Quatuor Mosaïques | 13.11.2024

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13. November 2024

19:30 Uhr, Mittlerer Saal

Quatuor Mosaïques

Kammermusik I Saison 24–25

Weitere Highlights 24–25

Karten und Infos:

+43 (0) 732 77 52 30 brucknerhaus.at

So, 8. Dez 2024, 11:00 & 15:00

Großer Saal

Bachs Weihnachtsoratorium

Michi Gaigg und das L’Orfeo Barockorchester lassen am zweiten Adventsonntag alle sechs Kantaten von Bachs berühmtem Weihnachtsoratorium in ihrer vollen Pracht erklingen.

Do, 12. Dez 2024, 19:30

Großer Saal

Sanderling, Capuçon & Luzerner Sinfonieorchester

Das Luzerner Sinfonieorchester und Michael Sanderling präsentieren Schuberts 8. Symphonie und Schostakowitschs 1. Cellokonzert mit Gautier Capuçon als Solisten.

So, 15. Dez 2024, 18:00

Mittlerer Saal

Michael Schade, André Ferreira & Christoph Hammer

Begleitet von André Ferreira an der Biedermeiergitarre und Christoph Hammer am Hammerklavier, singt Michael Schade Schuberts Winterreise.

Gautier Capuçon

alla

breve

Das Programm auf einen Blick

Ein Quartett, das in den letzten Jahren eines kurzen Lebens entstand, eines, das als finaler Gattungsbeitrag des Komponisten den Schlusspunkt hinter ein beispielloses Œuvre für Streichquartett setzt und eines, dessen mitreißende Dramatik zumindest in Teilen buchstäblich der Hölle entstammt: Das Programm des heutigen Konzerts stellt drei außergewöhnliche ›Wiener‹ Werke an der Weggabelung zwischen Klassik und Romantik in den Mittelpunkt.

Der heute kaum noch bekannte Joseph Wölfl war Schüler Leopold Mozarts und Michael Haydns, Freund Wolfgang Amadé Mozarts und ebenbürtiger Kontrahent Ludwig van Beethovens. Sein Streichquartett c­Moll erhielt den populären Beinamen ›Höllenquartett‹ durch die Verwendung einer Melodie aus Wölfls seinerzeit höchst erfolgreichen Oper Der Höllenberg. Joseph Haydn komponierte sein letztes Streichquartett 1799, drei Jahre nach Wölfl, im Alter von 67 Jahren zur selben Zeit, als der junge Beethoven in Wien mit ersten Quartetten an die Öffentlichkeit trat. Der zu diesem Zeitpunkt gerade zweijährige Franz Schubert lotete 27 Jahre später in seinem Streichquartett Nr. 15 G­Dur –ebenfalls sein letztes – die Form der Gattung bis an deren äußerste Extreme aus.

