Klassische Klangwolke 24 | 15.09.2024

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15. September 2024, 18:00 Uhr

Großer Saal

KLASSISCHE KLANGWOLKE präsentiert

von SPARKASSE OÖ und LINZ AG

Weitere Highlights 24–25

Karten und Infos:

+43 (0) 732 77 52 30 brucknerhaus.at

So, 20. Okt 2024, 18:00

Großer Saal

Klaus Maria Brandauer liest Éric Vuillard

In seinem Roman Die Tagesordnung blickt Éric Vuillard in die Hinterzimmer der europäischen Machthaber vor der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs; gelesen von Kammerschauspieler Klaus Maria Brandauer, an der Orgel spielt Magdalena Hasibeder.

Di, 5. Nov 2024, 19:30

Großer Saal

Hrůša, Trifonov & Bamberger Symphoniker

Der Ausnahmepianist Daniil Trivonov gibt sein langersehntes Debüt in Linz und präsentiert mit Jakub Hrůša und den Bamberger Symphonikern Dvořáks Klavierkonzert.

Sa, 16. Nov 2024, 19:30

Mittlerer Saal

Yulianna Avdeeva

Die russische Pianistin kehrt ans Brucknerhaus Linz zurück und widmet sich in ihrem Recital den beiden großen Virtuosen des 19. Jahrhunderts, Frédéric Chopin und Franz Liszt.

Yulianna Avdeeva

alla

breve

Das Programm auf einen Blick

In seinen Erinnerungen an Anton Bruckner berichtet der Philosoph und Bruckner­Schüler Friedrich Eckstein von Bruckners Liebe zum Lied und beschreibt, »wie wir einmal bei tiefem Schnee und grimmiger Kälte, inmitten heftigen Schneegestöbers, im Schlitten eng aneinandergepreßt und in Pelze verwahrt, an den letzten Häusern von Heiligenstadt vorbeiglitten und eine Krähe mit ausgebreiteten Schwingen, tief herabfliegend, unsere Bahn kreuzte, worauf Bruckner, sich zu mir herüberneigend, mir den Anfang jenes unvergänglichen Schubertliedes, ›Eine Krähe war mit mir aus der Stadt gezogen‹, mit leiser schmerzbewegter Stimme ins Ohr sang«.

Neben Bruckner, von dem selbst nur eine Handvoll Lieder überliefert sind, widmet sich der heutige Liederabend auch anderen großen Jubilaren des Jahres 2024 und schreitet dabei entlang dreier thematischer Abschnitte von Bruckners Zeit bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Besetzung

Thomas Hampson | Bariton

Wolfram Rieger | Klavier

Programm

I. In der Bruckner-Zeit

Gustav Mahler 1860–1911

Frühlingsmorgen // 1882

Anton Bruckner 1824–1896

Im April WAB 75 // vor 1865

Mein Herz und deine Stimme WAB 79 // 1868

Johannes Brahms 1833–1897

Feldeinsamkeit, Nr. 2 aus: Sechs Lieder op. 86 // 1879

Charles Ives 1874–1954

»Ich grolle nicht« // 1898–‒1901

»Du bist wie eine Blume« // 1896–97

Feldeinsamkeit // 1897–98

II. Zigeunermelodien

Antonín Dvořák 1841–1904

Zigeunermelodien, op. 55 // 1880

Nr. 1 »Mein Lied ertönt«

Nr. 2 »Ei! Ei, wie mein Triangel wunderherrlich läutet!«

Nr. 3 »Rings ist der Wald so stumm und still«

Nr. 4 »Als die alte Mutter«

Nr. 5 »Reingestimmt die Saiten!«

Nr. 6 »In dem weiten, breiten, luft’gen Leinenkleide«

Nr. 7 »Darf des Falken Schwinge Tatrahöh’n umrauschen«

// Pause //

III. Freiheit (or »The Pity of War«)

Arnold Schönberg 1874–1951

Wie Georg von Frundsberg von sich selber sang, Nr. 1 aus: Sechs Lieder op. 3 // 1903

Alexander von Zemlinsky 1871–1942

Mit Trommeln und Pfeifen, Nr. 3 aus: Turmwächterlied und andere Gesänge op. 8 // 1898–99

Gustav Mahler Revelge // 1899

Alexander von Zemlinsky

Tod in Ähren, Nr. 4 aus: Turmwächterlied und andere Gesänge op. 8

Richard Strauss 1864–1949

Ruhe, meine Seele, Nr. 1 aus: Vier Lieder op. 27 // 1894

Paul Hindemith 1895–1963

»O, nun heb du an, dort in deinem Moor«, Nr. 2 aus: Drei Hymnen von Walt Whitman op. 14 // 1919

Charles Ives

Tom Sails Away, Nr. 3 aus: Three Songs of the War // 1917

In Flanders Fields, Nr. 1 aus: Three Songs of the War // 1917, 1919

Gustav Mahler

Lied des Verfolgten im Turm // 1898

Konzertende ca. 19:45 Uhr

Lieder von Frühling und Krieg

In der Bruckner-Zeit

In den 1880er-Jahren wechselte ein junger Dirigent aus Böhmen, der unbarmherzig probte und sich damit nicht nur Freunde machte, in schneller Folge seine Posten: 1880 war er Kapellmeister in Bad Hall. Darauf folgten Engagements in Laibach, Olmütz, Kassel, Prag, Leipzig – wo er 1888 innerhalb weniger Wochen seine 1. Sinfonie fertigstellte – und schließlich Budapest, von wo aus er im Jahr 1891 nach Hamburg ging. Dort wirkte er bis 1897 als Erster Kapellmeister am Stadttheater. Danach wurde er Direktor der Hofoper in Wien. Sein Name war Gustav Mahler. Während sich Mahler in jenen Jahren den Ruf eines außerordentlich anspruchsvollen und auch fähigen Dirigenten – vor allem von Opern – erarbeitete, entwickelte sich seine Karriere als Komponist vergleichsweise langsam: Außer seiner 1. Sinfonie waren es in den 1880ern fast ausschließlich Vokalwerke, die er in jenen Jahren komponierte. Dazu gehören nicht nur die noch heute bekannten Lieder eines fahrenden Gesellen, sondern auch die groß besetzte, aber selten aufgeführte Kantate Das klagende Lied (1878–1880) und einige frühe Lieder für Singstimme und Klavier, die heute ebenfalls nicht häufig im Konzertsaal zu erleben sind.

