Michi Gaigg und das L’Orfeo Barockorchester 08.12.2024

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8. Dezember 2024

11:00 & 15:00 Uhr, Großer Saal

Bachs Weihnachtsoratorium

Das besondere Konzert I Saison 24–25

Weitere Highlights 24–25

Karten und Infos:

+43 (0) 732 77 52 30 brucknerhaus.at

So, 15. Dez 2024, 18:00

Mittlerer Saal

Michael Schade, André Ferreira & Christoph Hammer Winterreise

Begleitet von André Ferreira an der Biedermeiergitarre und Christoph Hammer am Hammerklavier singt Michael Schade Schuberts Winterreise

Di, 31. Dez 2024, 19:30

Großer Saal

Das große Silvesterkonzert

Der ganze Strauss

Ein klingend­inszenierter Streifzug des Johann Strauss Ensembles sowie namhafter Solist:innen durch alle 17 Bühnenwerke des ›Walzerkönigs‹.

Mi, 1. Jän 2025, 17:00

Großer Saal

Neujahrskonzert

Das Bruckner Orchester Linz und Markus Poschner läuten das neue Jahr mit Klassikern und Raritäten aus dem reichen Fundus der Strauss’schen Tanz­ und Unterhaltungsmusik ein.

alla

breve

Das Programm auf einen Blick

Als Johann Sebastian Bach im Jahr 1734 das Weihnachtsoratorium komponierte, war er bester Hoffnung, dass es nicht – wie damals üblich –bei nur einer Aufführung bleiben würde. Der Stoff, aus dem das monumentale Werk gewoben ist, war von Anbeginn für die Ewigkeit gedacht.

Die Möglichkeit, aus dem Bund von sechs Kantaten ein Jahrhundertwerk zu machen, sah der Leipziger Kantor in seiner eigenen Stadt eher nicht. Umso wichtiger war ihm die Überschrift »Oratorium« im gedruckten Textbuch und auf der Partitur. In Johann Gottfried Walthers Musicalischem Lexicon von 1752 steht der Begriff für eine »geistliche Opera« und weist auf die Ambivalenz der Gattung hin: Eine Oper hat ihren Platz doch eigentlich nicht in der Kirche – anders sieht es bei einer »geistlichen Opera« aus. Wohl kein vergleichbar bekanntes Werk wie Bachs Weihnachtsoratorium könnte diese Doppelfunktion besser verkörpern, stammt die Musik doch größtenteils aus weltlichen Kantaten und wurde für den Anlass nur entsprechend neu arrangiert und textiert. So hat Bachs weihnachtliches Oratorium von Leipzig aus mittlerweile Konzertsäle auf der ganzen Welt erobert.

Besetzung

Dorothee Mields | Sopran

Margot Oitzinger | Alt

Virgil Hartinger | Tenor

Peter Kooij | Bass

Collegium Vocale Salzburg

L’Orfeo Barockorchester

Michi Gaigg | Dirigentin

Programm // 11:00 Uhr

Johann Sebastian Bach 1685–1750

Weihnachtsoratorium. Oratorium in sechs Kantaten für Soli, Chor und Orchester BWV 248 // 1733–35

1. Teil: »Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage«

Nr. 1 Chor »Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage«

Nr. 2 Rezitativ »Es begab sich aber zu der Zeit«

Nr. 3 Rezitativ »Nun wird mein lieber Bräutigam«

Nr. 4 Arie »Bereite dich, Zion, mit zärtlichen Trieben«

Nr. 5 Choral »Wie soll ich dich empfangen«

Nr. 6 Rezitativ »Und sie gebar ihren ersten Sohn«

Nr. 7 Choral mit Rezitativ »Er ist auf Erden kommen arm«

Nr. 8 Arie »Großer Herr, o starker König«

Nr. 9 Choral »Ach mein herzliebes Jesulein«

2. Teil: »Und es waren Hirten in derselben Gegend«

Nr. 10 Sinfonia

Nr. 11 Rezitativ »Und es waren Hirten in derselben Gegend«

Nr. 12 Choral »Brich an, o schönes Morgenlicht«

Nr. 13 Rezitativ »Und der Engel sprach zu ihnen«

Nr. 14 Rezitativ »Was Gott dem Abraham verheißen«

Nr. 15 Arie »Frohe Hirten, eilt, ach eilet«

Nr. 16 Rezitativ »Und das habt zum Zeichen«

Nr. 17 Choral »Schaut hin, dort liegt im finstern Stall«

Nr. 18 Rezitativ »So geht denn hin, ihr Hirten, geht«

Nr. 19 Arie »Schlafe, mein Liebster, genieße der Ruh«

Nr. 20 Rezitativ »Und alsobald war da bei dem Engel«

Nr. 21 Chor »Ehre sei Gott in der Höhe«

Nr. 22 Rezitativ »So recht, ihr Engel, jauchzt und singet«

Nr. 23 Choral »Wir singen dir in deinem Heer«

3. Teil: »Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen«

Nr. 24 Chor »Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen«

Nr. 25 Rezitativ »Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren«

Nr. 26 Chor »Lasset uns nun gehen gen Bethlehem«

Nr. 27 Rezitativ »Er hat sein Volk getröst’«

Nr. 28 Choral »Dies hat er alles uns getan«

Nr. 29 Duett »Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen«

Nr. 30 Rezitativ »Und sie kamen eilend«

Nr. 31 Arie »Schließe, mein Herze, dies selige Wunder«

Nr. 32 Rezitativ »Ja, ja, mein Herz soll es bewahren«

Nr. 33 Choral »Ich will dich mit Fleiß bewahren«

Nr. 34 Rezitativ »Und die Hirten kehrten wieder um«

Nr. 35 Choral »Seid froh dieweil, dass euer Heil« Chor »Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen«

