17. September 2024, 19:30 Uhr
Großer Saal
17. September 2024, 19:30 Uhr
Großer Saal
Karten und Infos:
+43 (0) 732 77 52 30 brucknerhaus.at
So, 20. Okt 2024, 18:00
Großer Saal
Klaus Maria Brandauer liest Éric Vuillard
In seinem Roman Die Tagesordnung blickt Éric Vuillard in die Hinterzimmer der europäischen Machthaber vor der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs; gelesen von Kammerschauspieler Klaus Maria Brandauer, an der Orgel spielt Magdalena Hasibeder.
Di, 5. Nov 2024, 19:30
Großer Saal
Hrůša, Trifonov & Bamberger Symphoniker
Der Ausnahmepianist Daniil Trivonov gibt sein langersehntes Debüt in Linz und präsentiert mit Jakub Hrůša und den Bamberger Symphonikern Dvořáks Klavierkonzert.
Sa, 16. Nov 2024, 19:30
Mittlerer Saal
Yulianna Avdeeva
Die russische Pianistin kehrt ans Brucknerhaus Linz zurück und widmet sich in ihrem Recital den beiden großen Virtuosen des 19. Jahrhunderts, Frédéric Chopin und Franz Liszt.
Das Programm auf einen Blick
Die Zeitgenossen Anton Bruckner und César Franck waren begnadete Organisten, geschätzte Pädagogen –und als Komponisten die meiste Zeit ihres Lebens nicht gerade von Publikumserfolg verwöhnt. An die Komposition seiner 1. Sinfonie wagte sich Franck erst 1886, nur wenige Jahre vor seinem Tod. Die eigenwillige Klang und Formsprache des Werks polarisierte bei der Uraufführung, machte es aber im 20. Jahrhundert zu einem Publikumsliebling.
Dem späten Erstlingswerk steht im Konzert Anton Bruckners 6. Sinfonie gegenüber – eine der wenigen Sinfonien, die er nachträglich nicht zahlreichen Revisionen unterzogen hat. Offenbar behielten die konzise Formsprache und die thematische Konzentration des Werks für Bruckner Gültigkeit oder wie er angeblich einmal selbst gereimt haben soll: »Mei’ Sechste is mei’ – keckste.«
Les Musiciens du Louvre
Marc Minkowski | Dirigent
César Franck 1822–1890
Sinfonie dMoll FWV 48 // 1886–88
I Lento
II Allegretto
III Allegro non troppo
// Pause //
Anton Bruckner 1824–1896
Sinfonie Nr. 6 A-Dur WAB 106 // 1879–81
I Majestoso
II Adagio. Sehr feierlich
III Scherzo. Nicht schnell – Trio. Langsam
IV Finale. Bewegt, doch nicht zu schnell
Konzertende ca. 21:15 Uhr
César Franck // Sinfonie d-Moll
Zwischen César Franck und Anton Bruckner gibt es mehr biografische Parallelen als vielleicht zunächst gedacht: Beide waren profilierte Kirchenmusiker und viele Jahre ihres Lebens als Organisten tätig. Beide prägten als Pädagogen eine Generation angehender Komponist:innen und beide erfuhren als Komponisten erst in ihren Sechzigern die Anerkennung, nach der sie sich ihr Leben lang gesehnt hatten. Franck hatte in dieser Hinsicht sogar noch größeres Pech als Bruckner: Sein internationaler Durchbruch geschah erst posthum im 20. Jahrhundert; der 1890 verstorbene Komponist erlebte ihn selbst nicht mehr. Seine erste und einzige Sinfonie gilt dabei heute als eine seiner wichtigsten Kompositionen. Der 1822 in Lüttich (damals noch Teil der Niederlande) geborene Franck wurde französisch erzogen und begann bereits im jungen Alter eine musikalische Ausbildung am just gegründeten Lütticher Konservatorium. Schon in dieser Zeit entstanden erste Kompositionen. Francks Vater, ursprünglich Angestellter einer Bank, förderte früh das Talent seiner beiden Söhne César und Joseph mit dem Plan, sie europaweit als musikalische Wunderkinder zu vermarkten. Ende Mai 1835 – César Franck war erst zwölf Jahre alt – übersiedelte die Familie deshalb nach Paris, um die beiden Kinder am dortigen Konservatorium weiter ausbilden zu lassen. Franck war zu diesem Zeitpunkt bereits ein versierter Pianist und wurde als Nachwuchstalent von Persönlichkeiten wie Franz Liszt unterstützt. Nichtsdestotrotz hängte er die geplante Virtuosenkarriere schlussendlich an den Nagel. Mit seinem sich als Impresario gerierenden Vater ging er im Streit auseinander und wandte sich daraufhin der Kirchenmusik und der Komposition zu. Nach einer ersten Anstellung als Organist an der Pariser Kirche NotreDamedeLorette wurde er schließlich Titularorganist der neu geweihten Kirche SainteClotilde – ein Amt, das er bis zu seinem Lebensende behielt. Seit den 1850erJahren bestritt Franck seinen Lebensunterhalt hauptsächlich als Lehrer, Klavierbegleiter und Kirchenmusiker. Der DeutschFranzösische Krieg 1871 stellte eine Zäsur für ihn dar: Bis dato