Gustav Mahler, Kaltnadelradierung von Emil Orlik, 1903

Lieder von Frühling und Krieg

In der Bruckner-Zeit

Der Frühlingsmorgen – wahrscheinlich – aus dem Jahr 1882 ist ein fast naiv schönes Lied, das eine verschlafene Morgenszene beschreibt: Als ob die Natur selbst von sich schwärmt, wird da von einer sonnigen Morgenidylle gesungen, mit verspielten Trillern in der Klavierstimme, die ungebrochen und ohne Bitterkeit unterstreichen, was dem ›Langschläfer‹ entgeht, der es nicht aus den Federn schafft – vielleicht weil er die ganze Liedszene träumt?

Anton Bruckner, Fotografie von Eduard Pfeiffer, 1868

Anton Bruckner vertonte dagegen mit seinem Lied Im April WAB 75 einen Text von Emanuel Geibel, der einen ›Frühlingsabend‹ zum Thema hat. Geibels Gedicht besteht aus drei Strophen, die nicht nur formal, sondern auch inhaltlich klar voneinander abgesetzte Sinneinheiten bilden:

Das lyrische Ich besingt voller Zuneigung – »Wie hab’ ich dich so gern« – die statische Szenerie eines Abends im Frühling. Wegen der Wolken am Himmel sind nur einzelne Sterne zu sehen – Sing- und Klavierstimme agieren ähnlich wie in einem Rezitativ. In der darauffolgenden Strophe kommt sanfte Bewegung ins Spiel – inhaltlich und musikalisch: Eine leichte Brise bringt »warme[n] Veilchenduft« aus den Tälern mit sich; sowohl die Gesangsmelodie als auch ihre Klavierbegleitung streben sanft nach vorn und oben (»Es steigt«). Erst in der dritten Strophe kommen sie wieder zu einem Stillstand, als das Ich des Gedichts davon spricht, dass es vergeblich versuche, ein Lied zu »ersinnen«, das klanglich »so dunkel, mild und weich« sei wie der Abend, von dem das Ich spricht. Gewidmet hat Bruckner dieses Lied seiner Klavierschülerin Helene Hofmann in Linz. Ihrer Schwester Pauline, ebenfalls Bruckners Klavierschülerin, ist Mein

Lieder von Frühling und Krieg

In der Bruckner-Zeit

Herz und deine Stimme WAB 79 zugeeignet. Das Lied entstand ebenfalls in den 1860er-Jahren. Die schon im Titel aufgerufene innige Dialogsituation entfaltet sich in Bruckners Lied in sehnsuchtsvollen Melodien, die dem schwärmerischen Ton des lyrischen Ichs lebhaften Ausdruck verleihen; besonders schön gestaltet Bruckner dazu die idyllische Triolenbegleitung im Klavier.

Johannes Brahms, Fotografie von Jean Baptiste Feilner, 1868

Anders als Bruckner und Mahler ist Johannes Brahms nicht vorrangig als Sinfoniker in die Musikgeschichte eingegangen. Zwar gilt er – wie auch Bruckner und Mahler – als einer derjenigen Komponisten, die auf dem Gebiet der Sinfonie nach Beethoven noch seinem Schaffen ebenbürtige Beiträge zu liefern imstande waren. Aber während Mahler außer Sinfonien und Liedern wenig anderes geschrieben und Bruckner außer seinen Sinfonien in der Hauptsache (weltliche und) geistliche Vokal- und Chormusik (unter anderem Messen) komponiert hat, gibt es von Brahms prägende Beiträge in ganz unterschiedlichen Gattungen: Werke für Orchester, Instrumentalkonzer te, Kammermusik in den verschiedensten Besetzungen mit und ohne Klavier, Werke für Klavier solo, Chormusik mit Orchester sowie mit und ohne Klavierbegleitung und eben auch Sololieder mit Klavier.

Sein Stück Feldeinsamkeit op. 86 Nr. 2 handelt textlich auf engstem Raum von Zeitlosig- und Vergänglichkeit, musikalisch tiefgründig veranschaulicht durch die denkbar gemütliche Situation, in der ein Mensch im Gras liegt, um den Wolken zuzuschauen.

Lieder von Frühling und Krieg In der Bruckner-Zeit

Charles Ives wurde fünfzig

Jahre nach Anton Bruckner und damit im gleichen Jahr geboren wie Josef Suk und Arnold Schönberg. Ives’ Blick auf das deutschsprachige Kunstlied ist weniger von einer unmittelbar zeitlichen als zunächst von einer räumlichen Distanz geprägt: Anfang der 1890erJahre holte die Mäzenin

Jeanette Thurber Antonín Dvořák ans National Conservatory of Music in New York, weil sie davon überzeugt war, dass der böhmische Komponist einer genuin amerikanischen Kunstmusik einen kräftigen Schub verleihen würde. Unter anderem seine Sinfonie Nr. 9 »Aus der neuen Welt« schrieb er so als eine Art Kulturimport allererster Güte: Die Sinfonie entstand in den USA und wurde im Dezember 1893 in New York uraufgeführt. Im Jahr 1893 war es auch, dass Ives das heimische Danbury (Connecticut) verließ, um sich auf die Aufnahmeprüfung an der Universität Yale vorzubereiten, wo er hernach von 1894 bis 1898 studierte, unter anderem Komposition bei Horatio Parker. Als Studienarbeiten komponierte Ives in jenen Jahren Lieder auf ursprünglich deutsche Texte, die bereits von wichtigen europäischen Liedkomponisten vertont worden waren. Ives’ frühen Liedern ist der Respekt vor der europäischen Tradition anzuhören. Angehalten durch Horatio Parker, zügelte er hier seine experimentellen Neigungen, die die meisten seiner Kompositionen auszeichnen, und eben das macht den nostalgischen Reiz der frühen Lieder aus, die Ives schrieb, als er gerade einmal Mitte 20 war.