Konzertende ca. 12:30 Uhr

Programm // 15:00 Uhr

4. Teil: »Fallt mit Danken, fallt mit Loben«

Nr. 36 Chor »Fallt mit Danken, fallt mit Loben«

Nr. 37 Rezitativ »Und da acht Tage um waren«

Nr. 38 Rezitativ mit Choral »Immanuel, o süßes Wort!«

Nr. 39 Arie »Flößt, mein Heiland, flößt dein Namen«

Nr. 40 Rezitativ mit Choral »Wohlan, dein Name soll allein«

Nr. 41 Arie »Ich will nur dir zu Ehren leben«

Nr. 42 Choral »Jesu richte mein Beginnen«

5. Teil: »Ehre sei dir, Gott, gesungen«

Nr. 43 Chor »Ehre sei dir, Gott, gesungen«

Nr. 44 Rezitativ »Da Jesus geboren war zu Bethlehem«

Nr. 45 Chor und Rezitativ »Wo ist der neugebor’ne König der Juden?«

Nr. 46 Choral »Dein Glanz all Finsternis verzehrt«

Nr. 47 Arie »Erleucht’ auch meine finstre Sinnen«

Nr. 48 Rezitativ »Da das der König Herodes hörte«

Nr. 49 Rezitativ »Warum wollt ihr erschrecken?«

Nr. 50 Rezitativ »Und ließ versammeln alle Hohenpriester«

Nr. 51 Terzett »Ach, wenn wird die Zeit erscheinen?«

Nr. 52 Rezitativ »Mein Liebster herrschet schon«

Nr. 53 Choral »Zwar ist solche Herzensstube«

6. Teil: »Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben«

Nr. 54 Chor »Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben«

Nr. 55 Rezitativ »Da berief Herodes die Weisen heimlich«

Nr. 56 Rezitativ »Du Falscher, suche nur den Herrn zu fällen«

Nr. 57 Arie »Nur ein Wink von seinen Händen«

Nr. 58 Rezitativ »Als sie nun den König gehöret hatten«

Nr. 59 Choral »Ich steh’ an deiner Krippen hier«

Nr. 60 Rezitativ »Und Gott befahl ihnen im Traum«

Nr. 61 Rezitativ »So geht! Genug, mein Schatz geht nicht von hier«

Nr. 62 Arie »Nun mögt ihr stolzen Feinde schrecken«

Nr. 63 Rezitativ »Was will der Höllen Schrecken nun?«

Nr. 64 Choral »Nun seid ihr wohl gerochen«

Konzertende ca. 16:15 Uhr

»Jauchzet, frohlocket!«

Bachs Weihnachtsoratorium in seiner Zeit

Dezember 1734. In den beiden Leipziger Hauptkirchen St. Thomae und St. Nikolai stehen die Aufführungen jenes Werkes des Thomaskantors Johann Sebastian Bach an, das bis heute untrennbar mit den Attributen einer besinnlichen und festlichen Adventszeit verbunden wird: Das Weihnachtsoratorium. Eigentlich hätte Bach Anlass zum Feiern. Sein Amtsantritt in der berühmten Messe­ und Universitätsstadt als Kantor und Lehrer an der Thomasschule hat sich im vorigen Jahr zum zehnten Mal gejährt, der älteste Sohn, Wilhelm Friedemann, wird Organist an der Sophienkirche in Dresden (nachdem sein Vater ihm die Bewerbung geschrieben hat), und der zweitälteste, Carl Philipp Emanuel, beginnt sein Studium an der angesehenen Viadrina­Universität in Frankfurt an der Oder. Aber wie in keiner anderen Zeit kriselt es bei den Bachs mächtig: Zu Beginn der 1730er­Jahre beklagt Johann Sebastian sich in einem Brief an seinen Freund Georg Erdmann über die Zustände in der Leipziger Kirchenmusik. Am liebsten würde er seine Stelle sofort aufgeben und einen Neuanfang wagen. Der Rat der Stadt geht nicht besonders kollegial mit dem Komponisten um. Im August 1730 hat er eine schriftliche Abmahnung erhalten, er solle sich stärker um seine Un­ter­richts­pflich­ten an der Thomasschule kümmern, denn

»Dieser sich zeigende Mangel hat bißhero zum Theil von denen Studiosis, meistens aber von denen Alumnis müßen ersetzet werden. Die Herren Studiosi haben sich auch darzu willig finden laßen, in Hoffnung, daß ein oder anderer mit der Zeit einige Ergötzligkeit bekommen, und etwa mit einem stipendio oder honorario (wie vor diesem gewöhnlich gewesen) würde begnadigt werden. Da nun aber solches nicht geschehen, […] so hat hiemit sich auch die Willfährigkeit der Studiosorum verlohren; Denn wer wird ümsonst arbeiten, oder Dienste thun?«

Johann Sebastian Bachs Kurtzer; iedoch höchstnöthiger Entwurff einer wohlbestallten Kirchen Music; nebst einigem unvorgreiflichen Bedencken von dem Verfall derselben, 23. August 1730

Scenographiae Lipsiacae (Bauten der Stadt Leipzig) mit Thomaskirche oben mittig und Nikolaikirche unten rechts, Kupferstich von Joachim Ernst Scheffler, 1749

er »tuet nichts«. Ein herber Schlag für den Kantor, hat er sich doch auf Leipzig vor allem der Musik wegen gefreut. Er reagiert auf die Mitteilung mit einem »Entwurff einer wohlbestallten Kirchen Music, nebst einigem unvorgreifflichen Bedencken von dem Verfall derselben«. Kurz: Bach klärt auf, was in den letzten Jahren in Schieflage geraten ist, etwa, dass ihm fähige Musiker und Sänger fehlen. Studenten, die sich deswegen zur Aushilfe bereit erklären, werden oft nicht gerecht entlohnt. Beide Parteien verbleiben lediglich bei ihren Forderungen, Konsequenzen werden nicht gezogen.

Tatsächlich kann Bach mit der Übernahme des von Georg Philipp Telemann gegründeten studentischen Collegium Musicum auf einen breiteren Kreis von Musikern zurückgreifen. Vielleicht wären Komposition und Aufführung des Weihnachtsoratoriums ohne dieses Kontingent gar nicht erst möglich gewesen. Immerhin fordert das Werk eine Vielzahl an Instrumenten, unter denen sich auch Pauken und Hörner befinden. An sich für die Zeit und den Anlass wahrscheinlich keine allzu ungewöhnlichen Erscheinungen, nach der dramatischen Bach’schen Darstellung der ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen wohl dennoch etwas Besonderes.

Komposition und Aufbau

Gedacht war das Weihnachtsoratorium tatsächlich nie für eine Aufführung vor Heiligabend. Die sechs Teile, aus denen das Oratorium besteht, sind als Kantatenzyklus komponiert, die an den Sonn­ und Feiertagen ab dem ersten Weihnachtsfeiertag im Jahr 1734 aufgeführt wurden. Bedingt durch eine adventliche Fastenzeit gehörten mehrstimmige und instrumentale Beiträge zwischen dem 1. Advent und dem 1. Weihnachtsfeiertag nicht in den liturgischen Rahmen der Leipziger Kirchen. Bach hatte also genügend Zeit, um das monumentale Werk vorzubereiten.