Besetzung

Quatuor Mosaïques

Erich Höbarth | Violine

Andrea Bischof | Violine

Anita Mitterer | Viola

Christophe Coin | Violoncello

Programm

Joseph Wölfl 1773–1812

Streichquartett c­Moll op. 4, Nr. 3 ›Höllenquartett‹ // 1796

I Allegro

II Menuetto. Allegretto

III Adagio ma non troppo

IV Finale. Presto

Joseph Haydn 1732–1809

Streichquartett F­Dur Hob. III:82 (op. 77, Nr. 2) // 1799

I Allegro moderato

II Menuetto. Presto, ma non troppo – Trio

III Andante

IV Finale. Vivace assai

// Pause //

Franz Schubert 1797–1828

Streichquartett Nr. 15 G­Dur D 887 // 1826

I Allegro molto moderato

II Andante un poco moto

III Scherzo. Allegro vivace – Trio. Allegretto

IV Allegro assai

Konzertende ca. 21:30 Uhr

Der bekannte Unbekannte

Joseph Wölfl // Streichquartett c-Moll op. 4, Nr. 3

Der 1773 in Salzburg geborene Joseph Wölfl ist einer jener Komponisten, die zu Lebzeiten enorme Popularität und hohes Ansehen genossen, deren Werk über die Jahrzehnte und Jahrhunderte jedoch mehr und mehr in Vergessenheit geriet. Als Sohn eines Verwaltungsjuristen in Diensten des Salzburger Erzbischofs erhielt der offensichtlich höchst begabte Wölfl, der schon als Siebenjähriger öffentlich als Geiger in Erscheinung trat und im Alter von zehn Jahren als Domsängerknabe aufgenommen wurde, Unterricht bei Leopold Mozart und Michael Haydn, ehe er 1790 nach Wien kam und dort Bekanntschaft mit Wolfgang Amadé Mozart schloss. Der empfahl ihn dem kunstbeflissenen polnisch-litauischen Fürsten Michał Kazimierz Ogiński, in dessen Residenz in Slonim (Belarus) Wölfl bis 1795 als Kapellmeister wirkte. Wieder in Wien machte er erstmals als Komponist auf sich aufmerksam: Neben Klavier- und Kammermusikwerken – etwa mit den 1796 veröffentlichten Streichquartetten op. 4 –feierte Wölfl auch mit seinen Opern Der Höllenberg (1795), Das schöne Milchmädchen (1797) oder Der Kopf ohne Mann (1798) am Theater auf der Wieden große Erfolge, die Wolfgang Amadé Mozarts 1791 ebenfalls dort uraufgeführter Zauberflöte in kaum etwas nachstanden. Anlässlich der 50. Vorstellung des Höllenbergs ließ etwa dessen Librettist Emanuel Schickaneder – ebenfalls Textdichter der Zauberflöte – erstmals ein koloriertes Plakat herstellen und huldigte Wölfl mit einem Lobgedicht:

Lieber Wölfl sey willkommen!

Rühmlich war dein Probestück; Könnte Mozart wieder kommen, Sicher wünschte er dir Glück.

Klettre immer muthig weiter

Zu dem großen Meister auf!

Oben auf der Stufenleiter

Krönet Mozart deinen Lauf!

»Beethovens Spiel ist

äußerst brillant, doch weniger delikat, und schlägt zuweilen in das Undeutliche über. Er zeigt sich am allervortheilhaftesten in der freyen Phantasie. […] Hierin stehet ihm Wölfl nach. Aber Vorzüge vor ihm hat Wölfl darin, daß er, bey gründlicher musikalischer Gelehrsamkeit und wahrer

Würde in der Komposition, Sätze, welche geradehin unmöglich zu exekutiren scheinen, mit einer Leichtigkeit, Präcision und Deutlichkeit vorträgt, die in Erstaunen versetzt; […]«

Allgemeine musikalische Zeitung vom 15. Mai 1799

Auch als Pianist machte Wölfl, der »von der gütigen Natur […] mit einer Riesenhand« ausgestattet war, »die eben so leicht Decimen, als andere Menschenkinder Octaven« (Ignaz von Seyfried) greifen konnte, sich einen Namen. So ging er 1798 aus einem Klavierwettstreit mit dem drei Jahre älteren Ludwig van Beethoven, der zu jener Zeit als herausragender Pianist Wiens galt, mindestens ebenbürtig, manchen Berichten zufolge sogar als Sieger hervor.

In Paris, wo er sich nach zwei Jahren des Herumreisens als Klaviervirtuose 1801 niederließ, feierte Monsieur Wolf, wie ihn das französische Publikum liebevoll nannte, mit Opern und Konzer ten anschließend ebenso große Er folge wie in London, wohin Wölfl 1805 übersiedelte und bis zu seinem Tod 1812 im Alter von 39 Jahren lebte.

Orkus in der römischen

Mythologie Bezeichnung für die Unterwelt bzw. den Gott der Unterwelt

Wölfls Streichquartett c-Moll, das dritte der 1796 als Opus 4 in Druck erschienenen vier Quartette, erhielt seinen Beinamen ›Höllenquartett‹ durch das chromatische, synkopisch pulsierende Motiv, mit dem der Kopfsatz beginnt. Wölfl entnahm es dem ›Chor der Unsichtbaren Stimmen‹ im ersten Akt seiner Oper Der Höllenberg: »Schon schlägt die Geisterstunde, / Ihr Wandrer horchet auf. / Aus fürchterlichem Schlunde / Steigt ihre Schaar herauf. / Legt euch zur Ruh, der Orkus droht, / Denn sonst ist eure Loosung: Tod.« Die bereits diesem Thema immanente Spannung verstärkt sich im weiteren Satzverlauf durch das Wechselspiel mit dem nach Es-Dur gewendeten, elegant schreitenden Seitenthema. Formal höchst originell gestaltete Wölfl das an zweiter Stelle stehende Menuett: Das vom Violoncello vorgestellte Thema wird in Form einer strengen Fuge durchgeführt, dessen