Charles Ives, Fotografie des Ateliers Davis & Sanford, 1892

Lieder von Frühling und Krieg

Zigeunermelodien

Zigeunermelodien

Natur und Vergänglichkeit, aber auch Freiheit durch die Musik – diesen Themen widmen sich die Zigeunermelodien op. 55, die Antonín Dvořák im Jahr 1880 auf Anfrage des Tenors Gustav Walter schrieb. Die Lieder sind auf ursprünglich tschechische Texte des Dichters Adolf Heyduk komponiert, der sie für Dvořák eigens ins Deutsche übersetzte; später folgte auch eine Übertragung ins Englische. Im Detail sind diese Texte nicht frei von zeittypischen Klischees: die Freiheit der ›Zigeuner‹ zum Beispiel, aber auch deren angebliche Wankelmütigkeit. Musikalisch sind Dvořáks Lieder weniger einem speziellen Idiom der Sinti und Roma verpflichtet als vielmehr einem osteuropäischen Volkston, der darauf baut, vom Publikum weiter im Westen unmittelbar verstanden zu werden; besonders beliebt geworden ist Dvořáks Lied »Als die alte Mutter / Mich noch lehrte singen«. Publiziert wurden die Melodien im Verlag Simrock, in dem in den Jahren zuvor auch Dvořáks Klänge aus Mähren und seine

Antonín Dvořák, Fotografie des Ateliers J. Šmejkal, 1868
Arnold Schönberg, Fotografie von Alban Berg, 1911

Lieder von Frühling und Krieg Freiheit (or »The Pity of War«)

überaus erfolgreichen Slawischen Tänze erschienen waren. Spätestens seit sich im Jahr 1877 in Wien Johannes Brahms selbst bei Sim rock für Dvořák eingesetzt hatte, wurde er, der seit 1874 mehrfach das Wiener Künstlerstipendium erhalten hatte, als einer der vielversprechendsten Komponisten seiner Generation in Wien und weit darüber hinaus bekannt; die Slawischen Tänze wurden bald auch in den USA gespielt. Mit Brahms verband Dvořák seither eine enge Freundschaft.

Freiheit (or »The pity of war«)

Johannes Brahms starb 1897 in Wien, nachdem im Jahr 1896 auch Anton Bruckner dort verstorben war. Eine neue Generation von Komponisten begann das Musikleben der österreichischen Hauptstadt zu prägen: Als Direktor der Wiener Hofoper hatte Gustav Mahler seit 1897 eine ungemein einflussreiche Position inne. Für die ihm untergebenen Musiker war das unbequem, da Mahler seine hohen Ansprüche unerbittlich durchzusetzen wusste. Außenstehende taten sich naturgemäß leichter, ihn zu bewundern. Auch Freundschaften entstanden, zum Beispiel zu Alexander von Zemlinsky oder später zu Arnold Schönberg. Seine Sechs Lieder op. 3 komponierte Schönberg ab 1899 und damit zu einer Zeit, in der er von seinem Lehrer Alexander von Zemlinsky sehr gefördert wurde. Auch privat lief es gut für Schönberg, heiratete er doch im Jahr 1901 Zemlinskys Schwester Mathilde. Aus dem Jahr 1903 datiert das Lied Wie Georg von Frundsberg von sich selber sang; aus den Sechs Liedern op. 3 ist es die Nr. 1. Der Text entstammt Achim von Arnims und Clemens Brentanos Sammlung Des Knaben Wunderhorn und er steht dort direkt nach einem Gedicht mit dem Titel Wie das Kriegsvolk von Georg von Fronsberg [sic] singt. Frundsberg war einer der berühmtesten Soldaten des beginnenden 16. Jahrhunderts im süddeutschen Raum. Schönbergs Lied handelt also einerseits von einem Soldaten. Andererseits ist der Text inhaltlich offen genug gehalten, dass er sich auch als Ausdruck der Klage eines Künstlers lesen lässt, der das eigene Schaffen zu wenig gewürdigt findet.

Der Gattung und mehr noch dem Topos der Militärmusik widmete sich Zemlinsky in seinem Lied Mit Trommeln und Pfeifen – komponiert kurz vor 1900, aus Turmwächterlied und andere Gesänge op. 8 ist es die Nr. 3:

Lieder von Frühling und Krieg

Alexander von Zemlinsky, 1898

Der stilisierte Marschrhythmus entwickelt eine unheimliche Suggestivkraft, die maßgeblich von einem fast durchgängigen Ostinatorhythmus in der Klavierstimme herrührt, der wirkt, als wollte Zemlinsky den AllegrettoSatz aus Beethovens 7. Sinfonie parodieren. Im Ton erinnert Zemlinskys Lied stark an die Musik Gustav Mahlers, ohne allerdings deren existenziell bedrohliche Ausbrüche bis ins letzte Extrem mitzuvollziehen. Ein Beispiel für Mahlers Kunst des kalkulierten Extrems ist sein Lied Revelge von 1899, dessen Text der Komponist aus Des Knaben Wunderhorn übernommen hat. Hier wie bei Zemlinsky geht es um das Elend des Kriegs, veranschaulicht jeweils durch das Bild zur Trommel marschierender Soldaten: Während bei Zemlinsky allerdings ein Kriegsversehrter in der Rückschau darüber singt, dass er die sich dauernd wiederholenden Trommeln und Pfeifen heute nicht mehr ertragen würde, stehen bei Mahler am Ende selbst die Toten noch in Reih und Glied, um sich dem Befehl der rhythmisch schlagenden Trommel zu fügen.

