28. September 2024, 19:30 Uhr
Großer Saal
28. September 2024, 19:30 Uhr
Großer Saal
Das Programm auf einen Blick
Übung macht den Meister! Das war auch Komponisten wie Felix Mendelssohn Bartholdy, Ludwig van Beethoven und Anton Bruckner allzu gut bewusst. Ein Blick in die Früh und Studienwerke der eben genannten Komponisten lohnt sich schon deshalb, weil sich in ihnen häufig in gewissen Präferenzen und Eigenarten bereits eine kompositorische ›Stimme‹ offenbart, die uns aus späteren Werken vertraut ist. Außerdem bietet sich so zugleich die Gelegenheit, bisher unbekannte klangliche Facetten eines Komponisten zu entdecken.
In seiner achten ›Streichersinfonie‹ besinnt sich Mendelssohn auf die Wurzeln der Gattung der Sinfonie, während er mit Klangfarben und texturen experimentiert. Beethoven war in seinem zweiten Klavierkonzert wohl vor allem daran gelegen, sich selbst als Virtuosen am Klavier zu inszenieren. Bruckners ›Studiensinfonie‹, als Gesellenstück klar der Tradition der Wiener Klassik verhaftet, zeigt uns den Komponisten wiederum von einer ganz neuen Seite.
Kristian Bezuidenhout | Klavier
Concentus Musicus Wien
Stefan Gottfried | Dirigent
Felix Mendelssohn Bartholdy 1809–1847
Sinfonia VIII (›Streichersinfonie‹, in der Fassung mit Bläsern)
DDur MWV N 8 // 1822–23
I Adagio e Grave – Allegro
II Adagio
III Menuetto – Trio
IV Allegro molto
Ludwig van Beethoven 1770–1827
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 BDur op. 19 // 1786–92, rev. 1793, 1794–95, 1798, 1801
I Allegro con brio
II Adagio
III Rondo. Allegro molto
// Pause //
Anton Bruckner 1824–1896
Sinfonie (›Studiensinfonie‹) fMoll WAB 99 // 1863
I Allegro molto vivace
II Andante molto
III Scherzo. Schnell
IV Finale. Allegro
Konzertende ca. 21:30 Uhr
Brucknerhaus-Debüt
Brucknerhaus-Premiere
Felix Mendelssohn Bartholdy // Sinfonia VIII (›Streichersinfonie‹) D-Dur
Felix Mendelssohn Bartholdy komponierte seine insgesamt zwölf ›Streichersinfonien‹ im Alter von nur 13 Jahren. Geboren 1809 in eine wohlhabende jüdische Familie, besaß die umfassende und vielseitige Bildung von Felix und seinen Geschwistern einen hohen Stellenwert im Hause Mendelssohn. Zuerst unterrichteten ihn seine Eltern, dann besuchte Mendelssohn von 1816 bis 1818 die Lehr-, Pensions- und Erziehungsanstalt von Dr. Johann Christoph Messow und erhielt danach Privatunterricht in Mathematik, Geschichte, alten und neuen Sprachen, Musik, Zeichnen und sportlichen Aktivitäten wie Turnen, Schwimmen und Reiten. Ab 1819 nahm er außerdem Kompositionsunterricht beim Leiter der Berliner Sing-Akademie Carl Friedrich Zelter. Nach ersten Studien in Harmonielehre und Kontrapunkt übte sich Mendelssohn ab 1821 im Komponieren in verschiedenen Gattungstraditionen. Zelters Unterrichtsmethode basierte darauf, seinen Schüler:innen das Komponieren anhand einer Reihe historischer ›Fallstudien‹ mit steigenden Anforderungen näherzubringen, sodass sie im Laufe ihrer Unterrichtszeit alle relevanten Gattungen und ihre historischen Vorbilder kompositorisch erkunden konnten. Künstlerischer Einfallsreichtum und Kreativität waren nach Zelters Überzeugung weder lern- noch lehrbar, weshalb sich sein Unterricht vor allem auf die Vermittlung satztechnischer Modelle beschränkte. Auch bei Mendelssohns ersten Versuchen mit der Sinfonie war das pädagogische Ziel nicht die ›große Form‹ à la Beethoven, sondern vielmehr das Erproben ebenjener formalen und satztechnischen Modelle in der Übersichtlichkeit einer reinen Streicherbesetzung. Trotz der klaren Bezüge zu historischen Vorläufern stand nicht der vorklassische Orchestersatz im Fokus der Kompositionsübung, vielmehr sollte eine stimmige kontrapunktische Textur erzeugt werden. Mendelssohn nahm diese Aufgabe sehr ernst und übte fleißig: Im Laufe des Jahres 1822 entstanden insgesamt
Kontrapunkt Kompositionstechnik, bei der gleichzeitig erklingende musikalische Linien miteinander kombiniert werden (wie bei einem Kanon)
Felix Mendelssohn Bartholdy
Sinfonia VIII (›Streichersinfonie‹) D-Dur
zwölf Sinfonien. Instrumentalkompositionen im Dutzend oder halben Dutzend zu veröffentlichen, hatte sich Mendelssohn vom 1713 verstorbenen Komponisten Arcangelo Corelli abgeschaut, der seine Concerti grossi in dieser Form zu veröffentlichen pflegte. Um das Dutzend voll zu machen, erklärte Mendelssohn sogar prompt einen Einzelsatz zu seiner Sinfonia X.