César Franck
Sinfonie d-Moll
César Franck, Fotografie um 1880
vor allem für seine Expertise als Organist geschätzt, bemühte er sich nach dem Krieg vermehrt um staatliche Unterstützung für sein kompositorisches Schaffen und hatte seinen allerersten größeren Erfolg mit der ›Églogue biblique‹ Ruth, deren Uraufführung in Paris er 1860 selbst
César Franck Sinfonie d-Moll
dirigierte. Die retrospektiv wichtigsten Werke Francks entstanden allerdings erst in den 1880erJahren – seinem letzten Lebensjahrzehnt. Beim ständigen Ringen um Anerkennung als Komponist erlebte er nichtsdestotrotz zahlreiche Rückschläge und Misserfolge. Zugleich musste Franck –ähnlich wie Bruckner – umso härter arbeiten, um komponieren zu können und gleichzeitig seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Viel Zeit für Erholung, Urlaub, Freundschaften oder die Beschäftigung mit anderen Künsten blieb dabei nicht. Es wundert daher kaum, dass Franck – zwei Jahre nach Fertigstellung seiner Sinfonie, an der er von 1886 bis 1888 gearbeitet hatte – völlig überanstrengt einer Rippenfellentzündung erlag.
Die Anerkennung und Wertschätzung, nach der er sein Leben lang strebte, erfuhr Francks Œuvre erst nach seinem Tod. Nach Ende des Ersten Weltkriegs entdeckten die Alliierten Franck als künstlerische Identifikationsfigur. In England, den USA und Frankreich brach daraufhin eine regelrechte ›Franckophilie‹ aus. Seine eigenwillige Klangsprache, die bei seinen Zeitgenoss:innen häufig auf Unverständnis und Ablehnung gestoßen war, fand beim Konzertpublikum in der Zwischenkriegszeit umso größere Resonanz. Vor allem in England entwickelte sich Francks Sinfonie zu einem regelrechten Publikumsliebling: In den 1920erJahren stand sie in nahezu jeder Saison des City of Birmingham Orchestra zumindest einmal auf dem Spielplan. Trotz seiner großen Beliebtheit polarisierte das Werk aber auch in dieser Zeit. Maurice Ravel schätzte an der Sinfonie ihre »kultivierte und heitere Melodik« und ihre »reichhaltige Harmonik«, monier te allerdings zugleich eine »verheerende Armut der Form«. Tatsächlich ist sie unkonventionell in nur drei Sätzen (statt üblicherweise vier Sätzen) angelegt. Franck blieb einerseits dem klassischen sinfonischen Aufbau verhaftet, kombinierte ihn jedoch zugleich mit originellen thematischen Einfällen und einer eigensinnigen, manchmal auch überbordenden Formgestaltung. Damit befand er sich offenbar zu Lebzeiten in einer Position zwischen den Stühlen: für die einen zu innovativ, für die anderen nicht innovativ genug. Im Gegensatz zu vielen seiner französischen Zeitgenoss:innen verstand Franck musikalische Form nicht als vorgefertigte Schablone, die mit Inhalt zu füllen ist. Vielmehr bedingen und beeinflussen sich in seiner Sinfonie Form und Inhalt gegenseitig – was auch dazu führt, dass seine thematischen Einfälle in manchen Passagen die sinfonische Form regelrecht zu sprengen scheinen. Aller Innovation zum Trotz
fühlte sich Franck zugleich der sinfonischen Tradition des 19. Jahrhunderts stark verpflichtet. Seine Sinfonie teilt sich nicht nur die charakteristische Grundtonart mit der 9. Sinfonie Beethovens, sondern auch die satzübergreifende Tonartenentwicklung von dMoll nach DDur stellt eine unmittelbare Parallele zum »per aspera ad astra« der Neunten dar. Francks Schüler Vincent d’Indy bezeichnete die Dramaturgie der Sinfonie seines Lehrers in diesem Sinne auch als »Aufstieg zu reiner Freude und belebendem Licht«.