Lübecker

Abendmusiken

Die ersten drei Teile wurden am 25., 26. und 27. Dezember 1734 aufgeführt, die Teile vier bis sechs am 1. Jänner 1735, am Sonntag, den 2. Jänner und am 6. Jänner, dem Feiertag zu Epiphanias. Die nötige Inspiration für ein solches Vorhaben hatte sich Bach vielleicht bei Dieterich Buxtehude und dessen Lübecker Abendmusiken abgeschaut. In seiner Geburtsstadt Eisenach wurde außerdem im Jahre 1711 ein mehrtägig konzipiertes Passionsoratorium des Hamburger Komponisten Reinhard Keiser gespielt, dessen Werke Bach sehr konzentriert studierte. Will man die sechs Teile des Weihnachtsoratoriums originalgetreu zur Aufführung bringen, braucht es einen Sonntag zwischen Neujahr und dem 6. Jänner. Falls ein solcher für spätere Jahre nicht gebo­ten wäre, komponiert Bach den fünften Teil als flexible Sonntagsmusik,

Konzertreihe mit Kirchenmusik außerhalb des Gottesdienstes zu freiem Eintritt in der Lübecker Marienkirche. Bach reiste im Herbst und Winter 1705/06 nach Lübeck, um von Buxtehude zu lernen und womöglich auch eine Abendmusik vor Ort mitzuerleben.

die als Kantate in jede Liturgie einsetzbar ist. In der Aufführung wechselten sich die Gemeinden der Nikolai­ und Thomaskirche ab: Der erste Teil wurde am Morgen des 25. Dezember 1734 in St. Nikolai, am Nachmittag in St. Thomae vorgetragen. Bereits für den zweiten Teil wechselten Schauplatz und Tageszeit. So ging es weiter bis Epiphanias, mit der Ausnahme, dass am 3. Weihnachtsfeiertag (27. Dezember 1734) und am Sonntag nach Neujahr (2. Jänner 1735) kein nachmittäglicher Kantatengottesdienst stattfand. Das Werk konnten also nur diejenigen im Ganzen hören, die immer in St. Nikolai zum Gottesdienst gingen.

»Schließe, mein Herze, dies selige Wunder fest in deinem Glauben ein«

Auch wenn das Weihnachtsoratorium einmalig und unverwechselbar scheint, so bestehen die meisten seiner Chorsätze und Arien aus Bearbeitungen früherer Werke Bachs. Schon der Eingangschor »Jauchzet, frohlocket«, der für unsere Ohren Weihnachtscharakter schlechthin besitzt, stammt ursprünglich aus der weltlichen Kantate »Tönet, ihr Pauken« BWV 214, die anlässlich des Geburtstages der sächsischen Kurfürstin Maria Josepha in Auftrag gegeben worden war. Die Methode, alte, zumeist weltliche, Musikstücke für neue, dann geistliche, zu ›recyceln‹, das sogenannte Parodieverfahren, taucht bei Bach in vielen Werken auf, es ist in mancherlei Hinsicht eine eigene Kunst des Komponisten, in dieser Weise vorzugehen. Dass er dann scheinbar ›nichts Neues‹ komponiert hat, mindert den Wert des Oratoriums allerdings ganz und gar nicht. Im Gegenteil, alte Werke in neue umzuformen und den Rezitativen und Chorälen anzupassen, bedarf viel theoretischer und musikalischer Kenntnis sowie einer konzentrierten Auseinandersetzung mit dem neuen Instrumentarium und Text. Bach formt also die Musik um, damit sie zum neuen Text und dem gegebenen Rahmen passt und schafft dadurch in der Summe eine in gewissem Maße neue Komposition. Denn neben vielen weiteren Stellschrauben, die Bach drehen muss, wird die musikalische Grundlage des Weihnachtsoratoriums polyphoner; Melodien und Abschnitte werden uminstrumentiert und transponiert, opernnahe Kadenzen beruhigt und die jeweilige Arie damit kirchlicher. Johann Sebastian Bachs persönliche Gläubigkeit gerät dadurch auch in einen interessanten Blick­

winkel: Indem er die Geburtstagskantate eines Herrschers (von Gottes Gnaden, daher unbedenklich im kirchlichen Rahmen) verwendet, um die Geburt Jesu musikalisch zu feiern, verweist er bereits auf das Ende, das die Geschichte mit demselben nimmt: die Auferstehung und Himmelfahrt. Er feiert damit also nicht in erster Linie die Geburt eines Neugeborenen, sondern gratuliert wortwörtlich dem Lebenden. Die Bassarie »Großer Herr,

Johann Sebastian Bach, Ölgemälde von Johann Göbel, ca. 1745

o starker König« unterstreicht dabei nur noch, dass die Ansprache nicht mehr dem in der Krippe liegenden, sondern dem über der Welt thronenden Christus gilt.

Oboe da caccia gebogene, mit Leder überzogene und tiefere Unterart der Barockoboe. Die Leipziger Bauweise gilt als Prototyp und sieht ein charakteristisches weites, trichterförmiges Fußteil aus Messing vor.

Spätestens im zweitem Teil sind wir in der Atmosphäre der Weihnachtsgeschichte angekommen. »Und es waren Hirten in derselben Gegend« beginnt mit einer pastoralen Sinfonia im wiegenden 12/8­Takt, der an eine Siciliana, einen aus Italien stammenden Hirtentanz, erinnert. Ein Spiel zwischen Flöten und Oboen, unter anderem mit Bachs für Leipzig persönlich in Auftrag gegebener Oboe da caccia, bestimmt die Melodien der rein instrumentalen Einführung. Mit der Erscheinung des Engels vor den Hirten beginnt die musikalische Ausdeutung des Textes: Wenn der Evangelist von der »Herrlichkeit des Herrn« redet, der die Beteiligten »umleuchtet«, fallen im begleitenden Bass die Töne, der Engel geht schließlich den Weg vom Himmel auf die Erde, die Spielweise des Legato, also alle Töne anzubinden, sie zu umspielen, verdeutlicht das Umleuchten der Hirtengruppe. Und spricht der Engel dann selbst in einem Rezitativ (»Fürchtet euch nicht«), wird sein heiliger Beitrag von zwei Violinen und einer Viola begleitet.

Die Altarie »Schließe, mein Herze, dies selige Wunder« aus dem dritten Teil ist die einzige neukomponierte Arie des Oratoriums. Die Sängerin verkörpert Maria, die von den Hirten erfährt, was der Engel über das neugeborene Kind mitgeteilt hat. Das möchte sie in ihrem Herzen bewahren. Die Melodie in der Violine symbolisiert besonders zu Beginn in ihren weichen Artikulationen und dem ruhigen Melodiecharakter das Wiegen des Kindes in Marias Armen. Dass die Musik im Gottesdienst auch der Stärkung des Glaubens dienen soll, wird dann spätestens im vierten Teil deutlich. In der Echoarie »Flößt mein Heiland« für zwei Soprane, Solo­Oboe und Continuo tritt die Allegorie des Christen (Sopran I) vor die Gemeinschaft und stellt ihrem Heiland (Sopran II im Hintergrund) allerlei Fragen, die einen am Glauben zweifeln lassen könnten. Kurz bevor der Angesprochene aber auf diese reagieren kann, antwortet die fragende Stimme schon selbst darauf. Wir haben es also mit einer im Glauben längst abgesicherten Person zu tun.