Orientierten sich die ersten sechs der insgesamt zwölf Sinfonien noch an der vorklassischen Satzfolge Schnell – Langsam – Schnell, sind die Sinfonien 8 bis 12 bereits viersätzig angelegt. Die Bezeichnung »Sinfonia« weist dabei auf die Gattungsgeschichte hin, in die sich Mendelssohn mit seinen Kompositionen einreiht. Der seit dem 16. Jahrhundert für Kompositionen verwendete Begriff begann sich ab dem 17. Jahrhundert für reine Instrumentalmusik zu etablieren. In Italien wurden so instrumentale Vorspiele zu Opern genannt, diese hatten eine dreiteilige Form. Eine ›OpernSinfonia‹ im 17. und 18. Jahrhundert hatte vor allem die Funktion, das Publikum aufmerksam zu machen und zur Ruhe zu bringen, bevor die eigentliche Opernhandlung begann. Die uns heute so vertraute Konzertsinfonie entstand wiederum in der Mitte des 18. Jahrhunderts mit der Etablierung des privaten, halböffentlichen und öffentlichen Konzertwesens in europäischen Metropolen wie London oder Paris, mit der wiederum der Bedarf an Instrumentalmusik wuchs.
In Mendelssohns Sinfonia VIII spiegelt sich vor allem das Interesse des Komponisten am Klang beziehungsweise an klangbasierten Texturen wider. Der erste Satz beginnt mit einer langsamen Einleitung in d-Moll, in der ein rhythmisch prägnantes Oktavmotiv von einem Gewebe getragener Achtelfigurationen begleitet wird. Im anschließenden Allegro in DDur besitzen einige solistische Passagen nahezu kammermusikalische Qualität, an anderer Stelle entsteht durch geschickte kontrapunktische Verschachtelungen ein voller orchestraler Satz. Das Adagio in h-Moll zeigt im Gegensatz zum energetischen ersten Satz ganz andere klangfarbliche Facetten. In diesem Satz sind ausschließlich Bässe und drei Bratschen besetzt, die im langsam pulsierenden 3/8-Takt eine kantable Melodie entwickeln. Gegenpole zu den herben Texturen des Adagios stellen das fröhlich-treibende Menuett und Trio dar, in denen wieder die gesamte Streicherbesetzung zum Einsatz kommt. Den Abschluss bildet das Finale
Felix Mendelssohn Bartholdy
Sinfonia VIII (›Streichersinfonie‹) D-Dur
mit seinem eingängigen Hauptthema in D-Dur. Bereits in Mendelssohns frühen sinfonischen Versuchen finden sich einige Aspekte, die für sein späteres Schaffen von Bedeutung werden sollten. Dazu gehören zum Beispiel eine große klangliche Eigenständigkeit der einzelnen Instrumentalstimmen und die Vielfalt ihrer klanglichen Möglichkeiten, außerdem die Verwendung kumulativer kontrapunktischer Strukturen als Klangmittel, um facettenreiche Texturen und Farben zu erzeugen.