»per aspera ad astra« »Durch Mühsal kommt man zu den Sternen« (Seneca); bezeichnet in der Musik einen dramaturgischen Bogen vom ›Dunklen‹ (hier: dMoll) ins ›Helle‹ (hier: DDur).
Sonatenhauptsatzform dreiteiliger Aufbau (Exposition –Durchführung –Reprise) eines ersten oder letzten Satzes einer Sonate, einer Sinfonie oder eines Solokonzerts
Für den ersten Satz sind zwei Themen zentral, die fast schon eine leitmotivische Wirkung entfalten. Die langsame Einleitung schält sich zu Beginn aus einem fragenden Motiv der tiefen Streicher heraus. Nach insgesamt 48 Takten wird der Anfang der Exposition Ton für Ton wiederholt – nun aber eine Kleinterz höher moduliert in der Tonart fMoll. Durch die Wiederholung der Exposition greift Franck einerseits auf ein Formmerkmal zurück, das für die klassische Sinfonik üblich ist, macht es sich aber zugleich durch die unkonventionelle Verwendung einer neuen Tonart zu eigen. Nach einer kurzen Überleitung ertönt zum ersten Mal das hymnische ›Glaubensmotiv‹, das für den Verlauf des ersten Satzes eine zentrale Rolle spielt und auch im Finale der Sinfonie nochmals auftaucht. Der langsame zweite Satz enthält als Hybridform zugleich auch das Scherzo der Sinfonie. Er beginnt mit PizzicatoKlängen in den Streichern und der Harfe, die eine Kantilene des Englischhorns begleiten, welche sich in den Hörnern, Holzbläsern und schließlich in den Streichern als ›unendliche Melodie‹ fortsetzt. Das folgende versteckte Scherzo erkennt man an Tremolo und Sechzehntelfigurationen in den Streichern, bevor das gesamte thematische Material aus den vorherigen Formteilen miteinander kombiniert und verschmolzen wird – langsamer Satz und Scherzo erklingen gleichsam simultan. Wie der erste Satz ist auch der letzte nach dem Prinzip der Sonatenhauptsatzform aufgebaut. Das triumphale Hauptthema in DDur erscheint dabei sowohl zu Beginn in der Exposition als auch in der Reprise. In der Durchführung entwickelt Francks freie thematische Arbeit ein Eigenleben, bevor die Sinfonie erneut im strahlenden DDur endet. In der Reprise wird dabei thematisches Material aus den vorherigen Sätzen wieder aufgegriffen und
César Franck Sinfonie d-Moll
Skizze des ersten Satzes der Sinfonie dMoll (Reinschrift für Klavier), 1887
so die zyklische Verbindung zwischen den beiden Rahmensätzen zementiert: »Wie versprengte Splitter auf einem Ruinenfeld liegen die thematischen Elemente verstreut, die erst durch den Rückgriff auf die Themen der vorangegangenen Sätze wieder gebündelt werden. Es ist, als würde sich die Musik wieder an sich selbst erinnern und damit ihren eigenen dynamischen Fluss wiederfinden« (Bernhard Rzehulka).