Einen bitteren Bogen schlägt das heutige Programm hernach mit Zemlinskys Lied Tod in Ähren, der Nr. 4 aus Turmwächterlied und andere Ge-

Lieder von Frühling und Krieg Freiheit (or »The Pity of War«)

sänge, dessen Text dramaturgisch der Feldeinsamkeit nahesteht, einem Text, der im ersten Konzertteil in zwei Liedversionen zu hören war: Nach der zwar nicht naiven, aber doch eher beschaulichen Szenerie, die Brahms und Ives in Töne gesetzt haben, ist in Zemlinskys Stück von einem Soldaten die Rede, der schwer verwundet, durstig und fiebernd in einem Weizenfeld liegt und stirbt, nicht ohne sich noch einmal an seine »Heimatwelt« zu erinnern – das Stück nimmt im heutigen Programm insofern eine Schlüsselstelle ein, als es auf die ›Feldeinsamkeiten‹ aus dem ersten Teil anspielt, thematisch aber zugleich speziell auf die späten Lieder von Ives vorausdeutet, die gegen Ende aufgeführt werden.

Richard Strauss, der im Jahr 1919 gemeinsam mit Franz Schalk für einige Jahre die Leitung der Wiener Oper übernehmen sollte, hat zeit seines Lebens Lieder komponiert, gut 200 sind überliefert, teils Orchesterlieder, zumeist aber Lieder mit Klavierbegleitung. Die ersten solcher Lieder komponierte er bereits als Kind und Jugendlicher, viele von ihnen widmete er seiner Tante Johanna Pschorr. Ab Mitte der 1880er-Jahre entstanden Lieder für die Sopranistin Pauline de Ahna, die Strauss häufig am Klavier begleitete. Auch Ruhe, meine Seele komponierte Strauss für sie – es ist das erste der Vier Lieder op. 27 aus dem Jahr 1894, die »meiner geliebten Pauline zum 10. September 1894« dediziert sind, das war der Tag, an dem Richard Strauss und Pauline de Ahna in der Burgkirche von Marquartstein heirateten.

Richard Strauss, Fotografie von Friedrich Müller, 1888

Lieder von Frühling und Krieg Freiheit (or »The Pity of War«)

Paul Hindemith, Fotografie des Ateliers Hélios, um 1935

Seit dem 15. Mai 1924 war auch Paul Hindemith mit einer Sängerin verheiratet: Johanna Gertrude Rottenberg, genannt Gertrud – sie war die Tochter des Kapellmeisters der Frankfurter Oper, an der Hindemith als Konzertmeister arbeitete, Gertruds Mutter stammte aus der Familie des Frankfurter Bürgermeisters. Seine Drei Hymnen von Walt Whitman komponierte Hindemith knapp fünf Jahre vor der Heirat: Seit Mai 1919 stand er in Verhandlungen mit dem Schott-Verlag, der ihn ab September unter Vertrag nahm. In der Zwischenzeit – im Juli und August 1919 –legte Hindemith sein op. 14 vor: »Früher konnte ich nicht so schreiben, weil ich technisch (und menschlich) noch zu unentwickelt war. […] In den Whitman-Hymnen ist mir dann fast gelungen, das festzuhalten, was mir von jeher durch den Schädel gegangen ist. Aber sie hängen doch noch reichlich an allen möglichen Alter tümlichkeiten«, resümierte der Komponist vielleicht eine Spur zu selbstkritisch. Uraufgeführt hatte diese so eigenwilligen wie ausdrucksstarken Gesänge auf Texte Walt Whitmans, entstanden in Erinnerung an den ermordeten amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln, der Bariton Helge Lindbergh am 26. Februar 1920 in Frankfurt am Main.

Noch vor dem Ende des Ersten Weltkriegs komponierte Charles Ives seine Three Songs of the War, zu denen Tom Sails Away und In Flanders Fields gehören. Und wie groß ist der Abstand dieser außerordentlich expressiven und anspruchsvollen Lieder zu Ives’ Studienarbeiten von vor der Jahrhundertwende! Den Text zu Tom Sails Away hatte Ives selbst

Lieder von Frühling und Krieg Freiheit (or »The Pity of War«)

geschrieben: Auf zwei Zeitebenen angesiedelt schildern Ives’ Zeilen Kindheitserinnerungen, die stark getrübt sind durch die Gegenwart (»but today!«), in der Tom nicht mehr in den Armen der Mutter liegt. Er ist davongesegelt, um die Freiheit zu verteidigen – das Gedicht entstand nach dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg. Nicht nur wehmütig und sorgenvoll in Inhalt und Ton, sondern als ein dringliches Requiem für die in der Zweiten Flandernschlacht des Ersten Weltkriegs Gefallenen lässt sich John McCraes Text In Flanders Fields lesen; das Gedicht verfasste McCrae, nachdem am Vortag sein Freund bei einem Granatenangriff in der Schlacht bei Flandern ums Leben gekommen war. Wie schon in Zemlinskys Lied Tod in Ähren thematisierte auch McCrae in seinem Gedicht, jetzt allerdings als zentrales Symbol, die Mohnblumen auf den Feldern: Als Remembrance Poppy wurde die Mohnblüte seither in der englischsprachigen Welt zu einem Symbol der Gefallenen der Weltkriege.

Ob danach die Gedanken frei sind, wie es in Gustav Mahlers Lied des Verfolgten im Turm heißt? Das Gedicht, das Mahler vertonte, ist dialogisch bis zur Widersprüchlichkeit – die Rollen scheinen klar verteilt: Hier der Gefangene im Turm, der von der Freiheit der Gedanken singt, dort sein geliebtes Mädchen, das die Wonnen der Natur in Erinnerung ruft und wohl selbst nur in der Erinnerung des Gefangenen auftaucht. Am Ende entsagt er seiner Liebe, um damit die Freiheit seiner Gedanken –aber zugleich seine Gefangenschaft im Turm – zu bestätigen.