Im Jahr 1735 lag zwischen Neujahr und Epiphanias ein weiterer Sonntag, wodurch sich die vorliegende Komposition von sechs Teilen ergab. Sollte dieses Phänomen in späteren Jahren allerdings nicht eintreten, konzipierte Bach für diesen Fall den fünften Teil wie eine gewöhnliche Kantate, die für einen beliebigen anderen Sonntag eingesetzt werden kann und nicht zwingendermaßen zu einer Aufführung des Oratoriums dazugehören muss. So fehlen der Grundbesetzung besondere Instrumente wie Trompeten oder Pauken und dem Schlusschoral ist keine obligate Instrumentalbegleitung zugeschrieben. Jesus wird als lebender König verehrt, der zu huldigen ist, womit wiederum eine Verbindung zum Eingangschor des ersten Teils hergestellt wird. Handlung der Kantate ist das Suchen des Neugeborenen durch die drei Weisen aus dem Morgenland. In seiner einfachen Besetzung ist der Teil dann aber doch von tiefgläubigen Momenten durchdrungen. Auf die Frage der Könige, wo das Kind gefunden werden kann, antwortet der Alt: »Sucht ihn in meiner Brust, hier wohnt er […]«, mit der Botschaft an den:die Hörer:in: Ja, auch dein Herz soll ihn aufnehmen! Und, wenn im späteren Terzett Sopran und Tenor fast schon hilflos danach rufen, »wann die Zeit erscheinen wird«, dass der »Trost erscheine«, macht der Alt sie darauf aufmerksam, dass »er schon wirklich hier« sei, um im darauffolgenden Rezitativ klarzustellen, dass der »Liebste«, also Christus, schon herrsche und sein Thron das Herz dessen ist, der ihn liebe. Eine im 16. und 17. Jahrhundert gängige Verdeutlichung in allen Künsten für die Vereinigung der Seele im Glauben an Christus.

Haben die Könige den Heiland gerade noch gesucht, so wird er im sechsten und abschließenden Teil von ihnen gefunden und angebetet. Der berühmte Choral »Ich steh’ an deiner Krippen hier« erhält an dieser Stelle auch seine Heimat, dessen Thema das Ziel der Reisenden ist. So wie Anfang und Ende des Weihnachtsoratoriums sich ergänzen, fügen sich auch in dieser Nummer Text und Musik zusammen. Bach verwendet nämlich die Melodie des Chorals »Nun freut euch, liebe Christen g’mein«, in dem die Bekehrung eines Christen besungen wird. Er deutet die Anbetung der drei Könige als Hinwendung zum Glauben und als Vorbild für die Zuhörer:innen. Die Darlegung ihrer Gaben vor Christus ist die Darlegung des Lebens, die Hingebung dessen in der Ansprache an Gott: »was du mir hast gegeben«. Der Anfang des eigenen Lebens geht auf den im

Paul Gerhardt, »Ich steh an deiner Krippen hier«, Erstdruck in: Praxis Pietatis Melica, 1653

Himmel Thronenden zurück, genauso wie der Anfang des Weihnachtsoratoriums diesem gratuliert. Es folgt, als Ziel, die vollkommene Hingabe, genauso wie im letzten Teil, am Ende des Oratoriums, das Gebet formuliert wird, zur Krippe werden zu wollen. Triumphierend singt der Chor zum Schluss: »Tod, Teufel, Sünd’ und Hölle sind ganz und gar geschwächt«.

Andreas Kammenos

Gesangstexte // Teil 1–3

1. Teil: »Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage«

Text: Lukas 2,1 und 3–7

Nr. 1 Chor

Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage, Rühmet, was heute der Höchste getan!

Lasset das Zagen, verbannet die Klage, Stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an!

Dienet dem Höchsten mit herrlichen Chören, Lasst uns den Namen des Herrschers verehren!

Nr. 2 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augusto ausging, dass alle Welt geschätzet würde. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auch auf Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt David, die da heißet Bethlehem; darum, dass er von dem Hause und Geschlechte David war: auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte.

Nr. 3 Rezitativ

Alt

Nun wird mein liebster Bräutigam, Nun wird der Held aus Davids Stamm

Zum Trost, zum Heil der Erden Einmal geboren werden.

Nun wird der Stern aus Jakob scheinen,

Sein Strahl bricht schon hervor. Auf, Zion, und verlasse nun das Weinen, Dein Wohl steigt hoch empor!

Nr. 4 Arie

Alt

Bereite dich, Zion, mit zärtlichen Trieben, Den Schönsten, den Liebsten bald bei dir zu seh’n!

Deine Wangen müssen heut viel schöner prangen, Eile, den Bräutigam sehnlichst zu lieben!

Nr. 5 Choral

Wie soll ich dich empfangen

Und wie begegn’ ich dir?

O aller Welt Verlangen,

O meiner Seelen Zier!

Nr. 6 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

O Jesu, Jesu, setze Mir selbst die Fackel bei, Damit, was dich ergötze, Mir kund und wissend sei!

Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippen, denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

Nr. 7 Choral mit Rezitativ

Sopran (Chor)

Er ist auf Erden kommen arm,

Dass er unser sich erbarm, Uns in dem Himmel mache reich

Und seinen lieben Engeln gleich.

Bass

Wer will die Liebe recht erhöh’n, Die unser Heiland vor uns hegt?

Ja, wer vermag es einzusehen, Wie ihn der Menschen Leid bewegt?

Sopran (Chor) Kyrieleis!

Des Höchsten Sohn kömmt in die Welt; Weil ihm ihr Heil so wohl gefällt, So will er selbst als Mensch geboren werden.

Nr. 8 Arie

Bass

Großer Herr, o starker König, Liebster Heiland, o wie wenig

Achtest du der Erden Pracht!

Nr. 9 Choral

Ach mein herzliebes Jesulein, Mach dir ein rein sanft Bettelein,

Der die ganze Welt erhält, Ihre Pracht und Zier erschaffen, Muss in harten Krippen schlafen.

Zu ruh’n in meines Herzens Schrein, Dass ich nimmer vergesse dein!

2. Teil: »Und es waren Hirten in derselben Gegend«

Text: Lukas 2,8–14

Nr. 10 Sinfonia

Nr. 11 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und siehe, des Herren Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herren leuchtet um sie, und sie fürchten sich sehr.