Die Sinfonia VIII ist die einzige der zwölf ›Streichersinfonien‹, die zu Lebzeiten des Komponisten auch öffentlich zu hören war. Bearbeitet in einer Fassung mit Bläsern, wurde sie von der königlichen Kapelle unter Karl Möser am 23. April 1823 aufgeführt. Darüber hinaus erklangen alle Sinfonien im Rahmen der privaten Sonntagsmusiken im Hause Mendelssohn in Berlin. Dort war es üblich, neue Kompositionen gemeinsam mit Familienmitgliedern und externen Musiker:innen im privaten Rahmen darzubieten.
Felix Mendelssohn Bartholdy im Alter von zwölf Jahren, Ölskizze von Carl Joseph Begas, 1821
Ludwig van Beethoven // Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B-Dur
Dass es einmal eine Zeit gab, zu der Ludwig van Beethoven noch kein erfolgreicher und weltbekannter Komponist war, kann man sich heutzutage fast gar nicht mehr vorstellen. Tatsächlich begann seine musikalische Karriere aber zunächst als Instrumentalist. Mit nur sieben Jahren hatte er seinen ersten öffentlichen Auftritt als Pianist, später wurde er Organist und war in der Bonner Hofkapelle ab 1789 als Cembalist und Bratschist tätig. Eine erste Fassung seines 2. Klavierkonzerts komponier te Beethoven ab 1786 während seiner Zeit in Bonn. Eigentlich handelt es sich bei dem Frühwerk um seine allererste Komposition für Klavier und Orchester – sein als Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 C-Dur op. 15 verlegtes Werk entstand später als das Klavierkonzert Nr. 2. Während der 1780er-Jahre erhielt Beethoven in Bonn Kompositions- und Klavierunterricht bei Christian Gottlob Neefe und begann zunehmend nach Möglichkeiten zu suchen, sich kompositorisch weiterzuentwickeln. So reiste er in den Jahren 1786 und 1787 nach Wien, um Unterricht bei Wolfgang Amadé Mozart zu nehmen und wurde dort 1792 schließlich Schüler von Joseph Haydn. Durch die französische Besetzung des Rheinlands, die die Auflösung des Kurfürstentums Köln zur Folge hatte, verlor er 1794 überraschend seine Anstellung in Bonn. Was ursprünglich als Ausbildungsreise geplant war, führte so für Beethoven unfreiwillig zur finalen Übersiedlung von Bonn nach Wien. Dort kam das 2. Klavierkonzert 1795 schließlich auch zu seiner Uraufführung. Beethoven, der zu dieser Zeit vor allem als Klaviervirtuose in Wien bekannt war, übernahm selbst den Klavierpart. Sowohl sein 1. als auch sein 2. Klavierkonzert komponierte er zunächst für den eigenen Gebrauch, da er sich mit ihnen einer breiteren Öffentlichkeit als Komponist und Pianist vorstellen wollte.
In seinen ersten Wiener Jahren war Beethoven alles andere als ein »Weltenbummler in Sachen Kunst« (Klaus Kropfinger), sondern trat als professioneller Musiker auf den Plan, der es sich nicht erlauben konnte, auch nur eine Gelegenheit zur Selbstpräsentation verstreichen zu lassen.
Ludwig
van Beethoven Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B-Dur
Dabei stellte der Klavierspieler Beethoven den Komponisten zunächst in den Schatten. In den Salons des Wiener Adels galt Beethoven als »Riese unter den Klavierspielern«, als glänzender Improvisator spielte er bei sogenannten Virtuosen-Wettkämpfen seine Gegner:innen an die Wand. »Beethovens Spiel ist äusserst brillant, doch weniger delicat, und schlägt zuweilen in das Undeutliche über. Er zeigt sich am allervortheilhaftesten in der freien Phantasie. Und hier ist es wirklich ausserordentlich, mit welcher Leichtigkeit und zugleich Fertigkeit in der Ideenfolge Beethoven auf der Stelle jedes ihm gegebene Thema nicht etwa mit den Fingern variert (womit mancher Virtuos Glück – und Wind macht), sondern wirklich ausführt« (Wiener Allgemeine Musikzeitung). Mit dem hier beschriebenen »freien Phantasieren«, das nahezu kompositorische Qualität hatte, gelang es Beethoven, sich in Wien einen Ruf zu machen und Unterstützer:innen zu finden. So zog er aber auch den Ärger seiner pianistischen Konkurrenz auf sich, gegen die er sich in Folge noch stärker zu behaupten hatte. In einem Brief an Eleonore von Breuning schrieb er daher, dass er durch die hohe technische Komplexität seiner Kompositionen die »hiesigen Klawiermeister in verlegenheit […] sezen« wollte, von denen »manche« seine »Todfeinde« wären. Das Klavierkonzert Nr. 2 in B-Dur zählte Beethoven dabei zunächst nicht zu seinen gelungensten Kompositionen. Während seiner ersten Jahre in Wien, in denen er sich im Folgenden dann auch als Komponist zu positionieren bemühte, arbeitete er es bis zur gemeinsamen Drucklegung mit dem ›1.