Paula Schlüter
Anton Bruckner // Sinfonie Nr. 6 A-Dur
Anton Bruckners zwischen 1879 und 1881 komponierte Sinfonie Nr. 6
ADur ist durch eine für den spätberufenen, dafür umso produktiveren
Sinfoniker ungewöhnliche, mehrjährige Schaffenspause von ihren Vorgängerinnen getrennt – nach der Uraufführung seiner Ersten im Jahr 1868 hat er seine nächsten fünf Sinfonien, inklusive der später als »ungiltig« verworfenen ›Annulierten‹, innerhalb von nur sechs Jahren vollendet. Nach Abschluss der monumentalen Fünften im Mai 1876 widmet er sich zunächst der kritischen Durchsicht und Umarbeitung seiner ersten vier nummerierten Sinfonien, wobei sein Augenmerk vor allem der Überprüfung des periodischen Taktgruppenbaus gilt. So korrigiert er seine
Partituren unter anderem nach dem Muster klassischer Werke wie Beethovens 9. Sinfonie oder Mozarts Requiem dMoll, deren formalen Aufbau er minutiös analysiert und in seinem Schreibkalender festhält. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass sich Merkmale der Straffung und Präzisierung besonders deutlich in seiner 6. Sinfonie wiederfinden: In seiner konzisen Formensprache gleicht das Werk, dessen Partitur Bruckner, wie einzig noch im Fall der folgenden 7. Sinfonie, keiner nachträglichen Revision unterzog, einem »Wunder an Kontrolliertheit und Konzentration« (HansJoachim Hinrichsen). Während die Treue, mit der Bruckner zur ›Erstfassung‹ der Siebten hält, allen voran im enormen Erfolg ihrer Uraufführung begründet ist, findet die unvollständige Uraufführung der 6. Sinfonie am 11. Februar 1883 durch die Wiener Philharmoniker, bei der lediglich das Adagio und das Scherzo gespielt werden, nur verhaltene Aufnahme. Zwar hebt die Zeitschrift Signale für die musikalische Welt »überraschende geniale Gedanken und glänzende Instrumentationen« hervor, konstatierte aber zugleich: »Bei Anhören dieser Musik fühlt man sich wie von schwerem Traum umfangen, vergebens suchend, den Knäuel von leuchtenden Bildern zu entwirren.« In der Tageszeitung Die Presse findet Ludwig Benedikt Hahn deutlich drastischere Wor te: »Beide [Sätze] schwelgen in Erinnerung an Richard Wagner, in dessen verschiedenen, vorzugsweise aber jüngeren Stylarten und wenden den ›symphonischen Styl‹ der Bayreuther ›Fest‹, ›Weihfest‹ und ›Bühnen
Sinfonie Nr. 6 A-Dur
Bruckner Sinfonie Nr. 6 A-Dur
weihFestspiele‹ leider nun auch auf die Symphonie selbst an. Im Ganzen hat der wilde Componist etwas an Zucht gewonnen, aber an Natur verloren.« Bruckner selbst jedoch scheint von der Gültigkeit seiner 6. Sinfonie überzeugt und soll den Erinnerungen des Musikschriftstellers Theodor Helm zufolge »in seiner naivösterreichischen Ausdrucksweise« einmal gar enthusiastisch gereimt haben: »Mei’ Sechste is mei’ – keckste.«
Phrygisch
Kirchentonart, die sich von der klassischen Mollskala durch die erniedrigte zweite Stufe unterscheidet
Wie schon im Fall der 5. Sinfonie hebt der Kopfsatz der Sechsten nicht mit dem für Bruckners Sinfonik mittlerweile üblichen Streichertremolo an, an dessen Stelle eine prägnante, triolisch galoppierende Figur der ersten und zweiten Violinen tritt. Unterhalb dieser auch thematisch wichtigen Begleitung formiert sich in den Violoncelli und Kontrabässen das Hauptthema, dessen grimmige Färbung durch die beiden chromatischen Melodietöne B und F hervorgerufen wird, die den archaisch anmutenden Klangraum der phrygischen Kirchentonart heraufbeschwören. Die Streicherkantilene der Gesangsperiode, wie Bruckner die lyrischen zweiten Themen seiner Sinfonien nennt, greift in ihrer Triolenbegleitung den Gestus des Hauptthemas auf und führt schließlich in das kurze, rhythmisch ebenfalls ›schwankenden‹ dritte Thema. Die anschließende Durchführung ist, wie das gesamte Werk, vom mehrdeutigen Wechselspiel klar konturierter Formgruppen und kleingliedrig sequenzierender Motive geprägt. Im Moment, in dem das musikalische Geschehen schließlich in immer kleinere Einzelteile zu zerfallen droht, erklingt unversehens das majestätische Hauptthema im weit von der Grundtonart entfernten EsDur, nur um sich 16 Takte später den Weg zurück nach ADur zu bahnen. Mit diesem Kunstgriff, das Thema in EsDur als scheinbaren Reprisenbeginn und gleichzeitigen Höhepunkt der Durchführung mit dem tatsächlichen Eintreten der Reprise in der Grundtonart zu verschränken, verschleiert Bruckner den Übergang zwischen beiden Formteilen, verschmilzt Durchführung und Reprise zur »Zweite[n] Abtheilung« (Bruckner) des Satzes und nähert sich so seinem Ideal einer zweiteiligen Satzform an. Der stark verkürzten Reprise folgt eine ausgedehnte Coda, in der Bruckner das Hauptthema in immer kleinere Elemente zerlegt und mittels medi
Anton Bruckner Sinfonie Nr.
