, wo nach der Überlieferung das Rathaus des freien Bregenzerwaldes auf Säulen gestanden ist.“ „Aber das gibt es doch nicht mehr“, sagt sie. Ich erkläre ihr, dass dort nun eine Erinnerungssäule, die „BezeggSul“, steht. „Das ist schön“, meint meine Frau, „dann können wir in Andelsbuch doch den ‚Umgang‘ machen. Du weißt schon, die rostroten Infosäulen, die auf architektonische Besonderheiten im Dorf aufmerksam machen.“

Kaum in Andelsbuch angekommen, meint meine Frau, dass wir zuerst zum „Jöslar“ gehen müssen, einem alten und

Umgang Bregenzerwald

im Winter Diese Wege des „Umgangs“ durch die Dörfer sind auch im Winter gut begehbar (entweder sind sie vom Schnee geräumt oder pink beschilderte Winterwanderwege):

Schoppernau, Mellau, Bizau, Andelsbuch, Hittisau, Krumbach

Diese Wege sind im Winter nur teilweise begehbar. Informationen zu einer wintertauglichen Variante sind im Tourismusbüro oder beim Gastgeber erhältlich:

Au, Bezau-Reuthe, Schwarzenberg, Egg, Lingenau, Langenegg

Information: www.bregenzerwald.at

Betonstelzen für ein legendäres Haus

Der Umgang Andelsbuch zeigt Werke einiger der bekanntesten Architekten Vorarlbergs. Viel Holz, aber auch Beton, der sich in die Umgebung fügt. Auch ein Werk des Pritzker-Preisträgers Peter Zumthor ist darunter

mittlerweile wieder sehr jungen Gasthaus, weil sie Hunger habe. Dort gibt es wunderbare „Seelen“, warme, mit feinen Sachen gefüllte Brote. Das machen wir. Danach stehen wir im verschneiten Andelsbuch vor der Nummer zwei des Umgangs. Sie weist auf den Bahnhof der alten Wälderbahn hin, einer Schmalspurbahn, die 1902 gegründet und 1983 aufgelassen worden ist. Heute arbeitet in diesen Räumen ein Kulturverein, der seit Jahren bemerkenswerte Kulturangebote für die Region bringt. Die Nummer eins brauchen wir nicht lange zu suchen: das Werkraumhaus des Schweizer Architekten Peter Zumthor steht direkt daneben. Der Werkraum ist der Zusammenschluss von fast hundert Handwerksbetrieben im Bregenzerwald, im Haus zeigen sie in regelmäßigen Abständen ihre meist gemeinsam mit Designern entwickelten Arbeiten – oft sind das großartige Ausstellungen.

Ich versuche mit meinem Wissen zu prahlen: „Der Holzbau und die zeitgemäße Architektur spielen im ganzen Bregenzerwald eine bedeutende Rolle. Im ‚Umgang Andelsbuch‘ zeigt sich das, indem fast alle ausgewählten Objekte reine oder zumindest teilweise Holzbauten sind.“ „Aber warum“, so korrigiert mich meine Frau sofort, „steht dann das nächste Objekt auf betonierten Stelzen?“ Sie meint das neue Gemeindehaus, welches sich das historisch so nicht bezeugte Rathaus

in Bezegg zum Vorbild genommen hat. Laut Legende stand es auf Stelzen, und die Ratsherren durften erst wieder herunter, wenn sie ihre Beschlüsse gefasst hatten. Das wäre, so meinen offenbar die Architekten Rolf Ennulat, Wise Gehrer und Walter Felder, auch heute noch zu überlegen. „Das nächste Objekt ist übrigens auch nicht aus Holz, sondern aus Beton“, klärt mich meine Frau auf, „die Volksschule des Bregenzer Architekten Heinz Köhler aus den 1960er-Jahren.“ Ein typischer Bau seiner Zeit, mit viel Gespür für die Einbindung am Kirchbühel und an der Friedhofsmauer. „Da wir schon beim Friedhof sind“, ergreife ich wieder die Initiative, „sollten wir noch zum Grab von Franz Michel Willam gehen, einem der größten Gelehrten Vorarlbergs im 20. Jahrhundert. Er war Theologe und Schriftsteller und hat das bekannteste Jesus-Buch seiner Zeit geschrieben.“ Meine Frau ist beeindruckt.

Die nächsten Häuser sind von bekannten Vertretern der Vorarlberger Architektur: Walter Holzmüller, Bernardo Bader, Helmut Dietrich und

Dieser Stadel aus der Barockzeit wurde von lokalen Architekten adaptiert

Thomas Mennel. Eine reine Holzkonstruktion bildet dann den Abschluss: Das Bürogebäude der Wälder Versicherung von Jürgen Haller und Peter Plattner. Holzlatten bilden da nicht nur die Fassade, sondern auch das Dach. Eine eigenwillige, spannende Weiterführung im Holzbau.

„So, und weil’s so schön war“, gerate ich fast in Euphorie, „gehe ich mit dir jetzt noch hoch hinaus. Wir fahren mit der Seilbahn auf die Niedere, dort kannst du zum architektonischen Abschluss noch eine der schönsten Kapellen des Landes besuchen. Cukrowicz/Nachbaur haben sie geplant. Damit haben wir Werke von einigen der besten Architekten des Landes auf unserem Rundgang gesehen.“

Walter Fink

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