Hiemetsberger & Company of Music | 23.11.2024

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23. November 2024

19:30 Uhr, Mittlerer Saal

Hiemetsberger & Company of Music

Chorkonzerte I Saison 24–25

alla breve

Das Programm auf einen Blick

Figure humaine, menschliches Antlitz, nannte

Francis Poulenc seine Kantate nach Gedichten

Paul Éluards, mit der er dem unbeirrten Streben nach Freiheit während der deutschen Besatzungszeit in Frankreich ein zeitloses musikalisches

Denkmal setzte. Am Tag der Befreiung des besetzten Frankreichs ließ Poulenc die Partitur der Figure humaine gemeinsam mit der französischen Flagge aus seinem Fenster hängen.

Dem menschlichen Grundbedürfnis nach Besinnung und Spiritualität widmet sich Morton Feldman in seiner Hommage an den Künstler Mark Rothko und seine hypnotischen Farbflächen, die er mit Rothko Chapel für summende Vokalstimmen und ein reduziertes Instrumentarium in Klang gegossen hat. Das Programm vervollständigen

Igor Strawinskis kontrapunktisch­polyphone Élégie für Viola solo und David Langs just (after song of songs), eine zeitgenössische Auseinandersetzung mit den sinnlichen Texten aus dem Hohelied Salomos.

Besetzung

Benedict Mitterbauer | Viola

Hannes Schöggl | Perkussion

György Handl | Celesta

Company of Music

Johannes Hiemetsberger | Dirigent

Programm

Igor Strawinski 1882–1971

Élégie für Viola solo // 1944

David Lang * 1957

just (after song of songs) für drei Singstimmen // 2014

Francis Poulenc 1899–1963

Figure humaine. Kantate für Doppelchor a cappella FP 120 // 1943

I »De tous les printemps du monde«

II »En chantant les servantes s’élancent«

III »Aussi bas que le silence«

IV »Toi ma patiente«

V »Riant du ciel et des planètes«

VI »Le jour m’étonne et la nuit me fait peur«

VII »La menace sous le ciel rouge«

VIII Liberté

// Pause //

Morton Feldman 1926–1987

Rothko Chapel für Sopran, Alt, Chor und Instrumente // 1971

Konzertende ca. 21:15 Uhr Brucknerhaus-Debüt

Trauer, Hoffnung, Einkehr, Sinnlichkeit

Werke von Igor Strawinski, David Lang, Francis Poulenc und Morton Feldman

Als 1944 Igor Strawinskis Élégie für Viola solo entstand, befand sich der in Russland geborene und später zunächst nach Frankreich übersiedelte Komponist bereits seit mehreren Jahren in seiner neuen amerikanischen Wahlheimat in West Hollywood. Die vielen Umzüge, meist bedingt durch einschneidende politische Ereignisse wie der bolschewistischen Revolution in Russland oder dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, waren dabei nicht spurlos an Strawinskis kompositorischem Schaf fen vorbeigegangen: Nach seiner Ankunft in Amerika 1939 entstanden neben einigen Fragment gebliebenen Experimenten mit Filmmusik verschiedene Gelegenheitsarbeiten wie das Scherzo à la russe für den ›King of Jazz‹ Paul Whiteman und seine Band, oder die Scènes de ballet, die ursprünglich für eine Broadway-Revue gedacht waren. Hauptwerke dieser ersten Jahre in Amerika sind Strawinskis Sonate für zwei Klaviere von 1943/44 und seine Symphony in Three Movements, die Eindrücke aus der ›Neuen Welt‹ mit Referenzen zu historischen Formen und Satztechniken verbindet. Die Élégie für Viola komponierte Strawinski auf Anregung des belgischen Bratschisten Germain Prévost. Gewidmet wurde sie dem wenige Jahre zuvor verstorbenen Geiger Alphonse Onnou, Gründer und Primarius des belgischen Quatuor Pro Arte. Das Ensemble, bei dem auch Prévost Mitglied war, arbeitete eng mit Strawinski zusammen und gehörte zu seinen Lieblingsinterpreten. Die Élégie ist eine sangliche Totenklage über einem mehrstimmigen, kontrapunktischen Gewebe. Ohne festgelegte Taktangabe ist das Metrum frei und changiert permanent. Die Komposition folgt dabei einer A-B-A-Form: Nach einer kantablen Einleitung enthält der kontrastierende Mittelteil eine imitative Engführung zweier Stimmen, bevor die Élégie mit einer Reprise des ersten Teils schließt. Der legendäre Balletttänzer und Choreograf George Balanchine – den es ebenfalls von Russland nach Amerika verschlagen hatte und der auch

eng mit Strawinski zusammenarbeitete – realisierte insgesamt drei Choreo­grafien der Élégie als neo­klassisches Ballett, das die meditative Resignation der Musik in Bewegungen übersetzt und der überwältigenden Körperlichkeit von Trauer Ausdruck verleiht.

Post-minimalistisches Hohelied

Strawinski landete erst nach Stationen in Frankreich, der Schweiz und New York schließlich in Los Angeles, wo 1957 David Lang geboren wurde. Die Werke des unter anderem mit einem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Komponisten werden häufig der Strömung des Post­Minimalismus zu­geschrieben. Damit steht Lang in der Tradition der sogenannten ›Minimal Music‹, die sich ab den 1960er-Jahren in den USA entwickelte und sich vor allem durch ihren repetitiven Charakter auszeichnet: Ein einfaches

George Balanchine bei einer Probe mit zwei Tänzer:innen, 1948

Grundmuster (›pattern‹) wird über einen langen Zeitraum immer wieder mit minimalen, oft kaum wahrnehmbaren Variationen wiederholt. Auch Langs post-minimalistische Kompositionen wie das 2014 entstandene just (after song of songs) leben von der Repetition, allerdings mit einer organischeren Formgestaltung und deutlich hörbaren Variationen. In diesem Fall vertont Lang Text-Bausteine aus dem biblischen Hohelied Salomos (dem »song of songs«), die er in stets dieselbe syntaktische Struktur bringt. Das alttestamentarische Buch besteht aus einer Sammlung zärtlicher, teilweise explizit erotischer Liebeslieder. Lang übernimmt zentrale Schlagwörter aus dem biblischen Text, bringt sie aber durch die gleichbleibende Satzkonstruktion in eine repetitive Gleichförmigkeit, die mit dem zurückhaltenden Charakter der Musik Hand in Hand geht. Jede Zeile, die mit »just your« beginnt, wird dabei einer männlichen Stimme zugeschrieben, die Textblöcke »and my« repräsentieren eine weibliche Erzählinstanz, während mit »our« beide Stimmen gemeinsam sprechen. Das Werk entstand im Auftrag der Louth Contemporary Music Society, die im Jahr 2014 verschiedene zeitgenössische Komponist:innen dazu einlud, sich kompositorisch mit dem Hohelied zu beschäftigten.