‹ Klavierkonzert 1801 mehrfach um. Offenbar lag es ihm auch am Herzen, die musikalische Ausdruckspalette des Klaviers als Soloinstrument zu erweitern. So schrieb Beethoven 1796 in einem Brief an den Klavierbauer Johann Andreas Streicher:
»es ist gewiß, die Art das Klawier zu spielen, ist noch die unkultiwirteste von allen Instrumenten bisher, man glaubt oft nur eine Harfe zu hören, und ich freue mich lieber, daß sie von den wenigen sind, die einsehen und fühlen, daß man auf dem Klawier auch singe[n] könne, sobald man nur fühlen kan[n], ich hoffe die Zeit wird kommen, wo die Harfe und das Klawier zwei ganz verschiedene Instrumente seyn werden.«
Anton Bruckner // Sinfonie (›Studiensinfonie‹) f-Moll
Mit seiner Sinfonie in f-Moll – von Anton Bruckner in einer Abschrift auch als »Schularbeit 1863« bezeichnet – unternahm er einen ersten Kompositionsversuch in dieser Gattung. Ursprünglich als Lehrer ausgebildet, hatte Bruckner bis in die Mitte der 1850er-Jahre bereits mehr als 40 Kompositionen als Autodidakt realisiert, darunter drei Messen, ein Requiem und zahlreiche andere Orgelwerke sowie weltliche und geistliche Vokalmusik. Seine Karriere als professioneller Komponist nahm dennoch erst verhältnismäßig spät Fahrt auf. Im Alter von 29 Jahren begann er, bei Simon Sechter in Wien Unterricht in Kontrapunkt und Musiktheorie zu nehmen, mit dem hehren Ziel vor Augen, eventuell einmal selbst als Professor für diese Fächer berufen zu werden. Bruckner, der täglich parallel zu seiner Tätigkeit als Domorganist bis tief in die Nacht hinein Harmonielehre und Kontrapunkt büffelte, erwies sich dabei als besonders ausdauernder ›Langzeitstudent‹: Nachdem er das insgesamt sechs Jahre lange Studium bei Sechter mit Bravour abgeschlossen hatte, komplettierte er seine kompositorische Ausbildung beim über zehn Jahre jüngeren Linzer Kapellmeister Otto Kitzler. Bis zum Abschluss seiner Studien bei Sechter mit der Ablegung seiner öffentlichen »Reifeprüfung« am Wiener Konservatorium hatte er sich zur kompositorischen Abstinenz verpflichtet und auch während seiner Lehrjahre bei Kitzler schlug er alle Kompositionsaufträge aus. So schrieb der damals 38-jährige Bruckner in einem Brief vom 2. September 1862 an seinen Freund Rudolf Weinwurm: »[Mit] Compositionen kann ich nicht ausrücken, da ich noch studiren muß. [...] Wir haben bereits die Instrumentation u[nd] dann die Symphonie […]. Später, künftiges Jahr werde ich wol fleißig componiren. Jetzt sinds nur größtentheils Schularbeiten. In 3–4 Monaten bin ich fertig.«
Für seine »Schularbeiten« bei Kitzler führte Bruckner ein Studienbuch, in dem er seine Kompositionsversuche für den Unterricht notierte. Anhand der dort erhaltenen Werke lässt sich sein Fortschritt von einfachen satztechnischen Übungen über Lieder, Tänze, Variationen bis hin zum Streichquartett und einer Instrumentation der Klaviersonate op. 13 »Pathétique«
12 Anton Bruckner
Sinfonie (›Studiensinfonie‹) f-Moll
Entwurf zur Einleitung und erste Themengruppe der Sinfonie in f-Moll aus Anton Bruckners Studienbuch
Anton Bruckner Sinfonie (›Studiensinfonie‹) f-Moll
von Beethoven nachvollziehen. Die Sinfonie in f-Moll bildet in diesem Konvolut eines der letzten Werke. Sie entstand verhältnismäßig schnell zwischen dem 7. Jänner und dem 26. Mai 1863, nur wenige Monate bevor Bruckner seine Studien bei Kitzler vollständig abschloss. Den Kompositionsunterricht mit einer Sinfonie zu beenden, war seit Beethoven üblich geworden. Die ›Studiensinfonie‹ dokumentiert insofern Bruckners frühe Annäherungsversuche an eine Gattung, die im bürgerlichen Konzertwesens des 19. Jahrhunderts spätestens seit Beethovens Neunter als Meisterdisziplin galt.