Gesangstexte

Gustav Mahler

Frühlingsmorgen

Text: Richard von Volkmann // 1830–1889

Es klopft an das Fenster der Lindenbaum.

Mit Zweigen blütenbehangen:

Steh auf! Steh auf!

Was liegst du im Traum?

Die Sonn’ ist aufgegangen!

Steh auf! Steh auf!

Die Lerche ist wach, die Büsche weh’n!

Die Bienen summen und Käfer!

Steh auf! Steh auf!

Und dein munteres Lieb’ hab ich auch schon geseh’n.

Steh auf, Langschläfer!

Langschläfer, steh auf!

Steh auf! Steh auf!

Anton Bruckner

Im April

Text: Emanuel Geibel // 1815–1884

Du feuchter Frühlingsabend, Wie hab’ ich dich so gern!

Der Himmel wolkenbehangen,

Nur hie und da ein Stern.

Wie leiser Himmelsodem

Hauchet so lau die Luft, Es steigt aus allen Tälern

Ein warmer Veilchenduft.

Ich möchte ein Lied ersinnen, Das diesem Abend gleich, Und kann den Klang nicht finden, So dunkel, mild und weich.

Mein Herz und deine Stimme

Text: August von Platen // 1796–1835

Lass tief in dir mich lesen, Verhehl’ mir dies auch nicht, Was für ein Zauberwesen Aus deiner Stimme spricht!

So viele Worte dringen

An’s Ohr uns ohne Plan, Und während sie verklingen, Ist alles abgetan.

Johannes Brahms Feldeinsamkeit

Text: Hermann Allmers // 1821–1902

Ich ruhe still im hohen grünen Gras

Doch drängt sich nur von ferne Dein Ton zu mir sich her, Behorch’ ich ihn so gerne, Vergess’ ich ihn so schwer.

Ich bebe dann, entglimme

Von allzu rascher Glut: Mein Herz und deine Stimme Versteh’n sich allzu gut!

Und sende lange meinen Blick nach oben, Von Grillen rings umschwirrt ohn’ Unterlass, Von Himmelsbläue wundersam umwoben.

Die schönen weißen Wolken zieh’n dahin

Durch’s tiefe Blau, wie schöne stille Träume, Mir ist, als ob ich längst gestorben bin, Und ziehe selig mit durch ew’ge Räume.

Charles Ives

»Ich grolle nicht«

Text: Heinrich Heine // 1797–1856

Ich grolle nicht, und wenn das Herz auch bricht, Ewig verlor’nes Lieb! Ich grolle nicht. Wie du auch strahlst in Diamantenpracht, Es fällt kein Strahl in deines Herzens Nacht.

Das weiß ich längst. Ich sah dich ja im Traume, Und sah die Nacht in deines Herzens Raume, Und sah die Schlang’, die dir am Herzen frisst, Ich sah, mein Lieb, wie sehr du elend bist.

Ich grolle nicht.

»Du bist wie eine Blume«

Text: Heinrich Heine

Du bist wie eine Blume

So hold und schön und rein, Ich schau’ dich an und Wehmut Schleicht mir ins Herz hinein.

Feldeinsamkeit

Text: Hermann Allmers

Mir ist, als ob ich die Hände Auf’s Haupt dir legen sollt’, Betend, Gott dich erhalte So rein und schön und hold.

Ich ruhe still im hohen grünen Gras Und sende lange meinen Blick nach oben, Von Grillen rings umschwirrt ohn’ Unterlass, Von Himmelsbläue wundersam umwoben.

Die schönen weißen Wolken zieh’n dahin

Durch’s tiefe Blau, wie schöne stille Träume, Mir ist, als ob ich längst gestorben bin, Und ziehe selig mit durch ew’ge Räume.

Zigeunermelodien

Texte: Adolf Heyduk // 1835–1923

Nr. 1 »Mein Lied ertönt«

Mein Lied ertönt, ein Liebespsalm, Beginnt der Tag zu sinken, Und wenn das Moos, der welke Halm Tauperlen heimlich trinken.

Mein Lied ertönt voll Wanderlust, Wenn wir die Welt durchwallen, Nur auf der Puszta weitem Plan Kann froh mein Sang erschallen.

Mein Lied ertönt voll Liebe auch, Wenn Heidestürme toben; Wenn sich befreit zum letzten Hauch Des Bruders Brust gehoben!

Nr. 2 »Ei! Ei, wie mein Triangel wunderherrlich läutet!« Ei! Ei, wie mein Triangel wunderherrlich läutet!

Wie Zigeunerlieder, wenn zum Tod man schreitet! Wenn Triangelklänge mich zum Tod begleiten, Ist’s mit Tanz und Liedern aus für alle Zeiten! Lieder, Reigen, Liebe aus für alle Zeiten.

Nr. 3 »Rings ist der Wald so stumm und still« Rings ist der Wald so stumm und still, Das Herz schlägt mir so bange; Der schwarze Rauch sinkt tiefer stets, Die Träne trocknend meiner Wange.

Doch meine Träne trockne nicht, Sollst anders wohin wehen!

Wer auch im Schmerz noch singen kann, Der lebt, nicht wird sein Lied vergehen!

Nr. 4 »Als die alte Mutter«

Als die alte Mutter mich noch lehrte singen, Sonderbar, dass Tränen ihr am Auge hingen.

Jetzt die braunen Wangen netzen mir die Zähren, Wenn ich will die Kinder Sang und Spielen lehren!

Nr. 5 »Reingestimmt die Saiten!«

Reingestimmt die Saiten!