Lang, der ebenfalls ein versierter Komponist von Filmmusik ist, verwendete die Komposition außerdem für den Soundtrack der Tragikomödie Ewige Jugend von Paolo Sorrentino, in der zwei alte Freunde während ihres Urlaubs in den Schweizer Alpen über ihr eigenes Altern reflektieren, in Erinnerungen schwelgen und über das Leben philosophieren.

»Liberté«

Nur ein Jahr vor Strawinskis Élégie entstand 1943 in Paris eines der wohl wichtigsten Chorwerke des 20. Jahrhunderts: die Kantate Figure humaine des französischen Komponisten Francis Poulenc nach Gedichten des surrealistischen Lyrikers Paul Éluard. Poulenc stammte aus einer wohlhabenden Familie und war bereits während seiner Kindheit und Jugend von Musik, Literatur und Kunst umgeben. Mit zehn Jahren rezitierte er Gedichte von Stéphane Mallarmé auswendig, als Jugendlicher entwickelte er sich zu einem virtuosen Pianisten. Komponist zu werden blieb sein Lebenstraum, dem er sich nach einer Ausbildung am renommierten Lycée Condorcet, die er den Eltern zuliebe absolvierte, auch widmen durfte.

Korrigierte handschriftliche Erstfassung des Gedichts Liberté (damals noch unter dem Arbeitstitel Une seule pensée) von Paul Éluard, 1942

Poulenc, der sein Leben lang als kultivierter Kenner der Künste geschätzt wurde, tauchte in die Pariser Intellektuellen- und Künstler:innenkreise der 1910er-Jahre ein. Dabei traf er auf Persönlichkeiten wie Darius Milhaud, Georges Auric, Manuel de Falla und Erik Satie, begeisterte sich für Strawinskis Le sacre du printemps, über dessen Uraufführung 1913 sich in Paris die Geister schieden, und ging auf Tuchfühlung mit der internationalen Literatur-Avantgarde, die damals in der legendären Buchhandlung La maison des Amis des Livres ein und aus ging. So machte Poulenc auch 1919 zum ersten Mal Bekanntschaft mit Paul Éluard, mit dem er sich auf Anhieb gut verstand. Beide teilten sowohl eine Vorliebe für die Malerei als auch für die ›chansons de Music Hall‹, also die damalige Unterhaltungsmusik. Éluard war ebenfalls in Paris aufgewachsen, arbeitete tagsüber im Betrieb seines Vaters als Immobilienmakler und widmete sich ansonsten der Poesie. Im Jahr 1919 schloss er sich den Pariser Dadaisten um André Breton an, die mit der Veröffentlichung von Bretons Manifest des Surrealismus 1924 einen Richtungswechsel vom Dadaismus hin zum Surrealismus vollzogen. Sie verstanden sich als revolutionäre, anarchistische Gegenbewegung zur Bourgeoisie in der Ergründung des Unbewussten durch die Sphären des Rausches und des Traumes. Es handelte sich dabei um eine Kunst- und Weltauffassung, die auf sämtliche Lebensbereiche übergriff und sich vor allem in der Literatur, der bildenden Kunst, dem Film und der Philosophie niederschlug.

Music Hall

Bis in die 1930erJahre Unterhaltungsstätten in London und Paris, in denen ein Bühnenspektakel mit Restaurantund Barbetrieb angeboten wurde

Ebenso wie Poulenc suchte auch Éluard den Kontakt zu anderen Künsten wie der Malerei und der Musik. Er verstand sein eigenes Schaffen als »vibration musicale«, was ihn deutlich von den anderen Persönlichkeiten im Kreis der Surrealist:innen unterschied, die Musik wenn überhaupt nur stiefmütterlich behandelten. Erste Vertonungen Poulencs von Gedichten Éluards entstanden allerdings erst 20 Jahre nach ihrer ersten Begegnung. Poulenc hatte in den 1930er-Jahren den Bariton Pierre Bernac kennengelernt und komponierte für ihn zahlreiche Vokalwerke, für die er häufig Textvorlagen von zeitgenössischen Dichtern wie Éluard heranzog. Die Kantate Figure humaine unterscheidet sich dabei in ihrem politischen Impetus von anderen Kompositionen Poulencs: Das Werk für zwölfstimmigen Doppelchor war unmittelbar von den Kriegsjahren geprägt und eine

Reaktion auf die deutsche Besetzung Frankreichs ab 1940. Für Poulenc und Éluard verliefen die Kriegsjahre sehr unterschiedlich: Während Poulenc – bis auf ein kurzes Intermezzo als Soldat im Sommer 1940 –die Kriegszeit relativ unbescholten überstand, ging Éluard nach dem Einmarsch der Wehrmacht in den Untergrund und engagierte sich in der Résistance. In seinem Gedichtzyklus Poésie et Vérité 1942 verarbeitete er die Eindrücke aus dem Leben im Untergrund. Auch Poulenc leistete Widerstand gegen die Besatzung, wenn auch auf seine eigene künstlerische Art: Neben Gedichten von Éluard, die er ihm unter einem Decknamen zukommen ließ, vertonte er Gedichte von verfemten Dichtern wie Max Jacob oder Robert Desnos, die in Lager verschleppt und ermordet worden waren.