Der streng gläubige Katholik Bruckner fühlte sich zwar kirchenmusikalischen Werken näher und hatte mit diesen Gattungen zu diesem Zeitpunkt auch schon einige Erfahrungen gesammelt. Dennoch war er zugleich davon überzeugt, dass es seiner göttlichen Berufung als Komponist entspräche, sich auch der Sinfonie – als höchster aller Instrumentalgattungen – zu verpflichten. Obwohl sein Lehrer Kitzler die fertige Sinfonie für »nicht besonders inspiriert« hielt, war Bruckner zunächst wohl recht zufrieden mit dem Ausgang seines Gattungsexperiments. So legte er die Komposition bei seiner Reise zum 2. Münchner Musikfest im September 1863 dem dort tätigen Hofkapellmeister Franz Lachner vor, um sich als Komponist zu empfehlen. Der war zwar einer Aufführung nicht abgeneigt, dennoch kam die Sinfonie zu Bruckners Lebzeiten nicht mehr zum Erklingen, sondern wurde erst in den 1910erJahren wiederentdeckt. Da es sich bei der
Anton Bruckner Sinfonie (›Studiensinfonie‹) f-Moll
Sinfonie in f-Moll um ein Studienwerk Bruckners handelte, nahm er das Werk später – wie auch seine »Annullierte« – nicht in die offizielle Zählung seiner Sinfonien auf.
Nachdem er den Unterricht bei Kitzler am 10. Juli 1863 beendet hatte und von seinem Lehrer – nach mittelalterlicher Handwerkstradition –den gewünschten »Freispruch« erhalten hatte, änderte Bruckner seine musikalische Ausdrucksweise radikal. Erklärt wird dieser ›Entwicklungsschub‹ damit, dass Bruckner unmittelbar nach Abschluss seiner Studien zu einer Art Befreiung aus selbst auferlegten Zwängen gefunden hatte, die es ihm endlich erlaubte, seine eigene Klangsprache zu entwickeln. So fühlte sich Bruckner nach seiner Freisprechung durch Kitzler »wie ein Kettenhund, der sich von seiner Kette losgerissen hatte«. Zwischen seinen Kompositionen ab 1864 und seinem frühen Sinfonieversuch gibt es daher kaum klangliche Gemeinsamkeiten. Das typische Bruckner'sche Idiom, das man mit seinen späteren Sinfonien assoziiert, ist in der ›Studiensinfonie‹ noch nicht ausgeprägt, auch wenn die Komposition nichtsdestotrotz einige Merkmale seines späteren Stils enthält – und sich hier zum Beispiel zum ersten Mal Bruckners Vorliebe für Moll-Tonarten manifestiert. Das Werk vermittelt einen spannenden Eindruck vom Weg zur ›großen Sinfonie‹, auf dem Bruckner in dieser Zeit als Komponist erste Schritte machte. Zugleich zeigt die ›Studiensinfonie‹ eine gänzlich andere Facette des Bruckner'schen Komponierens mit einer Transparenz und Leichtigkeit, die der Wiener Klassik manchmal näher zu sein scheint als seinen späteren Sinfonien.