Joseph Wölfl, Stich nach einer Zeichnung von William Henry Pyne, 1811

Struktur aus Themenexposition und freien Zwischenspielen kunstvoll in das klassische Menuettschema eingegliedert ist. Im anschließenden Adagio ma non troppo tritt abermals der Opernkomponist Wölfl in den Vordergrund, wenn die 1. Violine eine sehnsuchtsvolle Kantilene voll deklamatorischer Seufzer und Akzente über sanft wogenden Begleitfiguren anstimmt. Ebenfalls bemerkenswert ist die Struktur des Finales, das virtuos zwischen dramatischer Entwicklung und kunstvoller imitatorischer Arbeit pendelt. Nach einer abrupten Fermate stimmen Viola und Violoncello schließlich eine choralartige Melodie an, die nach und nach Platz für ein optimistisches ›Maggiore‹, also einen von c-Moll nach C-Dur gewendeten Abschnitt macht. Doch diese gelöste Stimmung ist nur von kurzer Dauer: Noch einmal gewinnt das c-Moll die Oberhand und beschließt das Werk mit einem unnachgiebigen Sturz über zwei Oktaven und zwei kraftvollen Akkorden. »Schon schlägt die Geisterstunde«?

Ein jugendliches Alterswerk

Joseph Haydn // Streichquartett F-Dur Hob. III:82

Zugegeben: Der ihm oft angeheftete Ehrentitel als ›Erfinder des Streichquartetts‹ steht ihm rein historisch gesehen nicht zu. Schon lange bevor Joseph Haydn seine ersten Divertimenti für vier Streichinstrumente komponierte, hatten Komponisten wie Antonio Brioschi, Carlo Ferrari oder Giuseppe Sammartini Concerti und Sonaten a quattro, Louis-Gabriel Guillemain seine Six sonates en quatuor oder Georg Philipp Telemann seine Nouveaux quatuors veröffentlicht. Und dann war da ja auch noch ein gewisser Luigi Boccherini, der sich durch seine mehr als 200 Werke vom Streichtrio bis zum Streichsextett zeitlebens großer Berühmtheit erfreute und von manchen als wahrer Begründer der Gattung gepriesen wird. Was Haydn jedoch von seinen Kollegen unterscheidet, ist, dass er sich die Möglichkeiten des Streichquartetts zeitlebens geradezu systematisch erschlossen und ihre bis heute gültige Gestalt sowohl satztechnisch als auch formal maßgeblich geprägt hat. Kein Wunder also, dass Carl Ferdinand Pohl, Archivar der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, in seiner dreibändigen Biografie des Komponisten betonte: »Um sein Verdienst in dieser Richtung vollkommen würdigen zu können, darf man nur seine Vorgänger und Zeitgenossen nennen, z. B. Agrell, Aspelmeyer, Krause, Harrer, Scheibe, Graf, Richter, Camerloher […], Stamitz und so viele Andere, deren Namen und Werke längst vergessen sind. Man hat noch zu Lebzeiten Haydn’s den Italiener [Giovanni Battista] Sammartini als den Mann bezeichnet, den Haydn in seinen Quartetten zum Vorbild genommen habe. Der Meister protestirte heftig dagegen und, darüber von [seinem ersten Biografen Georg August Griesinger] befragt, sagte er zu ihm, er habe dessen Musik ehedem gehört aber nie geschätzt ›denn Sammartini sei ein Schmierer‹.«