»Während der deutschen Besatzung hatten einige Privilegierte, zu denen auch ich gehörte, den Trost, mit der Morgenpost wunderbare maschinengeschriebene Gedichte zu erhalten, unter denen wir unter Decknamen die Unterschrift von Paul Éluard erahnen konnten. Auf diese Weise erhielt ich die meisten Gedichte aus Poésie et vérité 1942 [...]. Ich hatte die Idee eines geheimen Werkes, das man herausgeben und heimlich vorbereiten könnte, um es am langersehnten Tag der Befreiung zu geben [...]. Voller

Enthusiasmus begann ich mit der Komposition Figure humaine, die ich am Ende des Sommers fertigstellte. Mein Verleger und Freund Paul Rouart erklärte sich bereit, diese Kantate unter der Hand zu veröffentlichen. Dadurch konnte die Musik nach der Befreiung nach London geschickt werden, und noch vor Kriegsende, im Januar 1945, wurde sie von den Chören der BBC uraufgeführt.«

Francis Poulenc zitiert nach: Henri Hell, Francis Poulenc. Musicien français, Paris 1978

Die Kantate Figure humaine ist insofern ein existenziell politisches Werk, ein auskomponierter Ruf nach Freiheit und Frieden, entstanden in der bangen Hoffnung auf ein Ende des Kriegs und der Besatzungszeit – auch wenn man ihr das womöglich auf musikalischer Ebene zunächst gar nicht unmittelbar anhört. Das hängt auch mit der literarischen Vorlage zusammen: Éluards Gedichte sind vieldeutig, eher abstrakt-suggestiv als konkret und schaffen es nichtsdestotrotz, die Verzweiflung und Wünsche der Erzählinstanz unmissverständlich zu kommunizieren. Die vertonten Texte zeichnet dabei eine krasse Gleichzeitigkeit von Hoffnung und morbider Bitterkeit aus. Die Grausamkeiten des Alltags – der Hunger, die Kälte, Frauen, die den Hinrichtungsplatz reinigen – werden zugleich mit einer unbändigen kämpferischen Hoffnung auf Befreiung verbunden, die in der Proklamation »Liberté« kulminiert, mit der die Kantate endet. Poulenc findet für diese erschütternd­schönen Texte eine musikalische Sprache, die stark von seiner geistlichen Vokalmusik beeinflusst ist. Die Anlage für zwölfstimmigen Doppelchor (also zwei jeweils sechsstimmige Chöre) ermöglicht ihm dabei neben räumlichen Effekten auch schillernde harmonische Ausdrucksmöglichkeiten. Bereits der Beginn der Kantate mit einer Basslinie im Fortissimo changiert zwischen Responsorium und Arbeiterlied. Trotz aller impressionistischen und jazzigen Anklänge, die Poulencs Tonsprache besonders ›französisch‹ klingen lassen, verlässt sie jedoch nie das Fundament der Tonalität. Das hat zur Folge, dass Poulencs Komposition einerseits sehr farbig, vielseitig ausdifferenziert und modern klingt, aber zugleich dem Ohr vertraute Strukturen besitzt, die die Musik leicht zugänglich machen. Poulenc greift dabei – wie es sich auch in der Besetzung für A-cappellaChor zeigt – auf reduzierte musikalische Mittel zurück und vermeidet bei allen dynamischen Kontrasten eine martialische Drastik des Klangs. Erst die letzte Nummer steigert sich schließlich zu einem klanglichen Extrem, das an die Grenzen der menschlichen Stimme geht: Über vier Oktaven verteilt proklamieren alle zwölf Stimmen »Liberté« als existenziellen Urschrei.

Responsorium liturgischer Wechselgesang zwischen Vorsänger und Gemeinde

Meditative Klangflächen

Der für seine abstrakten Farbflächen berühmte Maler Mark Rothko wurde im Jahr 1964 von den Mäzen:innen John und Dominique de Menil beauftragt, eine neue Kapelle mit Gemälden auszustatten. Das Gebäude, das sich auf dem Gelände der Menil Foundation in Houston befindet, sollte einerseits als ökumenischer, spiritueller Raum, andererseits als begehbares Kunstwerk fungieren. Die Wahl fiel auf Rothko, da der Künstler selbst den spirituellen Charakter seiner Kunst gerne unterstrich. Zudem gab es bis dato keinen Raum, der exklusiv seine Gemälde zeigte. Rothko vervollständigte die Bilder 1967 und brachte sich umfänglich in die Gestaltung der Kapelle ein. Dabei schlug sich seine psychische Krankheit womöglich auch in seinen Arbeiten für die Rothko Chapel nieder: Rothko lieferte ausschließlich schwarze Gemälde für den Innenraum der Kapelle. Der Künstler litt an schweren manisch-depressiven Episoden und Alkoholismus, bis er sich schließlich 1970 in seinem Studio in Manhattan das Leben nahm. Die de Menils waren von den schwarzen Bildern überrascht, aber auch bewegt. »Ich fühlte mich geborgen, umarmt und frei. Nichts hielt meinen Blick auf. Es gab ein Jenseits«, beschrieb Dominique de Menil ihre emotionale Reaktion auf Rothkos Zyklus.

Im Schatten seines Suizids fand die Eröffnung der Kapelle 1971 statt. Unter den geladenen Gästen befand sich auch der Komponist Morton Feldman, der eng mit Rothko befreundet gewesen war. Ihn baten die de Menils, ein Rothko gewidmetes Werk zu komponieren, das mit seiner künstlerischen Gestaltung der Kapelle korrespondieren sollte. Zwischen Gebet, Meditation und multimedial-spirituellem Kunsterlebnis sollte Feldmans Komposition so die Wirkung der Gemälde im architektonischen und sakralen Setting der Rothko Chapel vervollständigen. Feldmans gleichnamige Komposition für Sopran, Alt, gemischten Chor, Perkussion, Celesta und Viola kommt dabei völlig ohne Text aus: Chor und Solistinnen summen lediglich. Die auf diese Weise entstehenden weichen, vokalen Zusammenklänge entfalten so eine quasi meditative Wirkung. Nach einer deklamatorischen Einleitung folgen ein abstrakter Teil für Chor und Röhrenglocken sowie ein motivisches Zwischenspiel für Sopran, Bratsche und Pauke. Die Sopranmelodie komponierte Feldman unter dem Eindruck von Strawinskis Tod im April 1971. Das Werk endet lyrisch mit Bratsche

Innenansicht der Rothko Chapel in Houston

und Vibraphon, zu denen der Chor schließlich dazustößt. Bei der Uraufführung der Komposition 1972 im Innenraum der Kapelle stellte Feldman die zwei Chöre gegenüber, sodass der Klang den gesamten achteckigen Raum der Kapelle durchdringen konnte.