Nr. 12 Choral

Brich an, o schönes Morgenlicht, Und lass den Himmel tagen!

Du Hirtenvolk, erschrecke nicht, Weil dir die Engel sagen,

Nr. 13 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Und der Engel sprach zu ihnen:

Sopran (Engel)

Dass dieses schwache Knäbelein

Soll unser Trost und Freude sein, Dazu den Satan zwingen

Und letztlich Friede bringen!

Fürchtet euch nicht, siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volke widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt David.

Nr. 14 Rezitativ

Bass

Was Gott dem Abraham verheißen, das lässt er nun dem Hirtenchor erfüllt erweisen. Ein Hirt hat alles das zuvor von Gott erfahren müssen. Und nun muss auch ein Hirt die Tat, was er damals versprochen hat, zuerst erfüllet wissen.

Nr. 15 Arie

Tenor

Frohe Hirten, eilt, ach eilet, Eh ihr euch zu lang verweilet, Eilt, das holde Kind zu seh’n!

Nr. 16 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Geht, die Freude heißt zu schön, Sucht die Anmut zu gewinnen, Geht und labet Herz und Sinnen!

Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.

Nr. 17 Choral

Schaut hin, dort liegt im finstern Stall, Des Herrschaft gehet überall!

Nr. 18 Rezitativ

Bass

Da Speise vormals sucht ein Rind, Da ruhet itzt der Jungfrau’n Kind.

So geht denn hin, ihr Hirten, geht, dass ihr das Wunder seht! Und findet ihr des Höchsten Sohn in einer harten Krippe liegen, so singet ihm bei seiner Wiegen aus einem süßen Ton und mit gesamtem Chor dies Lied zur Ruhe vor:

19. Arie

Alt

Schlafe, mein Liebster, genieße der Ruh, Wache nach diesem vor aller Gedeihen!

Labe die Brust, Empfinde die Lust, Wo wir unser Herz erfreuen!

Nr. 20 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Und alsobald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:

Nr. 21 Chor

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.

Nr. 22 Rezitativ

Bass

So recht, ihr Engel, jauchzt und singet, Dass es uns heut so schön gelinget!

Nr. 23 Choral

Wir singen dir in deinem Heer

Aus aller Kraft Lob, Preis und Ehr,

Auf denn! Wir stimmen mit euch ein; Uns kann es so wie euch erfreu’n.

Dass du, o lang gewünschter Gast, Dich nunmehr eingestellet hast.

3. Teil: »Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen«

Text: Lukas 2,15–20

Nr. 24 Chor

Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen, Lass dir die matten Gesänge gefallen, Wenn dich dein Zion mit Psalmen erhöht!

Höre der Herzen frohlockendes Preisen, Wenn wir dir itzo die Ehrfurcht erweisen, Weil uns’re Wohlfahrt befestiget steht!

Nr. 25 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander:

Nr. 26 Chor

Lasset uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat.

Nr. 27 Rezitativ

Bass

Er hat sein Volk getröst’, Er hat sein Israel erlöst, Die Hülf aus Zion hergesendet

Nr. 28 Choral

Dies hat er alles uns getan,

Sein groß Lieb zu zeigen an;

Des freu sich alle Christenheit

Nr. 29 Duett

Sopran und Bass

Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen

Tröstet uns und macht uns frei.

Deine holde Gunst und Liebe,

Nr. 30 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Und unser Leid geendet.

Seht, Hirten, dies hat er getan; Geht, dieses trefft ihr an!

Und dank ihm des in Ewigkeit.

Kyrieleis!

Deine wundersamen Triebe

Machen deine Vatertreu

Wieder neu.

Und sie kamen eilend und funden beide, Mariam und Joseph, dazu das Kind in der Krippe liegen. Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kind gesaget war. Und alle, für die es kam, wunderten sich der Rede, die ihnen die Hirten gesaget hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.

Nr. 31 Arie

Alt

Schließe, mein Herze, dies selige Wunder Fest in deinem Glauben ein!

Lasse dies Wunder, die göttlichen Werke, Immer zur Stärke

Deines schwachen Glaubens sein!

Nr. 32 Rezitativ

Alt

Ja, ja, mein Herz soll es bewahren, Was es an dieser holden Zeit

Nr. 33 Choral

Ich will dich mit Fleiß bewahren, Ich will dir leben hier, Dir will ich abfahren,

Nr. 34 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Zu seiner Seligkeit Für sicheren Beweis erfahren.

Mit dir will ich endlich schweben Voller Freud’, ohne Zeit Dort im ander’n Leben.

Und die Hirten kehrten wieder um, preiseten und lobten Gott um alles, das sie gesehen und gehöret hatten, wie denn zu ihnen gesaget war.

Nr. 35 Choral

Seid froh dieweil, Dass euer Heil

Ist hie ein Gott und auch ein Mensch geboren, Der, welcher ist, der Herr und Christ In Davids Stadt, von vielen auserkoren.

Chor

Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen, Lass dir die matten Gesänge gefallen, Wenn dich dein Zion mit Psalmen erhöht!

Höre der Herzen frohlockendes Preisen, Wenn wir dir itzo die Ehrfurcht erweisen, Weil uns’re Wohlfahrt befestiget steht!

Gesangstexte // Teil 4–6

Gesangstexte // Teil 4–6

4. Teil: »Fallt mit Danken, fallt mit Loben«

Text: Lukas 2,21

Nr. 36 Chor

Fallt mit Danken, fallt mit Loben

Vor des Höchsten Gnadenthron!

Gottes Sohn will der Erden

Heiland und Erlöser werden, Gottes Sohn dämpft der Feinde Wut und Toben.

Nr. 37 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Und da acht Tage um waren, dass das Kind beschnitten würde, da ward sein Name genennet Jesus, welcher genennet war von dem Engel, ehe denn er im Mutterleibe Heiland und Erlöser werden, empfangen ward.

38. Rezitativ mit Choral

Bass

Immanuel, o süßes Wort!

Mein Jesus heißt mein Hort,

Mein Jesus heißt mein Leben.

Mein Jesus hat sich mir ergeben, Mein Jesus soll mir immerfort

Vor meinen Augen schweben.

Mein Jesus heißet meine Lust, Mein Jesus labet Herz und Brust.

Bass

Komm! Ich will dich mit Lust umfassen,

Mein Herze soll dich nimmer lassen.

Ach! So nimm mich zu dir!

Sopran

Jesu, du mein liebstes Leben

Meiner Seelen Bräutigam, Der du dich für mich gegeben

An des bitter’n Kreuzes Stamm!

Auch in dem Sterben sollst du mir

Das Allerliebste sein;

In Not, Gefahr und Ungemach

Seh’ ich dir sehnlichst nach.