Am 4. Juli 1801 schrieb der mit Haydn befreundete Diplomat und Schriftsteller Georg August von Griesinger an den Verlag Breitkopf & Härtel: »Haydn macht jetzt sechs Quartette für den Fürsten Lobkowi[t]z und

hernach will er dem Grafen Fries sechs Quintette componiren; er hat sie schon vor mehreren Jahren versprochen.« Mit der Arbeit an den sechs Quintetten begann Haydn nicht einmal mehr, von den geplanten Quartetten konnte er nur zwei beenden, das 1799 komponierte Streichquartett F-Dur Hob. III:82 ist damit das letzte vollendete Quartettwerk des Komponisten, ein weiteres, das er 1802 in Angriff nahm, musste er 1806

Joseph Haydn, Ölgemälde von Christian Ludwig Seehas, 1785

als zweisätziges Fragment in Druck geben (op. 103). Auf Initiative seines späteren Biografen Griesinger ließ er dabei auf den letzten Seiten der Instrumentalstimmen das Incipit seines 1796 entstandenen Liedes Der Greis Hob. XXVc:5 anbringen, das er bereits seit einigen Jahren als augenzwinkernde Entschuldigung wider gesellschaftliche Verpflichtungen auf seine Visitenkarten hatte drucken lassen: »Hin ist alle meine Kraft / alt und schwach bin ich«.

Trio zwischen dem Hauptteil und seiner Wiederholung eingeschobener Mittelteil; in der Klassik Standard bei Menuett und Scherzo

Von dieser schwindenden Kraft findet sich im Streichquartett F-Dur allerdings noch keine Spur, nicht zu Unrecht bezeichnete etwa der englische Pianist und Musikwissenschaftler Donald Tovey das Stück als »Haydns größtes Instrumentalwerk neben zwei der letzten Sinfonien«. So ist etwa der Kopfsatz durch die beispiellose Dichte der thematischen Arbeit gekennzeichnet, innerhalb derer fast das gesamte musikalische Material aus dem Hauptthema abgeleitet ist; ein Umstand, der besonders in der umfangreichen Durchführung erstaunliche Früchte trägt. Bereits mit seiner Tempobezeichnung »Presto, ma non troppo« spottet wiederum das anschließende Menuett seines Namens: Mit pointierter Staccatobegleitung, unerwarteten harmonischen Wendungen und einem Rhythmus, der irrwitzig zwischen Dreier- und Zweiertakt hin und her pendelt, ver weist der Satz bereits auf die Scherzi Ludwig van Beethovens, der von Fürst Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz im selben Jahr wie Haydn mit der Komposition von sechs Quartetten (op. 18) beauftragt worden war. Nicht minder modern ist auch das Trio, dessen idyllischer Ländlerklang in der weit entfernt gelegenen Tonart Des-Dur immer wieder von mysteriösen harmonischen Eintrübungen ›verfärbt‹ wird. Das anschließende Andante greift diese Ambivalenz auf, indem es sinnige Kantabilität mit insistierend gleichmäßiger Marschbewegung in Gestalt eines Themas mit Variationen kombiniert. Kein leichtfüßiger ›Kehraus‹ im klassischen Sinne ist auch das praktisch monothematisch gestaltete Finale, das abermals ein Vexierspiel mit Zweier- und Dreiertakt treibt und voll unbezähmbarer Spielfreude kunstvollen Kontrapunkt mit ausgelassener Tanzmusik vereint.

»unmenschlich fleißig«

»Ich fühle mich als den unglücklichsten, elendsten Menschen auf der Welt.« Mit diesen Zeilen wandte sich Franz Schubert am 31. März 1824 an seinen Freund, den Maler Leopold Kupelwieser. Etwa ein Jahr zuvor hatte der Komponist an sich erste Symptome einer Syphiliserkrankung entdeckt und während eines längeren Aufenthalts im Wiener Allgemeinen Krankenhaus die melancholisch-todessehnsüchtigen Lieder seines Zyklus Die schöne Müllerin komponiert. In den folgenden Monaten verbesserte sich sein Zustand nach und nach. So schrieb Moritz von Schwind am 6. März 1824 an Schuberts Freund, den Dichter Franz von Schober: »Schubert ist schon recht wohl. Er sagt, in einigen Tagen der neuen Behandlung hätte er gefühlt, wie sich die Krankheit gebrochen habe und alles anders sei. Er lebt noch immer einen Tag von Banaderl [i. e. Brotsuppe], den andern von einem Schnitzel und trinkt schwelgerisch Thee, dazu geht er öfters baden und ist unmenschlich fleißig.« Mitte des folgenden Monats ergänzte er: »Schubert ist nicht ganz wohl. Er hat Schmerzen im linken Arm, daß er gar nicht Klavier spielen kann. Übrigens ist er guter Dinge.« Trotz anhaltender gesundheitlicher Rückschläge manifestierte sich Schuberts »unmenschlich[er]« Fleiß in mehreren Kammermusikwerken, mit denen sich der Komponist, wie er in dem vielzitierten Brief an Kupelwieser vom 31. März 1824 selbst ankündigte, »den Weg zur