Bursche tanz’ im Kreise!

Heute froh, überfroh noch heute, Morgen trüb’ nach alter Weise!

Nächsten Tag am Nilstrand,

Der den Vätern heilig,

Reingestimmt, reingestimmt die Saiten, In den Tanz, in den Tanz spring eilig!

Nr. 6 »In dem weiten, breiten, luft’gen Leinenkleide«

In dem weiten, breiten, luft’gen Leinenkleide Freier der Zigeuner als in Gold und Seide!

Ja! Der gold’ne Dolman schnürt die Brust zu enge, Hemmt des freien Liedes wanderfrohe Klänge.

Wer beim Schwung der Lieder wahre Lust empfindet, Wünscht, dass alles Gold jetzt aus der Welt verschwindet!

Nr. 7 »Darf des Falken Schwinge Tatrahöh’n umrauschen«

Darf des Falken Schwinge Tatrahöh’n umrauschen, Wird das Felsennest nicht er mit dem Käfig tauschen. Kann das wilde Fohlen jagen durch die Heide, Wird’s an Zaum und Zügel finden keine Freude. Hat Natur Zigeuner etwas dir gegeben, Ja zur Freiheit schuf sie mir das ganze Leben

Arnold Schönberg

Wie Georg von Frundsberg von sich selber sang

Text: aus der Sammlung Des Knaben Wunderhorn

Mein Fleiß und Müh hab’ ich nie gespart

Und allzeit gewahrt dem Herren mein; Zum Besten sein schickt ich mich drein, Gnad, Gunst verhofft, doch’s Gemüt zu Hof Verkehrt sich oft.

Wer sich zukauft, der lauft weit vor

Und kömmt empor, doch wer lang Zeit

Nach Ehren streit, muss dannen weit, Das sehr mich kränkt, mein treuer Dienst Bleibt unerkennt.

Kein Dank noch Lohn davon ich bring, Man wiegt g’ring und hat mein gar

Vergessen zwar, groß Not, Gefahr

Ich bestanden, han, was Freude soll Ich haben dran?

Alexander von Zemlinsky

Mit

Trommeln und Pfeifen

Text: Detlev von Liliencron // 1844–1909

Mit Trommeln und Pfeifen bin ich oft marschiert, Neben Trommeln und Pfeifen hab’ ich oft präsentiert, Vor Trommeln und Pfeifen bin ich oft avanciert

In den Feind, hurra!

Die Trommeln und Pfeifen, die hör’ ich nicht mehr, Und Trommeln und Pfeifen, rückten sie her, Hinter Trommeln und Pfeifen hinkte zu schwer

Mein Stelzfuß, o weh!

Wenn Trommeln und Pfeifen mir kämen in Sicht, Gegen Trommeln und Pfeifen mein Ohr hielt’ ich dicht, Die Trommeln und Pfeifen ertrüg’ ich nicht, Mir bräche das Herz.

Und Trommeln und Pfeifen, das war mein Klang, Und Trommeln und Pfeifen, Soldatengesang, Ihr Trommeln und Pfeifen, mein Leben lang Hoch Kaiser und Heer!

Gustav Mahler

Revelge

Text: aus der Sammlung Des Knaben Wunderhorn

Des Morgens zwischen drei’n und vieren, Da müssen wir Soldaten marschieren Das Gässlein auf und ab; Trallali, trallalei, trallalera, Mein Schätzel sieht herab.

Ach, Bruder, jetzt bin ich geschossen, Die Kugel hat mich schwer getroffen, Trag mich in mein Quartier, Trallali, trallalei, trallalera, Es ist nicht weit von hier.

Ach, Bruder, ich kann dich nicht tragen, Die Feinde haben uns geschlagen, Helf’ dir der liebe Gott; Trallali, trallalei, trallalera, Ich muss marschieren bis in Tod.

Ach, Brüder! ihr geht ja mir vorüber, Als wär’s mit mir vorbei, Trallali, trallalei, trallalera, Ihr tretet mir zu nah!

Ich muss wohl meine Trommel rühren,

Trallali, trallalei, trallali, trallalei, Sonst werd’ ich mich verlieren, Trallali, trallalei, trallalera,

Die Brüder dick gesät, Sie liegen wie gemäht.

Er schlägt die Trommel auf und nieder, Er wecket seine stillen Brüder, Trallali, trallalei, trallali, trallalei, Sie schlagen und sie schlagen ihren Feind, Trallali, trallalei, trallalerallala, Ein Schrecken schlägt den Feind!

Er schlägt die Trommel auf und nieder, Da sind sie vor dem Nachtquartier schon wieder,

Trallali, trallalei, trallali, trallalei, In’s Gässlein hell hinaus!

Sie zieh’n vor Schätzleins Haus.

Trallali, trallalei, trallalera!

Alexander von Zemlinsky Tod in Ähren

Text: Detlev von Liliencron

Im Weizenfeld, im Korn und Mohn, Liegt ein Soldat, unaufgefunden, Zwei Tage schon, zwei Nächte schon, Mit schweren Wunden, unverbunden.

Durstüberquält und fieberwild, Im Todeskampf

Sein brechend Auge schlägt nach oben

Ein letzter Traum, ein letztes Bild,

Sein brechend Auge schlägt nach oben.

Richard Strauss

Ruhe, meine Seele

Text: Karl Henckell // 1864–1929

Nicht ein Lüftchen, Regt sich leise, Sanft entschlummert

Ruht der Hain; Durch der Blätter Dunkle Hülle

Stiehlt sich lichter

Sonnenschein.

Des Morgens stehen da die Gebeine In Reih’ und Glied sie steh’n wie Leichensteine, Die Trommel steht voran, Dass sie ihn sehen kann.

Trallali, trallalei, trallalera, Dass sie ihn sehen kann.

Die Sense rauscht im Ährenfeld, Er sieht sein Dorf in Arbeitsfrieden, »Ade, ade, du Heimatwelt« –Und beugt das Haupt und ist verschieden.