Was jagte mir zuletzt der Tod für Grauen ein?

Mein Jesus! Wenn ich sterbe, So weiß ich, dass ich nicht verderbe.

Dein Name steht in mir geschrieben, Der hat des Todes Furcht vertrieben.

Nr. 39 Arie

Sopran und Echo­Sopran

Flößt, mein Heiland, flößt dein Namen

Auch den allerkleinsten Samen

Jenes strengen Schreckens ein?

Nein, du sagst ja selber nein. (Nein!)

Sollt’ ich nun das Sterben scheuen?

Nein, dein süßes Wort ist da!

Oder sollt’ ich mich erfreuen?

Ja, du Heiland sprichst selbst ja. (Ja!)

Nr. 40 Rezitativ mit Choral

Bass

Wohlan, dein Name soll allein

In meinem Herzen sein!

So will ich dich entzücket nennen, Wenn Brust und Herz zu dir vor Liebe brennen.

Doch, Liebster, sage mir:

Wie rühm ich dich, wie dank ich dir?

Nr. 41 Arie

Tenor

Sopran

Jesu, meine Freud und Wonne, Meine Hoffnung, Schatz und Teil, Mein Erlösung, Schmuck und Heil, Hirt und König, Licht und Sonne, Ach! wie soll ich würdiglich, Mein Herr Jesu, preisen dich?

Ich will nur dir zu Ehren leben, Mein Heiland, gib mir Kraft und Mut, Dass es mein Herz recht eifrig tut!

Stärke mich, Deine Gnade würdiglich

Und mit Danken zu erheben! Gesangstexte

Gesangstexte

Nr. 42 Choral

Jesus richte mein Beginnen, Jesus bleibe stets bei mir, Jesus zäume mir die Sinnen,

Jesus sei nur mein Begier, Jesus sei mir in Gedanken, Jesu, lasse mich nicht wanken!

5. Teil: »Ehre sei dir, Gott, gesungen«

Text: Matthäus 2,1–6

Nr. 43 Chor

Ehre sei dir, Gott, gesungen, Dir sei Lob und Dank bereit’.

Dich erhebet alle Welt, Weil dir unser Wohl gefällt, Weil anheut unser aller Wünschen gelungen, Weil uns dein Segen so herrlich erfreut.

Nr. 44 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Da Jesus geboren war zu Bethlehem im jüdischen Lande zur Zeit des Königes Herodis, siehe, da kamen die Weisen vom Morgenlande gen Jerusalem und sprachen:

Nr. 45 Chor und Rezitativ

Chor

Wo ist der neugebor’ne König der Juden?

Alt

Sucht ihn in meiner Brust, hier wohnt er, mir und ihm zur Lust!

Chor

Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenlande und sind kommen, ihn anzubeten.

Alt

Wohl euch, die ihr dies Licht gesehen, Es ist zu eurem Heil geschehen!

Mein Heiland, du, du bist das Licht, Das auch den Heiden scheinen sollen, Und sie, sie kennen dich noch nicht, Als sie dich schon verehren wollen.

Wie hell, wie klar muss nicht dein Schein, Geliebter Jesu, sein!

Nr. 46 Choral

Dein Glanz all Finsternis verzehrt, Die trübe Nacht in Licht verkehrt.

Leit’ uns auf deinen Wegen, Dass dein Gesicht

Und herrlichs Licht

Wir ewig schauen mögen!

Nr. 47 Arie

Bass

Erleucht’ auch meine finstre Sinnen, Erleuchte mein Herze

Durch der Strahlen klaren Schein!

Dein Wort soll mir die hellste Kerze

In allen meinen Werken sein;

Dies lässet die Seele nichts Böses beginnen.

Nr. 48 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Da das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm das ganze Jerusalem.

Nr. 49 Rezitativ

Alt

Warum wollt ihr erschrecken?

Kann meines Jesu Gegenwart euch solche Furcht erwecken?

O! Solltet ihr euch nicht vielmehr darüber freuen, Weil er dadurch verspricht, der Menschen Wohlfahrt zu verneuen.

Nr. 50 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Und ließ versammeln alle Hohepriester und Schriftgelehrten unter dem Volk und erforschete von ihnen, wo Christus sollte geboren werden. Und sie sagten ihm: Zu Bethlehem im jüdischen Lande; denn also stehet geschrieben durch den Propheten: Und du Bethlehem im jüdischen Lande, bist mitnichten die kleinest unter den Fürsten Juda; denn aus dir soll mir kommen der Herzog, der über mein Volk Israel ein Herr sei.

Nr. 51 Terzett

Sopran, Alt und Tenor

Ach, wenn wird die Zeit erscheinen?

Ach, wenn kömmt der Trost der Seinen? Schweigt, er ist schon wirklich hier!

Jesu, ach so komm zu mir!

Nr. 52 Rezitativ

Alt

Mein Liebster herrschet schon.

Ein Herz, das seine Herrschaft liebet

Und sich ihm ganz zu eigen gibet, Ist meines Jesu Thron.

Nr. 53 Choral

Zwar ist solche Herzensstube

Wohl kein schöner Fürstensaal, Sondern eine finstre Grube; Doch, sobald dein Gnadenstrahl

In denselben nur wird blinken, Wird es voller Sonnen dünken.

6. Teil: »Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben«

Text: Matthäus 2,7–12

Nr. 54 Chor

Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben, So gib, dass wir im festen Glauben

Nach deiner Macht und Hülfe seh’n!

Wir wollen dir allein vertrauen, So können wir den scharfen Klauen

Des Feindes unversehrt entgeh’n.

Nr. 55 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Da berief Herodes die Weisen heimlich und erlernet mit Fleiß von ihnen, wenn der Stern erschienen wäre? Und weiset sie gen

Bethlehem und sprach:

Bass

Ziehet hin und forschet fleißig nach dem Kindlein, und wenn ihrs findet, sagt mir’s wieder, dass ich auch komme und es anbete.

Nr. 56 Rezitativ

Sopran

Du Falscher, suche nur den Herrn zu fällen, Nimm alle falsche List, Dem Heiland nachzustellen; Der, dessen Kraft kein Mensch ermisst, Bleibt doch in sich’rer Hand.

Dein Herz, dein falsches Herz ist schon, Nebst aller seiner List, des Höchsten Sohn, Den du zu stürzen suchst, sehr wohl bekannt.

Nr. 57 Arie

Sopran

Nur ein Wink von seinen Händen Stürzt ohnmächt’ger Menschen Macht.

Hier wird alle Kraft verlacht!

Spricht der Höchste nur ein Wort,

Seiner Feinde Stolz zu enden, O, so müssen sich sofort Sterblicher Gedanken wenden.