Paula Schlüter
Violine I
Erich Höbarth
Annette Bik
Joanna
Kaniewska-Eröd
Julia Rubanova
Peter Schoberwalter
Anna Obermayer
Elisabeth Köstler
Maria Kaluzhskikh
David Drabek
Irene Troi
Violine II
Andrea Bischof
Anna Perl
Annelie Gahl
Veronica Böhm
Karl Höffinger
Elisabeth Stifter
Barbara Klebel-Vock
Silvia Iberer
Viola
Pablo de Pedro
Ursula Kortschak
Gertrud Weinmeister
Firmian Lermer
Barbara Palma
Robert Iberer
Violoncello
Luis Zorita
Nikolaus Böhm
Hannah Stöllger
Alexander Nicholls
Kontrabass
Alexandra Dienz
Walter Bachkönig
Herwig Neugebauer
Flöte
Daniela Lieb
Christine Brandauer
Oboe
Hans Peter Westermann
Heri Choi
Klarinette
Ernst Schlader
Georg Riedl
Fagott
Alberto Grazzi
Ivan Calestani
Horn
Dániel Pálkövi
Edward Deskur
Viktor Praxmarer
Hans Söllner
Posaune
Otmar Gaiswinkler
Dominik Schnaitt
Johannes Fuchshuber
Trompete
Andreas Lackner
Thomas Steinbrucker
Pauke
Daniel Piedl
Klavier
Kristian Bezuidenhout, 1979 in Südafrika geboren, begann sein Studium in Australien und beendete es an der Eastman School of Music in den USA. Nach anfänglicher Ausbildung zum modernen Pianisten bei Rebecca Penneys wandte er sich frühen Tasteninstrumenten zu und studierte Cembalo bei Arthur Haas, Hammerklavier bei Malcolm Bilson sowie Continuospiel und Aufführungspraxis bei Paul O’Dette. Bereits mit 21 Jahren wurde er international bekannt, als er den renommierten Ersten Preis und den Publikumspreis beim Klavierwettbewerb Musica Antiqua in Brügge gewann. Nun zählt er zu den bemerkenswertesten Tastenkünstler:innen der Gegenwart, der Hammerklavier, Cembalo, modernes Klavier und Orgel beherrscht.
Er ist Erster Gastdirigent des English Concert sowie des Freiburger Barockorchesters und regelmäßiger Gast bei führenden Ensembles wie Les Arts Florissants, dem Orchestra of the Age of Enlightenment, dem Concertgebouworkest, dem Chicago Symphony Orchestra und dem Gewandhausorchester Leipzig. Als Gastdirigent leitete er vom Instrument aus auch das Orchestra of the Eighteenth Century, das Tafelmusik Baroque Orchestra, das Collegium Vocale Gent, das Ensemble Juilliard 415, die Kammerakademie Potsdam und das Dunedin Consort. Er trat mit Künstler:innen wie Sir John Eliot Gardiner, Philippe Herreweghe, Frans Brüggen, Trevor Pinnock, Giovanni Antonini, Jean-Guihen Queyras, Kristin von der Golz, Isabelle Faust, Marco Ceccato, Alina Ibragimova, Carolyn Sampson, Anne Sofie von Otter, Antoine Tamestit, Rachel Podger, Mark Padmore, Amandine Beyer, Matthias Goerne sowie dem Chiaroscuro Quartet auf.
Seine reichhaltige und preisgekrönte Diskografie umfasst unter anderem das komplette Solo-Repertoire für Tasteninstrumente von Mozart. Zu den jüngsten Veröffentlichungen gehören die Winterreise mit Mark Padmore, BachSonaten für Violine und Cembalo mit Isabelle Faust, HaydnKlaviersonaten und die gesamten Beethoven-Klavierkonzerte mit dem Freiburger Barockorchester.
1953 wurde das Ensemble Concentus Musicus Wien von Nikolaus Harnoncourt und Gleichgesinnten gegründet. Ziel dabei war es, durch möglichst lebendige und wissenschaftlich fundierte Interpretation zu einem neuen Verständnis Alter Musik zu gelangen, weshalb die Musiker:innen auf historischen Instrumenten spielen. Vier Jahre nach der Gründung, im Jahr 1957, trat das Ensemble erstmals in Wien und bei den Eggenberger Schlosskonzerten in Graz auf. In der Folge veranstaltete es jahrelang Konzertreihen im Palais Schwarzenberg. Das dabei erarbeitete umfangreiche Reper toire Alter Musik bildete die Basis für Konzertreisen und Schallplattenaufnahmen. Seither tourt der Concentus Musicus Wien durch fast alle Staaten Europas, die USA, Japan und Australien. Weltweite Anerkennung errang das Ensemble durch seine zahlreichen Schallplatteneinspielungen, vor allem mit Musik aus der Zeit von 1400 bis zirka 1800. Hervorzuheben sind besonders die Einspielungen des gesamten Kantatenwerks
von Johann Sebastian Bach, der Oratorien von Bach und Händel sowie Opern, Sinfonien und geistliche Werke von Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert. Viele davon wurden mit internationalen Preisen ausgezeichnet.