Ruhe, ruhe, Meine Seele, Deine Stürme Gingen wild, Hast getobt und Hast gezittert, Wie die Brandung, Wenn sie schwillt!

Diese Zeiten Sind gewaltig, Bringen Herz und Hirn in Not –Ruhe, ruhe, Meine Seele, Und vergiss, Was dich bedroht!

Paul Hindemith

»O, nun heb du an, dort in deinem Moor«

Text: Walt Whitman // 1819–1892

O, nun heb du an, dort in deinem Moor, Lieber scheuer Sänger! Ich höre dein Lied, ich vernehme deinen Ruf! Ich höre; ich bin da; ich verstehe dich.

Einen Augenblick nur säumte ich. Weil der glänzende Stern mich zurückhielt; Der Stern, mein scheidender Gefährte machte mich säumen.

Charles Ives

Tom Sails Away

Text: Charles Ives // 1874–1954

Übersetzung: Andreas Meier

Scenes from my childhood are with me, I’m in the lot behind our house upon the hill, a spring day’s sun is setting, mother with Tom in her arms is coming towards the garden; the lettuce rows are showing green.

Thinner grows the smoke o’er the town, stronger comes the breeze from the ridge, ’tis after six, the whistles have blown, the milk train’s gone down the valley. Daddy is coming up the hill from the mill, we run down the lane to meet him, but today!

In freedom’s cause Tom sailed away for over there, over there!

Scenes from my childhood are floating before my eyes.

Szenen meiner Kindheit begleiten mich: Ich hinter uns’rem Haus auf dem Hügel, die Sonne eines Frühlingstages sinkt herab, Mutter mit Tom in den Armen geht auf den Garten zu; die Salatreihen zeigen ihr Grün.

Dünner wird der Rauch über der Stadt, stärker weht die Brise von den Hügeln, es ist nach sechs, die Pfeife ist verklungen, der Milchzug in’s Tal hinabgefahren. Papa kommt den Berg herauf aus der Fabrik, wir rennen die Straße zu ihm hinunter, doch heute!

Für die Freiheit ist Tom fortgesegelt, hinüber, hinüber!

Szenen meiner Kindheit schweben vor meinen Augen.

In Flanders Fields

Text: John McCrae // 1872–1918

Übersetzung: Anonymus

In Flanders fields the poppies blow; Between the crosses, row on row

That mark our place; and in the sky

The larks still bravely singing fly, Scarce heard amidst the guns below.

We are the dead. Short days ago We lived, felt dawn, saw sunset glow, Loved and were loved, and now we lie In Flanders fields.

Take up our quarrel with the foe:

To you from falling hands we throw, The torch; be yours to hold it high, If ye break faith with us who die

We shall not sleep, though the poppies grow In Flanders fields.

Auf Flanderns Feldern blüht der Mohn, Zwischen den Kreuzen, Reihe um Reihe, Die unseren Platz markieren; und am Himmel Fliegen die Lerchen noch immer tapfer singend, Unten zwischen den Kanonen kaum gehört.

Wir sind die Toten. Vor wenigen Tagen noch Lebten wir, fühlten den Morgen und sahen den leuchten den Sonnenuntergang, Liebten und wurden geliebt, und nun liegen wir Auf Flanderns Feldern.

Nehmt auf unseren Streit mit dem Feind: Aus sinkender Hand werfen wir Euch Die Fackel zu, die Eure sei, sie hoch zu halten.

Brecht Ihr den Bund mit uns, die wir sterben, So werden wir nicht schlafen, obgleich Mohn wächst

Auf Flanderns Feldern

Gustav Mahler

Lied des Verfolgten im Turm

Text: aus der Sammlung Des Knaben Wunderhorn

DER GEFANGENE

Die Gedanken sind frei, Wer kann sie erraten; Sie rauschen vorbei

Wie nächtliche Schatten,

Kein Mensch kann sie wissen, Kein Jäger sie schießen, Es bleibet dabei:

Die Gedanken sind frei.

DAS MÄDCHEN

Im Sommer ist gut lustig sein, Auf hohen, wilden Haiden.

Dort findet man grün Plätzelein, Mein Herz verliebtes Schätzelein, Von dir mag ich nicht scheiden!

DER GEFANGENE

Und sperrt man mich ein

In finstere Kerker, Dies alles sind nur Vergebliche Werke; Denn meine Gedanken Zerreißen die Schranken

Und Mauern entzwei, Die Gedanken sind frei!

DAS MÄDCHEN

Im Sommer ist gut lustig sein, Auf hohen, wilden Bergen; Man ist da ewig ganz allein, Auf hohen, wilden Bergen; Man hört da gar kein Kindergeschrei, Die Luft mag einem da werden.

DER GEFANGENE

So sei’s wie es will, Und wenn es sich schicket, Nur alles sei in der Stille, Mein Wunsch und Begehren, Niemand kann’s wehren; Es bleibt dabei, Die Gedanken sind frei.

DAS MÄDCHEN

Mein Schatz, du singst so fröhlich hier, Wie’s Vögelein im Grase; Ich steh so traurig bei Kerkertür, Wär ich doch tot, wär ich bei dir, Ach muss ich immer denn klagen?

DER GEFANGENE

Und weil du so klagst, Der Lieb ich entsage, Und ist es gewagt, So kann mich nichts plagen, So kann ich im Herzen Stets lachen und scherzen. Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei!

Thomas Hampson

Bariton

Der amerikanische Bariton Thomas Hampson zählt zweifelsohne zu den innovativsten und facettenreichsten Musikern unserer Zeit. Sein Opernrepertoire umfasst mehr als 80 Rollen und seine Diskografie enthält über 170 Einspielungen, die mehrfach nominiert und mit dem GRAMMY Award, dem Edison Award und dem Grand Prix du Disque ausgezeichnet wurden.