Feldman zählt zu den wichtigsten Komponisten der musikalischen Avantgarde in Amerika: 1926 in New York geboren, wuchs er im Stadtteil Queens auf, wo seine Eltern eine Firma für Kinderbekleidung unterhielten. Obwohl Feldman bereits in seiner Kindheit mit dem Komponieren begann, entschied er sich – wie auch Poulenc – gegen eine akademische Ausbildung als Komponist. Bis zu seinem vierundvierzigsten Lebensjahr war er Mitarbeiter in der Firma seines Vaters und verfolgte das Komponieren nur privat. Nichtsdestotrotz war er bestens innerhalb der internationalen Neue-Musik-Szene vernetzt. Durch seinen Kompositionslehrer

Morton

Stefan Wolpe lernte

Feldman den Komponisten Edgar Varèse kennen, der dafür berüchtigt war, Alltagsgeräusche wie Sirenen oder Nebelhörner in seine meist dissonanzreichen Kompositionen zu integrieren. Von Varèse lernte Feldman, Musik als Klang zu begreifen und insofern ein komplexes, klangliches Endergebnis anstelle einer motivisch-thematischen Arbeit ›auf dem Papier‹ anzustreben. In den 1950er-Jahren machte Feldman außerdem die Bekanntschaft mit John Cage, einer weiteren Schlüsselfigur der musikalischen Avantgarde in Amerika. Dank Cage wurde Feldman Teil der sogenannten New York School, in der sich während der 1950er- und 1960er-Jahre amerikanische Maler:innen, Dichter:innen und Komponist:innen zusammenschlossen und austauschten. Die Malerei der New York School, zu der auch Rothko gehörte, wird häufig als abstrakter Expressionismus bezeichnet: Die Gemälde besitzen ein starkes Ausdrucksbegehren, das sich allerdings nicht in konkreten, figür­lichen Darstellungen manifestiert, sondern in abstrakten Formen und Farben. Bei Mark Rothko resultierte dieses abstrakte Ausdrucksbegehren vor allem im Malen von Farbflächen, die beim Betrachten einen nahezu hypnotischen Sog entwickeln. Feldmans Rothko Chapel bildet dazu ein musikalisches Pendant, wie ein in Klang gegossenes Rothko­Gemälde: großflächig, farbintensiv und monochrom.

Morton Feldman // Rothko Chapel
Morton Feldman, 1976

Gesangstexte

David Lang

just (after song of songs)