6 A-Dur
Mediante
antischer Rückungen »wie in einem langsam gedrehten Kaleidoskop« (Hinrichsen) in immer neuen Farben leuchten lässt, ehe es zuletzt seinen düsteren Charakter ablegt und den Satz in strahlendem ADur beschließt. Auch im Hauptthema des »sehr feierlich« zu spielenden Adagios finden sich die harmonischen Merkmale des Kopfsatzes wieder. So wird der, wie es in der Spielanweisung heißt, »markig lang gezogen[e]« Gesang der Violinen von einer absteigenden phrygischen Tonleiter in den Violoncelli und Kontrabässen begleitet, über der sich nach vier Takten ein klagender Oboenruf – ebenfalls mit dem markanten phrygischen Halbton Ges – erhebt. Trotz der klar strukturierten Themenreihung gelingt es Bruckner, den hymnischen Gestus dieses Beginns mit den schwelgerischidyllischen Klängen des VioloncelloSolos der Gesangsperiode und dem trauermarschartigen dritten Thema dicht zu verweben und in der gleichsam variativen Durchführung zu einem klanggewaltigen Höhepunkt zu führen.
Klang, der mit einem anderen terzverwandt ist, das heißt, eine Terz (drei Tonschritte) entfernt von ihm liegt
Geradezu hektisch wirkt dagegen das Scherzo, das kürzeste in Bruckners sinfonischem Schaffen. Sein pochender Grundrhythmus, über dem atemlos irrlichternde Melodiefetzen im Reigen mit martialischen Blechbläserfanfaren zum grotesken Tanz bitten, hat nur wenig mit den herkömmlichen Vorstellungen einer wie auch immer gearteten Tanzmusik gemein.
Dem Wechselspiel von Leichtfüßigem und Schwergewichtigem steht im Trio eine von markanten Hornrufen und ›schrammelnden‹ Pizzicati durchzogene Pastoralszene entgegen, wobei Bruckner in den auf die Hornsignale antwortenden Holzbläsereinwürfen das Finalthema seiner 5. Sinfonie zitiert. Der Schlusssatz der Sechsten wiederum greift die phrygischen Elemente der ersten beiden Sätze auf und exponiert mit den zwei aufeinanderfolgenden Einsätzen des Hauptthemas dabei die Töne F und B, die schon dem Hauptthema des Kopfsatzes seine charakteristische Färbung verleihen. Während der Beginn in seiner schattenhaft vorbeihuschenden Melodik fast körperlos erscheint, manifestieren sich die anschließenden Blechbläserfanfaren in gravitätischen Dreiklangsbrechungen und legen dabei eine Besonderheit des Satzes offen: Im Gegensatz zur stringent auf eine dramatische Schlusssteigerung hinführenden 5. Sinfonie bleibt Bruckner hier im Ungefähren. Doch »die Gestaltarmut aller thematischen Gebilde dieses Finales […] hat Methode« (Hinrichsen): Mit kurz
Anton Bruckner Sinfonie Nr. 6 A-Dur
Beginn der Sinfonie Nr. 6 ADur in Bruckners Handschrift, 1881
atmigen Melodien, scheinbar willkürlichen Abbrüchen, Modulationen und Tempowechseln vermittelt Bruckner hier den Gestus des Suchens und Drängens. Dementsprechend offenbart sich auch das Ziel dieser kompositorischen ›Odyssee‹ nur nach und nach. Während sich die Musik am Ende der Reprise in ziellos modulierenden, zwischen Bläsern und Streichern wie zwischen Skylla und Charybdis hin und her schwankenden
Anton Bruckner Sinfonie Nr.