In der Saison 2024/25 wird er bei konzertanten Aufführungen von Mozarts Così fan tutte mit dem Orchestre symphonique de Montréal sowohl Regie führen als auch die Rolle des Don Alfonso übernehmen, Gastspiele beim Vancouver Symphony Orchestra und der Taiwan Philharmonic mit Mahlers Des Knaben Wunderhorn geben, im Kennedy Center die Hauptrolle in Barbers Vanessa singen und sich in einem Sonderkonzert mit Renée Fleming und Denyce Graves amerikanischen Werken widmen. Darüber hinaus ist Thomas Hampson mit der Philharmonie Baden-Baden für ihr Neujahrskonzert, mit dem MDR-Sinfonieorchester, dem Turku Philharmonic Orchestra und dem Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi zu erleben. Gemeinsam mit der Akkordeonistin Ksenija Sidorova tritt Thomas Hampson mit Schuberts Winterreise in der Bearbeitung für Bariton und Akkordeon auf Schloss Elmau, in der Tonhalle Zürich, im Concertgebouw Amsterdam und im Beethoven-Haus Bonn auf.

Thomas Hampson ist Honorarprofessor an der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg und Ehrenmitglied der Royal Academy of Music in London. Er trägt den Titel Kammersänger der Wiener Staatsoper und wurde in Frankreich zum Commandeur de l’Ordre des Arts et des Lettres ernannt. Er ist künstlerischer Leiter der Liedakademie Heidelberg und Gründer der international tätigen Hampsong Foundation, mit der er die Kunst des Liedes zur Förderung des interkulturellen Dialogs und der Verständigung einsetzt. 2017 erhielten Thomas Hampson und Wolfram Rieger die Hugo-Wolf-Medaille der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie.

Wolfram Rieger

Klavier

Der aus Waldsassen (Bayern) stammende Pianist Wolfram Rieger erhielt seinen ersten Klavierunterricht bei Konrad Pfeiffer in Regensburg und studierte später an der Hochschule für Musik und Theater München bei Erik Werba und Helmut Deutsch. Meisterklassen mit Elisabeth Schwarzkopf, Hans Hotter und Dietrich Fischer-Dieskau sorgten für weitere wichtige Impulse.

Wolfram Rieger ist beziehungsweise war langjähriger Klavierpartner von Brigitte Fassbaender, Juliane Banse, Barbara Bonney, Christiane Karg, Annette Dasch, Anja Harteros, Thomas Hampson, Olaf Bär, Peter Schreier und Thomas Quasthoff sowie Kammermusikpartner des Cherubini Quartetts, des Petersen Quar tetts und des Vogler Quartetts. Seit vielen Jahren ist er regelmäßig zu Gast in den großen Konzertsälen und bei wichtigen internationalen Musikfestivals. Seine umfangreiche Konzerttätigkeit führte ihn durch ganz Europa, Nord- und Südamerika sowie in den Nahen und Fernen Osten.

An der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin hat Wolfram Rieger eine Professur für Lied inne. Darüber hinaus ist er ein gesuchter Gastlehrer und gibt regelmäßig Interpretationskurse in Europa, Nordamerika und Japan. Mittlerweile sind unter seinen ehemaligen Schüler:innen nicht nur viele erfolgreiche Liedpianist:innen, sondern auch einige ihrerseits erfolgreiche Professor:innen.

Seine zahlreichen CD-Aufnahmen bei verschiedenen Labels erhielten vielfach Preise der Schallplattenkritik. Besonders ehrenvolle Auszeichnungen wurden Wolfram Rieger mit der Ehrenmedaille der Franz-Schubert-Gesellschaft von Barcelona sowie – gemeinsam mit Thomas Hampson –mit der Hugo-Wolf-Medaille der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie für Gesang, Dichtung, Liedkunst in Stuttgart zuteil.

Franz Schubert und das Lied

Drei Liederabende in der Saison 24–25

Karten und Infos: +43 (0) 732 77 52 30

kassa@liva.linz.at

So, 15. Dez 2024, 18:00

Mittlerer Saal

Michael Schade, André Ferreira & Christoph Hammer

Winterreise

Mo, 13. Jän 2025, 19:30

Großer Saal

Florian Boesch & Musicbanda Franui

Die schöne Müllerin

Mi, 28. Mai 2025, 19:30

Mittlerer Saal

Sandrine Piau & David Kadouch

Schwanengesang

Franz Schubert © H. Karimi

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Preisgünstig

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Weitere Informationen: brucknerhaus.at/abos

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Impressum

Herausgeberin

Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH, Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4010 Linz

René Esterbauer, BA MBA, Kaufmännischer Geschäftsführer

Redaktion

Andreas Meier

Biografien & Lektorat

Romana Gillesberger

Gestaltung

Anett Lysann Kraml, Lukas Eckerstorfer

Leiter Programmplanung, Dramaturgie und szenische Projekte Mag. Jan David Schmitz

Abbildungen

M. Abrossimow (S. 2), gemeinfrei (S. 6, 10 [l.], 12 & 14), OÖ. Landes­Kultur GmbH (S. 7), Brahms­Institut an der Musikhochschule Lübeck (S. 8), Irving S. Gilmore Music Library, Yale University (S. 9), Alban Berg Stiftung, Wien (S. 10 [r.]), privat (S. 13), Marshall Light Studio (S. 29), D. Pasche (S. 31)

Programm­, Termin­ und Besetzungsänderungen vorbehalten

LIVA – Ein Mitglied der Unternehmensgruppe Stadt Linz

Wir danken für Ihren Besuch und wünschen Ihnen ein schönes Konzert!

Mit unserer eigenen Hammerkopfproduktion entfesseln wir das volle tonliche Spektrum unserer Flügel und Klaviere –eine Kunst, die Leidenschaft, Erfahrung und Disziplin erfordert. www.bechstein-linz.de

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