Just your mouth

Just your love

Just your anointing oils

Just your name

Just your chambers

Just your love

And my mother’s sons

And my own vineyard

And my soul

Just your flock

Just your companions

Just your kids

Just your cheeks

Just your neck

Just your couch

And my perfume

And my beloved

And my breasts

And my beloved

And my love

Just your eyes

And my beloved

Nur dein Mund

Nur deine Liebe

Nur deine salbenden Öle

Nur dein Name

Nur deine Kammern

Nur deine Liebe

Und die Söhne meiner Mutter

Und mein eigener Weinberg

Und meine Seele

Nur deine Herde

Nur deine Gefährten

Nur deine Kinder

Nur deine Wangen

Nur dein Hals

Nur deine Couch

Und mein Parfüm

Und mein Geliebter

Und meine Brüste

Und mein Geliebter

Und meine Liebe

Nur deine Augen

Und mein Geliebter

Our couch

Our house

Our rafters

And my love

And my beloved

Just your shadow

Just your fruit

Just your banner over me

Just your left hand

Just your right hand

And my beloved

And my beloved

Our wall

And my beloved

And my love

And my fair one

And my love

And my fair one

And my dove

Just your face

Just your voice

Just your voice

Just your face

Our vineyards

And my beloved

Just your flock

And my beloved

And my bed

And my soul

And my soul

And my soul

And my soul

And my mother’s house

Unsere Couch

Unser Haus

Unsere Dachsparren

Und meine Liebe

Und mein Geliebter

Nur dein Schatten

Nur deine Frucht

Nur deine Fahne über mir

Nur deine linke Hand

Nur deine rechte Hand

Und mein Geliebter

Und mein Geliebter

Unsere Mauer

Und mein Geliebter

Und meine Liebe

Und mein Schöner

Und meine Liebe

Und mein Schöner

Und mein Täubchen

Nur dein Gesicht

Nur deine Stimme

Nur deine Stimme

Nur dein Gesicht

Unsere Weinberge

Und mein Geliebter

Nur deine Herde

Und mein Geliebter

Und mein Bett

Und meine Seele

Und meine Seele

Und meine Seele

Und meine Seele

Und das Haus meiner Mutter

Just your sword

Just your mother

Just your wedding

Just your heart

And my love

Just your eyes

Just your veil

Just your hair

Just your teeth

Just your lips

Just your mouth

Just your cheeks

Just your veil

Just your neck

Just your two breasts

And my love

And my bride

And my heart

And my sister

And my bride

And my heart

Just your eyes

Just your necklace

Just your love

And my sister

And my bride

Just your love

Just your oils

Just your lips

And my bride

Just your tongue

Just your garments

Nur dein Schwert

Nur deine Mutter

Nur deine Hochzeit

Nur dein Herz

Und meine Liebe

Nur deine Augen

Nur dein Schleier

Nur dein Haar

Nur deine Zähne

Nur deine Lippen

Nur dein Mund

Nur deine Wangen

Nur dein Schleier

Nur dein Hals

Nur deine beiden Brüste

Und meine Liebe

Und meine Braut

Und mein Herz

Und meine Schwester

Und meine Braut

Und mein Herz

Nur deine Augen

Nur deine Halskette

Nur deine Liebe

Und meine Schwester

Und meine Braut

Nur deine Liebe

Nur deine Öle

Nur deine Lippen

Und meine Braut

Nur deine Zunge

Nur dein Gewand

And my sister

And my bride

Just your shoots

And my garden

And my beloved

And my garden

And my sister

And my bride

And my myrrh

And my spice

And my honeycomb

And my honey

And my wine

And my milk

And my heart

And my beloved

And my sister

And my love

And my dove

And my perfect one

And my head

And my locks

And my garment

And my feet

And my beloved

And my hand

And my heart

And my beloved

And my hands

And my fingers

And my beloved

And my beloved

Und meine Schwester

Und meine Braut

Nur deine Knospen

Und mein Garten

Und mein Geliebter

Und mein Garten

Und meine Schwester

Und meine Braut

Und meine Myrrhe

Und mein Gewürz

Und meine Honigwabe

Und mein Honig

Und mein Wein

Und meine Milch

Und mein Herz

Und mein Geliebter

Und meine Schwester

Und meine Liebe

Und meine Taube

Und mein Vollkommener

Und mein Kopf

Und meine Locken

Und mein Gewand

Und meine Füße

Und mein Geliebter

Und meine Hand

Und mein Herz

Und mein Geliebter

Und meine Hände

Und meine Finger

Und mein Geliebter

Und mein Geliebter

And my soul

And my beloved

Just your beloved

Just your beloved

And my beloved

Just your head

Just your locks

Just your eyes

Just your cheeks

Just your lips

Just your arms

Just your body

Just your legs

Just your appearance

Just your speech

And my beloved

And my friend

Just your beloved

And my beloved

Just your garden

Just your flock

And my beloved

And my beloved

Just your flock

And my love

Just your eyes

Just your hair

Just your teeth

Just your cheeks

And my dove

And my perfect one

Und meine Seele

Und mein Geliebter

Nur dein Geliebter

Nur dein Geliebter

Und meine Geliebte

Nur dein Kopf

Nur deine Locken

Nur deine Augen

Nur deine Wangen

Nur deine Lippen

Nur deine Arme

Nur dein Körper

Nur deine Beine

Nur dein Anblick

Nur deine Sprache

Und mein Geliebter

Und meine Freundin

Nur deine Geliebte

Und mein Geliebter

Nur dein Garten

Nur deine Herde

Und mein Geliebter

Und meine Geliebte

Nur deine Herde

Und meine Liebe

Nur deine Augen

Nur dein Haar

Nur deine Zähne

Nur deine Wangen

Und mein Täubchen

Und mein Vollkommener

And my mother

And my fancy

And my prince

Just your feet

Just your rounded thighs

Just your navel

Just your belly

Just your two breasts

Just your neck

Just your eyes

Just your nose

Just your head

Just your flowing locks

Just your breasts

Just your breasts

Just your breath

Just your kisses

And my beloved

Just your desire

And my beloved

And my love

Our doors

And my beloved

And my mother’s breast

And my mother

And my pomegranates

Just your left hand

Just your right hand

And my beloved

Just your mother

Just your heart

Just your arm

Und meine Mutter

Und meine Lust

Und mein Prinz

Nur deine Füße

Nur deine runden Oberschenkel

Nur dein Nabel

Nur dein Bauch

Nur deine beiden Brüste

Nur dein Hals

Nur deine Augen

Nur deine Nase

Nur dein Kopf

Nur deine wallenden Locken

Nur deine Brüste

Nur deine Brüste

Nur dein Atem

Nur deine Küsse

Und mein Geliebter

Nur dein Wunsch

Und mein Geliebter

Und meine Liebe

Unsere Türen

Und mein Geliebter

Und die Brust meiner Mutter

Und meine Mutter

Und meine Granatäpfel

Nur deine linke Hand

Nur deine rechte Hand

Und mein Geliebter

Nur deine Mutter

Nur dein Herz

Nur dein Arm

Our sister

And my breasts

Just your eyes

And my vineyard

And my very own

And my self

Just your voice

And my beloved

Figure humaine

Text: Paul Éluard // 1895–1952

I »De tous les printemps du monde«

De tous les printemps du monde

Celui-ci est le plus laid

Entre toutes mes façons d’être

La confiante est la meilleure

L’herbe soulève la neige

Comme la pierre d’un tombeau

Moi je dors dans la tempête

Et je m’éveille les yeux clairs

Le lent le petit temps s’achève

Où toute rue devait passer

Par mes plus intimes retraites

Pour que je rencontre quelqu’un

Je n’entends pas parler les monstres

Je les connais ils ont tout dit

Je ne vois que les beaux visages

Les bons visages sûrs d’eux-mêmes

Sûrs de ruiner bientôt leurs maîtres.

Unsere Schwester

Und meine Brüste

Nur deine Augen

Und mein Weinberg

Und mein Eigenes

Und mein Selbst

Nur deine Stimme

Und mein Geliebter

Von allen Frühlingen der Welt ist dieser der hässlichste.

Unter allen Facetten meines Daseins ist die vertrauensvolle die beste. Das Gras hebt den Schnee an wie den Stein eines Grabmals.

Ich schlafe während des Sturms und wache mit klaren Augen auf. Die träge kleine Zeit geht zugrunde wo jede Straße vorbei musste durch den Rückzug in mein Innerstes; weil ich jemandem begegne, höre ich die Ungeheuer nicht sprechen. Ich kenne sie, sie haben alles gesagt. Ich sehe nur schöne Gesichter, gute Gesichter, selbstsichere, die ihre Meister bald zugrunde richten.