Seit dem Rücktritt von Nikolaus Harnoncourt im Jahr 2015 leitet Stefan Gottfried mit Erich Höbarth und Andrea Bischof das Ensemble, das mit seiner musikalischen Pionierarbeit das heutige Verständnis Alter Musik wesentlich geprägt hat. Stefan Gottfried setzt sowohl auf barocke Werke als auch auf die Weiterentfaltung und -entwicklung des Ensembles in Richtung spätklassischer und romantischer Werke. Neben Auftritten im MusikTheater an der Wien (Händels Alcina, Purcells King Arthur und Giulio Cesare) war das Ensemble 2021 bis 2023 mit dem MonteverdiZyklus (L’incoronazione di Poppea, L’Orfeo, Il ritorno d’Ulisse in patria) auch an der Wiener Staatsoper zu sehen.
Dirigent
Der gebürtige Wiener studierte an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien Klavier, Cembalo, Komposition und Musikpädagogik sowie Generalbass und historische Tasteninstrumente an der Schola Cantorum Basiliensis. Es folgte eine internationale Konzerttätigkeit mit Cembalo, Hammerklavier und Klavier als Solist, Kammermusikpartner und Continuospieler in Ensembles mit historischen Instrumenten (Concentus Musicus Wien, Bach Consort Wien, Orchester Wiener Akademie) und mit modernen Orchestern, darunter die Wiener und Berliner Philharmoniker. Seit 2004 arbeitete Stefan Gottfried regelmäßig mit Nikolaus Harnoncourt zusammen, unter anderem bei dessen Opernproduktionen bei der Styriarte (Mozarts Idomeneo, Smetanas Die verkaufte Braut, Offenbachs BarbeBleue), am Theater an der Wien (Haydns Orlando paladino und Il mondo della luna, Beethovens Fidelio, Strawinskis The Rake’s Progress und beim MozartDa PonteZyklus) sowie bei den Salzburger Festspielen (Mozarts Le nozze di Figaro, Die Zauberflöte) und bei Konzerten im Musikverein Wien, in der Berliner Philharmonie und beim Lucerne Festival.
2015 debütierte Stefan Gottfried als Dirigent mit dem Bach Consort Wien an der Wiener Kammeroper und leitete unter anderem die Wiener Symphoniker und das ORF Radio-Symphonieorchester Wien. Nach dem Rücktritt von Nikolaus Harnoncourt 2015 übernahm Stefan Gottfried gemeinsam mit Erich Höbarth und Andrea Bischof die Leitung des Concentus Musicus Wien und dirigierte seither Konzert- und Opernproduktionen im Musikverein Wien, bei den Barocktagen Stift Melk, am MusikTheater an der Wien sowie an der Wiener Staatsoper. Im Brucknerhaus Linz trat er zuletzt mit Werken Mozarts auf, wobei er beim ›Jeunehomme‹-Klavierkonzert selbst den Solopart übernahm.
Stefan Gottfried ist Professor für Historische Aufführungspraxis an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.
Impressum
Herausgeberin
Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH, Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4010 Linz
René Esterbauer, BA MBA, Kaufmännischer Geschäftsführer
Redaktion
Paula Schlüter, MA
Biografien
Celia Ritzberger, BA MA, Romana Gillesberger
Lektorat
Romana Gillesberger
Gestaltung
Anett Lysann Kraml, Lukas Eckerstorfer
Leiter Programmplanung, Dramaturgie und szenische Projekte
Mag. Jan David Schmitz
Abbildungen gemeinfrei (S. 7 & 9), Österreichische Nationalbibliothek, Wien (S. 12–13), M. Borggreve (S. 17), D. Nagl (S. 18–19), D. Grabner (S. 21)
Programm, Termin und Besetzungsänderungen vorbehalten LIVA – Ein Mitglied der Unternehmensgruppe Stadt Linz
Wir danken für Ihren Besuch und wünschen Ihnen ein schönes Konzert!
Mit unserer eigenen Hammerkopfproduktion entfesseln wir das volle tonliche Spektrum unserer Flügel und Klaviere –eine Kunst, die Leidenschaft, Erfahrung und Disziplin erfordert. www.bechstein-linz.de