»Ich fühle mich als den unglücklichsten, elendsten Menschen auf der Welt. Denk Dir einen Menschen, dessen Gesundheit nie mehr richtig werden will, u[nd] der aus Verzweiflung darüber die Sache immer schlechter statt besser macht, denke Dir einen Menschen, sage ich, dessen glänzendste Hoffnungen zu Nichte geworden sind, dem das Glück der Liebe u[nd] Freundschaft nichts biethen als höchstens Schmerz […]. Jede Nacht, wenn ich schlafen geh, hoff ich[,] nicht mehr zu erwachen, u[nd] jeder Morgen kündet mir nur den gestrigen Gram.«

Franz Schubert in einem Brief an Leopold Kupelwieser vom 31. März 1824

Franz Schubert, posthume Lithografie von Josef Kriehuber, 1846

großen Sinfonie bahnen« wollte. Nach Abschluss seines Oktetts für Klarinette, Horn, Fagott und Streicher D 803 begann Schubert zu dieser Zeit mit der Komposition seiner Streichquartette in a-Moll (D 804) und d-Moll (D 810), ehe er schließlich im Sommer 1826 das Streichquartett Nr. 15 G-Dur D 887 komponierte. Den »Weg zur großen Sinfonie« hatte er zu jener Zeit bereits zurückgelegt, zeitgleich zur Arbeit am G-Dur-Quartett konnte er die Partitur seiner ›großen‹ Symphonie Nr. 8 C-Dur abschließen.

Im Wortsinne ›symphonisch‹ ist das Streichquartett Nr. 15 schon aufgrund seiner formalen Dimensionen. 444 Takte umfasst der erste Satz, das entspricht einer Spielzeit von gut 20 Minuten, mehr als doppelt so

lang wie die umfassendsten Kopfsätze aus Beethovens späten Quartetten, viermal so lang wie die meisten der späten Quartette Haydns. Kurioserweise scheint Schubert dabei kein eindeutiges kompositorisches ›Ziel‹ zu verfolgen. Schon die ersten, zwischen Dur und Moll changierenden Takte stellen das harmonische Grundgerüst infrage, das zunächst scheinbar unschuldig tänzelnde Seitenthema schweift von D-Dur nach B-Dur, schließlich sogar nach Fis-Dur ab. In der Durchführung beginnt, so der Musikwissenschaftler Carl Dalhaus, sogar der »Abstieg ins tonal Bodenlose«. Zwischen weit ausschwingenden Kantilenen, abgehackten Motivfetzen, wildem Kontrapunkt und rezitativartigen Tremolopassagen scheinen die »himmlische[n] Längen«, die Robert Schumann Schuberts zeitgleich entstandener C-Dur-Symphonie attestierte, zuweilen in ›höllische‹ umzuschlagen, auch wenn aus dem Kampf zwischen Dur und Moll in den letzten Takten das G-Dur als Sieger hervorgeht. Das liedhafte, in e-Moll stehende Andante erinnert mit seiner sehnsuchtsvoll singenden Violoncellomelodie an die ein Jahr nach dem Quartett komponierte Winterreise. Zugleich ruft der von expressiven Reminiszenzen an den Kopfsatz durchzogene Variationensatz einen Tagebucheintrag Schuberts vom März 1824 in Erinnerung: »Meine Erzeugnisse sind durch den Verstand für Musik und durch meinen Schmerz vorhanden; jene, welcher der Schmerz allein erzeugt hat, scheinen am wenigsten die Welt zu erfreuen.« Gespenstisch huscht das anschließende Scherzo in h-Moll herein und eilt mit atemlosen Achtelnotenketten und chromatischen Wendungen durch die entlegensten Tonarten. Einzig im Trio weicht das Treiben einer fast schon zu beschaulichen Szenerie in G-Dur. Gewissermaßen als Spiegelbild zum Kopfsatz beginnt das Finale in g-Moll, das jedoch schon nach zwei Takten nach G-Dur kippt. So wechselt die Harmonik im weiteren Verlauf des im 6/8-Takt vorangaloppierenden Satzes praktisch unablässig, schwankt zwischen heiter ausgelassenen und dramatischen Abschnitten, schier ins Endlose dehnt Schubert die harmonischen ›Abschweifungen‹, zieht die Spannungsbögen weiter und weiter und findet erst in den letzten Takten zum vertrauten G-Dur zurück. Es ist eine Rückkehr, aber kein Erreichen des Ziels: Fast scheint es, als könnte jeden Moment das aus dem Nichts aufsteigende G-Dur des Kopfsatzes wieder anheben und das Stück erneut beginnen …