Nr. 58 Rezitativ

Tenor (Evangelist)

Als sie nun den König gehöret hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenlande gesehen hatten, ging für ihnen hin, bis dass er kam und stund oben über, da das Kindlein war. Da sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreuet und gingen in das Haus und funden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und täten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhen.

Nr. 59 Choral

Ich steh an deiner Krippen hier, O Jesulein, mein Leben;

Ich komme, bring und schenke dir, Was du mir hast gegeben.

Nr. 60 Rezitativ

Nimm hin! Es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut, nimm alles hin, Und lass dir’s wohlgefallen!

Und Gott befahl ihnen im Traum, dass sie sich nicht sollten wieder zu Herodes lenken, und zogen durch einen ander’n Weg wieder in ihr Land.

Nr. 61 Rezitativ

Tenor

So geht! Genug, mein Schatz geht nicht von hier, Er bleibet da bei mir, Ich will ihn auch nicht von mir lassen.

Sein Arm wird mich aus Lieb

Mit sanftmutsvollem Trieb

Und größter Zärtlichkeit umfassen; Er soll mein Bräutigam verbleiben, Ich will ihm Brust und Herz verschreiben.

Ich weiß gewiss, er liebet mich, Mein Herz liebt ihn auch inniglich Und wird ihn ewig ehren. Was könnte mich nun für ein Feind

Bei solchem Glück versehren!

Du, Jesu, bist und bleibst mein Freund; Und wird’ ich ängstlich zu dir fleh’n:

Herr, hilf! So lass mich Hülfe seh’n!

Nr. 62 Arie

Tenor

Nun mögt ihr stolzen Feinde schrecken; Was könnt ihr mir für Furcht erwecken?

Mein Schatz, mein Hort ist hier bei mir.

Ihr mögt euch noch so grimmig stellen, Droht nur, mich ganz und gar zu fällen, Doch seht! Mein Heiland wohnet hier.

Nr. 63 Rezitativ

Sopran, Alt, Tenor und Bass

Was will der Höllen Schrecken nun, Was will uns Welt und Sünde tun, Da wir in Jesu Händen ruh’n?

Nr. 64 Choral

Nun seid ihr wohl gerochen

An eurer Feinde Schar, Denn Christus hat zerbrochen, Was euch zuwider war.

Tod, Teufel, Sünd und Hölle

Sind ganz und gar geschwächt; Bei Gott hat seine Stelle

Das menschliche Geschlecht.

Dorothee Mields

Sopran

Glockenhell und engelsgleich sind Attribute, die der Stimme von Dorothee Mields zugeschrieben werden. Dabei wirkt diese Stimme in ihrer Klarund Reinheit nie asketisch, sondern immer von sinnlicher Wärme erfüllt.

Johann Sebastian Bachs Kantaten, das Weihnachtsoratorium und die beiden großen Passionen hat sie mit Alte­Musik­Spezialisten wie Philippe Herreweghe und dem Collegium Vocale Gent aufgeführt und eingespielt.

Die deutsche Sopranistin begeistert sich auch für andere Komponisten des Barocks, zudem für die Musik der Renaissance. Außerdem engagiert sie sich in der zeitgenössischen Musik und schätzt die kammermusikalische Arbeit mit Instrumentalist:innen wie Stefan Temmingh, Hille Perl, Tobias Koch und dem Salagon Quartett. Eine intensive Zusammenarbeit verbindet sie mit der lautten compagney Berlin, mit der sie Programme zur englischen Barockmusik und zu Claudio Monteverdi vorgelegt hat.

Margot Oitzinger

Margot Oitzinger, geboren in Graz, studierte Gesang an der Musikuniversität ihrer Heimatstadt. Schon während ihrer Studienzeit stand für sie fest, sich auf Alte Musik spezialisieren zu wollen. Meisterkurse besuchte sie dafür bei Emma Kirkby, Peter Kooij und Jill Feldman. Sowohl als Konzertsängerin als auch als Operninterpretin von Renaissance bis Frühklassik ist die Altistin sehr gefragt. Polyphones sowie frühbarockes Ensemblesingen (Collegium Vocale Gent, Abendmusiken Basel, Sette Voci) stehen für sie ebenso auf der Tagesordnung wie die Werke hochbarocker Meister als Solistin. Sie singt in den wichtigsten Konzertstätten in Wien, Amsterdam, Barcelona, Brugge, Tokyo, Metz, München, Leipzig, Paris, Utrecht, Dresden und Frankfurt unter namhaften Dirigenten wie Philippe Herreweghe, Jordi Savall, Christoph Prégardien oder Rudolf Lutz, mit dem sie an der Gesamtaufnahme der Bach­Vokalwerke mitwirkte.

Virgil Hartinger

Tenor

Virgil Hartinger studierte an der Universität Mozarteum Salzburg sowie an der Eastman School of Music in New York. Sein Repertoire umspannt viele Epochen und Stile: Evangelisten­Partien Bachs, Oratorien und Opern des Barocks und der Klassik sowie Lieder der Romantik, Werke des Belcanto, des Verismo und der Moderne sowie zeitgenössische Kompositionen. Er trat unter anderem mit dem MDR und WDR Sinfonieorchester, dem Gewandhausorchester, Musica Antiqua Köln, dem Dresdner Kreuzchor, dem Balthasar­Neumann­Ensemble, dem Konzerthausorchester Berlin, dem L’Orfeo Barockorchester, der Camerata Salzburg und der Sächsischen Staatskapelle Dresden unter Roy Goodman, Reinhard Goebel, Ton Koopman, Dorothee Oberlinger, Christophe Coin, Michi Gaigg, Riccardo Chailly, Ivor Bolton und Thomas Hengelbrock auf. Seit 2019 ist Virgil Hartinger künstlerischer Leiter der Salzburger Bachgesellschaft.

Peter Kooij

Nach Violine studierte Peter Kooij Gesang am Sweelinck­Konservatorium in Amsterdam. Konzerte führten ihn in die wichtigsten Musikzentren der Welt, wo er unter der Leitung von Philippe Herreweghe, Frans Brüggen, Ton Koopman, Gustav Leonhardt, René Jacobs, Sigiswald Kuijken, Roger Norrington und Iván Fischer sang. Neben Werken Bachs umfasst sein Repertoire Werke von Schütz bis Webern, das auf rund 200 CD­Produktionen dokumentiert ist. Mit dem Bach Collegium Japan unter Masaaki Suzuki spielte er die Gesamtaufnahme der Bach­Kantaten ein. Peter Kooij war Professor für Gesang am Sweelinck­Conservatorium in Amsterdam und an der Hochschule für Künste Bremen und hatte einen Lehrauftrag an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover inne. Seit 2000 ist er Gastdozent an der Tokyo University of fine Arts and Music und seit 2005 Professor für Gesang am Koninklijk Conservatorium in Den Haag.