II »En chantant les servantes s’élancent«

En chantant les servantes s’élancent

Pour rafraîchir la place où l’on tuait

Petites filles en poudres vite agenouillées

Leurs mains aux soupiraux de la fraîcheur

Sont bleues comme une expérience

Un grand matin joyeux

Faites face à leurs mains les morts

Faite faces à leurs yeux liquides

C’est la toilette des éphémères

La dernière toilette de la vie

Les pierres descendent disparaissent

Dans l’eau vaste essentielle

La dernière toilette des heures

A peine un souvenir ému

Aux puits taris de la vertu

Aux longues absences encombrantes

Et l’on s’abandonne à la chair très tendre

Aux prestiges de la faiblesse.

III »Aussi bas que le silence«

Aussi bas que le silence

D’un mort planté dans la terre

Rien que ténèbres en tête

Aussi monotone et sourd

Que l’automne dans la mare

Couverte de hante mate

Le poison veuf de sa fleur

Et de ses bêtes dorées

Crache sa nuit sur les hommes.

Singend stürzen die Mägde hervor, um den Platz, wo man tötete, wieder zu richten, kleine Mädchen, im Staub schnell niedergekniet, ihre Hände an den Kellerfenstern sind von der Kälte blau wie eine Erfahrung: ein großer fröhlicher Morgen.

Seht ihre Hände an, die toten, seht ihre wässrigen Augen an. Es ist der Schmuck der Vergänglichen, der letzte Schmuck des Lebens.

Die Steine fallen herab, tauchen ins ausgedehnte, unerlässliche Wasser.

Der letzte Schmuck der Stunden, kaum eine bewegte Erinnerung an die versiegten Brunnen der Tugend; an langwahrenden, störenden

Mangel, und man gibt sich dem so fühlsamen Fleisch und dem Ansehen der Schwäche hin.

So tief wie die Ruhe eines in die Erde gesenkten Toten, nur Finsternis rundum, auch monoton und matt wie der Herbst im Tümpel, bedeckt von glanzloser Scham: Das Gift, beraubt seiner Blume und seines goldenen Getiers, speit seine Nacht über die Menschen.

IV »Toi ma patiente«

Toi ma patiente ma patience, ma parente, Gorge haut suspendue, orgue de la nuit lente

Révérence cachant tous les ciels dans sa grâce

Prépare à la vengeance un lit d’où je naitrai.

V »Riant du ciel et des planètes«

Riant du ciel et des planètes

La bouche imbibée de confiance

Les sages veulent des fils

Et des fils de leurs fils

Jusqu’à périr d’usure

Le temps ne pèse que les fous

L’abîme est seul à verdoyer

Et les sages sont ridicules.

VI »Le jour m’étonne«

Le jour m’étonne et la nuit me fait peur

L’été me hante et l’hiver me poursuit

Un animal sur la neige a posé

Ses pattes sur le sable ou dans la boue

Ses pattes venues de plus loin que mes pas

Sur une piste où la mort

A les empreintes de la vie.

Du meine Geduldige, meine Geduld, meine Verwandte, hochschwebende Brust, Orgel der trägen Nacht, Ehrerbietung, die alle Himmel in ihrer Gnade verbirgt, bereite zur Rache ein Bett vor, wo ich geboren werde.

Über Himmel und Planeten lachend, den Mund mit Zuversicht vollgesogen, wollen die Weisen Söhne und Söhne von ihren Söhnen, bis sie verbraucht umkommen. Die Zeit wägt nur die Narren, nur der Abgrund wird ergrünen und die Weisen sind lächerlich.

Der Tag versetzt mich in Erstaunen und die Nacht macht mir Angst; der Sommer sucht mich heim, und der Winter verfolgt mich.

Ein Tier hat seine Tritte in den Schnee, in den Sand oder Schlamm gelegt, seine Tritte, von weiter her als meine Schritte, auf eine Fährte, wo der Tod Fußspuren des Lebens hat.

VII »La menace sous le ciel rouge«

La menace sous le ciel rouge

Venait d’en bas des mâchoires

Des écailles des annneaux

D’une chaîne glissante et lourde

La vie était distribuée

Largement pour que la mort prit au sérieux le tribu

Qu’on lui payait sans compter.

La mort était le Dieu d’amour

Et les vainquers dans un baiser

S’évanouissaient sur les victimes

La pourriture avait du cœur

Et pourtant sous le ciel rouge

Sous les appétits de sang

Sous la famine lugubre

La caverne se ferma.

La terre utile effaça

Les tombes creusées d’avance.

Les enfants n’eurent plus peur

Des profondeurs maternelles.

Et la bêtise et la démence

Et la bassesse firent place

À des hommes à des hommes frères des hommes

Ne luttant plus contre la vie

À des hommes indestructibles.

VIII Liberté

Sur mes cahiers d’écolier

Sur mon pupitre et les arbres

Sur le sable sur la neige

J’écris ton nom

Die Drohung unter rotem Himmel kam tief aus dem Rachen, aus Schuppen, aus Ringen: aus glatter und schwerer Kette.

Das Leben wurde reichlich verteilt, damit der Tod den Tribut ernst nahm, den man ihm zahlte, ohne zu zählen.

Der Tod war der Gott der Liebe.

Und die Sieger wurden im Kusse ohnmächtig auf ihren Opfern.

Die Verderbtheit hatte Mut, und dennoch: unter rotem Himmel, unter den Begierden des Blutes, unter trostlosem Hunger schloss sich die Höhle.

Die nützliche Erde verwarf –die vorher ausgehobenen Gräber. Die Kinder hatten keine Angst mehr vor mütterlichen Tiefgründigkeiten.

Und die Dummheit und der Wahn und die Niedertracht machten Platz für die Menschen, Brüder der Menschen, kämpften nicht mehr gegen das Leben, machten den unverwüstlichen Menschen Platz.

Auf meine Schulhefte, auf mein Pult und an die Bäume, in den Sand, auf den Schnee schreibe ich deinen Namen.

Sur toutes les pages lues

Sur toutes les pages blanches

Pierre sang papier ou cendre

J’écris ton nom.

Sur les images dorées

Sur les armes des guerriers

Sur la couronne des rois

J’écris ton nom.

Sur la jungle et le désert

Sur les nids sur les genêts

Sur l’écho de mon enfance

J’écris ton nom.