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Mit freundlicher Unterstützung der

Quatuor Mosaïques

Die Mitglieder des 1987 gegründeten Quatuor Mosaïques lernten sich in Nikolaus Harnoncourts Concentus Musicus Wien kennen. Dort wurde die Idee geboren, die langjährigen Erfahrungen im Bereich der Originalinstrumente am klassischen Streichquartett zu erproben. Dabei stand von Beginn an nicht eine museale Authentizität im Vordergrund, vielmehr sollte die lebendige Verbindung zur großen europäischen QuartettTradition immer spürbar bleiben.

Heute gilt das Quatuor Mosaïques als eines der führenden Streichquartette der Gegenwart. Aus dem außerordentlich umfangreichen Repertoire von Bach bis Bartók wurden die Hauptwerke der Wiener Klassik auf CD eingespielt und mehrfach preisgekrönt. Als Besonderheiten in der Diskografie des Quatuor Mosaïques gelten unter anderem die Aufnahmen

der Quartette von Juan Crisóstomo de Arriaga (auf den Stradivaris des Spanischen Königshauses), Hyacinthe und Louis-Emmanuel Jadin (auf einem Instrumentenquartett von Nicolas Lambert aus dem Besitz von Christophe Coin) und Joseph Woelfl (auf den Geissenhof-Instrumenten des Kunsthistorischen Museums Wien). Zu den kommenden Neuerscheinungen zählen die Einspielungen selten gespielter Werke von Ferdinand David und Ignaz Moscheles sowie die Gesamtaufnahme der Streichquartette von Ludwig van Beethoven.

Das Quatuor Mosaiques hat seit vielen Jahren einen eigenen Zyklus im Mozartsaal und wurde 2017 vom Wiener Konzerthaus mit der Ehrenmitgliedschaft ausgezeichnet.

Impressum

Herausgeberin

Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH, Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4010 Linz

Redaktion

Andreas Meier

Biografie & Lektorat

Romana Gillesberger

Gestaltung

Lukas Eckerstorfer

Abbildungen

A. Abrar (S. 2), privat (S. 7, 9 & 12), J. Baumann (S. 16–17)

Programm­, Termin­ und Besetzungsänderungen vorbehalten LIVA – Ein Mitglied der Unternehmensgruppe Stadt Linz

Wir danken für Ihren Besuch und wünschen Ihnen ein schönes Konzert!

Daria Parkhomenko

Werke von Franck, Enescu und Rachmaninoff

VERANSTALTUNGSORT UND KARTEN

Brucknerhaus Linz · Untere Donaulände 7 · 4010 Linz +43 (0) 732 77 52 30 · kassa@liva.linz.at

19.Dezember 2024 · 19:30 Uhr C.Bechstein Centrum Linz / Klaviersalon Merta GmbH

Bethlehemstraße 24 · A-4020 Linz · +43 (0) 732 77 80 05 20

linz@bechstein.de · bechstein-linz.de

Foto: Michael Reinicke

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