6 A-Dur
Wiederholungen verliert, erscheint in den Holzbläsern die galoppierende Begleitfigur des Sinfoniebeginns, als künde sie von der nahen Heimkehr in den lang ersehnten Hafen der Coda; eine Hoffnung, die sich wenige Takte später nach einer abrupten Generalpause auch erfüllt: Aus dreifachem Piano steigert sich der Schlussabschnitt zu den immer intensiver werdenden Dreiklangsbrechungen der ADurFanfaren, ehe zuletzt wieder das Hauptthema erklingt. Doch auch in dieser scheinbar affirmativen Geste behält Bruckner die Doppelbödigkeit seines Finalkonzeptes bei. Statt das Thema plakativ im Tutti des Orchesters jubilieren zu lassen, beschränkt er sich auf den im ›Schatten‹ der schmetternden Trompeten stehenden Posaunensatz und stellt der Monumentalität seiner 5. Sinfonie damit eine bewusst doppelbödige Dramaturgie entgegen.
Andreas Meier
Das 1982 von Marc Minkowski gegründete Orchester Les Musiciens du Louvre lässt das Repertoire des Barocks, der Klassik und der Romantik auf historischen Instrumenten wiederaufleben. In den vergangenen vierzig Jahren hat sich das Orchester einen Namen gemacht, indem es Werke von Händel, Purcell und Rameau, aber auch von Haydn und Mozart und in jüngster Zeit von Bach und Schubert neu interpretiert hat. Ebenso ist es für seine Interpretation der französischen Musik des 19. Jahrhunderts bekannt: Hector Berlioz, Georges Bizet, Jules Massenet und Jacques Offenbach. Nach einer prall gefüllten Saison 2023/24, die durch das Debüt mit Händels Alcina am Teatro alla Scala in Mailand geprägt war, wird das Orchester in der Saison 2024/25 anlässlich des 150. Todestages des Komponisten eine besondere Hommage an Georges Bizet spielen: mit Orchestersuiten und der Bühnenmusik aus L’Arlésienne sowie einer Auswahl
von Opernarien. Neben weiteren sinfonischen Projekten – Händels sämtliche Concerti grossi op. 3 sowie Mozarts Sinfonien Nr. 39, 40 und 41 –steht auch das Wiener Operettenrepertoire im Mittelpunkt: Les Musiciens du Louvre gehen gemeinsam mit einem außergewöhnlichen Sänger:innenensemble mit Johann Strauss’ Die Fledermaus auf eine Tournee durch Deutschland und Spanien.
Nach mehreren Alben, die Mozart (Große Messe in cMoll, Mitridate) und Rameau (Nouvelle Symphonie bei den Château de Versailles Spectacles 2022) gewidmet waren, nahmen Les Musiciens du Louvre zuletzt Händels Alcina auf. Die CD erschien im Februar 2024 beim Label Pentatone und stieß auf große Resonanz.
Les Musiciens du Louvre werden vom französischen Kulturministerium sowie von Unternehmen und Privatpersonen unterstützt. Die Fondation Eurydice unterstützt die Bizet-Programme in der Saison 2024/25.
Dirigent
Marc Minkowski gilt als einer der bedeutendsten Dirigenten seiner Generation und hat die Musikwelt nachhaltig geprägt. Bereits im Alter von 19 Jahren gründete er das Ensemble Les Musiciens du Louvre, dessen künstlerischer Leiter er bis heute ist. Zunächst lag das Hauptaugenmerk des Ensembles auf der Wiederbelebung der Barockmusik. Nach und nach wurde das Repertoire um Werke französischer Komponisten, später auch um Werke Händels, Mozarts, Rossinis, Offenbachs, Bizets und Wagners erweitert.
Als gefragter Gastdirigent ist Marc Minkowski regelmäßig an renommierten Opernhäusern und Konzertsälen weltweit zu Gast, darunter die Berliner Staatsoper Unter den Linden, die Wiener Staatsoper, das Royal Opera House Covent Garden, das Teatro alla Scala in Mailand, das Opernhaus Zürich, die Opéra national und das Théâtre des ChampsElysées in Paris, das Festival d’AixenProvence und die Salzburger Festspiele. Seine Zusammenarbeit mit Orchestern wie den Wiener Philharmonikern unterstreicht seine internationale Bedeutung. In jüngster Zeit hat er eine Neuproduktion von Verdis Don Carlos in Genf dirigiert, halbszenische Aufführungen von Offenbachs Orphée aux enfers in der Elbphilharmonie in Hamburg sowie Mozarts Mitridate re di ponto, Le nozze di figaro und Don Giovanni an der Staatsoper unter den Linden geleitet. In der kommenden Spielzeit steht eine szenische Produktion von Haydns Die Schöpfung an der Oper Köln auf seinem Programm. Mit Les Musiciens du Louvre geht er auf Europatournee mit Johann Strauss’ Die Fledermaus und gibt Konzerte anlässlich des 150. Todestages von Georges Bizet.