Sur les merveilles des nuits

Sur le pain blanc des journées

Sur les saisons fiancées

J’écris ton nom.

Sur tous me chiffons d’azur

Sur l’étang soleil moisi

Sur le lac lune vivante

J’écris ton nom.

Sur les champs sur l’horizon

Sur les ailes des oiseaux

Et sur le moulin des ombres

J’écris ton nom.

Sur chaque bouffée d’aurore

Sur la mer sur les bateaux

Sur la montagne démente

J’écris ton nom.

Auf alle gelesenen Seiten, auf alle leeren Seiten, Stein, Blut, Papier oder Asche schreibe ich deinen Namen.

Auf die goldenen Bilder, auf die Waffen der Krieger, auf die Krone der Könige schreibe ich deinen Namen.

Auf den Dschungel und die Wüste, auf die Nester, auf die Ginsterbüsche, auf das Echo meiner Kindheit schreibe ich deinen Namen.

Auf die Wunder der Nächte, auf das weiße Brot der Tage, auf die verlobten Jahreszeiten schreibe ich deinen Namen.

Auf alle meine himmelblauen Tücher, auf den schimmligen Sonnenteich, auf den lebendigen Mondsee schreibe ich deinen Namen.

Auf die Felder, auf den Horizont, auf die Schwingen der Vögel und auf die Mühle der Schatten schreibe ich deinen Namen.

Auf jeden Hauch Morgenröte, auf das Meer, auf die Schiffe, auf das verrückte Gebirge –schreibe ich deinen Namen.

Sur la mousse des nuages

Sur les sueurs de l’orage

Sur la pluie épaisse et fade

J’écris ton nom.

Sur les formes scintillantes

Sur les cloches des couleurs

Sur la vérité physique

J’écris ton nom.

Sur les sentiers éveillés

Sur les routes déployées

Sur les places qui débordent

J’écris ton nom.

Sur la lampe qui s’allume

Sur la lampe qui s’éteint

Sur mes maisons réunies

J’écris ton nom.

Sur le fruit coupé en deux

Du miroir et de ma chambre

Sur mon lit coquille vide

J’écris ton nom.

Sur mon chien gourmand et tendre

Sur ses oreilles dressées

Sur sa patte maladroite

J’écris ton nom.

Sur le tremplin de ma porte

Sur les objets familiers

Sur le flot du feu béni

J’écris ton nom.

Auf den Schaum der Wolken, auf die Schweißtropfen des Unwetters, auf den dichten, faden Regen schreibe ich deinen Namen.

Auf die funkelnden Formen, auf die Glocken der Farben, auf die greifbare Wahrheit schreibe ich deinen Namen.

Auf die erwachten Pfade, auf die entfalteten Straßen, auf die überquellenden Plätze schreibe ich deinen Namen.

Auf die aufleuchtende Lampe, auf die erlöschende Lampe, auf meine wiedervereinten Häuser schreibe ich deinen Namen.

Auf die halbierte Frucht des Spiegels und meiner Kammer, auf meines Bettes leere Muschel schreibe ich deinen Namen.

Auf meinen gefräßigen und sanften Hund, auf seine gespitzten Ohren, auf seine ungeschickte Pfote schreibe ich deinen Namen.

Auf die Schwelle meiner Tür, auf die vertrauten Dinge, auf die Woge gesegneten Feuers schreibe ich deinen Namen.

Sur toute chair accordée

Sur le front de mes amis

Sur chaque main qui se tend

J’écris ton nom.

Sur la vitre des surprises

Sur les lèvres attentives

Bien au-dessus du silence

J’écris ton nom.

Sur mes refuges détruits

Sur mes phares écroulés

Sur les murs de mon ennui

J’écris ton nom.

Sur l’absence sans désir

Sur la solitude nue

Sur les marches de la mort

J’écris ton nom.

Sur la santé revenue

Sur le risque disparu

Sur l’espoir sans souvenir

J’écris ton nom.

Et par le pouvoir d’un mot

Je recommence ma vie

Je suis né pour te connaitre

Pour te nommer

Liberté

Auf jedes vereinigte Fleisch, auf die Stirn meiner Freunde, auf jede Hand, die sich ausstreckt, schreibe ich deinen Namen.

Auf das Glas der Überraschungen, auf die erwartungsvollen Lippen, hoch über das Schweigen schreibe ich deinen Namen.

Auf meine zerstörten Zufluchtsorte, auf meine eingestürzten Leuchttürme, auf die Mauern meiner Langeweile schreibe ich deinen Namen.

Auf die Abwesenheit ohne Wunsch, auf die nackte Einsamkeit, auf die Trittstufen des Todes schreibe ich deinen Namen.

Auf die wiedergekehrte Gesundheit, auf die entschwundene Gefahr, auf die Hoffnung ohne Erinnerung schreibe ich deinen Namen.

Und durch die Macht eines Wortes beginne ich mein Leben neu. Ich bin geboren, dich zu kennen, dich zu nennen:

Freiheit

Benedict Mitterbauer

Viola

Benedict Mitterbauer ist einer der führenden jungen Bratschisten Österreichs, gefragter Kammermusiker und Solobratschist im Bruckner Orchester Linz. Er studierte bei Thomas Riebl und Veronika Hagen an der Universität Mozarteum Salzburg, ist Preisträger zahlreicher Wettbewerbe und war Stipendiat der Musikakademie in Liechtenstein. Als Solist trat er mit dem Bruckner Orchester Linz, der Kammerakademie Potsdam und dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn auf. Konzertreisen führten ihn in die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate, nach Kuba, Japan, Hongkong, Singapur, Israel und in weite Teile Europas. Dabei stand er mit Musiker:innen wie Thomas Zehetmair, Benjamin Schmid, Benjamin Herzl, Nigel Kennedy, Emmanuel Tjeknavorian, Esther Hoppe, Lars Anders Tomter, Clemens und Julia Hagen, Christian Poltéra, Matthias Bartolomey, Dominik Wagner, Juliane Banse und Thomas Gansch auf der Bühne.