Collegium Vocale Salzburg

Das Collegium Vocale der Salzburger Bachgesellschaft wurde von Albert Hartinger gegründet und setzt sich aus Studierenden und Absolvent:innen der Universität Mozarteum zusammen. Es hat sich der Literatur des 16. bis 19. Jahrhunderts verschrieben. Einen Schwerpunkt bilden die Kantaten und Oratorien Bachs und die geistliche Musik Mozarts. Das Ensemble hat unter anderem mit der Akademie für Alte Musik Berlin, mit Musica Antiqua Köln, La Diviana Armonia und der Camerata Salzburg zusammengearbeitet. Neben Auftritten in Salzburg sang es in wichtigen Musikzentren im In­ und Ausland und wurde zu Rundfunk­ und Fernsehaufnahmen eingeladen. Unter Michael Schneider als Leiter hat sich sein Repertoire ausgedehnt. 2022 wurde sein Brucknerfest­Konzert mit Schönbergs Friede auf Erden vom ORF mitgeschnitten und anlässlich des Jahrestages des russischen Einmarsches in die Ukraine ausgestrahlt.

Michi Gaigg

Dirigentin

Die in Schörfling am Attersee geborene Musikerin erhielt im Rahmen des Violinstudiums an der Universität Mozarteum Salzburg von Nikolaus Harnoncourt entscheidende Impulse für ihren Werdegang. Anschließend studierte Michi Gaigg Barockvioline bei Ingrid Seifert und Sigiswald Kuijken. Ihr erstes Orchester, L’Arpa Festante, rief sie 1983 ins Leben. Ge­meinsam mit Carin van Heerden gründete sie 1996 das L’Orfeo Barock­or­chester, das international Erfolge feiert und für seine umfangreiche Disko­gra­fie vielfach prämiert wurde. Michi Gaigg unterrichtete bis 2017 an der Anton Bruckner Privatuniversität in Linz, davor am Conservatoire National de Strasbourg und war 22 Jahre Intendantin der donauFESTWOCHEN im Strudengau. Sie wurde unter anderem mit dem Kulturehrenzeichen des Landes OÖ in Gold, dem Großen Bühnenkunstpreis, dem Heinrich­Gleißner­Preis und dem Kunstwürdigungspreis der Stadt Linz ausgezeichnet.

L’Orfeo Barockorchester

Das L’Orfeo Barockorchester, gegründet von Michi Gaigg und Carin van Heerden, gehört seit mehr als 25 Jahren zu den markantesten Stimmen der Alten Musik. Seine Diskografie mit über 40 Aufnahmen ist vielfach ausgezeichnet: von Diapason, Le Monde de la Musique, BBC Music Magazine, Gramophone, Forbes, Fono Forum, Pizzicato, Ö1 sowie mit je einem Echo Klassik und einem Opus Klassik. Die Gesamteinspielung aller Schubert­Sinfonien sorgte zuletzt für Furore. L’Orfeo begeistert auch als Opernorchester, zum Beispiel mit Haydns L’incontro improvviso, das jüngst auf CD erschienen ist. Raritäten und Meisterwerke der Bühnenkunst von Händel, Telemann, Rameau, Mozart, Benda, Gluck oder Rossini zählen zum Kernreper toire des Klangkörpers, der Gast auf internationalen Podien ist, darunter die Salzburger Festspiele, das Lucerne Festival, die Händel­Festspiele Halle und die Elbphilharmonie in Hamburg.

L’Orfeo

Barockorchester

Erste Violine

Julia Huber­Warzecha (Konzertmeisterin)

Roswitha Dokalik

Martin Jopp

Nina Pohn

Sabine Reiter

Elisabeth Wiesbauer

Zweite Violine

Martin Kalista

Linda Pilz

Lukas Praxmarer

Veronika Traxler

Simone Trefflinger

Viola

Lucas Schurig­Breuß

Daniela Henzinger

Roswitha Haberl

Violoncello

Peter Trefflinger

Katie Stephens

Kontrabass

Martin Hofinger

Johann Warzecha

Flöte

Andreas Sommer

Lisa Keaton­Sommer

Oboe & Oboe d’amore

Carin van Heerden

Philipp Wagner

Oboe da caccia

Domenika Thanner

Mariella Cuchiero

Fagott

Makiko Kurabayashi

Horn

Stephan Katte

Sebastian Fischer

Trompete

Raphael Pouget

Martin Mühringer

Bernhard Mühringer

Pauken

Rizumu Sugishita

Orgel

Reinhard Führer

Collegium

Vocale Salzburg

Sopran

Ekaterina Krasko (Echo­Sopran)

Marcia Sacha

Lucia van Egmond

Elisabeth Watzl

Sara Gröschl

Laura Igl

Alt

Clara Tinsobin

Tamara Obermayr

Yvonne Douthat

Mary Wiesinger

Waltraud GrabherrHartinger

Tenor

Klaus Eibensteiner

Georg Dürnberger

Josef Stöllinger

Konstantin

Schmidbauer

Robert Rathwallner

Bass

Oddur Jónsson

Thomas Schneider

Leonhard Hartinger

Martin Wiesinger

Benjamin Sattlecker

Impressum

Herausgeberin

Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH, Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4010 Linz

Redaktion

Paula Schlüter, MA

Biografien & Lektorat

Romana Gillesberger

Gestaltung

Anett Lysann Kraml, Lukas Eckerstorfer

Abbildungen

R. Winkler (S. 2), gemeinfrei (S. 8, 11 & 14), H. Hoffmann (S. 30), privat (S 31 & 32), M. Borggreve (S. 33), M. Balzi (S. 34), wali.pix (S. 35 & 36)

Programm­, Termin­ und Besetzungsänderungen vorbehalten

LIVA – Ein Mitglied der Unternehmensgruppe Stadt Linz

Wir danken für Ihren Besuch und wünschen Ihnen ein schönes Konzert!

Daria Parkhomenko

Werke von Franck, Enescu und Rachmaninoff

VERANSTALTUNGSORT UND KARTEN

Brucknerhaus Linz · Untere Donaulände 7 · 4010 Linz +43 (0) 732 77 52 30 · kassa@liva.linz.at

19.Dezember 2024 · 19:30 Uhr C.Bechstein Centrum Linz / Klaviersalon Merta GmbH

Bethlehemstraße 24 · A-4020 Linz · +43 (0) 732 77 80 05 20

linz@bechstein.de · bechstein-linz.de

Foto: Michael Reinicke

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