Neben seiner künstlerischen Tätigkeit engagiert sich Marc Minkowski als Förderer der klassischen Musik. Er gründete das Festival Ré Majeure und hatte leitende Positionen an renommierten Opernhäusern und Festivals inne – beispielsweise war er von 2013 bis 2017 künstlerischer Leiter der Mozartwoche in Salzburg.
Genießen Sie auch in der Saison 24–25 alle Vorteile eines Abonnements!
Sparen Sie circa 20 % gegenüber dem Einzelkartenpreis und profitieren Sie von weiteren Ermäßigungen für Veranstaltungen der LIVA!
Tauschen Sie bis zu drei Einzeltermine gegen andere Eigenveranstaltungen im Brucknerhaus Linz!
Weitere Informationen: brucknerhaus.at/abos
Mit einem Abo hören Sie mehr!
Impressum
Herausgeberin
Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH, Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4010 Linz
René Esterbauer, BA MBA, Kaufmännischer Geschäftsführer
Leiter Programmplanung, Dramaturgie und szenische Projekte
Mag. Jan David Schmitz
Redaktion
Paula Schlüter, MA
Biografien & Lektorat
Romana Gillesberger
Gestaltung
Anett Lysann Kraml
Abbildungen
M. Abrossimow (S. 2), The New York Public Library (S. 6), gemeinfrei (S. 9), Österreichische Nationalbibliothek, Wien (S. 11 & 14–15), Les Musiciens du Louvre (S. 16–17), F. Ferville/Agence Vu (S. 19)
Programm, Termin und Besetzungsänderungen vorbehalten
LIVA – Ein Mitglied der Unternehmensgruppe Stadt Linz
Wir danken für Ihren Besuch und wünschen Ihnen ein schönes Konzert!
Mit unserer eigenen Hammerkopfproduktion entfesseln wir das volle tonliche Spektrum unserer Flügel und Klaviere –eine Kunst, die Leidenschaft, Erfahrung und Disziplin erfordert. www.bechstein-linz.de
Dirigierassistenz
Anthony Fournier
Erste Violine
Stéphane Rougier
Cora Stiehler Chiose
Bérénice Lavigne
Sarah Harrigan*
Geneviève StaleyBois
Oleksandra Khmara*
Heide Sibley
Susanna Aigner
Silvia Schweinberger
Madalena Rollo*
Zweite Violine
Pablo Gutiérrez Ruiz
Martin Lissola
Alexandrine
Caravassilis
Joanna Crosetto*
Laurent Lagresle
Estelle Hardy*
Veronika Spalt
Campbell
Nelli Alföldi*
Viola
David Glidden
Herbert Lindsberger
Joël Oechslin
Peter Aigner
Dorian Cottenceau*
Abraham Constantino
Noguera*
Violoncello
Gauthier Broutin
Peter Trefflinger
Elisa Joglar
Jorge Gresa*
Pierre Charles
Matyas Virag*
Kontrabass
Christian Staude
Lucca Alcock*
Clotilde Guyon
Audrey Lucas*
Thibault Back de Surany
Harfe
Tina Zerdin
Flöte
Annie Laflamme
Gudrun Knop
Oboe
Anne Chamussy
Agnes Glassner
Maria Jesus
Moreno Ciudad*
Englischhorn
Agnes Glassner
Klarinette
Isaac Rodriguez
Magda Peralta*
Benjamin Duthoit
Fagott
David Douçot
Mary Chalk
Horn
Félix Polet
Hermann Ebner
Michael Söllner
Hélène Telliez*
Trompete
Emmanuel Mure
Philippe Genestier
Jorge Altmannsdorfer
Franz Landlinger
Posaune
Yvelise Girard
Bernhard Ortner
Abel François*
Tuba
HansGeorg Gutternigg
Pauke
David Dewaste
* Members of the Academy of Les Musiciens du Louvre, in partnership with JOA – Jeune Orchestre de l’Abbaye aux Dames de Saintes