Hannes Schöggl

Perkussion

Der in Wien lebende Perkussionist, Komponist und Pädagoge Hannes Schöggl schloss 2021 sein Masterstudium an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien mit Auszeichnung ab. Er ist Gründer des Ensembles between feathers sowie des interdisziplinären Künstlerkollektivs arTemporis und Mitglied des ensemble XXI. jahrhundert. Schöggl musiziert mit weiteren Ensembles wie dem Klangforum Wien, dem Ensemble PHACE, Schallfeld und Studio Percussion aus Graz sowie mit der Jazz/ World-Formation Quetsch ‘n‘ Vibes. Als Solist trat er im Musikverein Wien und dem Auditorio de Tenerife auf. Der Preisträger internationaler Wettbewerbe ist Dozent an der MUK Privatuniversität Wien für Instrumentalund Gesangspädagogik. Er ist unter anderem Pädagoge an der Musikschule Wien und unterrichtet bei Superar Schlaginstrumente. Schöggl gab Workshops und Masterclasses in Europa, den USA und Kanada.

György Handl

Celesta

György Handl, 1981 in Ungarn geboren, erhielt 2005 sein Diplom an der Franz Liszt Universität für Musik in Budapest. Als Korrepetitor arbeitete er unter anderem mit Kirsi Tiihonen, Zoltán Nagy, dem Collegium Vocale Wien, dem Chor der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, dem Chor der Franz Liszt Universität für Musik und Budapester Theatern zusammen. Er wirkte an Einstudierungen im Wiener Ronacher oder im Festspielhaus St. Pölten mit und gestaltete den Meisterkurs der Wiener Symphoniker. 2013 bis 2016 studierte er an der MUK Privatuniversität Wien Vokalkorrepetition Oper, Lied und Oratorium. Derzeit ist er Solo- und Klassenkorrepetitor am Anton Bruckner Institut der mdw Wien, EnsembleKorrepetitor im Universitätslehrgang Klassische Operette an der MUK, Klavierbegleiter des Ensembles Wiener Comedian Harmonists und ständiger Korrepetitor des Chorus sine nomine.

Johannes Hiemetsberger

Dirigent

Johannes Hiemetsberger ist Gründer und künstlerischer Leiter des Chorus sine nomine sowie der Company of Music. Mit einem breiten Repertoire von aktueller Musik bis zur Renaissance musiziert er mit beiden Ensembles regelmäßig im Wiener Konzerthaus, im Musikverein Wien, im Brucknerhaus Linz, in der Elbphilharmonie in Hamburg, in der Esplanade Concert Hall in Singapur, bei der Jeunesse, den Salzburger Festspielen, der Styriarte, bei Wien Modern oder dem Ravenna Festival. Als Dirigent arbeitet er mit den Wiener Symphonikern, dem Orchester Wiener Akademie, dem Ensemble »die reihe«, dem L’Orfeo Barockorchester, der Camerata Salzburg, dem NDR Chor, dem Chor des Bayerischen Rundfunks und der Sociedad de Coral de Bilbao zusammen. Johannes Hiemetsberger ist Professor für Dirigieren an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Seit 2022 leitet er das brücken.festival.wienerwald.

Company of Music

Die Company of Music – Österreichs einziges professionelles Vokalensemble mit eigenem Zyklus im Wiener Konzerthaus – wurde 2002 von Johannes Hiemetsberger gegründet. Die Programme zeichnen sich durch eine an die jeweilige Aufführung angepasste Konzertsituation aus, die neue Erlebnisräume schafft und möglichst vielen Menschen Zugänge zu aktueller Musik erschließen soll. Die stilistische Bandbreite reicht von Werken des 15. Jahrhunderts über barocke Meilensteine wie Bachs h-Moll-Messe bis zur klassischen Moderne, Jazz und Pop – dabei steht aktuelle Musik im Fokus. Komponist:innen wie Manuela Kerer, Tanja Elisa Glinsner, Katharina Roth, Johanna Doderer, Julia Lacherstorfer, Michael Radulescu, Bernd Richard Deutsch und Pier Damiano Peretti schrieben für das ›vokale Orchester‹, das zudem österreichische Erstaufführungen von Per Nørgård, David Lang, Kaija Saariaho, Uģis Prauliņš und anderen realisierte.

Sopran

Barbara Achammer

Elisabeth Sturm

Megumi Sakai

Julia Nobis

Nora Mayer

Alt

Martina Hübner

Elisabeth Kirchner

Kanako Shimada-Gottfried

Anne Alt

Tenor

Sebastian Taschner

Gerwin Reder

Julian Podger

David Pruonto

Bass

Maximilian Schnabel

Lukas Haselböck

Akos Banlaky

Jonathan Davis

Impressum

Herausgeberin

Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH, Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4010 Linz

Redaktion

Paula Schlüter, MA

Biografien

Romana Gillesberger, Celia Ritzberger, BA MA

Lektorat

Celia Ritzberger, BA MA

Gestaltung

Anett Lysann Kraml, Lukas Eckerstorfer

Abbildungen gemeinfrei (S. 6,8, 13 & 14), T. Pewal (S. 28 & 31), I. Yeroshko (S. 29), privat (S. 30), A. Grilc (S. 32–33)

Programm­, Termin­ und Besetzungsänderungen vorbehalten

LIVA – Ein Mitglied der Unternehmensgruppe Stadt Linz

Wir danken für Ihren Besuch und wünschen Ihnen ein schönes Konzert!

Daria Parkhomenko

Werke von Franck, Enescu und Rachmaninoff

VERANSTALTUNGSORT UND KARTEN

Brucknerhaus Linz · Untere Donaulände 7 · 4010 Linz +43 (0) 732 77 52 30 · kassa@liva.linz.at

19.Dezember 2024 · 19:30 Uhr C.Bechstein Centrum Linz / Klaviersalon Merta GmbH

Bethlehemstraße 24 · A-4020 Linz · +43 (0) 732 77 80 05 20

linz@bechstein.de · bechstein-linz.de

Foto: Michael Reinicke

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